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Worüber reden wir, wenn wir miteinander reden? In Die Portugiesische Treppe können wir Gesprächen lauschen, die ein älteres Paar zu zweit, mit Nachbarn und Freunden führt. Wir erfahren: Der Sonntagsbraten, die Schulprobleme der Kinder, die Krankheiten der anderen sind weit bedeutungsvollere Themen als die großen Probleme der Zeit oder die existenziellen Fragen der Gesellschaft. Und: Die Menschen verstehen sich, selbst wenn sie ständig aneinander vorbeireden, sich in Widersprüche verwickeln und sich missverstanden fühlen.
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Seitenzahl: 56
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Worüber reden wir, wenn wir miteinander reden? In „Die Portugiesische Treppe“ können wir Gesprächen lauschen, die ein älteres Paar zu zweit, mit Nachbarn und Freunden führt. Wir erfahren: Der Sonntagsbraten, die Schulprobleme der Kinder, die Krankheiten der anderen sind weit bedeutungsvollere Themen als die großen Probleme der Zeit oder die existenziellen Fragen der Gesellschaft. Und: Die Menschen verstehen sich, selbst wenn sie ständig aneinander vorbeireden, sich in Widersprüche verwickeln und sich missverstanden fühlen.
Adelhard Winzer, geboren in Karlshuld, Donaumoos, lebt heute im Chiemgau. Erlernte das Bäckerhandwerk. Spielte mit sechzehn in der ersten Band. War Discjockey und als Berufsmusiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Veröffentlichte ein Kinderbuch. Arbeitete in einer Großbank. Wurde zur Lesung in den Grünen Salon der Volksbühne Berlin eingeladen. Belegte den dritten Platz beim Fränkischen Kurzgeschichtenpreis. Widmete sich, nach dem Eintritt ins Pensionsalter, endgültig dem Schreiben und Zeichnen.
Fünf Bilder
Erstes Bild
Zweites Bild
Drittes Bild
Viertes Bild
Fünftes Bild
Personen
GABRIEL – EDITH – MÄNNERSTIMME – MODEGECK – JUNGES PÄRCHEN – NACHBAREHEPAAR – SANDRA – CHRISTINE
Gabriel und Edith, beide im Ruhestand, wollen einen Spaziergang machen, anschließend eine Freundin besuchen, vorher noch auf dem Friedhof die Blumen auf dem Grab von Ediths Mutter gießen. Sie gehen durch menschenlehre Straßen, setzen sich auf eine Bank und sinnieren über die Vergangenheit. Unterwegs treffen sie auf ein Nachbarehepaar, unterhalten sich mit ihm, gehen dann zu der Freundin, die Besuch hat von ihrer Tochter. Dabei entwickelt sich ein längeres Gespräch über Kochrezepte, leidige Schulprobleme, Berufschancen junger Mädchen heutzutage und die Vergänglichkeit des Lebens.
Gabriel geht auf und ab vor dem Haus. Edith kommt aus der Garage.
GABRIELmissbilligend Willst du jetzt mit dem Auto fahren?
EDITHschopfschüttelnd Nein.
GABRIEL Bist du fertig?
EDITHöffnet ihre Handtasche Im Auto liegen noch zwei Kerzen, holst du sie mir?
GABRIEL Und wann bringst du die Heckenschere in den Abstellraum?
EDITHwühlt in der Handtasche Wenn ich mal Zeit habe.
GABRIEL Dann nimm dir halt mal Zeit.
EDITH Ich hab nicht so viel wie du!
GABRIELgeht Richtung Garage, deutet dabei auf eine Heckenschere auf der Wiese Wahrscheinlich wenn sie verrostet ist.
Edith wühlt weiter in ihrer Tasche.
GABRIELkommt aus der Garage zurück Es war nur eine im Auto!
EDITH Keine auf dem Rücksitz?
GABRIELgibt ihr die Kerze Nein, schau selbst.
EDITH Danke, die reicht für den Friedhof.
Kurze Pause.
GABRIELholt einen Zettel aus seiner Hosentasche Ah, ich hab ganz vergessen, den Schein für die Pfandflaschen einzulösen!
EDITH Und, willst du ihn nicht einlösen?
GABRIEL Doch, ich hab nur nicht daran gedacht.
Kurze Pause.
GABRIELdas Garagentor schließend Hat sich der Mechaniker wegen dem Reifenwechsel schon gemeldet?
EDITH Nicht bei mir.
GABRIEL Der redet immer so abfällig.
Kurze Pause.
GABRIEL Hat der vielleicht was gegen mich?
EDITH Das glaube ich nicht.
GABRIEL An Kirchweih, hat er gesagt und gegrinst.
EDITH Naja, ein bisschen komisch ist er schon.
Kurze Pause.
GABRIEL Gestern war die Buchhändlerin in der Zeitung abgebildet. Neben einem Sportwagen.
Kurze Pause.
GABRIEL Dabei hat sie gar keinen Sportwagen!
EDITH Ist das so wichtig?
GABRIEL Wieso, was passiert schon Aufregendes in unserem Kaff?
Gabriel blickt fragend ins Publikum.
Vorhang.
Gabriel und Edith gehen Arm in Arm durch eine unbelebte Straße. Ein Mann grüßt sie aus dem Hintergrund. Gabriel und Edith bleiben stehen und grüßen zurück. Nicht freundlich, aber auch nicht abweisend.
GABRIELverwundert Der hat uns noch nie gegrüßt.
EDITH Stimmt.
Gabriel und Edith gehen weiter
GABRIEL Hast du Streichhölzer für die Kerze?
EDITH Natürlich!
Kurze Pause.
EDITHdeutet auf eine Hausfassade Schau dir das an, der vordere Teil des Hauses hat ein ganz anderes Weiß als dahinter.
GABRIEL Na und?
EDITH Es erinnert mich gleich wieder daran, dass unser Haus gestrichen werden muss.
GABRIEL Das hat doch noch Zeit.
EDITHstreng Nein, hat es nicht!
Kurze Pause.
GABRIEL Wie willst du es denn streichen?
EDITH Egal, bloß nicht weiß!
Gabriel lacht.
EDITH Was wäre denn dein Vorschlag?
GABRIEL Mein Vorschlag?
Kurze Pause.
GABRIEL Gehört mir etwa das Haus?!
EDITH Ah, so siehst du das?
GABRIEL Du machst sowieso wieder, was dir gefällt!
EDITH Das stimmt nicht.
GABRIEL Soll ich dir ein Beispiel nennen?
EDITHablenkend Heute früh war es so neblig, dass ich dachte, es wird nicht hell, aber dann hat sich die Sonne doch durchgesetzt.
GABRIEL Und ich bin vor lauter Rückenschmerzen in der Nacht aufgewacht.
EDITH Gehst du nicht mehr zur Krankengymnastik?
GABRIEL Doch, dort treffe ich immer die Buchhändlerin.
EDITH Findest du das lustig?
GABRIEL Nein, aber nächste Woche lasse ich endlich meine Schulter untersuchen.
EDITHgereizt Das sagst du schon seit einem Monat!
Vorhang.
Gabriel und Edith sitzen auf einer Bank. Vor ihnen ein Fußweg. Im Hintergrund Wald.
GABRIEL Was gibt es nächsten Sonntag zum Mittagessen?
EDITH Spargel aus Südafrika.
GABRIEL Aus Südafrika?
EDITH Kalbsschnitzel mit Spargel!
Kurze Pause.
EDITH Das Gericht haben sie neulich im Fernsehen gezeigt. Afrikanischer Spargel ist angeblich besser als deutscher.
GABRIEL Wer sagt das?
EDITH Es ist erwiesen.
GABRIEL Nein, der beste Spargel kommt immer noch aus Schrobenhausen!
EDITH Bitte, lass es mich einfach mal ausprobieren.
Kurze Pause.
GABRIEL Also gut, nächsten Sonntag Spargel aus Südafrika!
Ein modisch gekleideter Junge geht vorbei.
EDITHschaut ihm hinterher Wir waren doch letzte Woche auf der Bärenburg. Erinnerst du dich? Da ist uns so ein Schönling gegenübergesessen, Salatöl im Haar und Designerhemd. Der hat mich an einen früheren Arbeitskollegen erinnert. Hat nur auf Keepsmiling gemacht, gegrinst und gelacht. Überlegt. Glaubst du, ich wüsste noch, wie er heißt?!
GABRIEL So einen Typen hab ich mal gekannt, dabei aber gleich gewusst, dass es keine Freundschaft wird. Uns verbindet nur eine Sache, hab ich gedacht, der tut nur so, der ist gar nicht interessiert an mir.
EDITH Vielleicht hat er dasselbe gedacht.
GABRIEL Schon möglich. Ich habe etwas für ihn gemacht, was ich heute nicht mehr machen würde.
EDITH Und was war das?
GABRIEL Es ist schon so lange her, dass ich mich fast nicht mehr erinnere. Damals war ich noch mit Sabrina zusammen.
EDITH Sabrina?
GABRIEL Ich hab mir gedacht, ich muss ihm helfen, der hat so einen wackligen Posten.
EDITHöffnet ihre Handtasche Davon hast du mir nie was erzählt!
GABRIEL Der hat von heute auf morgen seinen Job hingeschmissen.
EDITHwühlt in ihrer Tasche Wo ist jetzt die Kerze?
GABRIEL Ich hab sie dir gegeben.
Kurze Pause.
GABRIEL Er hat uns mal besucht, aber nur, weil ein Bekannter von ihm in der Nähe gewohnt hat.
Edith lehrt den Inhalt der Tasche auf die Bank.
GABRIEL Ich bin nur wegen meinem Freund gekommen, hat er gesagt, eigentlich habe ich gar keine Zeit!
EDITH