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Der vorliegende Band umfasst eine Kurzfassung der Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, jener Wiener Baronin, die vierzig Jahre ihres Lebens friedensbewegte Ziele verfolgte, Friedensvereine stärkte und zusammenführte und internationale Friedenskongresse organisierte, wofür sie 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis erhielt. Fortführender Inhalt sind einige Textauszüge ihres wichtigsten Romans „Die Waffen nieder!“. An weitere Gedichte und Briefe aus der Zeit des 1. Weltkriegs von Franz Marc, Wilfred Owen und französischen Dichtern schließen sich Birgit Heids eigene Krisen- und Liebesgedichte an.
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Seitenzahl: 73
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Birgit Heid, Autorin aus Landau/Pfalz, studierte Betriebswirtschaft und arbeitete als Controllerin, bevor sie sich der Literatur verschrieb. Sie verfasste zahlreiche Märchen, Gedichte, eine Chronologie und Kurzprosa. Ihre Gedichte finden sich in Anthologien, beispielsweise in „Gesammelte Augenblicke“, 2013, „Literarisches TreibGut“, 2014 und im Haiku-Jahrbuch, 2013 und 2014. Seit 2013 ist sie zweite Vorsitzende und Sektionsleiterin Landau des Literarischen Vereins der Pfalz e.V.. Neben der Leitung einer Autorengruppe organisiert sie literarische Veranstaltungen.
Vorwort
Birgit Heid: Berthas Lebensbericht
Bertha von Suttner: Sieben Textauszüge aus ihrem Roman „Die Waffen nieder!“
Textauswahlen anderer Autoren:
Franz Marc, Briefe
Haiku aus dem Krieg 1914-1918
Wilfred Owen: Gedichte
Eigene Gedichte und Kurzprosa
Krisengedichte und -kurzprosa
Liebesgedichte
Zeittafel
Quellennachweis
Die Idee zu diesem Band entstand nach der Einladung zu einer Lesung im südpfälzischen Freimersheim im Jahr 2016. Ausgehend von der Themenstellung „Bertha von Suttner“, deren Biografie von Brigitte Hamann ich bereits als kurzgefassten „Lebensbericht“ auf kleineren Bühnen 2014 vorgetragen hatte, sammelte ich weitere Texte zum Thema. In erster Linie sind dies Textauszüge aus ihrem bekanntesten Roman „Die Waffen nieder!“, welche seinerzeit von Landauer Poetry-Schülern gelesen wurden, darüber hinaus Gedichte und Briefe anderer Autoren aus der Zeit des Krieges 1914-1918. Ferner hatte ich das Bestreben, eigene Krisentexte und Liebesgedichte meinem Publikum zugänglich zu machen.
Bertha von Suttner, 1943 als Gräfin geboren, wurde aufgrund ihrer unreinen adeligen Herkunft der Zugang zum Hochadel verwehrt. Sie arbeitete als Gouvernante in Wien, wo sie Arthur von Suttner kennen- und lieben lernte. Mit ihm zusammen lebte sie einige Jahre in Georgien, wo sie sich mit zeitgenössischer und gesellschaftskritischer Literatur beschäftige. Zurück in Wien begann sie mit ihrer friedensengagierten Arbeit. Sie lernte Friedensvereine kennen und vernetzte sie und viele Menschen zu einer europäischen Bewegung. Sie organisierte internationale Friedenskongresse, erhielt 2905 den Friedensnobelpreis und war unermüdlich aktiv bis zum Ende ihres Lebens kurz vor Kriegsausbruch 1914. Auch ihre Romane tragen ihrem Friedensengagement Rechnung.
Weil die von vielen Zeitgenossen mitgetragene Begeisterung für die Aufrüstungsaktivitäten im Hinblick auf einen sich anbahnenden Krieg als willkommenen Gesellschaftserneuerer einen wichtigen Aspekt der Themenstellung bildet, findet sich diese Euphorie im vorliegenden Band an verschiedenen Stellen wieder. Die kriegerischen Situationen selbst, in Gedichten und Briefen erzählt, kommen ebenfalls nicht zu kurz, so auch in Bertha von Suttners Roman „Die Waffen nieder!“.
Die ausgewählten Textauszüge aus ihrem Roman geben u.a. den Verlust des Geliebten bei Kampfhandlungen wider, daraufhin das junge Ehepaar, das kurz vor der Geburt des Sohnes die Trennung der Ehegatten aus Anlass des Frontdienstes erfährt. Es werden Fragen der Erziehung zum traditionellen Rollenbild erörtert und es treffen Frontberichte zu Hause ein. Als diese eines Tages ausbleiben fährt die Romanheldin als Helferin in die Kriegsgebiete, um dort persönlich das Grauen zu erleben.
Einer der aktivsten Schreiber aus dem 1. Weltlkieg war Franz Marc. Auch er ließ sich von der Begeisterung tragen und widersetzte sich den Diskussionen seiner Kollegen. Geboren 1880 in München, wuchs Franz Marc in einem gutbürgerlichen Hause auf, in seiner Jugend schwärmte er für Wagner und Nietzsche. Einsam, grüblerisch und mit hehren Zielen, scheint er sein romantisches Refugium abseits von der Welt gefunden zu haben – der „Blaue Reiter vom Ried“, ein „Großbiblischer, an dem der Duft Edens hing“ (E. Lasker-Schüler). Doch stand er ebenso mit beiden Beinen im Leben, war herzlich, hilfsbereit und pragmatisch. Die Kunst bleibt hingegen sein Sehnsuchtsort. Wie viele Künstler und Intellektuelle neigte auch Franz Marc dazu, den Krieg als „positive Instanz“ zu überhöhen. Er sah ein krankes Europa, das durch den Krieg geläutert werden müsse. Ein Sinneswandel setzte, wie auch bei vielen anderen Menschen, erst später ein. Im Oktober 1915 bezeichnete er den Krieg als den „gemeinsten Menschenfang, dem wir uns ergeben haben.“ Am 4. März 1916 fiel Franz Marc vor Verdun.
Als Haiku-Autorin und Mitglied der Deutschen Haiku-Gesellschaft besitze ich das außergewöhnliche Buch „Mitten ist Gesicht“, herausgegeben von Stefan Wolfschütz und aus dem französischen übersetzt von Klaus-Dieter Wirth, und es war mir ein besonderes Anliegen, diese im wahrsten Sinne des Wortes treffenden Dreizeiler und mithin die großartige Leistung zur Zusammenstellung dieses Buches weiterzugeben. „So wie hundert Jahre später das Zeitgeschehen getwittert wird, haben damals junge französische Intellektuelle mitten im Kriegsgefecht die kürzest mögliche lyrische Form des Haiku gewählt, um das grauenhafte Geschehen zu dokumentieren“ und auf ihren persönlichen Nenner zu bringen. Dabei war die japanische Gedichtform des Haiku in Europa erst seit wenigen Jahren bekannt.
Die Gedichte Wilfred Owens, die ich gerne vorstellen möchte, stammen aus dem Buch „Gedichte“. Wilfred Owen, 1893 in England nahe der walisischen Grenze geboren, erlebte bereits im Elternhaus den Zwiespalt zwischen der kalvinistisch geprägten Erziehung der Mutter und der lebensfrohen Begleitung durch den Vater. In Jugend und jungem Erwachsenenalter vollzog er die schmerzhafte Trennung von Religion und Bigotterie und lernte seine eigenen körperlichen Bedürfnisse als Homosexueller kennen. Trotz erheblicher Bedenken absolvierte er die militärische Ausbildung, bevor er in Frankreich das Kommando eines Zuges übernahm, den er im Januar 1917 in die Schlacht an der Somme führte. Im April entwickelten sich aus Verletzungen und Erschöpfung schwere Angstzustände. Während der 14 Monate seiner Behandlung reifte er dichterisch, auch aufgrund einiger Kontakte zu anderen Poeten. Der Krieg wurde zum Sinnbild der Hölle. Im August 1918 kehrte er nach Frankreich zurück um zu kämpfen. Der innere Konflikt zwischen der empfundenen Feigheit, sich dem Krieg zu entziehen, und den Gewissensbissen durch die eigenen Kriegshandlungen blieb. Am 4. November 1918 fiel er in Ors.
Nicht zuletzt möchte ich die sich mir bietende Möglichkeit nutzen, mein eigenes dichterisches Werk hinsichtlich Bertha von Suttners Lebensthemen, der Friedensbemühungen und der Liebe, überblicksmäßig vorzustellen. Meine Gedichte über die Liebe beenden das Buch, und es schließt sich der Kreis, der mit der innigen Liebe Bertha von Suttners ihrem Arthur gegenüber begann.
Tiefen Dank empfinde ich für mein Leben in einer friedlichen und demokratischen Gesellschaft, für die Möglichkeiten vielgestaltiger Selbstentfaltung sowie für die beständigen Gelegenheiten, Zuneigung und Liebe zu empfangen und zu geben.
1843 wurde ich als Bertha Sophia Felicita Gräfin Kinsky im Prager Palais Kinsky geboren. Man sollte meinen, dass ein Lebensbeginn mit einem solchem Namen außergewöhnlich günstig sei. Doch weit gefehlt! Mein Vater starb kurz vor meiner Geburt 75jährig. Meine Mutter war 50 Jahre jünger. Aber das war nicht das größte Problem. Entscheidend für meinen ganzen Lebensweg war die Tatsache, dass meine Mutter keine 16 hochadligen Ururgroßeltern nachweisen konnte. Am Wiener Hof war sie zu großen Festlichkeiten nicht zugelassen und auch als Familienmitglied war sie nicht akzeptiert. Zwar liebte auch ich die Feste und Gesellschaften des „High Life“, aber durch meine unsaubere Herkunft hatte ich kaum die Chance, eine gute Partie zu machen. Und die wenigen älteren Herren, die sich für mich interessierten, gefielen mir nicht. Und so vergingen die Jahre und das Erbe schmolz allmählich dahin. Ich hatte keinen Beruf erlernt, aber ich war belesen, konnte Fremdsprachen und nahm Klavier- und Gesangsunterricht.
Die Kriege um mich herum, wie Österreichs Niederlage gegen Preußen, bekam ich mit Anfang zwanzig noch nicht mit; einmal plauderte ich sogar mit König Wilhelm von Preußen, dem ich wirklich großen Respekt entgegenbrachte. Überhaupt fand ich Fahnen und Uniformen beeindruckend. Mit 30 Jahren war mein Vermögen ganz aufgezehrt und ich ging als Gouvernante arbeiten. So kam ich ins Haus des Barons Carl von Suttner in Wien. Die Töchter nannten mich „Boulette“! Das Unterricht en machte mir viel Freude. Vor allem aber auch der Sohn Arthur, mit dem ich drei Jahre lang heimlich liiert war. Tja, dann flog die Sache auf, eine Heirat wurde nicht bewilligt und ich musste das ehrenwerte Haus verlassen.
Auf eine Zeitungsannonce hin bewarb ich mich bei einem gebildeten, älteren Herrn in Paris als Sekretärin. Es war Alfred Nobel. Er war 43. Er schrieb mir damals: „Bin Misanthop, doch äußerst wohlwollend. Es sind eine Menge Schrauben bei mir los und ich bin eine Art wertloses Grübelinstrument.“ Ich fand ihn gleich sympathisch, wir unterhielten uns äußerst angeregt, und er machte mir schüchtern den Hof. Aber mein Liebeskummer Arthur gegenüber war sehr groß. Ich kehrte nach Wien zurück, und wir heirateten heimlich.
Abenteuerlustig reisten wir nach Georgien. Allerdings war der Kaukasus eine politische Krisenregion zwischen Russland, Persien und der Türkei. Zurückgezogenheit, Schriftstellerei und Armut prägten unsere Jahre. Doch ich konnte etliche Feuilletons für Zeitungen verkaufen. Wir lasen sehr viel, vor allem moderne Bücher, wie die von Charles Darwin und Lord Byron.
Und wir waren zu der Überzeugung gekommen, dass der Mensch sich auch in humanistischer Hinsicht weiter entwickeln würde. Völkerhass und Krieg stehen dem Fortschritt entgegen und Abrüstung ist das Gebot der Stunde! Solange die Politiker einander befehden, statt vereint einem klaren Ziel entgegen zu steuern, und solange die zu persönlichen Zwecken angewandte Schlauheit für Staatsweisheit gilt, solange wird von den Volksvertretungen nichts Ersprießliches zu erwarten sein!