Chaos - Adelhard Winzer - E-Book

Chaos E-Book

Adelhard Winzer

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Beschreibung

Sprache ist Ordnung, Sprache ist Chaos, ist eindeutig und mehrdeutig, einfach und kompliziert. Welches ist das treffende Wort? Auf der Suche danach zerlegt der Autor übliche Formulierungen und Allgemeinplätze und fügt sie neu zusammen. Richtig ist immer die Frage, die Antwort kommt wie von selbst. Und zuweilen gerät er schreibend in einen unaufhaltsamen Sog aus Wiederholungen, der immer tiefer hineinführt in die Widersprüchlichkeit, die jeder erlebt, der mit den Mitteln der Sprache die Welt und also auch sich selbst begreifen will.

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Sprache ist Ordnung, Sprache ist Chaos, ist eindeutig und mehrdeutig, einfach und kompliziert. Welches ist das treffende Wort? Auf der Suche danach zerlegt der Autor übliche Formulierungen und Allgemeinplätze und fügt sie neu zusammen. Richtig ist immer die Frage, die Antwort kommt wie von selbst. Und zuweilen gerät er schreibend in einen unaufhaltsamen Sog aus Wiederholungen, der immer tiefer hineinführt in die Widersprüchlichkeit, die jeder erlebt, der mit den Mitteln der Sprache die Welt und also auch sich selbst begreifen will.

Adelhard Winzer, geboren in Karlshuld, Donaumoos, lebt heute im Chiemgau. Erlernte das Bäckerhandwerk. Spielte mit sechzehn in der ersten Band. War Discjockey und als Berufsmusiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Veröffentlichte ein Kinderbuch. Arbeitete in einer Großbank. Wurde zur Lesung in den Grünen Salon der Volksbühne Berlin eingeladen. Belegte den dritten Platz beim Fränkischen Kurzgeschichtenpreis. Widmete sich, nach dem Eintritt ins Pensionsalter, endgültig dem Schreiben und Zeichnen.

Die Wahrheit als Lüge –

Zwei Rechthaber gingen aufeinander los. Der eine behauptete: Es ist einfach so! Und der andere: Ja, aber nicht mehr so, wie es vorher war!

Der Alte: Glücklich werde ich erst sein, wenn ich keine Schulden mehr habe. Die Frau: Sei froh, dass du gesund bist.

Das Paar am Nebentisch aß und aß, rollte mit den Augen, mampfte und mampfte, sodass man sich ihre Gesichter ohne Mundbewegung nicht mehr vorstellen konnte.

Als er von seinem Blatt aufblickte, hörte er das Wort Vogelbeerschnaps. Zwei Stamperl, dann bist du weg, lautete der Satz.

Die Frau war noch nie in einem Bierzelt gewesen, obwohl ihre Tante dreißig Jahre lang Bedienung auf dem Oktoberfest war.

Bei uns gibt es eine Seilbahn, dort könnten wir uns treffen, meinte sie, dann gehen wir einkaufen. Nicht wandern? Du hast Mitspracherecht, fuhr sie fort, weil sie nicht wusste, worauf sie sich da eingelassen hatte. Aber sie sprach es vorher so aus, als hätte sie ihn nicht verstanden.

Es geht ums Kennenlernen, sich Verirren und Wiederfinden.

Hier wären noch ein paar Plätze frei!

Jetzt müssen wir Händewaschen, sagte die Mutter. Nicht gestern und auch nicht übermorgen!

Er wollte es nicht gewesen sein, auch nicht der Nachbarjunge. Keiner von beiden wollte es gewesen sein.

Gefühl, gemischt mit Sachlichkeit, ergibt Wirrwarr.

Er benötigt kein Handy, weil es heutzutage schon mehr Handys gibt als Menschen auf der Welt.

Es ist richtig, mehr braucht man nicht: Handy, Auto und viel Geld.

Die vollschlanke Frau erschien in der Zeitung als EUPHEMISTIN.

Er wollte, aber sie nicht. Als sie schließlich wollte, wollte er nicht. Auch wenn er gewollt hätte, hätte er nicht gewollt.

In dieser Welt, in der fast alles eingegrenzt, formatiert, reglementiert ist, wünschte er sich ganz weit weg.

Ein Sprüchemacher, wie alle anderen auch?

Keine Ahnung.

Wenn man nichts weiß, weiß man auch nicht, dass man nichts weiß!

Sie gab ihr ganzes Geld für die Zukunft anderer Leute aus.

Angeber –

Weil er glaubte, dass es aufs Input ankomme, hatte er eine längere Breaktime geplant.

Vor der Parkbank im Schatten des tiefen Waldes kam ein scharfes Weib auf ihn zu und riss sich ihr T-Shirt vom Leib, worauf er schockiert davonlief. Eine Woche später las er in der Zeitung, dass ein vollbrüstiges Weib im tiefen schattigen Wald auf einer Parkbank von zwei Männern vergewaltigt worden war.

Der Tag hatte noch nicht begonnen, und er war immer noch wach.

Dort ist es schöner als hier, sagen die Leute.

Und wo wäre das?

Das musst du die Leute fragen, die das gesagt haben.

Ich bin nicht von hier.

Ich auch nicht!

Das Parteimitglied meinte: Ich habe keine eigenen Gedanken. Ich bin noch nicht angekommen. Ich mache alles den anderen nach. Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Du musst die Passage in Er-Form schreiben, um zu verstehen, was gemeint ist damit!

Hinter mir pfiff ein Vogel wie der Herr nach seinem Hund.

Rauchen ist wieder erlaubt, ich kenne nur den neuen Gesetzestext nicht.

Es gibt sogenannte Influencer, die dich KLEINER MACHEN wollen, als du bist, um nicht das Wort VERNICHTEN zu verwenden.

Die Starken sollst du suchen. Wenn sie dir begegnen, musst du sie aber auch erkennen.

Auf der Zeitungsseite waren zahlreiche Farbfotos zu sehen. Das Interview dazwischen erschien in kleinen Buchstaben.

Ein schamlos beschämendes Lächeln.

Bei ihm kommst du nicht weit. Er fällt dir ins Wort, führt das Wort!

Wenn zwei Menschen sich verschwiegen in die Augen schauen, kannst du nur raten, worum es geht.

Dann rate mal.

Ich habe nicht alles gesagt!

Er war in Gedanken versunken. Zahllose Gedanken auf einmal, hin und her, auf und ab. Er konnte sie nicht definieren, weil sich wieder andere Gedanken einmischten, dazu ein Radfahrer, der ihm den Weg versperrte.

Ich habe noch keinen eigenständigen Menschen erlebt, weil es keine eigenständigen Menschen gibt. Ich kenne einen Bob-Dylan-Kasperl, der glaubt, Robert Allen Zimmermann (alias Bob Dylan) persönlich zu sein. Fußball-Fanatiker, die sich gegenseitig bekämpfen. Beatles-und Stones-Besessene, Rock-and-Roll-Enthusiasten. Deutsche, englischer als Engländer!

Was mich gefangen hielt als Kind:

Ehre sei Gott in der Höhe!

Die sieben Todsünden!

Beichtspiegel!

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Erbsünde!

Beichtstuhl!

Kreuzigung!

Das mannstolle Weib, in gehobener Stellung, lässt sich nur auf Männer ein, die seine wahren Gelüste verbergen. Männern, die genau wissen, was sie wollen, geht die Frau aus dem Weg. Sie bevorzugt junge Asylanten, die unsere Sprache nicht beherrschen, sich ihr hilflos ausliefern. Bis ein Mann kommt, der sie vollkommen beherrscht, genauso behandelt, wie sie die nach Liebe lechzenden jungen Männer behandelt hat.

Schauen Sie, das ist so. Das sehe ich aber nicht so! Sind Sie blind? Nein, sehen Sie denn nicht, dass ich es nicht so sehe!

Sie reden und reden, dann folgt eine Pause. Einer, der nichts weiß davon, ist nicht eingeweiht. Dann ein Lacher und noch einer, dass es nur so kracht. Leck mich doch am Arsch, sagte einer im letzten Eck, dass es alle hören konnten.

Er wollte sich entspannen, aber es wurde nichts. Der schöne Biergarten lag im Schatten, sein Stammplatz belegt von zwei Schwätzern, die Wörter wie DATE, LOVER oder HYPE in den Mund nahmen, ihre eigene Sprache verhunzten damit.

Ohne das Gegacker dieser Wichtigtuer wäre es hier richtig schön. Hätten sie ihr Kofferradio nicht so laut gestellt, müssten wir nicht schreien!

Die aufgeregte Erwartung, verbunden mit der Angst vor einer Zurückweisung. Die Enttäuschung dann am Telefon, als er eine Abfuhr erhält. Worauf er sie nur noch hasste.

Die Kontrahentin meinte, du musst nur Wörter wie Schlampe, Ficken oder Sau in deine Theaterstücke einfügen, einfach darstellen, wie pervers das Leben ist. So hat sie hunderttausend Euro an Preisgeldern erhalten!

Die Bäume stehen hier bereits im Mai fix und fertig in der Landschaft. Die Wiesen werden Ende April gemäht. Überschwemmungen und Wirbelstürme erreichen uns unerwartet. Man muss nur die Augen öffnen, um das zu sehen. Oder benötigen Sie dafür einen Hochschulabschluss?

Inzwischen gibt es mehr Autos auf der Welt als Menschen. Handys gelten mehr als der Nachbar. Jeder glaubt, wichtiger zu sein als der andere.

Ergänzung –

Meine Gedanken haben mit deinen Gedanken nichts zu tun. Du kannst sie nicht abstellen, auch wenn du glaubst, verrückt zu werden. Deine Lügen und das, was du wirklich denkst, gehen mich nichts an. Das hat alles mit mir nichts zu tun, egal ob es stimmt oder nicht.

Heute bläst der Wind eiskalt, morgen haben wir tropische Temperaturen. Die Amsel singt traurig ihr Lied. Eine Nachtigall gibt es nicht. Auch wenn ich sie schon einmal gehört habe, spätnachts in einer traumhaften Landschaft.

Die schöne Frau –

Der Wasserhahn tropft im Badezimmer der schönen Frau, sie weiß sich aber nicht zu helfen. Sehr gerne wäre ich Klempner, dann würde ich, könnte ich, hätte ich. Aber nicht, was Sie jetzt denken.

Das Verhalten der Vögel während der Balz.

Erklärungswut!

Ehrenwort.

Wirklich geprägt hat mich, was ich nicht getan habe.

Der einsame Mann kommt auf die Bühne, fängt zu sprechen an, geht im Kreis, redet wie abwesend in allen Tonlagen, Phrasierungen. Unterwürfig. Überdreht. Außer sich vor Freude. Bleibt stehen. Geht weiter. Manchmal mit geschlossenen Augen. Ja, Schatz, machen wir! Was meinst du? Glaubst du? Ja? Das wäre schön! Ich freue mich. Du denkst auch so? Mache ich. Klar! Was? Du kommst nicht? Warum? So habe ich das nicht gemeint. Wo denkst du hin! Kurze Pause. Gelächter. Der einsame Mann verschwindet erschrocken hinter den Kulissen.

Verletzte Eitelkeit.

Richtigstellung –

Ein Politiker, der in öffentlichen Debatten stets das Wort DEZI-DIERT in den Mund nimmt. Dabei merkt jeder, dass er sich profilieren will.

Die frivole Stimme einer unbefriedigten Amazone –

Sie hatte den Mann nur kurz gesehen und empfand ihn sogleich als angriffslustig, herrisch, unberechenbar, kalt, überheblich, gehässig, ablehnend, arrogant, unnachgiebig, eingebildet, lächerlich, hochmütig, rechthaberisch, hinterhältig, unnahbar, spöttisch, erbarmungslos!

Es war tatsächlich dieser Mann, der, wenn ihm etwas nicht passte an einem anderen, ihn ablehnte, verurteilte und (bildlich gesehen) durch den Dreck zog.

Ein eitler Selbstdarsteller, der eine Anzeige in der Tageszeitung aufgibt: Einladung zu meinem Vortrag im Pfarrsaal. Anmeldung per Telefon erforderlich, da die Gruppengröße auf 25 Personen beschränkt ist!

Nichts wirkt so peinlich wie die eingezäunte Villa einer verkrachten Filmschauspielerin und ihrer Überwachungskamera am Eingang.

Der Abend vor dem Morgen.

Milliardär willst du werden –

Kannst du Bestechung?

Korruption?

Der große Magier ließ alle Menschen verschwinden, einschließlich sich selbst.

Er erklärte: Vor einigen Jahrzehnten (vor der Euro-Einführung) kostete ein Bier noch Dreifünfzig. Heute auch (dafür ist es zweimal so teuer). Stimmt, haben Sie einen Vorschlag?

Wer austeilt, muss einstecken. Das ist ein Gesetz, das erst im Nachhinein zu seinem Recht kommt.

Die scharfe Selbstdarstellerin kokettiert als verruchtes Weib. Hat One-Night-Stands mit Filmproduzenten (Hidden Fucks). Tritt als Moderatorin in der sogenannten Me-Too-Bewegung auf. Will mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht als Frau von gestern gelten.

Ergeben.

Kriecherisch.

Servil.

Sie sagte: Ich war schüchtern, introvertiert, hatte niemanden, mit dem ich reden konnte. Die Erwachsenen waren mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt. Ein Kind hatte nicht so einen hohen Stellenwert wie heute!

Lügen –

Wird er angerufen, nimmt er das Gespräch absichtlich nicht an, ruft zurück und sagt, dass er jetzt keine Zeit habe, später zurückrufen werde, es dann doch nicht macht, weil er zu jenen gehört, die immer glauben, etwas Besonderes zu sein.

Es geht ihm nicht um die Besseren oder Kompetenteren, wie er stets behauptet. Es geht ihm allein um den größtmöglichen Gewinn.

Hallo, ich rufe vom Festnetz an. Ich bräuchte ein Ster frisch geschnittene Bretter. Vier lang und vier breit. Vier Bretter – nein, vier Meter! Ich hole sie dann nächste Woche ab. Was, Sie wissen nicht, was ein Ster ist?

Nichts vortäuschen.

Niemand sein wollen, der man nicht ist.

Das Meer heißt manchmal See. Ein Fluss aber nicht Bach.

Rudimentär (unvollständig, unvollkommen, nur in Ansätzen vorhanden).

Unzureichend (rückständig, zurückgeblieben, nicht ausgebildet, verkümmert).

Fatal (schicksalhaft, vorherbestimmt).

Resilienz (Widerstandsfähigkeit).

Er saß in der Bahnhofshalle und hörte über Kopfhörer einen Sprachkurs: Sie müssen vollstän