Changing the Game - Ember Leigh - E-Book
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Changing the Game E-Book

Ember Leigh

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Beschreibung

Seine einzige Schwäche: seine dunkle Vergangenheit.

Lila ist die einzige Frau, die Lexington Olivo jemals geliebt hat – auch, wenn sie ihn vor fünf Jahren verließ und ihm das Herz brach. Als er sie wiedertrifft, will er beweisen, dass er sich geändert hat und eine zweite Chance verdient. Keine illegalen Kämpfe mehr, keine Lügen. Aber dieses Mal ist es Lia, die ein Geheimnis hat. Eines, das sie ihm seit fünf Jahren verschweigt und das alles verändern wird. Für immer.

Und während Lex damit beschäftigt ist, sich zu beweisen, holt ihn seine dunkle Vergangenheit wieder ein. Die Gang, für die er früher gefightet hat, will ihn zurück – und sie akzeptieren kein Nein …


Die große Breaking Serie von Ember Leigh für alle Fans von Penelope Ward and Vi Keeland. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Seine einzige Schwäche: seine dunkle Vergangenheit.

Lila ist die einzige Frau, die Lexington Olivo jemals geliebt hat – auch, wenn sie ihn vor fünf Jahren verließ und ihm das Herz brach. Als er sie wiedertrifft, will er beweisen, dass er sich geändert hat und eine zweite Chance verdient. Keine illegalen Kämpfe mehr, keine Lügen. Aber dieses Mal ist es Lia, die ein Geheimnis hat. Eines, das sie ihm seit fünf Jahren verschweigt und das alles verändern wird. Für immer.

Und während Lex damit beschäftigt ist, sich zu beweisen, holt ihn seine dunkle Vergangenheit wieder ein. Die Gang, für die er früher gefightet hat, will ihn zurück – und sie akzeptieren kein Nein …

Die große Breaking Serie von Ember Leigh für alle Fans von Penelope Ward and Vi Keeland. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Ember Leigh

Changing the Game

Aus dem Amerikanischen von Claudia Geng

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3 — Damals

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7 — Damals

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12 — Damals

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20 — Damals

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23 — Damals

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27 — Damals

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32 — Damals

Kapitel 33

EPILOG

Anmerkung der Autorin

Impressum

Lust auf more?

Kapitel 1

»Ist der Promi bereit?«

Lex drehte seinen Kopf, als er Travis’ Stimme hörte. Sein Freund kam lässig auf ihn zugeschlendert und packte ihn so fest im Nacken, dass Lex kurz aufstöhnte.

»Stör bitte nicht den künstlerischen Schaffensprozess«, sagte Lex, während die Maskenbildnerin auf seinem Oberkörper eine letzte Schicht Puder auftrug, um seine Brust- und Bauchmuskeln zu betonen. Es war eine Standardmaßnahme, um ihn für die Kamera vorzubereiten, einer von vielen Schritten am Filmset, von denen er vor zwei Monaten noch nichts gewusst hatte. Zum Glück war das Körper-Make-up beständig gegen Schweiß und Schläge – nicht, dass die Gegner ihn oder Travis jemals richtig treffen würden.

»Deine Arbeit ist wahre Zauberei«, sagte Travis zu der Maskenbildnerin.

»Ja, sie ist richtig gut«, fügte Lex rasch hinzu, »aber seien wir ehrlich, dieses Sixpack braucht eigentlich keine Schminke. Hab ich recht?«

Das Erröten der Maskenbildnerin reichte ihm als Antwort. Und diese hübsche Wangenröte erinnerte ihn prompt an eine andere Blondine, eine, über die er sich besser nicht zu viele Gedanken machte.

»Jaja, Mr. Waschbrettbauch. Na komm, lass uns jetzt selbst vor den Kameras zaubern.« Nachdem die Maskenbildnerin Lex den letzten Schliff verpasst hatte, folgte er Travis in den hinteren Bereich des Gebäudes von Holt Body Fitness.

Die neue Fernsehserie Das Duell zwischen Amateuren und Kampfsportprofis nach einem Konzept, das Travis und Amara gemeinsam entworfen hatten, hatte schlagartig Fahrt aufgenommen. Heute wurde die fünfte und letzte Folge gedreht, und schon in wenigen Tagen würde die Serie ihre TV-Premiere feiern.

Und wenn es so weit war? Lex war für alles bereit, was sich ihm bieten würde, sei es Starruhm, eine fanatische, halb nackte Anhängerschaft oder wenigstens ein ordentlicher Werbevertrag für einen Proteindrink. Wie jeder andere in L. A., der auf fünfzehn Minuten Ruhm hoffte.

Neugierige Blicke hefteten sich auf sie, angelockt von ihren nackten, gebräunten Oberkörpern. Lex registrierte im Vorbeigehen blonde Pferdeschwänze. Gott, er hatte eine Schwäche für Blondinen. Schöne Frauen gehörten zu den vielen Vorzügen seiner Arbeit im Gym, denn Holt Body Fitness zog ein bestimmtes Kaliber an: Models, Berühmtheiten und die Crème de la Crème der attraktiven Nichtberühmten. An diesem Ort herrschte ein ständiger Nachschub an Augenweiden.

Als sie sich dem MMA-Trainingsraum näherten, wurde das Stimmengemurmel immer lauter und deutlicher. Gleich darauf erstreckte sich der große Raum vor ihnen, mit einem Oktagon in der Mitte, das von Kameras und Bühnenscheinwerfern gesäumt war.

Amara kam strahlend auf sie zu, den Blick aus ihren dunklen Augen heftete sie in einer Weise auf Travis, die Lex einen Stich ins Herz versetzte.

Vor langer Zeit hatte auch er eine Frau gehabt, die ihn so ansah. Und manchmal vermisste er das. Es war fünf Jahre her, seit er die Liebe seines Lebens das letzte Mal gesehen hatte. Öfter, als ihm lieb war, weckten Travis und Amara Erinnerungen an jene Zeit.

Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, spürte er eine Lücke in seinem Leben. Nicht bloß, weil ihm eine Partnerin fehlte … sondern diese Frau speziell. Seine Ex. Die Frau, über die er sich noch immer ungewollt den Kopf zerbrach, obwohl er wusste, dass Menschen wie er keine zweite Chance bekamen. Er hatte bereits seinen ganzen Glückskredit aufgebraucht, indem er Travis kennenlernt hatte, clean geworden und in den professionellen MMA-Sport eingestiegen war und schließlich in Travis’ Gym zu arbeiten angefangen hatte. Er hielt keine Trümpfe mehr in der Hand.

»Da seid ihr ja.« Amara umarmte Travis, dann boxte sie Lex in die Schulter. »Wir sind alle bereit.«

»Wen meinst du mit wir?« Lex zog seine Augenbraue hoch. »Kämpfe ich gegen mehrere Leute gleichzeitig?«

»Du kämpfst heute gegen jemanden, den Amara kennt«, sagte Travis. »Beziehungsweise dessen Freundin sie kennt.«

»Sein Name ist Mason«, erklärte Amara. »Er ist Polizist und einer der Ansprechpartner für unser Frauenhaus. Er ist ein netter Kerl, also bring ihn bitte nicht um.«

»Wie niedlich, ein Cop.« Lex dehnte seine Arme über dem Kopf, und ein verschlagenes Lächeln erschien in seinem Gesicht. »Wenn ich ihn mal treffen lasse, drückt er vielleicht bei meiner nächsten Radarkontrolle ein Auge zu.«

Travis grinste. »Als würde in L. A. jemand ein Bußgeld für zu schnelles Fahren bekommen.«

»Na schön. Er darf einmal richtig zuhauen, aber dafür muss ich nie wieder ein Parkknöllchen bezahlen.«

»Schräger Deal, aber gefällt mir«, sagte Travis und schob ihn in Richtung Ring. »Die Kameras sind bereit für dich, Bro. Dein Gegner wurde in den Ablauf eingewiesen, wir können also direkt loslegen.«

Lex schlenderte lässig zu dem Bereich vor dem Oktagon, wo die Vorstellungsrunden stattfanden. Zuerst wurde gefilmt, wie der Kampfsportler und der Amateur sich kennenlernten und ein bisschen Small Talk machten, über ihre Erwartungen und ihre Kampferfahrung redeten.

Lex rasselte immer eine ganze Litanei herunter; es machte ihm Spaß, sich großspurig zu geben und mit dem süffisanten Lächeln zu spielen, das ihm damals in der Unterwelt den Spitznamen Grinsekater eingebracht hatte. Obwohl er diesen Namen vor vielen Jahren, als er aus der illegalen Kampfszene ausstieg, abgelegt hatte, spürte er von Zeit zu Zeit die dunkle Energie in sich pulsieren. Es gab Tage, an denen die Nostalgie mit scharfen Klauen nach ihm schnappte, an denen er sich nach dem süßen Gift in seinen Adern sehnte, nach dem schlingernden Rausch der zügellosen Kämpfe in unscheinbaren Lagerhallen.

Sein Gegner stand ein Stück abseits und besprach sich gerade mit dem Regisseur. In seinem hellblauen Hemd und der khakibraunen Hose sah er ordentlich und spießig aus – genau so, wie Lex es von einem Cop erwartete. Wie eins dieser Models für klassische Freizeitmode, die auf Plakatwänden prangten.

Lex drehte sich zu Amara um. »Was sagtest du, woher du diesen Kerl kennst?«

»Durch eine Freundin von mir. Ihr Name ist Lila. Sie arbeitet in einem der Krankenhäuser, mit denen wir kooperieren.«

Der Name Lila traf ihn wie ein Blitz, durchzuckte ihn von Kopf bis Fuß.

Das kann nicht dieselbe Lila sein.

Er schluckte hart und sah sich prüfend um, musterte jedes einzelne Gesicht im Raum. Es gab bestimmt eine Million Lilas in L. A. Die Chance, dass es sich um seine Lila handelte, war praktisch gleich null. Sein Pulsschlag beschleunigte sich.

Aber was, wenn sie es doch war?

»Ach ja?« Ein blonder Schopf auf der anderen Seite des Käfigs weckte seine Aufmerksamkeit, obwohl die Frau mit dem Rücken zu ihm stand und sich gerade mit jemandem unterhielt. Sein Magen krampfte sich leicht zusammen. »Du hast noch nie was von einer Lila erwähnt.«

Das muss sie sein. Er starrte auf die blonde, durchgestufte Kurzhaarfrisur, den langen schwarzen Schal, die fließenden Handbewegungen der Frau, als sie beim Reden gestikulierte. Von hinten könnte sie irgendjemand sein. Aber die Art, wie sie dastand, eine Hand auf ihrer Hüfte, die andere jetzt unter dem Kinn, als würde ihr ganzes Skelett ohne diese Stützen zusammenbrechen …

Sie brauchte sich nicht umzudrehen, damit er Gewissheit bekam. Er hatte sie jahrelang damit aufgezogen, dass sie immer ihr verdammtes Kinn hielt. Er lächelte, dann zog er grimmig seine Augenbrauen zusammen.

Sie war seine erste und einzige große Liebe gewesen. Sein erster und einziger großer Liebeskummer.

»Lila ist ein Engel«, sagte Amara mit strahlenden Augen. »Ich werde sie dir später vorstellen.«

Auf der anderen Seite drehte Lila sich in diesem Moment um, und ihr herzförmiges Gesicht fesselte ihn auf dieselbe Art wie vor all den Jahren, als sie sich mit siebzehn zum ersten Mal in der Schulbibliothek begegnet waren. Sie hatte leistungsschwachen Schülern Nachhilfeunterricht gegeben, und er war der schlechteste von allen gewesen. Bis er sie traf.

Sein Herz krampfte sich wieder zusammen. Es war fünf Jahre her, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Fünf Jahre, seit sie ihn verlassen und ihm die dunkelsten Stunden seines Lebens beschert, ihn sogar noch tiefer in den gähnenden Abgrund des Grinsekaters gestoßen hatte. Fünf Jahre, seit sie ihre Telefonnummer geändert hatte, ihre E-Mail-Adresse, sogar vollständig aus den sozialen Medien verschwunden war. Ein ganzes Jahr lang hatte er täglich nach ihr gesucht.

Und dann … hatte er losgelassen. Denn wenn sie nicht von ihm gefunden werden wollte, sollte er sich wohl besser mit Frauen beschäftigen, die gefunden werden wollten.

Was nicht bedeutete, dass er jemals aufgehört hätte, an sie zu denken. Oder sich ihr Gesicht vorzustellen, statt die anstrengenden oder langweiligen oder schlichtweg unpassenden Frauen anzusehen, die in seinem Leben lediglich Gastauftritte hatten.

Er stand bewegungslos da, unfähig, seinen Blick von ihr loszureißen, während ihrer in seine Richtung wanderte. Als sie ihn direkt ansah, durchfuhr es ihn wie ein elektrischer Schlag. In ihre eisblauen Augen schlich sich Erstaunen, und er wusste nicht, ob er davonlaufen oder sie in seine Arme ziehen und nie wieder loslassen wollte. Sollten noch irgendwelche Zweifel bestehen, wurden sie von ihrem Gesichtsausdruck beseitigt – es war die Art von Ausdruck, die fünf Jahre zu einem Wimpernschlag reduzierte, all den Kummer der Vergangenheit zu einem fernen Murmeln werden ließ, zu einer Geschichte, die einmal erzählt und dann weitgehend vergessen wurde.

Er schaute zu seinem Gegner und spannte seinen Kiefer an, Travis’ Worte klingelten in seinen Ohren.

Dann würde er also gegen Lilas Lover kämpfen? Es schien nicht richtig zu sein, nach so einer langen Zeit Eifersucht zu spüren, ja nicht einmal möglich.

Aber so war es zwischen ihm und Lila schon immer gewesen. Einfach einen Tick zu intensiv.

Er stemmte seine Fäuste in die Hüften. Es juckte ihn in den Fingern zuzuschlagen.

Lila stockte mitten in ihrem Satz der Atem. Sie hielt inne, und ihr Blick blieben an dem halb nackten, muskulösen, breitschultrigen Mann auf der anderen Seite des Käfigs hängen.

Es gab nur einen Mann auf diesem Planeten, der ihren Blick so fesseln konnte.

Lexington Olivo.

Das charakteristische Drachentattoo, das sich über seine linke Schulter schlängelte, war Bestätigung genug. Und er war so viel verführerischer als in den Auftritten, die er in ihrer Phantasie hatte, noch heute, so viele Jahre nach ihrer Trennung.

Sie war hierhergekommen, um Mason einen Gefallen zu tun und weil sie sich das Gym ansehen wollte. Auf diesen Schubs in die Vergangenheit war sie allerdings nicht vorbereitet gewesen.

Hitze kroch ihren Nacken empor, und sie sah die Mitarbeiterin von Holt Body Fitness entschuldigend an. »Sorry, ähm, ich habe den Faden verloren. Was habe ich gerade gesagt?«

Die junge Frau – hieß sie Melanie? – winkte ab. »Schon okay. Hier wird man leicht abgelenkt. Einer der Vorteile, wenn man hier arbeitet.« Sie lächelte verschmitzt, und Lila wurde klar, dass Melanie ihrem Blick zu Lex gefolgt war. »Du hast mir gerade von deiner Arbeit erzählt.«

»Richtig.« Lila zwinkerte ein paarmal und versuchte, Lex’ Bild vor ihrem geistigen Auge zu verdrängen. Hoffnungslos. Dieser kurze Blick auf ihn würde sich in ihrem Kopf einnisten und vermehren wie ein wild gewordener Einzeller. Tschüs, ihr Gedanken, die ihr nicht um Lex’ Waschbrettbauch kreist. »Ich beneide dich um diese Vorteile in deinem Job. Meine sind deutlich weniger … ästhetisch. Im Moment arbeite ich als Krankenschwester in der Notaufnahme, aber in ein paar Monaten werde ich die Pflegedienstleitung im St. Vincent übernehmen.«

Lila zwang sich zu einem selbstsicheren Lächeln, während ihr die Worte eher routiniert über die Lippen gingen als leidenschaftlich. Sie arbeitete nun schon seit fast vier Jahren in der Notfallambulanz. Mit siebenundzwanzig wurde es langsam Zeit, eine Schippe draufzulegen. Als die Stelle ausgeschrieben wurde, hatte sie sich darauf beworben, noch bevor die Tinte auf dem Papier getrocknet war. Gute Führungsqualitäten, eine klare Zielsetzung, Erfahrung in einem temporeichen Arbeitsumfeld – das alles besaß sie im Überfluss.

Es spielte keine Rolle, dass sie nicht wusste, ob sie den Job bekommen würde. Sie musste einfach so reden, als hätte sie ihn bereits sicher – und dann freiwillig Überstunden schieben, schuften bis zum Umfallen, über alle Zweifel hinweg beweisen, dass sie für die Stelle am besten geeignet war. Selbst wenn es bedeutete, dass sie vorläufig Zeit mit ihrem Kleinen opfern musste. Eines Tages würde er erkennen, dass sie es für ihn tat. Für sie beide.

»Das klingt nach viel Arbeit«, sagte Melanie. »Bekommst du offene Brüche zu sehen und Eingeweide, die aus den Leibern herausquillen?«

Lila lachte, während ihr Blick gegen ihren Willen wieder zu Lex wanderte. »Manchmal schon.« Alle weiteren Gedanken versiegten, als sie sah, dass Mason bei ihm stand. Dass sie sich unterhielten. Eine innere Unruhe befiel sie. Sie hätte sich diese Situation niemals vorstellen können, nicht einmal in ihren seltsamsten Albträumen.

Lex zu begegnen, hatte ganz und gar nicht auf ihrer Tagesordnung gestanden. Sie hatte nur ein paar heiße Typen sehen wollen, die ein bisschen boxten, und dafür ihren einzigen freien Tag in der Woche geopfert. Mason betrachtete die Gelegenheit, »vor laufender Kamera die Profis herauszufordern«, wie er es nannte, als Werbung für seine Spezialeinheit, um mit spannenden und modernen Mitteln die Polizeiarbeit, die er im Kampf gegen Bandenkriminalität leistete, bekannt zu machen. Aber Lila vermutete, dass es ihm eigentlich darum ging, zu zeigen, was für ein toller Hecht er war.

Schließlich war ihm ihr schwindendes Interesse nicht entgangen. All die unbeantworteten Anrufe und gecancelten Pläne.

Hätte sie geahnt, dass Lex sein Gegner sein würde, hätte sie ihn zumindest warnen können … hätte ihn vielleicht darauf hingewiesen, dass es keine gute Idee war, gegen ihren Ex, einen knallharten Streetfighter, anzutreten. Gegen einen Mann, der so viele Nasen zertrümmert und Gesichter blutig geschlagen hatte, dass man sie nicht zählen könnte. Gegen einen Mann, der Mason wahrscheinlich mit einem einzigen perfekt platzierten Haken ins Koma befördern konnte.

In diesem Moment kam Amara mit einem strahlenden Lächeln auf sie zu. »Na, ist das Gym nicht cool? Ich bin schon gespannt auf deine Meinung.«

»Supercool.« Lila schluckte hart und ließ ihren Blick durch den Raum im Industrial Style schweifen. Ihr Verstand drehte sich wie ein Karussell, unfähig, sich lange genug auf eine Sache zu konzentrieren, um sich einen Reim darauf zu machen. »Hier hat es mit dir und Travis angefangen, richtig?«

»Ja, ich bin ständig trainieren gegangen, um mit ihm zu flirten.« Amaras dunkle Augen leuchteten.

Lilas Herz zog sich auf eine eigenartige Weise zusammen. Vielleicht könntest du wieder so mit Lex flirten.

Der Gedanke bestürzte sie, und sie kniff ihre Augen zusammen. Gedanken wie diesen durfte sie sich nicht erlauben. Nicht nach all den Jahren, die sie voneinander getrennt waren, nicht nach den sagenhaften Fortschritten, die sie ohne ihn gemacht hatte. Lex war Vergangenheit.

Obwohl schon ein kurzer Blick auf ihn genügte, um ihr weiche Knie zu verursachen. Seine bloße Gegenwart flehte sie an, ihre gemeinsame Vergangenheit schönzufärben, sie als nicht so schlimm neu zu bewerten.

Lex’ entspannte Haltung verführte dazu, ihn in einem ganz anderen Licht zu betrachten. Als wäre er nicht der arrogante Gockel, der sie vor sieben Jahren zu einem Treffen am Strand gedrängt hatte. Beziehungsweise das idiotische Großmaul, das an ungezwungenen Abenden in der Kneipe eine Prügelei anzettelte, nur um zu sehen, wer sich als Erster von ihm provozieren ließ.

Mason und Lex schüttelten sich die Hände, und die Kameras schwärmten aus, um zu filmen, wie die beiden in den Ring stiegen. Lex war schon immer sehr muskulös gewesen, aber neben Mason verströmte er ein Selbstbewusstsein und eine Robustheit, die Lila magnetisch anzogen.

Lex musterte Mason grinsend von oben bis unten, seine Miene drückte Zufriedenheit aus. Lila fröstelte. Mason konnte nicht ahnen, dass er ihrem Verflossenen gegenüberstand. Obwohl sie nicht die geringste Absicht hatte, mit Mason jemals eine offizielle Beziehung einzugehen, wirkte der Umstand, dass er arglos in ein Kräftemessen mit ihrem gut gebauten Ex-Freund ging, wie ein unnötiger Tritt in die Eingeweide.

Es war auch nicht gerade hilfreich, dass Mason sich dem Kampf gegen die Bandenkriminalität verschrieben hatte. Bestimmt würde es ihn brennend interessieren, dass Lex eine besondere Vorgeschichte mit einer Gang hatte, die Mason gerade unter die Lupe nahm.

»Also«, sagte Amara und gab Lila einen Stups mit ihrem Ellenbogen. »Hat Mama heute Abend frei?«

»Ich bin bis Sonntag sin niño. Warum, willst du die Sau rauslassen?«

»Du solltest heute Abend mit uns ausgehen«, antwortete Amara. »Travis hat ein paar Leute in die Kneipe eingeladen. Du weißt schon, um den Abschluss der ersten Serienstaffel zu feiern.«

Ein Abend in der Kneipe. Das klang wie ein verbotener Luxus. Lilas Leben bestand zu gleichen Teilen daraus, Mutter und Krankenschwester zu sein – und nichts anderes. Lane, ihr Sohn, machte an diesem Wochenende mit Oma und Opa einen Ausflug in den Redwood-Nationalpark. Falls sie vergessen hatte, wie sich ein feuchtfröhlicher Mädelsabend anfühlte, dann war jetzt der geeignete Zeitpunkt, es herauszufinden.

Sie beobachte Lex, der sich gerade mit Mason abklatschte. Sein glänzender Oberkörper erinnerte an einen griechischen Gott. Der Mann strahlte Verführungskraft aus. »Wer kommt alles?«

»Nur die Jungs. Und wen auch immer sie im Schlepptau haben.« Amara lachte. »Ich nehme an, dass du Mr. Schmachtblick nicht mitbringen wirst.«

Das war Amaras Spitzname für Mason. Er hatte diesen schmachtenden Blick seit dem Tag, an dem er mit seiner Aufklärungsarbeit im Krankenhaus angefangen hatte. Aber mit der Zeit hatte Lila erkannt, dass Mason sie wegen seiner Idealvorstellung so anschmachtete, nicht wegen ihr persönlich. Er wollte eine Familie und das Häuschen mit Vorgarten mehr, als er Lila wollte. Es störte sie, dass er vermutlich mit einer seelenlosen Hülle zusammen sein könnte, nur um seinen Traum zu verwirklichen. Als hätten die Persönlichkeit, der Humor und die Macken einer Frau keinerlei Bedeutung für ihn.

»Definitiv nicht«, sagte sie. Sie war heute aus Gefälligkeit ins Gym mitgekommen, weil sie und Mason es so vereinbart hatten, als zwischen ihnen noch was lief. Dabei wollte sie einfach nur noch weg von ihm.

Obwohl es wiederum gar nicht so schlecht war, dass sie ihn heute begleitet hatte.

Als der Kampf eröffnet wurde, verfolgte sie gebannt das Geschehen im Ring. Lex wanderte lässig umher, als würde er einen Spaziergang durch den Park machen. Mason hopste von einem Bein auf das andere, die geballten Fäuste schützend vor sein Gesicht gehoben.

Lex beugte sich leicht vor und schlug träge nach ihm, wie eine Katze, die mit ihrer Beute spielte. Lila konnte ihren Blick nicht von seinen geschwungenen Lippen losreißen, während ihr das Herz bis zum Hals schlug. Wie kann sein Anblick sich anfühlen, als wäre nicht ein Tag vergangen?

Fünf Jahre waren eine lange Zeit. Inzwischen waren sie praktisch andere Menschen. Wer konnte schon sagen, wie Lex sich verändert hatte seit ihrer Trennung? Und wer konnte schon sagen, ob er jemals in der Lage war, ihr neues Leben zu akzeptieren?

Aber seine Gegenwart zog sie an wie der Gesang einer ganzen Schar von Sirenen. Lockte sie in seine Nähe, suchte den Kontakt zu ihr. In fünf Jahren konnte sich alles verändern.

»Okay, um wie viel Uhr treffen wir uns?« Die Frage rutschte ihr ungewollt heraus. Lex würde ganz bestimmt auch kommen.

»Sagen wir, um sieben?« Amara zog ihre Augenbraue hoch. »Die Feier ist in der Corner Bar gleich hier in der Nähe.«

Lila schnappte leise nach Luft, als Mason einen Schwinger schlug, der Lex vollkommen verfehlte. Er setzte nach und zielte auf Lex’ Körpermitte, woraufhin Lex seitlich auswich und zum Gegenschlag ausholte, mit dem er Mason glatt auf die Bretter schickte. Ein kollektives Oooh ertönte. Lex half Mason wieder auf die Beine und klopfte ihm auf den Rücken.

Hoffentlich war Mason nicht so schwer getroffen, dass er von Lila gepflegt werden wollte. Denn Krankenschwester Lila war heute Abend schon anderweitig gebucht. Selbst wenn sie sich lediglich um ihren Cosmopolitan kümmern musste, während sie Lex über die Theke hinweg anstarrte.

Anschauen war nicht dasselbe wie Animieren. Anschauen war absolut erlaubt. Und es war praktisch eine Sünde, einen Mann wie Lex nicht anzuschauen. Sein Körper verlangte es – und er war nur noch besser geworden, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte.

Das war an einem Wochenende nachts um ein Uhr gewesen, als sie mit zweiundzwanzig fieberhaft ihre Sachen packte, um einen Schlussstrich unter das Leben zu ziehen, das sie mit Lex zwei Jahre lang in einer gemeinsamen Wohnung geführt hatte. Sie erinnerte sich an den Moment, als wäre es erst vor einer Woche passiert. Lex hatte sie mit vor Verzweiflung brüchiger Stimme angefleht zu bleiben, ihm nur noch eine weitere Chance zu geben. Er hatte ihr geschworen, sich von den Drogen loszusagen und dass er es dieses Mal ernst meinte.

Bei ihrem ersten Versuch zu gehen hatte er ihr den Weg versperrt, beim zweiten mit der Faust ein Loch in die Wand geschlagen, und beim dritten war sie hinausgestürmt, ohne einen Blick zurückzuwerfen.

Ihre Augen tränten, und sie räusperte sich. Wie konnte sie sich in jemanden mit einer so dunklen Seite unsterblich verlieben? Nach Lex hatte sie sich geschworen: nie wieder.

Nur noch normale, beständige Männer. Männer von der ordentlichen, ruhigen, anständigen Sorte. Die Sorte, die auf Steakhäuser und Fassbier stand, die Sorte, die sich Kampfsport im Fernsehen anschaute und noch nie in ihrem Leben selbst die Faust erhoben hatte. Der amerikanische Durchschnittstyp, der nach dem weißen Lattenzaun strebte und keinen Ärger machte.

Sie holte zitternd Luft und beobachtete, wie Lex fast gemächlich sein Gesicht blockierte, als Mason darauf zielte. Ein normaler Mann wie Mason war das, was sie brauchte. Einen Polizisten, der hinter dem Schreibtisch saß, Kinder wollte, jeden Tag um fünf nach Hause kam.

Aber es gelang ihr nicht, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie Mason oder einen der anderen Nullachtfünfzehntypen wollte, mit denen sie sich eingelassen hatte. Ganz gleich, wie sehr sie sich bemühte, diese Männer zu begehren, sie konnten die Erwartungen nicht erfüllen.

Keiner kam an das schemenhafte Original heran, das sich tief in ihrem Hinterkopf verankert hatte.

Kapitel 2

»Auf das Team!« Lex erhob sein Tequilaglas und ließ sich vom Lächeln seiner Kumpels anstecken.

»Und auf eine unglaubliche Zukunft!« Travis stieß mit ihm und Jake an, dann kippten alle drei ihre Shots hinunter. Der Alkohol brannte in Lex’ Kehle, er hustete ein wenig und knallte dann sein Glas auf die Theke, schob es in Richtung Barfrau.

»Noch eine Runde«, sagte er und zwinkerte der hübschen Blondine zu. Sie kicherte und setzte sich in Bewegung, ihm einen koketten Blick über ihre Schulter hinweg zuwerfend. Er versuchte zurückzuflirten, aber plötzlich übermannte ihn Unsicherheit, und er schaute nach unten. Das lag einzig und allein an seiner Lieblingsblondine, die heute Nachmittag unvermittelt aufgetaucht war.

Sie hatten während der Dreharbeiten nicht einmal miteinander gesprochen – aber sie dort im Gym zu sehen, einfach nur dieselbe verdammte Luft wie sie zu atmen, hatte sich angefühlt, als hätte er eine besonders heftige Droge genommen. Bestimmt würde er in den nächsten Tagen schlecht träumen. Was für eine abgefahrene Scheiße.

Sie war die einzige Frau, die er jemals begehrt hatte. Wahrscheinlich jemals begehren würde. Und sie heute wiederzusehen, hatte ihn total aus der Bahn geworfen. Zumindest würde der Alkohol ihm helfen runterzukommen. Und auch die Gewissheit, dass er ihrem Lover ein Veilchen verpasst hatte.

Im vergangenen Jahr war er voll durchgestartet. Er hatte sich im Gym hochgearbeitet, sich seine eigene Stammkundschaft aufgebaut, sich einen Namen als MMA-Trainer gemacht, der auf der richtigen Seite des Gesetzes stand. Und der jüngste Grund zum Feiern – die vollendete erste Staffel der Holt-Body-Fitness-Serie – war das Sahnehäubchen auf seinem rasanten Aufstieg.

Der Grundstein dafür war seine Entscheidung gewesen, gesund und erfolgreich zu werden, statt sich weiter zu quälen und mit Drogen vollzupumpen. Schließlich konnte er sich nicht sein ganzes Leben lang betäuben und dem schnellen Kick hinterherjagen. Das Zeug gab einem zwar das Gefühl, unbesiegbar zu sein, aber es war nie von Dauer.

Travis checkte sein Handy und boxte dann Lex in die Seite. »Amara ist auf dem Weg hierher und bringt ein paar Freundinnen mit. Ich habe ihr gesagt, je mehr, umso besser, damit wir richtig feiern können.«

Lex hustete gegen den Schmerz. Travis gehörte zu den wenigen, deren freundschaftlicher Klaps wehtat. Vielleicht ist Lila eine dieser Freundinnen. Aber das war reines Wunschdenken. Schließlich hatte er vorhin ihren Freund vermöbelt. Die Grenze war klar gezogen. »Cool. Das klingt, als wäre der Abend gerettet.«

Die Barfrau kehrte mit drei Tequilas auf einem Tablett zurück. Ihr Blick wanderte zwischen Lex und den anderen beiden hin und her, ihre Brüste quollen aus ihrem engen Tanktop. »Seid ihr Jungs Boxer oder so?«

Lex sah grinsend zu Travis und Jake. »So ähnlich.«

Ein spitzbübisches Lächeln erschien in ihrem Gesicht, als sie Lex erneut musterte. Immer wenn er und seine Kumpels zusammen um die Häuser zogen, umschwärmten Frauen sie wie Bienen den Honig. Lex stieß klirrend mit seinen Freunden an und kippte dann den zweiten Shot hinunter. Ein Hoch auf eine endlos strahlende Zukunft. Clean und bodenständig zu werden, war vor fünf Jahren die einzige Option für ihn gewesen – das oder zu sterben –, aber er hätte sich niemals vorstellen können, dass das Leben auf der anderen Seite so viel zu bieten hatte. So viele Erfolgserlebnisse.

Er schob sein leeres Glas wieder zu der Barkeeperin und drehte sich dann um, ließ seinen Blick durch die Kneipe schweifen. Fröhliche Millennials mit glasigen Augen bevölkerten den rustikalen Raum, standen jedoch nicht Schulter an Schulter. Die Corner Bar war eine seiner Lieblingskneipen, nur zwei Blocks vom Gym entfernt, der perfekte Schnittpunkt zwischen Arbeit und Zuhause. Das waren inzwischen die einzigen Orte, an denen er sich aufhielt – das Gym, seine Wohnung oder diese Kneipe.

»Kommt Eddie auch?« Lex blinzelte, während er die Gesichter im Raum musterte. Ein paar Stammgäste, die er vom Sehen kannte, und jede Menge Frauen, die an ihm und seinen Freunden vorbeitänzelten und neugierige Blicke in ihre Richtung warfen. Aus den Lautsprechern schallte Alternative Rock und verlieh dem Abend eine leicht düstere Note.

»Er ist bereits auf dem Weg«, sagte Jake. »Er dürfte spätestens in einer halben Stunde hier sein.«

Irgendwo zerschellte ein Glas, gefolgt von Jubel und Gelächter. Lex wandte sich an Travis. »Weiß er schon über dich und Amara Bescheid?«

Travis grinste. Nach sechs Monaten Beziehung zogen sie nun in ihre erste gemeinsame Wohnung. »Sicher. Ich glaube, er war erleichtert. Er hat gesagt, ich soll endlich aufhören herumzukaspern und ihr einen Antrag machen.«

Lex grinste. »Als wäre das nicht bereits in Planung.«

Jake klopfte Travis auf den Rücken. »Du musst mich unbedingt mit einer von Amaras Freundinnen verkuppeln. Wenn ich euch zwei Turteltauben sehe, bekomme ich wieder Lust auf eine Beziehung.«

»Ja, das sind lauter nette Mädels.« Travis nahm ein Glas Whisky von der Barfrau entgegen und grinste übermütig. Lex zwang sich zu einem Lächeln – »nette Mädels« war ein Begriff für Lebenspartnerinnen. Enttäuschend war ein anderer.

Trotz einer ganzen Serie von Misserfolgen wünschte er sich noch immer eine Beziehung. Es schien nur unwahrscheinlich, dass er jemals die passende Frau finden würde angesichts all der hübschen Mädchen, mit denen er es in den letzten Jahren versucht hatte. Lila, seine einzig wahre Liebe, hatte ihn an seinem absoluten Tiefpunkt verlassen. Und danach hatte sich jede Beziehung halbherzig angefühlt, oberflächlich und passiv, und er war zunehmend unzufrieden geworden, weil keine seiner Freundinnen ihm das geben konnte, was er wirklich wollte.

Nämlich Lila. Ihre Intelligenz und Geradlinigkeit. Ihre Art, ellenlange To-do-Listen zu machen und tatsächlich jeden einzelnen Punkt darauf abzuhaken und auch ihn dafür einzuspannen. Die Art, wie ihre Augen als Erstes lächelten und dann erst ihre Lippen. Ihr unaufhörlicher innerer Antrieb, ihre Ziele zu erreichen, sich zu verbessern, um irgendwo in dieser dummen Welt tatsächlich ein Zeichen zu setzen.

Und hier war er nun. Setzte selbst ein Zeichen in dieser dummen Welt. Lila wäre stolz auf ihn. Falls er jemals nah genug an sie herankäme, um ihr davon zu erzählen.

Vielleicht würde er sein ganzes Leben damit verbringen, ihr hinterherzutrauern. Das erschien ihm nicht unwahrscheinlich, schließlich spukte sie nach fünf Jahren noch immer in seinem Kopf herum. Die Frau, die das Weite gesucht hatte. Nein – die Frau, die er mit seinen Dämonen vertrieben hatte.

»Wenn man vom Teufel spricht«, sagte Travis und drehte sich zum Eingang. Ein Lächeln ließ sein Gesicht aufleuchten – das musste Amara sein. Seinen Kumpel glücklich verliebt zu sehen, war auf jeden Fall gut – aber hin und wieder riss es alte Wunden auf. Lex wollte auch wieder glücklich verliebt sein.

Er drehte seinen Kopf, um nach Amara und ihren Freundinnen Ausschau zu halten. Bitte, Lila, sei dabei, bitte sei hier. Wie hoch standen die Chancen, dass Amara Lila mitgebracht hatte? Er hatte es noch immer nicht richtig verarbeitet. Offenbar gab es einen Gott … und er hatte ihm einen Knochen hingeworfen. Selbst wenn es nur ein kümmerliches Hühnerbein war.

Aber was würde er mit diesem Knochen anfangen? Zweifel überfielen ihn, raubten ihm den Mut.

Amara sah strahlend zu ihnen herüber und begann, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen, ihre Freundinnen im Schlepptau: eine Brünette, eine Blonde und vielleicht mehr, ihre Gesichter halb verdeckt. Lex konzentrierte sich auf die Blonde – glatt gestylte goldblonde Haare irgendwo zwischen Kinn- und Schulterlänge, die in dem gedämpften Licht der Kneipe glänzten. Eine schwarze Motorradjacke. Seine Brust schnürte sich zusammen.

Er winkte die Barkeeperin zu sich, während die Frauen immer näher kamen und Travis anzüglich pfiff, als Amara vor ihm erschien.

Lex war sich mit der Blonden bereits ziemlich sicher, die Haare an seinen Unterarmen stellten sich auf. Er beugte sich über die Theke, um einen Whisky zu bestellen, und überlegte, wie er sich verhalten sollte.

»Wird auch langsam Zeit, dass ihr kommt«, sagte Travis und nahm Amara in den Arm.

Lex drehte sich um und konzentrierte sich zunächst nur auf Amara, ohne einen Blick auf die anderen zu werfen. Er wusste, wie er seine Rolle zu spielen hatte. »Hey, Mar.« Er drückte sie kurz, seine Standardbegrüßung für die Freundin seines Kumpels.

»Gratuliere, Lex.« Amara schenkte ihm ein warmes Lächeln und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. »Ich bin so stolz auf euch.«

Er gab sich verlegen. »Ach komm.«

»Ich möchte euch meine Freundinnen vorstellen«, sagte sie und wandte sich zu ihren Begleiterinnen um. Lex warf einen neugierigen Blick auf die drei Frauen hinter ihr. »Das ist Janie.« Sie deutete auf eine kleine Brünette, die winkte. »Yvette.« Eine dunkelhaarige Latina nickte ihnen zu. »Und Lila.«

Bingo. Sie rückte nun in sein Blickfeld, ihre Lederjacke eng um sich gezogen. Ihren straffen Körper umschmiegte ein altroséfarbenes Kleid, zu dem sie schwarze Cowboystiefel trug. Der Blick aus ihren blauen Augen glitt von Travis zu Jake und landete schließlich auf Lex. Er hielt ihren Blick einen Moment zu lange fest, unfähig, seinen Blick zu lösen.

Verwirrung kollidierte mit Erleichterung. Amara stellte ihren Freundinnen nun die drei Männer vor. Jake und Travis grüßten freundlich, während Lex es bei einem Nicken beließ und sich zur Theke drehte, um seinen Whisky mit zitternden Händen in Empfang zu nehmen.

Fuck. Er kippte den ganzen Drink in einem Zug hinunter, bevor er es sich anders überlegen konnte. Die anderen hinter ihm plauderten locker miteinander, ihre Stimmen verschwammen zu einem undeutlichen Geplapper. Schätze, wir werden einfach so tun, als wären wir uns nie zuvor begegnet.

Los Angeles war eine verdammt große Stadt, wie mehrere kleine Länder auf engstem Raum. Nachdem er und Lila sich getrennt hatten und jeder seiner Wege ging, war es daher nicht schwer gewesen, sich aus den Augen zu verlieren – vor allem, da er erst seit ein paar Jahren die sozialen Medien nutzte und alle seine Bemühungen, Lila ausfindig zu machen, ins Leere liefen. Und hier steht sie nun, als Amaras Freundin. Einfach unglaublich.

Er zeichnete mit seiner Fingerspitze eine Rille in der Holztheke nach und überlegte angestrengt, was jetzt das Richtige war. Mit Lila zu reden, schien nicht infrage zu kommen. Seine Verwirrung war zu groß, ein aufgewirbelter Sandsturm, ausgelöst durch ihr unerwartetes Erscheinen. Er musste den Ball flach halten. Vorsichtig ausloten, ob er sie einfach ansprechen oder lieber damit warten sollte. Oder es am besten gleich ganz sein ließ. Schließlich hatte sie den Kontakt abgebrochen.

»Alles okay, Kumpel?« Travis beugte sich zu ihm und stieß ihn mit seinem Ellenbogen in die Rippen.

»Ja, alles gut.« Er schob sein leeres Whiskyglas zur Seite. Mehr Alkohol wäre nicht hilfreich – er musste damit aufhören. »Die, äh … die Blonde.« Er schluckte einen Kloß in seinem Hals hinunter. »Das ist meine Ex.«

Travis’ Blick wanderte zu den vier Frauen, die sich angeregt miteinander unterhielten, und kehrte dann wieder zurück zu Lex. »Ist das dein Ernst?«

Er nickte ruckartig und wappnete sich innerlich, um sich kurz nach ihr umzudrehen. »Sie hat mir den Laufpass gegeben, nachdem ich angefangen hatte, für die Kings zu fighten.«

Verständnis stahl sich in Travis’ Blick. »Shit. Kommt ihr klar?«

Er zuckte mit den Achseln, und schmerzhafte Erinnerungen zerrten an ihm, drängten ihn zurück auf die bekannten Pfade. »Es ist so lange her, bestimmt ist es ihr inzwischen egal.« Die Worte waren im Grunde eine Verteidigungsstrategie, um sich gegen die unvermeidliche Wahrheit zu schützen: dass Lila nicht einmal halb so oft an ihn gedacht hatte wie er an sie in den vergangenen Jahren.

»Amara wusste wahrscheinlich nichts davon«, sagte Travis. »Wenn du willst, kann ich ihr erklären –«

»Nein, Bro. Schon gut.« Er drückte Travis’ Schulter und lehnte sich gegen die Theke. Die Frauen standen noch immer zusammen, und der blonde Kopf forderte wieder seine Aufmerksamkeit. Sie trug ihre Haare inzwischen deutlich kürzer. Wahrscheinlich war das längst nicht alles, was sich bei ihr geändert hatte. Wie viel hatte er verpasst? Es drängte ihn, sie zu beobachten, aber er zögerte, diesem Impuls nachzugeben. »Ehrenwort.«

Fröhliches Gelächter drang zu ihm aus dem Freundinnenquartett, das nun eine freie Ecke an der Theke besetzte. Sein Blick wanderte automatisch immer wieder zu Lila. Der scharfe Winkel ihres Kiefers, die geschürzten Lippen, während sie die Getränkekarte studierte, ihre kritisch hochgezogene Augenbraue. Alles an ihr faszinierte ihn, reizte ihn. Nun sogar noch stärker als früher. Die fünf Jahre mehr verliehen ihr einen erwachsenen Glanz.

Er setzte sich wieder auf seinen Barhocker und heftete seinen Blick auf die Theke. Er konnte es nicht riskieren, noch einmal in diese Augen zu schauen. Nicht so schnell jedenfalls. Er brauchte Zeit, um sich zu erholen.

Stimmen drifteten um ihn herum, Worte und Gelächter bildeten Lärmzonen, während er in seiner eigenen Welt versank. Er bestellte sich ein Bier, damit er sich daran festhalten konnte, während er zumindest halb Travis und Jake zuhörte, die Amara etwas erzählten. Irgendwann erschien der nächste Shot vor seiner Nase. Mehr Tequila zur Feier des Tages. Er stieß mit den anderen an und vermied es, zu Lila hinüberzuschauen, die ganz am Ende der Theke saß, in der hinteren Ecke, direkt in seinem Blickfeld. Die reinste Folter. Es kostete ihn seine ganze Willenskraft, ihren Blick nicht zu suchen.

»Halt mir meinen Platz frei«, sagte Jake nach der Tequilarunde. »Ich geh mal Amaras Freundin anquatschen.«

Lex packte ihn am Arm und riss ihn zurück. »Welche?«

Jake verzog verwirrt sein Gesicht. »Die Brünette, warum?«

»Halt dich von der Blonden fern!« Er ließ Jakes Arm wieder los und schluckte die Verzweiflung hinunter, die ihn plötzlich erfasst hatte. Er steckte in der Klemme. Jetzt schon.

Ein Lächeln huschte über Jakes Gesicht. »Okay, okay. Sie gehört dir. O Mann.«

Lex beobachtete, wie Jake hinüberschlenderte und sich zwischen Lila und Janie stellte. Sein cooles Vorzeigelächeln brachte Lex zum Schmunzeln; der Kerl wusste seinen Charme auszuspielen, diese Wangengrübchen richtig einzusetzen. Von ihnen allen hatte Jake es am besten drauf, die goldene Mitte zwischen einem Fighter und einem Mann mit Einfühlungsvermögen zu finden. Es war eine Kunst, die sich abzuschauen lohnte.

Neben ihm waren Travis und Amara in ein Gespräch vertieft. Amaras Freundin Yvette ging kurz darauf mit jemandem auf die Tanzfläche, was Jake dazu veranlasste, sich auf den frei gewordenen Barhocker gleiten zu lassen und Janies Aufmerksamkeit für sich zu beanspruchen. Wenig später verschwanden auch Travis und Amara und ließen zwei freie Plätze neben Lex zurück, so dass sich nur noch eine einzige Person von Interesse in seiner unmittelbaren Umgebung befand.

»Möchtest du noch einen Drink? Du siehst einsam aus.« Die Barfrau wischte die Theke vor ihm ab.

Er lächelte sie an und fing über ihrer linken Schulter das Blau von Lilas Augen auf. Hitze durchströmte ihn. Diesen Augen konnte er nicht widerstehen, zu keiner Zeit.

»Nein, danke. Ich gönn mir eine Verschnaufpause.« Er bewegte seine Bierflasche über den Tresen, zeichnete ein unsichtbares Muster nach. Als er seinen Kopf hob, schnellte sein Blick wieder zu Lila. Ihre Blicke trafen sich. Sein Atem verflüchtigte sich in seinem Hals. Auch Lila saß allein da und hielt sich genau wie er an einem Bier fest. Schwenkte praktisch ein Schild, das ihn aufforderte, sich zu ihr zu setzen. Kein Lover in Sicht.

»Deine Verschnaufpause geht schon den ganzen Abend.« Die Barfrau zwinkerte ihm zu und goss einen Tequila ein. »Bist du Single?«

Er beobachtete, wie die bernsteinfarbene Flüssigkeit in das Glas rann. Sein Herzschlag dröhnte laut in seinen Ohren. »Ich hab ein Problem.«

Sie schnalzte mit der Zunge und schob das Glas zu ihm. »Nun, das ist auch eine Antwort. Der hier geht aufs Haus.«

Er nahm den Tequila an und schenkte ihr ein Lächeln, bevor sie sich abwendete, um jemand anderen zu bedienen. Als die Sicht wieder frei war, sah er erneut zu Lila hinüber. Sie wurde gerade von einem aufdringlichen fetten Kerl belagert, der sich wie ein Raubtier auf sie stürzte. Lex sah, wie sie eine Grimasse schnitt und abwehrend ihre Hand hob. Lila zog immer solche Arschlöcher an; ihre zierliche blonde Erscheinung lockte ausgerechnet die widerlichsten Fettsäcke aus der Reserve.

Alarmglocken schrillten in seinem Kopf. Er musterte das Schwergewicht und spitzte die Ohren, um Fetzen ihrer Unterhaltung aufzuschnappen, während er nach einem Zeichen Ausschau hielt, dass Lila den Typen kannte, dass es ein Spiel war, ein Scherz, ein freundschaftliches Geplänkel. Er stand von seinem Barhocker auf, ohne dass es ihm richtig bewusst war, und setzte sich bereits in Bewegung, noch bevor er die Entscheidung getroffen hatte. Er näherte sich dem Kerl von hinten und legte ihm seine Hand auf die Schulter.

Der kahle Fleischberg drehte sich um, ein überraschter Ausdruck erschien in seinem aufgeschwemmten Gesicht. »Kann ich dir helfen?«

»Lass die Lady in Ruhe.« Lex verstärkte seinen Griff und zog den Störenfried von Lila weg, mit einem verkniffenen Lächeln auf den Lippen.

Lila schenkte ihm einen dankbaren Blick und sank erleichtert auf ihrem Barhocker zurück, nahm einen Schluck von ihrem Bier.

Der Fremde starrte ihn böse an und rückte sein Hemd gerade. »Ich hab nur versucht, eine freundschaftliche Unterhaltung zu führen, Herrgott noch mal.« Er stolperte davon und fluchte leise vor sich hin. Nachdem er sich verzogen hatte, dämmerte es Lex: Er stand unmittelbar vor Lila.

Es war an der Zeit zu reden. Konversation zu machen. Aufzuholen. Sein Magen schrumpfte auf Kieselsteingröße zusammen, und er lehnte sich gegen die Theke. Seine ganze Gelassenheit und Selbstbeherrschung, die er sich über die Jahre hinweg antrainiert hatte, waren auf und davon. Die Hitze von Lilas Nähe vernebelte ihm den Verstand. »Alles okay?«

Der Blick aus ihren eisblauen Augen fand seinen, so lebendig und wissend wie damals, als er sie das letzte Mal gesehen hatte. Ihre Nase, deren Spitze leicht nach oben zeigte, war so süß wie eh und je. Sein Herz zog sich auf eine seltsame Art zusammen.

»Ja. Trotzdem, hätte nicht gedacht, dass ich auf einen Bullochsen wie ihn zurückgreifen muss, damit du zu mir rüberkommst.«

Er zog eine Augenbraue hoch und musterte seine Hände, traute sich nicht, Lila anzusehen. »Ach, dann war das alles inszeniert? Du hast gewusst, dass ich dazwischengehen würde, um dir zu helfen?« Er lachte kurz. »Blödsinn.«

»Ich hab ihm dafür einen Zwanni gegeben.« Sie trank einen Schluck von ihrem Bier. Sie verarschte ihn gerade total, aber ihm gefiel der Gedanke, dass sie sich ins Zeug gelegt hatte, um ihn rüberzulotsen. »Hättest du den Köder nicht geschluckt, hätte ich mich von einem Kampfhund angreifen lassen.«

Er unterdrückte ein Grinsen. Lila war die ungewöhnlichste Frau, mit der er jemals zusammen gewesen war. Er hatte eine ganze Liste mit Superlativen, die speziell für sie reserviert waren. Ihre schweren, ausgefallenen Ohrringe – asymmetrisch eingerahmte Augäpfel – zogen ihre Ohrläppchen nach unten. Sie hatte es drauf, die richtige Balance zwischen intellektuell und verrucht zu finden, und schon immer einen coolen Geschmack besessen.

»Das sind ganz schön drastische Maßnahmen.«

»Nun ja, dir schien es ja ganz recht zu sein, mich wie Luft zu behandeln.« Sie lallte leicht und beugte sich vor, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Dann schlug sie ihre Beine übereinander, wobei der Saum ihres roséfarbenen Kleids ein Stück höher rutschte und gebräunte Oberschenkel enthüllte. Eine scharfe Alkoholfahne stach ihm in die Nase. Lila war betrunken – sonst wäre sie nach fünf Jahren nie so ehrlich zu ihm.

Lex sah sich prüfend im Raum um und überlegte sich eine Antwort. Travis und Amara wirbelten über die Tanzfläche, ihr Lachen mischte sich mit dem Jauchzen der anderen. Es wäre so leicht, einfach dort anzuknüpfen, wo er und Lila aufgehört hatten, bevor alles den Bach runtergegangen war, so leicht, einfach so zu tun, als wären die letzten fünf Jahre gar nicht passiert. Aber es wäre genauso leicht, ihr die kalte Schulter zu zeigen und wegzugehen. Zu sagen: »Fick dich. Du hast mich eiskalt abserviert«, und das hier als einen kleinen Betriebsunfall abzuhaken.

»Ich dachte nicht, dass du dich noch an mich erinnerst. War mir nicht sicher, was ich sagen soll.«

Sie schnaubte spöttisch und winkte der Barfrau. »Als könnte ich dich vergessen.«

Ihre Worte hingen schwer zwischen ihnen in der Luft, und eine vage Hoffnung flackerte in seinem Herzen auf. Wenn Alkohol ein Wahrheitsserum war, dann würde er vielleicht weit mehr bekommen, als er erwartet hatte. Vielleicht war er nicht bereit dafür. Sie stehenzulassen, schien die sicherste Wahl zu sein – aber jede Faser seines Körpers brannte darauf, bis ins letzte Detail zu erfahren, was diese Frau ihm zu sagen hatte. Betrunken oder nicht.

Die Barkeeperin erschien und warf Lex einen fragenden Blick zu, als sie den Tequila servierte, den Lila sich bestellt hatte. Wortlos kippte sie den Shot hinunter, dann drehte sie sich wieder zu Lex. Ihre Brüste drängten sich prall und schwer gegen den tiefen Ausschnitt ihres Kleides, zusammengezwängt von der engen Lederjacke, deren Reißverschluss halb hochgezogen war. Ihre überschlagenen Beine erinnerten ihn an all die Kurven, die er stundenlang mit seinen Händen und Lippen nachgezeichnet hatte. Für einen kurzen Augenblick übermannte ihn ein Wirbelsturm von Erinnerungen – die süßen, pikanten, aufreizenden Details, die er sich gewöhnlich für seine Masturbationsphantasien aufhob.

»Versuchst du, dich heute Abend abzuschießen?« Er musterte sie eindringlich und beugte sich ein kleines Stück näher.

»Vielleicht.« Sie grinste. »Und du?«

»Nö.« Er schniefte. »Ich lass es ruhig angehen.«

»Das ist nicht der Lex, den ich kenne«, murmelte sie, und ihr Blick wanderte von seinem Gesicht zu seiner Brust.

»Ganz richtig.« Er nagte an seiner Unterlippe, während in seinem Innern ein quälendes Gefühl entbrannte. Er hatte diese Unterhaltung nicht im Entferntesten kommen sehen – nicht heute Abend, nicht in diesem Leben. Und schon gar nicht mit einer betrunkenen Lila. Er hatte keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen sollte. Wie er durch diese Gewässer navigieren sollte. Er vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen und atmete tief durch. »Du kennst diesen Lex nicht.«

Sie schnaubte und schob ihr Schnapsglas weg. »Ja. Eindeutig.«

Ein Moment des Schweigens verstrich. »Und, kommt dein Lover auch noch?«

Sie starrte ihn böse an. »Was?«

»Dein Lover. Derjenige, den ich heute gegen Geld verprügelt habe.« Er grinste und lehnte sich rücklings gegen die Theke, warf einen spöttischen Blick in ihre Richtung. »Oder hast du das schon wieder vergessen?«

Sie schnaubte wieder. »Ich habe es nicht vergessen. Wie kommst du auf die Idee, dass er mein Lover ist?«

»Travis hat es mir gesagt.« Erleichterung breitete sich in ihm aus, als sie die Augen verdrehte. »Also, was ist er dann?«

Sie zuckte mit den Achseln. »Wir waren ein paarmal miteinander im Bett. Das ist alles.«

Autsch. Definitiv mehr, als er erwartet hatte. Er nagte wieder an seiner Unterlippe und drehte sich um, winkte der Barkeeperin. Er durfte Lila nicht zeigen, dass ihre Worte ihn trafen. Er hatte kein Recht, gekränkt zu sein.

Er bestellte sich ein weiteres Bier und lud Lila zu einem Getränk ein. Sie bedankte sich auf eine übertriebene Art und entschied sich dann auch für ein Bier. Als die Barfrau wieder verschwand, grinste Lila ihn an.

»Sie steht auf dich«, sagte sie und schnalzte mit der Zunge. »Ich glaube, sie ist eifersüchtig, weil du dich mit mir unterhältst.«

»Ach ja?« Er zog seine Augenbraue hoch. »Ich bin ein heißer Typ. Soll sie mich ruhig anhimmeln, wenn sie will.«

Lila lachte. »Dem kann ich nicht widersprechen.«

Hitze breitete sich in ihm aus. Er war sich absolut nicht sicher, wie er sich verhalten, was er als Nächstes tun sollte. Sein Stolz sagte ihm, ihr den Rücken zu kehren. Ihr zu zeigen, dass sie ihn nicht haben konnte. Sag einmal Lebewohl, sag Lebewohl für immer.

Aber etwas viel Leiseres als Stolz riet ihm abzuwarten. Es langsam angehen zu lassen. Ihr zu zeigen, dass er nicht mehr derselbe war wie früher. Und dass sie allen Grund hatte, Mason in den Wind zu schießen, was immer zwischen den beiden lief.

»Amüsierst du dich heute Abend?« Er trank einen Schluck von seinem Bier.

»Ja … sehr. Ich hab nur zu viel getrunken. Ich sollte wahrscheinlich bald gehen.« Sie sah ihn kühl an, als würde sie ihn herausfordern, sie aufzuhalten. Sie zu bitten, noch zu bleiben. Aber er hielt seinen Mund. Obwohl er sich tatsächlich wünschte, dass sie noch blieb.

»Ja. So ist das im Erwachsenenleben, richtig? Plötzlich achtet man auf seinen Wasserhaushalt und auf seinen Schlaf.«

Sie rollte ihre Bierflasche zwischen ihren Händen. Sie hatte noch nichts daraus getrunken. »Weißt du …«

Jede Faser seines Körpers horchte auf. Wartete darauf, zu hören, was dieser verheißungsvollen Einleitung folgen würde. »Ja?«

Sie biss sich auf ihre Unterlippe und erwiderte zögernd seinen Blick. Dann trank sie einen großen Schluck von ihrem Bier. Als sie die Flasche abstellte, schüttelte sie den Kopf.

»Nichts«, sagte sie leise. »Hab’s vergessen.«

Der Schmerz in der Stille hinter ihren Worten sagte ihm, dass sie überhaupt nichts vergessen hatte. Aber sie seufzte nur und stand auf, schwankte für einen Moment, bevor sie nach ihrer Handtasche griff. Sie presste ihre Fingerspitzen an ihre Stirn und taumelte leicht, bevor sie sagte: »Bin gleich wieder da.«

Sie wandte sich in Richtung Toilette, stakste mit ungleichmäßigen Schritten davon, eine Betrunkene, die durch die Kneipe torkelte. Er winkte wieder die Barkeeperin zu sich, die mit einem vielsagenden Lächeln erschien.

»Sie ist dein Problem?« Sie zog ihre Augenbraue hoch.

»Ja.« Er rupfte sein Portemonnaie aus seiner Gesäßtasche. »Ich übernehme ihren Deckel.«

Die Barfrau tippte alles in die Kasse und brachte ihm dann den Papierstreifen mit dem Rechnungsbetrag. Er zahlte und rundete großzügig auf, gerade als Lila zurückkehrte.

»Ich muss nach Hause«, sagte sie. Die Arme konnte sich kaum auf den Beinen halten.

»Wie kommst du dorthin?« Er hielt sie an beiden Armen fest, um sie zu stützen. Ihre roten Lippen sahen prall aus, flehten ihn an, einen saftigen Bissen von der unteren Hälfte zu nehmen. Aber nicht so. Nicht, wenn Lila hackedicht war.