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Den Tibetern gilt der Cho Oyu als heilig; in Europa wurde seine Existenz erst 1921 bekannt. Lange Zeit war er der am wenigsten begangene Achttausender, heute ist er mit dem Mount Everest der meist bestiegene. Reinhold Messner berichtet von der Bedeutung des Nangpa La, einem 6000 Meter hoher Pass, über den seit Urzeiten die Menschen des Himalaja ziehen: Er erzählt von der Erstbesteigung durch den Österreicher Herbert Tichy 1954, vom dramatischen Verlauf der Frauenexpedition 1959, von Reinhard Karls Tod, vom eigenen Scheitern am Cho Oyu und der Besteigung 1983, aber auch von modernen Routen wie der von Denis Urubko.
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www.piper.de
Mit 13 farbigen Fotos, 110 schwarz-weiß Fotos und einer Karte
ISBN 978-3-492-96986-4
Juli 2015
© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2012
Covergestaltung: Dorkenwald Grafik-Design unter Verwendung eines Entwurfs von kohlhaas-buchgestaltung.de
Covermotiv: Archiv Reinhold Messner (Der Cho Oyu von Süden)
Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell
Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.
»Die Welt ist von einer nie erlebten, wohlwollenden Güte. Die Wand, die mich sonst von den anderen Dingen trennt, ist niedergebrochen. Die wenigen Erscheinungen, aus denen meine Welt noch besteht – der Himmel, das Eis, die Felsen, der Wind und ich – sind ein unteilbar göttliches Ganzes. Ich fühle mich – das ist nur ein scheinbarer Gegensatz – gleichzeitig großartig wie Gott und als ein armseliges, unbeachtetes Staubkorn.«
Herbert Tichy am Gipfel des Cho Oyu
Herbert Tichy und Pasang Dawa Lama, fotografiert von Sepp Jöchler auf dem Gipfel des Cho Oyu. Links im Hintergrund der Mount Everest [1]
Michl Dacher und Reinhold Messner auf dem Gipfel des Cho Oyu
»In Erinnerung an hundert Jahre Herbert Tichy.Sein Geist möge das Reisen der Bergsteiger weiter beflügeln.«
Reinhold Messner
Herbert Tichy mit jungen Sherpa 1954 [1]
»Zum ersten Mal, seit ich Vanessa kenne, bin ich ohne sie auf einer Expedition. Angst ist da, verursacht oder ausgelöst durch ihr Fehlen. Vanessa und die Nachricht von meinem Tod, wie damals Eva und die Nachricht von Reinhards Tod. Auf einem Zettel, von irgendeinem Nepali in die Hand gedrückt, stand: ›Reinhard was killed by an avalanche on Cho Oyu.‹ Vielleicht werden meine Freunde, wenn sie mich finden, meine Gsi-Steine abschneiden und sie Vanessa bringen. Sie ist allein, weil sie mich in meinen Verrücktheiten unterstützt hat. Darüber bin ich traurig.«
Oswald Oelz
»Vielleicht erinnere ich mich auch wirklich nicht ungern an die Sturmstunden im Lager IV. Nicht aus Heroismus – es war keine heldenhafte Situation; auch nicht aus Gefühlsgründen – obwohl ich die aschgrauen Gesichter der Sherpa nie vergessen werde; sondern ganz einfach, weil diese Augenblicke im Schatten des Jenseitigen so gar nichts mit dem alltäglichen Leben gemein haben.«
Herbert Tichy
Der Cho Oyu – im Tibetischen kann der Name dieses Berges auch »Göttin des Türkis« bedeuten – ist nach neuesten Vermessungen 8202 m hoch und damit der sechsthöchste Gipfel der Erde.
Im Süden dieses Achttausenders bewohnen die Sherpa, »das Volk aus dem Osten«, die kargen Täler und Hochalmen, im Norden leben Tibeter. Über den Nangpa La, einen fast sechstausend Meter hohen Pass, unmittelbar am Westfuß des Cho Oyu, ziehen seit Menschengedenken die stärksten Männer des Himalaja hin und her, um Handel zu treiben. Die Sherpa holten einst Salz aus Tibet und kauften Felle, Wolle und sogar Yaks von ihren Nachbarn im Norden; die Tibeter holten Getreide und Tuch aus dem Süden und brachten diese Güter in wochenlangen, beschwerlichen Märschen über den Nangpa La in ihre Heimat Tibet, ins Schneeland. Heute strömen vor allem chinesische Waren über den Pass nach Nepal, Billigprodukte, die in den Bergtälern im Süden verkauft werden.
Der Nangpa La, dieser höchste regelmäßig begangene Pass der Welt, ist für Ausländer aber seit bald sechs Jahrzehnten gesperrt. Seit 1959, als der Dalai Lama Tibet verlassen hatte und die chinesische Zentralregierung unwiderruflich die Herrschaft über das tibetische Hochland proklamierte, wird die Grenze an diesem für Ortsfremde unzugänglichen Himalaja-Pass von Tingri aus kontrolliert. Ein- und Ausreise sind dort inzwischen für alle verboten.
Trotzdem ist es in den vergangenen Jahrzehnten ganzen Familien gelungen, über den Nangpa La von Tibet nach Nepal zu fliehen. Viele Khampas vor allem, die, unterstützt von humanitären Organisationen aus der Schweiz, den Invasoren aus dem Osten entgegengetreten waren. Mit ihren bescheidenen Waffen – ellenlange Schwerter und Vorderlader – waren sie den mit Flugzeugen, Panzern und Maschinengewehren kämpfenden Chinesen zuletzt hoffnungslos unterlegen. Trotz bester Geländekenntnisse und der Fähigkeit, in der dünnen Höhenluft zu überleben.
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