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Alan ist Callboy und leitet eine erfolgreiche und exklusive Escortagentur. Auf der Hochzeit seines besten Freundes trifft er Trish, die Brautjungfer. Durch ein Missverständnis hält sie Alan für einen Fotografen. Er lässt sie in dem Glauben - und sie verbringen eine sinnlich heiße Nacht miteinander. Doch Alan kann nicht aufhören an Trish zu denken, was zu massiven Problemen in der "Ausführung" seines Berufes führt. Sie landen wieder im Bett, wollen jedoch beide keine feste Beziehung. Es entwickelt sich stattdessen eine innige Freundschaft plus, und Alan fühlt sich mit der Lüge immer unwohler, je tiefer die Gefühle für Trish werden. Er muss ihr endlich die Wahrheit sagen. Aber wie wird sie reagieren?
Heiße Küsse, leidenschaftliche Dates und ein Hauch Romantik - der dritte Band der sexy Callboy-Romance-Reihe von Helen Paris.
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Seitenzahl: 303
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Über dieses Buch
Über die Autorin
Titel
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Nachwort und ein dickes Dankeschön
Impressum
Lynnwood Falls – Sommer der Liebe
Lynnwood Falls – Und dann kamst du
Lynnwood Falls – Mein Weg zu dir
Call on You – Katie & Leon
Call on You – Janet & Scott
Alan ist Callboy und leitet eine erfolgreiche und exklusive Escortagentur. Auf der Hochzeit seines besten Freundes trifft er Trish, die Brautjungfer. Durch ein Missverständnis hält sie Alan für einen Fotografen. Er lässt sie in dem Glauben – und sie verbringen eine unglaubliche Nacht miteinander. Doch Alan kann nicht aufhören an Trish zu denken, was zu massiven Problemen in der »Ausführung« seines Berufes führt. Sie landen wieder im Bett, wollen jedoch beide keine feste Beziehung. Es entwickelt sich stattdessen eine innige Freundschaft plus, und Alan fühlt sich mit der Lüge immer unwohler, je tiefer die Gefühle für Trish werden. Er muss ihr endlich die Wahrheit sagen. Aber wie wird sie reagieren?
Helen Paris liebt das Abtauchen in fremde Welten, ob virtuell in Geschichten oder auf ihren Reisen rund um den Globus. Seit knapp zwanzig Jahren lebt sie mit ihrem Mann zeitweise auf ihrem Segelkatamaran und ist auf allen Weltmeeren unterwegs. Eine halbjährige Reise quer durch Nordamerika mit Schiff und Wohnmobil hat ihre Liebe zu diesem vielseitigen Kontinent geweckt.
HELEN PARIS
»Ja, Babe, lass dich gehen! So ist es gut. Es ist dein Moment«, raunte Alan seiner Bettpartnerin ins Ohr.
Isabella antwortete mit einem unterdrückten Stöhnen. Ihre Fingernägel krallten sich in seinen Oberarm, als er die Hand schneller bewegte, doch das störte ihn nicht – im Gegenteil. Er liebte es, wenn eine Frau aus sich herausging. Und dieses weibliche Wesen in seinem Bett – beziehungsweise im Bett seiner Suite im Hotel Ambassador –war anfangs sehr gehemmt gewesen.
Vorsichtig hatte sie nur einen Escort gebucht. Schick essen gehen und tanzen. Doch als der Wein zunehmend ihre Zunge gelockert hatte, und sie ihn sichtlich verschämt gefragt hatte, welche Dienste er sonst noch anböte, hatte er Gewissheit bekommen über das, was ihm im Grunde schon den ganzen Abend klar gewesen war: Sie wollte es. Sie war neugierig. Und hungrig. Hungrig nach Zärtlichkeiten. Sie sehnte sich danach, begehrt zu werden. Sie wollte befriedigt werden.
Und das gedachte er zu tun.
Es war ihr erstes Mal mit einem Callboy. Doch Alan war sich schon jetzt fast sicher, dass es nicht ihr letztes Mal sein würde. Bisher schien es Isabella zumindest ausnehmend gut zu gefallen. Natürlich hatte er sich Zeit für sie genommen. Sie ausgiebig gestreichelt. Bis ihre Hemmungen mehr und mehr geschwunden waren.
Alans Vorfreude wuchs. Er würde sie in dieser Nacht glücklich machen – dessen war er sich nun sicher.
Er studierte ihre Gesichtszüge, während er sanft die Finger kreisen ließ. Auf jede Regung reagierte er sofort. Und er genoss es, wie sie immer erregter wurde.
»Willst du nicht ...«, keuchte sie und riss fragend die Augen auf.
»In dich kommen?«
Sie nickte.
»Oh, doch! Bald! Lass mich aber erst noch ein bisschen genießen, wie du richtig scharf wirst.«
Ihr wohliges Erschauern, als er mit der Zunge ihre Ohrmuschel verwöhnte, erregte ihn genauso wie ihr Inneres, das sich immer enger um seine Finger zog, während er den G-Punkt massierte und dabei den Daumen sanft um ihre Perle kreisen ließ. Sie war bald so weit. Ihre Anspannung übertrug sich auf ihn, in seinem Unterleib breitete sich ein lustvolles Ziehen aus. Fast schmerzhaft. Ihr Keuchen hallte in seinen Ohren, während er mit der Zunge ihre Nippel liebkoste.
»Ich ... was tust du mit mir?«, stammelte sie – der gesamte Körper war angespannt.
»Lass dich fallen, Babe! Ich fange dich auf«, murmelte er gegen ihre Brustwarze, bevor er nun ein bisschen fester daran saugte.
Ihr Keuchen wurde lauter. Die Nägel in seiner Schulter schmerzten, doch er beklagte sich nicht. Viel zu konzentriert war er darauf, Isabella in die höchsten Wonnen zu entführen.
»Was passiert mit mir ...« Sie stöhnte.
Da bäumte sie sich auch schon auf, ein Aufschrei entwich ihr, bevor sie sich auf die Lippe biss. Ihr Körper erbebte.
Alan kostete noch kurz das Pulsieren in ihr aus, bevor er die Hand langsam zurückzog und Isabella in die Arme schloss, dabei ihren Kopf an seine Schulter bettete. Sanft streichelte er ihren Rücken. Den Moment sollte sie voll auskosten. Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Atem beruhigte.
Vorsichtig drehte er sie wieder auf den Rücken und strich ihr die Haare aus dem Gesicht, das von innen heraus zu leuchten schien. Eine Träne rollte aus ihrem rechten Augenwinkel über ihre Wange hinab.
»Alles okay?«, fragte er besorgt.
Sie nickte. »Mhm. Es war nur so ... überwältigend. So fühlt sich das also an!«
»Was meinst du?« Ihm schwante etwas.
»Ein ... Orgasmus.«
Ihre Antwort bestätigte seinen Verdacht. Er bemühte sich, kein Mitleid in sein Lächeln zu legen, sondern Wärme. Isabella war zwölf Jahre älter als er, sechsundvierzig. Mutter von drei erwachsenen Kindern. Frisch geschieden. Das hatte sie ihm erzählt.
Doch dass sie noch nie einen Orgasmus gehabt hatte, hatte sie zuvor nicht erwähnt.
Eigentlich hatte er vorgehabt, jetzt gleich weiterzumachen, die Erregung schwelte in ihm, aber etwas sagte ihm, dass sie darüber sprechen wollte.
Natürlich erlebte er das häufiger bei seinen Kundinnen. Es erweckte jedes Mal sein Bedauern. Wenn Männer sich so wenig kümmerten. Und Frauen sich selbst so vernachlässigten.
Er rückte ein Stück höher, sodass er zum Sitzen kam, und zog sie wieder in seine Armbeuge.
»Weißt du, ich ... unsere Ehe war nicht schlecht. Wir hatten Sex, wenn auch nicht häufig. Ich habe immer gedacht, ich gehöre zu den Frauen, die eben nicht kommen können«, murmelte sie an seiner Brust.
»Und du hast nie mit deinem Mann darüber gesprochen?«
»Nein, ich ... es war mir unangenehm. Er hat sich anfangs wirklich Mühe gegeben. Das hat mir leidgetan, dass es umsonst war. Ich ... habe so getan, als ob ...« Sie verstummte.
Isabella hatte ihrem Mann also Orgasmen vorgespielt. Ob ihr wohl selbst bewusst war, wie wenig zielführend das war?
»Wir waren noch sehr jung, als wir zusammengekommen sind. Ich ... er hat mich anfangs schon gestreichelt, versucht, mich mit der Hand zu befriedigen, aber das tat mir immer irgendwie weh, war unangenehm. Deshalb habe ich ihn später immer schnell auf mich gezogen. Ich weiß nicht, was jetzt anders war. War es dieses Gel, das so geprickelt hat? Oder weil du genau weißt, wo du hinfassen musst?« Sie biss sich abermals auf die Lippe.
Alan lächelte. »Vielleicht beides. Oder du hattest weniger Erwartungen an dich selbst, sondern es mir überlassen?« Er wurde wieder ernst. »Aber, wenn ihr beide jung wart, dann wart ihr vielleicht nicht so experimentierfreudig? Frauen können sich manchmal erst mit den Jahren beim Sex richtig fallen lassen.« Nun lächelte er wieder. »Du bist also genau zur richtigen Zeit gekommen. Im doppelten Sinne.«
Ihr verschämtes Lachen war süß. Sie war keine wirkliche Schönheit. Die Haare schulterlang und glatt, aber recht dünn. Aschblond, vielleicht auch mausbraun. Ein paar helle Strähnchen setzten Akzente. Das Gesicht war nicht auffallend. Aber durch dieses innere Leuchten war sie in dem Moment schön. Die Wandlung war faszinierend.
Auch dies war ein Teil seines Berufes, den Alan so liebte. Solch eine Entwicklung mitzuerleben. Er wusste, viele verurteilten ihn, vor allem Männer, die sich vielleicht auch von ihm bedroht fühlten, weil sie meinten, mit seinen Fertigkeiten nicht mithalten zu können. Doch das war völlig albern.
Jeder konnte das lernen, der nur wollte. Im Internet und diversen Magazinen wurde man nur so mit Tipps überhäuft. Er war schließlich auch nicht mit dem Wissen auf die Welt gekommen, wie man eine Frau glücklich machte und sie vollständig befriedigte, sondern hatte es erlernt.
Er war Profi.
Ein Physiotherapeut konnte auch Verspannungen besser behandeln als ein Ehemann. Und dennoch konnte ein sanftes Streicheln des Gatten genauso entspannend sein – und gut für die Seele.
Genauso war es bei Callboys. Im Idealfall konnten sie den Frauen beibringen, sich mehr zu schätzen. Auf ihre Bedürfnisse zu hören. Nur wenn sie selbst ihren Körper kannten, konnten sie auch Befriedigung finden. Wenn sie sich selbst liebten, konnten sie Liebe finden.
Bei Isabella würde ihm das gelingen, dessen war er sich sicher.
»Und du bist auch bei dir selbst nicht zum Orgasmus gekommen?«, fragte er vorsichtig.
»Nein, ich ... habe es mal probiert. Innen und außen. Sogar die Finger nass gemacht. Aber irgendwie ...« Sie zuckte hilflos mit den Schultern.
»Und mit Sex-Toys?«
Sie schüttelte verschämt den Kopf. »Ich hatte es mir schon überlegt, aber dann fiel mir deine Anzeige in die Hand, und ich habe dich spontan kontaktiert.«
Er schob seine Hand in ihren Nacken und küsste sie auf die Stirn. »Eine gute Entscheidung. Hättest du denn Lust, es auszuprobieren?«
Verblüfft riss sie die Augen auf. »Was, hier?«
»Warum nicht? Mit mir zusammen.« Er grinste sie an. »Vorausgesetzt, du hast Lust, diese Gefühle noch mal zu erleben, vielleicht zu toppen?«
Sie stimmte in sein Lachen ein. »Das klingt zu schön, um wahr zu sein.«
»Lass dich überraschen!«
Dass er wieder ihre Brustwarze küsste, schien ihr zumindest gut zu gefallen – ihr Körper reagierte sofort. Dennoch schob sie ihn von sich.
»Aber ... was ist mit dir? Willst du nicht ...?«
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände. »Ist es denn das, was du jetzt sofort willst? Oder möchtest du das Ganze nicht auch noch ein wenig auskosten?«
»Doch, aber ich wusste nicht, ob du ...«
»Keine Sorge, ich werde nicht leer ausgehen.« Er lachte leise. »Jetzt bist erst mal du dran. Auch ich komme dabei auf meine Kosten, versprochen. Ich werde es in vollen Zügen genießen, wenn du erregt bist. Wir werden es beide wissen, wenn du so weit bist, dass du mich in dir spüren willst. Je erregter du bist, desto eher kannst du dann den Sex genießen. Ich liebe es, wenn eine Frau so richtig scharf auf mich ist, und ich freue mich darauf. Ich weiß schon jetzt, dass es großartig mit dir sein wird.«
Er brauchte sich gar nicht zu verstellen, damit seine Stimme rauchig klang. Tatsächlich konnte er es kaum erwarten, ihre Verwandlung mitzuerleben. Der Moment, wenn sich ihre Nägel in seine Hüfte krallen würden, während er tief in sie eintauchte. Unwillkürlich tastete er nach den Kondomen, die er schon bereitgelegt hatte.
Doch jetzt war erst einmal sie an der Reihe, zu erfahren, zu welchen Empfindungen ihr Körper fähig war.
Alan erwachte, als Isabella sich neben ihm bewegte. Wenn die Kundinnen über Nacht blieben, war sein Schlaf – auch nach all den Jahren noch, in denen er diesen Beruf ausübte – immer recht leicht.
Zärtlich lächelte er sie an. »Guten Morgen, schöne Frau.«
Ihr noch verschlafenes Lächeln war süß. »Guten Morgen.«
»Hast du gut geschlafen?«
»Wie ein Murmeltier. Aber ich war auch erschöpft, nach diesen ganzen Erlebnissen ...«
Er grinste. »Ist das nicht die schönste Art von Erschöpfung?«
»Definitiv.« Sie lachte. Als sie sich aufrichtete, wurde sie ernst. »Es war wunderschön. Ich habe viel über mich gelernt, dafür danke ich dir.«
Alan legte seine Hand auf ihre Wange. »Das freut mich sehr. Für mich war es auch schön. Du kannst es wiederholen, wenn du magst?« Er betonte es absichtlich als Frage.
Sie druckste herum.
So fügte er hinzu: »Bleib auf jeden Fall dran an dem, was wir ausprobiert haben. Die Sex-Toys darfst du mitnehmen – setz sie auch ein, und lass es dir gut gehen. Ansonsten – du hast meine Nummer.«
Er war teuer, aber leisten konnte sie es sich, das wusste er. Sie hatte erwähnt, dass die ihr nach der Scheidung zugesprochene Summe in sechsstelliger Höhe gelegen hatte. Vielleicht waren ihr auch Bedenken gekommen.
»Hast du dich schon mal verliebt?«, platzte sie heraus.
Alan versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er innerlich erstarrte. Das war ein Punkt seiner Arbeit, den er hasste: Dass er manchmal mit tieferen Gefühlen konfrontiert wurde, mit denen er nur schwer umgehen konnte – und auch gar nicht wollte. Er zwang sich zu einem übermütigen Lächeln. »Ich liebe alle Frauen.«
Das war ja schließlich nicht einmal gelogen.
»Das merkt man.« Nun hörte sich ihr Lachen etwas gezwungen an. »Also ich frage das nicht wegen mir. Ich war einfach neugierig. Ich weiß, ich bin über zehn Jahre älter als du und auch keine Augenwei...«
Alan unterbrach sie mit zusammengezogenen Augenbrauen: »Hör auf, dir so etwas einzureden!« Er nahm ihre Hand in seine. »Du hättest dich heute Nacht mal sehen sollen. Du hast von innen heraus geleuchtet – wunderschön. Solche Zweifel sind es, die dir etwas von deiner sonst so tollen Ausstrahlung rauben. Glaub mir! Ich habe schon viele Frauen gesehen. Und du bist definitiv anziehend, wenn du aus dir herausgehst – vor allem dein Lächeln ist total süß. Du solltest nicht damit sparen.«
Er streichelte mit dem Daumen ihre Wange. »Denk immer daran, man spiegelt das nach außen wider, was man innen fühlt. Es ist die Ausstrahlung, die Menschen ihre Wirkung gibt – keine physisch scheinbar makellose Schönheit, das ist nur eine leere Hülle. Du bist eine tolle Frau. Und deine Figur ist klasse. Deine Kinder sieht dir niemand an.«
»Findest du?« Nun strahlte sie wieder.
»Jeder Mensch ist auf seine Weise schön. Man muss nur die schönen Seiten erwecken.«
»Wenn du das sagst, fühle ich mich direkt hübsch.«
»Das bist du. Besonders, wenn du dich entspannst und dafür sorgst oder sorgen lässt, dass es dir gut geht.«
Als er die Zweifel in ihrem Blick sah, fügte er hinzu: »Du kannst dir eines merken: Ich sage nur Dinge, die ich auch so meine.« Er zwinkerte ihr zu. »Ich bin überzeugt, man merkt, ob der oder die andere ehrlich ist.«
»Weißt du, was mir sofort an dir aufgefallen ist?«
»Hm?«
»Dass du so unglaublich positiv bist, das gefällt mir.«
Er erwiderte ihr Lächeln. »Mir sind Menschen, bei denen das Glas halb voll ist, auch lieber.«
Sie schmiegte sich an ihn. »Vermutlich fühle ich mich deshalb bei dir so wohl.«
Kurz überlegte er sich, ob er betonen sollte, dass er definitiv kein Mann für eine feste Beziehung war, um falsche Hoffnungen – mit denen er gelegentlich konfrontiert war – im Keim zu ersticken.
Irgendwie erweckten Callboys in manchen das Retterinnen-Syndrom, warum auch immer. Doch etwas sagte ihm, dass ihr klar war, dass er nicht der Typ war, der sich auf eine Frau beschränken konnte.
So fragte er sie: »Würdest du mich denn gern wiedersehen?«
Abermals zog ein Leuchten über ihre Züge. »Sehr gern.«
Alan nahm ihre Hand, streichelte ihren Handrücken mit dem Daumen und lächelte sie an. »Schön, ich freue mich.«
Sie vereinbarten einen Termin für die kommende Woche. Zum Abschied nahm er sie nochmals fest in den Arm.
Isabella hatte gerade die Tür hinter sich geschlossen und Alan sein Handy ergriffen, um es auf entgangene Telefonate zu checken, als es einen Anruf auf der geschäftlichen Leitung anzeigte. Er nahm an, bevor die Mailbox sich einschaltete.
»Ihr Mann für alle Fälle, Sie sprechen mit Alan Jenkins. Was kann ich für Sie tun?«, meldete er sich in schmeichelndem Tonfall.
Es war abermals eine Neukundin, die einen Termin vereinbaren wollte. Er plauderte kurz mit ihr und vermittelte ihr dann ein Date mit einem seiner Jungs – Jamie. Zu den Anfangszeiten hatte er jede Neukundin zuerst selbst getroffen, um herauszufinden, was sie wollte. Doch inzwischen wuchs ihm der Andrang über den Kopf.
Als Leiter des Escort-Services hatte er auch die administrativen Angelegenheiten zu klären, und es kamen inzwischen so viele Neuanfragen aus dem gesamten Umkreis, von Santa Barbara, über Beverly Hills, Malibu und Long Beach – sogar Geschäftsfrauen von auswärts –, dass er sie nicht alle selbst bewältigen konnte, wenn er auch noch seine Stammkundinnen zufriedenstellen wollte. Im wahrsten Sinne.
Seine zwölf Jungs, die inzwischen mitarbeiteten, waren alle zuverlässig und ebenso gut in ihrem Job. Jamie war noch jung, erst dreiundzwanzig, aber mit seinem unbekümmerten Charme bei den Frauen jeden Alters äußerst beliebt. Die neue Kundin würde zufrieden sein.
Der Blick auf die Uhr sagte Alan, dass er das Trainieren auf später verschieben musste. Er sollte sich schon beeilen, wenn er noch duschen wollte. Er war gleich mit seinem Freund Leon zum Brunch verabredet, der in gut zwei Wochen heiraten würde. Als dessen Trauzeuge war Alan für die Organisation der Hochzeits-Feierlichkeiten mit verantwortlich, und es gab noch einiges zu klären zum Junggesellen-Abschied am kommenden Wochenende und der Hochzeit selbst.
Da Alan sein Hobby Fotografieren inzwischen immer professioneller betrieb und – außer den Werbeaufnahmen von seinen Jungs und Aktaufnahmen, für die ihn seine Kundinnen gelegentlich engagierten – auch bereits die ersten Landschaftsaufnahmen verkauft hatte, hatte Leon ihn gebeten, auf der Hochzeit auch einige Fotos zu schießen, was Alan natürlich gern zugesagt hatte. Weil das Wetter nun nicht ganz so rosig aussah, mussten sie auf jeden Fall Alternativen zum Fotoshooting auf der Wiese suchen, die er als Setting herausgesucht hatte.
Es gab viel zu tun.
Trish schob das Tablett das Geschirrband vor der Ausgabetheke entlang und ließ das Stimmengewirr, das in der Kantine des Hope Institutes herrschte, an ihren Ohren vorbeirauschen. In Gedanken war sie immer noch bei der kürzlich zurückliegenden Operation – die Entfernung eines Nephroblastoms, eines Nierentumors, bei der dreijährigen Ava. Die Metastasen hatten schon in die Leber und die Lymphknoten gestreut. Der Kleinen ging es schlecht, und Trish hoffte, sie würde die heutige Nacht überleben – wie auch die folgenden.
Obwohl sie nun schon fünf Jahre als pädiatrische Onkologin arbeitete, schlugen ihr solche Schicksale immer noch auf den Magen. Dennoch musste sie etwas essen – die Nachtschicht würde lang werden.
»Was darf es heute sein, Dr. Vanderbilt?« Die Stimme der Kantinenkraft riss sie aus ihren Gedanken.
Trishs Blick schweifte über die diversen Tagesessen der Auslage. Sie entschied sich für eine Cola zum Wachbleiben, dazu einen Fisch-Taco, und nahm sich noch einen Blueberry Cheesecake zum Dessert. Sie hielt die Kreditkarte vor den Scanner am Kassenautomat und folgte ihrer Kollegin Katrina Bennett zu ihrem Stammtisch an der großen verglasten Fensterfront, von wo aus sie einen herrlichen Ausblick auf den Park und den entfernten Pazifik hatten.
Erstaunt hob sie die Augenbrauen, als ihr Blick auf Katies Tablett fiel. Darauf standen eine Flasche Wasser, ein grüner Salat mit separatem Essig-Öl-Dressing und ein Naturjoghurt. »Was ist denn mit dir los? Heute gibt es Mac'n'Cheese-Pizza, die liebst du doch so.«
Katie grinste verschämt. »Die vielen Probeessen für das Hochzeitsdinner – und vielleicht auch die Schokoladenzufuhr durch den Vorbereitungsstress – haben mir auf die Hüften geschlagen. Jetzt muss ich mein Gewicht halten, sonst passe ich nicht mehr in mein Brautkleid.« Mit einem Kichern krauste sie die Nase. »Dabei riecht diese Pizza so unverschämt gut.«
Angesichts dieser Grimasse konnte sich Trish das Lachen nicht mehr verkneifen. »Du Ärmste! Bald hast du es ja geschafft. Noch eine gute Woche. Danach kannst du in den Flitterwochen wieder richtig zuschlagen.«
»Oh, das werde ich! Wir haben ja das Wohnmobil von Leons Eltern, mit dem wir durch die Nationalparks bummeln wollen – da werde ich jeden Schrank mit Essen vollstopfen.« Abermals grinste sie, bevor sie wieder ernst wurde. »Ich bin froh, wenn wir die Feierlichkeiten erst hinter uns haben. Am liebsten würde ich durchbrennen.«
»Du wirst doch nicht noch kalte Füße bekommen?«, neckte Trish.
»Durchbrennen natürlich mit Leon«, sagte Katie wie aus der Pistole geschossen. »Vielleicht hätten wir uns doch nur ganz allein trauen lassen sollen. Aber das hätte mein Dad mir nie verziehen. Er ist ja froh, dass seine Tochter endlich in geordneten Familienverhältnissen lebt. Inklusive angeheirateter Enkelin. Wenn ich ihn die Hochzeit nicht hätte ausrichten lassen, wäre er zutiefst beleidigt gewesen.«
»Es ist sicherlich gut, solch ein wichtiges Ereignis ordentlich zu feiern. Sonst bereust du es vielleicht hinterher.«
Eigentlich hatte Trish es in neutralem Ton sagen wollen, aber vermutlich war ihr dies nicht gelungen, denn Katie, die sich eine Gabel mit Salat in den Mund geschoben hatte, sah sie nachdenklich an, während sie kaute.
»Die große Hochzeit hat auf jeden Fall den Vorteil, dass ihr meine Brautjungfern seid.« Sie zögerte. »Wir haben noch nie darüber gesprochen. Wie habt ihr, Mike und du, eigentlich geheiratet?«
Trish zuckte mit den Achseln. »Mike hatte mit seiner Band einen Auftritt in Vegas. Die Burning Souls waren damals die aufsteigenden Stars in der Rock-Szene. Ich flog zu ihm hin, schließlich war ich sein Groupie – durch und durch. Mein Kreislauf hatte schon seit ein paar Tagen gesponnen, aber ich habe es auf den Stress wegen meiner Dissertation geschoben. Während des Auftritts bin ich im Gedränge vor der Bühne umgekippt. Bei der Untersuchung hat sich dann herausgestellt, dass ich schwanger war.« Trish stieß die Luft in einem Schwall aus. »Na ja, als Ärztin sollte ich eigentlich nicht so blauäugig sein, aber ich hatte überhaupt nicht in Erwägung gezogen, dass ich schwanger sein könnte, schließlich hatten wir immer mit Kondom verhütet. Ich hatte die Pille nicht vertragen. Außerdem hatte ich befürchtet, dass Mike es bei seinen Auftritten mal doch nicht so eng mit der Treue nehmen könnte, auch wenn er immer versichert hatte, er wäre anständig.« Nun war es an ihr, eine Grimasse zu ziehen. »Anscheinend war wohl einer der Gummis nicht dicht, oder wir haben im Eifer des Gefechts nicht aufgepasst.«
»Oje!« Auf Katies Zügen stand Mitleid.
Trish sah sich verstohlen um, doch aus ihrem Kollegenkreis saß niemand in der Nähe. »Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich das Kind behalten wollte. Mike wollte es auch. Schließlich war ihm wohl gleich klar, dass ich mich um das Baby kümmern würde – er ist doch selbst noch ein Kind. Den Gedanken, Daddy zu sein, fand er cool.«
Trish seufzte. »Du kennst ja Mike. Er ist impulsiv. Besonders, wenn er gekokst hat. Was er wohl vor dem Auftritt hatte.« Sie schluckte die Verbitterung mit einem Schluck Cola hinunter. »Eigentlich war ich mit fünfundzwanzig gar nicht mehr so naiv. Ich war ja auch noch ziemlich durcheinander von der Nachricht, meine Hormone haben verrückt gespielt. Vielleicht war ich auch geschmeichelt, dass er – der coole Rockstar – mich wollte. Und gerührt, dass er zu dem Kind stand und sich sogar freute, das hätte ich nicht vermutet. Bevor ich mich versah, hatte er mich in eine schrille Kapelle geschleppt, und wir waren verheiratet. Trauzeugen waren zwei Jungs aus seiner Band. Mit denen er hinterher noch einen trinken ging, weil ich durch die Nachtdienste und vermutlich auch die Schwangerschaft total müde war. Das war also meine Hochzeit.«
Als sie sah, wie mitleidig Katie guckte, winkte Trish ab. »Schon okay, ich habe meine Lektion gelernt. Und ich liebe meine Tochter, ich bin froh, dass ich sie habe.« Sie biss in ihren Taco, der schon langsam kalt wurde.
»Auf jeden Fall kannst du dir sicher sein, dass deine nächste Hochzeit besser sein wird«, erwiderte Katie trocken.
»Oh, sei mir bloß ruhig damit!« Trish lachte. »Ich bin froh, dass die Scheidung durch ist und ich jetzt wieder mit Emma allein bin. Männer-Detox forever. Eine Beziehung kommt für mich ganz sicher nicht mehr infrage. Momentan ist es mir nicht mal nach Spaß haben.«
Bevor Katie darauf eingehen konnte, tauchte Trish ihren Löffel in den Nachtisch und fuhr schnell fort: »Aber apropos Hochzeit: Gibt es denn wirklich nichts mehr, was ich in letzter Minute für dich tun kann?«
Katie sah kurz aus, als wollte sie noch etwas zum vorigen Thema sagen, dann schob sie lachend ihr Tablett beiseite. »Zum Glück hat Janet so eine kompetente Hochzeitsplanerin aufgetan. Die beiden sind beim Organisieren ganz in ihrem Element. Und mein Dad mischt sich auch noch ein. Da würden wir nur stören.«
Trish erwiderte das Lachen. Auch wenn sie manchmal ein schlechtes Gewissen hatte, dass sie als Brautjungfer recht wenig zur Planung beitrug, so war sie doch froh, dass Janet – Katies beste Freundin und Trauzeugin – viel Freude am Ausrichten der Hochzeit hatte. Trish und Erin, die andere Brautjungfer, mussten eigentlich nur – voller Bewunderung über die tollen Ideen – zustimmen oder den wunderbaren Vorschlägen ihren Segen geben, und alles lief wie am Schnürchen.
Katie und Leon, die beide nicht auf Schicki-Micki standen, hatten sich für eine eher rustikale Hochzeit unter freiem Himmel beziehungsweise alternativ bei schlechtem Wetter in der Scheune entschieden, und so feierten sie auf einem Gestüt etwas außerhalb des Ortes. Das bedeutete, dass die gesamte Hochzeitsgesellschaft dort übernachten würde.
»Also hole ich am Dienstag das Kleid ab, und dann müssen Emma und ich nur pünktlich am Freitag zum Brautjungfern-Brunch erscheinen?«, versicherte sich Trish und kratzte die letzten Reste des Blueberry Cheesecakes zusammen.
Katie nickte. »Bist du sicher, dass Alan euch nicht abholen soll? Er hat es noch mal angeboten. Er kommt auch schon Freitagmorgen.«
Trish spülte den letzten Bissen mit der restlichen Cola hinunter, wischte sich mit der Serviette über den Mund und schob ihr Tablett ebenfalls beiseite. Sie zuckte mit den Achseln. »Danke, aber du weißt ja, ich bin gern unabhängig. Wir fahren selbst.«
»Gut, dann lernst du Alan am Freitag kennen.«
Hatte da soeben etwas in Katies Blick gelegen, was ihr zu denken geben sollte?
»Janet und du, ihr bekommt immer so einen gewissen Ausdruck in den Augen, wenn ihr über Alan sprecht. Was ist eigentlich mit ihm los?« Trish war noch nie gut darin gewesen, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Aber im Grunde war es ihr gleich, was mit ihm los war. Alan war ihr Begleiter für die Hochzeit. Nicht mehr und nicht weniger. Und Katie hatte schon durch die Blume erwähnt, dass er einer leidenschaftlichen Nacht nie abgeneigt, aber keinesfalls an einer Beziehung interessiert war. Also würden ihnen beiden auch Peinlichkeiten erspart bleiben – keiner würde auf die Idee kommen zu kuppeln, was ja bei Hochzeiten gern mal der Fall war. Welches Problem hatten die beiden also?
Katie zögerte kurz, dann zog sie die Mundwinkel auseinander. »Alan ist ziemlich heiß.«
»Das hast du mir damals schon gesagt, als er mein Begleiter zu der Wohltätigkeitsveranstaltung für das Kinderhospiz hätte sein sollen, bei der ich nicht konnte. Ich habe ihn, glaube ich, auch schon von Weitem gesehen, als er Lily besucht hat. Und du hast mir sogar ein Foto gezeigt. Willst du mich durch die Blume warnen, dass er auch baggern wird?«
»Nein, bestimmt nicht. So ist er nicht.« Katie zögerte. »Die Frauen kommen freiwillig zu ihm.«
»Da brauchst du dir bei mir keine Sorgen zu machen. Mein Bedarf an gut aussehenden Typen ist gedeckt. Da buchst du die Untreue gleich mit.« Trish verzog nachdenklich das Gesicht. »Außerdem stehe ich nicht so auf Bodybuilder-Typen.«
»Du schmachtest auch, wenn Dwayne ›The Rock‹ Johnson oder Chris Hemsworth als Thor auf der Leinwand erscheinen.«
»Trotzdem habe ich es lieber intellektuell.« Trish zwinkerte Katie zu.
»Hast du da nicht ein bisschen Vorurteile? Alan ist ganz und gar nicht dumm. Im Gegenteil – ich habe noch kein Gesprächsthema gefunden, bei dem er nicht hätte etwas beitragen können. Er hat ziemlich viel auf dem Kasten. Und ist verdammt charmant.«
»Machst du gerade Werbung für ihn?«
»Nein, gar nicht. Ich wollte dich nur ... vorwarnen.«
Trish schob sich resolut eine blonde Strähne hinters Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. »Keine Sorge! Ich werde seinem Charme schon nicht verfallen.«
»Gut!« Katie nickte sichtlich zufrieden.
Irgendein Geheimnis waberte um diesen Alan. Doch Trish blieb jetzt keine Zeit, darüber nachzugrübeln. Schließlich hatte sie zu arbeiten. Einige schwerkranke Kinder erforderten ihre volle Aufmerksamkeit. Zusammen mit Katie stellten sie die Tabletts in den Wagen und gingen zurück auf die Station.
Als Trish am nächsten Morgen ihre Schicht beendete, ging sie gleich noch einkaufen, bevor sie nach Hause fuhr. Zum Glück war die Trennung von Mike einigermaßen friedlich abgelaufen, und sie schafften es, Emma zuliebe miteinander auszukommen. Auch wenn sich Mike leider nicht immer als zuverlässig erwies, wenn er dran war, auf seine Tochter aufzupassen, während Trish Dienst hatte. Seine Rockband Burning Souls hatte in der letzten Zeit etwas an Ruhm eingebüßt, trotzdem lebte er das Klischee des Rockmusikers: Frauen, Alkohol und Drogen – in beliebiger Reihenfolge.
Seine Harley stand noch vor der Tür, als sie ihren dunkelblauen Dodge Caliber in die Garage fuhr.
In der Küche hörte sie es klappern. Beim Anblick ihrer Tochter ging Trish das Herz auf. Sie war auf einen Barhocker geklettert und griff nach den Branflakes im Küchen-Oberschrank. Die blonden Locken, die ihr manchmal etwas Engelhaftes verliehen, konnten momentan nicht von dem schuldbewussten Ausdruck ablenken.
»Hi, Mom.«
»Hi, Honey Bunny.« Trish warf ihre Einkaufstasche auf den Küchentresen und eilte zu ihrer Tochter, die erschrocken zusammengezuckt war.
Eigentlich wusste Emma, dass sie nicht allein auf den Stuhl klettern durfte. Aber Trish sollte wohl weniger mit ihr schimpfen. Sie schloss sie in die Arme und nahm den Geruch nach Schokolade wahr. Vermutlich hatte sie schon genascht.
»Wo ist dein Daddy?«
»Der schläft noch.«
Trish konnte die Wut nur mühsam unterdrücken. Sie setzte ihre Tochter auf ihren Stuhl am Esstisch, nahm die Branflakes heraus, füllte eine Schale und goss Milch darüber. Sie streichelte ihr über das Lockenköpfchen, küsste sie auf die Schläfe und ging dann, um Mike zu wecken.
Was brachte es eigentlich, dass er hier noch sein eigenes Zimmer hatte, wenn er dann verschlief? Na ja, es war trotzdem immer noch besser, als dass er Emma mit in seine Musiker-WG nahm. Wo in der Bude geraucht – womöglich gekifft oder anderes konsumiert – und die Nacht zum Tag gemacht wurde.
Als er auf ihr Klopfen nicht reagierte, öffnete sie die Tür. Dicke Luft und ein Chaos empfingen sie. Überall lagen Klamotten verstreut, eine fast leere Whiskeyflasche stand auf dem Nachttisch und die Gitarre lehnte am Bett. Mike hob verschlafen den Kopf. Er lag nur in Boxershorts auf dem Bett und machte sich nicht die Mühe, die Decke über sich zu ziehen, als er Trish sah.
Nun gut, seine Morgenlatte hatte sie schon häufiger gesehen – wenigstens hatte er sie bedeckt, normal schlief er nackt, aber sie hatte ihn gebeten, Emma zuliebe etwas anzuziehen. Trotzdem wollte sie in dieser Laune, die sie ihm zu verdanken hatte, nicht mit seinem Ständer konfrontiert werden. Schon gar nicht, als er sich an die Shorts fasste und den Inhalt ungerührt zurechtrückte.
»Wie spät isses?«, nuschelte er.
Trish eilte zum Fenster und riss es auf, um den Gestank hinauszulassen. »Es ist schon nach sieben. Unsere Tochter muss gleich los in die Schule und hat versucht, sich selbst Frühstück zu machen. Sie ist erst sechs, Mike!«
Er fuhr hoch, um sich im selben Moment an die Stirn zu fassen und stöhnend wieder nach hinten zu sinken. »Shit, wieso hat sie mich nicht geweckt? Was ist mit meinem Wecker los? Hab wohl vergessen, das Handy zu laden. Sorry!« Er setzte sein charmantes Lächeln auf, das in Verbindung mit dem Schlafzimmerblick tatsächlich auf sie wirkte. »Kannst du sie fahren?«
»Glaubst du vielleicht, ich würde sie bei deinem Zustand mit dir aufs Motorrad lassen?«, gab sie spitz zurück und drehte sich auf dem Absatz um.
»Ich habe ihn ...«, rief er ihr hinterher, seine Stimme jubilierte.
Trish ballte die Hände zu Fäusten, bevor sie sich, mühsam beherrscht, zurückdrehte. »Was?«
Über sein verschlafenes Gesicht glitt ein Strahlen, das ihm etwas Jungenhaftes verlieh. Mike war nie unattraktiv gewesen, nur der Lebensstil nagte mit den Jahren an seinem guten Aussehen. Der sexy Dreitagebart, den sie früher gemocht hatte, war inzwischen länger geworden. Dafür wichen die schulterlangen Haare zunehmend am Ansatz. Der Alkohol, den er häufig konsumierte, verschaffte ihm Polster, vor allem am Bauch.
Trotzdem liefen ihm die Frauen immer noch scharenweise nach – wie schon früher immer. Vermutlich war das sein Leadsänger-Bonus. In Lederhose und T-Shirt, was er normalerweise trug, fiel es auch nicht so auf wie jetzt, wo er fast nackt vor ihr lag.
Seine Worte rissen sie aus den Grübeleien: »Einen neuen Song für Emma. Er kam mir gestern Abend. Ihr gefällt er. Ich denke, wir nehmen ihn noch mit aufs neue Album. Willst du auch mal hören?« Beinahe sah er aus wie ein Hündchen, das um ein Leckerli bettelt, und Trish kostete es Mühe, ihren Ärger aufrechtzuerhalten. »Das freut sie bestimmt, aber ein Frühstück wäre auch nett gewesen.« Über die Schulter rief sie ihm zu: »Wir reden später. Ich mache Emma jetzt fertig und bringe sie zur Schule.«
Als Trish wieder nach Hause kam, fühlte sie sich wie eine Luftmatratze, aus der jemand den Stöpsel gezogen hatte. So gern sie Mike ordentlich die Leviten gelesen hätte, so war sie doch auch heilfroh, dass sie lediglich eine Nachricht auf ihrem Handy von ihm fand:
Musste leider los ins Studio. Ich spiele dir den Song ein andermal vor.
Trish schnaubte. Er hatte genau gewusst, dass sie sauer auf ihn war – mal wieder – und ihm eine Szene machen würde. Sie hasste das Ganze. Sie hasste es, dass sie sich dabei so spießig vorkam. Und je lockerer Mike alles nahm, desto verbohrter wurde sie selbst. Sie fand es abstoßend, die Zicke spielen zu müssen. Schließlich war genau die wilde Seite an Mike das, was sie ursprünglich angezogen hatte, als sie damals ihr eigenes Elternhaus voller etablierter Medizinerinnen und Medizinern so schrecklich bieder gefunden hatte. Die Ehe war die einzige Rebellion dagegen, da sie doch auch selbst Ärztin geworden war.
Es war jedoch mühselig, darüber nachzudenken, es half ja nichts. Außerdem war sie müde. Sie löffelte die Reste von Emmas Getreideflocken, um wenigstens etwas im Magen zu haben. Zu mehr war sie zu platt. Dann stellte sie das Geschirr in die Spülmaschine, warf Mikes leere Essenskartons vom Vorabend in den Müll und schleppte sich ins Schlafzimmer, wo sie sich völlig erschöpft ins Bett fallen ließ. Sie schaffte es gerade noch, den Wecker zu stellen, um Emma rechtzeitig abholen zu können, dann forderte die Woche Nachtschicht ihren Tribut: Sie fiel in einen todesähnlichen Schlaf.
Alan gab zwei Tropfen Aftershave auf die linke Hand, verrieb sie und fuhr sich über die frisch rasierten Wangen. Ein herber Duft erfüllte das kleine Badezimmer des Hotels, als er sich auch noch das passende Deo unter die Achseln rollte. Er tupfte kurz mit dem Handtuch nach, damit der Duft nicht zu intensiv wurde, dann fuhr er sich mit den Fingern durch die nackenlangen blonden Haare, um auch die letzten noch feuchten Strähnen aufzulockern. Das letzte Wochenende hatte er bei einer Kundin in ihrem Strandhaus in Malibu fast die komplette Zeit im Freien, im und um den Pool, verbracht. Das hatte einzelne Haarsträhnen gebleicht und seinen Körper nahtlos gebräunt.
Er schlüpfte in eine eng anliegende schwarze Cargo-Jeans und ein weißes Hemd, das er über den Hosenbund hängen ließ und an den Ärmeln hochkrempelte, bevor er ein geflochtenes Lederband um sein Handgelenk festzog. Eine Uhr trug er grundsätzlich nicht. Nicht aus modischen Gründen, sondern weil er eine Frau in seiner Gegenwart nicht an die Tatsache erinnern wollte, dass seine Zeit mit ihr begrenzt war. Auch wenn das vielleicht albern war.
Zuerst wollte er nach den Sneakers greifen, dann wählte er die Lederschuhe, da er sich nicht sicher war, ob beim Probedinner auch die Tanzfläche getestet wurde. Er war zwar bereits für einige Hochzeiten als Begleiter engagiert worden, war aber noch nie bei einem Probedinner gewesen.
Durch den heutigen Regen hatte es etwas abgekühlt, so zog er ein schwarzes Sommerjackett über, steckte ein Taschentuch ein, schob das Handy in die Hosentasche und hängte sich die Kamera-Tasche über die Schulter, bevor er nach draußen eilte.
Seine Begleiterin, Katies Kollegin Dr. Patricia Vanderbilt, wollte partout allein kommen, so konnte er direkt in die Scheune gehen, die bereits für die Hochzeitsfeierlichkeiten dekoriert worden war – morgen würde nur noch der frische Blumenschmuck folgen.
Ein wenig neugierig war er schon, was es mit dieser Frau auf sich hatte, die sich vehement weigerte, sich von ihm im Auto mitnehmen oder vom Zimmer abholen zu lassen. Nicht dass ihn das störte, er war selbst gern unabhängig, aber es war ungewöhnlich für ihn, dass er sich im Vorhinein kein Bild von jemandem machen konnte.
Als pädiatrische Onkologin war sie sicherlich nicht kaltherzig – nur des Geldes oder Ruhmes wegen gab es einfachere Berufe. Sie war geschieden und hatte eine sechsjährige Tochter. Ihr Ex war Musiker. An einer Beziehung war sie nicht interessiert. Wenn er Leons Andeutungen richtig verstanden hatte, der ihm grinsend versichert hatte, dass er an dem Wochenende mal richtig abschalten könnte, war sie – nach einer Beziehung mit einem notorischen Fremdgänger – auch nicht an einer Affäre oder an unverbindlichem Spaß interessiert. Das kam Alan entgegen. Aber sonst wusste er gar nichts von ihr.