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Als Mirko vor vier Jahren zum ersten Mal zum Training der Rollstuhlbasketballmannschaft ging, ahnte er nicht, dass er dort sein Glück finden würde. In seinen Trainer Eric, der als Kind beide Beine bei einem Unfall verloren hatte, verliebte sich der ehemalige Leistungssportler sofort.
Seit damals sind Eric und Mirko ein Paar, doch seit einigen Wochen verhält Mirko sich seltsam. Eric hat Angst, dass seine große Liebe ihn verlassen will oder nur aus Mitleid noch bei ihm bleibt. Was steckt hinter Mirkos Geheimnis?
***Sequel zu "Ende und Anfang", das den Beginn der Beziehung erzählte***
Kurzroman mit ca. 15.800 Worten
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Veröffentlichungsjahr: 2017
© Mia Grieg 2016
c/o Papyrus Autoren-Club
Pettenkoferstr. 16-18
10247 Berlin
Cover: © Caro Sodar
Fotos: © de.123rf.com
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Immer wieder blicke ich auf die Uhr. Draußen ist es längst dunkel geworden. In den Fensterscheiben spiegelt sich das Flackern der Kerzen. Frustriert blase ich die Flammen aus und räume die Rosenblätter vom Tisch. Die Idee mit dem festlich gedeckten Tisch war sowieso bescheuert. Viel zu kitschig, mein Freund steht nicht auf so etwas. Ich beiße mir auf die Zunge, um die Tränen zu unterdrücken, die gegen meine Augenlider drücken. Ich will nicht heulen.
Der Appetit ist mir vergangen. Einen Moment bin ich versucht, das Essen komplett in den Mülleimer zu schmeißen, obwohl es mich Stunden gekostet hat, es zu kochen. Ich bin extra zu dem Hofladen gefahren, in dem Frau Schreiber, die Haushälterin meiner Eltern, immer einkauft, weil Gemüse und Eier direkt vom Bauern einfach besser schmecken als aus dem Discounter, in dem mein Freund meist einkaufen geht. Stattdessen verpacke ich die gefüllten Maispoularden und das Gemüse in Frischhaltedosen und stelle sie in den Kühlschrank. Beim Kampf mit der Frischhaltefolie spüre ich die ersten Tränen, die meine Wange entlangrinnen. Ich bin so ein Weichei. Kein Wunder, dass Mirko den Abend lieber mit seinen Kumpels verbringt als mit mir. Solange es nur Kumpel sind, kann ich noch hoffen, dass er zu mir zurückkommt. So ein Quatsch. Mirko kann jeden Kerl haben, den er will, warum also sollte er ausgerechnet mit einem Krüppel zusammen sein wollen? Nachdem ich endlich die durchsichtige Folie zum Abdecken des selbstgemachten Mousse au Chocolat über der Schüssel festgezurrt und die Creme weggestellt habe, lösche ich das Licht und gehe ins Bett.
Mechanisch löse ich die Prothesen und stelle meine Beine neben den Nachttisch. Meinem Freund zuliebe behalte ich sie inzwischen meist auch zu Hause an. Mirko beteuert zwar immer wieder, dass es ihm nichts ausmacht, wenn ich daheim auf dem Boden umherrutsche, aber ich glaube ihm nicht. Nicht mehr, denn in den letzten Monaten hat er sich verändert. Er fühlt sich nicht mehr wohl mit mir, das spüre ich doch. Immer seltener kommt er pünktlich nach Hause und wenn wir miteinander schlafen, ist er nicht richtig bei der Sache. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass es vielleicht vorbei ist. Ich liebe ihn, doch gerade deshalb werde ich ihn nicht festhalten, wenn er von mir weg will.
Mein Versuch zu schlafen scheitert kläglich. Ich liege wach im Bett und starre an die Decke. Der Wind bewegt die Baumkrone vor dem Fenster und lässt den Schatten tanzen. Ich lausche auf die Geräusche der Straße. Wir wohnen in einer verkehrsberuhigten Zone, aber je nach Windrichtung hören wir sowohl die Züge von der Bahnstrecke in der Nähe als auch die Autos von der benachbarten Hauptstraße. Nach all den Jahren in der vornehmen Villengegend, in der ich mit meiner Familie gelebt habe, ist es schon eine Umgewöhnung, mitten in Stadt zu wohnen. Der Lärm und die fehlenden Jalousien vor den Fenstern, die das Zimmer auch nachts taghell erleuchten, weil direkt vor dem Eingang eine Straßenlaterne steht, sind Dinge, an die ich nicht gewöhnt bin. Nur mit Mirko an meiner Seite kann ich gut schlafen. Vielleicht muss ich mich nun bald daran gewöhnen, wieder allein zu sein. Dabei habe ich mich so gefreut, dass wir endlich zusammen wohnen können.
Es ist nach Mitternacht, als ich das bekannte Knattern des Motorrollers höre. Mein Freund schließt die Wohnungstür auf und wirft seinen Schlüssel auf die Kommode im Flur. Ich lausche seinem Weg durch die Wohnung. Wenig später drückt er die Klinke zum Schlafzimmer hinunter. Ich schließe die Augen und atme ruhig und gleichmäßig. Mirko schließt leise die Tür. Er dreht sich um und betrachtet mich. Ich spüre seinen Blick auf mir, auch wenn ich ihn nicht sehe. Ein Kribbeln zieht über meinen Körper und für einen winzigen Augenblick glaube ich, dass alles wieder gut wird. Ich will ihn in meine Arme ziehen und mich an ihn kuscheln, ihn küssen und mit ihm schlafen. Ich öffne die Augen einen Spalt, als sein Blick auf der Bettdecke verweilt, genau dort, wo meine Beine enden. Es tut weh zu sehen, dass ich recht habe. Zum Glück löst er den Blick und geht um das Bett herum auf seine Seite. Er zieht sich leise aus und legt sich hin. Es fällt mir schwer, weiter zu tun, als ob ich schlafe, zumal die Tränen wieder ungehindert fließen und mein Kissen schon ganz nass ist.
Bevor er sich zum Schlafen umdreht, presst Mirko einen zarten Kuss in meinen Nacken. „Schlaf gut“, flüstert er leise. Warum tut er das? Ich brauche meine Konzentration, um weiter ruhig zu atmen. Zum Glück ist Mirko ein Mensch, der sehr schnell einschlummert. Kurz darauf höre ich schon das leichte Schnarchen, das beweist, dass mein Freund eingeschlafen ist. Vorsichtig drehe ich mich um und rutsche ein wenig näher an ihn heran. Mirko riecht nach billigem Fett und Alkohol. Keine Ahnung, in welcher Kaschemme er sich herumgetrieben hat. Das ist nun schon das vierte Mal allein in der letzten Woche, dass er spät kommt und erbärmlich riecht. Ob er doch einen anderen hat? Warum redet er nicht mit mir?
Das Klingeln des Weckers holt mich unsanft aus einem wunderschönen Traum. Ungern löse ich mich aus der Umarmung meines Freundes und schlage auf die Snooze-Taste. Vielleicht gelingt es mir, wenigstens noch zehn Minuten der Wirklichkeit zu entfliehen.
„‘n Morgen“, nuschelt Mirko neben mir. „Wie spät ist es denn?“
„Kurz nach sechs Uhr“, antworte ich schläfrig. „Ich muss bald los. Meine Schicht im Krankenhaus beginnt in einer Stunde.“