Burn–out, ade - Maja Storch - E-Book

Burn–out, ade E-Book

Maja Storch

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Beschreibung

Ist Ihr Akku leer? Hohe Arbeitsbelastung? Liegen Ihre Nerven blank? Zeigen sich erste körperliche Beschwerden? Dann geht es Ihnen wie den fünf Protagonisten in diesem Buch: Sie befinden sich am Rande eines Burn-outs - oder sind schon mittendrin. Dass es sich dabei nicht um eine Einbahnstraße handelt, zeigen Johannes Storch, Dieter Olbrich und Maja Storch in diesem fundierten und doch vergnüglichen Ratgeber. Anhand der fünf beispielhaften Personen zeigen sie mögliche Verläufe einer Burn-out-Erkrankung und neue Wege aus der Erschöpfungsfalle. Die Erfahrung zeigt: Es gibt nicht die eine Methode und nicht den einen Weg, die beziehungsweise der für alle Betroffenen gut ist. Jede und jeder Betroffene muss sich selbst realistisch einschätzen und seinen eigenen Ausweg finden. Das hier vorgestellte Präventionsprogramm "Gesundheitsförderung und Selbstregulation durch individuelle Zielanalyse" (GUSI®) kann dabei hilfreich sein. Es handelt sich um ein Präventionsprogramm, das auf dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®) aufbaut und dieses mit anderen bewährten Verfahren zu einer Stressbewältigungsstrategie kombiniert. Wenn Sie mit Erschöpfung und Burn-out zu kämpfen haben, finden Sie in diesem Buch verschiedene wissenschaftlich fundierte Ansätze. Möglicherweise erhalten Sie allein durch die Lektüre dieses Buches genug Ideen, um Ihren Alltag in Eigenregie so zu verändern, dass Sie mit Ihren Energiereserven optimal umgehen können!

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Seitenzahl: 190

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Burn-out, ade

Burn-out, ade

Johannes Storch, Dieter Olbrich, Maja Storch

Johannes Storch

Dieter Olbrich

Maja Storch

Burn-out, ade

Wie ein Strudelwurm den Weg aus der Stressfalle zeigt

Johannes Storch

Institut für Selbstmanagement und Motivation Zürich ISMZ

Scheuchzerstrasse 21

8006 Zürich

Schweiz

[email protected]

Dr. med. Dieter Olbrich

Ärztlicher Direktor

Rehabilitationszentrum Bad Salzuflen

der Deutschen Rentenversicherung Bund

Klinik Lipperland/Klinik am Lietholz

Am Ostpark 1

32105 Bad Salzuflen

Deutschland

[email protected]

Dr. Maja Storch

Institut für Selbstmanagement und Motivation Zürich ISMZ

Scheuchzerstrasse 21

8006 Zürich

Schweiz

[email protected]

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

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im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung

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und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Psychologie

Länggass-Strasse 76

3000 Bern 9

Schweiz

Tel: +41 31 300 45 00

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.hogrefe.ch

Lektorat: Dr. Susanne Lauri

Bearbeitung: Dr. Maria Schorpp, Konstanz

Herstellung: René Tschirren

Umschlagabbildung: Claude Borer, Riehen

Gesamtgestaltung und Illustrationen: Claude Borer, Riehen

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr s.r.o., Český Těšín

Printed in Czech Republic

1. Auflage 2018

© 2018 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-95803-3)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-75803-9)

ISBN 978-3-456-85803-6

http://doi.org/10.1024/85803-000

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audiodateien.

Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhalt

Einleitung

1 Die Vorgeschichte von Wolf

2 Das ZRM®-Training

2.1 Zwei Bewertungssysteme

2.2 Der Strudelwurm und Selbstmanagement

2.3 Den Strudelwurm ins Boot holen

3 Fallgeschichten – Die Vorstellungsrunde

4 Der Ideenkorb

5 Den Wurm motivieren mit Motto-Zielen

5.1 Ein Motto-Ziel bauen

5.2 Erinnerungshilfen

5.3 Selbstcoaching mit dem Situationstypen-ABC

5.4 Wenn-Dann-Pläne

6 Wie es weiterging

7 Selbstberuhigung mit der Mañana-Kompetenz

7.1 Den „guten“ Vagus aktivieren und den Akku laden

7.2 Was ist zu tun?

8 Das Präventionsprogramm „Gesundheitsförderung und Selbstregulation durch individuelle Zielanalyse“ – GUSI®

8.1 Vorbereitung – Diagnostik

8.2 Die Initialphase – das Fundament wird gelegt

8.3 Die Trainingsphase und der Refresher-Samstag

Der erste Abend

8.4 Fakten zu GUSI® – Schlussbemerkungen

9 Burn-out – was ist das?

9.1 Einführung

9.2 Geschichte des Begriffs „Burn-out“

9.3 Lässt sich Burn-out messen?

9.4 Wie entsteht und entwickelt sich Burn-out?

Literaturverzeichnis

Die Autoren

Einleitung

Anhaltende Erschöpfung als Kernsymptom von Burn-out reicht lange in die Menschheitsgeschichte zurück. Beschreibungen dessen, was mit dem Burn-out-Begriff verbunden ist, finden sich bereits im Alten Testament. Sie stehen in der Geschichte über den Propheten Elias: Nach vielen Wundern und Siegen im Namen des Herrn stürzt er beim ersten Anzeichen einer Niederlage in tiefe Verzweiflung, wünscht sich den Tod herbei und fällt in einen tiefen Schlaf (1. Könige 17–22). Diese Art Krise ist bei Pfarrern als „Elias-Müdigkeit“ beschrieben. Auch Moses überschätzt seine Kräfte und ermüdet. Sein Schwiegervater Jetro ermahnt ihn: Es ist nicht gut, wie du das tust. Du machst dich zu müde, dazu auch das Volk, das mit dir ist. Das Geschäft ist dir zu schwer, du kannst es allein nicht ausrichten (2. Moses 18, 17–18). In der Neuzeit beschreibt Thomas Mann in der Familiensaga der Buddenbrooks mit der Figur des Thomas Buddenbrook eindrücklich, wie sich Burn-out entwickeln und äußern kann: Der Erzähler beschreibt Thomas als „… allzu ehrgeizig und angestrengt; schon jetzt, mit kaum 37, lasse seine Spannkraft nach“. Diese Entwicklung mündet in zunehmendem Desinteresse, in Erschöpfung, Nachlassen der Leistungsfähigkeit bis hin zu fehlender Identifikation mit dem, was bisher mit dem Bewusstsein von Sinnhaftigkeit im Mittelpunkt seines Tuns und Erlebens gestanden hatte (Burisch, 2014).

Das Problem ist also nicht neu. Neu ist aber, dass in unserer Gesellschaft seit Jahren steigende Zahlen für diese Form der Erschöpfung zu verzeichnen sind. Offenbar greifen die bisher vorhandenen Interventionen nicht für alle Betroffenen gleichermaßen gut. Wir wollen mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten, neue Wege aus der Burn-out-Falle aufzuzeigen. Alle Menschen, die bei sich selbst bereits erste Anzeichen des „Ausbrennens“ feststellen, wollen wir dazu ermutigen, sich rechtzeitig mit einer Fachperson in Verbindung zu setzen. Unsere Erfahrungen haben gezeigt: Es gibt nicht die eine Methode und nicht den einen Weg, die beziehungsweise der für alle Betroffenen gut ist. Jede und jeder muss sich selbst realistisch einschätzen und ihren oder seinen eigenen Weg aus der Burn-out-Falle finden. Sie finden dazu in diesem Buch verschiedene wissenschaftlich fundierte Ansätze. Möglicherweise bekommen Sie allein durch die Lektüre dieses Buches schon genug Ideen, um Ihren Alltag in Eigenregie so zu verändern, dass Sie mit Ihren Energiereserven optimal umgehen können.

Herzlichen Dank an die Mitglieder der GUSI®-Gruppe und ihre Trainerinnen, die uns an der Gruppe teilhaben ließen. Unser besonderer Dank gilt den Protagonisten, die ihre persönliche Geschichte so offen dargestellt haben und bereit waren, sie anderen, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, zugänglich zu machen.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und viele wertvolle Erkenntnisse für ein gesundes Leben!

Januar 2018

Johannes Storch, Dieter Olbrich, Maja Storch

1 Die Vorgeschichte von Wolf

Wolf, 53 Jahre, ruft in der Klinik wegen einer Prävention an. Ein guter Kollege habe ihm empfohlen, dass er endlich etwas für sich tun solle, sagt er am Telefon, und das GUSI®-Präventionsprogramm sei genau das Richtige für ihn. Er hat sich, wie er sagt, über Prävention schon erkundigt und Unterlagen durchgeschaut. Und ja, er müsse etwas für sich tun. Er hat Stress, hat schon lange Jahre Rheuma, und in diesem Jahr ist er mehrere Wochen wegen einer Lungenentzündung ausgefallen. Das sei ganz untypisch für ihn. Am Telefon wirkt Wolf sachlich und plaudert über seine offensichtlich gravierenden Beschwerden. Schnell ist ein Termin zur Voruntersuchung gefunden. Abschließend sagt er, dass er noch nie in seinem Leben in einer Reha gewesen sei, an so etwas überhaupt nicht gedacht habe und für ihn eigentlich nicht in Frage komme.

Zum verabredeten Termin kommt Wolf pünktlich, aber etwas abgehetzt. Er ist korrekt gekleidet, denn er kommt direkt von seiner Dienststelle, einer großen Bank. Er ist im Gespräch außerordentlich höflich, bleibt allerdings bei der Schilderung seiner doch erheblichen Beschwerden und Belastungen betont sachlich. Was er erzählt und was er ausstrahlt, will nicht so recht zusammenpassen. Zuerst erzählt Wolf von seinen hohen beruflichen Belastungen. Wolf ist leitender Angestellter einer Bank. Zu seinem Arbeitsbereich gehört unter anderem die Überwachung der Einhaltung von Gesetzen. In dieser Funktion hat er die Aufgabe, die Geschäfts- und Kundenbeziehungen seines Bankhauses zu kontrollieren und interne Richtlinien für Sicherungssysteme zu entwickeln und zu installieren. Regelmäßig wird seine Arbeit von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kontrolliert, Fehler sind da nicht drin. „Eigentlich hatte ich einen ganz anderen Berufswunsch“, erzählt Wolf, „ich wollte ursprünglich Sozialarbeit studieren. Allerdings war mir finanzielle Sicherheit schon immer wichtig, und deshalb habe ich bei der Bank angefangen. Mein Plan war, zuerst einige Rücklagen zu schaffen und danach das Abitur zu machen, um mit dem Studium zu beginnen. Aber ich habe gemerkt, dass mir die Arbeit auf der Bank Spaß macht, da kommt man ja auch mit vielen Menschen zusammen. Deshalb bin ich geblieben und habe über die Jahre in unterschiedlichsten Bereichen gearbeitet.“

In den letzten Jahren hat er eine sehr spezielle Aufgabe übernommen, er ist Innenrevisor. Das bedeutet, dass er auch für die interne Überwachung zuständig ist und auch seine Kollegen kontrollieren muss. Er macht seine Arbeit gern, aber der Stress hat immens zugenommen. In den letzten zwei Jahren musste er acht externe Prüfungen bestehen. „Da werde dann ich kontrolliert, ob ich auch meine Kollegen und unsere Kunden gut kontrolliere“, schmunzelt Wolf. „Das war wirklich eine überdurchschnittliche Stressbelastung für mich. Meine durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 45 bis 50 Stunden, in Spitzenzeiten können es aber schon mal 70 Wochenstunden werden.“ Wolf weiß, dass er bereits an seinem Limit angekommen ist, und wenn dann noch Konflikte am Arbeitsplatz dazukommen, fällt es ihm ganz schwer, nicht aus der Haut zu fahren.

„Ich könnte platzen vor Wut über meine Vorgesetzten und Kollegen“, schnaubt Wolf. „Die ignorieren mich mal wieder völlig. Tun so, als gäbe es mich nicht, veröffentlichen Dinge, die eindeutig in meinen Zuständigkeitsbereich fallen und die ich vollumfänglich vorbereitet habe, ohne mich im Vorhinein über den Inhalt der Veröffentlichung zu informieren. So etwas ärgert mich sowieso schon, wenn Kollegen mich einfach übergehen und es nicht für nötig halten, mich miteinzubeziehen. Aber in diesem Fall kommt erschwerend hinzu, dass die nicht alles so übernommen haben, wie ich es ausgearbeitet habe, sondern einfach einige entscheidende Punkte weggelassen haben. Einfach weggelassen, so als ob ich das alles nur zum Spaß zusammengetragen hätte. Aber wenn es zu einem Vorfall kommt und zu einer nachträglichen Prüfung des Sachverhalts, dann bin ich der Dumme. Denn ich habe es ja schließlich ausgearbeitet.“ Wolf ärgert sich aber nicht nur über diesen Vorfall, sondern auch darüber, dass er sich darüber ärgert.

Beim Erzählen wird deutlich, wie sehr Wolf in seiner Arbeit aufgeht; seinen privaten Bereich streift er fast nur. Ja er ist verheiratet, der einzige Sohn ist aus dem Haus und studiert. Er bedauert, dass er kaum noch Sport machen kann, weil er letztes Jahr einen Bänderriss erlitten hat. Ab und zu Motorrad fahren, das ist das einzige, was er im Moment noch für sich tut. Allmählich wird Wolf im Gespräch warm, und er berichtet von seinen körperlichen Beschwerden, die in den letzten Jahren zugenommen haben: dem Bluthochdruck, einer Fettstoffwechselstörung, anhaltenden Rückenschmerzen, wiederholten Infekten. Und dann vor einem Jahren eben der Bänderriss im rechten Fuß. „Zuerst habe ich den gar nicht richtig beachtet“, sagt Wolf, „aber das war ein großer Fehler, denn die Folgen sind immer schlimmer geworden. Jetzt mache ich damit schon fast ein Jahr rum. Und damit nicht genug ist in diesem Jahr auch noch eine so starke Lungenentzündung aufgetreten, dass ich stationär behandelt werden musste.“

„Zu meiner hohen Arbeitsbelastung“, fährt er fort, „kommt noch, dass ich in unserer Bank auch im Betriebsrat bin. Als Schwerbehindertenbeauftragter bin ich Mitglied der BEM-Gruppe, die für das berufliche Eingliederungsmanagement nach längerer Krankheit zuständig ist. Mir liegen Menschen in Not einfach am Herzen, ich fühle mich verantwortlich für das Wohlergehen meiner Kollegen. Mein Wohlergehen kommt da allerdings zu kurz.“ Er könne nicht nein sagen, wenn jemand mit einem Problem oder einer Aufgabe an ihn herantritt. Die Sorgen und Nöte der anderen nimmt er dann mit nach Hause, wie er erzählt, und kann seit Monaten nicht mehr richtig abschalten. „Das hat natürlich auch Auswirkungen auf unser Familienleben“, sagt Wolf. „Meine Nerven liegen mittlerweile blank, und es reicht eine winzige Kleinigkeit, ein Missverständnis aus, nur ein Hauch des Gefühls, mit meiner Meinung oder meinen Bedürfnissen nicht ernst genommen zu werden, und ich explodiere. Dann werde ich laut und ungerecht, was mir kurz danach natürlich fürchterlich leidtut. Im Geschäft kann ich mich noch ganz gut beherrschen – meistens jedenfalls. Der eine oder andere Kollege musste sich da auch schon mal Klartext von mir anhören, aber da geht es ja dann immer um etwas Fachliches, da sind die Argumente auf meiner Seite. Dass mein Ton nicht immer angebracht ist, wurmt mich auch schon mal. Aber dass meine Frau meinen Frust abkriegt, das ärgert mich und erschreckt mich. Alleine deshalb muss ich dringend etwas ändern.“

Seine Schwierigkeit sei, seufzt Wolf, dass er vom Kopf her alles wisse, es aber so schwer sei, es auch in die Tat umzusetzen. Deshalb ist er froh, als die Sprache auf einen möglichen Lösungsansatz kommt: das GUSI®-Präventionsprogramm mit seinen Entspannungsübungen, Bewegungsteilen und natürlich mit dem ressourcenorientierten Selbstmanagementtraining. Hier kann er lernen, seine Gefühle und Bedürfnisse besser wahrzunehmen und auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu behalten. Wolf ist begeistert von dieser Aussicht und will „sein GUSI®“ so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen.

Wer bereits an dieser Stelle wissen möchte, was sich hinter GUSI® genau verbirgt, sei auf das Kapitel 8 „Das Präventionsprogramm ‚Gesundheitsförderung und Selbstregulation durch individuelle Zielanalyse‘ – GUSI®“ verwiesen. Hier nur so viel: GUSI® ist ein Präventionsprogramm, das auf dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®), das gleich im Anschluss ausführlich erklärt wird, aufbaut und es gar nicht erst soweit kommen lässt, dass Menschen in den Burn-out schlittern. Das ZRM®-Training wird im GUSI®-Programm mit anderen bewährten Verfahren zu einer Stressbewältigungsstrategie kombiniert. Hier geht es erst einmal mit dem ZRM®-Training weiter. Fühlen Sie sich im Übrigen frei, in unserem Buch je nach Wissensbedürfnis hin und her zu springen.

2 Das ZRM®-Training

Und jetzt sitze ich hier, umringt von anderen Menschen, die in ihrem Leben nicht mehr ohne fremde Hilfe weiterkommen, denkt sich Wolf, nachdem er in dem Seminarraum einen Platz gefunden hat. Der Stuhl in der Ecke ist optimal, da kann ich alle beobachten und mich aber auch zurücknehmen, wenn mir das hier alles nicht so zusagt. Bin ich hier wirklich richtig? Brauche ich das alles? Kann ich das nicht besser für mich alleine regeln, so wie ich das in den letzten Jahren gemacht habe? Vielleicht reichen ja drei Wochen Urlaub, und ich laufe wieder rund. Wenn ich hier so in die Runde schaue, sehe ich einige, denen scheint es wirklich dreckig zu gehen. Fahle, müde Gesichter, hängende Schultern und niedergeschlagener Blick. So fühle ich mich ja ganz und gar nicht, im Vergleich zu denen geht’s mir doch richtig gut. Noch könnte ich gehen – nein kann ich nicht, dieses Seminar ist vom Arzt verordnet. Also sitzen bleiben, Klappe halten und abwarten, was da auf dich zukommt, Wolf. Diese drei Tage gehen schon irgendwie vorbei.

Solche Gedanken schossen Wolf durch den Kopf, als er zum GUSI®-Seminar kam. Und wahrscheinlich hatten die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz ähnliche Gedanken. Die Sorge, wie weit man sich hier öffnen muss und öffnen kann, wem man vertrauen darf, was die anderen von einem denken, wenn man seine Lebensgeschichte erzählt, die nur ganz wenige Menschen kennen, treibt zu Beginn alle um. Deshalb war Wolf froh, als nach einer kurzen Begrüßung der Seminarleitung die Regeln für das Seminar bekannt gegeben wurden.

Hier herrscht absolute Schweigepflicht, nichts von dem, was hier besprochen wird, dringt nach außen.Die TeilnehmerInnen bestimmen selbst, wie viel sie von sich preisgeben wollen.

In einem ersten Arbeitsschritt stellen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kurz vor. Nach Bewegung und Entspannung gibt es eine Einführung in das Zürcher Ressourcen Modell.

„Das Zürcher Ressourcen Modell wurde entwickelt, um Menschen bei ihrem Selbstmanagement zu unterstützen. Wer ein gutes und nachhaltiges Selbstmanagement betreiben will, muss dabei sowohl mit dem Verstand als auch mit dem Unbewussten arbeiten. Wir wollen euch die komplexen Vorgänge, die im Gehirn ablaufen, auf eine einfache und anschauliche Art erklären, und zwar mit Hilfe des ‚Strudelwurms’. Mit dem ‚Würmli’ lassen sich komplizierte Vorgänge im menschlichen Gehirn auf leicht verständliche Art darstellen. Und so kann man sie sich auch gut merken.

Jeder Mensch verfügt in seinem Gehirn über zwei unterschiedliche Bewertungs- und Entscheidungssysteme: den Verstand und das Unbewusste. Den Verstand kennen die meisten Menschen, den brauchen wir, um über Dinge nachzudenken, um Auto fahren zu lernen, um unsere Steuererklärung zu machen und um ein Buch zu schreiben. Mit dem Verstand arbeiten wir bewusst und können deshalb jederzeit Auskunft darüber geben, was gerade in unserm Verstand abläuft. Den Verstand haben außer dem Menschen nur noch einige Primaten, er ist ein in der Entwicklungsgeschichte, der Evolution, verhältnismäßig neues System. Das ‚Wurmsystem’ arbeitet hingegen unbewusst und ist aus der Sicht der Evolution ein sehr altes System. Wir Menschen haben es mit allen Tieren gemeinsam, sogar mit so einfachen Organismen wie einem Strudelwurm.

Diese beiden Bewertungssysteme können dem Menschen aber auch Schwierigkeiten bereiten, wenn sie nicht an einem Strang ziehen, denn sie arbeiten ziemlich verschieden. In der folgenden Aufstellung sind einige der wichtigsten Unterschiede dargestellt.“

Okeeee, mit Würmern haben wir es hier also zu tun, dachte sich Wolf. Ich habe ja schon wirklich viel mitgemacht in meinem Leben, Urschreitherapie, Expand the Box-Training, Hot-Yoga, aber Würmer sind mir neu. Ruhig bleiben Wolf, du wurdest von einem Facharzt geschickt, der wird schon wissen, was hier so abgeht.

2.1 Zwei Bewertungssysteme

„Zum einen haben Verstand und Würmli ein unterschiedliches Arbeitstempo. Der Wurm ist außerordentlich schnell, seine Bewertung erfolgt 200 bis 300 Millisekunden, nachdem ein Reiz wahrgenommen wurde. Der Verstand hingegen braucht wesentlich länger, bis er eine Sachlage erfasst und beurteilt hat. Er ist das langsamere System von beiden. Er hat dafür aber einen großen Vorteil: Hat man eine Sache mit dem Verstand durchdacht, kann man das, worüber man nachgedacht hat, in klare Worte fassen. „Ich möchte ein neues Auto kaufen, das der Euro 6-Norm entspricht, da schon die ersten deutschen Städte über ein Fahrverbot wegen der Feinstaubbelastung nachdenken.“ So hört sich eine Person an, die über den Autokauf gründlich nachgedacht hat und klar benennbare Gründe für ihre Entscheidung aufführen kann.

Das Würmli arbeitet dagegen völlig anders. Es kommt ohne Worte aus. Wenn sich der Strudelwurm meldet, haben wir keine klaren Argumente zur Verfügung, sondern nur diffuse Körperempfindung oder Gefühle. Und solch ein Körpergefühl kann sich, wenn etwas Negatives vorgefallen ist, in einem „grmpfl“ äußern. Ganz ähnlich, wie wir das aus Comics kennen, wenn bei Donald – mit gekräuselter Stirn und wellenförmigen Mund – in der Sprechblase „grmpfl“ zu lesen ist. Um dieses Gefühl in Worte zu übersetzen, braucht es Zeit.

Sehr oft haben Menschen mit einem „grmpfl“-Gefühl das Problem, nicht zu wissen, was sie sagen sollen. „Können Sie heute das Protokoll der Sitzung führen?“ Das Würmli meldet sich sofort, innerhalb von 200 Millisekunden. Es hat keine Lust auf Protokollführung, zumal damit auch das Abschreiben und Verschicken einhergeht, und sendet ein deutliches „grmpfl“. Was soll ich jetzt antworten? Vor mir sitzt der Chef und wartet auf eine Antwort. Soll ich „grmpfl“ sagen? Geht doch nicht. Also sage ich nichts, zucke mit den Schultern und übernehme den Job. Gerade weil die Wurmsignale keine „richtige“ Sprache haben, wird der Wurm oft übergangen. Dabei drückt das Würmli ganz genau das aus, wonach uns ist und wonach eben auch nicht, aber nicht mit Worten.

„Kennt ihr so ein ‚grmpfl’-Gefühl?“, fragt der Seminarleiter.

„Sehr gut sogar“, wirft ein Teilnehmer ein. „Das habe ich zwischen zehn und zwanzig Mal am Tag, aber das nützt ja nichts, machen muss ich den Job ja trotzdem.“

Der Mann hat recht, „grmpfl“-Situationen gibt’s auch bei mir massenweise, denkt sich Wolf, aber so ist halt das Leben. Wenn ich jetzt noch wüsste, wie er heißt, könnte ich ihn in der Pause direkt ansprechen, aber nein, die Vorstellungsrunde kommt ja erst später ... „grmpfl“.

Und weiter geht es: „Der Wurm schickt natürlich nicht nur negative Signale, er zeigt auch deutlich, wenn ihm etwas gefällt. Das macht sich dann zum Beispiel als ein warmes Gefühl im Bauch bemerkbar. Oder als eine Erleichterung in der Brust. Oder als Ganzkörpergefühl. Wir nennen das ein ‚bingo’-Gefühl, mit dem ich spüren kann, wenn ich etwas spontan gut finde.“

Grundsätzlich gilt als Faustregel: Menschen, die ihr Leben in Einklang mit den Wurmsignalen gestalten können, erleben eine größere Zufriedenheit mit ihrem Alltag als Menschen, denen dies nicht möglich ist. Zufriedenheit ist das Ergebnis eines glücklichen Wurms. Das führt bei uns Menschen zum Erleben von positiven Emotionen. Wer den Wurm zu lange vernachlässigt oder unterdrückt, der hat irgendwann das Gefühl, fremdbestimmt zu leben und das eigentliche Leben zu verpassen. Die hohe gesundheitsförderliche Bedeutung positiver Emotionen zeigen viele psychologische Studien.

„Wer kennt solche ‚bingo’-Situationen?“, lautet nun die Frage.

„Bei meiner Tochter erlebe ich solche ‚bingos’ oft, die ist ein fröhlicher Mensch und freut sich über jede Kleinigkeit. Aber in meinem derzeitigen Leben kommt so was kaum mehr vor“, meldet sich die Frau, die neben Wolf sitzt. „Und das finde ich schlimm, dass ich keine Freude mehr an meinem Leben habe. Selbst über Dinge, die mir früher viel Spaß gemacht haben, kann ich mich nicht mehr richtig freuen.“

„Ja, das ist wohl auch mit ein Grund, warum wir heute hier sind“, wendet sich der Seminarleiter an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Aber ich verspreche euch, das Würmli wird euch dabei helfen, in Zukunft wieder die schönen Seiten des Lebens zu entdecken. Es gibt noch einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen Würmli und Verstand. Der Unterschied besteht in den verschiedenen Bewertungsarten, deren sich die beiden bedienen. Der Verstand ist in der Lage, logisch zu denken. Damit kann er die Folgen von Handlungen in der Zukunft abschätzen – was passieren wird, wenn ich dieses jetzt tue oder nicht tue. Das Würmli kann das nicht. Es lebt im Hier und Jetzt, die Zukunft ist in weiter Ferne, und was zählt, ist der Augenblick und das Wohlgefühl, das mit diesem Augenblick verbunden ist. Es können ganz banale Situationen sein, die das Würmli-Erleben deutlich zeigen: Ich bin gerade vor dem Fernseher eingeschlafen, mein Schatz hat mich geweckt, und ich könnte jetzt im Halbschlaf gemütlich zum Bett wanken. Da meldet sich der Verstand: ‚Zähne putzen! Schließlich willst Du auch mit 80 Jahren noch kräftig in den Apfel beißen können!’ Etwas, das so weit weg liegt, ist dem Würmli egal. ‚Och nö, heut’ nicht’, meldet es sich und will viel lieber sofort ins warme Bett – ohne Umweg über das Badezimmer mit dem hellen Licht.“

Jeder Schüler, jede Studentin, alle, die für eine Prüfung lernen, kennen diesen Konflikt zwischen langfristiger, vernünftiger Verstandesbewertung und der kurzfristigen, am aktuellen Genuss orientierten Wurmbewertung. Lerne ich heute Abend noch, oder gehe ich zu der Party? Schreibe ich meine Hausarbeit an diesem schönen sonnigen Nachmittag, oder gehe ich zu meinen Kollegen ins Freibad? Jogge ich trotz Nieselregen, oder bleibe ich auf dem gemütlichen Sofa liegen? Wenn sich nun das Würmli meldet und es schafft, Sie zu seinem Vorschlag zu überreden, dann ist das kein Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie sind auch kein willensschwaches Bündel Fleisch, der Wurm hat einfach nur Oberhand gewonnen. Das hat mit dem Aufbau des menschlichen Gehirns zu tun und ist völlig normal. Mit dem ZRM® steht eine Methode zur Verfügung, mit der sich Verstand und Würmli-System in Einklang bringen lassen und so optimal zusammenarbeiten. Das ist ein wichtiger Schritt für ein selbstbestimmtes Leben. Bei vielen Menschen hat der Verstand die Führung übernommen, und das Würmli hat kaum noch Platz in ihrem Leben. Und das kann langfristig in den Burn-out führen.

2.2 Der Strudelwurm und Selbstmanagement

„Unter Selbstmanagement verstehen wir die Fähigkeit, mit den beiden Bewertungssystemen – dem Verstand und dem Strudelwurm – so umzugehen, dass man handelt wie beabsichtigt“, macht der Seminarleiter weiter. „Hier gibt es zwei verschiede Vorgehensweisen: mit Selbstregulation oder mit Selbstkontrolle. Die beiden Möglichkeiten habt ihr immer, egal ob ihr ein Gesundheitsvorhaben umsetzen und regelmäßig Sport machen wollt oder mutiger werden und künftig klar und deutlich eure Meinung vertreten wollt.

Möglichkeiten des Selbstmanagement:

SelbstregulationSelbstkontrolle

Schauen wir uns die beiden Möglichkeiten und deren Auswirkungen auf den Wurm nacheinander an.

Selbstregulation ist immer dann gegeben, wenn das Würmli etwas freiwillig tut und mit im Boot ist. Und was tut das Würmli freiwillig? Es geht aus freien Stücken auf etwas Angenehmes zu. Da vorne steht ein leckerer Schokoladenpudding?Das Würmli macht sich auf den Weg. Da lockt eine Hängematte unter Palmen? „Nix wie hin“, sagt der Strudelwurm. Ein gemütliches Sofa gefällt dem Wurm manchmal besser als Joggen im Wald, die neue Folge der Lieblingsserie im TV ist attraktiver als die Steuererklärung. Das Würmli sucht sich das Angenehme aus und schafft es auch oft, die Handlungsimpulse eines Menschen in die Richtung zu lenken, die aus Wurmsicht mehr Wohlbehagen verspricht.

Selbstregulation