Aus heiterem Himmel - Gabriela Joham - E-Book

Aus heiterem Himmel E-Book

Gabriela Joham

0,0

Beschreibung

Eine Frau um die 45 und ein Mann um die 26 verlieben sich und entdecken ihre Fähigkeit zu lieben neu. Es geht um den magischen Augenblick im Leben, der vermag alles zu verändern. Im Inneren oder im Außen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 135

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jemanden zu treffen, der einen berührt, ist ein Geschenk!

Diese Geschichte ist all jenen gewidmet, die so jemanden getroffen haben und schon nach den ersten Schritten wieder umgekehrt sind.

Gehen Sie ruhigen Gewissens weiter - ein Stück mit ihr oder ihm.

Jeden Moment dürfen Sie genießen.

Jeden Moment können Sie neu entscheiden.

Danke an Dr. Ralf Schuster von der Österreichischen Geologischen Gesellschaft für die Einblicke in die wunderbare Welt der Geologen sowie allen anderen Männern und Frauen, die bei der Entstehung dieser Geschichte beteiligt waren.

Inhaltsverzeichnis

ENDLICH

DAS KONZERT

DAS LEBEN

DER EINKAUF

DIE FAMILIE

EIN KONZERT

DANIJELS ABEND

VIKTORIAS ABEND

DIE VIRTUELLE SEITE DIESER LIEBE

VIKTORIAS UMGEBUNG

DAS CAFEHAUS

DER TAGTRAUM

ES GEHT WEITER

DAS ERSTE RENDEZVOUS

HELMUTHS WELT

DAS ZWEITE RENDEZVOUS

UND JETZT?

DIE VORBEREITUNGEN

DAS WOCHENENDE AM SEE

ZURÜCK IN DER ZUKUNFT

ENDLICH

Der Rotwein in dem bauchigen Glas vor ihr auf dem Tisch schimmerte purpurfarben. Die leise Musik in der Bar schaukelte sie beinahe in den Schlaf. Allerdings nur beinahe. Der Grund dafür war der Mann, der neben ihr saß.

Sein linker Arm umschlang ihre Hüfte und seine rechte Hand strich ihr zärtlich über das Gesicht. In diesem Gemisch aus Hitze und Wärme blieb die Zeit ehrfürchtig stehen.

Nichts davor, nichts danach würde mit diesem Gefühl mithalten können. Jeder Schlag ihres Herzens, jeder Atemzug galt dem Moment.

Sie schloss die Augen und lehnte sich in die Umarmung.

Endlich ließ sie die Hingabe und die Weiblichkeit zu. Bedingungslos.

DAS KONZERT

Damals in dem Konzert des Liedermachers, den sie seit ihrer Jugend mochte und der für ihren Mann so gar nicht in Frage kam, ist es passiert. Sie war mit ihrer Schwester dort gewesen. Vorher beim schicken Italiener ums Eck und einen Prosecco geschlürft. Weder Sekt noch Champagner konnten mithalten, wenn die beiden Frauen Lust auf ein Schlüpfel Alkohol verspürten. Die Aperol Mode war rasant an ihnen vorbeigezogen, ebenso wie die letzten zwanzig Jahre.

Veronika arbeitete in der Nationalbibliothek und bot deren Archive unterschiedlichsten Institutionen zur Nutzung an. Lächelnd beschrieb Viktorias Mann ihre Tätigkeit mit den Worten: „Ihr verkauft die Bibliothek.“ Veronika führte das ausschweifendere Leben der beiden, trug die ausgeflipptere Mode und wusste um die schickeren Locations. Damals stand der Liedermacher ebenso wie heute in einer engen Lederhose und einem weißen Hemd auf der Bühne. Früher ganz alleine mit seiner Gitarre. An diesem Abend erstmalig für die aktuelle Tournee mit einem Schlagwerker, einem Bassgitarristen und einem Leadgitarristen. Alle so ungefähr um die fünfzig Jahre alt. Fast alle. Der Mann an der Bassgitarre wirkte jünger. Doch wer konnte das im Halbdunkel, das zur Inszenierung der Songs gehörte, schon genau sagen. Hauptsache, die Lieblingssongs erklangen und das taten sie. Veronika und Viktoria wippten mit den Füssen, lächelten, sangen die Texte leise mit und waren glücklich.

So glücklich, dass über ihnen wohl eine helle Wolke im Saal stand. Anders konnte sie ihn nicht erklären, diesen magischen Moment. Jenen, als die Musiker gegen Ende des Konzertes ganz nach vorne an den Bühnenrand traten und im gleichen Licht standen, das nun auch die ersten Reihen erhellte. Wie aufgefädelt, einander beinahe an den Händen fassend, blickten sie ins Publikum. Rundum in den großen Saal, hoch hinauf zu den Tribünen, wieder hinunter ins Parkett. Sie badeten im Applaus und strahlten.

Der Bassist stand schräg vor Viktoria. Sie bemerkte, dass er wohl doch nicht mehr so jung war. Leichte Falten um die hellen Augen und vereinzelte graue Haare zeichneten ein schönes Männergesicht. Genau in der Sekunde, als sie ihn freudig musterte, schaute er sie an. Und zwar nicht einfach ins Publikum, nein, er schaute direkt in ihre Augen. Dann verbeugte er sich mit seinen Freunden und ging ab. Viktorias Herz klopfte schneller. Ihre Schwester stand auf und klatschte und schrie „Zugabe“. Viktoria blieb noch ein Weilchen sitzen, ihre Knie zitterten.

Schließlich erhob sie sich – wie all die vielen Menschen rundum – ebenfalls und applaudierte. Wie sehr hoffte sie, den Bassisten noch einmal zu sehen, sich dessen zu vergewissern, was sich gerade ereignet hatte. Zum Glück kamen sie alle noch einmal heraus, nahmen ihre Plätze wieder ein und spielten zwei drei Lieder. Wieder traten sie anschließend ins Licht und holten sich ihren Lohn vom Publikum ab. Viktoria war, als würde der Bassist schon beim Stehenbleiben kurz in ihre Richtung blicken. Sie war wieder um die paar Sekunden länger sitzengeblieben als ihre Schwester. Schnell und fast mit schlechtem Gewissen hüpfte sie auf und beobachtete die Männer, die mit offenen Armen nahmen, was die Menschen zu geben hatten. Der Bassist blickte hinauf zu den Rängen, nach hinten und auch ins Parkett.

Viktoria bekam ihr Kribbeln im Bauch, das besondere Augenblicke ankündigte. Es war kaum auszuhalten, würde er wohl…Die Musiker wandten sich schon mit einem Bein zum Gehen, blickten ein letztes Mal in den Raum. Der Bassist schaute nur Viktoria an. Unter all den Menschen trafen sich ihre Blicke. Im Wegdrehen und den Saal verlassend, zwinkerte er ihr zu. Es war also wirklich passiert. Viktorias Herz war offener, ihr Geist freier und ihr Körper lebendiger geworden. In diesem magischen Moment. Eine andere Frau verließ den Konzertsaal. Veronika war bestens gelaunt und plauderte vor sich hin. Viktoria schwieg und schwebte. Die beiden Schwestern trennten sich an ihren Autos, umarmten einander und beschlossen, die Konzertkarten für den Herbst so bald wie möglich zu buchen.

Dieser Augenkontakt wirkte nach. Wäre Viktoria so wie ihre Schwester gewesen, hätte sie wohl den Namen des Bassisten im Internet recherchiert und ihm einen glühenden Liebesbrief zukommen lassen. Doch Viktoria tat, was ihrer Persönlichkeit entsprach – sie träumte. Träumte davon, ganz von Männeraugen wahrgenommen zu werden. Angenommen als die, die sie war. Mittlerweile gute vierzig Jahre alt, einige Falten im Gesicht und einige Dellen in den Oberschenkeln.

DAS LEBEN

Das Leben, das sie führte, war durchaus bilderbuchreif. Ihr Mann Helmuth, ein erfolgreicher Anwalt, der sich auf Scheidungsverfahren spezialisiert hatte. Jedes Mal, wenn sie beide auf den Bestand und die Qualität ihrer eigenen Ehe angesprochen wurden, lachte Helmuth laut und konterte: “wer wird sich von einem Scheidungsanwalt trennen wollen, gell?“ Er sagte das in einem Ton, in dem man von einem kranken Pudel spricht und Viktoria verabscheute ihn dafür. Deswegen parierte sie seit einiger Zeit zwinkernd mit einem „Unsere Ehe? Das könnt ihr nach unserer Scheidung in einer Illustrierten nachlesen, daraus möchte ich doch Profit schlagen!“ Helmuth fand das nicht besonders originell, doch er traute Viktoria einfach nicht zu, dass sie ihn verlassen würde. Damals auf der Universität war sie ihm direkt in die Arme gelaufen. Er hatte sie aufgefangen, sich verliebt, sie geheiratet und zwei Söhne gezeugt. Damit war sein Familienplan perfekt. Viktoria war eine kluge, schöne Frau mit der notwendigen Portion Naivität und Unsicherheit. Sie war um einige Jahre jünger als Helmuth und aus gutem Hause. Er die klassische gute Partie.

An ihrem Hochzeitstag traten zwei glückliche Menschen vor den Standesbeamten. Dieselben, die es Stunden später auch noch vor Gott bekannten, dass sie in guten wie in schlechten Zeiten zueinander stehen würden. Punkt.

Helmuth zeichnete sich durch seine Eloquenz, seine Sportlichkeit, seine Allgemeinbildung und seine Warmherzigkeit aus. Letztere zeigte sich bei den Kindern oder den Haustieren. Zwei Katzen, drei Hasen und drei Kanarienvögel teilten mittlerweile die Villa der Familie am Stadtrand. Im plumpen Alltag oder gar im Beruf verbarg sich seine Gefühlsstärke hinter dem Maßanzug. Immer öfter fand sie den Weg nicht mehr heraus. An manchen Abenden oder Wochenenden fühlte Viktoria sich selbst wie eine der Kanzleiangestellten oder einer der Klienten.

So förmlich und distanziert trat Helmuth ihr dann entgegen. Selbst bemerkte er das gar nicht, ihre Hinweise darauf schmetterte er gekonnt ab. Im Laufe der Jahre übte Viktoria damit umzugehen. Sie machte ihr Studium fertig und wurde währenddessen zweimal schwanger. Durch Helmuths Einkommen konnten sie es sich leisten, dass ein Kindermädchen und eine Haushälterin halfen. Nach Viktorias Sponsion bekamen diese beiden von Viktoria einen extra Bonus. Sozusagen eine Zielerreichungsprämie.

Wann immer sie jemand auf ihre großartige Leistung des Studierens und Mutterseins ansprach, lächelte sie. Manchmal erwiderte sie so etwas wie: „Der Helmuth wollte doch so gerne eine G´studierte und ich wollte so gerne Kinder!“ Innen drin fügte sie stets noch ein „Radmira und Mona sei Dank“, hinzu. Viktoria wollte nicht in Helmuths Praxis mitarbeiten und tat es doch. Für die Jungjuristin schien es der beste Einstieg zu sein. Jedes Mal, wenn sie in der Kanzlei eintraf, spürte sie diesen eisernen Ring um ihr Herz. Sie liebte ihren Mann, doch auch noch im Beruf unter seinen Fittichen zu stehen, raubte ihr Raum. Sie überwand sich, machte ihre ersten Gehversuche und bekam ihre ersten Rosen gestreut. Gut schaffte sie ihren Einstieg, schnell lernte sie dazu. „Bald kann Helmuth an dich übergeben.” scherzten Kollegen. Ihre Söhne waren zu dieser Zeit ungefähr 8 und 10 Jahre alt. Ben, der Ältere, kam ganz nach Viktoria. Er träumte gern, er hörte Musik, fraß sich durch Bücher und malte dicke, fette Acrylbilder, wann immer ein wenig Zeit blieb. Clemens, der Jüngere, schlug aus der Art. Weder verfügte er über das zielstrebige, analytische des Vaters, noch über die Schöngeistigkeit der Mutter. Clemens war der Freak in der Familie und keiner wusste so recht mit ihm umzugehen

Schon als Kleinkind machte er Zicken beim Essen, tobte, wenn er nicht in bestimmte Strampler gesteckt werden wollte, schrie, wenn eine Vorstellung im Kasperltheater um die Minute zu lange dauerte. Clemens machte sich wo immer, wie immer Raum. Viktoria bemerkte den Spiegel nicht, den ihr sein Verhalten vor die Nase hielt. Sie suchte Cranio-Sacral Therapeutinnen auf, Osteopaten, chinesische Ärztinnen und andere Hoffnungsträger auf.

Mit mangelhaftem Erfolg. Jedenfalls brauchten diese Wege ihre Zeit und Aufmerksamkeit. Helmuth stand dem allen kritisch gegenüber. Meist fragte er gar nicht lange danach, sondern nahm Clemens in den Arm und vermittelte ein „Das wird schon werden“. Wieder in diesem dodeligen Ton, der nichts anderes ausdrückte als „ich bin vollkommen hilflos ob dieser Situation.“

Clemens schüttelte dann stets seinen Kopf, entzog sich der Umarmung, verdrückte sich in sein Zimmer. Dorthin wo die schrägen CDs der Ärzte lagerten und die neueste Konstruktionszeichnung der Friedensrakete, die mit millionenfacher Spannung das Böse auf der Welt mit einem Schlag vernichten würde. Im Turnunterricht fiel er auf, weil er so fanatisch lief, kletterte und sprang.

„Sagen Sie, hat der Clemens irgendeinen Grund, vor etwas davonzulaufen? Er benimmt sich, als sei er auf der Flucht.“, kommentierte die Volksschullehrerin.

Viktoria hörte die Worte, doch die Botschaft drang nicht zu ihr durch. Sie buchte ein Feriencamp für schwierige Zeitgenossen unter 12 und steckte den älteren Bruder auch gleich mit hinein. Ben lächelte milde. Er würde die Woche nützen, um der elterlichen und kindermädchengestrengen Umgebung zu entkommen. Die Farben und die Leinwände wollte er mitnehmen, das war die einzige Bedingung. In den Osterferien würde es soweit sein. Die Buben waren wegdelegiert, die Sorge um Clemens´ Ruhelosigkeit vertagt und einer außenstehenden Lösungsmöglichkeit überantwortet. Das alles ereignete sich vor dem Konzert des Liedermachers. Danach war Viktoria leichter, gelöster und fröhlicher. Der Blick des Bassisten im richtigen Moment ließ etwas in ihr klingen, das Weiblichkeit hieß und mutiges Frausein. Ein erster Schritt in ihrer Realität bestand darin, sich einen Nachmittag frei zu nehmen. Den wichtigsten Aktenstapel legte sie gegen Mittag erledigt zur Seite. Die Sekretärin würde das notwendige Weitere ganz alleine bewältigen können. Die Kinder waren noch bis zum frühen Abend in ihren Nachmittagsunterrichten versorgt.

Viktoria rief sich ein Taxi. Das tat sie sonst nie. In ihrem Kopf schlummerte immer noch der veraltete Gedanke der Sparsamkeit. Heute verschaffte es ihr beinahe diebisches Vergnügen. Sie würde nicht mit ihrem Auto in die Innenstadt fahren und sich wegen der fehlenden Parkplätze ärgern oder in einer dieser dunklen, unheimlichen Garagen parken. Sie würde lächelnd aus dem brummenden Taxi steigen und in eine dieser Boutiquen gehen, an denen sie sonst schnell vorüber lief, die Einkaufstaschen des Textilriesen in Händen.

Nicht wegen des Geldes, wegen ihrer Erziehung war das so. Sie kam sich schlecht und undankbar vor, wenn sie das Geld mit vollen Händen ausgab. Sie wollte sparsam und bescheiden sein. Heute nicht. Ihr Leben war noch lange nicht vorbei und hatte eine große Portion mehr Buntheit verdient, als sie ihm bislang zugeschrieben hatte. Der Taxifahrer freute sich über die strahlende, freundliche Frau und chauffierte sie zu den Klängen von Bryan Ferry in die Stadt.

DER EINKAUF

Direkt vor dem Geschäft stieg sie aus. Noch einmal musste sie vor dem Schaufenster auf- und abgehen, bevor sie sich ein Herz fasste und die schwere Glastür nach innen stieß. „Guten Tag“, sagte sie laut und deutlich, doch es schien niemand im Geschäft zu sein. Beinahe wandte sich Viktoria wieder zum Gehen, da tauchte aus dem hinteren Bereich des Ladens, scheinbar einem Lagerraum eine bildhübsche junge Verkäuferin auf. Ihre Miene verhieß nichts Gutes. „Entschuldigen Sie bitte, wir haben da hinten gerade ein Problem mit der Wasserleitung, ein Rohrbruch oder so was…“ seufzte sie.

Viktoria traf es wie ein Schlag in den Magen. Was war das? Kaum raffte sie sich auf, wurden ihre Ambitionen von einem schnöden Wasserrohrbruch wieder zunichte gemacht? „Ich kann mich doch trotzdem umsehen, oder? In meinem Kleiderschrank fehlt ein Sommerkleid. Ganz akut!“ Diese Worte entlockten der Verkäuferin ein Lächeln. „Akut, ja, das ist der Rohrbruch auch.“ Und „natürlich können Sie sich umsehen. Sommerkleid sagen Sie? Ich glaube, dieses hier würde gut zu Ihnen passen!“ Mit sicherem Griff zog sie ein hellblautürkises, wehendes Etwas aus dem Schrank. „Oder dieses hier“ – diesmal in hellem Rot – „und dann noch das hier, vielleicht…“

Sie hängte die Kleider in die Umkleidekabine. „Ich bin gleich wieder bei Ihnen!“ Viktoria fand sich in einer mit drei Spiegeln ummantelten, vermeintlich riesigen Umkleidekabine wieder. Fast fremd blickten ihre rehbraunen Augen auf ihren Körper im Spiegel. Die Unterwäsche ein wenig zu bieder, die Fettpölsterchen an Oberschenkeln und Bauch unübersehbar, die Brüste immer noch ein schönes Herzerldekolleté formend, wenn auch nicht mehr aus der Horizontalen.

Schüchtern streifte sie das hellblaue Nichts über. Es ließ sie elfenhaft und zart wirken. Das gefiel ihr gut. Auf den Preis wollte sie erst gar nicht schauen. Das Hellblaue würde mit nach Hause kommen. Beim roten Kleid ließ sie sich noch länger Zeit, bevor sie es überstreifte. Draußen ratterte die Straßenbahn vorbei. Viktoria hörte es nicht. Sie stand wie versteinert in ihrer Spiegelkabine. Das Rot des Stoffes kontrastierte zu ihren dunklen Haaren und ließ ihre Lippen rosig glänzen. are waren durch das dreimalige Schlüpfen in zarte Stoffe elektrisch und standen ihr zu Berge. Die Saumlänge des Kleides reichte bis knapp über ihr Knie, was die Schönheit ihrer Beine unterstrich.

Die Frau im Spiegel, war das tatsächlich sie selbst?

Barfuß wollte sie nun noch die Meinung der Verkäuferin einholen.

Zaghaft öffnete sie den Vorhang der Umkleidekabine und machte den ersten Schritt in das Geschäft. Heller erschien es ihr als vorhin und grösser noch dazu. In diesem Augenblick öffnete sich die Eingangstüre und ein großes Paket auf den Armen eines Mannes schob sich in den Laden. Der Mann stellte das Paket keuchend zu Boden. Er richtete sich wieder auf und stand Viktoria direkt gegenüber. „Das passt Ihnen perfekt, wunderschön sehen Sie aus!“ rief er unvermittelt. Viktorias Gesicht nahm die Farbe des Kleides an. Sie lächelte verlegen und flüchtete zurück in die Umkleidekabine. Klopfenden Herzens harrte sie der Dinge. Kindisch. Die erfolgreiche Anwältin, Ehefrau und Mutter zweier Kinder fürchtete die Nähe eines jungen Mannes. Jung, das war er ganz bestimmt. Zum Glück eilte soeben die Verkäuferin herbei und unterschrieb den Botenbrief.„Danke Danijel, bis bald mal wieder!“

Erst nachdem Danijel, wie der junge Mann wohl hieß, das Geschäft wieder verlassen hatte, wagte sich Viktoria wieder hinaus. Diesmal allerdings in Schuhen. „Perfekt, wunderbar! Das ist wie für Sie gemacht.“ Kommentierte die Verkäuferin ihren Auftritt. „Allerdings, die Schuhe…also, entweder feine Sandalen oder am besten barfuß, würde ich meinen.“Viktoria spürte wiederum die Röte in ihr Gesicht steigen. „Ich nehme es, und das andere auch“, sagte sie bestimmt und beeilte sich, in ihr Alltagsgewand zu kommen. An der Kassa zog sie eilig die Kreditkarte durch das Terminal, um es sich nicht doch noch anders zu