9,99 €
Dieses E-Book entspricht 304 Taschenbuchseiten ... Stell dir vor, der Mann deiner Begierde ist vollkommen blind. Was würdest du tun, um ihn deine Lust spüren zu lassen? Als Studentin Lara den Job als Haushaltshilfe bei dem blinden Jason annimmt, ahnt sie noch nicht, welch voyeuristische und exhibitionistische Veranlagungen in ihr schlummern. Immer tiefer gerät sie in einen Sog aus Lust und Verlangen. Doch der charismatische Jason ist nicht bereit, ihre neu erwachte Gier vollends zu stillen. Und dann ist da auch noch July, Jasons ebenso attraktive wie rätselhafte Ex-Frau ... Was verschweigt Jason Lara? Kann er ihr geben, wonach sie verlangt? Und schafft sie es, sein Geheimnis zu lüften? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 416
Impressum:
Blinde Lust | Erotischer Roman
von Amy Walker
Amy Walker ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die mit der Veröffentlichung mehrerer Romane bereits erste schriftstellerische Erfolge feiern durfte. Mit „Geheime Begierde“ hat sie ihren ersten erotischen Roman verfasst. Leidenschaft, Sinnlichkeit und nackte Lust in Worte zu verpacken hat sie derart fasziniert, dass sie sich nächtelang nicht von ihrem Computer losreißen konnte. Seither schwirren ihr nicht nur die alltäglichen Pflichten rund um ihre Familie durch den Kopf, sondern verschiedenste erotische Szenerien, die sie alle noch niederschreiben will. Zwei Dinge sind ihr dabei besonders wichtig und in allen ihren Geschichten zu finden: viel Gefühl und ein Happy End!
Lektorat: Marie Gerlich
Originalausgabe
© 2017 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: Frau: © Svyatoslava Vladzimirska @ bigstockphoto.com Mann: © gstockstudio @ bigstockphoto.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783862776917
www.blue-panther-books.de
Kapitel 1
»Ich brauche ganz dringend einen Job!«, verkünde ich Kelly, als ich mich am Montagmorgen im Stufensaal auf den freien Platz neben ihr fallen lasse. Seit wir vor vier Monaten vor unserer ersten Vorlesung an der USC – University of Southern California – ineinander hineingelaufen sind, weil wir beide spät waren, sind wir Freundinnen und sitzen eigentlich immer nebeneinander.
»Ich wünsche dir auch einen guten Morgen, Lara, und danke der Nachfrage – mein Wochenende war richtig toll«, antwortet Kelly sarkastisch. Bereits an ihrem Tonfall erkenne ich, dass sie schlechte Laune hat. Ich schätze, dass aus der geplanten Annäherung an ihren Schwarm Dean – Verbindungsbruder und Footballgott an der USC – wieder mal nichts geworden ist.
»Dean hat sich in der Bibliothek nicht blicken lassen?«, tippe ich ins Blaue. Dabei hat Kelly sich extra den ganzen Samstag freigehalten, um sich hinter den Bücherregalen der Universitätsbibliothek auf die Lauer legen und eine zufällige Begegnung inszenieren zu können.
»Nein, er ist nicht aufgetaucht. Wahrscheinlich hat er das schöne Wetter fürs Training genutzt«, meint sie brummig, schüttelt den Kopf und schenkt mir ein versöhnliches Lächeln. »Sorry, das verhagelt mir einfach die Laune. Jetzt aber zu dir ... Bedeutet es, was ich denke, dass du am Montagmorgen so gut gelaunt und tatkräftig zu Grundlagen des Medienrechts hereinplatzt?«
Ich nicke gewichtig. »Ja, Brian und ich haben uns getrennt.« Warum ich deshalb so gut drauf bin? Weil unsere Highschool-Dauerbeziehung schon länger ziemlich marode war und unser Plan, ihr mit dem eigenständigen Leben auf dem College in einer gemeinsamen Wohnung einen neuen Kick zu verpassen, nicht mal halb so gut aufgegangen ist, wie ich gehofft hatte. Letztendlich ist es eine Erleichterung, dass wir eine Schlusslinie gezogen haben – na gut, Brian hat sie gezogen. Aber das juckt mich nicht. Ein aufgeregtes Kribbeln macht sich in mir breit. Ich bin frei!
»Und warum willst du dir jetzt einen Job suchen? Ich dachte, ihr würdet die Wohnung auflösen und du würdest dich nach einer kleineren umsehen, wenn ihr euch trennt«, hakt Kelly nach. Die Bemerkung verpasst dem enthusiastischen Gefühl in mir einen kleinen Dämpfer. Das war der neue Plan gewesen, den ich für mich gefasst hatte, als ich daran zu zweifeln begann, dass das mit dem alten was wird.
Ich hole meinen Ordner aus der Tasche und knalle ihn auf den Tisch. Ich hatte alles bereits durchdacht, und dann macht Brian mir alles zunichte ... Allein schon darüber nachzudenken, macht mich wütend. »Ich habe meine Pläne kurzfristig ein wenig geändert«, murre ich und ramme meinen Bleistift in den Spitzer. »Brian hat sich anscheinend Hals über Kopf in irgendeine Tussi von hier verknallt. Das ist mir schnuppe, aber er bildet sich doch tatsächlich ein, dass ich ihm die Wohnung überlasse, damit sie sofort bei ihm einziehen kann!« Dass er gedenkt, sein Leben wie bisher weiterzuführen und meine Wenigkeit einfach durch eine andere Frau ersetzen will, wurmt mich. Ich bin bestimmt nicht eingebildet, aber ich bin toll und durch niemanden ersetzbar!
»Autsch!« Kelly verzieht den Mund und schenkt mir einen mitleidigen Blick. Die Spitze meines Bleistiftes bricht ab, weil ich in meinem Ärger viel zu heftig vorgegangen bin. Ich werfe Stift und Spitzer auf den Tisch, seufze und winke Kelly locker ab. »Keine Sorge, mir geht es wirklich gut. Es kratzt nur ein wenig an meinem Ego, dass Brian sich das alles schon so genau ausgemalt hat. Natürlich überlasse ich ihm die Wohnung nicht – darum brauche ich einen Job.« Auf diesen kleinen Racheakt kann ich einfach nicht verzichten. Mein Stolz braucht ihn, und mein Einkommen, das sich aus einem Stipendium und einer monatlichen Unterstützung durch eine private Stiftung für Journalismus-Studenten zusammensetzt, reicht bei Weitem nicht für die Miete der großen Wohnung und meine Lebenshaltungskosten aus.
Kelly verzieht nachdenklich den Mund und nickt verständig. »Dann gehen wir heute Mittag also zum Verwaltungsgebäude anstatt in die Mensa?«, hakt sie nach und holt ebenfalls ihre Unterlagen aus ihrem Rucksack.
Ich nicke entschlossen. »Unbedingt!« Ich habe keine Zeit zu verlieren. Bereits Ende dieser Woche ist die Miete fällig. Und wenn ich nicht bereits in meinem ersten, völlig eigenständigen Monat in Zahlungsverzug kommen will, dann sollte ich besser heute als morgen mit meiner zukünftigen Arbeit anfangen. Trotz dieses Druckes spüre ich ein angenehmes Flattern in der Magengegend. Ich richte meine Aufmerksamkeit auf Professor Peterson, der gerade den Vorlesungssaal betritt, und lächle versonnen in mich hinein. Dieses Gefühl ist einfach überwältigend. Jetzt geht mein Leben auf dem College erst so richtig los und ich bin gespannt, was mich erwartet!
***
Meine Aufregung steigt, als ich mittags wie vereinbart mit Kelly an das gigantische Infoboard im Verwaltungsgebäude unserer Fakultät trete. So viele Zettel! Ich fühle mich völlig erschlagen.
»Nach was genau suchst du denn?«, fragt Kelly und klingt genauso überfordert wie ich mich fühle. Hilflos zucke ich mit den Schultern und lasse meinen Blick über die Unmengen an Anzeigen schweifen – Wohnungsgesuche, freie WG-Zimmer, das Bild einer entlaufenen Katze und noch vieles mehr hängt aus. »Keine Ahnung ... Such einfach nach einem Jobangebot, das ab sofort gilt und gut bezahlt ist«, erwidere ich und mache mich daran, die Anzeigen zu überfliegen.
Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee, die Wohnung in der Orchard Avenue zu behalten. Sie liegt nahe am Campus, die Gegend ist ruhig und ich bin zum ersten Mal mein eigener Herr. Zu meinem Glück hat Mr. Ross, der Vermieter, darauf bestanden, dass nur ein Name im Vertrag steht, und zwar meiner. Vermutlich hat er eine Situation wie die jetzige bereits vorhergesehen.
»Warum suchst du eigentlich nicht einfach jemanden zur Untermiete? Dann müsstest du neben der vielen Lernerei nicht auch noch schuften gehen«, durchbricht Kelly meine Gedanken und hält mir einen Zettel unter die Nase.
Ich schüttle zweifelnd den Kopf. »Solltest du nicht vorhaben, dein WG-Zimmer aufzugeben, um bei mir einzuziehen, dann vergiss das mal ganz schnell wieder.« Ich stehe überhaupt nicht darauf, mit einer fremden Person zusammenzuwohnen, weshalb der Einzug in eine WG oder eines der Studentenwohnheime für mich von Anfang an nicht zur Debatte stand.
»Sorry, Lara, aber ich mag die Mädels. Außerdem befürchte ich ehrlich gesagt, dass unsere Freundschaft das nicht überleben würde«, meint Kelly und neigt verlegen den Kopf zur Seite. Ich winke locker ab. »Schon gut.« Ich weiß genau, was sie meint: Wir beide sind sehr forsche Personen und können ziemlich starrköpfig sein – keine guten Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben.
»Diese Bewerberin klingt aber wie eine perfekte Untermieterin. Gib ihr doch wenigstens eine Chance«, meint Kelly, als habe sie meine Gedanken gelesen. Wie gesagt, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat ... »Ich, eine unkomplizierte Medizinstudentin, suche dringend ein Zimmer zur Untermiete«, beginnt sie vorzulesen, doch ich höre ihr gar nicht richtig zu. »Was ist das denn?«, murmle ich und fixiere den Zettel an der Pinnwand, der genau neben ihrem Kopf angebracht ist.
»... Ich mag es ruhig, höre keine laute Musik, koche sehr gern ...!« Kellys Stimme überschlägt sich vor Begeisterung und ihr Kopf schnellt in die Höhe, sodass sie mir die Sicht verstellt. »Klingt doch perfekt!«
»Ja, ganz toll, und wahrscheinlich stinkt die ganze Wohnung nach Knoblauch oder was ähnlich Ekligem, wenn sie sich in meiner Küche ausgetobt«, entgegne ich Kelly naserümpfend, wedle abwehrend mit der Hand und schiebe sie beiseite, um mir die Anzeige genauer anzusehen, die mit bunten Comicbildern von Besen, Wischlappen und Kochtöpfen versehen meine Aufmerksamkeit erregt hat. Mein Herz klopft schneller. »Das ist es!«
Meine Hände zittern vor Aufregung, als ich den Zettel von der Wand nehme und genauer studiere. Kelly stellt sich neben mich und wirft ebenfalls einen Blick darauf. »Bestimmt ist die Stelle schon längst vergeben«, meint sie, ohne die Anzeige überhaupt zu lesen, und deutet auf die fast leere Reihe Abreißzettelchen mit der Kontaktnummer. Nur noch ein Zettel ist übrig.
»Das weißt du doch gar nicht«, erwidere ich. Das Angebot klingt perfekt! »Ich will genau diesen Job! Hör doch mal: Ich suche ab sofort eine Haushaltshilfe, die mir an mehreren Tagen in der Woche unter die Arme greift. Klingt anstrengend – das ist es vermutlich auch – dafür bezahle ich aber überdurchschnittlich gut. Melden Sie sich einfach bei Interesse. Genauere Vereinbarungen treffen wir dann bei Ihrer Einstellung.«
Irgendetwas sagt mir, dass das genau das Richtige für mich ist. Kurz entschlossen hole ich mein Smartphone aus der Tasche. »So einfach gebe ich nicht auf«, murmle ich und tippe die Nummer ein. Abwartend lausche ich dem Tuten in der Leitung, Kelly hält den Atem an und beobachtet mich gespannt.
»Palmer?«, meldet sich eine dunkle Männerstimme und wirft mich für einen Moment völlig aus dem Takt. »Ähm, hallo! Ich rufe wegen der Stelle an«, antworte ich perplex. Ich hatte eher mit einer zerbrechlichen alten Frauenstimme gerechnet und nicht mit der sexy Reibeisenstimme eines Kerls.
»Erst einmal würde mich interessieren, mit wem ich spreche«, erwidert er und mir schießt das Blut in die Wangen. Wie peinlich, gleich den ersten Eindruck zu verpatzen! Zum Glück kann er mich nicht sehen. »Entschuldigen Sie, hier spricht Lara Malone. Ist die Stelle denn noch zu haben?« Kelly verzieht unglücklich ihr Gesicht. Fuck, ich bin zu ungeduldig. Zum Glück sieht Jason Palmer mir diese kleine Schwäche mit einem leisen Lachen nach. »Naja, es gibt bereits einige Bewerberinnen ...« – »Bitte«, unterbreche ich ihn. »Ich brauche wirklich ganz dringend einen Job!«
Kelly schüttelt ungehalten den Kopf. Ich hebe abwehrend die Hand. Hätte ich Jason Palmer ausreden lassen, hätte er mir gleich abgesagt. So besteht vielleicht noch der Hauch einer Chance. Tatsächlich seufzt er leise. »Na gut ... Es kann zumindest nicht schaden, wenn Sie sich ebenfalls vorstellen. Sagen wir heute Nachmittag um vier? Ich wohne in der Royal Street 148.«
Stünde er jetzt vor mir, würde ich ihm vor Begeisterung um den Hals fallen. »Ja, super! Ich freue mich!«, sprudelt es aus mir heraus und ich würde mir am liebsten die Zunge abbeißen. Ich klinge nicht gerade professionell. Doch anstatt mir gleich wieder abzusagen, lacht Jason Palmer wieder. Mmh ... Ich mag diesen Ton. »Na, dann bis heute Nachmittag. Ich freue mich auch«, erwidert er fröhlich und legt auf.
»Was war das denn?«, fragt Kelly und mustert mich mit hochgezogenen Augenbrauen. »Du hast geklungen wie ein Barbie Girl – ›Ich freue mich auch!‹«, ahmt sie meinen überdrehten Ton grinsend nach.
Ich verstaue das Smartphone in meiner Tasche und remple sie freundschaftlich mit dem Ellenbogen an. »Hör auf, mich nachzuäffen!« Ich fühle mich, als könnte ich vor Freude tanzen. Das könnte sogar richtig gut werden! »Wenn dieser Jason Palmer so nett ist, wie er am Telefon geklungen hat, gibt er mir dank meiner vorlauten Art vielleicht sogar eine Chance!«, erwidere ich Kelly gespielt schnippisch und hake sie unter, um noch schnell mit ihr zur Mensa zu gehen, ehe die letzte Vorlesung für heute anfängt. Und danach heißt es, mich bei Jason Palmer ordentlich ins Zeug zu legen. Ein leises Flattern meldet sich in meiner Magengrube. Wie alt er wohl ist?
***
Fast dreieinhalb Stunden später komme ich völlig abgehetzt in der Royal Street Nr. 148 an. Das moderne Wohnhaus liegt viel weiter die Straße runter als ich dachte, und so musste ich ganz schön in die Pedale meines Fahrrades treten, um nicht zu spät zu kommen. Trotzdem bleibt mir kaum Zeit, um Luft zu holen. Schnaufend presse ich die Hand an meine stechende Seite und klingle.
»Miss Malone, Sie kommen auf die Minute genau. Sie scheinen den Job wirklich unbedingt zu wollen«, empfängt Jason Palmer mich durch die Gegensprechanlage. An der Belustigung in seiner Stimme kann ich erkennen, dass er mich auf den Arm nimmt. Sehr witzig! »Ja, mit der Pünktlichkeit nehme ich es wirklich ganz genau. Deshalb komme ich auch nie zu früh«, erwidere ich sarkastisch und höre wieder dieses angenehme Lachen. »Na, dann kommen Sie hoch. Dritter Stock.« Der Türsummer wird betätigt und ich trete ein.
Wow! Bereits nach den ersten Schritten ins Innere des Hauses sehe ich mich beeindruckt um. Die Bude wirkt nicht nur von außen ziemlich gediegen, auch das Treppenhaus ist elegant. Blank geputzte Hochglanzfliesen zieren den Boden, das Gestänge des Treppengeländers besteht aus kunstvoll in sich gedrehten Streben aus glänzendem Metall. Gespannt auf die Wohnung, die ich in Zukunft hoffentlich putzen darf, drücke ich auf den Knopf des Aufzuges und fahre wenige Augenblicke später nach oben. Mit einem leisen Pling kommt er im dritten Stock an und die Türen öffnen sich.
Fuck! Ich schwöre, dass mein Herz für einen Schlag aussetzt, ehe es heftig klopfend seine Tätigkeit wieder aufnimmt. Wenn das Jason Palmer ist, dann drehe ich durch. Nervös streiche ich mein langes Haar nach hinten und starre den Kerl an, der in der direkt dem Aufzug gegenüberliegenden Wohnungstür steht.
»Wenn Sie das sind, Miss Malone, dann sollten Sie aussteigen, ehe der Aufzug weiterfährt ...«
Oh mein Gott, er ist es wirklich. Ein erregtes Kribbeln breitet sich in meinem Nacken aus, als ich in den Gang trete. Meine Sneakers geben ein leises Quietschen von sich. Hätte ich nur Zeit gehabt, noch nach Hause zu radeln und mich umzuziehen!, schießt mir durch den Kopf. Doch anstatt mich richtig anzuschauen, starrt Jason Palmer an mir vorbei. Irritiert werfe ich einen Blick über meine Schulter, doch da ist niemand. Sein Blick ist seltsam, irgendwie leer. Ganz langsam dämmert mir, warum der Mann nach einer Haushaltshilfe sucht.
Fasziniert lege ich den Kopf in den Nacken, als ich nach einer gefühlten Ewigkeit vor ihm stehe. Er ist so groß, dass ich mit meinen eins siebzig zu ihm aufsehen muss, um sein attraktives Gesicht genauer unter die Lupe zu nehmen. Ungeniert mustere ich ihn. Seine Augen sind schön – von einem goldenen Braunton mit hellen Sprenkeln. Unglaublich lange, dunkle Wimpern verleihen ihnen eine noch hellere Note. Doch sie scheinen völlig nutzlos zu sein.
»Mister Palmer?«, hake ich unsicher nach, als er nicht auf mich reagiert. Er hätte mich zumindest kommen hören müssen ... »Miss Malone«, erwidert er einfach. Er lächelt und auf seinem hübschen Gesicht geht die Sonne auf. Ein elektrisiertes Kribbeln rieselt durch mich hindurch. Er ist unglaublich schön, wenn er so lächelt.
»Sie dürfen ruhig meine Hand schütteln. Ich beiße nicht.« Sein Lächeln wird breiter. Ich räuspere mich verlegen. In meiner Verzauberung habe ich gar nicht bemerkt, dass er sie mir entgegenstreckt. Wie peinlich ... Schnell ergreife ich sie und schüttle sie zur Begrüßung. Kleine Feuerzungen rasen über meine Haut und brennen sich in mich.
»Kommen Sie doch rein«, fordert Jason mich auf und tritt aufmerksam einen Schritt beiseite. Als ich an ihm vorbei durch die Tür schlüpfe, legt er eine Hand zwischen meine Schulterblätter. Wie zuvorkommend! Es fühlt sich unaufdringlich an, dennoch erschaudere ich von der Wucht, mit der die Berührung mich trifft. Jason ist einfach der Hammer, und von einem Kerl wie ihm angefasst zu werden, ist vermutlich der Traum eines jeden Collegemädchens.
»Gehen Sie einfach geradeaus durch ins Wohnzimmer. Da können wir uns am gemütlichsten unterhalten«, meint er und dirigiert mich mit seiner Hand im Rücken den ausladenden Flur entlang. Es ist seltsam, aber es fühlt sich an, als wäre ich diejenige, die nicht sehen kann, so sicher schreitet Jason voran. Ich trete in einen offenen Wohnbereich und sehe mich staunend um.
Das hier ist eine völlig andere Welt. Ich dachte, die fünfzig Quadratmeter meiner Wohnung seien großzügig, doch im Vergleich zu Jasons Wohnung sind sie geradezu lächerlich. Allein dieser Bereich ist riesig. Und dann erst die Einrichtung ... Ich seufze leise und lasse meinen Blick über die schlicht eleganten Möbel, einen überdimensionalen, flauschig aussehenden Shaggyteppich und rustikale Maueroptikfliesen gleiten. Die Glastreppe, die zu einer Galerie hinaufführt, und ein offener Designerkamin bringen mich beinahe zum Hyperventilieren.
»Setzen Sie sich doch«, fordert Jason mich auf. Der Druck seiner Hand in meinem Rücken lässt mich schier aus der Haut fahren. Ich meine, bisher habe ich mich für eine ziemlich toughe Frau gehalten. Aber dieser Kerl mit seiner pompösen Wohnung wirft mich bereits nach wenigen Minuten aus der Bahn.
»Ist der Job denn jetzt noch zu haben oder nicht?«, frage ich ganz direkt, kaum dass wir auf seinem Sofa Platz genommen haben. Ich fühle mich völlig überreizt, warum die Angelegenheit also länger als nötig hinauszögern? Jason verzieht nachdenklich den Mund. Begehrlich huscht mein Blick über seine maskulinen Züge – ein ausgeprägter Unterkiefer, kurze, kratzig aussehende Bartstoppeln, die so dunkel sind wie sein charmant verstrubbeltes Haar. Und dann erst dieser Körper ... Innerlich stöhne ich auf. Ein breiter Brustkorb, sehnige Muskeln – meine Wangen brennen, ich glühe vor Verlangen.
»Sie wissen, was Sie wollen, Miss Malone. Das gefällt mir irgendwie«, meint Jason mitten in meine hitzigen Gedanken hinein. Wenn er nur wüsste, was ich in diesem Augenblick wirklich will ... Unwillkürlich drängt sich mir die Vorstellung auf, wie er wohl nackt aussieht und wie sich sein Körper zwischen meinen Schenkeln anfühlen würde. Fuck, konzentrier dich, ermahne ich mich und räuspere mich.
»Ich kann putzen, Wäsche waschen und natürlich einkaufen. Mit dem Kochen hapert es noch ein bisschen, aber ich lerne schnell. Also ... Ich brauche wirklich ganz dringend einen gut bezahlten Job, jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob Sie ihn mir geben«, erkläre ich Jason. Meine Stimme klingt rau. Kein Wunder. Das Bild von uns beiden beim Sex, das mir unaufhörlich durch den Kopf schwirrt, lässt sich einfach nicht verdrängen. Ein verdammt heißes Bild ...
Ich schlucke trocken, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden. In meiner Vagina zieht es begehrlich. Ich hatte schon viel zu lange keinen Sex mehr. Durch die vielen Streitigkeiten hatte ich einfach keine Lust auf Brian, und jetzt scheint es mir, als hätte sich meine sexuelle Energie aufgestaut, um sich genau in diesem Moment zu entladen. Ich presse meine Schenkel zusammen, um das heftige Klopfen in meiner Perle zu besänftigen.
»Sie haben also nicht sehr viel Erfahrung«, stellt Jason fest, und ich brauche einen Moment, um zu begreifen, dass er nicht an Sex denkt. Dabei würde er auch diesbezüglich mit seiner Vermutung nicht mal falsch liegen. Bisher gab es nur Brian für mich.
»Nein, Erfahrungen als Haushaltshilfe habe ich noch keine gesammelt, aber wie ich bereits sagte, lerne ich schnell dazu.« Auch in erotischen Dingen würde ich gern dazulernen – mit dir, setze ich in Gedanken hinzu. Dabei sollte ich nicht mal darüber nachdenken, wie ich ihn beim Putzen auf meinen schlanken Körper und meine Offenheit für ein kurzweiliges Abenteuer aufmerksam machen könnte. So wie die Dinge stehen, sieht es ohnehin schlecht für mich aus, dass ich den Job bekomme.
»Na schön, Miss Malone, ich stelle Sie ein. Ich zahle Ihnen dreißig Dollar die Stunde und benötige insgesamt um die zwölf Stunden pro Woche Ihre Unterstützung«, überrascht Jason mich jedoch.
Mein Hirn rattert, schnell überschlage ich die Zahlen. Wahnsinn! »Wieso?«, rutscht es mir perplex heraus. Das macht über tausend Dollar im Monat! Ich kann mein Glück kaum fassen.
Jasons Mundwinkel zucken – sexy! »Ich mag Ihre direkte Art. Das bedeutet aber nicht, dass ich Ihnen etwas schenke. Sie müssen sich schon ordentlich ins Zeug legen, um sich dieses Gehalt auch zu verdienen.«
Ich nicke eifrig, aber das kann er natürlich nicht sehen. »Schon klar ... Danke!«, stammle ich überwältigt. Jason nickt zufrieden. »Gut, ich stelle allerdings ein paar Bedingungen, an die Sie sich unbedingt halten müssen.«
Fuck! Es gibt einen Haken. »Und die wären?«, frage ich gespannt nach. Mit irgendeinem Putzlappenspleen kann ich umgehen, aber so wie Jason schaut, steckt mehr dahinter. Für einen kurzen Augenblick verdunkelt sich seine Miene. Er strafft die Schultern und ein Muskel in seinem Kiefer zuckt angespannt. »Bis sechs sollten Sie mit der Arbeit fertig sein. Am besten sehen Sie immer zu, dass Sie bis dahin verschwunden sind. Außerdem gibt es ein Zimmer, das immer abgesperrt sein wird. Es befinden sich sehr persönliche Dinge darin und ich will nicht, dass Sie dort hineingehen. Verstanden?«
Wow! Mir stockt der Atem. Dass dieser charmante Mann eine derartige Dominanz ausstrahlen kann, hatte ich nicht erwartet. Er atmet ruhig, wirkt dabei aber wie ein Löwe kurz vor dem tödlichen Sprung. Das ist irgendwie verdammt heiß. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus, in meinem Innern entzündet sich ein Flächenbrand. Wie hypnotisiert nicke ich. »Damit habe ich kein Problem«, antworte ich heiser. Was sollte ich auch dagegen haben, dass ich ein Zimmer weniger pflegen und ihm versprechen muss, pünktlich Feierabend zu machen?
»Gut. Wir sehen uns dann morgen um drei?«, erwidert Jason fröhlich, streckt mir seine Hand entgegen und ist wieder der völlig entspannte Mann, der er vor dieser Ansage war.
Schnell – ehe er es sich doch noch anders überlegen kann – schlage ich ein. »Geht klar.« Wieder durchzucken mich diese aufreizenden elektrischen Impulse und mir dämmert, dass ich vielmehr ein Problem damit haben werde, mich auf meine Pflichten zu konzentrieren, sollte er in der Nähe sein, wenn ich putze.
Kapitel 2
»Was halten Sie davon, wenn wir es möglichst unkompliziert halten und dieses steife Sie ablegen?«, empfängt Jason mich am nächsten Tag an der Wohnungstür. »Ich bin Jason.«
Nach einer beinahe schlaflosen Nacht, in der ich auch nach einem ziemlich heftigen Selbstbefriedigungsversuch nicht wirklich zur Ruhe gefunden habe, fange ich schon wieder zu glühen an. Ich meine, »unkompliziert« klingt für den Anfang doch verdammt vielversprechend.
»Ich finde, das hört sich ziemlich gut an«, erwidere ich und schlage in Jasons Hand ein. »Lara ...« Inzwischen bin ich auf die Reaktion meines Körpers auf seine Berührung vorbereitet, dennoch kann ich nicht verhindern, dass mich dieses aufreibende Gefühl bis in den letzten Winkel flutet.
»Na gut, Lara, dann ist es wohl am besten, wenn ich dir erst einmal die Wohnung zeige und wo du die Putzsachen findest«, meint Jason und holt mich damit ziemlich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurück.
»Klar«, erwidere ich geknickt und verziehe missmutig den Mund. Sofort legt mir Jason wie gestern seine Hand in den Rücken und schiebt mich den Flur entlang. »Keine Sorge, heute gibt es noch nicht so viel zu tun«, bemerkt er, und ich kann nur darüber staunen, wie fein seine Antennen sind, dass er meinen kleinen Stimmungswechsel sofort auffängt. Aber man sagt ja, dass bei Blinden die anderen Sinne besonders fein ausgeprägt sein sollen. Das sollte ich mir unbedingt merken.
»Hier ist die Putzkammer«, teilt Jason mir mit und bleibt vor der letzten Tür stehen, die vor dem offenen Wohnbereich vom Flur abgeht. Wie bekommt er es überhaupt hin, in diesem riesigen Flur nicht sonst wo zu landen? Zählt er etwa seine Schritte ab? »Putzkammer – ist notiert«, widerhole ich, um mich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Nicht dass ich mich später noch mit unzähligen Nachfragen blamiere ...
Nachdem er mir die restlichen Räume im Erdgeschoss der zweistöckigen Wohnung gezeigt hat – die Küche, den Hauswirtschaftsraum, die Gästetoilette, den Wohnbereich kenne ich ja schon, und ein Büro – folge ich ihm staunend die geschwungene Glastreppe nach oben. Die zu reinigen wird eine der größten Herausforderungen werden. Mit der Hand streiche ich federleicht über den kühlen Edelstahl des Treppengeländers und fühle mich wie eine Prinzessin.
»Ich denke, für heute genügt es, wenn du die Wäsche machst und das Bad putzt. Das ist gleich hier«, reißt Jason mich aus meinen Tagträumen, kaum dass wir die Galerie betreten.
»Erste Tür: Bad«, wiederhole ich gehorsam und werfe einen Blick hinein. »Oh mein Gott, das darf doch nicht wahr sein ...« Sehnsüchtig gleitet mein Blick über die zwei Designerwaschbecken, eine freistehende Badewanne und eine verschwenderisch große Dampfdusche mit einer ziemlich nach Hightech aussehenden Armatur. Ich fühle mich wie verzaubert – glänzendes Glas und Chrom, wohin ich auch sehe. Der Anblick ist so überwältigend, dass ich sogar Jason vergesse.
»Dir gefällt mein Bad?«, fragt er leise lachend und tritt hinter mich. Ein erwartungsvolles Prickeln rinnt mir über die Wirbelsäule. Mmh, es fühlt sich unglaublich sexy an, die Berührung seines Körpers in meinem Rücken zu ahnen. »Für so ein Badezimmer würde ich töten«, antworte ich ihm, um mich nicht ablenken zu lassen, und werfe einen Blick über meine Schulter.
Er steht ganz dicht hinter mir und grinst versonnen. Verflucht, ich kann einfach nicht widerstehen ... Wie hypnotisiert drehe ich mich um. Um seine Augen bilden sich sympathische Lachfältchen. Wie alt ist er? Ich traue mich nicht, ihn zu fragen, aber ich schätze ungefähr acht oder neun Jahre älter als ich, also um die achtundzwanzig.
»Du darfst den ganzen Nachmittag in diesem Badezimmer verbringen, aber erst will ich dir noch das Schlafzimmer zeigen.« Seine Hand sollte wohl wieder mal in meinem Rücken landen, aber anscheinend hat er nicht mitbekommen, dass ich mich umgedreht habe. So landet sie am Ansatz meines Dekolletés.
Ich erschaudere. Kleine Stromstöße explodieren unter seinen warmen Fingern auf meiner nackten Haut. Unwillkürlich halte ich den Atem an. Jasons Miene erstarrt, ganz leicht zieht er die Augenbrauen zusammen und scheint zu begreifen. »Oh, entschuldige ...« Sofort nimmt er seine Hand weg. Als wecke er mich damit aus meiner Erstarrung, ringe ich nach Atem.
»Kein Problem«, erwidere ich zittrig und schlüpfe an ihm vorbei. Fuck, so unbeholfen, wie ich mich anstelle, werde ich nie wieder Sex haben – vor allem nicht mit diesem hübschen Kerl. Tatsächlich bringe ich es einfach nicht über mich, mir dieses kleine Versehen zunutze zu machen.
Unglücklich verziehe ich den Mund und mustere seine anziehende Erscheinung. Zwischen meinen Beinen kribbelt es. Ich sollte mir ganz dringend etwas einfallen lassen, wie ich seine Nähe ertragen kann, ansonsten werden die Stunden bei ihm die reinste Folter. Meine Haut brennt an der Stelle, die er berührt hat, und meine Nippel ziehen sich unter dem dünnen Stoff meines Shirts hart zusammen. Innerlich stöhne ich auf. Er hätte seine Hand nur ein wenig bewegen müssen, dann hätte er mit den Fingerspitzen meine Brust berührt. Aus dem Kribbeln zwischen meinen Schenkeln wird ein eindringliches Ziehen. Denk nicht mal daran ... »Ist hier das Schlafzimmer?«, frage ich hastig und drücke die Klinke der nächsten Tür herunter. Abgesperrt!
»Nein«, erwidert Jason und folgt mir. Automatisch weiche ich so weit es geht vor ihm zurück und presse mich rücklings gegen die Tür. Es ist seltsam, aber sobald es um dieses Zimmer geht, das er mir zu betreten verboten hat, scheint sich etwas in ihm zu verändern.
»Das ist der Raum, den du niemals betreten wirst«, lässt er mich bestimmt wissen. Seine Stimme ist fest, seine Bewegungen beherrscht. Aber genau das bringt mich zum Zittern. Es erinnert mich an die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Er stellt sich ganz dicht vor mich und wartet ab. Der Ausdruck auf seiner Miene ist lauernd, seine Schultern angespannt. Unwillkürlich sehe ich zu ihm auf. Er steht so eng bei mir, dass ich beinahe spüren kann, wie sein Brustkorb sich unter seinen schnellen Atemzügen hebt und senkt. Alles um mich herum löst sich ganz einfach in Luft auf. Nur noch ich, Jason und diese seltsame Anspannung zwischen uns sind real.
»Warum darf ich nicht in dieses Zimmer?«, frage ich gebannt von der wilden Schönheit, die er in diesem Augenblick ausstrahlt. Er senkt seinen Kopf, ich erschaudere. »Ganz einfach: weil ich es sage«, flüstert er an meinem Ohr. Heiß streift sein Atem meine Haut.
Oh mein Gott. Ich keuche leise. Noch nie hat mich eine Zurechtweisung derart angemacht. Vielleicht liegt es an der Überlegenheit, mit der er mich auf meinen Platz verweist, vielleicht ist es aber auch einfach nur seine Nähe, die mich mitnimmt und weiter erregt. Ich weiß nur eins: Ich will diesen Mann!
»Okay«, gebe ich piepsig nach.
»Braves Mädchen«, flüstert Jason und atmet tief durch. Für den Bruchteil einer Sekunde berührt seine feste Brust meine steifen Nippel. Glühende Hitze rast durch meinen Körper und schießt mir pochend zwischen die Beine. In der reglosen Stille zwischen uns kann ich meinen rauen Atem hören und verharre ganz ruhig. – Geh nicht weg!
»Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du verdammt gut riechst?«, murmelt Jason und fährt mit seiner Nase federleicht über die Stelle hinter meinem Ohr, auf die ich jeden Morgen mein Parfüm tupfe. Er zieht den Atem ein, als wollte er meinen Geruch wittern.
Automatisch lege ich meinen Kopf zur Seite, um ihm Platz zu machen. Jasons Berührung wird eindringlicher, wieder schnuppert er an mir. »Es riecht fruchtig und frisch. Irgendwas mit Erdbeeren ...« – »Das ist mein Shampoo.« Ich presse meine Hände flach an das Holz der Tür, um dem Drang zu widerstehen, sie in seinem Haar zu vergraben und ihn an mich zu ziehen. Dieser Moment gehört ihm und er wird vergehen, wenn ich ihn einfach so anfasse.
»Mmh«, brummt Jason genüsslich. Ich werde ganz schwach, gleichzeitig spannt sich alles in mir an. Wie kann es sich nur so sinnlich anfühlen, beschnuppert zu werden? »Da ist noch was anderes, ganz Zartes und Leichtes.«
Unglaublich, dass er das überhaupt bemerkt, und unglaublich, dass das hier gerade wirklich geschieht. Verstohlen neige ich meinen Kopf in seine Richtung, sodass sich sein weiches Haar an meine Wange schmiegt. Das fühlt sich gut an. Vorsichtig, um den Bann nicht zu brechen, atme ich ein und aus. »Maiglöckchen«, erwidere ich leise. »Das ist mein Parfüm. Ich liebe den Duft von Maiglöckchen. Irgendwie passt er zu mir.«
»Maiglöckchen«, wiederholt Jason und seufzt leise. »Es macht mich einfach verrückt, wenn ich einen Geruch nicht einordnen kann.« Ganz sanft streifen seine Lippen über meinen Hals, als wollte er den Duft auch schmecken. Oh ja, küss mich! Meine Augenlider flattern im Takt von Jasons schnellen Atemzügen. »Du hast recht, Maiglöckchen passen zu dir. Leicht und unbeschwert, genauso wie ein Collegemädchen sein sollte.« Ein unterdrücktes Stöhnen löst sich aus seiner Brust.
Mein Herz rast. Ein unbeschwertes Collegemädchen ... Es macht ihn an, solche Mädchen zu verführen, da bin ich mir sicher. Wie er an mir riecht, die Art, wie sein Körper sich anspannt, um sich zurückzuhalten ... Es ist pure Verführung! Alles in mir pulsiert vor Verlangen. Wenn ich diese Chance vorbeiziehen lasse, wird es keine weitere geben.
Vorsichtig lege ich meine Hände auf Jasons Brust ab und schmiege meine Wange an seine Schulter. »Du hast recht: Ich bin genauso, wie ein unbeschwertes Collegemädchen sein sollte. Ich bin jung, noch ziemlich unerfahren und will mein Leben einfach nur genießen – mit allem, was dazugehört. Ich will neue Erfahrungen sammeln ...« Ich wage es kaum zu atmen. Jasons ganze Haltung ist steif. Er begreift, was ich ihm damit sagen will, und meine Worte schrecken ihn ab. Fuck! Ich blamiere mich hier bis auf die Knochen, aber warum steht er dann noch so eng bei mir und lässt zu, dass ich ihn berühre?
»Du solltest so etwas nicht sagen, Lara! Du spielst mit dem Feuer.« Mit einem rauen Laut packt Jason mich an der Taille und presst sich an mich. Völlig unvermittelt spüre ich seine harte Erektion an meinem Bauch. Ich keuche überrumpelt. Heiße Lust wallt in mir auf. Ich habe mich nicht getäuscht, er will mich.
»Warum nimmst du dir nicht einfach, was ich dir anbiete?«, flüstere ich matt. Die Sehnsucht nach ihm raubt mir die letzte Kraft, mit der ich mich gegen dieses nagende Verlangen stemmen könnte. Aber ich will mich ja auch gar nicht dagegen wehren.
»Das geht nicht«, antwortet Jason mit belegter Stimme. Auf der Suche nach meinem Mund gleiten seine Lippen über meine Wange. Wehrt er sich gegen mich, weil ich seine Angestellte bin? Ich schüttle den Kopf. Denk das nicht ...
»Es geht«, beschwöre ich ihn und lasse meine Hände über seine Brust wandern. »Ich mag es ebenfalls unkompliziert. Wir könnten einfach Spaß haben und danach putze ich dein Bad«, biete ich ihm an und hebe ihm auffordernd meine Lippen entgegen.
Für einen flüchtigen Moment berührt sein Mund den meinen, doch Jason ist zu entschlossen, sich dem Augenblick nicht einfach hinzugeben und sich von mir mitreißen zu lassen. Er schließt die Augen, lehnt seine Stirn gegen meine und atmet zittrig in mein Gesicht.
»Es ist aber nicht unkompliziert, Lara. Mein ganzes verfluchtes Leben ist vor zwei Jahren aus der Bahn geraten.« Sein Körper zittert unter meinen Handflächen, als tue ihm die Erinnerung an welche Geschehnisse auch immer weh. »Glaub mir, wenn es nicht so wäre, würde ich dich gegen diese Wand vögeln. Das stelle ich mir schon seit gestern vor, seit mir dein verführerischer Duft in die Nase gestiegen ist. Aber es ist nun mal nicht so einfach. Also hör bitte auf, dich mir anzubieten. Ich will dir nicht schon kündigen müssen, ehe du angefangen hast.«
Mein Kopf schwirrt von all den Informationen, doch Jasons herber, maskuliner Geruch vernebelt mir die Sinne, sodass ich nicht richtig denken kann. Nur diese nagende Sehnsucht drängt sich in den Vordergrund. Ich kann und werde nicht aufhören, bis ich ihn bekomme. Gierig presse ich mich an Jasons harten Schwanz. »Was ist so kompliziert, dass es keine Lösung dafür gibt?«
Beinahe verzweifelt drückt Jason seine Lippen auf die meinen. Seine Zunge gleitet in meinen Mund und peitscht mein Verlangen zu roher Begierde auf. Ehe wir jedoch von diesem Strudel verschlungen werden, löste er sich mit einem Ruck von mir und zieht sich schwer atmend zurück.
»Es spielt keine Rolle, Lara. Selbst wenn ich es dir sage, ändert sich nichts an meiner Situation. Ich muss zusehen, dass ich mein Leben wieder auf die Reihe bekomme, und du solltest tun, wozu ich dich eingestellt habe.«
Als müsse er die Spuren meiner Berührung löschen, wischt er sich mit dem Handrücken über den Mund. Gebannt beobachte ich seine Mimik. Lust und Verstand ringen miteinander. Sag mir, was dich so verzweifeln lässt! Doch anstatt es zu tun, wendet Jason sich von mir ab. »Du putzt jetzt bitte das Bad und kümmerst dich um die Wäsche und ich gehe nach unten und lasse dich in Ruhe machen. Über das hier verlieren wir kein Wort mehr, sonst kannst du nicht wiederkommen.«
Verwirrt sehe ich ihm hinterher, als er die Treppe nach unten geht. Seine Haltung ist steif. Mit zittrigen Knien lehne ich immer noch an der Tür des verbotenen Zimmers. Was ist da drin und was bringt Jason so durcheinander? Was auch immer es ist, es macht ihm das Leben schwer und hält ihn davon ab, sich zu nehmen, was er begehrt – mich.
Mein Herz rast, immer wieder rinnt ein leises Beben durch meinen Körper. Ich versuche mich zusammenzunehmen und gehe nach unten, um die Putzsachen zu holen. Von Jason ist weit und breit nichts zu sehen. Vielleicht hat ihn diese Begegnung genauso aufgewühlt und durcheinandergebracht wie mich und er geht mir aus dem Weg. Dabei müsste es nicht so sein. Er hätte mich einfach haben können.
Ich schnappe mir Kalkentferner, Glasreiniger, Putzeimer und Wischlappen und mache mich an die Arbeit im oberen Stockwerk. Vielleicht hilft mir das, meine durcheinanderwirbelnden Gedanken zur Ruhe zu bringen. Wie eine Besessene schrubbe ich die Kalkflecken von der Duschkabine und poliere das Glas. Meine Wangen brennen. Es ist beschämend, wie ich mich Jason an den Hals geworfen habe, dennoch giert mein Körper danach, das zu vollenden, was wir angefangen haben. Immer wieder spult mein Gehirn die Erinnerung an die wenigen Minuten, in denen wir eng aneinandergepresst waren, wie in einer Endlosschleife ab und stachelt meine Sehnsucht nur noch weiter an. Doch je öfter mir Jasons Worte durch den Kopf gehen, desto klarer wird mir, dass er meilenweit von mir entfernt ist – egal wie sehr er mich begehrt.
Knappe zweieinhalb Stunden später bin ich völlig ausgepowert und verschwitzt, sodass ich bestimmt nicht mehr gut rieche. In einem wahren Putzrausch habe ich das Luxusbad im Handumdrehen sauber gemacht. Danach habe ich mir die Treppe vorgenommen. Auch damit bin ich jetzt fertig, trotzdem bin ich immer noch nicht am Ende meiner Gedanken um Jason angekommen.
Ich meine, der Mann ist ein einziges Fragezeichen für mich. Er hat mich ganz spontan eingestellt, obwohl er mir vorher nicht gerade Hoffnungen auf den Job gemacht hat. Er will mich und hält mich trotzdem auf Abstand. Was ist vor zwei Jahren geschehen? Hat er da sein Augenlicht verloren? Dieser Gedanke liegt zumindest nahe. Aber wodurch? Und was hat es mit seinen Vorschriften auf sich? Was passiert nachher um sechs, dass ich um diese Zeit nicht mehr hier sein darf? Zwischen all den zufällig erscheinenden Informationen besehen Zusammenhänge, das spüre ich tief in meinem Innern.
Missmutig schütte ich das Putzwasser in die Toilette. Es ist nicht mal richtig schmutzig, so blitzeblank ist seine Bude. Wer hat seine Wohnung eigentlich bisher geputzt? Es macht mich wahnsinnig, die Antworten auf all diese Fragen nicht zu kennen, und dieses immer noch unterschwellig in mir dahinsummende Verlangen verstärkt meine Frustration.
»Bin fertig, soll ich dir jetzt noch was kochen?«, frage ich Jason brummig, als ich schließlich auch noch die Wäsche aufgehängt habe und zu ihm in den Wohnbereich trete. Ich sollte so tun, als wäre nichts geschehen, doch ich schaffe es einfach nicht, meine schlechte Laune vor ihm zu verbergen. Vielleicht will ich das auch gar nicht.
»Ist nicht nötig. Ich bestelle mir später was bei einem Lieferdienst«, antwortet Jason gut gelaunt. Nichts erinnert mehr an seine Anspannung von vorhin. Locker hat er einen Arm auf der Sofalehne abgelegt – als wollte er mir seinen verführerischen Körper präsentieren und mich damit erst recht provozieren – und hört Musik. Moderne Klassik, wenn ich mich nicht irre.
»Aber es ist erst zwanzig vor sechs ...«, gebe ich zurück. Ich will die volle Stundenzahl erreichen, um den vollen Lohn zu erhalten. Und natürlich kann ich auch der Vorstellung nicht widerstehen, so lange wie möglich in seiner berauschenden Nähe zu sein. »Soll ich dann wenigsten noch diesen Teppich hier saugen? Diese Lang Floor-Dinger sind wahre Staubfänger. Es wäre in zehn Minuten erledigt«, schlage ich vor.
Jason schüttelt leise lachend den Kopf. »Lass mich raten: Du willst unbedingt wissen, warum du um sechs verschwinden sollst, oder?«
Ertappt presse ich meine Lippen aufeinander. Bin ich wirklich so durchschaubar? »Ja. So wahnsinnig, wie es dich macht, Gerüche nicht einordnen zu können, so verrückt werde ich, wenn ich das Gefühl habe, dass jemand ein Geheimnis vor mir hat«, gestehe ich ihm leise.
»Oh, das ist kein Geheimnis«, gibt Jason zu meiner Verwirrung zurück, steht grinsend vom Sofa auf und kommt auf mich zu. »Saug ruhig den Teppich oder fang an zu kochen. Dann wirst du aber mit großer Wahrscheinlichkeit meiner Ex-Frau July begegnen, die es trotz unserer Scheidung nicht lassen kann, beinahe jeden Tag so um sechs Uhr hier hereinzuschneien. Ich kann dir sagen, dass das vermutlich nicht sehr angenehm für dich wäre, denn sie ist ein richtiges Biest, wenn es um Frauen geht, die Zeit mit mir verbringen. Und ich habe überhaupt keine Lust auf ihr Gezicke deswegen, deshalb sollst du verschwinden.«
»Du warst verheiratet?« Mir klappt die Kinnlade herunter, so überrascht bin ich von dieser Ansage. Einfach so hat sich eine meiner Fragen beantwortet, aber sofort stürmen zig neue auf mich ein. Doch ich komme erst gar nicht dazu, mir zu überlegen, ob ich sie Jason stellen soll. Denn wie er es so gern tut, legt er seine Hand in meinen Rücken und schiebt mich Richtung Wohnungstür.
»Morgen um dieselbe Zeit?« Ganz beiläufig streicht seine Hand über meine Wirbelsäule nach unten und verschwindet. Trotz meiner fliegenden Gedanken nehme ich die Berührung überdeutlich wahr. Egal was er sagt, er kann es einfach nicht lassen, mich zu berühren ... Das leise in mir brodelnde Begehren wallt heiß auf. »Morgen um dieselbe Zeit«, bestätige ich und verziehe gequält das Gesicht.
Was will Jasons Ex überhaupt noch von ihm und warum lässt er zu, dass sie sich derart besitzergreifend verhält? Bestimmt haben sie Sex. Um mir Jason nicht schon wieder nackt vorzustellen und laut aufzustöhnen, beiße ich mir auf die Unterlippe und wende mich hastig von ihm ab.
Kapitel 3
»Ich will dich nicht nerven, aber ich denke, dass dieser Job dir nicht guttut«, meint Kelly unvermittelt, als wir am Mittwoch wie immer nach den Vorlesungen zu unseren Fahrrädern gehen.
Wahrscheinlich sieht sie mir an, dass ich auch in dieser Nacht viel zu überdreht war, um ordentlich zu schlafen. Die Fragen um Jasons Leben und das hartnäckige Kribbeln zwischen meinen Beinen, das er in mir hinterlassen hat, haben mich wachgehalten. Und egal, wie verbissen ich versucht habe, es mir mit der Hand selbst zu machen, ich habe es einfach nicht zum Orgasmus und damit zur Ruhe geschafft. Der Gedanke, dass Jason seine Lust nach wie vor an seiner Ex-Frau stillt und sie vielleicht sogar noch liebt, hat es nicht zugelassen, dass ich mich mit seinem Bild vor meinem inneren Auge über den Gipfel der Lust hinaushebe.
»Der Anfang ist eben ein bisschen anstrengend, aber das wird bestimmt besser, wenn ich mich eingearbeitet habe«, gebe ich Kelly zurück und öffne mein Fahrradschloss. Bereits nach einem Tag ist es undenkbar für mich, den Job bei Jason aufzugeben. Das liegt natürlich vor allem an ihm, und ich kann nur darüber staunen, wie schnell sich meine Prioritäten verschoben haben. Natürlich will ich die Wohnung immer noch behalten, aber die Not, Geld für die Miete verdienen zu müssen, ist irgendwie in den Hintergrund gerückt – das ist verrückt. Was macht Jason nur mit mir?
»Ich hoffe nur, dass Jason deine Mühen zu schätzen weiß«, murmelt Kelly und steigt auf ihr Mountainbike. »Das hoffe ich auch«, entgegne ich und radle energisch los. Es sollte mir wenigstens seine Anerkennung einbringen, dass die Arbeit bei ihm mich derart aufreibt.
***
»Du musst die Soße wirklich gut umrühren«, drängt Jason mich knappe zwei Stunden später. Kaum dass ich bei ihm eingetroffen war, hat er mich mit der Ankündigung, Appetit auf sein Lieblingsessen zu haben, zum Einkaufen geschickt.
»Mach ich doch!«, erwidere ich ungehalten. Warum verdammt noch mal muss er mir so auf die Pelle rücken, während er mir die Zubereitungsschritte erklärt? Seine Nähe ist die reinste Qual und ich schaffe es kaum, mich zu konzentrieren. Dabei ist es auch ohne diese Ablenkung schon schwierig genug, seinen Anweisungen zu folgen und mich gleichzeitig um den Spargel, die Soße und das Dessert zu kümmern.
»Nein, du rührst nicht genug. Das kann ich hören.«
Ich verdrehe genervt die Augen, wische mir den Schweiß von der Stirn und rühre laut klappernd die vor sich hinblubbernde Ingwer-Chili-Soße um. Darüber, dass Jasons Lieblingsmenü aus lauter Lebensmitteln besteht, denen eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird, will ich erst gar nicht nachdenken.
Bestimmt kommt July nachher wieder zu ihm, und wenn ich auch nur daran denke, dass ich gerade ein anheizendes Dinner für die beiden zubereite, kann ich kaum dem Drang widerstehen, nach dem Salzspender zu greifen und das mühevoll zubereitete Essen zu versalzen.
»Du kannst jetzt aufhören zu rühren, ehe du noch die ganze Küche einsaust«, meint Jason mitten in meine bissigen Gedanken hinein. Ertappt halte ich inne. Ich habe nicht mal gemerkt, dass ich die Soße mit dem Schneebesen so heftig schlage, dass tatsächlich bereits ein paar Tropfen auf die Glasplatte hinter dem Herd gespritzt sind. Ich schnaube genervt und greife nach dem Wischlappen.
»Bist du sauer?«, fragt Jason unvermittelt. Immer noch steht er hinter mir und scheint meine Stimmung genauestens aufzufangen.
»Nein, bin ich nicht«, entgegne ich, löse mich von ihm und stelle die Mousse für das Granatapfel-Vanille-Dessert in den Kühlschrank. Hoffentlich kühlt sie noch richtig ab, bis es Zeit für den Nachtisch ist.
Mmh, Nachtisch ... Ein erregtes Summen breitet sich in mir aus. Der Verzehr eines derartigen Menüs führt bestimmt zum Genuss einer ganz anderen Art von Nachspeise. Unwillkürlich stelle ich mir vor, wie Jason die Granatapfelsoße, die eigentlich für die Mousse bestimmt ist, von der nackten Haut einer Frau leckt und sein Gesicht zwischen ihren Beinen vergräbt, um auch dort von ihr zu kosten. – July. Wie auch immer sie in Wirklichkeit aussieht, in meiner Vorstellung ist sie hübsch und sieht zusammen mit Jason unglaublich aus. Leise seufzend wende ich mich wieder dem Herd zu.
Shit, jetzt brodle ich nicht mehr nur dank der glühenden Herdplatten vor mich hin. So langsam nervt diese Kocherei mich ganz gewaltig. Es ist an der Zeit, fertig zu werden. Ungehalten hole ich Schüsseln und Schöpfbesteck aus dem Oberschrank und stelle sie eine Spur zu heftig auf der Arbeitsplatte ab.
»Du bist sauer«, stellt Jason augenblicklich fest. Ich knicke ein. Vielleicht erfahre ich ja wenigstens, für wen ich hier koche. »Ich habe alle Hände voll zu tun und schwitze wie verrückt. Ich meine, ist es nötig, dass ich eine derartige Menge zubereite und deshalb so viele Platten anschalten muss?«
Ich kann Jasons Ausdruck nicht sehen, denn er hat sich schon wieder hinter mich gestellt, aber sein leises Lachen macht mir deutlich, dass er sich über mich amüsiert. Das macht mich jetzt wirklich sauer. Wütend pikse ich mit der Gabel in einen Spargel, um seine Bissfestigkeit zu prüfen. Keine Ahnung, ob er durch ist.
»Du kannst dir ja gern etwas ausziehen, wenn dir so heiß ist. Ich muss allerdings sagen, dass dein Schweiß nicht unangenehm riecht«, entgegnet Jason. Seine Stimme klingt heiter. Natürlich durchschaut er mich und geht nicht auf meine indirekte Frage ein. Das bringt mich erst recht auf die Palme.
»Das hättest du wohl gern, dass ich mich vor dir ausziehe«, zische ich, hole den Spargel aus dem Wasser und werfe ihn auf die vorbereitete Servierplatte. Er wird schon durch sein, und wenn nicht, ist es mir auch egal.
Jason rückt näher an mich heran, sein Atem streift verheißungsvoll meinen Nacken. Meine Wut verpufft und mein Puls beschleunigt sich. Verflucht, warum kann ich nicht mal richtig böse auf ihn sein?
»Die Vorstellung, dich nackt in meiner Küche stehen zu haben, ist heiß, das gebe ich gern zu. Aber es spielt eigentlich keine Rolle, ob du es wirklich bist oder nicht. Ich kann dich ja ohnehin nicht sehen. Also, nur zu – zieh dich aus. Bestimmt kannst du das Essen nachher auch viel besser genießen, wenn du nicht so überhitzt und gereizt bist.«
Irritiert halte ich inne. Dieses antörnende Menü ist für mich selbst bestimmt? Er hat seine Meinung geändert, schießt mir durch den Kopf. Ein sinnliches Summen breitet sich in mir aus. Er will mit mir essen.
Jason fährt unbekümmert fort: »Ich dachte, wir sollten uns vielleicht ein bisschen besser kennenlernen, wo du ab sofort bei mir ein und aus gehst. Ich meine, es ist ziemlich intim für mich, dich hier zu haben und dabei nicht richtig mitzubekommen, was du in meiner Wohnung machst.«
Oh, mir würde so einiges einfallen – angefangen damit, mich vor seiner Nase splitternackt auszuziehen. In meinen Fingerspitzen juckt es, der Wasserdampf aus dem Kochtopf vor mir kommt mir plötzlich noch viel heißer vor, und dann erst die Aussicht auf seine ungeteilte Aufmerksamkeit ...
»Ich finde, das ist eine gute Idee«, teile ich Jason mit.
»Dann will ich dich jetzt nicht länger stören und decke schon mal den Tisch. Du musst die Soße nur noch einmal kurz aufkochen lassen und Schokoladenstreusel auf das Dessert geben, dann müsste alles fertig sein. Ich hoffe, du sagst auch Ja zu meiner Einladung zum Essen«, antwortet Jason, zupft am Saum meines Shirts und verschwindet.
Ich bleibe nach Atem ringend zurück. Oh mein Gott! Hat er mich wirklich falsch verstanden oder wollte er meine Worte ganz einfach in diese Richtung deuten? So oder so, jetzt stellt er sich bestimmt vor, wie ich mich hier ausziehe!
Ein lustvoller Schauder sickert in meinen Unterkörper. Das ist so was von heiß! – Und es ist so was von egal, ob ich es wirklich wage, wird mir klar. Trotzdem zittern meine Finger, als ich nach dem Saum meines Shirts greife, es mir über den Kopf ziehe und auf den Boden fallen lasse.
Mir ist immer noch warm, aber so ist es schon viel besser. Ich fühle mich befreit und atme durch. Warum sollte ich nicht auch noch die Jeans ausziehen? Heute Morgen sah es nach Regen aus, doch schon seit die Sonne sich am Mittag zwischen den Wolken hervorgekämpft hat, ist mir viel zu warm in dem dicken Stoff.
Entschlossen öffne ich den Knopf und ziehe den Reißverschluss nach unten. Kurz darauf stehe ich nur noch in einem halb durchsichtigen, nachtblauen Spitzenbustier und einem dazu passenden Tanga vor dem Herd. Das ist irgendwie seltsam. Aber noch viel seltsamer ist es, dass sich das so gut anfühlt. Entspannt rolle ich den Kopf in den Nacken und genieße das Gefühl meines langen Haares auf meiner nackten Haut. Wie kann sich eine so simple Berührung nur so sinnlich anfühlen?
»Ist das Essen fertig? Der Tisch ist gedeckt ...«
Ich zucke zusammen und drehe mich erschrocken um. Ohne dass ich es bemerkt habe, ist Jason zurückgekommen und lehnt entspannt im Türrahmen. Hat er gehört, dass ich mich ausgezogen habe? Ich meine, ein Reißverschluss ist beim Öffnen doch ziemlich laut und Jasons Sinne sind hypersensibel ...
Automatisch verschränke ich die Arme vor der Brust und mustere argwöhnisch Jasons Miene. Doch er wirkt viel zu locker, als dass meine Befürchtung wahr sein könnte. Beruhigt nehme ich die Arme herunter. Fast bereue ich es, dass seine Augen blicklos ins Leere starren, anstatt sich an meinem Körper und meiner sexy Wäsche festzusaugen. – Oh mein Gott, wie kann ich mir das nur wünschen? Doch egal, wie sehr mich der Gedanke verwirrt, er törnt mich unglaublich an und ich spüre, dass ich zwischen den Schamlippen feucht werde.
»Ich bin gleich fertig«, antworte ich Jason rau, seufze leise und wende mich wieder den Kochtöpfen zu. Er hat mir gestern eine ziemlich deutliche Ansage gemacht und würde mir vermutlich kündigen, wenn er mich jetzt tatsächlich sehen könnte. Ehe sich dieses erotische Gefühl noch tiefer in mir festsetzen kann, fülle ich die vorbereiteten Schüsseln, stelle alles auf ein Tablett und balanciere es in den Wohnbereich hinüber.