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Durch einen Zufall erhält Laura die Chance, ein großes Literaturfestival mitzuorganisieren. Unter anderem soll die Buchhändlerin den zurückgezogen lebenden irischen Bestsellerautor Dermot Flynn zur Teilnahme bewegen. Als Laura, die ein großer Fan seiner Romane ist, ihm nun persönlich gegenübersteht, muss sie sich mit zweierlei vertraut machen: Erstens sieht Dermot unverschämt gut aus, und zweitens ist er nur unter einer Bedingung bereit, auf ihr Angebot einzugehen. Eine Bedingung, die Lauras Leben schon bald völlig aus den Fugen geraten lässt ...
Beschwingt, witzig, romantisch - eine moderne Liebesgeschichte von Bestsellerautorin Katie Fforde.
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Seitenzahl: 576
Durch einen Zufall erhält Laura die Chance, ein großes Literaturfestival mitzuorganisieren. Unter anderem soll die Buchhändlerin den zurückgezogen lebenden irischen Bestsellerautor Dermot Flynn zur Teilnahme bewegen. Als Laura, die ein großer Fan seiner Romane ist, ihm nun persönlich gegenübersteht, muss sie sich mit zweierlei vertraut machen: Erstens sieht Dermot unverschämt gut aus, und zweitens ist er nur unter einer Bedingung bereit, auf ihr Angebot einzugehen. Eine Bedingung, die Lauras Leben schon bald völlig aus den Fugen geraten lässt …
Katie Fforde hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, die in Großbritannien allesamt Bestseller waren. Ihre romantischen Beziehungsgeschichten werden erfolgreich für die ZDF-Sonntagsserie »Herzkino« verfilmt. Katie Fforde lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und verschiedenen Katzen und Hunden in einem idyllisch gelegenen Landhaus in Gloucestershire, England.
Offizielle Website: http://www.katiefforde.com/
Katie Fforde
Botschaften desHerzens
Roman
Aus dem Englischen von Katharina Kramp
beHEARTBEAT
Digitale Neuausgabe
»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2009 by Katie Fforde Ltd.
Titel der englischen Originalausgabe: »Love Letters«
Originalverlag: Century, London
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2011/2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Titelillustration: getty-images / Peter Adams; shutterstock / Kozhadub Sergei
Umschlaggestaltung: Kirstin Osenau
Datenkonvertierung E-Book:
hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7325-4809-5
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Für Irland und die Iren,
das hier ist für euch!
Für die wunderbare Laura Flemming, die schon so jung ein Literaturfestival organisierte und so inspirierend war.
Für meine Schriftstellerkollegin Lesly Cookman, weil sie mir das Goldkehlchen Louise Cookman vorstellte und auch den Lindy Hop.
Für die wunderbaren irischen Schriftsteller, die ich dort auf einer Veranstaltung kennenlernen durfte, darunter Sarah Webb, deren großartige Stiefel ich mir für dieses Buch geborgt habe.
Für alle Menschen, die mich, ohne es zu wollen, inspiriert haben, während ich dieses Buch schrieb. Einige davon kann ich nicht nennen, weil ich niemanden in Verlegenheit bringen oder Ärger mit dem Gesetz bekommen möchte, aber wenn Sie das lesen und sich erkennen – danke!
Für meine wunderbaren Agenten! In zufälliger Reihenfolge: Sarah Molloy, Sara Fisher und Bill Hamilton. Danke! Nur ihr wisst, wie viel ich euch verdanke!
Für alle Mitarbeiter bei Random House. Kate Elton und Georgina Hawtrey-Woore für ihr wunderbares Lektorat, ihre inspirierenden Vorschläge und ihre unendliche Geduld. Danke!
Für die Leute hinter den Kulissen, die so viel Arbeit haben und keinen Ruhm ernten.
Für Charlotte Bush und Amelia Harvell, mit denen man unendlich viel Spaß haben kann und die mir wundervolle Überraschungen bereiten (und Partys für mich schmeißen!).
Für die schamlose Marketing- und Vertriebsabteilung, die Leute zwingt, meine Bücher zu kaufen: Claure Round, Louise Gibbs, Rob Waddington, Oliver Malcolm, Jay Cochrane und Trish Slattery.
Für den wundervollen Mike Morgan, der mit mir viele Jahre lang unterwegs war. Es ist so traurig, dass wir das nicht noch einmal tun können.
Für Richenda Todd, die mich schon so viele Jahre lang vor mir selbst bewahrt, wofür ich so dankbar bin!
Für die Macher meiner großartigen Cover, die ich liebe!
Ohne sie wäre das alles nicht möglich; ich bin so unendlich glücklich, ein so tolles Team hinter mir zu haben.
Jemand murmelte in Lauras Ohr und ließ sie erschrocken zusammenfahren. »Und, was halten Sie von ihm?«
Im Buchladen herrschte reges Treiben: Der Bereich, den sie für die Lesung freigeräumt hatten, war voll, und es hatte sich eine Schlange aus aufgeregt plappernden Menschen bis vor den Signiertisch gebildet, die alle die kürzlich erworbenen Bücher an ihre Brust drückten. Laura war sich bewusst gewesen, dass solche Veranstaltungen kurz nach Weihnachten immer ein Risiko bargen, aber jetzt beobachtete sie die Leute mit einer Mischung aus Erleichterung und Zufriedenheit. Egal, wie sorgfältig man eine solche Lesung vorbereitete, man konnte niemals abschätzen, wie viele Menschen kommen würden, bis sie tatsächlich auftauchten. Und man konnte auch nicht sicher sein, ob der Autor seine Sache gut machte. Schreiben war eine zurückgezogene Tätigkeit, und Laura fand es oft grausam, Schriftsteller zu zwingen, sich vor Zuschauern auf die Hinterbeine zu stellen. Aber selbst ihren hohen Erwartungen wurde die Veranstaltung heute gerecht.
Weil ihr all das durch den Kopf ging, war ihr nicht aufgefallen, dass jemand hinter sie getreten war. Sie wirbelte herum und sah eine kleine Frau mittleren Alters in Kleidern, die Aufmerksamkeit erregen sollten. Sofort erinnerte Laura sich daran, dass sie die Frau im Tross des Autors durch die Ladentür hatte kommen sehen. Ihre Jacke sah aus, als wäre sie aus Wandteppichen gefertigt, und ihr Schmuck konnte von einem Enkelkind zusammengelötet worden sein oder von einem angesagten neuen Designer stammen, das war schwer zu sagen. Das Auffälligste an ihr war jedoch ihr intensiver, durchdringender Blick. Sie hatte Augen wie grüner Achat.
»Ich finde ihn natürlich gut«, antwortete Laura erschrocken, aber höflich wie immer und kam sich in ihrer üblichen schwarzen Hose und der weißen Bluse ziemlich trist vor.
Diese Antwort schien die grünen Augen, die sich in ihre bohrten, nicht wirklich zu befriedigen. »Und haben Sie das Buch gelesen?«
»Natürlich.« Laura sagte es strenger, verärgert über den streitlustigen Tonfall der Frau. Sie arbeitete in einem Buchladen. Es war ihr Job, die Ware zu kennen.
Eine nachgezogene Augenbraue hob sich. »Da ist nichts ›natürlich‹ dran. Wie fanden Sie es?«
Laura öffnete den Mund, um »wundervoll« zu sagen, und beschloss dann, stattdessen lieber bei der Wahrheit zu bleiben. Sie hatte schließlich nichts mehr zu verlieren: Bald durfte sie ihren geliebten Job nicht mehr ausüben – deshalb konnte sie ihren gewohnheitsmäßigen Takt beiseitelassen und sagen, was sie wirklich dachte. »Ich fand es nicht so gut wie sein erstes, aber ich bin schon sehr gespannt auf sein nächstes.« Sie war eine eifrige, enthusiastische, jedoch auch kritische Leserin; sie merkte es, wenn ein Autor nicht in Topform war. Dann fielen endlich die Groschen in ihrem Hirn wie Münzen aus einem Automaten, wenn jemand den Jackpot knackt. »Oh, du meine Güte, Sie sind seine Agentin, nicht wahr?« Vor Verlegenheit wurde ihr heiß und kalt und dann wieder heiß.
Die Augen der Frau wurden schmal und bestätigten diese Tatsache, aber Laura wusste nicht, ob sie lächelte oder Missbilligung ausdrückte – ihr Mund bewegte sich nicht. »Ich habe das Vergnügen, ja.«
Immer noch hochrot im Gesicht, schob sich Laura eine Haarsträhne hinter das Ohr und blickte hinüber zu dem jungen Mann, der jetzt für die lange Schlange der Fans Bücher signierte. Jeder Buchkäufer bekam, wie ihr auffiel, ein charmantes Lächeln, und in jedes Buch schrieb er etwas Persönliches und eine Widmung. Nicht bloß eine, sondern zwei Presseagentinnen des Verlags begleiteten ihn, und dies taten sie nicht nur, um ihn vor der Menge abzuschirmen, sondern weil sie ihn verehrten. Schriftsteller wie er waren selten.
Und nur weil er diese zwei jungen Frauen hatte, die ihm eilfertig die Bücher an der richtigen Seite aufschlugen, sie in Tüten steckten und sein Weinglas auffüllten, konnte Laura an einer Säule lehnen; sie brauchten ihre Hilfe nicht. Und Henry, der Besitzer des Buchladens, war da sehr entschieden gewesen. »Du hast das alles vorbereitet, die Leute hergeholt, den Wein bestellt, die Snacks ausgepackt: Mach mal Pause.«
»Er ist großartig«, sagte Laura, nachdem sie Damien Stubbs ein paar Minuten beobachtet hatte. Damit wollte sie ihrer beeindruckenden Gesprächspartnerin nicht Honig um den Bart schmieren; sie sagte nur, wie es war.
»Ich weiß. Ich bin übrigens Eleanora Huckleby.«
»Ich weiß – jetzt«, erwiderte Laura und entspannte sich ein wenig. Agenten kamen nicht oft zu Lesungen, aber Damien Stubbs war etwas Besonderes. »Ich bin Laura Horsley.«
»Und lesen Sie alle Bücher der Autoren, die zu Lesungen herkommen? Ich habe gehört, dieser Laden ist – war – berühmt für die Anzahl der Veranstaltungen, die hier stattfanden.«
»Ja«, antwortete Laura. Sie wollte nicht schon wieder »natürlich« sagen und zimperlich klingen. Sie war da zwar empfindlich, doch sie mochte diese Tatsache nicht noch betonen. Und in Anwesenheit dieser Frau verspürte sie plötzlich auch den Wunsch, sie hätte genug Zeit gehabt, um sich das Haar zu glätten. Laura hatte das Gefühl, dass ihre wilden Locken ihre professionelle Aura untergruben.
»Und wie schaffen Sie es, so viele Mitglieder der Öffentlichkeit dazu zu bewegen, hereinzukommen und Bücher zu kaufen?«, fragte Eleanora und sah auf die Schlange vor dem Signiertisch. »Und noch dazu um diese Jahreszeit? Ich war bei so vielen Lesungen, zu denen nur zwei Männer und ein Hund kamen, und die gehörten zum Personal. Da war nicht ein einziges Mitglied der zahlenden Öffentlichkeit.«
Laura kannte diese Art von Lesungen: Henry hatte sie zu einer geschickt, als sie ihm vorgeschlagen hatte, so etwas zu veranstalten. Sie war entschlossen gewesen, es besser zu machen, und das war ihr gelungen. Der Laden war recht gut für solche Veranstaltungen geeignet, weil er eine ausreichend große Fläche bot, die man frei räumen konnte. Sie bemühte sich, jeden Monat etwas anzubieten, sodass die Leute das Geschäft als einen Ort ansahen, an dem man einen netten Abend verbringen konnte.
»Ich habe alle unsere Kundendaten gespeichert«, erklärte sie ihrem Gegenüber, »und ich suche sie individuell aus. Wenn ich glaube, dass ihnen das Buch gefallen könnte, lade ich sie persönlich ein. Dann kommen die Leute fast immer. Außerdem biete ich einen Lesekreis an. Habe einen Lesekreis angeboten.« Sie seufzte, als sie sich korrigierte. »Ich schätze, er wird auch nach der Schließung des Ladens weitergeführt. Ich hoffe es jedenfalls.«
»Sie klingen wie ein Juwel. Ich bin sicher, dass ein anderer Buchladen Sie mit Freuden engagiert. Es ist so schade, dass dieser hier schließt. Ich schätze, es liegt an der Konkurrenz durch die Supermärkte?«
Laura nickte. »Und Henry möchte sich zur Ruhe setzen.«
Eleanora Huckleby nahm eine Flasche Wein vom Tisch und füllte ihre Gläser wieder auf. »Selbst der Wein ist genießbar.«
»Ich würde sehr gern wieder in einem Buchgeschäft arbeiten, aber es müsste ein verschrobener, unabhängiger Laden wie dieser sein«, erwiderte Laura. »Ich bin nicht sicher, ob ich klarkäme ohne die freie Hand, die Henry mir lässt. Er war immer großartig. Hat mich Bücher nachordern lassen, von denen ich glaubte, dass sie gut laufen würden; ich durfte alle Probedrucke lesen, Sie wissen schon, alles, was Spaß macht.«
Eleanora schnaubte, wahrscheinlich, weil sie das Lesen von Probedrucken als Spaß bezeichnet hatte. »Ich schätze, er war froh, dass jemand sie lesen wollte.« Sie hielt inne, den Mund nachdenklich zusammengepresst. »Und wen würden sie als den aufsteigenden Stern am Literaturhimmel bezeichnen?«
Laura hob eine Augenbraue. »Abgesehen von Damien Stubbs?« Sie deutete auf den Klienten ihrer Gesprächspartnerin, der immer noch charmant lächelnd signierte.
»Ja. Was halten Sie von Anita Dubrovnik?«
Die Tatsache, dass Laura ihre Meinung kaum je laut aussprach, bedeutete nicht, dass sie keine hatte. Jetzt, da sie kurz davorstand, ihren Job zu verlieren, und ein Glas Wein in der Hand hielt, beschloss sie zu sagen, was sie dachte. »Eine gute Schriftstellerin, aber ihr fehlt die erzählerische Kraft.«
Die Augen der älteren Frau wurden schmal, während sie nickte. »Wen haben Sie in letzter Zeit noch gelesen?«
»Bertram Westlake.«
Beide Frauen tauschten sprechende Blicke.
»Preiswürdig, aber langweilig«, erklärte Laura fest.
»Oh Gott! Es ist so eine Erleichterung, jemanden zu finden, der meiner Meinung ist. Ich meine, es gibt da wirklich ganz ausgezeichnet geschriebene Passagen, doch mir fehlt da auch die Handlung! Okay, was ist mit Janice Hardacre?«
»Also, The Soul-Mate fand ich großartig, aber die anderen mochte ich nicht.«
»Ich auch nicht. Und das letzte war unglaublich langatmig.«
»Es war für einen Preis nominiert«, erinnerte Laura sie.
»Gott weiß, warum.«
Sie redeten über Bücher, verrissen die aktuellen literarischen Meisterwerke und schwärmten von den unbekannten Helden, die weniger als eintausend Exemplare von ihren Werken verkauften, bis die ältere der beiden Presseagentinnen zu ihnen kam und Eleanora ansprach.
»Wir haben fünfzig Bücher verkauft!« Sie wandte sich an Laura. »Das war eine so großartige Veranstaltung! Vielen Dank!« Dann sprach sie wieder mit Eleanora. »Wir wollen jetzt ins Restaurant gehen, wenn Sie so weit sind.«
»Mh. Darf ich noch jemanden mitbringen?«
»Natürlich! Ich habe einen riesigen Tisch reserviert. Wen wollen Sie denn mitbringen?«
»Laura hier.«
Laura, die sofort die übliche Verlegenheit in sich aufsteigen fühlte, war total überrascht. »Nein. Wirklich, ich kann nicht mitkommen. Das ist sehr nett von Ihnen, mich einzuladen. Aber hier gibt es noch so viel zu tun.« Noch niemals in den drei Jahren, in denen sie diese Veranstaltungen organisierte, war sie danach mit den Autoren essen gegangen. Ihr Platz war im Hintergrund, wo sie dafür sorgte, dass alles lief. Dort fühlte sie sich am wohlsten. Sich mit einem Haufen Fremder zu unterhalten lag ihr einfach nicht. »Ich muss noch beim Aufräumen helfen. Die Gläser abwaschen, die Stühle wegstellen …«
»Rühren Sie sich nicht vom Fleck!«, erklärte Eleanora streng und ging zu Henry hinüber.
»Sie sollten sich besser wirklich nicht vom Fleck rühren«, riet die Presseagentin. »Sie gilt als der Drache der Branche. Besser, man tut, was sie sagt. Ich bin übrigens Emma, Emma Bennet.«
»Aber ich kann mir nicht vorstellen, warum sie mich zum Essen einlädt.«
»Vielleicht unterhält sie sich gern mit Ihnen?« Emma lächelte, amüsiert über Lauras ungläubige Reaktion auf ihre Vermutung.
Laura konnte sehen, wie Eleanora, gefolgt von Henry und ihrem Kollegen Grant, auf sie und Emma zukam.
»Sie hat sich Verstärkung geholt«, murmelte Emma. »Sie haben keine Chance.«
Sowohl ihr Boss als auch ihr Kollege blieben stehen.
»Du weiß genau, dass ohne deinen unermüdlichen Einsatz hier nichts stattgefunden hätte«, sagte Henry, der groß war und mit seiner beginnenden Glatze sehr distinguiert aussah. Wenn er nicht vierzig Jahre älter als sie und bereits verheiratet gewesen wäre, dann hätte Laura auf ihn gestanden. »Also geh mit und lass dir ein nettes Abendessen ausgeben. Du hast es dir verdient. Grant und ich räumen hier auf.«
»Aber ich …« Sie biss sich auf die Lippe. Voller Panik, dass man sie aus ihrem gewohnten Umfeld, der Buchhandlung, reißen könnte, blickte sie ihren Freund an.
Grant, der ihren Gesichtsausdruck richtig deutete, schüttelte den Kopf, entschlossen, dass sie diese Möglichkeit nutzen sollte, einmal mit anderen Leuten als ihren Kollegen zusammen zu sein. »Das stimmt«, erklärte er mit fester Stimme. »Geh und tanze auf dem Ball. Cinderella wird alles für dich aufräumen.« Er legte ihr die Hand auf den Arm. »Amüsier dich gut und erzähl mir morgen den neusten Tratsch. Und vergiss nicht, dass wir morgen Abend zu dem Sisters-of-Swing-Konzert gehen.«
»Oh, nein.« Sie klammerte sich für einen Moment an seinen Arm.
»Na los! Das schaffst du schon!« Grant, der einzige andere Vollzeit-Angestellte und ihr engster Kollege, tätschelte ihr aufmunternd die Hand. Er war auf einer Du-musst-öfter-hier-raus-Mission, was Laura anging, und wollte mit ihr in einen Club, um eine »unglaubliche neue Frauen-Band« zu hören. Er bezeichnete Laura immer neckend als seine »Alibi-Freundin«, was sie zum Lachen brachte. Nichts und niemand hätte übersehen können, dass Grant schwul war. Aber er machte sich wirklich Sorgen um sie, und sie wusste, dass er recht hatte und dass sie mitgehen sollte.
Jetzt, da Laura offiziell freibekommen hatte – oder, wie sie es sah, im Stich gelassen worden war –, hakte sich Eleanora bei ihr unter. »Zeigen Sie mir, wo die Mäntel hängen, und holen Sie Ihren. Sie werden ihn brauchen. Der Wind ist bitterkalt!«
Statt eines Mantels trug Eleanor etwas, das aussah wie eine Kreuzung zwischen einem Kaminvorleger und einem kleinen Zelt. Es hüllte seinen Träger in rote, kratzige Wolle: kein Kleidungsstück für Empfindliche.
Als sie Lauras etwas erschrockene Reaktion bemerkte, erklärte Eleanora: »Ich glaube, ich könnte in diesem Ding draußen übernachten, wenn ich müsste. Und ich kann es nur im tiefsten Winter tragen, oder ich schwitze wie ein Schwein.«
Laura kam sich in ihrem eigenen marineblauen Mantel lächerlich langweilig vor. Sie hatte ihn in einem Secondhandladen gekauft, als sie noch auf die Universität gegangen war, und ihn immer noch nicht aufgetragen. Aber wenn man in einem Buchladen arbeitete, dann hatte man auch nicht allzu viel Geld für Kleidung übrig.
»Na, kommen Sie schon«, sagte Eleanora. »Sie müssen mich stützen. Ich kann auf diesen Absätzen eigentlich nicht laufen, aber ich weigere mich, in meinem Alter Ballerinas zu tragen. Und Schnürschuhe würden mein Image ruinieren.« Sie blickte auf Lauras Schuhe, die fast völlig flach waren. »Keine weiteren Fragen.«
Obwohl ihr Lauras Schuhe offensichtlich nicht gefielen, die zwar wenig glamourös, dafür jedoch bequem waren, redete Eleanora auf dem Weg zum Restaurant ununterbrochen mit ihr und fragte sie über alle möglichen Bücher aus.
Laura las sehr viel. Sie lebte allein in einem kleinen Apartment, und ihr Fernseher war so winzig und das Bild so verschneit, dass sie ihn nicht oft einschaltete. Aber sie las die ganze Zeit: im Bett, während sie aß, während sie kochte, während sie sich anzog und während sie sich die Zähne putzte. Sie hätte auch unter der Dusche gelesen, wenn das möglich gewesen wäre, ohne das Buch zu ruinieren. Und sie konnte nicht nur überall lesen, sie las auch alles, und wenn es gut war, genoss sie es. Es gab kein Genre und keinen Autor, über die Eleanora sie ausfragte, worüber Laura nicht zumindest ein bisschen was wusste. Und da sie immer noch in leichtsinniger Stimmung war, weil sie bald ihren Job verlieren würde und weil Eleanora jemand war, der Bücher genauso liebte wie sie, sagte sie ihre Meinung freiheraus.
Eleanora war beeindruckt. »Liebes, Sie sind ein Phänomen!«, rief sie. »Ich bin so froh, dass ich Sie gefunden habe.«
Im Restaurant wurde Laura noch einmal dem jungen gefeierten Autor Damien Stubbs vorgestellt. Er hatte sie kurz begrüßt, als er in der Buchhandlung angekommen war, und war genauso charmant gewesen wie jetzt. Er bedankte sich bei ihr für die Organisation der tollen Lesung, und sie murmelte ein paar lobende Worte über sein Buch. Aber er schien keine Bestätigung zu brauchen. Er strahlte Selbstbewusstsein aus, und alle um ihn herum badeten in der Wärme. Damien Stubbs war der im Moment bekannteste junge Schriftsteller, und die Welt liebte ihn.
Laura, die sich zurückhielt, als alle lautstark überlegten, wo sie sitzen sollten, überlegte kurz, warum sie von Damien Stubbs nicht fasziniert war. Alle anderen, Männer und Frauen, schienen es zu sein. Mehrere Gründe fielen ihr ein, aber am wahrscheinlichsten erschien ihr, dass sie seinen Schreibstil nicht wirklich mochte. Als man ihr ihren Platz zuwies, setzte sie sich mit düsterer Miene. Ich bin ein literarischer Snob, folgerte sie. Meine Gefühle beziehen sich mehr auf Bücher als auf das reale Leben. Sie war leicht deprimiert bei diesem Gedanken, und nicht nur, weil sie kurz davorstand, den wohl besten Job der Welt zu verlieren. Wann war sie so langweilig geworden? Und war es zu spät, um sich noch zu ändern?
Als die anderen Platz nahmen, wieder aufstanden, sich umsetzten und schließlich doch wieder dort saßen, wo sie vorher gewesen waren, hatte Laura Zeit, ihr Leben vor ihrem inneren Auge Revue passieren zu lassen. Seit ihrem heiß geliebten Studium hatte sie nur zwei Jobs gehabt, beide in Buchläden. Und seit sie bei Henry Barnsley Books angefangen hatte, wollte sie nirgendwo anders mehr arbeiten. Obwohl sie normalerweise schüchtern war, genoss sie es, das richtige Buch für einen Kunden zu finden. Laura war sehr beliebt bei ihnen. Sie fragten nach ihr, wenn sie ein Buch verschenken wollten und nicht wussten, welches sie kaufen sollten. Einige der männlichen Kunden luden sie zum Essen ein, und manchmal, wenn Grant sie dazu drängte, der schon länger im Laden arbeitete als sie und deshalb ihr Vorgesetzter war, nahm sie diese Einladung sogar an. Aber daraus entstand nie etwas. Die Männer, die Bücher und Lesen genauso liebten wie sie, hatten meistens Suppenflecken vorne auf ihrer Strickjacke. Sie war vielleicht ein langweiliger Bücherwurm, doch sie hatte gewisse Ansprüche.
Eleanora reichte ihr die Karte. Laura war nicht aufgefallen, dass sie sich neben sie gesetzt hatte, und es hob ihre Laune. Zumindest würde sie mit Eleanora reden können, und wenn nicht, konnte sie schweigend dasitzen und die Leute an den anderen Tischen beobachten, etwas, das sie sehr gern tat. Sie betrachtete das Leben eben lieber von außen, als selbst darin verwickelt zu sein. Zum Glück blieb der Platz auf Lauras anderer Seite leer.
»Also, meine Liebe«, sagte Eleanora später, und Laura hatte im Grunde nur auf diese Frage gewartet, »wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Wollen Sie Schriftstellerin werden?«
»Guter Gott, nein!«, erwiderte Laura, und dann, als ihr klar wurde, dass sie vielleicht nicht ganz so entsetzt hätte klingen sollen, fuhr sie fort: »Tut mir leid, ich wollte nicht so vehement sein, aber ich würde es hassen, Schriftstellerin zu sein. Ich liebe es, in die Bücher anderer Leute einzutauchen, doch ich möchte wirklich nicht selbst eines schreiben.«
»Was für eine Erleichterung!«, meinte Eleanora. »Ich hatte das Gefühl, das fragen zu müssen, aber ich bin wirklich froh darüber. Irgendwelche anderen Pläne für den weiteren Broterwerb?«
»Noch nicht.« Sie seufzte. »Ich hatte noch nicht wirklich Zeit, mich damit zu befassen. Und ein paar Monate bleiben mir noch, bis ich tatsächlich arbeitslos bin. Ich werde schon etwas finden.«
»Sie klingen nicht sehr überzeugt.«
Laura versuchte, sich klarer auszudrücken. »Ich bin sicher, dass ich nicht verhungern werde – es gibt immer Jobs für Leute, die Arbeit suchen – aber es ist unwahrscheinlich, dass ich irgendetwas finden werde, was mit Büchern zu tun hat – zumindest in dieser Stadt, und dabei liebe ich das doch so.«
Eleanoras Augen wurden schmal, während sie nachdachte. »Ich hätte da vielleicht etwas für Sie.«
Laura wandte sich zu ihr um, nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte. »Wirklich?«
Eleanora beugte sich vor. »Mm, etwas unglaublich Aufregendes!«
Der kleine Hoffnungsschimmer in Laura erlosch wieder. Sie wollte nichts »unglaublich Aufregendes«. Für einen solchen Job wäre sie nicht die Richtige. Das hatte wahrscheinlich etwas mit Marketing zu tun oder mit der Gründung einer Firma – und das war überhaupt nicht ihr Ding.
»Wollen Sie denn gar nicht wissen, was es ist?«, fragte Eleanora, während sie eine Scheibe Tomate mit Feta aß.
Laura spießte eine schwarze Olive auf ihre Gabel. »Natürlich will ich das. Es ist wirklich nett von Ihnen, dass Sie sich für meine Probleme interessieren.« Sie hoffte, dass Eleanora die Gleichgültigkeit in ihrer Stimme nicht hörte.
»Ja, das ist es«, stimmte ihr Eleanora zu, wahrscheinlich leicht irritiert über Lauras lauwarme Reaktion. »Und wenn es nicht auch in meinem Interesse wäre, dann würde ich mir die Mühe nicht machen. Dafür habe ich zu viel zu tun. Also, es geht um Folgendes!«
In diesem Moment stürzte sich eine Phalanx von Kellnern auf den Tisch, entriss ihnen den griechischen Salat und die Taramasalata und ersetzte sie durch dampfende Teller mit Moussaka, bedrohlichen Fischgerichten und noch mehr Weinflaschen.
Während all das passierte, formulierte Laura im Kopf eine elegante und höfliche Absage, was auch immer Eleanora ihr vorschlagen wollte. Sie glaubte nicht, dass diese bunt gekleidete Frau, die ein bisschen aussah wie ein Papagei, ihr etwas anbieten konnte, das auch nur halbwegs ihr Fall sein könnte. Dazu waren sie einfach zu verschieden.
»Ich möchte, dass Sie ein Literaturfestival organisieren!«, verkündete Eleanora in der Annahme, dies würde auf Beifall und Freudenschreie treffen, als wäre sie ein Zauberer, der gerade ein besonders süßes Häschen aus dem Hut geholt hatte. »Na ja, zumindest sollen Sie bei der Organisation helfen.«
Visionen von den großen Festivals – Cheltenham, Hay, Edinburgh, mit ihren zahlreichen Stars, von denen viele für etwas anderes berühmt waren als für das Schreiben – verursachten Laura ganz weiche Knie. »Ich glaube nicht …«
»Aber es ist nicht nur ein normales Literaturfestival.« Eleanora wedelte mit einer reich beringten Hand, als wäre es Langeweile, die Laura zweifeln ließ. »Gleichzeitig gibt es auch noch ein Musikfestival. Es findet im Haus meiner Nichte statt.«
»Oh. Großes Haus«, meinte Laura. Einen Moment lang sah sie vor ihrem unberechenbaren inneren Auge eine kleine Doppelhaushälfte vor sich, mit einem gefeierten Autor in dem einen und der Gewinnerband des letzten Talentwettbewerbs in dem anderen.
»Riesig. Ein Monster und ein ziemlicher Klotz am Bein für sie und ihren Mann, aber wunderschön natürlich. Sie versuchen, es für so etwas zu nutzen, damit es sich trägt und sie es nicht verkaufen müssen. Das Musikfestival sollte etwas bringen, doch meine Nichte, Fenella, wollte auch ein Literaturfestival, damit es sich ein bisschen von anderen abhebt.«
»Ich glaube, es gibt bereits ein Festival, das beides kombiniert …«
»Das heißt ja nicht, dass sie dort nicht auch so etwas veranstalten können, oder?«
»Natürlich nicht. Ich wollte damit nur sagen …«
»Die musikalische Seite läuft wirklich gut, aber sie haben niemanden, der sich um das Literaturfestival kümmert. Sie wären perfekt dafür.«
Laura schüttelte den Kopf. Sie war nicht die richtige Art unternehmerische, temperamentvolle Frau, die bedeutende Firmen dazu bringen konnte, große Events finanziell zu unterstützen, auf denen ihre Exvorstandschefs ihre von Ghostwritern verfassten Autobiografien vorstellten. »Ich glaube nicht.«
»Warum um Himmels willen denn nicht?«
Weshalb verstand Eleanora – offensichtlich eine sehr intelligente Frau – das nicht? »Weil ich so etwas noch nie gemacht habe. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen soll.«
Eleanora schwieg einen Moment, senkte dann die Stimme und sprach langsam, wie mit einem verängstigten Kind oder einem nervösen Pferd. »Aber, Süße, Sie haben doch so etwas schon gemacht! Eine Lesung in einem Buchladen ist doch nichts anderes. Sie laden die Autoren ein, überreden sie, etwas zu lesen, und Sie sorgen dafür, dass die Leute die Bücher kaufen. Genau das Gleiche!«
»Aber mit einer Lesung in einem Buchladen muss man keine großen Gewinne erwirtschaften, und man muss auch keinen Veranstaltungsort buchen oder so etwas.«
»Hören Sie, ich weiß, der Verlust Ihres Jobs hat Ihr Selbstbewusstsein untergraben. Das ist ganz natürlich. Doch lehnen Sie dieses Angebot nicht ab, bevor Sie gründlich darüber nachgedacht haben. Fen meinte, dass es da eine Art Meeting in Somerby gibt – warten Sie, ich sagen Ihnen, wann es stattfindet.« Eleanora nahm einen großen Schluck Wein und wühlte dann in ihrer Handtasche, die Mary-Poppins-Qualitäten besaß: Sie war riesig und fasste vermutlich eine Stehlampe. Eleanora holte einen Terminplaner von der Größe einer Familienbibel heraus und blätterte durch die Seiten. »Nächste Woche. Zwei Uhr. In Somerby. Wissen Sie, wo das ist?«
»Nein«, erklärte Laura entschieden, obwohl ein kleiner Teil von ihr es herausfinden wollte. Trotz ihrer Zweifel – und die waren durchaus stark – spürte sie einen Hauch von Interesse. Alles, was mit Büchern zu tun hatte, löste das in ihr aus.
»Ich werde Fenella bitten, Ihnen die genauen Daten zu schicken. Sie können doch E-Mails empfangen?«
»Na ja, im Laden.«
»Sie brauchen einen Laptop. Besorgen Sie sich einen von ihrer Abfindung.«
Laura kochte innerlich. Sie mochte sich nicht sagen lassen, was sie mit ihrer bis jetzt noch nicht bezifferten Abfindung machen sollte. Sie brauchte das Geld vielleicht, um ihre Gasrechnung oder ihre Miete zu bezahlen.
Eleanora wäre keine Top-Literaturagentin geworden, wenn sie nicht in der Lage gewesen wäre, Körpersprache zu deuten oder Menschen dazu zu bewegen, Herausforderungen anzunehmen. »Zumindest zu dem Meeting sollten Sie gehen. Wenn Ihre einzige andere Alternative das Füllen von Supermarktregalen ist …«
Um sich nicht von ihrer ursprünglichen Überzeugung abbringen zu lassen, dass die Organisation eines Literaturfestivals nichts für sie war, argumentierte Laura jetzt mit der praktischen Seite. »Das ist nicht meine einzige Alternative, und ich arbeite noch für die nächsten zwei Monate im Buchladen.«
»Was könnte es denn noch für einen Job geben, der mit Büchern zu tun hat, wenn nicht in einem anderen Buchladen?«
»Mir ist klar, dass ich meine Suche vielleicht etwas ausdehnen muss, doch das ist vermutlich ganz gut so.«
»Möchten Sie zusätzlich zu Ihrem Jobwechsel auch noch umziehen?«
Laura erschauderte sichtlich. Ihre kleine Wohnung war kein Palast, aber es hätte viel schlimmer sein können, und, was noch wichtiger war, sie konnte sie sich leisten. »Eigentlich nicht, doch ich schätze, das muss ich vielleicht.«
»Dann sollten Sie diese Möglichkeit nicht auslassen. Organisieren Sie das Festival für meine Nichte, dann müssen Sie nicht umziehen. Sie können bei ihr wohnen, es gibt genug Platz. Und ich bin sicher, dass Sie das ganz toll hinkriegen.
»Ehrlich, ich bin vielleicht in der Lage, eine Lesung in einem Buchladen zu organisieren, aber alles andere könnte ich nicht – zum Beispiel kalkulieren, wie groß das Zelt für eine solche Veranstaltung sein muss. Es gibt nichts Schlimmeres als ein Zelt für zweihundert Leute, und dann kommen nur zwanzig.« Laura hatte das selbst mal erlebt – und war fast erfroren.
»Um so etwas müssen Sie sich nicht kümmern«, versicherte Eleanora ihr. »Das können andere erledigen. Wir – ich meine, die Leute vom Festival – brauchen Sie wegen Ihres Wissens über Bücher und Autoren.«
Laura versuchte, das Interesse zu unterdrücken, das diese Aussage in ihr weckte, und fragte: »Wird es gut bezahlt?« Die Antwort würde »nein« lauten, und dann konnte sie Nein sagen. Eleanora war eine Frau, die einen solchen praktischen Blickwinkel verstehen konnte.
Zum ersten Mal antwortete die direkte Eleanora nicht sofort. Stattdessen spielte sie einen Augenblick lang mit ihrem Besteck. »Ich denke, es wird eine Art Honorar geben. Ehrlich gesagt bin ich da allerdings nicht ganz sicher.«
Endlich hatte Laura das Gefühl, sich wieder auf sicherem Boden zu bewegen, obwohl sie es nicht so komfortabel fand, wie sie es vielleicht hätte finden sollen. »Nun, dann ist es entschieden. Ich kann es mir unmöglich leisten, umsonst zu arbeiten.« Sie war ein wenig traurig, so einfach aus der Sache herausgekommen zu sein, doch dann rief sie sich selbst zur Ordnung. Sie bekam vielleicht keinen fürstlichen Lohn als Buchverkäuferin, aber zumindest konnte sie ihre Rechnungen bezahlen, und sie durfte nicht so leichtsinnig sein und eine Arbeit annehmen, bei der die Höhe des Honorars noch nicht feststand.
»Aber Sie haben es doch selbst gesagt! Sie haben noch zwei Monate Ihren Job im Buchladen! Und alle großen Festivals werden fast ausschließlich ehrenamtlich organisiert.«
»Ich kann es mir nicht leisten, ehrenamtlich zu arbeiten, ich brauche einen bezahlten Job«, erinnerte sie Eleanora leise.
»Wie Sie schon sagten, den haben Sie ja.«
»Aber Miss …«
»Eleanora.«
»Eleanora …«, stotterte Laura, nicht wirklich glücklich darüber, diese Frau, die sie nicht besonders gut kannte, beim Vornamen zu nennen. »Ich werde für meine Arbeit im Geschäft bezahlt. Das bedeutet, dass ich dort sein und meinen Job erledigen muss.«
»Oh, Ihr Boss wird Ihnen freigeben, um das Festival zu organisieren. Ich bin sicher, das wird er! Er scheint ein wirklich netter Mann zu sein.«
Damit hat sie vermutlich recht, gestand Laura sich ein. Henry würde so gefällig wie möglich sein und ihr so viel Zeit geben, wie sie brauchte, wenn sie dadurch wieder Arbeit fand. Aber sie würde es nicht tun, wenn es dafür kein Geld gab. Das wäre eine große Dummheit und Henry gegenüber nicht fair. Und als sie an die Standpauke dachte, die ihre Eltern ihr halten würden, wenn sie ihnen gestand, dass sie für noch weniger arbeiten würde, als sie derzeit bekam, griff sie hastig nach ihrem Weinglas. Sie hatten ihr immer noch nicht wirklich vergeben, dass sie an der Uni Englisch studiert hatte und nicht etwas, mit dem man »richtiges Geld« verdienen konnte.
»All diese Studentendarlehen«, hatten sie lamentiert, »die kannst du doch niemals zurückzahlen!«
Lauras Hinweis, ihr Gehalt sei so niedrig, dass sie die Darlehen nicht zurückzahlen musste, hatte sie überhaupt nicht beeindruckt. Und sie selbst eigentlich auch nicht. Laura hatte nicht gerne Schulden beim Staat, aber deshalb wollte sie trotzdem keine Buchhalterin werden.
»Gehen Sie einfach zu dem Meeting«, meinte Eleanora. »Wenn Ihr Chef Ihnen nicht freigeben will, dann spreche ich mit ihm. Wenn Sie erst das Haus gesehen und meine Nichte kennengelernt haben, dann wollen Sie den Job machen. Das schwöre ich Ihnen.«
»Dann sollte ich besser nicht hingehen«, murmelte Laura. Eleanora hörte sie nicht, aber das war auch gut so, fand Laura.
Also«, sagte Grant am nächsten Morgen im Laden, noch bevor er seinen Mantel ausgezogen hatte, »hast du neben dem Wunderkind gesessen?« Sie standen im Lagerraum im Keller des Gebäudes, der gleichzeitig als Personalraum diente.
»Oh, du meinst Damien?« Wie immer war Laura früh aufgestanden und hatte aufgeräumt, was eigentlich Grant und Henry gestern hatten übernehmen wollen, bevor sie nach unten gegangen war und Wasser aufgesetzt hatte. »Nein. Er war von wunderschönen jungen Frauen aus der Presseabteilung umgeben.«
»Eifersüchtig?«, fragte Grant, der sich gerade ein halbes Glas löslichen Kaffee in eine Tasse schüttete. Er war ein Mensch, der immer wissen wollte, wie andere sich fühlten. Laura sagte ihm oft, dass er das Bücherverkaufen aufgeben und stattdessen Psychiater werden sollte – das wäre der ideale Job für ihn gewesen.
Sie schüttelte den Kopf und drückte ihren Pfefferminzteebeutel mit dem Löffel am Rand der Tasse aus. »Nein. Nicht mein Typ.«
»Und wie sieht dein Typ aus?« Grant goss kochendes Wasser in seinen Becher.
»Ich weiß nicht genau.« Laura holte den Beutel aus der Tasse und warf ihn in den Müllbeutel, den sie gerade erneuert hatte. »Mir gefallen nicht viele.«
»Du musst doch eine ungefähre Vorstellung haben. Wenn ich dir helfen soll, einen Freund zu finden, dann muss ich wissen, wonach ich Ausschau halten soll.«
Laura lachte. »Ich will nicht, dass du einen Freund für mich findest! Ich werde mir selbst einen suchen, wenn ich einen will.«
Grant verzog angewidert das Gesicht, als er an seinem Kaffee nippte. »Natürlich willst du einen, Darling, das wollen wir alle. Ich muss nur wissen, welcher Typ dir gefällt. Mit Pfeife und Hausschuhen? Fesch gekleidet? Ein Joghurt essender Stricker, der sich fürs Recycling einsetzt? Ein Radler?«
»Ich glaube, das Wort, das du suchst, lautet ›Radfahrer‹.«
»Du kannst manchmal so pedantisch sein, Laura. Und du musst doch irgendeine Vorstellung davon haben, wie dein Traumtyp aussieht.«
»Ach, ich weiß nicht.« Darüber hatten sie schon oft gesprochen, und die Unterhaltung führte zu nichts. Obwohl sie nicht wirklich die Absicht hatte, als alte Jungfer mit Katze zu enden, hielt sie es manchmal für unausweichlich. Sie seufzte. »Wir gehen besser nach oben. Es wird langsam Zeit, den Laden aufzuschließen.«
»Hat keine Eile.« Grant stöberte in der Dose mit den Keksüberresten von der Betriebsfeier. »Ich muss erst etwas essen, und außerdem sind doch jetzt alle beim Schlussverkauf und kaufen irgendwelchen Ramsch oder tauschen den Ramsch um, den sie zu Weihnachten geschenkt bekommen haben.« Er runzelte die Stirn. »Wie ich sehe, schenkt deine Mutter dir immer noch lange Hosen zu Weihnachten, und du tauschst sie immer noch um?«
Laura blickte auf ihre neue schwarze Hose hinunter. »Meine Mutter will einfach nicht einsehen, dass ich lieber Sachen trage, die gebügelt werden müssen, statt einfache, pflegeleichte Polypropylen-Stoffe oder so etwas. Sie versteht nichts von statischer Aufladung und davon, wie uncool es ist, Funken zu schlagen, wenn man schnell geht.«
Grant lachte. »In manchen Kreisen sind es eben solche Hosen, Süße. Zumindest hat meine Mutter damit aufgehört, mir Golfpullover mit Rautenmuster zu schenken.« Er warf einen verzweifelten Blick auf ihren Pulli.
»Ich weiß, Schwarz ist langweilig, aber die Sachen werden schmutzig, wenn man hier arbeitet.« Sie lachte trocken. »Vielleicht besorge ich mir einen netten Nylon-Overall für meinen nächsten Job.«
»Da mache ich mit, Schatz! Endlich wirst du ein bisschen weltoffener, was?«
Laura ging nach oben in den Laden. Henry kam durch die Tür, als sie gerade das Schild umdrehte.
»Guten Morgen, meine Liebe«, sagte er, wie immer. »Wie lief es denn gestern Abend? Eleanora Huckleby ist ein Prachtstück, oder?«
»Das ist sie. Sie …«
»… möchte, dass du ein Literaturfestival organisierst, ich weiß.« Er nahm seinen Hut ab und warf ihn geschickt auf einen Haken an der Garderobe, wo dieser brav hängen blieb. »Sie hat mich angerufen. Heute Morgen ganz früh.«
Laura kannte den Hut-Trick, aber das »ganz früh« war neu. Henry war kein »Ganz früh«-Typ. Deshalb besaß er, wie er behauptete, einen Buchladen. Sofort überkam sie ein schlechtes Gewissen. »Oje! Das kann ich gar nicht glauben!«
Henry schüttelte den Kopf und lächelte sie an. »Sie wäre keine Top-Literaturagentin geworden, ohne hartnäckig zu sein, so viel steht fest. Wenn du also zu diesem Meeting gehen möchtest, dann kannst du das gern tun. Und solltest du dich entscheiden, tatsächlich bei der Organisation dieses Literaturfestivals zu helfen, dann bestehe ich darauf, die Bücher zu liefern.«
Er war so großzügig, dass Laura sofort Gewissensbisse plagten. »Aber was, wenn es erst nach der Schließung des Ladens stattfindet?«
»Ich habe immer noch Kontakte, und ich finde ein Literaturfestival einfach großartig!«
Waren denn alle fest entschlossen, sie da hineinzuziehen, ob sie nun zustimmte oder nicht? Sie schienen jedenfalls zusammenzuarbeiten, um ihr die möglichen Zweifel auszureden, die sie vielleicht noch hatte. Möglicherweise sollte sie dankbar sein, dass man so an sie glaubte. Jetzt musste sie nur noch den monatlichen Besuch bei ihren Eltern überstehen.
»Und, wie war’s?«, fragte Grant, als er nur eine Stunde nach Lauras Rückkehr von dem wie immer sehr frustrierenden Besuch zu Hause bei ihr vor der Tür stand. Zumindest konnte sie sich noch auf ihren Abend mit Grant freuen. Er hatte an diesem Tag auch einen Pflichtbesuch hinter sich, bei seiner Tante.
»Ach, ganz okay, du weißt schon. Ruhig.«
»Dann hast du ihnen nicht erzählt, dass der Buchladen schließt?«
»Nein. Ich dachte, ich warte damit, bis ich etwas Neues gefunden habe. Du weißt doch, wie sie sind. Mein Vater besteht vielleicht darauf, dass ich eine Ausbildung zur Buchhalterin nachhole. Hast du es deiner Tante gesagt?«
»Jap, aber da sie nicht meine Mutter ist, hatte ich das Gefühl, dass sie es verkraftet. Sie hat mir Geld angeboten, falls ich das möchte.«
Laura lächelte. Grant litt jedes Mal unter Gewissensbissen, wenn seine Tante ihm Geld anbot, obwohl er es manchmal annahm. »Und, hast du dieses Mal Ja gesagt?«
»Natürlich nicht! Ich brauche es im Moment nicht. Wenn ich Langzeitarbeitsloser bin, dann nehme ich es vielleicht.« Er runzelte die Stirn. »Sieh mich nicht so an! Ich bin ihr einziger Verwandter, und sie ist stinkreich. Sie gibt mir gern Geld!«
Kichernd zog Laura ihn in ihre Wohnung. »Ich weiß, und ich bin nicht diejenige, die glaubt, du solltest ihre Angebote ablehnen. Sie hat mehr Geld, als sie ausgeben kann, und du bist ihr einziger Neffe. Ich finde nicht, dass du deswegen ein schlechtes Gewissen haben musst. Hey! Warum bittest du sie nicht um eine richtig große Summe und eröffnest deinen eigenen Buchladen? Dann hätten wir beide wieder Arbeit!«
»Wieso glaubst du, dass ich dich einstellen würde?«
»Weil ich die Beste bin und du es tun würdest.«
Grant seufzte. »Okay, das würde ich, aber ich möchte sie nicht um so viel Geld bitten. Sie braucht es vielleicht mal für ihren Platz im Altenheim oder so etwas. Ich komme sowieso unter. Mir macht es nichts aus, für eine große Kette zu arbeiten.« Seine Aufmerksamkeit wanderte von seinem möglichen nächsten Job zu Lauras Outfit. »Tut mir leid, Süße, doch so kannst du nicht gehen.«
»Warum nicht? Ich dachte, ich ziehe mal einen Rock an, dann sehe ich ein bisschen schicker aus als sonst. Da wir doch heute groß ausgehen.«
»Na ja, du siehst aus wie eine Sekretärin in einem amerikanischen Melodrama mit einer Geschichte, in der eine Sekretärin vorkommt, nur nicht so sexy.«
Laura war Grants wenig enthusiastische Reaktion auf ihre Kleidung gewohnt. »Vielen Dank. Ich liebe dich auch.«
»Jetzt sei doch nicht beleidigt. Aber du brauchst für heute Abend einen etwas weiteren Rock oder eine Hose.«
Laura warf die Arme in die Luft, um ihre ungläubige Frustration auszudrücken. »Normalerweise versuchst du immer, mich aus den Hosen rauszukriegen! Und leider habe ich nun mal meine schwarze Hose gestern im Restaurant bekleckert und trage deshalb heute einen Rock.«
»Ich dachte, du hättest ungefähr fünf schwarze Hosen – seit Weihnachten sogar sechs?« Es war ziemlich eindeutig, was er von der Grundausstattung einer arbeitenden Frau hielt.
»Alle entweder schmutzig oder zu ausgeleiert, um damit auszugehen, wenn du verstehst, was ich meine.«
Grant seufzte. »Hast du einen Rock, in dem du tanzen kannst?«
»Ich kann in diesem ein bisschen schwofen.«
»Ich meine nicht schwofen, ich meine tanzen. Den Lindy Hop, um genau zu sein.«
»Warum? Wir hören uns eine Band an. Wir müssen nicht in den Gängen tanzen, wenn wir nicht wollen. Das ist normalerweise freiwillig.«
»Aber es findet in einem Club statt. Es ist Lindy-Abend.«
Laura blickte ihn finster an. »Grant, warum hast du mir das nicht gesagt, bevor ich einverstanden war mitzukommen? Was ist überhaupt ein Lindy Hop?«
»Das ist ein Tanz. Ein bisschen wie Jive oder Rock ’n’ Roll, aber mit mehr Bewegungen. Du wirst es schon herausfinden. Und ich habe es dir nicht gesagt, weil ich wusste, dass du dann nicht mitkommst. Jetzt, wo ich hier bin, kann ich dich zur Not auch in etwas hineinzwängen, in dem du dich bewegen kannst, und dich danach ins Auto schaffen.«
Der Gedanke, wie Grant sie in eine Hose zwängte, entspannte Laura und ließ sie kichern. Schließlich nahm die Kleiderfrage in ihrem Leben keinen großen Raum ein, und es war ihr egal, was sie trug. Diese ganze Lindy-Hop-Sache war da schon erschreckender. Obwohl sie sehr gern in der Küche herumtanzte, wenn sie allein war, tanzte sie normalerweise nicht in der Öffentlichkeit. Andererseits war es vielleicht an der Zeit, mal etwas anderes zu tun. Grant versuchte jedenfalls schon lange, sie dazu zu bewegen. »Dann solltest du lieber mitkommen und dir meinen Kleiderschrank ansehen.«
»Ich hatte gehofft, dass du das sagst. Und schön, dass du deine Absätze nicht in den Boden stemmst.«
»Das hätte ich«, gestand Laura, »aber ich trage keine Absätze.«
Grant stöhnte.
»Nein, ernsthaft«, fuhr Laura fort, »bei dem Essen gestern Abend ist mir klar geworden, wie langweilig ich bin. Ich muss offener für neue Erfahrungen sein.«
Grant nickte, weil er darin offensichtlich völlig mit ihr übereinstimmte. »Aber warst du schon immer langweilig oder erst, seit du in einem Buchladen arbeitest?«
Also fand er sie auch langweilig! Sie weigerte sich, beleidigt darüber zu sein, und dachte nach. »Ich glaube, ich war schon immer das, was du als ›ziemlich langweilig‹ bezeichnen würdest. Ich hatte natürlich Freunde an der Uni, aber ich bin nicht oft ausgegangen, es sei denn, man hat mich genötigt.«
Grant schüttelte den Kopf. »So eine Verschwendung!«
»Um ehrlich zu sein, war es einfach himmlisch, nicht ständig wegen der Bücher angenörgelt zu werden. Ich habe eben … viel gelesen und natürlich Hausarbeiten geschrieben.«
»Und du sagst, du hattest Freunde?« ›Skeptisch‹ wäre noch untertrieben, wenn man Grants Blick beschreiben wollte.
»Ja! Ich war immer zu Hause und konnte die Wäsche aus der Maschine holen, ich hatte stets Milch und Aspirin, und ich konnte eine Hausarbeit diktieren, wenn kurzfristig eine gebraucht wurde.« Sie kicherte. »Ich war allerdings immer ziemlich sauer, wenn die anderen eine bessere Note dafür bekamen als ich.«
»Sie haben dich ausgenutzt!« Grant war empört.
»Nein. Na ja, ein bisschen, aber es hat mir nichts ausgemacht. Und wie ich schon sagte, manchmal haben sie mich gezwungen, mit ihnen auszugehen. Wir hatten viel Spaß zusammen. Doch meistens bin ich lieber zu Hause geblieben und habe gelesen, anstatt vom Betrunkene-Leute-Anschreien heiser zu werden.«
»Und was war mit Männern?«
»Da gab es ein paar. Aber es wurde nie wirklich etwas daraus. Grant, ich bin sicher, dass wir all das schon mal besprochen haben, als ich im Buchladen angefangen habe und du mich deinem üblichen Kreuzverhör unterzogen hast.«
»Vielleicht, doch es war offensichtlich alles so langweilig, dass ich mich nicht daran erinnern kann. Und ich nehme Leute nicht ins Kreuzverhör. Ich interessiere mich nur für Menschen.«
»Du meinst, du bist neugierig.«
»Na ja, okay, dann bin ich eben neugierig. Und jetzt sehen wir hier rein.« Er öffnete die Tür ihres schmalen Kleiderschranks und erwartete das Schlimmste. »Laura, sind alle deine Sachen entweder schwarz oder weiß?«
»So ziemlich. Meine Sommersachen sind irgendwo in einer Plastiktüte. Hier.« Sie zog sie unten aus dem Schrank. Grant leerte die Tüte auf dem Boden aus, so, als wollte er Wäsche sortieren.
»Du solltest mich wirklich bitten, das mal alles für dich durchzugehen«, murmelte er und warf Kleider hinter sich wie ein wählerischer Einbrecher.
»Das würde ich, wenn du mehr wie dieser Gok-Typ wärst.«
Er hielt inne. »Ich dachte, du guckst kein Fernsehen!«
Sie lachte, erfreut über seine Überraschung. »Das tue ich nicht, aber letztens habe ich einer Frau aus unserem Lesekreis ein Exemplar des Titels vorbeigebracht, den wir diesen Monat lesen, und es lief bei ihr. Sie hat mich überredet, zu bleiben und es mir mit ihr anzuschauen. Sehr tapfer, diese Frauen. Kannst du dir vorstellen, dich nackt in ein Schaufenster zu setzen?«
»Ich glaube, dass es schlimmere Schicksale gibt, doch für dich wäre es vermutlich Folter.«
Schließlich suchte er einen Bo-ho-Stufenrock mit Lochstickereien, einen schwarzen Cardigan mit V-Ausschnitt und einen engen schwarzen Gürtel heraus. »Das ist ganz süß, aber immer noch recht einfarbig«, meinte er. »Wo ist dein Schmuck?«
Laura öffnete die Schublade ihrer Frisierkommode und zeigte ihm die wenigen Stücke, die meisten davon Geschenke von Freunden aus der Uni, und eine Perlenkette, die sie von einer Tante geerbt hatte. Grant sah sie voller Verachtung durch.
»Wie sieht es aus mit Tüchern, anderen Gürteln oder etwas in der Art?«
Laura hatte sie in die Unterwäsche-Schublade gestopft, aber er ging alles durch, bis er ein Tuch fand, das mal um einen Sonnenhut geschlungen gewesen war, den Laura sich im letzten Urlaub mit ihren Eltern vor einigen Jahren aus reiner Notwendigkeit gekauft hatte.
»Hier.« Er band es ihr um den Hals. »Das sieht hübsch aus, aber dein Haar fassen wir zu einem höheren Pferdeschwanz zusammen. Und wir brauchen etwas zum Glätten.«
»Was, für mein Haar? Ich weiß, dass es geglättet werden müsste …«
»Nicht für dein Haar! Ich mag deine Locken, die sehen süß aus. Nein, ich meinte deinen Rock! Hast du ein Bügeleisen?«
Sie nickte und grinste süffisant. »Noch ein Grund, warum ich im Studentenwohnheim sehr beliebt war – ich hatte ein Bügeleisen und wusste, wie man es benutzt.«
»Kein Wunder, dass du drei Jahre hintereinander zur Miss Kongenial gewählt wurdest.«
Laura kicherte. »Woher willst du wissen, dass es nicht so war? Ich war beliebt. Manche Menschen bevorzugen Leute, die etwas ruhiger sind.«
»… und bügeln können.«
Weil ihr klar war, Grant nicht davon überzeugen zu können, dass sie ihre Studentenzeit nicht nur mit Lesen und dem Bügeln der Sachen ihrer Freunde verbracht hatte, sagte sie: »Meine Mutter hat mich immer alles bügeln lassen.«
»Das ist eine nützliche Fähigkeit«, erwiderte er und weigerte sich, angesichts dieser potenziellen Kindesmisshandlung Mitgefühl zu zeigen. »Ich bügle den Rock, während du dir die Haare machst.«
»Du bist unglaublich herrisch«, wandte Laura ein, während sie das Bügelbrett holte.
»Ich weiß. Deshalb bin ich der Geschäftsführer des Ladens und nicht du.«
»Ich glaube nicht, dass eine Vollzeit-Assistentin und ein paar Aushilfen dich gleich zum Chef eines riesigen Imperiums machen …«
»Natürlich ist es so. Und jetzt beeil dich, ich will nicht erst zur Pause da sein.«
Laura hatte Mühe, den Großteil ihres Haares zu einem Pferdeschwanz im Stil der Fünfzigerjahre zusammenzufassen. Aber viele Strähnen ließen sich nicht bändigen und umgaben ihr Gesicht wie eine dunkelgoldene Aura. »Es ist nicht sehr ordentlich.«
»Es soll auch nicht ordentlich sein, sondern lässig. Du musst nicht aussehen wie Sandy in Grease.«
Laura hörte auf, an ihrem Haar herumzuzupfen. »Grant, es macht mir nichts aus, mich entsprechend zu kleiden, aber ich werde keinen Lindy Hop tanzen, das ist dir klar, oder?«
Er lächelte sie an. »Komm schon. Das wird ein toller Abend.«
Zusammen gingen sie die Straße hinunter zum Taxistand. Grant würde heute auf Lauras Sofa übernachten, damit er etwas trinken konnte.
»Ich hoffe, es ist nicht die Art von Lokal, wo man sturzbetrunken sein muss, um den Abend zu überstehen«, meinte Laura.
»Warst du schon mal sturzbetrunken?«, wollte Grant wissen.
»Noch nicht oft, nein«, gestand Laura kleinlaut. »Ich bin wirklich langweilig!«
Der Club war bereits voller Leute, als sie ankamen. Sie gingen die Treppe hinunter in den Keller, und Grant bezahlte den Eintritt. Eine Band spielte wunderbare Oldies, bei denen Lauras Füße zuckten, obwohl sie sich geschworen hatte, nicht zu tanzen.
Grant besorgte ihr ein Glas Wein und drückte es ihr in die Hand. »Suchen wir uns lieber schnell einen Platz, bevor die Mädels rauskommen.«
»Die Mädels« waren, wie er ihr auf dem Weg hierher erklärt hatte, eine Band namens Sisters of Swing, von der er ihr schon seit Wochen vorschwärmte. Sie sangen traditionelle Swing-Nummern, und Grant wollte sie unbedingt einmal live erleben.
Laura folgte Grant, der auf ein paar Tische zuging, und nahm ihre Umgebung in sich auf. Alle möglichen Leute in ganz verschiedenen Outfits tanzten ziemlich energiegeladen. Problemlos schlüpfte sie wieder in ihre Lieblingsrolle als Beobachterin. Was sie sah, fand sie faszinierend. Junge Männer tanzten mit viel älteren Frauen und junge Mädchen mit älteren Männern, nicht weil diese (wie sie glaubte) etwas miteinander hatten, sondern weil sie alle gut tanzen konnten. Das Alter war kein Hinderungsgrund; es ging einzig und allein ums Tanzen.
Grant fand zwei Plätze, und sie setzten sich. Laura konnte nicht aufhören, das Schauspiel zu beobachten, das um sie herum stattfand. Immer wieder trat jemand auf die Bühne und befahl allen, stehen zu bleiben, und dann durften entweder die Frauen oder die Männer neue Partner wählen. Laura war begeistert.
»Sieh dir die Schuhe an!«, meinte Grant und deutete auf ein Paar braun-weiße Al-Capone-Schuhe.
Als sie das erste Paar entdeckten, wurde ihnen klar, dass die Frauen ähnliche Schuhe trugen, nur mit Absätzen und Riemchenschnalle. Es waren, wie selbst Laura wusste, Jazz-Schuhe, Tanzschuhe und ganz normale Straßenschuhe.
»Das macht Spaß!«, meinte Laura, überrascht über sich selbst.
»Schön, dass du Spaß noch erkennen kannst!«, erwiderte Grant, und dann fiel alle Selbstgefälligkeit von ihm ab. »Oh Gott, wir müssen das vielleicht wirklich tun.«
Laura drehte sich um und sah, dass eine entschlossen wirkende Frau auf sie zukam. Äußerst amüsiert über den Gedanken, dass ihr schwuler Freund von einer jungen Amazone erobert werden würde, bemerkte sie den Mann nicht, der auf sie zuhielt. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, wurde sie auf die Füße gezogen. Ihr potenzieller Partner war ungefähr in ihrem Alter, hatte lockiges Haar und lange Wimpern. Er trug eine weite Hose und ein gestreiftes Baumwollhemd, Hosenträger und einen Port-Tie-Hut auf dem Hinterkopf.
»Hi!«, sagte er. »Wie heißt du?«
»Laura! Aber ich bin nur hier, um mir die Band anzuhören!«
»Wollen wir tanzen?«
Sie schüttelte den Kopf, mehr aus Gewohnheit als aus irgendeinem anderen Grund. »Oh, nein. Ich sagte, ich bin hier, um mir die Band anzuhören.«
»Unsinn. Komm schon.«
Laura stellte fest, dass sie sich der Beharrlichkeit ihres Partners beugen musste. Zuerst stand sie nur verwirrt da, aber dann fiel ihr die Tanzstunde wieder ein, die ihr vor Jahren einmal ein Freund ihrer Mutter erteilt hatte. Sie begann, das Gefühl zu genießen, das ihr der Leichtsinn und der Spaß an der Musik und das Tanzen gaben. Ihrem Partner schien es nichts auszumachen, dass sie die Schritte mehr oder weniger improvisierte. Er wirbelte sie herum, hielt sie, schob sie von sich, zog sie wieder an sich, alles ganz schnell hintereinander. Als sie sich endlich wieder setzen durfte, war sie total erschöpft. »Vielen Dank! Das hat riesig viel Spaß gemacht!«
»Du solltest öfter kommen«, meinte ihr Partner. »Du hast wirklich Talent.«
»Ich glaube nicht. Eigentlich bin ich …«
»… nur hier, um mir die Band anzuhören«, beendete er den Satz für sie. »Ich weiß. Ich bin übrigens Jim. Ich werde nächstes Mal nach dir Ausschau halten.« Obwohl sie ihn schließlich dazu überreden konnte, sie allein zu lassen, hatte sie das Gefühl genossen, aufgefordert zu werden und zu tanzen.
»Also, diesen Tag werde ich mir rot im Kalender anstreichen!«, sagte Grant, als sie beide ihren Wein tranken und sich wünschten, es wäre Wasser. »Wir haben es beide getan! Ich hätte nie gedacht, dass ich dich mal auf der Tanzfläche sehe, wie du von einem starken Mann herumgewirbelt wirst.«
»Gleichfalls!«
»Bei mir war’s kein starker Mann, was sehr schade ist. Ich habe ihr gesagt, dass ich schwul bin, doch sie meinte, das wüsste sie schon.« Er hielt inne. »Ich glaube, die Band spielt gleich. Lauf lieber schnell zur Theke.«
Laura, die die Aufforderung verstand, sprang auf. »Noch mal das Gleiche?«
Er nickte. »Und ein Glas Wasser.«
Es gab noch ein paar wilde Tanzrunden, die Grant und Laura ausließen, um ihre Füße ein wenig zu schonen, und dann betraten drei Frauen die Bühne. Sie trugen Tüllröcke und enge Mieder. Alle drei hatten ihre rosa Haare dramatisch auftoupiert, und die Sängerin in der Mitte hatte sich eine riesige Blume hinters Ohr gesteckt. Sie sahen fantastisch aus, und zum ersten Mal an diesem Abend hörten die Leute auf zu tanzen und wandten sich der Bühne zu.
»Wir haben Glück, dass wir sitzen können«, meinte Grant. Dann gingen die Lichter aus, und die Sängerinnen standen im Scheinwerferlicht.
Sie begannen mit The Boogie-Woogie Bugle Boy, und alle Zuhörer stampften mit den Füßen und klatschten im Takt der Musik. Mehrere schnelle Nummern folgten, und trotz ihrer Angst, im falschen Moment zu klatschen, die Laura sonst so oft plagte, vergaß sie ihre Hemmungen und bewegte die Arme wie alle anderen.
Und dann wurde die Musik ganz langsam, und die Leadsängerin, die Frau mit der Blume hinter dem Ohr, fing an Smoke Gets in Your Eyes zu singen. Die genauso traurigen und romantischen Lieder, die folgten, versetzten Laura in eine ungewöhnlich nostalgische Stimmung. Sie fing an, über ihr eigenes Liebesleben nachzudenken, das schon so lange zurücklag. Eigentlich hatte es nur einen einzigen ernsthaften Kandidaten gegeben. Warum war es nie über ein paar Drinks und ein bisschen Knutschen hinausgegangen, das für ihn nicht lange genug gedauert hatte, aber alles gewesen war, was Laura hatte ertragen können? Entweder war sie zu jung gewesen, oder sie hatte diesen Jungen nicht wirklich geliebt. Sie konnte sich kaum an seinen Namen erinnern.
Und während ihre Gedanken wanderten, überlegte sie, dass eine Veränderung, wie die Tatsache, dass sie bald arbeitslos sein würde, immer auch andere subtile kleine Veränderungen nach sich zog. Dabei hatte sie ihren Job noch, sie stand nicht auf der Straße, aber weil sie wusste, dass sie ihn bald verlieren würde, hatte sie viel offener mit Eleanora gesprochen, als sie normalerweise mit anderen Menschen redete, und sie war gefragt worden, ob sie ein Literaturfestival organisieren wollte. Und als sie mit Grant hergekommen war, hatte sie nur die Band hören wollen. Stattdessen hatte sie getanzt und es wirklich genossen. Es gab vermutlich einen wissenschaftlichen Namen für all das, wie die Theorie, dass ein Schmetterling in Brasilien mit den Flügeln schlagen und damit irgendwo anders einen Hurrikan auslösen konnte. Vielleicht sollte sie ihr Schicksal akzeptieren und mit dem Strom schwimmen, wie Grant sagte. Wenn sie zu dem Festival-Meeting ging, bedeutete das schließlich noch nicht, dass sie die Aufgabe auch tatsächlich übernehmen musste.
»Geht es dir gut, Hühnchen?«, fragte Grant, als die Band wieder schnelle Nummern spielte und die Leute zurück auf die Tanzfläche strömten. Sie starrte immer noch nachdenklich auf die Bühne.
»Oh, ja, es geht mir gut.«
»Noch was zu trinken?«
»Würdest du mich für sehr bemitleidenswert halten, wenn ich jetzt lieber nach Hause gehen würde?«
Ausnahmsweise nahm Grant ihre Frage kommentarlos hin, aber als sie im Taxi saßen, meinte er: »Du bist plötzlich so still. Denkst du über das Literaturfestival nach?«
»Ja. Ja, das tue ich.«
»Und?«
»Ich glaube, ich werde zu dem Meeting gehen.«
»Sehr gut! Siehst du? Ein bisschen Lindy Hop, und du fühlst dich wie neugeboren!«
Laura trug das Kostüm, das sie für ihr Bewerbungsgespräch gekauft hatte und das jetzt ein bisschen eng auf den Hüften saß. Es war der Tag des Meetings. Der gesamte Buchladen drückte ihr die Daumen, wahrscheinlich weil sie alle fürchteten, dass sie kneifen könnte. Henry hatte ihr den Nachmittag freigegeben und ihr befohlen, die Zeit klug zu nutzen, und Grant hatte ihr angeboten, mit seinem Auto zu fahren. Jetzt begleitete er sie hinter den Laden, um ihr zu helfen, es zu holen.
»Ich bin seit Jahren nicht mehr gefahren, Grant«, meinte Laura, plötzlich nervös deswegen. »Das letzte Mal den Wagen meiner Eltern, als mein Dad mich bat, uns vom Restaurant nach Hause zu bringen.«
»Und du hast nichts umgefahren?«
»Nein, aber in der Gegend kenne ich mich ja auch aus! Ich hätte mit verbundenen Augen mit dem Rad über diese Straßen fahren können.«
»Alle Straßen sehen irgendwie gleich aus. Und du hast doch schon geübt.«
Laura nickte. »Ich weiß.«
»Ich habe mich nur gefragt, ob blinde Panik deine Erinnerung ans Autofahren vielleicht ausgelöscht hat.«
Sie schüttelte den Kopf und versuchte, die namenlose Angst zu verdrängen, die mit alarmierender Macht in ihr aufstieg. »Es ist nur natürlich, dass ich nervös bin. Das ist eine große Sache! Ich gehe nicht so oft zu Meetings, und bevor du irgendetwas sagst: Für mich zählen unsere Zusammenkünfte im Personalraum nicht dazu. Das ist etwas ganz anderes.«
Grant tat sein Bestes, um sie zu beruhigen, aber da sie sich schon die ganze Woche deswegen sorgte, war er es vermutlich ein bisschen leid. »Hol einfach ein paarmal tief Luft. Du schaffst das.«
»Aber mal angenommen, diese Fenella ist genauso wie ihre Tante? Vielleicht liegt die beängstigende Art ja in der Familie!«
»Laura, Liebes, bist du so wie deine Eltern? Nein. Keine weiteren Fragen.«
»So funktioniert das aber nicht immer mit der Genetik.«
»Also wird Fenella eine unglaublich bezaubernde Frau sein. Sie klang nett am Telefon, oder nicht?«
»Ja, aber …«
»Kein ›aber‹. Jetzt steig ein und fahr, Mädchen!«, sagte er. »Der Wagen ist gut versichert. Und du hast den vollen Versicherungsschutz, wenn ich dir die Erlaubnis gegeben habe …«
»Es ginge mir besser, wenn ich einen Brief hätte, in dem du mir deine Erlaubnis bestätigst oder so etwas.«
»Oh, zur Hölle noch mal! Du bist viel zu obrigkeitshörig! Geh zu deinem Meeting und erzähl uns alles darüber, wenn du wieder zurück bist. Denk dran, du musst nicht zusagen, wenn du nicht willst, doch ich werde in diesem Fall wissen wollen, warum! So, und hier ist deine Wegbeschreibung.« Er reichte ihr ein paar Blätter. »Diese hier habe ich aus dem Computer, und diese ist von mir. Und das ist die Karte, die Fenella gefaxt hat.« Er hielt inne. »Du hast einen Schlafsack, einen Eispickel und eine Kiste mit Notrationen, für den Fall, dass du irgendwo liegen bleibst und übernachten musst?«
Sorge verlangsamte Lauras Reaktion derart, dass sie eine Nanosekunde brauchte, um zu begreifen, dass er sie aufzog. Sie stieß ihn gegen den Arm und stieg ein. Dann schob sie sich die Locken hinters Ohr und drehte den Zündschlüssel um. Grant klopfte aufs Dach, und sie fuhr los.
Sie stellte fest, dass sie es mochte, in seinem kleinen Fiat Punto zu fahren. Er war leicht und spritzig, und bald vergaß sie ihre Bedenken, ob sie mit dem Wagen zurechtkommen würde. Jetzt musste sie sich nur noch Sorgen machen, ob sie den Weg finden würde. Fenellas Karte sah ziemlich einfach aus, aber je näher sie ihrem Ziel kam, desto nervöser wurde Laura wieder und verwechselte Rechts und Links. Doch schließlich, nach einem kurzen außerplanmäßigen Umweg durch das Dorf, lag es vor ihr, auf einem Hügel, wie in den Beschreibungen erwähnt.
Somerby war ein wirklich wunderschönes Haus. Umgeben von Wiesen, auf denen malerisch ein paar Pferde grasten, deren Winterfell sie gut gegen die Winterkälte schützte, wirkte es wie ein friedliches, gutmütiges Wesen, das gemütlich über der Landschaft thronte.
Obwohl es noch früher Nachmittag war, dachte der Januartag bereits darüber nach, zu Ende zu gehen. Die kahlen Bäume zeichneten sich klar gegen den blassen Himmel ab, und die entfernt scheinende Sonne tauchte die Szene in ein sanftes Licht, wie bei einem Ölgemälde.
Laura, die stehen geblieben war, um sich noch einmal zu vergewissern, ob sie hier auch richtig war, genoss für einen Moment das Bild. Einige Tage im Januar, fand sie, bewegten sich zwischen der Melancholie des Winters und dem Optimismus des Frühlings. Das entsprach ihrem eigenen Gefühl: Sie war traurig darüber, ihren geliebten Job zu verlieren, aber in ihr regte sich auch die Hoffnung, etwas zu finden, das vielleicht ziemlich aufregend werden würde. Sie musste nur tapfer genug sein, es zu wagen, und während sie den Anblick des Anwesens genoss, fragte sie sich, ob sie den Mut dafür wirklich aufbringen würde.
Als sie schließlich die Auffahrt hinauffuhr, bemerkte sie mehrere Autos, die vor der georgianischen Fassade geparkt waren, und blickte auf die Uhr, besorgt, sich verspätet zu haben. Tatsächlich war sie genau pünktlich, ihre Uhr bestätigte das, aber sie kam gern pünktlich – zu früh, wie Grant es nannte. Nun bog sie mit dem Wagen in die Einfahrt.