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Die sechzehnjährige Mary Ann McFarland lebt mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester in einer amerikanischen Kleinstadt im Jahr 1963. Das Leben geht seinen gleichförmigen Gang, ohne große Ereignisse: Die klei-nen Flirts in der Schule, die Geheimnisse mit der allerbesten Freundin, die Frotzeleien mit der Schwester, die Grillparty am Sonntag nach der Kirche sind wichtiger als alles andere. Doch dann passiert etwas Unerhörtes: Mary ist schwanger. Die Familie ist empört und enttäuscht, daß Mary »so etwas getan« hat. Doch keiner glaubt ihr, die unaufhörlich beteuert, daß sie nicht schwanger sein kann, da sie und ihr Freund Mike nichts miteinander hatten. Dann stellt ein aufgeschlossener Arzt fest, daß Mary zwar schwanger, aber tatsächlich noch Jungfrau ist. Er erinnert sich an Berichte über jungfräuliche Schwangerschaften, und sein Ehrgeiz wird geweckt. Die Familie aber hat Angst: Was wächst da in Marys Schoß?
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Seitenzahl: 365
Barbara Wood
Bitteres Geheimnis
Roman
Roman
Aus dem Amerikanischen von Mechtild Sandberg
Fischer e-books
Mary öffnete ihren Bademantel und ließ ihn zu Boden fallen. Die kühle Nachtluft strich über ihren nackten Körper, und sie lächelte, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
Sebastian stand vor ihr. Das Mondlicht lag blaß auf den Konturen seines muskulösen Körpers. Auch er war nackt bis auf das Tuch, das um seine Hüften geschlungen und seitlich zum Knoten geknüpft war. Mary hätte gern hinuntergesehen, um festzustellen, wie der Knoten geöffnet werden konnte, aber sie wollte den Blick nicht senken. Sie war im Bann von Sebastians Augen, dessen Blick sie so fest umschloß wie eine Umarmung.
Obwohl die Luft kühl war, fror sie nicht. Eine wohlige Wärme durchflutete sie. Und auch Sebastian, dessen Sehnen unter der schweißfeucht glänzenden Haut angespannt waren, schien die Kühle der Nacht nichts auszumachen. Mit einer ruhigen, beinahe trägen Bewegung griff er zu dem Tuch, das um seine Hüften lag, und zog mit einem anmutigen Schwung den Knoten auf. Mary hielt den Blick weiter auf sein Gesicht gerichtet, voll Angst vor dem, was das Tuch enthüllt hatte, und doch auch voller Begierde.
Als er plötzlich einen Schritt auf sie zukam, stockte ihr einen Moment der Atem, und sie hob wie im Reflex die Hand zur Brust. Sein schönes Gesicht war schmal und streng; das lange, wellige Haar hob sich im leichten Luftzug von seinen Schultern, und als er an sie herantrat, sah sie die Narben, die seinen vollkommenen Körper entstellten; weiße Schwellungen, wo sein Fleisch durchbohrt worden war.
Er war so schön, daß sie es als schmerzlich empfand. Tiefe, grüblerische Augen, eine lange, gerade Nase, ein kantiges Kinn über einem kräftigen, sehnigen Hals. Dunkelhäutig und geschmeidig, kraftvolle Arme, schöngebildet die haarlose Brust.
Als er dicht vor ihr stand und sein Blick sie durchdrang, als könnte er sie im Innersten berühren, spürte Mary, wie sich in ihrem Bauch etwas rührte; tief im Becken ein Aufwallen, das sie zuerst erschreckte, dann überwältigte. Allein seine Nähe und sein tiefer Blick hatten das ausgelöst. Was würden dann erst seine Berührung oder sein Kuß bewirken?
Mit einem tiefen Seufzer griff sie nach seiner Hand, führte sie an ihren Mund und drückte ihre Lippen auf die überraschend harte und schwielige Handfläche. Dann zog sie Sebastians Hand zu ihrer linken Brust hinunter.
Immer noch ruhte sein verzehrender Blick auf ihr, und als er den Kopf neigte und mit seinen Lippen die ihren berührte, seine Zunge der ihren entgegenschob, zog es ihr die Kehle zusammen, und sie konnte einen Moment lang nicht atmen. Seine andere Hand glitt langsam abwärts, strich wie ein Hauch über die heiße Haut, und als sie ihren Ort fand und dort verweilte, hätte Mary am liebsten laut aufgeschrien. Die Finger streichelten und liebkosten, während Mary stocksteif dastand, wie erstarrt. Wonne mischte sich in ihre Verwirrung.
Dann begegneten sich ihre Körper und drängten sich aneinander. Seine Haut war warm und feucht. Sein Atem kam in Stößen wie der ihre. Sie rangen beide um Luft wie Ertrinkende. Mary suchte das Stöhnen, das in ihrer Kehle aufstieg, zu unterdrücken. Die Berührung von Sebastians Händen wurde heftiger, gröber.
Sein drängender, angespannter Körper erregte sie. Sie spürte, wie er seine Hand wegzog und etwas anderes ihren Platz einnahm, eine unsichtbare Waffe, die ihr Angst machte und zugleich lockte.
Mary öffnete die Augen und sah sich in heller Panik im Zimmer um. Doch ihre Angst, die aus der Unwissenheit über das, was ihr hier geschah, geboren war, wich einem wilden Verlangen, wie sie es nie gekannt hatte und das alle ihre Instinkte, sich zu verteidigen und zu schützen, besiegte.
Sebastian schloß seine Arme um sie und legte sie sachte auf dem Bett nieder. Sein Körper bedeckte sie. Er lag schwer auf ihr, so daß sie Mühe hatte zu atmen. Sein heißer Mund schien sie verzehren zu wollen, glitt von ihren Lippen abwärts, über ihren Hals zu ihrer Brust, sog sich so heftig an ihr fest, daß Mary leise aufschrie.
Er drückte ihr die Beine auseinander. Sie riß weit Augen und Mund auf. Sie öffnete sich Sebastian, die Arme ausgebreitet wie am Kreuz; ein williges Opfer.
Ein süßer, wonniger Schmerz durchfuhr sie plötzlich. Und dann spürte sie noch etwas anderes; ein Fluten, das seinen Stößen folgte wie das Kielwasser einem Boot. Ihr ganzer Körper schien dahinzuschmelzen in einer Flamme, die von ihren Füßen aufwärts stieg, ihre Beine hinauf, immer größer und gewaltiger wurde, zu einem lodernden Feuer wuchs, das über ihr zusammenschlug, so daß sie einen Moment lang nichts mehr hören und sehen konnte. Dann fiel es in sich zusammen und leckte in kleinen Flämmchen seliger Erschöpfung und Befriedigung über sie hin.
Mary riß die Augen auf.
Keuchend sah sie zur Zimmerdecke hinauf. Sie hielt den Atem an und lauschte in die Stille des Hauses. Alles schlief. Ein Glück, dachte sie, daß sie im Schlaf nicht laut geschrien hatte.
Während sie in die Dunkelheit starrte, dachte sie über den Traum nach. Wieso hatte sie ausgerechnet von Sebastian geträumt? Ein merkwürdiger Traum war das gewesen. Wie Sebastian in sie eingedrungen war, wie sich das angefühlt hatte, so echt. Sie verstand es nicht. In Wirklichkeit nämlich hatte sie Mike noch nicht einmal erlaubt, sie dort zu berühren. Woher hatte sie wissen können, wie es sich anfühlte?
Während sie reglos dalag, wurde ihr bewußt, daß ihr Körper eine Veränderung durchgemacht hatte. Was war anders?
Ihr Herz schlug wie rasend, sie schwitzte trotz der Kühle der Nacht, in den Beinen hatte sie ein komisches Gefühl, wie nach langem, anstrengendem Lauf, aber das waren nicht die Dinge, die sie jetzt verwunderten.
Es war etwas zwischen ihren Beinen, ihren Schenkeln; es war etwas in jenem Gebiet, das der streng katholischen Mary unbekannt und verboten war. Irgend etwas hatte sich dort auf geheimnisvolle Weise verändert. Irgend etwas war dort geschehen.
Vorsichtig und ängstlich schob Mary die Hand über die kantige Erhebung ihrer rechten Hüfte und tauchte ihre Finger hastig in das Dreieck zwischen ihren Schenkeln. In aller Eile erkundete sie mit den Fingerspitzen die verbotene Zone und zog die Hand mit einem Ruck wieder weg.
Sie berührte den Zeigefinger mit dem Daumen. Eine unerklärliche schleimige Klebrigkeit haftete dort.
Mary zog die Hand hoch und legte sie auf ihre Bettdecke. Sie schloß die Augen und beschwor noch einmal Sebastian herauf, aber sie konnte die erregenden Gefühle, die er entzündet hatte, nicht wieder lebendig machen. Sie war ausgeleert, es interessierte sie nicht mehr, und während sie nochmals über die erstaunliche Tatsache nachdachte, daß sie von Sebastian geträumt hatte und nicht von Mike, fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Mary stand im Morgensonnenschein und bürstete sich kräftig das Haar, unzufrieden, daß die Dauerwelle noch immer nicht herausgewachsen war. Sie hatte sich vor einiger Zeit entschieden, ihr Haar, das sie bisher kurz getragen hatte, wachsen zu lassen. Bis zum Sommer, der noch zwei Monate entfernt war, sollte es ihr lang und glatt den Rücken hinunterfließen, und die starke Sonne würde es, so hoffte Mary, zu einem hellen Honigblond ausbleichen.
Marys Mutter, in jeder Hinsicht eine konservative Frau, war mit der Idee ihrer Tochter, mit lang flatterndem Haar durch die Gegend zu laufen, nicht einverstanden. Sie selbst trug ihr rotes Haar ebenfalls kurz und setzte, wenn sie ausging, meist einen Hut auf, derzeit der Mode entsprechend eine Pillbox, die sie sich im Stil Jackie Kennedys auf den Hinterkopf zu drücken pflegte. Mary hatte ein ähnliches Hütchen, und auch das Kostüm, das sie zu Ostern bekommen hatte, glich dem ihrer Mutter: hüftlange Jacke und leicht ausgestellter Rock, der bis zu den Knien reichte. Alle Körperrundungen waren auf diese Weise erfolgreich verdeckt, und man glich der immer wie aus dem Ei gepellt wirkenden First Lady.
Von den Haarproblemen wanderten Marys Gedanken zu dem bestürzenden Traum der vergangenen Nacht, genauer gesagt, zu der körperlichen Entladung, mit der er sein Ende gefunden hatte. Während sie sich zum Spiegel neigte, um einen blühenden Pickel am Kinn zu inspizieren, dachte sie voller Unbehagen daran, daß sie gleich zur Heiligen Kommunion gehen würde. Durfte sie das nach diesem unzüchtigen Traum überhaupt noch? Bei der Beichte war sie schon am vergangenen Abend gewesen. Und nun hatte sie schon wieder gesündigt. Oder konnte der Traum vielleicht nicht als unzüchtiger Gedanke betrachtet werden, da sie ja keine Kontrolle über ihn gehabt hatte?
Mary war so vertieft in diese Überlegungen und die Inspektion des Pickels, daß sie das Erscheinen ihrer Mutter in ihrem Zimmer nicht bemerkte.
»Mary Ann, wir kommen zu spät zur Messe, wenn du noch länger vor dem Spiegel stehst!«
»Was?« Sie sah auf. »Ich hab einen Riesenpickel.«
Lucille McFarland verdrehte nur die Augen, hob abwehrend die Hände und ging aus dem Zimmer. Mary packte Hut, Handtasche und Handschuhe, schlüpfte in ihre hochhackigen Schuhe mit dem Pfennigabsatz und rannte ihrer Mutter hinterher.
Ted McFarland und die zwölfjährige Amy saßen schon im Wagen, als Mary und ihre Mutter aus dem Haus kamen.
»Mary würde lieber eine Todsünde auf sich nehmen, als mit einem Pickel zur Kirche gehen«, sagte Lucille, als sie in den großen Lincoln stiegen.
»Ach, Mutter!«
Ted McFarland, der den Wagen die steile Auffahrt hinunterlenkte, lächelte und zwinkerte seiner ältesten Tochter im Rückspiegel zu. Mary lachte.
In der Kirche, die mit Lilienbuketts und flackernden Kerzen geschmückt war, empfing sie ernste Stille, als sie eintraten. Im gebrochenen Licht der Sonne, das durch die bunten Fenster strömte, tauchten sie die Finger ins Weihwasser, knicksten mit dem Blick auf das große Kruzifix am anderen Ende der Kirche und begaben sich an ihre Plätze, wo sie niederknieten.
Während der Rosenkranz aus Perlmutt durch ihre Finger lief, bemühte Mary Ann McFarland sich nach Kräften um stille Andächtigkeit, aber sie fand sie nicht. Verstohlen hob sie den Blick und musterte die Leute in den Bänken. Mike war noch nicht gekommen.
Sie ließ ihre Augen wandern, bis sie schließlich zu Sebastian gelangten, drüben auf der anderen Seite des Schiffs, gleich bei der ersten Kreuzwegstation. Unfähig, den Blick von ihm zu wenden, starrte sie ihn an, von neuem gefesselt von diesem kraftvollen Körper, der sie in ihrem Traum so erregt hatte.
Das Gemälde des Heiligen, eine Kopie von Mantegnas »Sebastian«, das im Louvre hing, berührte einen beinahe peinlich in seiner Lebensechtheit. Das Blut war zu realistisch, die von Pfeilen durchbohrten Muskelschwellungen, der Schweiß auf der Stirn, die Qual in dem aufwärts gerichteten Gesicht – das alles war mit fotografischer Genauigkeit festgehalten. Mary hatte während manch langweiliger Predigt dieses Gemälde betrachtet, aber niemals war ihr bei ihren regelmäßigen Besuchen der katholischen Sebastianskirche auch nur der Hauch eines unzüchtigen Gedankens in Zusammenhang mit dem Heiligen gekommen. Jetzt aber, eben wegen ihres bestürzenden Traums, konnte Mary die Erotik des Gemäldes nicht mehr übersehen. Von den sehnigen Schenkeln ging etwas aus, das ihr nie zuvor aufgefallen war; das um die Lenden geschlungene Tuch schien ihr etwas Herausforderndes zu haben, genauso wie der im Schmerz gewundene Leib.
Sie erinnerte sich der heißen Gefühle, die sie im Traum überflutet hatten, an den herrlichen Moment der Ekstase, und fragte sich, ob so etwas ihr je wieder geschehen würde. Und sie dachte daran, daß sie nun vielleicht nicht mehr würdig war, die Heilige Kommunion zu empfangen.
Als Pater Crispin und die Ministranten aus der Sakristei kamen, stand die Gemeinde auf. Mary faltete die Hände um ihren Rosenkranz und bat Gott, ihr den Traum zu vergeben und sie zu reinigen, damit sie reinen Gewissens zur Heiligen Kommunion gehen könne.
Der würzige Duft des Dillhühnchens mischte sich mit dem scharfen Aroma des Chilisoufflés. Lucille McFarland besuchte mit ihrer Freundin Shirley Thomas jeden Samstagmorgen einen Kurs für feine Kochkunst am Pierce College und ließ sonntags ihre Lieben in den Genuß ihrer neuerworbenen Künste kommen. Auch der Ostersonntag bildete da keine Ausnahme. Lucille und ihre beiden Töchter hatten den ganzen Nachmittag an die Vorbereitungen des Festmahls verwendet. Amy hatte Käse gerieben, bis ihr die Finger weh taten; Mary hatte Eier getrennt, die Auflaufform eingefettet und frischen Dill gehackt. Nun standen Schüsseln auf dem Tisch, jedes Gericht eine Überraschung, und die Familie setzte sich zum Essen.
»Igitt!« Amy, die Zwölfjährige, schnitt ein Gesicht. »Ich hasse Hühnchen total!«
»Halt den Mund und iß!« sagte Ted. »Davon wirst du groß und stark.«
Amy baumelte so heftig mit den Beinen, daß ihr ganzer Körper wippte. »Stellt euch mal vor! Schwester Agatha ist Vegetarierin. Sie kauft ihr ganzes Essen in einem Naturkostladen.«
Ted lächelte. »Da braucht sie sich wenigstens nie Gedanken zu machen, was sie freitags kochen soll. Komm, iß jetzt.«
Amy stocherte auf ihrem Teller herum, pikte ein Stück Chili auf und schob es in den Mund. »He, Mary«, sagte sie, »kennst du schon den neuesten Aufziehpuppen-Witz?«
Mary seufzte. »Nein, was für einen?«
»Es gibt eine neue Präsident-Kennedy-Puppe. Wenn man die aufzieht, rennt der Bruder fünfzig Meilen.« Amy warf den Kopf zurück und lachte. Doch von ihrem Vater erntete sie nur ein mißbilligendes Lächeln und von ihrer Mutter einen tadelnden Blick. Mary, die mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war, reagierte überhaupt nicht.
»Oder den von der neuen Helen-Keller-Puppe?« fuhr Amy unerschüttert fort.
»Jetzt reicht es«, fuhr Lucille ihr in die Parade. »Ich weiß nicht, woher du deine Witze hast, aber ich finde sie reichlich geschmacklos.«
»Ach, Mama, in der Schule erzählen alle solche Witze.«
Kopfschüttelnd murmelte Lucille etwas von öffentlichen Schulen und griff nach dem Soufflé.
»Man zieht sie auf, und sie rennt gegen die Wand.«
»Jetzt reicht’s aber wirklich!« Lucille schlug mit der Hand auf den Tisch. »Erst der Präsident und dann eine bedauernswerte Blinde. Das ist –«
»Lucille«, sagte Ted ruhig. »Zwölfjährige haben einfach einen anderen Humor. Das hat mit der Schule nichts zu tun.«
»He, Mary!« Amy warf ihre Gabel auf den Teller. »Wieso bist du eigentlich so still? Mike hat dich wohl heute nicht angerufen, hm?«
Mary richtete sich auf und sah ihre Schwester an. »Das hab ich gar nicht erwartet. Er hat mir erzählt, daß sie heute Besuch von Verwandten haben. Außerdem muß ich noch eine Arbeit fertig machen.«
Ted tupfte mit einem Stück Brot die Soße auf seinem Teller auf. »Ist das die, die du auf französisch schreiben mußt? Brauchst du Hilfe?«
»Nein, danke, Dad.«
»Ich nehme Spanisch«, verkündete Amy. »Schwester Agatha hat gesagt, man sollte eine Sprache lernen, die man gebrauchen kann. In Los Angeles sollte jeder spanisch sprechen.«
»Ich weiß«, sagte Mary. »Ich hab mir überlegt, ob ich nicht Suaheli lernen soll.«
»Wozu denn das?« Lucille zog die schmalen, gezupften Augenbrauen hoch.
»Ich gehe vielleicht zum Peace Corps.«
»Das ist ja was ganz Neues. Und was ist aus deinen Collegeplänen geworden?«
»Ich kann ja hinterher aufs College gehen. Beim Peace Corps sind es nur zwei Jahre. Ich würde gern nach Tanganjika gehen oder so was.«
Lucille strich sich automatisch eine dünne Haarsträhne aus dem Gesicht. Mary hatte jeden Monat neue Zukunftspläne und pflegte mit einer Begeisterung und einem Ernst darüber zu sprechen, die jeden Fremden von ihrer Zielstrebigkeit überzeugt hätte. Ihre Familie wußte es anders.
»Mach erst mal die Highschool fertig. Du hast noch ein ganzes Jahr vor dir.«
»Ein Jahr und acht Wochen.«
Lucille verdrehte die Augen zur Decke. »Eine Ewigkeit.«
Mary wandte sich ihrem Vater zu. »Du kannst das doch bestimmt verstehen, Dad, oder?«
Er schob seinen Teller weg und lächelte. »Ich dachte, du wolltest Modezeichnerin werden.«
»Und vorher Tänzerin«, warf Amy ein.
Mary zuckte nur die Achseln. »Das ist jetzt was ganz anderes.«
Während ihre beiden Töchter das Geschirr spülten, trat Lucille durch die Schiebetür von der Küche auf die Terrasse hinaus und blickte in die Dunkelheit, die den Garten mit Rasenflächen und alten Bäumen so dicht verhüllte, daß er grenzenlos schien. Im Lichtschein, der aus dem Eßzimmer fiel, war nur der vordere Teil des Schwimmbeckens zu sehen, weiß und ohne Wasser. Jenseits des Gartens, etwas oberhalb, auf einem grünbewachsenen Hügel, schimmerten die Lichter der nächsten Häuserzeile, und aus der Ferne war Gelächter zu hören.
Lucille drehte sich um und ging wieder ins Haus. »Hoffentlich kommt morgen endlich der Mann wegen des Schwimmbeckens«, sagte sie. »Es sieht so scheußlich aus, wenn es leer ist.«
»Zum Schwimmen ist es doch sowieso zu kalt, Mutter.«
»Das hat dich und Mike aber neulich abend nicht abgeschreckt. Und dabei hättest du dir beinahe noch den Tod geholt.«
»Das war doch nicht meine Schuld«, entgegnete Mary. »Ich konnte schließlich nichts für den Kurzschluß an der Beckenbeleuchtung.«
»Nein, natürlich nicht, aber ich habe einen wahnsinnigen Schrecken bekommen, als ich dich schreien hörte und sah, wie Mike dich aus dem Wasser zog.«
»Mir ist doch nichts passiert, Mutter. Es hat mich nur erschreckt.«
»Trotzdem.« Lucille packte die Reste des Hühnchens in Frischhaltefolie und legte es in den Kühlschrank. »Es war furchtbar. Ich habe einmal gelesen, daß in einem Hotelschwimmbecken eine Frau ums Leben kam, als es einen Kurzschluß gab. Das hätte wirklich schlimm ausgehen können, Mary Ann.«
Mary hängte das feuchte Geschirrtuch auf und erklärte, sie ginge gleich in ihr Zimmer.
»Schaust du dir nicht die Ed Sullivan Show mit uns an? Heute abend ist Judy Garland als Gast da.«
»Ich kann nicht, Mutter. Ich muß meine Arbeit diese Woche abgeben, und ich habe sie noch nicht getippt.«
Als sie hinausgehen wollte, legte Lucille ihr die Hand auf den Arm und hielt sie fest. »Geht es dir wirklich gut, Kind?« fragte sie leise.
Mary lächelte flüchtig und drückte ihrer Mutter die Hand. »Aber ja. Ich hab nur so viel im Kopf. Du weißt doch, wie das ist.«
Auf dem Weg zu ihrem Zimmer machte Mary kurz halt, um einen Blick ins Wohnzimmer zu werfen, wo ihr Vater sich mit einem Glas Bourbon in der Hand auf dem Sofa niedergelassen hatte und am Fernseher herumschaltete.
Ted McFarland war ein gutaussehender Mann, mit seinen fünfundvierzig Jahren immer noch so schlank und elastisch wie in seiner Jugend. Morgens vor der Arbeit ging er regelmäßig schwimmen, und einmal in der Woche trainierte er in einem Fitneßklub. Das kurze, leicht wellige Haar war dunkelbraun und an den Schläfen schon leicht ergraut. Er hatte ein weiches Gesicht mit kleinen Lachfältchen um die Augen, die verrieten, daß er nicht zum Trübsinn neigte.
Mary liebte ihren Vater abgöttisch. Einen ernsthaften Krach hatte es nie zwischen ihnen gegeben, und er war immer da, wenn sie ihn brauchte. Auch neulich abend, nach dem Schrecken im Schwimmbecken, als sie den elektrischen Schlag bekommen hatte, war er es gewesen, der sie in die Arme genommen und getröstet hatte.
»Ich geh jetzt in mein Zimmer, Dad«, sagte sie.
Er sah auf und schaltete automatisch den Ton des Fernsehapparats ab. »Kein Fernsehen heute abend? Ist die Arbeit so wichtig?«
»Ich muß sie tippen, wenn ich ein A, die Höchstnote, kriegen will.«
Er streckte lächelnd den Arm nach ihr aus. Sie ging zu ihm und setzte sich auf die Sofalehne neben ihn.
»Außerdem«, fuhr sie fort, während er den Arm um sie legte, »brauche ich gute Noten, wenn ich in der Begabtenklasse bleiben will.« Sie starrte auf den lautlos berichtenden Nachrichtensprecher auf dem Bildschirm und fand, er hätte einen Stich ins Grüne. »Die Farbe stimmt nicht, Dad.«
»Ich weiß. Irgendwann demnächst werden sie’s schon besser hinkriegen. Bis dahin müssen wir mit dem zufrieden sein, was sie uns bieten.«
»Und was gibt’s Neues in der Welt?«
»Nicht viel. Die Schwarzen im Süden demonstrieren immer noch. Jackie ist immer noch guter Hoffnung. An der Börse ist immer noch Baisse. Alles unverändert. Moment mal, nein! Ich hab was vergessen. Sybil Burton hat Richard heute endlich verlassen.«
Mary lachte. »Ach, Dad.« Sie schlang ihm die Arme um den Hals und gab ihm einen Kuß. Als sie aus dem Zimmer ging, hörte sie die plötzlich wiedereinsetzende Stimme des Nachrichtensprechers. »… gab heute bekannt, daß der Theologe Hans Küng sich dafür ausgesprochen hat, den Index verbotener Bücher abzuschaffen …«
Sie saß an ihrem Schreibtisch und starrte mit leerem Blick auf das Foto Richard Chamberlains, das an ihrer Pinnwand den beherrschenden Platz einnahm. Vor ihr lagen die Bilder ausgebreitet, die sie zur Illustration ihrer Facharbeit über die Kathedralen Frankreichs ausgeschnitten hatte. Aber sie hatte die Schreibmaschine bis jetzt nicht angerührt. Die Musik der Platte, die sie aufgelegt hatte, schwermütig gesungene Lieder von Joan Baez, drang nicht zu ihr durch. Sie war mit ihren Gedanken wieder bei dem Traum der vergangenen Nacht.
Halb wünschte sie, die aufwühlende Erinnerung abschütteln zu können, halb genoß sie sie auch mit einer heimlichen Wonne. Sie verstand nur nicht, warum ihr Unterbewußtsein nicht Mike, sondern ausgerechnet den heiligen Sebastian für die Rolle des Liebhabers auserkoren hatte.
Merkwürdig, fand sie jetzt, wo sie darüber nachdachte, daß sie in den sieben Monaten, seit Mike ihr Freund war, nicht ein einziges Mal von ihm geträumt hatte. Obwohl sie sehr viel über ihn phantasiert hatte. Bis zum Geschlechtsakt selbst allerdings waren diese Tagträume nie gegangen. Mary Ann McFarland erlaubte sich keine sündhaften Gedanken.
Seufzend stand sie auf und ging rastlos in ihrem Zimmer umher. Filmstars, Popsänger und ein nachdenklicher Präsident Kennedy blickten von den Wänden zu ihr hinunter. Auf der Kommode lagen neben ihrem Schul-Sweatshirt und mehreren Dosen Haarspray Fotos von Mike Holland im Football-Dreß.
Mary streckte sich auf ihrem Bett aus. Die erotischen Erinnerungen an den heiligen Sebastian ließen sie nicht los; die Erinnerung nicht nur an den Traum, sondern vor allem daran, wie er geendet hatte. Zweifellos war der Traum Sünde gewesen; und zweifellos war es daher unrecht zu hoffen, daß er wiederkehren würde. Sie mußte ihn vergessen, ihn sich mit Gewalt aus dem Kopf schlagen. Den Blick auf die kleine blaugewandete Figur der heiligen Jungfrau gerichtet, die mit sanfter Duldermiene auf ihrem Toilettentisch stand, begann Mary widerstrebend zu beten. »Heilige Maria, Mutter Gottes voller Gnaden …«
Mike Holland lebte mit seinem Vater und seinen beiden Brüdern in einem großen Bungalow nicht weit vom Haus der McFarlands entfernt. Nathan Holland hatte seit dem Tod seiner Frau vor fast zehn Jahren seine drei Söhne allein großgezogen. Dank jahrelanger Übung schaffte er es mühelos und ohne Panne, wie gewohnt das Frühstück für die ganze Familie auf den Tisch zu bringen, ehe er ins Büro fuhr. Das Geschirr würde er heute stehenlassen, da freitags immer die Zugehfrau kam.
»Mike? Bist du das?« rief er, als er im Wohnzimmer Schritte und ein verschlafenes Gähnen hörte.
»Ja, Dad.«
»Komm, beeil dich ein bißchen. Deine Brüder lassen dir sonst nichts übrig.«
Mike ging ins Eßzimmer und setzte sich an seinen angestammten Platz. Timothy, vierzehn, und Matthew, sechzehn, sahen nur kurz von ihren mit Schinken und Ei beladenen Tellern auf.
Nathan kam aus der Küche und stellte seinem ältesten Sohn einen Teller hin. »Ich hab dich gestern abend gehört, Mike. Du bist spät gekommen.«
»Wir haben ein bißchen länger gemacht.«
»Von wegen«, warf Timothy grinsend ein. »Du hast Mary auf Umwegen heimgefahren, gib’s doch zu!«
»Halt die Klappe, Tim.« Mißmutig begann er zu essen.
Er hatte in der vergangenen Nacht schlecht geschlafen. Mary hatte sich mit nächtlichen Verführungskünsten in seine Träume gestohlen. Aber die Träume hatten genauso geendet wie ihre realen Rendezvous immer endeten – unbefriedigend und mit Frust. Kein Wunder, daß Mike mißmutig aufgewacht war.
»Sherry hat gestern abend angerufen und nach dir gefragt«, bemerkte Matthew, der, wenn auch nur ein Jahr jünger, um einiges kleiner und schmächtiger war als Mike.
»Sherry ist Ricks Freundin«, sagte Mike.
»Außerdem«, mischte sich Tim vorlaut ein, »gehört sich’s nicht, daß Mädchen Jungs anrufen.«
»Ich wollte es dir nur ausrichten, Mike.«
»Okay. Danke, Matt.«
Die drei Jungen aßen schweigend. Timothy und Matthew hatten aufgeschlagene Bücher vor sich liegen. Der Vierzehnjährige besuchte noch die katholische Schule der Gemeinde St. Sebastian und hatte doppelt so viele Hausaufgaben zu machen wie seine beiden Brüder, die an der Reseda Highschool waren. Aber im nächsten Jahr würde er zum Glück auch endlich auf die Highschool kommen.
Nathan kam wieder aus der Küche und rollte seine Hemdärmel herunter. »Wieso bist du heute so still, Mike? Ist was nicht in Ordnung?«
»Ach, mir sitzen nur die Abschlußprüfungen in den Gliedern, Dad. Ich bin froh, wenn sie vorbei sind.«
Sein Vater gab ihm einen kurzen Klaps der Ermunterung, und er schluckte seinen Kummer hinunter; den Kummer darüber, daß sämtliche Jungen auf der Schule ihn um etwas beneideten, was er gar nicht hatte. Wer würde aber auch die Wahrheit glauben? Daß nun schon seit neun Monaten das hübscheste Mädchen der ganzen Schule seine Freundin war und er noch immer nichts erreicht hatte.
Mike stocherte in seinem kalten Rührei herum. Im Grund, dachte er verdrießlich, ist Rick der Glückspilz. Wenigstens läßt die dicke Sherry ihn ran.
»Mary Ann! Mary Ann! Steh jetzt sofort auf!«
Sie öffnete langsam die Augen und schaute unter schweren Lidern zum Fenster hinüber, durch das das flirrende Licht der Junisonne in ihr Zimmer strömte. Wieder so ein Morgen, dachte sie gereizt. Das ist jetzt schon der dritte. Wieso wache ich dauernd mit Übelkeit auf?
Die Tür öffnete sich, und Lucille McFarland steckte den Kopf ins Zimmer. »Noch einmal ruf ich dich nicht, Mary Ann. Wenn ich dich im Auto mitnehmen soll, mußt du endlich aufstehen.«
Mit einem tiefen Seufzer richtete Mary sich auf und rieb sich schlaftrunken die Augen. Sie spürte nicht einen Funken von dem Schwung und der Energie, die sie sonst morgens aus dem Bett trieben. Am liebsten hätte sie sich sofort wieder hingelegt. Vielleicht kam es daher, daß in zwei Wochen die Ferien anfingen. Vielleicht war es die asiatische Grippe. Noch einmal seufzte Mary zornig und gereizt, dann schwang sie die Beine aus dem Bett. Bis morgen mußte sie das jedenfalls überwunden haben. Morgen war Cheerleader-Probe für das kommende Schuljahr, und sie wollte unbedingt wieder mit im Team sein.
Warm und verlockend schien die Frühsommersonne durch die offenen Fenster des Klassenzimmers und weckte Phantasien von goldenen Tagen an weißen Stränden. Adam Slocum, der die Unruhe seiner Schüler sah, schluckte seinen Ärger hinunter. Er wußte genau, wie ihnen zumute war; er war noch nicht zu alt, um sich an den Lockruf des Sommers zu erinnern, an die Sehnsucht nach Freiheit und Ungebundenheit. Ihre Konzentration nahm ständig ab. Jedes Jahr war es das gleiche, man konnte von Februar bis Juni förmlich zusehen, wie das Interesse nachließ und ihre Aufmerksamkeit sich anderen Dingen zuwandte. Sie waren jung, voller Energie und Lebensfreude, und je näher der Sommer kam, desto schwerer fiel es ihnen, den Tag zu erwarten, an dem sie endlich hinausstürmen konnten in heiße Tage voller Lust und Spiel.
»Meine Damen und Herren«, rief er zum fünftenmal und klopfte mit seinem Zeigestab aufs Pult. »Bitte!«
Sie nahmen sich zusammen, wandten ihm konzentrierte junge Gesichter zu.
Adam Slocum räusperte sich und fuhr in seinem Vortrag fort. Einige Minuten lang zollten sie ihm schweigend Aufmerksamkeit, und er spürte, daß sie seinen Ausführungen folgten. Aber kaum hatte er sich umgedreht, um die Herzkammern an die Tafel zu zeichnen, hatte er ihre Aufmerksamkeit schon wieder verloren.
Aus dem Augenwinkel sah Mary das verstohlene Signal. Germaine Massey, ihre beste Freundin, die einige Bänke entfernt saß, winkte ihr zu. Mary drehte sich ein wenig und sah, wie Germaine vorsichtig den Deckel ihres Ringbuchs hob. Darunter kam der Rücken eines dicken, abgegriffenen Taschenbuchs zum Vorschein. Mary neigte den Kopf und las den Titel. Fanny Hill. Zwei Exemplare des verbotenen Romans waren an der Reseda Highschool in Umlauf. Germaine und Mary standen seit Wochen auf der Warteliste.
»Miss McFarland!«
Sie fuhr herum. »Ja, Sir.«
»Können Sie mir die Arterien nennen, die den Herzmuskel versorgen?«
Sie lächelte mit blitzenden Zähnen. »Ja, Sir.«
Adam Slocum wartete einen Moment, dann seufzte er und sagte müde: »Würden Sie dann freundlicherweise Ihr Wissen mit uns teilen?«
Die Klasse lachte. »Die Herzarterien, Sir.«
Adam Slocum unterdrückte ein Lächeln und schüttelte resigniert den Kopf. Er konnte Mary Ann McFarland einfach nicht böse sein.
Ein leichter Windstoß fegte durch die offenen Fenster in den Biologiesaal. Das Skelett in der Ecke klapperte leise, und ein scharfer Hauch von Formaldehyd wehte durch den Raum. Den Blick auf die jungen Gesichter seiner Schüler gerichtet, fuhr Adam Slocum in seinem Vortrag fort und dachte dabei, was für ein Vergnügen es war, eine Begabtenklasse zu unterrichten. Er bedauerte es, daß das Schuljahr nun bald zu Ende gehen würde.
Von seinem Standort aus konnte Adam Slocum unter Marys Bank sehen; ihr enger Rock war hochgerutscht und enthüllte gebräunte, straffe Schenkel. Die Reseda Highschool hatte strenge Kleidervorschriften; Mädchen, bei denen der Verdacht bestand, daß sie ihre Röcke zu kurz trugen, mußten im Büro der Direktorin niederknien, und wenn der Saum nicht den Boden berührte, wurden sie umgehend nach Hause geschickt. Das war aber auch gut so, sonst würden die koketten jungen Dinger zweifellos ihre Reize völlig ungeniert zur Schau stellen, und wer würde dann noch ans Lernen denken?
Adam Slocum sah weg und konzentrierte sich auf die dicke Sherry, die Mike Holland schöne Augen machte.
Als Adam Slocum sich wieder der Zeichnung an der Tafel zuwandte, sah Mary zu Germaine hinüber und krauste die Nase. ›Dann warf sie Mike einen Blick zu und lächelte. Es kostete ihn Mühe, das Lächeln zu erwidern. Er brachte kaum die Mundwinkel hoch. Seine Gedanken kreisten schon wieder oder immer noch um den vergangenen Abend. Er versuchte, sich jedes Wort, jede Geste ins Gedächtnis zu rufen, um herauszubekommen, was er falsch gemacht hatte.
Er und Mary waren wie jeden Donnerstag in die Jugendgruppe der Katholischen Gemeinde gegangen und hatten Pater Crispin bei den Vorbereitungen zu einem Sommerfest geholfen. Da war alles wie immer gewesen. Es war die Stunde darauf, die Mike jetzt noch einmal vor sich ablaufen ließ, während er den Blick auf Adam Slocums Kreideherz gerichtet hielt, ohne etwas zu sehen. Er steuerte in Gedanken seinen Corvair wieder in die Hügel von Tarzana hinauf.
»Du bist an unserer Straße vorbeigefahren, Mike«, hatte Mary gesagt.
Er grinste. »Ich weiß.« Er gab ein wenig mehr Gas und zog den Wagen mit quietschenden Reifen um die Kurve.
»Ach, komm, Mike, du weißt, daß meine Mutter schimpft, wenn ich nicht pünktlich nach Hause komme.«
»Sag doch einfach, es hätte länger gedauert.«
»Mike –«
Als der Wagen die Höhe des Hügels erreichte und Tarzana hinter ihnen zurückblieb, hörte Mary auf zu protestieren. Sie hatten selten Gelegenheit, ganz allein miteinander zu sein, und Mike wußte, daß sie solche Momente genauso herbeisehnte wie er. Man mußte ihr nur ein bißchen gut zureden …
Er lenkte den Wagen von der Straße in eine Parkbucht. Dieser Teil des Mulholland Drive war dunkel, und dichtbelaubte Bäume schützten die Parkbucht vor dem Scheinwerferlicht entgegenkommender Autos. Vor ihnen lag lichtflimmernd das San Fernando Tal.
»Mary«, sagte er ruhig, nachdem er den Motor ausgeschaltet hatte. »Wir müssen miteinander reden.«
»Ich mag nicht, Mike. Jetzt nicht.«
»Doch, wir müssen. Wir können es doch nicht einfach ignorieren. Wenn mein Vater wirklich mit uns nach Boston zurück will, sehen wir uns eine Ewigkeit nicht. Du mußt mir versprechen, daß du mir treu bleibst.«
Mary schaute zum Fenster hinaus auf das Lichtermeer. »Ich mag nicht darüber reden, Mike. Es macht mich so traurig. Am liebsten möchte ich überhaupt nicht daran denken. Wenn ich mir vorstelle, daß du den ganzen Sommer weg bist! Ich komme mir bestimmt ganz verlassen vor.«
»Genau darüber müssen wir reden. Und deshalb mußt du mir versprechen, daß du mir treu bleibst.« Er legte seine Hand auf ihre Schulter und spielte mit ihrem Haar. »Mary«, sagte er leise, »du mußt mir versprechen, daß du dir keinen anderen suchst.«
»Ach, Mike.« Sie drehte sich um und sah ihn an. »Wie kannst du so was überhaupt denken?«
»Versprich es mir, Mary.«
»Okay, Mike. Ich versprech es dir. Ich schau nicht mal einen anderen an.«
»Versprich es richtig, Mary.«
»Ich mein’s ernst, Mike. Ich schwöre bei der heiligen Theresa, daß ich dir treu sein werde.«
Er entspannte sich etwas. »Wenn wir fahren, und mein Vater ist ziemlich sicher, daß wir fahren, dann gleich am zweiten Ferientag. Bis dahin sind es nur noch zwei Wochen.«
Mary starrte wieder zur Windschutzscheibe hinaus. »Ich weiß.«
»Zwei Wochen, Mary. Und dann drei Monate, ehe wir uns wiedersehen.«
Sie nickte, ohne etwas zu sagen.
»Mary …« Er rückte näher an sie heran und legte ihr den Arm um die Schultern. Als seine Hand zu ihrer Brust glitt, schob sie sie weg.
»Nein, Mike. Nicht.«
»Warum nicht?« flüsterte er, die Stirn in ihr Haar gedrückt. »Du magst es doch. Du läßt es mich sonst immer tun. Außerdem sind wir jetzt lange genug befreundet. Ein ganzes Jahr. Komm schon, Mary, alle tun es.«
Sie schüttelte schwach den Kopf. »Nicht alle, Mike. Ich möchte das nicht tun, was du willst. Wir haben oft genug darüber gesprochen. Es ist nicht recht, solange wir nicht verheiratet sind.«
Einen Moment richtete er sich starr auf, dann schmiegte er sich wieder an. »Davon rede ich doch gar nicht, Mary.« Seine Stimme war weich und beredsam, und seine Lippen streiften ihr Ohr, während er sprach. »Ich hab gemeint – du weißt schon, nur das Übliche.«
Er schob ihr die Hand unter das Kinn und drehte ihren Kopf, so daß ihr Gesicht ihm zugewandt war. Ganz leicht zuerst, dann leidenschaftlicher küßte er sie. Aber als er seine Zunge zwischen ihre Lippen schieben wollte, wich sie zurück.
»Nein, Mike – nicht!«
»Okay«, hauchte er. Behutsam schob er seine Hand unter ihre Bluse. Mary schloß die Augen und atmete schneller. Aber als er seine Finger unter ihren Büstenhalter schieben wollte, stieß sie seine Hand wieder weg.
»Nicht jetzt, Mike. Bitte!«
»Warum denn nicht? Du magst es doch sonst immer.«
»Sie tun weh, Mike. Bitte!« Sie sah ihn flehend an. »Nicht jetzt.«
Mike war verstört, einen Moment lang beinahe ärgerlich, dann wurde er wieder weich. »Mary«, flüsterte er und zog sie an sich, »ich mag dich so sehr. Das weißt du doch. Und in zwei Wochen bin ich weg. Vielleicht entschließt sich mein Vater sogar, in Boston zu bleiben, und dann komme ich nie wieder zurück.«
Sie fuhr herum. »Mike!«
Er drückte heftig seinen Mund auf den ihren und stieß ihr die Zunge zwischen die halb geöffneten Lippen. Im ersten Moment erwiderte sie seinen Kuß, stöhnte leise, dann riß sie mit einem Ruck den Kopf nach rückwärts.
»Ich möchte es mit dir tun«, sagte er heiser. »Hier. Jetzt gleich.«
»Nein, Mike –«
»Es ist schön. Wirklich. Du findest es bestimmt schön. Und ich tu dir nicht weh. Wir tun es so, wie du möchtest.«
»Nein!«
»Du brauchst dich nicht mal auszuziehen.«
Als sie plötzlich die Hände vor ihr Gesicht schlug und zu weinen anfing, seufzte Mike ungeduldig und zog seinen Arm von ihren Schultern. Sie weinte ein paar Minuten lang, dann wurde sie wieder ruhiger.
»Hey, Mary, sei nicht böse«, sagte Mike. »Es tut mir leid.«
Sie schluckte und wischte sich mit den Fingern die Augen. »Ich will es ja auch, aber wir dürfen nicht. Erst wenn wir verheiratet sind.«
Er sah sie einen Moment lang stumm an, dann sagte er bedrückt: »Vielleicht sehen wir uns nie wieder. Ich liebe dich, Mary. Liebst du mich auch?«
Sie sagte »ja« und begann wieder zu weinen.
Da hatte Mike den Wagen angelassen, und sie waren in eisigem Schweigen zu ihrem Haus gefahren.
»Mr.Holland! Bitte!« Krachend knallte der Zeigestab auf das Lehrerpult.
Mike sah erschrocken auf.
»Ich kann ja verstehen, Mr.Holland, daß Sie lieber junge Damen betrachten als mich, aber ich erwarte, daß Sie wenigstens Ihre Ohren in meiner Richtung spitzen. Würden Sie also jetzt bitte die Frage beantworten.«
Die anderen lachten erheitert, und Mike sagte verlegen: »Entschuldigen Sie, ich habe die Frage nicht gehört.«
Adam Slocum seufzte wieder. Auch Mike Holland konnte er nicht böse sein. Der gutaussehende blonde Junge mit dem offenen Gesicht war nicht nur Klassensprecher und Mannschaftskapitän des Football-Teams, er war vor allem ein glänzender Schüler.
»Können Sie uns den Unterschied zwischen Venen und Arterien sagen?«
Mit einem raschen, ihm selbst völlig unbewußten Blick auf Mary trug Mike eine Antwort wie aus dem Lehrbuch vor. Während er sprach, sah Adam Slocum nachdenklich zu der kleinen McFarland hinüber, die augenblicklich mit einem entwaffnenden Lächeln antwortete.
Der Biologielehrer kannte diesen Typ von Mädchen: die geborene Führernatur, immer im Mittelpunkt, von allen umworben. Jeder in der Klasse wollte ihre Aufmerksamkeit, jeder richtete sich unwillkürlich nach dem, was sie für richtig hielt. Fast in jeder Klasse gab es solche Anführer; manchmal waren sie eine Plage, verleiteten die anderen zu nichts als Dummheiten und Streichen; manchmal waren sie Vorbilder, denen die ganze Klasse in allem nacheiferte, ob nun im guten oder im schlechten Sinn. Der Herdentrieb war bei den Teenagers stark ausgeprägt, und ob sie sich dessen bewußt waren oder nicht, fast immer kürten sie stillschweigend einen Anführer, der ihnen in den Wirrnissen und Schwierigkeiten der Adoleszenz Orientierung geben sollte. Oft wählten sie die Hübscheste oder den Bestaussehenden, wobei sie hervorragendes Aussehen mit hervorragendem Intellekt gleichsetzten. Mary Ann McFarland hatte beides. Es hätte Slocum interessiert, wie weit sich Mary ihres Einflusses auf die anderen bewußt war.
»Wer kann mir die größte Arterie und die größte Vene im menschlichen Körper nennen?«
Mehrere Arme schossen in die Höhe. Im Grund ist es eine Schande, dachte Adam Slocum, man macht sie mit sämtlichen Systemen und Funktionen vertraut, nur das eine, das so wichtig ist wie alle anderen, das unterschlägt man; es ist verboten, tabuisiert, man könnte sogar bestraft werden, wenn man es im Unterricht zur Sprache bringt. Man konnte über Gene und Chromosomen sprechen, über weiße und schwarze Mäuse, über Fortpflanzung und Paarung, aber wie diese Gene praktisch weitergegeben wurden, darüber durfte man kein Wort verlauten lassen. Er rollte die Karte mit der Darstellung der Blutgefäße auf, räusperte sich und sagte: »Arterien vom Herzen weg, Venen zum Herzen …«
Während alle eifrig schrieben, kehrte Mike mit seinen Gedanken wieder zum Debakel des vergangenen Abends zurück. Er schaute zu Mary hinüber, die mit konzentriertem Gesicht Slocums Vortrag folgte, und wußte, daß sie die Sache schon vergessen hatte.
In der letzten Stunde hatten die Mädchen Sport, und obwohl sie heute nur einen Vortrag über weibliche Hygiene zu hören bekommen würden, mußten sie Sportbekleidung anziehen. In der Hitze des Nachmittags saßen zweihundert Mädchen im Schneidersitz auf dem Boden des Turnsaals und schauten sich gelangweilt einen Trickfilm über die Menstruation an, den sie seit der fünften Klasse schon mindestens zehnmal gesehen hatten.
Später, im Umkleideraum, wurden die Mädchen wieder lebendig. Allgemeines Gesprächsthema war ein neuer Film, der gegenwärtig in einem Kino in der Nähe gezeigt wurde.
»Mensch, es muß doch irre sein, mit Warren Beatty zu schlafen«, rief Sheila aufgekratzt. Sie war eines der wenigen Mädchen, die sich beim Umziehen nicht schamhaft hinter der Tür ihres Garderobenschränkchens versteckte, sondern ganz ungeniert ihre schwarze Turnhose auszog. »Ich hab den Film dreimal gesehen, und ich könnte ihn mir sofort noch mal anschauen.«
Mary saß auf der schmalen Bank unterhalb der Schränke und zog sich ihre Turnschuhe von den Füßen.
»Ich finde, es war ganz richtig, daß Natalie Wood ihn nicht rangelassen hat«, sagte ein Mädchen mit hochtoupiertem Haar.
»Schön blöd«, entgegnete Sheila. »Schau doch, was es ihr gebracht hat. In der Irrenanstalt ist sie gelandet.«
Mary sah zu Germaine auf, die vor dem Schrank neben ihrem stand und sich eilig umzog. Germaine lachte nur. Sie beteiligte sich fast nie an diesen Diskussionen. Sie war ein introvertiertes Mädchen mit radikalen Ansichten, die sie meist nur ihrer Freundin Mary mitteilte.
Mary faltete ihre Turnsachen ordentlich und verstaute sie in ihrem Beutel. »Ich hab den Film auch gesehen«, sagte sie leise.
»Ich auch«, erwiderte Germaine, während sie ihre Turnsachen kurzerhand in ihre Schultasche stopfte. »Die sind ja albern. Die reden über Sex, als wäre es was Besonderes.« Germaine schlug die Schranktür zu und fuhr sich mit dem Kamm durch das schwarze Haar, das ihr bis zu den Hüften hinunterreichte.
Mary schlüpfte in ihr Kleid und sagte dabei: »Das einzige, was mich im Moment interessiert, ist das mistige B, das ich für meine Arbeit in Französisch bekommen hab. Nur weil ich nicht oft genug den Konjunktiv verwendet hab. Wie soll ich denn bei einem Bericht über französische Kathedralen den Konjunktiv verwenden? Kannst du mir das vielleicht sagen?«
Germaine zuckte die Achseln. »Ach, das machst du in der Abschlußprüfung wieder gut. Ich kenn dich doch.«
Während Mary vor dem Spiegel an der Innenseite der Schranktür ihren schwarzen Lidstrich nachzog, setzte sich Germaine auf die Bank, um auf sie zu warten.
Rundherum flogen krachend die Schranktüren zu, und das Getümmel in der Garderobe begann sich zu lichten. Aber da es die letzte Unterrichtsstunde des Tages gewesen war, blieben viele, um noch ein Schwätzchen zu halten. Fast überall drehten sich die Gespräche um die Pläne für den kommenden Abend und das Wochenende.
»Hör dir das an, Mare«, sagte Germaine. »Die reden von ein bißchen Knutscherei im Autokino, als wär das eine Riesensache. Wetten, daß nicht eine einzige schon mal mit einem Jungen geschlafen hat? Dazu haben die viel zuviel Angst. Die sind garantiert alle noch brave Jungfrauen.«
Mary warf ihrer Freundin einen kurzen Blick zu und widmete sich wieder ihrem Make-up. Germaine Massey war eine Progressive, eine Anhängerin des Nonkonformismus. Sie hatte einen Freund, der an der Universität von Kalifornien in Los Angeles Politologie studierte, und mit ihm besuchte sie Künstlerkneipen, wo Lyrik gelesen wurde, die sich nicht reimte, nahm an politischen Versammlungen teil und experimentierte in der sogenannten freien Liebe.
Im Augenblick blätterte sie in dem zerfledderten Exemplar von Fanny Hill, das sie endlich erobert hatte. »Da brauch ich bestimmt nicht lange, Mare«, murmelte sie, über das Buch geneigt, so daß ihr langes Haar nach vorn fiel und ihr Gesicht verbarg. »Lieber Gott, hör dir das an! Sie nennt ihn auch noch eine Pistole!«
Mary schraubte das Fläschchen mit dem Eyeliner zu und legte es in das Schminktäschchen, das sie ganz hinten in ihrem Garderobenschrank verwahrte. Als sie in den Schrank hineingriff, streifte sie mit der Hand ein kleines Bündel, das versteckt im Dunkeln lag, und wußte im ersten Moment nicht, was das war. Dann fiel ihr ein, daß es die Binde war, die sie für Notfälle immer hier aufhob. Ein Gedanke blitzte auf, und sie runzelte die Stirn. Aber da sagte Germaine etwas, und der Gedanke flog weg.
Als Mary und Germaine um drei durch den Schulkorridor gingen, stießen sie mit Mike und seinem Freund Rick zusammen.
»Hallo, Mary. Ich kann dich heute leider nicht mitnehmen. Wir haben noch eine Teambesprechung.«
»Das macht nichts, Mike. Ich rufe meine Mutter an. Wann kommst du heute abend?«
»Wahrscheinlich erst nach sieben. Ich hab meinem Vater versprochen, daß ich vor dem Wochenende noch das Schwimmbecken saubermache. Tschüs.«
Ehe die beiden Jungen das Gebäude verließen, gingen sie in die Toilette, wo der Zigarettenqualm in dicken Schwaden hing. Sie knallten ihre Bücher auf die schulterhohe gekachelte Mauer neben der Tür und gingen direkt zu den Waschbecken. Beide zogen Kämme heraus, ließen Wasser darüber laufen und kämmten dann ihr Haar.
Mike warf Rick einen Blick zu. »Na, hat’s geklappt gestern abend?«
»Nee. Sherrys Mutter hat sie nicht weggehen lassen, und außerdem mußte ich lernen. Und wie war’s bei dir? Was gelaufen?«
Mike grinste vielsagend. »Wir haben eine prima Stelle am Mulholland Drive entdeckt.« Er klopfte das Wasser von seinem Kamm und steckte ihn ein. »Alles bestens.«
Rick pfiff halb neidisch, halb bewundernd durch die Zähne.
»Das ist bestimmt die Grippe«, sagte Lucille und lenkte den Wagen in die Einfahrt zum Haus. »Ein Glück, daß Freitag ist.«
»Ja, aber morgen ist Cheerleader-Probe.«
»Konntest du wenigstens dein Mittagessen runterbringen?«
»Ein bißchen was, ja, aber hinterher war mir wieder schlecht. Das kommt und geht. Aber am schlimmsten ist diese fürchterliche Müdigkeit. Ich fühl mich immer total erschöpft, weißt du.«
Lucille nickte. Sie hielt den Wagen vor der Haustür an, schaltete den Motor aus und blieb noch einen Moment sitzen. »Vielleicht sollte ich doch mal mit dir zum Arzt gehen. Schade, daß Dr.Chandler nicht mehr praktiziert. Aber wir werden schon jemanden finden. Komm, gehen wir rein, dann ruf ich Shirley an. Vielleicht kann sie uns einen Arzt empfehlen.«
Dr.Jonas Wades Praxis befand sich in einem modernen Glaskasten an der Ecke Reseda Avenue und Ventura Boulevard. Das Wartezimmer war freundlich, ohne aufdringlich zu sein, ganz in gedämpften Blau- und Grüntönen gehalten, mit einem dicken Teppich, vielen Grünpflanzen und einem großen Aquarium voll exotischer Fische. Lucille war sofort beeindruckt. Nicht nur Shirley Thomas, sondern auch noch zwei andere Freundinnen hatten ihr den Arzt empfohlen, und sie hatte noch am Tag ihres Anrufs einen Termin für Mary bekommen, da kurz zuvor ein anderer Patient abgesagt hatte. Es war fünf Uhr.