Call on You – Katie & Leon - Helen Paris - E-Book
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Call on You – Katie & Leon E-Book

Helen Paris

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Beschreibung

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Ihre Freunde stellen Dauersingle Katie beim "Wahrheit oder Pflicht"-Spiel eine besonders heikle Aufgabe: Innerhalb der nächsten drei Monate muss sie ihre Enthaltsamkeit beenden. Doch eine kurze Affäre oder ein One-Night-Stand kommen für Katie nicht in Frage. Und für eine Beziehung fehlt der engagierten Ärztin einfach die Zeit. Als ihre Freundin Janet vorschlägt, es mit einem Callboy zu versuchen, ist Katie zuerst entsetzt - und dann neugierig. Schließlich überwindet Katie sich und vereinbart ein "Date". Die Nacht mit Leon wird sinnlich, sexy und unvergesslich - und verlangt nach einer Wiederholung. Doch Leon scheint nicht der zu sein, für den er sich ausgibt.

Heiße Küsse und leidenschaftliche Dates - der heiße Auftakt zur neuen sexy Callboy-Romance-Reihe von Helen Paris.

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Das sagen unsere Leserinnen und Leser zum Reihen-Auftakt von CALL ON YOU:

"Eine perfekte Mischung aus heißer Romance und ernsten Themen, die zum Nachdenken und fallen lassen anregen." (Jennspie, Lesejury)

"Dieses Buch hat mich absolut gefesselt. Eigentlich wollte ich an dem Tag nur die ersten Seiten lesen, doch dann konnte ich einfach nicht mehr aufhören. Am Ende des Tages war ich voller Emotionen (...)". (Buchtraumwelt, Lesejury)

"Es ist eine sehr prickelnde, emotionale Geschichte, die der Leser hier zu lesen bekommt. Es wird wirklich sehr heiß, was die Autorin hier auch richtig gut zum Leser transportieren kann." (Manjal 982, Lesejury)

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Seitenzahl: 273

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

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Impressum

Weitere Titel der Autorin

Lynnwood Falls – Sommer der Liebe

Lynnwood Falls – Und dann kamst du

Lynnwood Falls – Mein Weg zu dir

Über dieses Buch

Dauersingle Katie wird die Pistole auf die Brust gesetzt: Beim »Wahrheit oder Pflicht«-Spiel mit ihren Freunden bekommt sie ausgerechnet die Aufgabe, ihre Enthaltsamkeit innerhalb der nächsten drei Monate zu beenden. Doch Katie ist so gar nicht der Typ für eine kurze Affäre oder einen One-Night-Stand. Und für eine Beziehung fehlt der engagierten Ärztin einfach die Zeit. Der Vorschlag ihrer Freundin Janet, es mit einem Callboy zu versuchen, weckt zuerst Entsetzen – und dann Neugier. Katie überwindet sich und vereinbart ein »Date«. Die Nacht mit Leon wird unvergesslich und verlangt nach einer Wiederholung. Doch er scheint nicht der zu sein, für den er sich ausgibt.

Über die Autorin

Helen Paris liebt das Abtauchen in fremde Welten, ob virtuell in Geschichten oder auf ihren Reisen rund um den Globus. Seit knapp zwanzig Jahren lebt sie mit ihrem Mann zeitweise auf ihrem Segelkatamaran und ist auf allen Weltmeeren unterwegs. Eine halbjährige Reise quer durch Nordamerika mit Schiff und Wohnmobil hat ihre Liebe zu diesem vielseitigen Kontinent geweckt.

HELEN PARIS

1

Katie

Die Flasche eierte im Kreis, als hätte ihr Inhalt sie beschwipst gemacht, bevor sie vor ihrer Freundin Janet verlangsamte und schließlich direkt vor ihren eigenen verschränkten Füßen haltmachte.

Katie unterdrückte ein Seufzen.

Sie liebte die Feiern mit ihrer Clique bei den Carlyles – ihrer Freundin Erin und deren Ehemann Rob –, bei denen es immer lustig zuging. Auch dieses Spiel brachte viel Gelächter mit sich, aber es gab die eine oder den anderen in dieser bunt gemischten Runde, der den Bogen mit den Fragen oder Aufgaben manchmal überspannte.

Johns Grinsen wirkte verschlagen. »Wahrheit oder Pflicht?«

Katie nippte zögernd an ihrem Strawberry Punch und ließ die Blicke durch das geräumige, in Anthrazit und Weiß modern eingerichtete Wohnzimmer schweifen, das für Erins Geburtstagsparty mit bunten Girlanden und Lampions dekoriert war.

John fielen immer unangenehme Aufgaben ein – letztes Mal hatte Katie ihre Brüste vor der offenen Fensterfront, die zur Straße ausgerichtet war, entblößen sollen. Und ausgerechnet dann war ein Cabrio voller Studenten des nahegelegenen South California Colleges in Partystimmung in dem sonst eher ruhigen Wohnviertel vorbeigedüst, die natürlich dementsprechend gehupt hatten.

So sagte sie besser: »Wahrheit.«

Johns grinste noch breiter. »Wie lange hattest du keinen Sex mehr?«

Es war ja klar gewesen, dass »der schöne John«, wie sie ihn nannten, sich etwas Anzügliches aussuchte. Er sah mit den sorgfältig frisierten braunen Haaren und stahlblauen Augen aus wie ein Calvin-Klein-Unterwäsche-Model und hatte nur Sex im Sinn.

Acht neugierige Augenpaare ruhten auf ihr.

Obwohl ihr nichts peinlich sein musste, spürte Katie, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, als sie zurückrechnete. Sie musste ein Weilchen überlegen – ihr letztes Mal lag doch schon länger zurück, als es ihr immer vorgekommen war. Für einen Augenblick erwog sie zu lügen, doch ihr Ehrgefühl ließ es nicht zu, und mit ziemlicher Sicherheit wussten die anderen, dass sie schon länger allein und nicht der Typ für kurze Vergnügen war.

»Knapp zwanzig Monate«, murmelte sie und ließ die gut schulterlangen braunen Haare wie einen Vorhang vors Gesicht fallen. Lieber Himmel, wo war die Zeit geblieben?

»Fast zwei Jahre?« Shirleys Entsetzen und die schrill hervorgestoßenen Worte konnte man als taktlos bezeichnen. »O mein Gott, ich wäre gestorben!«

Janet kam Katie zu Hilfe: »Das glaube ich dir gleich. Du hüpfst ja von einem Bett zum nächsten.‟

Katie warf ihrer Freundin ein dankbares Lächeln zu, während Shirley den Kopf in den Nacken warf, sodass ihre blonde Mähne nur so flog, und kokett lachte, ohne auf die Spitze einzugehen. Sie klimperte mit den künstlich verlängerten Wimpern. Es sah aus, als wäre sie stolz darauf, so begehrt zu sein.

Bevor noch jemand auf ihrem nichtexistenten Liebesleben herumritt, ergriff Katie schnell die Flasche und drehte sie.

Sie kam vor Erin zum Halt.

»Wahrheit oder Pflicht?«

Erin lächelte ihr zu. »Ich nehme auch Wahrheit.«

Katie musterte ihre Freundin, deren Wangen – vielleicht von der Aufregung um ihre Partygäste oder auch von dem Strawberry Punch – gerötet waren, was die Sommersprossen hervorhob und sich farblich etwas mit den kinnlangen rotblonden Haaren biss, ohne der sympathischen Ausstrahlung zu schaden.

»Welcher geheime Geburtstagswunsch wurde dir nicht erfüllt?«, fragte Katie, ebenfalls lächelnd, mit einem Seitenblick zu Erins Ehemann.

Rob, der sich selbst als Vin-Diesel-Double bezeichnete, seit er seine schon früh schütter gewordenen blonden Haare komplett rasierte – was ihm ausnehmend gut stand –, war zwar großartig, er besaß viel Herz und Humor und war nahezu der perfekte Ehemann, doch mit der Wahl von Geschenken hatte er es nicht so. Auch nicht nach den sieben Jahren, in denen die beiden zusammen waren.

Meist erhielt Erin einen Gutschein eines Versandhandels, mit dem sie sich etwas Nettes kaufen sollte. Wie auch in diesem Jahr, zu ihrem zweiunddreißigsten Geburtstag. Vielleicht bekam er so eine Anregung, welchen Wunsch er seiner Frau erfüllen konnte.

Zu Katies Überraschung verdunkelten sich die Gesichtszüge ihrer Freundin, und sie ergriff mit einem lauten Seufzer Robs Hand. »Unser beider sehnlichster Wunsch hat sich immer noch nicht erfüllt.«

»Oh, Honey«, sagte Katie bestürzt. »Warst du denn noch mal bei einer Untersuchung?«

»Anscheinend ist alles okay. Mit uns beiden.« Erin schluckte hörbar und spielte mit einer rotblonden Strähne.

»Ihr probiert es doch erst ein dreiviertel Jahr. Du hast vorher fast sechzehn Jahre die Pille genommen, das kann so lange dauern, ohne dass etwas nicht in Ordnung sein muss. Versuch nur, dich nicht hineinzusteigern. Ihr werdet euer Baby bald bekommen.«

Erin sah Katie an und seufzte. »Dein Wort in Gottes Ohr, Frau Doktor Bennett.«

»Wenn du möchtest, kontaktiere ich einen Kollegen, den du für eine Alternativmeinung konsultieren kannst.« Sie selbst war als pädiatrische Onkologin keine Fachfrau, aber sie hatte einen Lehrgang zur Operation von Tumoren am Fötus belegt und dabei einige Gynäkologen kennengelernt.

»Danke dir, vielleicht komme ich darauf zurück.« Erin griff zur Flasche.

Als sie Colins Lebenspartner Herb in der folgenden Runde auf einem Bein durch den Raum hüpfen ließ – was trotz seines sehnigen Körpers nicht wirklich elegant wirkte –, wich die Trübsal schnell der Heiterkeit.

Je später der Abend, desto ausgelassener wurde die Stimmung.

So langsam schaffte es auch Katie, sich von ihrer Arbeit, die sie momentan geradezu auffraß, zu lösen, und ertappte sich selbst häufig beim Lachen. Die Albernheiten taten ihr gut.

Es gab noch die ein oder andere sexuelle Anspielung, auch auf ihr mangelndes Liebesleben, aber ebenso viele urkomische Aufgaben. Katie versuchte sich an einem Rad, was sie früher ganz gut beherrscht hatte. Doch sie musste anhand der schrägen Figur, die sie wohl dabei abgab, wenn sie den gutmütigen Spötteleien ihrer Freunde Glauben schenken durfte, selbst lachen.

Rob sollte kurz darauf schätzen, wer den größten Brustumfang hatte. Katie lehnte sich entspannt zurück. Sie war zwar nicht schlecht gebaut, aber Shirley hatte mit ihren künstlichen Brüsten wesentlich mehr zu bieten. Stolz reckte diese das Silikon in Körbchengröße Doppel-D nach vorn, über dem das pinkfarbene Top spannte. Doch unter ausgelassenem Gelächter stellte sich beim Messen heraus, dass der große, breitschultrige Colin vier Zentimeter mehr zu bieten hatte.

»Ha! Mein Schatz«, rief sein Freund Herb mit stolzgeschwellter Brust.

Die Reihe kam wieder an Shirley, die einen aufreizenden Poledance an der verchromten Stehlampe hinlegte. Sie nahm die Flasche in die Hand und drehte. Als der Flaschenhals vor Katie anhielt, trat ein Funkeln in Shirleys Augen, das man beinahe als gehässig bezeichnen konnte.

Ein Unwohlsein überkam Katie, und sie hätte am liebsten der Flasche noch einen Schubs gegeben, damit sie sich weiterdrehte.

»Wahrheit oder Pflicht?«

Sie zögerte. Shirley würde bei »Wahrheit« bestimmt wieder auf ihrem Liebesleben herumreiten. Was konnte sie ihr schon für eine unangenehme Aufgabe geben? Shirley würde bestimmt nicht erwarten, dass sie sich entblößte, das würde die Blicke der Jungs auf sie richten, und die Aufmerksamkeit behielt die aufgetakelte Shirley gern bei sich selbst. So entschied sich Katie für Pflicht.

Shirleys Wangen waren gerötet, ihre Stimme klang noch schriller als sonst. Sie hatte Erins Strawberry Punch sowie diversen anderen Spirituosen schon gut zugesprochen. »Dann verpflichtest du dich, vor Ablauf der zwei Jahre Enthaltsamkeit Sex zu haben.« Ihr Kichern klang wie das Kreischen einer Säge.

So viele Bemerkungen lagen Katie gleichzeitig auf der Zunge. Was Shirley eigentlich ihr Liebesleben anging? Dass sie nicht auf One-Night-Stands stand. Aber das hätte vermutlich prüde geklungen. Dass ihr Beruf sie so in Anspruch nahm, dass ihr keine Zeit blieb, Bekanntschaften zu schließen. Shirley hatte als Bürogehilfin mit geregelten Arbeitszeiten in dem Nine-to-five-Job vermutlich wesentlich mehr Freizeit.

Bevor sie einen Gedanken ausformuliert hatte, kamen die anderen ihr schon zu Hilfe.

»Du musst eine Pflicht benennen, die sofort erledigt werden kann«, sagte die stets vernünftige Janet. In ihren jadegrünen Augen funkelte Wut.

»Du kannst Katie doch nicht zum Sex zwingen«, echauffierte sich Erin, die Empörung stand in ihrer Miene.

»Du spinnst«, kommentierte Rob trocken.

Und von John kam natürlich: »Ich würde dir dafür zur Verfügung stehen.« Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.

»Danke, das ist lieb von dir, aber ich möchte unsere Freundschaft doch durch so etwas nicht kaputtmachen«, säuselte Katie.

Sie war sich immer noch nicht sicher, wie sie auf die Pflicht reagieren sollte.

»Wenn du natürlich denkst, dass du es nicht schaffst ...« Shirleys herausfordernder Blick traf sie.

»Was heißt hier ›nicht schaffen‹?« Katie konnte die Empörung nicht unterdrücken. Sie erhielt genügend Angebote, daran lag es nicht.

»Das heißt, du nimmst die Pflicht an?«, hakte Shirley mit hämischen Grinsen nach.

»Wie willst du es denn nachprüfen, ob ich die Aufgabe erfülle? Möchtest du danebenliegen? Soll ich ein Video posten?« Katie schürzte die Lippen.

»Wir vertrauen auf dein Wort.« Shirley reckte das Kinn.

»Du hast sie doch nicht mehr alle!« Janet schüttelte den Kopf.

Shirley schnaubte verächtlich. »Es ist doch widernatürlich, dass jemand im besten Alter Anfang dreißig so lange seine Bedürfnisse ignoriert. Ich meine es nur gut mit ihr, offenbar braucht sie mal einen Anstoß. Vielleicht solltest du dich ein bisschen herrichten, mehr schminken und herausputzen«, setzte sie unverschämterweise hinzu.

Mehr schminken? Damit sie aussah wie ein Paradiesvogel wie Shirley? Mit ihrem leuchtend blauen Lidschatten, dem pinkfarbenen Top und der knappen weißen Jeanshotpants, unter der sich jede Linie abzeichnete. Da fühlte sich Katie in ihren bequemen Stretch-Jeans und dem schlichten T-Shirt und nur mit Eyeliner und Wimperntusche wesentlich wohler.

»Wie nett, dass du dich so um mich sorgst.«

Der Sarkasmus prallte an Shirley ab – oder sie verstand ihn nicht. Sie lächelte geschmeichelt.

»Komm, jetzt stell ihr schon eine neue Aufgabe, und dann machen wir weiter«, drängte Colin sichtlich ungehalten.

»Dann mach halt einen Kopfstand!« Shirleys Tonfall hätte abfälliger nicht sein können.

Katie wusste selbst nicht, was sie ritt, als sie sich sagen hörte: »Nein, ich nehme die Herausforderung an.« Vermutlich sprach der Strawberry Punch aus ihr, von dem sie selbst einigen intus hatte. Am liebsten hätte sie sich auf die Zunge gebissen. Doch jetzt war es raus. Zu spät.

Ein Raunen ging durchs Zimmer.

»Jawohl, das ist meine Katie.« John suchte ihren Blick.

Und selbst Rob sagte: »Sie kehrt wieder ins Leben zurück«, was ihm einen empörten Stoß in die Rippen von seiner Frau einbrachte.

Janet drückte nur stumm ihre Hand.

»Du hast Zeit bis zu Robs Geburtstag im Juni, dann wollen wir einen Bericht«, forderte Shirley, und Katie ergriff lustlos die Flasche.

Zum Glück löste sich die Gesellschaft schon bald darauf auf.

Vielsagend klimperte Shirley beim Abschied mit den Wimpern. »Bis bald! Viel Erfolg.« Eine Wolke süßen Parfüms hüllte Katie ein, als Shirley sie umarmte.

Katie erwiderte die Umarmung nicht, ließ sie nur stumm über sich ergehen. Zu so viel Falschheit war sie nicht in der Lage.

John wiederholte sein ach so uneigennütziges Angebot, ihr für eventuelle sexuelle Dienste zur Verfügung zu stehen, und seinen intensiven Abschiedskuss konnte man nicht mehr als rein freundschaftlich bezeichnen, doch Katie nahm es mit Humor.

Sie und Janet blieben noch, um ihrer Freundin beim Aufräumen zu helfen. Während Rob die leeren Bier-‍, Sekt- und Weinflaschen in die Garage schaffte, räumten die drei Frauen das Geschirr in Erins modern eingerichtete schwarz-weiße Küche.

»Diese intrigante Giftspritze von Shirley!« Janet strich sich die langen glatten schwarzen Haare aus dem Gesicht. »Ich verstehe nicht, dass du die jedes Mal einlädst.« Ihr anklagender Blick traf Erin.

»Unsere Mütter waren Freundinnen, und sie gehört von jeher irgendwie dazu«, verteidigte sich Erin. »Sie hat es sicherlich nicht böse gemeint. Auch wenn ich die Aufgabe auch doof finde«, setzte sie wenig überzeugend hinzu.

Katie verzog die Augen zu Schlitzen. »Aber du bist ihrer Meinung, dass ich mal wieder Sex haben sollte?«

Sichtlich verlegen biss sich Erin auf die Lippen. »Ich kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, so lange keinen zu haben. Rob und ich sind nun ewig zusammen, der regelmäßige Sex gehört für mich zu meinem Leben. Und momentan, wo wir uns auf unser Baby konzentrieren, da ist es noch mehr geworden. Ich denke ...«, sie schluckte, »ein bisschen Abschalten würde dir tatsächlich nicht schaden. Und Sex entspannt unglaublich.«

Katie wandte sich an Janet: »Und was sagst du dazu?«

»Nun, Sweetheart, wir wollten immer ehrlich zueinander sein. Ich habe mich auch schon gelegentlich gefragt, ob dir nichts fehlt.«

»Ich habe einfach keine Zeit für eine Beziehung. Kein Mann will diese unregelmäßigen Dienste mitmachen, bei denen man sich kaum sieht. Außerdem – wie sollte ich damit jemanden kennenlernen?«

»Was ist mit einer Datingplattform?«, fragte Janet.

Katie rollte genervt die Augen. »Komm, das hatte ich doch schon mal. Mir fehlt die Zeit, mich durch die zahllosen Angebote zu wühlen. Und die Lust, die Fehlschläge in Kauf zu nehmen.«

»Und wie wäre es, wenn du es noch mal mit einem Kollegen probierst?«, schlug Erin vor, während sie die Teller, die Katie mit den gebrauchten Servietten vorreinigte, in die Spülmaschine räumte. »Es muss doch nicht immer schiefgehen.«

»Damit die Dienste wieder zu verschiedenen Zeiten sind und wir uns nicht sehen? Oder damit ich mir wieder anhören muss, dass seine Arbeit doch die wichtigere ist, weil er ein Mann ist und von Geschlechtes wegen in der Chefarzthierarchie ja mal schneller aufsteigen wird? Du kennst das Fiasko vom letzten Mal.«

Ihr Ex-Freund war ein Kollege gewesen. Auch noch einer von der Sorte, die sich und ihre eigene Arbeit in den Vordergrund stellten und von allen anderen erwarteten, sich ihnen unterzuordnen. Davon hatte sie wahrlich genug. Sie musste ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen mit ihrer Arbeit in der Forschung und im OP, mit der sie sich einen Namen in der Fachwelt gemacht hatte.

»Und was ist mit nur Sex?« Janets Blick ruhte fragend auf ihr, ohne dass sie das hämische oder herausfordernde Gebaren von Shirley zeigte.

»Puh! Gegen Sex hätte ich bestimmt nichts einzuwenden«, räumte Katie ein. »Ich bin keine Nonne. Aber ich fürchte, ich bin einfach nicht der Typ, der sich irgendwo einen One-Night-Stand aufreißt. Allein gehe ich nicht aus. Wenn ich etwas unternehme, dann mit euch oder mit Kollegen. Und in Gruppen lernt man eher selten jemanden kennen.«

»Aber was ist mit deinen Bedürfnissen? Du kannst sie doch nicht rausschwitzen«, sagte Erin albern und schaltete das Spülprogramm ein. »Sollen wir mal zusammen auf Aufreißer-Tour gehen? Oder mal für ein Wochenende nach Beverly Hills oder rüber nach Vegas fahren? Das sind nur ein paar Autostunden.«

»Im Ernst?« Katie lachte. »Was würde Rob dazu sagen?« Sie wandte sich an Janet. »Oder dein Scott?«

Janets Augen verdunkelten sich. »Scott wäre das ziemlich gleichgültig.« Scheinbar konzentriert polierte sie die eh schon blanke Arbeitsplatte mit dem Geschirrtuch.

»Wie meinst du das?«, hakte Erin nach.

Janet dreht sich um. »Kommt, Mädels, ich habt doch schon mitbekommen, dass es zwischen Scott und mir nicht zum Besten steht.«

Katie nickte zögernd. »Ich hatte mich schon gewundert, dass er heute nicht mitkam und bei den Kindern bleibt, anstatt dass ihr sie bei dem Kindermädchen lasst. Eure Kids sind nicht mehr ganz so klein. Und sparen müsst ihr ja gewiss nicht. Ich wollte dich nur nicht drängen, solange du es nicht selbst ansprichst. Und du sahst irgendwie so zufrieden aus, da war ich mir nicht sicher.« In Gedanken machte sie sich eine Notiz, dass sie sich öfter treffen mussten. Es vergingen oft Wochen, in denen sie sich nicht sahen, weil jede von ihnen in ihrem Leben so eingespannt war.

»Den endgültigen Schritt haben wir noch nicht gemacht, aber wir leben momentan jeder unser Leben. Scott hat ein Appartement in der Stadt gekauft und vögelt ganz klassisch seine Sekretärin, die übrigens ebenfalls verheiratet ist, deshalb hat er mich vermutlich noch nicht verlassen ...« Sie verstummte. Ihre maskenhaften Züge verrieten nichts von ihrem Innenleben.

»Und wie kommst du damit klar?«, erkundigte sich Katie besorgt.

Janet kratzte mit dem Fingernagel vermeintlichen Schmutz von der schwarzen Arbeitsplatte. »Ich schaffe es einfach nicht, ihn zu verlassen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er mir fehlen würde oder ob es wegen der Kinder ist, die hin- und hergereicht werden würden.«

Katie legte den Arm um sie. »Oh, du Ärmste. Wenn du reden willst, wir sind immer für dich da.«

Janet schüttelte den Kopf. »Es ist nicht so schlimm. Ich leide nicht. Nicht mehr. Natürlich war mein Stolz verletzt, aber ... Die Luft war nach der Geburt der Kleinen irgendwie raus. Bei uns im Schlafzimmer passierte nichts mehr. Scott hat nur für den Aufbau seiner Firma gelebt und ich für die Kinder. Doch jetzt gehen wir wieder höflich und respektvoll miteinander um. Seit ich ebenfalls meine Bedürfnisse stille. Was mir übrigens vermutlich das befriedigte Aussehen gibt, das du bemerkt hast.«

»Du hast eine Affäre?«, fragte Erin verblüfft.

»So was in der Art. Das Komische ist, dass Scott und ich uns seitdem fast besser verstehen. Irgendwie ist sein Respekt vor mir gewachsen, seit ich mich selbst mehr respektiere.«

»Oh, Liebes ...«, warf Katie mitleidig ein, doch Janet redete schon weiter – Mitleid hatte sie noch nie gemocht.

»Ich habe gelernt, meine Bedürfnisse auszudrücken. Das tut auch der Beziehung mit Scott gut.«

»Erzähl!«, drängte Erin.

»Ich ...« Janet zögerte, dann gab sie sich sichtlich einen Ruck. »Ich gönne mir gelegentlich einen Mann für gewisse Stunden.« Auf die fassungslosen Blicke hin fügte sie erklärend hinzu: »Einen Callboy.«

Katie wäre beinahe das unbenutzte Glas aus der Hand gefallen, das sie gerade in den Schrank hatte räumen wollen.

»Waaas?«, riefen sie und Erin wie aus einem Munde.

Janet errötete. »Nun ja, ich wollte es nicht an die große Glocke hängen. Aber ...«, ein schwärmerischer Ausdruck trat auf ihr Gesicht, »es ist einfach toll! Der Sex ist bombastisch, ich werde nach Strich und Faden verwöhnt, meinem Ego wird geschmeichelt, ich fühle mich endlich wieder richtig als Frau, und ich brauche mir keine Gedanken um Gefühlschaos zu machen. Falls Scott und ich je wieder zusammenkommen, gibt es einen glatten Schnitt. Aber offen gestanden bin ich mit dem aktuellen Zustand äußerst zufrieden.« Sie legte eine bedeutungsvolle Pause ein. »Oder soll ich befriedigt sagen?«

»Ist es immer derselbe Typ?«, wollte Erin wissen, nachdem ihr aller Lachen abgeebbt war.

»Ja, ich habe inzwischen einen festen Typen, davor hatte ich einen anderen getestet. Aber viele wechseln auch konstant. Ich habe auch schon überlegt, ob ich mal irgendwann wieder einen anderen probiere; die Agentur, über die ich buche, hat einige heiße Typen im Angebot. Aber es macht mit Jamie gerade so viel Spaß.«

»Und wie ist er?« Katies Neugierde wuchs.

»Er ist dreiundzwanzig. Groß, etwas längere blonde Haare, Wahnsinnskörper. Knackarsch. Könnte einer der Hemsworth-Brüder sein. Trägt mich auf Händen und liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Im Bett eine Rakete. Eine Ausdauer wie das Duracell-Häschen.«

Erin prustete los, und Katie und Janet stimmten in das Gelächter ein.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich beruhigten.

»Stört es dich nicht, dass er mit vielen schläft?«, fragte Erin.

Janet zuckte mit den Schultern. »Warum sollte es das? Ich will ja keine Beziehung mit ihm anfangen. Er gibt mir das Gefühl, absolut begehrenswert zu sein, stärkt meine Empfindungen und mein Selbstbewusstsein, das reicht. Und er ist total diskret, ich weiß nichts von anderen Frauen. Aber so viele sind es auch nicht, da geht's ja nicht um Masse, sondern um Qualität. Und die hat ihren Preis.«

»Und wann seht ihr euch?«, fragte Erin gespannt.

»Es kommt darauf an. Manchmal bringe ich die Kids in den Kindergarten und treffe mich danach direkt mit ihm. Das hat für mich so etwas Verruchtes. Vom Hausmütterchen zum Vamp. Davor habe ich mich oft so wertlos gefühlt, sobald die Kinder weg waren. Meine Arbeit als Anwältin fehlt mir, aber solange meine beiden so klein sind ...« Sie seufzte. »Im Haus gibt es kaum etwas zu tun – das erledigen die Angestellten. Gelegentlich ein paar Muffins für irgendwelche Kindergartenevents backen, damit ich sagen kann, sie wären selbst gemacht, ist nicht wirklich Beschäftigung. Und ich liebe es, wenn ich zurückkomme und auf meine spießigen Nachbarinnen in ihren schicken Villen gucke.« Sie lachte. »Die würden in Ohnmacht fallen, wenn die wüssten, wo ich herkomme. Ja, manchmal, wenn die Kinder bei Scotts Eltern sind, gönne ich mir auch eine ganze Nacht.«

Katie konnte sich die Neugierde nicht verkneifen: »Ist das nicht teuer?«

»Er ist seinen Preis definitiv wert. Für die rund zwei Stunden kannst du mit der Summe für einen exquisiten Wellness-Tag rechnen.« Sie grinste. »Aber es ist ja auch Wellness pur. Wenn du eine ganze Nacht oder ein Wochenende willst, gibt es nach oben keine Grenzen. Aber schließlich hat ein Skiwochenende in Aspen ebenso seinen Preis, und das hast du dir auch schon gegönnt.«

Zu gern hätte Katie weitergefragt, doch Erin schaltete sich wieder ein. »Und Scott bekommt nichts davon mit?«

»Natürlich, er weiß es. Zumindest weiß er, dass ich mit jemand anderem schlafe – von dem Callboy ahnt er nichts. Er soll ruhig denken, es wäre eine Affäre. Schließlich kann er ja nichts dagegen sagen.«

»Nicht schlecht.« Erin staunte.

Doch anscheinend musste auch Katie die Neugierde ins Gesicht geschrieben stehen, denn Janet wandte sich wieder an sie. »Wenn es dich interessiert, kann ich dir gern mal den Kontakt vermitteln. Das wäre doch ideal für dich. Keine Verpflichtungen; Sex, wenn es in deinen Terminkalender passt. Und die Garantie, dass du nicht an einen Stümper gerätst, der nur an sein eigenes Vergnügen denkt, nach zwei Minuten fertig ist und du genauso unbefriedigt zurückbleibst wie vorher. Leisten kannst du dir es.«

Katie lachte verlegen auf. »Danke, Honey, ich teile ja gern fast alles mit dir, aber ich denke, den Liebhaber dann doch nicht.«

»Natürlich nicht meinen«, gab Janet ebenfalls lachend zurück. »Die Agentur hat viele süße Typen am Start. Überleg's dir!« Man merkte ihr an, dass sie so langsam Feuer und Flamme für die Idee war. »Wenn du deine Aufgabe tatsächlich erfüllen willst, lade ich dich ein. Auf meine Kosten. Keine Verpflichtungen für dich. Wenn du dich mit ihm triffst, und es zündet nicht bei dir, dann geht ihr wieder unverrichteter Dinge auseinander. Und wenn du Lust hast, dann verbringt ihr eine unverbindliche Nacht zusammen.«

»Herrje, ich sollte von dem Vorschlag viel geschockter sein.« Katie lachte. »Ich bin schon so betrunken, dass ich es gerade tatsächlich in Erwägung ziehe.«

»Schlaf darüber, und denk nüchtern nach. Lasst uns nächste Woche mal zu einem Kaffee treffen, und dann besprechen wir es.«

Katie nickte nur.

Auf der Heimfahrt im Taxi ging ihr das Gespräch nicht aus dem Kopf. Welch ein Wahnsinn! Sie und ein Callboy! Wenn das die Kollegen wüssten ... Und dennoch trafen Janets begeisterte Schilderungen einen Nerv in ihr. Sie lösten Gefühle aus, die sie zu lange unterdrückt hatte.

Unwillkürlich schweifte ihr Blick zum Taxifahrer, der sich auf den am Wochenende um die mitternächtliche Zeit immer noch dichten Verkehr konzentrierte. Das Verkehrsaufkommen war natürlich kein Vergleich zu dem im südlich gelegenen Malibu, wo das Leben tobte. Hier ging es eher gemächlich zu.

Sie versuchte ihre Aufmerksamkeit ebenfalls auf ihre Umgebung zu lenken. Sie liebte ihre Heimat im südlichen Kalifornien mit den vielseitigen Attraktionen. Jede hatte seine eigene Faszination und unterschied sich vollkommen von den anderen.

Die unendlichen Strände und Steilküsten am Pazifik mit den Seehund- und Seeelefantenkolonien, dazu die vorgelagerten kalifornischen Kanalinseln. Der Sequoia-Nationalpark mit seinem üppigen Grün, den beeindruckenden Riesenmammutbäumen und Bären, während im Südosten, eine Autofahrt von nur wenigen Stunden entfernt, der Josuha-Tree-Nationalpark mit kargen Wüstenlandschaften, überzogen von bizarren Bäumen und schroffen Gesteinsformationen, eine ganz eigenen Faszination ausübte.

Es gab die schneebedeckten Gipfel der felsigen Sierra Nevada und unweit davon das Death Valley, die endlose Wüste, die als einer der heißesten Punkte der Erde galt. Und wen es nach Großstadtleben dürstete, der hatte es nicht weit nach Los Angeles oder zu dem in der roten Wüste eingebetteten Las Vegas. Und das schöne Santa Barbara lag ganz in der Nähe.

Auch das milde Klima war hier in dieser Gegend angenehm. Es war das ganze Jahr warm, aber durch den Pazifik, in dem der vorbeifließende Humboldtstrom das Wasser kühlte, war es meist nicht zu heiß – die Vierzig-Grad-Marke wurde hier selten erreicht, und im Winter gab es keine Minusgrade.

Katie mochte ebenso die Vielseitigkeit der Menschen hier im Golden State, einem multikulturellen Schmelztiegel. Es gab Alt-Hippies oder den Jetset von Malibu oder Beverly Hills. Bodenständige Familien mit Kindern oder erfolgreiche Schauspieler, Filmproduzenten oder Immobilienhaie, deren Megayachten im Hafen vertäut lagen. Man spürte den Einfluss des nahen Mexikos – vor allem in der Küche –, aber auch der kühle, neblige Norden um San Francisco trug seinen Teil zum Flair bei.

Irgendwo in dieser bunten Mixtur von Menschen würde doch auch ein adäquater Partner für sie dabei sein. Katie unterdrückte ein Seufzen und sah wieder zum Fenster hinaus.

Zu Fuß konnte sie von ihrem Haus zu den Carlyles die Abkürzung durch den Park nehmen, doch bei Nacht ging sie nicht gern allein. Die Autostraße führte am Pazifikufer entlang. Trotz der Dunkelheit erkannte sie die weißen Schaumkronen auf den Wellenkämmen, der Wind blies heute kräftig. Auch die Palmen, die die Uferpromenade säumten, bogen sich in den Böen.

Das stürmische Wetter passte zu der Unruhe in ihrem Inneren. Sie hatte tatsächlich zu lange enthaltsam gelebt. Natürlich wusste sie als Frau und Ärztin, wie sie sich selbst befriedigen konnte, und sie hatte auch die nötigen Hilfsmittel zur Hand, aber es war einfach nicht dasselbe.

Zu Hause angekommen, stellte sie sich in ihrem mit hellen Möbeln schlicht eingerichteten Schlafzimmer nackt vor den Spiegel. Musterte sich. Wellige dunkle Haare, die bis über die Schultern reichten und die sie, vor allem in der Klinik, meist zu einem Zopf trug. Das Gesicht normal, ohne Auffälligkeiten. Bis auf die Grübchen vielleicht. Die Nase ein bisschen zu stupsig, aber bislang hatte sich niemand darüber beschwert.

Die haselnussbraunen Augen verdunkelten sich, als sie langsam mit den Händen über ihre Brüste fuhr. Noch waren sie rund und fest. Ein bisschen größer als ihre Hände, sie konnte sie nicht ganz umfassen. Perfekt für eine Männerhand. Die Brustwarzen richteten sich auf, als sie darüberfuhr. Ein wohliger Schauer durchlief ihren Körper.

Für einen Moment schloss sie die Augen und stellte sich vor, was besagte Männerhände bei ihr fühlen würden. Ob es einem Mann gefiel?

Sie ließ die Hände tiefer gleiten. Über ihren Bauch, die leicht gerundeten Hüften. Vielleicht hätte sie fünf Kilo abnehmen können, aber so war sie wenigstens nicht knochig. Der Po war fest. Zum Glück auch ohne viel Sport, obwohl sie sich ständig vornahm, sich mehr zu bewegen. Die Schenkel waren ebenso straff. Außen und innen.

Sie ließ sich auf ihr mit einem geschwungenen Metallgestell versehenes Queensize-Bett fallen und versuchte, die Erinnerung aufleben zu lassen, wie es war, mit einem Mann zu schlafen.

Sollte sie Janets Angebot annehmen?

2

Leon

»Was hat der Typ gemacht?« Alans rauchblaue Augen waren vor Fassungslosigkeit geweitet.

Leon zuckte müde mit den Schultern. »Er hat mir die Spitze seiner gebrauchten Nadel an die Kehle gehalten und mich gezwungen, so viel Geld von meinem Konto abzuheben, wie es mein Verfügungsrahmen zulässt.«

»Woher wusste der Kerl davon, dass du Kohle verfügbar hast?«

»Er hat wohl ein Gespräch von mir und Dana belauscht. Ich habe ihr erzählt, dass ich das Geld für Lilys OP zusammenspare.«

»Oh, fuck!«

Leon seufzte. »Du sagst es.«

»Dein Job ist einfach großartig – ehemalige Drogensüchtige betreuen ... An die Gefahr hatte ich noch nie gedacht. Eure Leute bekommen doch Ersatzdrogen, oder?« Alan fuhr sich durch das dichte blonde Haar.

»Es war ein Ex-Bewohner. Er wurde ständig rückfällig, deshalb mussten wir ihn aus der Wohngemeinschaft werfen. Solche Typen ziehen die anderen nur runter, die versuchen, endlich wieder im normalen Leben Fuß zu fassen.«

»Und du konntest ihn nicht überwältigen?«

»Diese Typen auf Cold Turkey entwickeln eine immense Kraft. Ich hätte nichts machen können, ohne dabei zu riskieren, von der Nadel verletzt zu werden.«

»Und der Typ hat natürlich HIV?«

»Du sagst es.«

»Keine Chance, die Kohle wiederzubekommen?«

Leon konnte das verbitterte Lachen nicht unterdrücken. »Er ist sofort getürmt und hat einen Teil in Drogen umgesetzt. Was er mit dem Rest der Kohle gemacht hat, weiß er anscheinend nicht mehr. Er hat sich eine Überdosis reingeknallt.«

»Ist er tot?«

»Nein, zum Glück nicht. Auf der Intensiv. Aber das Geld werde ich nie wiedersehen. Zumindest nicht so schnell.« Leon seufzte. »Aber im Grunde wäre das auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich bräuchte viel mehr Geld. Diese ganzen Chemo-Therapien und nun noch die OP ...«

»Zahlt die Krankenversicherung die Behandlungen für Lily nicht?«

Leon schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. »Du weißt doch, wie die Versicherungen sind. Und so eine Nobel-Variante konnten wir uns leider nicht leisten – wer rechnet auch mit so etwas? Lily muss jetzt operiert werden. So viel Zeit haben wir nicht mehr. Es ist ihre letzte und einzige Chance.« Er schluckte.

»In diesem Hope Institute, von dem du mal erzählt hast? Die auch Forschung betreiben?«

»Nein, dort wurden wir abgewiesen, beziehungsweise stehen auf der Warteliste irgendwo ganz hinten, aber wir ... können nicht so lange warten, womöglich ist es dann für Lily zu spät.« Die Worte auszusprechen, fiel Leon schwer, er musste nach Luft ringen. »Es gibt noch eine andere Privatklinik, das Tibetarius Hospital. Aber die Kosten sind immens.

»Brauchst du Hilfe? Soll ich dir etwas leihen?« Mitleid stand Alan auf die Stirn geschrieben.

Leons Blick schweifte durch Alans elegante Wohnung. Marmorboden, ein ausladendes braunes Ledersofa, der Couchtisch aus Naturstein. Die Wände schmückten Landschaftsfotografien, die so großartig aussahen, dass sie sicherlich von einem Profi stammten und bestimmt nicht günstig gewesen waren. Jedes Zimmer war äußerst geschmackvoll – und teuer – eingerichtet.

Sein bester Freund verdiente mit seiner Agentur mehr als genug. Es würde ihm sicherlich möglich sein, ihm auszuhelfen. Und er würde es von Herzen gern tun. Lily zuliebe sollte Leon es annehmen.

Dennoch zögerte er. »Ich weiß nicht, wann ich es zurückzahlen kann.«

»Das eilt nicht.«

»Aber ich habe noch keinen Überblick, welche Folgekosten auf mich zukommen. Ich werde noch mal versuchen, meinen Kredit aufzustocken, vielleicht hat der Bankbeamte doch ein Einsehen.«

Für einen Moment musterte Alan ihn schweigend. »Ich kenne deinen Stolz, von daher überrede ich dich nicht weiter. Aber du könntest auch für mich arbeiten«, sagte er langsam.

Leon lachte auf. »Als Callboy?«

»Es ist mein Ernst. Ich habe momentan so viele Anfragen von Kundinnen, dass ich selbst häufig mit einspringen muss. Ich bin dringend auf der Suche nach Mitarbeitern, auf die ich mich verlassen kann. Männer mit Niveau.«

»Bei aller Liebe, Alan. Ich respektiere, was du tust. Aber für mich wäre das nichts.«

»Das hat nichts mit den Junkies gemein, mit denen du beruflich zu tun hast. Die sich emotionslos für ein paar Bucks in den Arsch ficken lassen oder jemandem einen blasen, damit sie Kohle für den nächsten Schuss haben. Sorry für die Direktheit, aber das ist kein Vergleich. Außerdem bedienen meine Jungs größtenteils Frauen. Bis auf eine Ausnahme, ein Bisexueller, der für Paaranfragen zur Verfügung steht. Meine Jungs lieben Frauen. Meine Jungs haben Spaß am Sex. Und erzähl mir nicht, du hättest das nicht. Bei dir läuft doch kaum mehr etwas seit der Trennung von Dana. Glaubst du, deine paar One-Night-Stands erfüllen dich eher?«

»Darum geht es doch gar nicht.«

»Hast du eine Beziehung in Aussicht?«

»Du weißt genau, dass das nicht der Fall ist! Wer will schon einen alleinerziehenden Vater, dessen Zuneigung und Aufmerksamkeit sich ausschließlich auf seine kranke Tochter konzentrieren?«

»Nun ja, so schwarzmalen würde ich das nicht, aber was sind dann deine Bedenken?«

»Mich dafür bezahlen zu lassen ...«

»Das findest du unethisch?«

»Nein, so ist das nicht.« Leon wand sich. Schließlich würde er seinem Freund damit unterstellen, unethisch zu handeln, und auf diesen Gedanken war er bislang nie gekommen.

»Du warst doch auch schon bei einer Prostituierten, oder?«

Verlegen verneinte Leon. »Offen gestanden nicht.«