Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Das Apostolikum wird hierin vor dem Hintergrund des Evangeliums nach Markus erläutert. Alle Theologie geht darin in eine Ethik über: Weisheit ist Wohlwollen und Vernunft.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 85
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
Traktat: Religion
Traktat: Offenbarung
Traktat: Kirche
Anhang
Dieses Buch vereint Gedanken zum CREDO und zum Evangelium nach MARKUS.1 Es ist emer. o. Univ.-Prof. Dr. THEODOR TOMANDL mit herzlichen Glückwünschen zum 90. Geburtstag gewidmet.
Die Gliederung in drei Traktate lehnt sich an die Dreiteilung der Fundamentaltheologie an.2 Der Inhalt geht zurück auf das Nachdenken über eine Vielzahl von Vorträgen im Rahmen einer systematisch-theologischen Ausbildung im Theologischen Kurs der Erzdiözese Wien. Der Haupttext ist prägnant, er wird in den Fußnoten erweitert und vertieft. Größere Gedankenblöcke sind fortlaufend nummeriert. Der ANHANG führt den Gedankengang fort und reformuliert ethische Grundgedanken mit Blick auf die slawische Mythologie.
1 Zitate aus dem NT folgen: Otto Karrer , Neues Testament, Ars Sacra Josef Müller, München 1959.
2 Handbuch der Fundamentaltheologie [zit. HB], hg. von W. Kern/H. J. Pottmeyer /M. Seckler , 4 Bd. [I-IV], UTB/Francke, 2. Aufl. im Jahr 2000.
Das APOSTOLIKUM – bekannt als: das Credo – gilt als ein Text, der den Glauben an Gott so in Worte fasst, wie ihn die Apostel Jesu Christi, allen voran Petrus und Paulus, im heiligen Geiste bezeugt haben.4 Das Apostolikum ist ein Bekenntnis , das den Glauben nicht schlechthin, sondern in christlicher Ausformung zur Sprache bringt. Indem es den Glauben formuliert, reguliert es ihn und wird zu dem, was Irenäus von Lyon und Tertullian einst die ‚Wahrheits-‘ bzw. ‚Glaubensregel‘ nannten;5 es drückt inhaltlich aus, was den katholisch-kirchlichen Glaubensvollzug kennzeichnet.6
Was geglaubt wird,7 gründet darin, dass und wie geglaubt wird.8 Dies wird am Kanon der Schriften deutlich, die besagen, worauf die Kirche ihre Hoffnung gründet: Ihr Neues Testament schreibt ihr nicht vor, was sie für wahr zu halten habe, sondern trägt als Christologie den sprachlich adäquaten Ausdruck jener Moraltheologie nach, von der sie überzeugt ist, dass Jesus von Nazareth diese vorgelebt hat.9 Das Evangelium nach Johannes drückt das mit den Worten aus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“10
3 Demonstratio religiosa.
4 Dazu allg. J. Ratzinger , Einführung in das Christentum, Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis, Kösel, München 1968; Th. Schneider , Was wir glauben, Eine Auslegung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, Patmos, Düsseldorf 1985; K. Rahner , Grundkurs des Glaubens, Herder, Freiburg im Br. 1976; A. Matena , Das Credo, Einführung in den Glauben der Kirche, UTB, Paderborn 2009; P. Walter (Hg.), Credo, Das Glaubensbekenntnis für heute erschlossen, Herder, Freiburg im Br. 2015.
5 Regula veritatis bzw. regula fidei.
6 H. Ph. Weber , Credo, Das Glaubensbekenntnis verstehen, Grünewald, Ostfildern 2017, S. 18 f.
7 Fides quae creditur.
8 Fides qua creditur.
Das lateinische Wort ‚Credo‘ bedeutet ‚Ich glaube‘ und eröffnet ein theistisches Bekenntnis: ICH GLAUBE AN GOTT.11 Das ist kein christliches, es ist ein religiöses Bekenntnis, wofern ‚Religion‘ als fortwährend aktualisierende Rückbindung an das Göttliche begriffen wird.12 Religionskritik ist so der Theologie inhärent.13
Vom ‚Göttlichen‘ reden wir, weil das Apostolikum an dieser Stelle kein bestimmtes Gottesbild präjudiziert. Es wäre mit dem in der hinduistischen Tradition ‚Brahman‘ genannten göttlichen Urgrund vereinbar.14 Die Ausdeutung des Wortes ‚Gott‘ erfolgt erst im Wege der Andeutung der Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist.15 Petri erster Brief rückt diese urchristliche Überzeugung vor ihren jüdischen Hintergrund und entrückt sie nicht der Offenbarungskritik.16
Wer über Gott redet, spricht nicht aus Erfahrung, sondern drückt Erlebnisse aus: Ein Gottesbeweis ist ein Hinweis darauf, dass die Welt werthaft ist;17 dass allzeit ein ‚Gesetz der Freiheit‘ zeitlos zwischen innerem Erhaltungs- oder Wiederholungs- und äußerem Gestaltungszwang vermittelt.18
Im Tao-Te-King wird das Gesetz ‚ewiger Weg‘ genannt, d. i. ein Wirken, das durch eine von Machtmentalität, Feindseligkeit und Gleichgültigkeit freie Haltung bewirkt wird.19 Die Briefe des Johannes titulieren diesen Weg als ‚Wille‘ oder ‚Licht‘ und ‚Wort‘ Gottes, dessen Wahrheit ‚Leben‘ verbürge: Gott wolle, gebiete allein die Liebestat – Gott sei Liebe.20 Alle Liebe ist gewaltfrei.21
9 Zum Neuen Testament als Sammlung kanonischer Schriften und als Kommentar zur hebräischen Bibel s. J. Roloff , Einführung in das Neue Testament, 7. Aufl., Reclam, Stuttgart 2012, S. 17 ff.
10 Joh 14,6.
11 Credo in Deum.
12 Thomas von Aquin sprach hier von der „ordo hominis ad deum“. Vgl. M. Seckler , Der theologische Begriff der Religion, in: HF I, S. 173-194. Religionen lassen sich vergleichen, vgl. U. Tworuschka , Methodische Zugänge zu den Weltreligionen, München 1982.
13 Zu kritischen Einwänden gegen Religion: R. Schaeffler , Die Kritik der Religion, in: HF I, S. 117-135. Inzwischen klassisch: L. Feuerbach, Das Wesen des Christentums, Wigand, Leipzig 1841. Vgl. Kant , Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, hg. von R. Malter, Reclam, Stuttgart 2012.
14 Allg. K. Knott , Der Hinduismus, 2. Aufl., Reclam, Stuttgart 2009, S. 29-66.
15 Das Konzil von Nicäa einigte sich im Jahr 325 auf eine Wesenseinheit (Homousie). Vgl. Weber , Credo, S. 44.
16 1 Petr 1,10; 2,5f; 2,10; 2,17; 3,15; 4,15. Vgl. Kol 4,5f. Die Apologie, zu der man sich gem. 1 Petr 3,15 allzeit bereithalten möge, ist auf den Glaubensgrund bezogen, welcher nach 1 Kor 3,11 nur Christus sei. Vgl. zur Apologetik: Seckler , Fundamentaltheologie: Aufgabe und Aufbau, Begriff und Namen, in: HF IV, S. 473 ff; D. Hume , Dialoge über natürliche Religion, übers. von N. Hoerster, Reclam, Stuttgart 2011.
17 Vgl. J. Möller , Die Gottesfrage in der europäischen Geistesgeschichte, in: HF I, S. 73-94. Zum Erlebnis vgl. Joh 12,28f, wo steht, dass eine Stimme aus dem Himmel ertönt sei, einige der Anwesenden jedoch meinten, es habe gedonnert: Derselbe Umstand der Erfahrung ging demnach nicht für alle mit selben Zuständen des Erlebens einher.
18 ‚Gesetz der Freiheit‘ in Anlehnung an Jak 1,25 und 2,12. Paulus hat die Freiheit in Röm 8,21 „das herrliche Gut der Kinder Gottes“ genannt. „Alles ist mir erlaubt“, schrieb er in 1 Kor 6,12, „aber ich will mich von nichts beherrschen lassen“.
19 Vgl. V. v. Strauss , Lao-Tse’s Tao-Te-King, mit Erl. und Anm. hg. von H. Pačić , Norderstedt 2021.
20 1 Joh 1; 2,5.8.17.27; 3,1.4.23f; 4,7f.16.21; 5,3.6.11.21; 2 Joh 5f; 3 Joh 11. Mk 3,21-35 weist Machtdenken am Beispiel der Familie als ein Anspruchsdenken aus. Jesus habe Verwandten kein Vorrecht über sich zugebilligt: „Das sind meine Mutter und meine Brüder: Wer den Willen Gottes tut, ist mir Bruder, Schwester und Mutter.“ Ein anderes Beispiel gibt Joh 19,10f, wo Pontius Pilatus zu Jesus sagt: „Du stehst mir nicht Rede?! Weißt du [etwa] nicht, dass ich Gewalt habe, dich freizulassen, und Gewalt, dich zu kreuzigen?“ Mt 6,11 ließe sich als ein Beispiel dafür anführen, dass im Glauben keine Ansprüche erhoben werden, sondern der Bedarf ohne Habgier zu decken gesucht wird: „Unser täglich Brot gib uns heute.“ Mk 10,25: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes eingeht.“ Gleichwohl geht das nach Mk 10,27, denn: „Bei Menschen ist es unmöglich, aber nicht bei Gott: bei Gott ist alles möglich.“ Lk 6,27f bringt Feindseligkeit und Hass miteinander in Verbindung: „Wohlan denn, meine Zuhörer, ich sage euch: liebet eure Feinde; tut Gutes denen, die euch hassen; segnet, die euch fluchen; betet für die, die euch verleumden!“ Gleichgültigkeit i. S. v. Ignoranz wird in Mk 3,5 abgewiesen: Herzenshärte habe Jesus „zornig und traurig“ gestimmt.
21 Im Koran, Sure 6,12 steht, Gott habe sich selbst die Barmherzigkeit vorgeschrieben; und in Sure 10,23 wird gesagt: „Eure Gewalttätigkeit richtet sich doch nur gegen euch selbst.“ In Sure 2,256 ist geschrieben: „Kein Zwang im Glauben.“ Vgl. den Appell des Dalai Lama an die Welt: Ethik ist wichtiger als Religion, 16. Aufl., Benevento, Wals bei Salzburg 2017, S. 35: „Der Kern aller Religionen ist die Liebe.“
Die Hebräische Bibel22 nennt Gott ‚El, Elohim oder Eloah‘,23 sie schreibt ihm den Eigennamen ‚JHWH‘ zu: „Höre Israel! JHWH, unser Gott, JHWH ist einzig.“24 „Sprich“, so besagt der Koran, „Gott ist einzig.“25 Das Bekenntnis zu Gott wird im Apostolikum als Glaube an Gott als ‚DEN ALLMÄCHTIGEN VATER, DEN SCHÖPFER VON HIMMEL UND ERDE‘ umschrieben.26
Der Kolosser- und der Epheserbrief lassen beim Wort ‚Vater‘ an „Gott, den Vater unsers Herrn Jesus Christus“ denken,27 nur ist hier vom durch Israel bezeugten Verhältnis aller und jedes einzelnen Menschen zu Gott die Rede: Das erste Buch Moses bezeichnet ihn als ‚Gott Israels‘, Jeremia redete vom ‚Vater für Israel‘ und ein Psalm lautet: „Gott, du bist mein Gott“.28 ‚Mein‘ drückt ein Naheverhältnis aus, wie das eines Kindes, das ‚Abba‘ ruft.29 Wir finden in der Bibel vielfach die Nennung ‚Vater‘ für Gott, mitunter, um zu betonen, dass alle einen Urgrund haben, Gott habe alles geschaffen.30 Auch als Mutter findet Gott darin Erwähnung.31 Kein Mensch sei allein, denn Gott sei mit uns .32
Das Gefühl von Zugehörigkeit im Leben, das als ‚Geschenk‘ bezeichnet wird, wofür Dank gebührt, und ein Urvertrauen, das auch ‚Hingabe‘ genannt wird,33 stehen hinter dem Bekenntnis zur Allmacht eines Schöpfers.34 Dadurch wird Leid keineswegs für sinnhaft erklärt, sondern mit einem negativen Wert belegt: Leid soll nicht sein.35 Siddhartha Gautama stützte hierauf seine buddhistische Lehre.36
22 Hebr. Tanach, Aufbau: Tora (Gesetz, Weisung), Nevi’im (Propheten) und Ketuvim (Schriften).
23 Arab. ‚Allah‘ (der Gott), vgl. Die Tora in jüdischer Auslegung, Bd. II, 3. Aufl., hg. von W. G. Plaut , Gütersloh 2011, S. 57.
24 5 Mos 6,4.
25 Sure 112, ‚einzig’ steht für ‚ahad‘. In der fortan verwendeten Übers. von M. Henning in Überab. von M. W. Hofmann, 9. Aufl., Istanbul 2013, steht: „Sprich: Er ist der Eine Gott.“ Sure 29,46: „Unser Gott und euer Gott ist ein und derselbe.“
26 Patrem omnipotentem, Creatorem caeli et terrae.
27 Kol 1,3; Eph 1,3.
28 1 Mos 33,20; Jer 31,9; Ps 63,1. Zitate aus den Psalmen folgen der BasisBibel der Deutschen Bibelgesellschaft, Stuttgart 2012.
29 Jer 3,4.19. Nach Joh 20,17 sagte Jesus nach seiner Auferstehung zu Maria Magdalena: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott!“
30