Codename: Rook - Sawyer Bennett - E-Book

Codename: Rook E-Book

Sawyer Bennett

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Beschreibung

Ein hochqualifizierter Mitarbeiter für ein Unternehmen wie Jameson Force Security zu sein, ist eine aufregende und wichtige Arbeit für einen Ex-SEAL wie mich. Meinen Beruf halte ich jedoch unter Verschluss, denn einiges von dem, was wir tun, ist streng geheim, das meiste, was wir tun, ist gefährlich, und mehr als eine Frau hat versucht, sich an mich zu klammern, weil sie meinen Job noch aufregender fand als mich. Da ich eher ein One-Night-Stand-Typ bin, hat diese kleine Notlüge mir noch nie geschadet. Bis jetzt. Denn ich habe eine umwerfende Frau getroffen und das Undenkbare getan: Ich habe sie geheiratet! Und nun glaubt meine ebenso schöne wie ahnungslose Frau, dass ich ein Gebrauchtwagenhändler bin. Da Lügen bekanntermaßen kurze Beine haben, wird die Wahrheit ans Licht kommen, als Jaime unabsichtlich an einige zwielichtige Typen gerät und ich zusammen mit dem Team der Jameson Force Security eingreifen muss. Nun muss ich nicht nur meine Frau retten, sondern auch noch meine Ehe, denn es gibt nichts, was Jaime mehr hasst, als belogen zu werden. Ich sage es mal so: Ich habe einiges zu erklären … Teil 6 der "Jameson Force Security Group"-Reihe von New York Times Bestseller-Autorin Sawyer Bennett.

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Sawyer Bennett

Codename: Rook (Jameson Force Security Group Teil 6)

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Joy Fraser

© 2020 by Sawyer Bennett

© 2021 der deutschsprachigen Ausgabe und

Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

Englischer Originaltitel: »Code Name: Rook (Jameson Force Security Book 6)«

Covergestaltung: © Mia Schulte/Sabrina Dahlenburg

Coverfoto: © Shutterstock

ISBN eBook: 978-3-86495-508-2

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-507-5

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Autorin

Liebe Leserinnen und Leser,

alle, die darauf gewartet haben, zu erfahren, wie Cage Murdock aus seinem Frauenproblem wieder herauskommt, in das er sich in Ghost manövriert hat, werden in diesem Band bekannte Szenen wiederfinden, nur aus Cages Blickwinkel.

Sollten Sie Ghost noch nicht kennen, ist das kein Problem. Dieser Band kann auch einzeln gelesen werden.

Machen Sie sich auf eine unterhaltsame, sexy Reise gefasst.

Kapitel 1

Cage

Nach dreiundzwanzig Stunden in zwei verschiedenen Militärtransportmaschinen sowie einem unbequemen Linienflug neben einem Kerl, der mit seinem Kopf an meiner Schulter eingeschlafen ist, will ich nichts anderes als schlafen, wenn ich in Pittsburgh lande.

Allerdings bin ich kein bisschen müde. Stattdessen bin ich immer noch total aufgedreht von dem prickelnden Hochgefühl des Erfolgs, weil wir vor zwei Tagen unser Teammitglied Malik aus den Händen seiner Entführer tief in der syrischen Wüste befreien konnten. Die meisten hatten ihn längst als tot aufgegeben – vor allem unsere Regierung. Doch unser Boss, Kynan McGrath, Besitzer der Jameson Force Security, nicht. Er hörte nicht auf zu suchen und setzte eine Menge Geld für Informationen aus. Vor fünf Monaten ist Malik bei einer schiefgegangenen Befreiungsaktion von Geiseln in Gefangenschaft geraten und höchstwahrscheinlich gefoltert worden, um Informationen aus ihm herauszupressen.

Meine Teamkameraden Tank und Merritt waren bei mir. Als wir unsere Taschen vom Gepäckband nahmen, luden sie mich ein, mit ihnen einen trinken zu gehen.

„Feiern wir den erfolgreichen Einsatz“, sagte Tank.

Ich verneinte. Nicht, weil ich die Jungs nicht mag, denn das tue ich wirklich, sondern weil mich der, wenn auch erfolgreiche, Einsatz nachdenklich gestimmt hat.

Ich habe bei der Befreiung jemandem das Leben genommen. Obwohl ich es keine Minute bereue, eine Kugel in den Kopf des Entführers gejagt zu haben – wenigstens von einem von ihnen –, ist es doch eine massive Bürde, dieses Gewicht auf sich lasten zu haben. Lieber würde ich bei ein paar Drinks allein darüber nachdenken. Wenn ich mit Tank und Merritt mitgehe, werden wir uns alle besaufen und wahrscheinlich in irgendwelche Schwierigkeiten geraten.

Außerdem bin ich in der Stimmung, den Abend mit etwas Zarterem zu beenden. Vorzugsweise mit einer schönen Frau, die an den richtigen Stellen kurvig ist, und Tank und Merritt sind nicht die besten Begleiter, um ein gutes Licht auf mich zu werfen.

Also kehre ich kurz in mein Apartment ein, das sich im Hauptquartier von Jameson befindet, lege meine Ausrüstung ab und nehme eine schnelle Dusche.

Eine halbe Stunde später befinde ich mich in einer Bar in der Innenstadt von Pittsburgh, die nicht zu abgehoben, aber auch keine Kaschemme ist. Ich war noch nie hier, kenne also niemanden, aber so will ich es heute.

Die ersten beiden Biere trinke ich auf einem Barhocker über mein Handy gebeugt, während ich die News, meinen Facebook-Feed und meine privaten E-Mails lese. Beim dritten Bier drehe ich den Hocker um und betrachte die Leute.

Die Gäste sind eine Mischung aus Zwanzig- bis Dreißigjährigen. Die Musik folgt dem Trend und ist dafür gemacht, die Leute auf die Tanzfläche zu locken. Die Anzahl der Frauen scheint die der Männer zu übertreffen, und dann stelle ich fest, dass eine größere Gruppe anscheinend eine Junggesellinnen-Abschiedsparty feiert. Zumindest schließe ich das daraus, dass eine der Frauen einen Schleier trägt, eine Tiara und eine Schärpe, auf der steht: Zukünftige Braut.

Ich blicke an der Gruppe vorbei, über die sich windenden Körper auf der Tanzfläche, wo man mich niemals finden wird, zu einer kleineren Gruppe an einem großen runden Tisch. Einige Drinks und leere Gläser stehen auf dem Tisch und ein paar leere Teller. Es wird viel gelacht und geplaudert, und ich wette, die sind hier, um sich heute so richtig zu amüsieren.

Mein Blick wird von strahlend rotem Haar eingefangen, als eine große schlanke Frau auf den Tisch zugeht und sich auf einen Stuhl setzt. Sofort greift sie zu einem der Gläser, trinkt einen großen Schluck und beteiligt sich an den Gesprächen der anderen Frauen. Die flackernden Lichter beleuchten sie.

Sie hat ein umwerfendes Gesicht.

Einen super Körper.

Die Farbe ihrer Augen kann ich nicht erkennen, nur, dass sie hell sind. Ich tippe auf Grün, so wie meine, möglicherweise auch Blau.

Sie ist völlig auf ihre Freundinnen konzentriert, ohne sich umzusehen, sodass ich sie in Ruhe betrachten kann, während ich mein Bier trinke. Nach einer ganzen Weile überlege ich, dass ich mich unmöglich in diese miteinander so vertraute Gruppe drängen kann, nur um die Rothaarige anzubaggern.

Ich bin müde von der Reise, davon, einen Mann getötet zu haben und von dem unweigerlichen Absinken des Adrenalinspiegels nach dem Einsatz.

Ich drehe den Hocker wieder der Bar zu und beschließe, nach diesem Bier nach Hause zu gehen.

Nach weniger als fünf Minuten habe ich das Bierglas geleert. Als ich meine Kreditkarte hervorhole, spüre ich ein Tippen an meiner Schulter.

Ich hebe den Kopf und blinzele erstaunt die schöne Rothaarige an.

Sie blickt auf mein leeres Glas und die Kreditkarte in meiner Hand. „Darf ich dir noch ein Bier spendieren, bevor du gehst?“, fragt sie mich.

Plötzlich gar nicht mehr müde, stehe ich vom Hocker auf und biete ihn ihr an, denn die Plätze rechts und links von mir sind besetzt. „Nein, du darfst mir kein Bier spendieren, aber du darfst mich etwas für dich bestellen lassen. Was hättest du denn gern?“

„Einen Screwdriver“, sagt sie lächelnd und setzt sich auf den angebotenen Hocker.

Ich wende mich der Bar zu, lege den Ellbogen darauf und stelle den Augenkontakt mit dem Barkeeper her. „Noch ein Bier und einen Screwdriver.“

Er nickt, und ich wende mich wieder der schönen Frau zu, die mich gerade so überrascht hat. „Ich bin es nicht gewohnt, dass mir Frauen einen Drink spendieren“, gebe ich zu. Ich reiche ihr die Hand und verrate nur meinen Vornamen. „Cage.“

Selbstsicher schüttelt sie meine Hand mit ordentlich viel Druck. „Jaime.“

„Schön, dich kennenzulernen.“

Sie sieht mich unter ihren langen Wimpern leicht verlegen an. „Ich habe dich hier sitzen sehen, als ich von der Toilette kam, und dachte mir, du siehst aus, als könntest du etwas Gesellschaft gebrauchen.“

Ich hebe eine Augenbraue. Meint sie es ehrlich und glaubt, dass ich einen Freund brauche, oder ist das ein Anmachspruch? Falls sie wirklich glaubt, dass ich einen Freund brauche, irrt sie sich, aber es wäre echt süß. Sollte es nur eine Anmache sein, bin ich voll dafür. Aus der Nähe ist sie noch schöner als aus der Ferne.

Ihre Haut ist blass und sie hat Sommersprossen auf der Nase. Ihre Augen sind nicht grün wie meine, sondern so blau wie der Gletschersee in Montana, an dem ich einmal zum Fischen war. Sie ist nicht aufgedonnert geschminkt. Ich erkenne nur ein bisschen Mascara und Lipgloss, doch sie besitzt eins dieser faszinierenden Gesichter, die nicht mehr benötigen als ihre natürliche Schönheit, damit Leute sich danach umdrehen.

Obwohl sie größer ist als die meisten Frauen, reicht sie mir trotzdem nur bis an die Schulter. Sie trägt kein Club-Outfit, sondern eher etwas für einen Spaziergang durch die Innenstadt. Dunkle Leggings und einen langen Pullover, der bis über ihren Hintern reicht. Er ist dünn und figurbetont, nicht schlabberig. Ich bin sicher, dass sie nackt auf meinem Bett ausgebreitet wunderbar aussehen würde.

„Es sah so aus, als ob du das Gewicht der ganzen Welt auf deinen Schultern hättest“, erklärt Jaime. „Und ich bin ein Naturtalent im Problemlösen, also dachte ich, ich gehe einfach zu dir und bin neugierig. Außerdem machte es mir die Sache leichter, dass du echt heiß bist.“

Wow. Eine Kombi aus beidem. Freundschaftsangebot und Anmache zugleich. Erfrischend.

Der Barkeeper stellt uns die Getränke hin. Ich schiebe ihr den Screwdriver zu und ignoriere vorerst mein Bier. „Ehrlich gesagt, fühle ich mich recht erleichtert und froh. Hatte einen großen Erfolg bei der Arbeit und trinke etwas, um das zu feiern.“

„Ach ja?“ Sie nippt an ihrem Drink und nickt. „Danke, übrigens. Was war das denn für ein großer Erfolg?“

Schnell denke ich an die ganzen angeblichen Berufe, die ich Frauen seit Jahren nenne, und entscheide mich für einen. „Ich bin Autoverkäufer und habe meine Quote für den Monat erreicht.“

Ihre Augen strahlen, und ihre Lippen bewegen sich nach oben, bis sie lächelt. „Oh, gut für dich. Glückwunsch.“

Bevor sie mich nach Details zu meinem falschen Job befragen kann, stelle ich ihr eine Frage. „Und was machst du so?“

„Ich bin Sozialarbeiterin.“ Jetzt strahlt sie noch mehr, was verrät, dass sie eine echte Leidenschaft für ihren Beruf hat. „Ich arbeite für eine Vereinigung, die alle staatlichen Programme gegen häusliche Gewalt in Pennsylvania koordiniert. Mit anderen Worten, ich helfe Frauen und deren Kindern, aus ihren schlimmen Verhältnissen zu fliehen.“

Kurz komme ich mir klein vor und stelle fest, dass diese Frau viel zu gut ist, um sie für einen One-Night-Stand auszunutzen. Sie ist keine von den dümmlichen Sexbomben, mit denen man sich eine Nacht lang amüsieren kann und die man am Morgen wieder los ist.

Deshalb nenne ich keiner meinen echten Beruf. Ich musste feststellen, dass sich Frauen mehr an mich klammern, wenn sie hören, dass ich für eine hochrangige Sicherheitsfirma arbeite, die aufregende und gefährliche Sachen auf der ganzen Welt macht. Und einen langweiligen Beruf zu haben, macht mich außerhalb des Bettes nicht so interessant, was One-Night-Stands sehr viel einfacher macht.

Ich denke darüber nach, mein Bier zu leeren und zu gehen, doch sie hält das Gespräch am Laufen. „Ist das ein Südstaatendialekt, den ich da höre?“

Ich lächele und nicke. „Geboren und aufgewachsen in North Carolina. Aber mit den Jahren habe ich ihn ein bisschen abgeschwächt.“

„Das ist süß“, findet sie und nippt wieder an ihrem Drink. „Ich bin in Pittsburgh geboren und aufgewachsen. Mein Dad ist in dritter Generation Stahlarbeiter.“

Ich runzele die Stirn. „Ich dachte, die Stahlindustrie ist zusammengebrochen.“

Einst war Pittsburgh bekannt für seinen Stahl, bis in den Achtzigern die Preise in den Keller fielen, weil der Markt gesättigt war. Heute ist Pittsburgh für seine Banken bekannt, gute Kliniken, Football, Eishockey und Baseball.

Jaime schüttelt den Kopf. „Es stimmt, dass die Stahlindustrie nicht mehr das ist, was sie einmal war, aber U.S. Steel hat immer noch ein paar Fabriken in der Gegend. Mein Dad arbeitet im Edgar-Thompson-Werk in Braddock.“

„Was genau arbeitet er da?“ Es interessiert mich, mehr zu erfahren.

„Er wartet den Hochofen. Dort wird das Rohmaterial zu flüssigem Eisen geschmolzen und dann zu Stahlstücken raffiniert, die in einem anderen Werk zu allen möglichen Produkten verarbeitet werden.“

„Faszinierend.“

Sie kichert und zuckt mit den Schultern. „Familientradition. Außer, dass ich auf keinen Fall dort arbeiten wollte.“

„Also bist du aufs College gegangen und jetzt hilfst du bedürftigen Frauen“, vermute ich. „Sind noch mehr Familienmitglieder in die Fußstapfen deines Vaters getreten?“

Jaime schüttelt den Kopf und die roten Haare bewegen sich mit. „Meine Schwester ist auf dem College und mein Bruder ist ein Arsch, der im Keller meiner Eltern wohnt.“

Ich lege den Kopf in den Nacken und lache bei der Beschreibung. In ihrem Ton schwingt ein bisschen Abscheu für ihren faulen Bruder mit, gemischt mit einer ordentlichen Portion Zuneigung für den Blödmann.

„Warum bist du heute hergekommen?“ Ich nicke zu ihren Freundinnen hinüber, die uns trotz ihrer Unterhaltung neugierig beobachten.

„Ich habe eine unschöne Trennung hinter mir, und sie dachten, ich müsste mal wieder raus …“ Sie zuckt gleichgültig die Achseln.

„Hast du Liebeskummer?“ Ihre Antwort könnte unser Schicksal für den heutigen Abend bestimmen.

Sie schnaubt und winkt ab. „Wohl kaum. Wir waren nur zwei Monate zusammen, als ich ihn beim Fremdgehen erwischt habe. Ich habe ein Buch nach ihm geworfen und ihm die Nase gebrochen. Also bin ich eigentlich gerade recht froh über alles. Ausgleichende Gerechtigkeit und so. Ich muss mir nichts beweisen, aber meine Freundinnen denken, dass ich wieder rausmuss … wieder zurück in den Sattel sozusagen.“

Ich kann mein Lachen nicht zurückhalten und nicht mehr stehen bleiben. Ich beuge mich vor, halte meinen Bauch und lache in mich hinein. Das ist einfach zu witzig.

„Du brauchst Lückenbüßer-Sex.“ Ich richte mich wieder auf und entscheide, mich dafür zur Verfügung zu stellen.

„Nicht wirklich“, entgegnet sie. „Ich habe nicht das Gefühl, eine Lücke füllen zu müssen.“

„Dann nur normalen Sex?“, schlage ich fragend vor.

„Normaler Sex klingt stinklangweilig.“

Himmel, sie ist witzig. Ich lache und stelle fest, dass ihr Glas fast leer ist. „Wie wär’s mit noch einem Drink und wir besprechen das Für und Wider?“

„Gute Idee“, antwortet sie begeistert.

*

Als wir in ihrem Apartment landen, sind wir beide ziemlich angetrunken. Zu mir zu gehen, steht außer Frage, denn ich wohne im Jameson-Hauptquartier. Und da sie glaubt, dass ich ein Autoverkäufer bin, geht das nicht.

Fast hätten wir das Schließen der Bar noch erlebt. Ich war dann noch mit ihr am Tisch ihrer Freundinnen, die mich abwechselnd ausfragten. Doch die meiste Zeit habe ich schwer mit Jaime geflirtet. Je mehr wir tranken, desto direkter wurde ich.

Irgendwann saß sie auf meinem Schoß und ich schob meine Hand ihren Innenschenkel hinauf, bis sie mir ins Ohr flüsterte:

„Wir sollten bald gehen, was meinst du?“

Oh ja, das hielt ich für eine verfickt fantastische Idee.

Natürlich durfte ich nicht mit Jaime gehen, ohne dass ihre Freundinnen meinen Führerschein abfotografierten. Aus Sicherheitsgründen. Ich machte mir nicht die Mühe, darauf hinzuweisen, dass dieser auch gefälscht sein könnte, denn das hätte nicht dazu beigetragen, dass Jaime sich bei mir sicher fühlt.

Nein, die einzig sichere Möglichkeit ist, keinen fremden Mann mit nach Hause zu nehmen, aber Jaime und ich haben eine Verbindung. Und sie vertraut ihrer Intuition, dass ich ein netter Kerl bin und sie nicht umbringen will. Dennoch werde ich sie, bevor sich unsere Wege wieder trennen, darauf hinweisen, dass es gefährlich ist, Männer mit nach Hause zu nehmen, und dass sie vorsichtiger sein soll.

Unser erster Kuss findet auf dem Rücksitz des Uber-Autos statt, mit dem wir zu ihrem Apartment fahren. Der Kuss ist langsam und süß, wird jedoch schnell zu einem heißen Herummachen, bis der Fahrer laut husten muss, um uns zu trennen, als er vor dem Haus anhält.

Der Aufzug ist zu lahm, also laufen wir die Treppen hoch, halten uns an den Händen und sind atemloser vor Begierde als vor Anstrengung. Während Jaime den Schlüssel in die Tür steckt, presse ich mich an sie, bis sie keinen Zweifel mehr daran hat, wie sehr ich sie will.

Fuck, sie drückt ihren tollen Arsch an mich, sodass ich noch härter werde.

„Beeil dich“, murmele ich.

Blitzschnell stürzen wir in wildem Lusttaumel und trunkener Leidenschaft in ihr Apartment. Die Tür fällt zu und ich schiebe die Riegel vor. Auf dem Weg ins Schlafzimmer küsse ich Jaime und versuche, sie auszuziehen. Ich werfe nicht einmal einen Blick auf ihre Wohnung. Ich bin viel zu interessiert daran, wie sie sich unter meinen Händen und meinem Mund anfühlt, und weiß, dass es sich in ihr noch viel besser anfühlen wird.

 Nackt fallen wir auf ihr Bett. Welches perfekt gemacht ist, fällt mir noch auf. Dann geht es los. Mit dem Mund wandere ich über ihren Körper, küsse sie sanft, knabbere und sauge. Als ich mit den Fingern ihre weiche, nasse Mitte finde, bäumt sie sich auf und verlangt nach mehr.

Als ich nach dem Kondom greifen will, das ich vorher noch schnell aus meiner Geldbörse geholt und auf den Nachttisch geworfen habe, stößt mich Jaime auf den Rücken und gibt mir dieselbe Behandlung wie ich ihr zuvor.

Guter Gott, und sie weiß wirklich, wie man einen Mann anfassen muss. Mit der Zunge umkreist sie meine Nippel, umfasst meinen Schwanz und pumpt ihn.

Sie ist perfekt.

Jaime hebt den Kopf und sieht mich mit Feuer in den Augen an. „Weißt du … das ist mein erster One-Night-Stand.“

Verblüfft blinzele ich.

Sie ist so selbstsicher, eine moderne Frau, die weiß, was sie will, und es sich nimmt. Klar, der Alkohol hat etwas nachgeholfen, doch sie zeigte nie auch nur den Hauch eines Zweifels.

Doch das tue ich jetzt. Meine Hand gleitet über ihr Kinn. „Willst du aufhören?“

Jaime schüttelt den Kopf. „Gott, nein. Ich will nur nicht, dass du denkst, dass ich ständig fremde Männer in mein Apartment locke.“

„Also, ich bin ja kein Fremder. Wir haben uns mindestens drei Stunden in der Bar unterhalten.“

Sie grinst.

Ich nutze die Gelegenheit und greife nach dem Kondom. Jaime nimmt es mir aus Hand und reißt die Verpackung mit den Zähnen auf.

Fuck … das ist erotisch.

Ich stöhne, während sie es mir überrollt, und dann werfe ich sie auf den Rücken und lege mich zwischen ihre Beine.

Das hier ist nichts anderes als zwei Menschen voller angestauter Begierde und Energie, bereit, diese aufeinander loszulassen. Mein Mund bedeckt ihren, ich stoße in sie und sie kommt meinen Bewegungen mit ihren rhythmisch entgegen.

Es fühlt sich verdammt gut an.

Besser als ich es seit Langem erlebt habe, und das sogar trotz des Alkoholnebels. Ich frage mich, wie es wohl wäre, wenn ich total nüchtern wäre. Wahrscheinlich würde ich mich wie ein Schuljunge sofort nach ein paar Stößen entladen.

Jaime erwidert meine Intensität und wir ficken hart und laut. Sie drängt mich sogar, noch fester zu stoßen, und ich flüstere Sauereien in ihr Ohr.

Als sie kommt, geschieht es mit einem Aufbäumen und einem Schrei.

„Cage!“

Das genügt, um mich mitzureißen. Ich erlebe einen weltenerschütternden Höhepunkt, bei dem ich helle Flecke hinter den Lidern sehe und der viel zu viel Neugier hinterlässt, wie es wohl wäre, wenn ich nüchtern bin.

Kapitel 2

Cage

Trotz des Alkohols und der nächtlichen Blödeleien mit Jaime hatten wir noch zweimal Sex. Noch nie war ich so froh, dass ich meine Geldbörse so gut mit Kondomen bestückt hatte. Ich erwache geistig voll fit.

Das kommt vom Militärtraining. Besten Dank, Navy SEALs.

Sofort erinnere ich mich an alles. Ich bin in Jaimes Apartment, in ihrem Bett, und ihr Körper berührt meinen. Durch ihre Rollos kann ich sehen, dass es draußen schon hell ist. Jaime rührt sich nicht und ich höre sie tief atmen.

Sie schläft noch.

Ich stecke den Arm unter das Kissen und rolle mich auf die Seite, um sie anzusehen. Normalerweise würde ich jetzt hastig den Abgang machen, aber ich möchte sie noch eine Weile betrachten. Letzte Nacht habe ich sie nur in der schlecht beleuchteten Bar und durch einen Bierschleier gesehen.

Es überrascht mich nicht im Geringsten, dass sie bei Tageslicht sogar noch schöner ist. Ihr langes Haar ist ausgebreitet und fließt zum Teil über ihre Schulter. Mit dem entspannten Gesicht und den leicht geöffneten Lippen wirkt sie fast engelsgleich. Ich widerstehe dem Drang, sie wach zu küssen.

Ich sollte jetzt gehen.

Dennoch schaue ich sie weiter an und wünschte, die Decke wäre nicht bis unter ihren Arm hochgezogen und würde nicht ihren perfekten Körper vor mir verbergen. Verdammt, es ist himmlisch gewesen, in ihr zu sein.

Wenn ich an gestern denke … ja, das Ficken war fantastisch und alles, was man sich von einem One-Night-Stand erhoffen kann, und die Zeit dazwischen … Ich bin überrascht, wie locker es war, mit ihr zusammen zu sein. Unsere Gespräche sind mir leichtgefallen und ich musste keine peinlichen Pausen mit bedeutungslosen, banalen Dingen füllen. Leicht konnte ich Fragen über mein Leben als Autoverkäufer überspielen, ansonsten waren unsere Gespräche stimulierend und wir lachten viel.

Wenn ich Jaime mit einem Wort beschreiben sollte, würde ich unbeschwert sagen. Und das ist erfrischend.

Ich sollte jetzt wirklich aufstehen und gehen. Es ist noch so viel zu tun, bevor ich morgen wieder zur Arbeit muss.

Aber … Jaime ist so verdammt schön. Ich bin voll damit zufrieden, einfach hier zu liegen und sie zu betrachten. Ich spüre, dass ich lächeln muss, wenn sie so tief schlummert.

Doch plötzlich stöhnt sie auf, was nach Frustration klingt, öffnet die Augen und sieht mich an. Sie sind ganz klar und kein bisschen schläfrig, wie nach dem Schlaf, in dem ich sie vermutet hatte.

„Du bist wach“, murmele ich überrascht.

„Schon eine ganze Weile.“ Sie grinst. „Ich habe mich schlafend gestellt, damit du dich rausschleichen kannst.“

„Ich schleiche nicht“, antworte ich gekränkt. „Ich schlendere.“

„Du kommst mir aber wie ein Schleicher vor.“ Sie tut so, als ob sie mich prüfend ansehen würde, und nickt dann entschlossen. „Definitiv ein Schleicher.“

Oh Mann, sie ist so süß und witzig. Jetzt, wo sie wach ist, spricht und so sexy aussieht, kann ich nur eins tun. Ich rolle mich über sie, lege mich zwischen ihre Beine und meine Lippen berühren ihren Hals. „Ich bin kein Schleicher. Aber ich bin definitiv ein Morgensex-Mann.“

Jaime lacht, schlingt die Arme um meinen Nacken und zieht mich für einen kurzen Kuss an ihren Mund. „Ich habe überhaupt nichts gegen Morgensex, aber ich muss mich für die Arbeit fertig machen.“

Wieder blinzele ich überrascht. Fuck, es ist ein Wochentag. Trotzdem ist mir nicht in den Sinn gekommen, dass sie vielleicht zu einer bestimmten Zeit irgendwo sein muss.

Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, davonzuschleichen, ähm, ich meine -schlendern. Aus ihrem Apartment und ihrem Leben. Das hätte ich bei jedem anderen One-Night-Stand getan. Doch stattdessen höre ich mich fragen: „Kann ich deine Nummer haben, um dich mal anzurufen?“

Mit sanftem Blick schüttelt sie den Kopf. „Das musst du nicht tun.“

„Nein, ich will es aber.“

„Belassen wir es besser bei einem One-Night-Stand“, antwortet sie entschlossen. „So hatten wir es gestern Abend abgesprochen. Und du warst derjenige, der damit anfing, also muss es dir wohl wichtig sein.“

Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Ich date nicht. Ich habe nie etwas anderes als One-Night-Stands laufen. Und schon gar nicht frage ich nach Telefonnummern. Aber ihre muss ich unbedingt haben.

„Weil ich ein Gebrauchtwagenverkäufer bin, stimmt’s?“ Ich fühle mich hilflos. Hätte ich mir doch nur einen attraktiveren Beruf ausgedacht. „Ich bin dir nicht sexy genug.“

„Du bist sehr sexy“, sagt sie mit einem Lachen. „Und ich bin sicher, das ist ein anständiger Beruf. Die Leute brauchen Transportmittel.“

„Dann ist es, weil ich so leicht zu haben war?“

Sie senkt den Blick und sieht mich unter ihren langen Wimpern leicht verlegen an. „Du hättest es mir schon etwas schwerer machen können.“

Ich breche in Lachen aus und gebe ihr einen schnellen Kuss, bevor ich von ihr steige. „Okay, du musst zur Arbeit, aber ich gehe nicht ohne deine Nummer.“

Ich suche meine Klamotten zusammen und ziehe mich an, während mir Jaime schmachtend zusieht. Dann hole ich das Handy aus meiner Hosentasche und sehe Jaime an. „Die Nummer? Sofort!“

Sie rattert ihre Nummer herunter und ich tippe sie in mein Handy. Dabei lächelt sie mich amüsiert an. Offenbar glaubt sie nicht, dass ich sie wirklich anrufen werde.

Ich stecke das Handy ein und setze mich aufs Bett, um die Schuhe anzuziehen. Jaime sieht mir schweigend, mit einer Hand unter dem Kopfkissen, zu.

„Ich werde dich anrufen“, sage ich über die Schulter hinweg. „Warte es nur ab.“

„Ja, ja.“ Nichts als Zweifel in ihrer Stimme.

Ich muss hier abhauen, bevor ich dem Drang nachgebe, mich wieder auszuziehen und dafür zu sorgen, dass sie zu spät zur Arbeit kommt.

Nachdem ich ihr einen sanften Kuss gegeben habe, gehe ich durch das Apartment und lasse mich selbst hinaus. Bevor ich die Tür zufallen lasse, rufe ich zurück: „Schließ hinter mir ab!“

„Okay“, antwortet sie.

„Und ich rufe dich an!“

Ich höre sie lachen.

Auf dem Weg zur Straße, wo ich mir ein Uber zum Jameson-Hauptquartier rufen will lächele ich die ganze Zeit. Doch vorher halte ich vor der Eingangstür an, rufe Jaimes Nummer auf und tippe sie entschlossen an.

Nach zweimaligem Klingeln geht sie ran.

„Hallo?“

„Ich sagte doch, dass ich dich anrufen werde.“

Sie lacht heiser. „Ich wollte gerade unter die Dusche gehen.“

„Du willst wohl, dass ich sofort wieder nach oben komme, oder?“, necke ich sie.

„Das wäre schön. Aber ich bin wirklich spät dran. Danke fürs Anrufen.“

„Warte!“, rufe ich aus und lache. „Ich wollte dich etwas fragen.“

„Was denn?“

„Gehst du heute Abend mit mir essen?“

Sie schweigt so lange, dass ich schon denke, sie wird ablehnen. Ein Teil von mir wäre froh darüber, denn das ist eigentlich absolut nicht meine Art.

Dennoch überkommt mich Erleichterung, als sie sagt: „Ich denke, das wäre schön.“

„Ich hole dich um sieben ab, okay?“

„Ich kann es kaum erwarten“, sagt sie leise und legt ohne Abschiedsfloskel auf.

Faszinierende Frau. Ich kann es ebenfalls kaum erwarten. Jetzt muss ich mir nur noch einfallen lassen, wohin ich sie ausführen soll. Wahrscheinlich werde ich Kynan fragen, wenn ich zur Arbeit gehe. Er kennt alle super Locations in Pittsburgh.

*

Mit großem Enthusiasmus werde ich im Hauptquartier begrüßt. Zwar bin ich nicht der einzige Held, der Malik befreit hat, aber der einzige, der im Moment durchs Erdgeschoss schlendert. Die Kollegen klopfen mir auf die Schultern, halten die Hände zum High Five hoch, oder zum Faustgruß, und von Anna bekomme ich eine dicke Umarmung.

Anna ist Kynans Assistentin. Sie arbeitet erst seit ein paar Monaten hier. Ihre Situation ist einzigartig, denn ihr Mann war bei demselben Einsatz wie Malik. Er wurde getötet und Malik gefangen genommen. Annas Weg war schwer, doch er führte sie zu Jameson. Sie fühlt sich mit uns verbunden und ist an Maliks Befreiungsaktion sehr interessiert gewesen. Es hat sie genauso stark bewegt wie uns alle. Obwohl sie Jimmy verlor, empfindet sie es als tröstlich, dass Malik wieder zu Hause ist. Es scheint ihr wichtig, dass wenigstens etwas Gutes aus dem Drama herausgekommen ist.

„Ich bin so stolz auf dich“, verkündet Anna und entlässt mich aus ihrer Umklammerung.

Ich drücke sie noch einmal kurz, bevor ich sie loslasse. Es ist seltsam, aber seit Anna hier arbeitet, haben wir ein enges Verhältnis entwickelt. Einige in der Firma vermuten bereits, dass zwischen uns etwas läuft, doch das ist nicht der Fall. Wir sind nur Freunde. Richtig gute Freunde. Ich würde Anna als meine beste Freundin im ganzen Hauptquartier bezeichnen. Mein generell bester Freund im Leben ist Bodie Wright. Er arbeitet im Büro in Vegas, das seine Frau Rachel leitet, die gleichzeitig Kynans Stellvertreterin ist.

„Wie geht es ihm?“, will Anna wissen und meint Malik. „In welchem Zustand ist er? Wird er wieder? Was können wir noch für ihn tun?“

Ohne Atempause bombardiert sie mich mit Fragen. Ich muss ihr eine Hand auf den Mund legen, um sie abzuschalten, und beuge mich vor. „Ich muss zu Kynan zum Debriefing. Wie wär’s, wenn wir heute zusammen Mittagessen? Dann erzähle ich dir alles, was ich darf, okay?“

Es entstehen Lachfältchen um ihre Augen und sie nickt. Ich spüre ihr Lächeln unter meiner Hand.

Als ich die Hand wegnehme, sagt Anna leise: „Okay.“

„Und ich habe dich auch vermisst“, sage ich freundlich.

Errötend versichert sie mir schnell, dass sie mich vermisst hat. „Ich bin nur so aufgeregt, dass Malik befreit werden konnte, das ist alles.“

Ich lache. „Verstehe ich doch. Wir reden beim Mittagessen weiter.“

Ich entferne mich von Anna und winke Corinne Ellery zu, unserer Team-Psychologin. Ein Gespräch mit ihr wird Teil meines Debriefings sein. Kynan besteht darauf, dass seine Leute auf mentale Gesundheit überprüft werden und nach schwierigen Einsätzen Therapiesitzungen machen, um mit dem Stress des Jobs fertigzuwerden. Ich bin ziemlich sicher, dass sie mit mir über meinen Stolz und das Erfolgsgefühl reden wird, das ich empfand, als ich dem Entführer die Kugel ins Gehirn jagte, genau wie über den Teil meines Gewissens, der durch dieselbe Aktion belastet wird.

Kynan sitzt in seinem Büro und hat den Kopf über etwas auf seinem Schreibtisch gesenkt. Seit er Jameson Force Security übernommen hat, ist er öfter am Schreibtisch, als auf Einsätze zu gehen. Ich weiß nicht, wie er es fertigbringt, die Erregung und den Adrenalinrausch aufzugeben, besonders wo Kynan doch dafür bekannt ist, ein Adrenalin-Junkie zu sein.

Bevor ich eintrete, klopfe ich an seine offene Tür. Er hebt den Kopf und lächelt mich freundlich an. Es ist nicht das erste Mal, dass ich ihn seit Maliks Befreiung sehe. Er hat uns in New York am Flughafen getroffen, als der Linienflug gelandet war. Hauptsächlich ist er wegen Malik gekommen, um ihn zu Hause willkommen zu heißen. Er schämte sich kein bisschen, Emotionen zu zeigen, als er Malik umarmte. Ich gebe zu, auch feuchte Augen gehabt zu haben, doch ich blinzelte die Tränen sofort weg.

„Bereit für das Debriefing?“, frage ich.

Es gehört zu Kynans Aufgaben, mit jedem Teammitglied zu sprechen, um ein vollständiges Bild der Abläufe eines Einsatzes zu bekommen. Nach mir wird er auch mit den anderen sprechen, doch da ich der Leiter war, fängt er mit mir an.

„Na klar“, antwortet er, schiebt seinen Bürostuhl etwas zurück und lehnt sich bequem an. Ich lasse mich ihm gegenüber auf einem Besucherstuhl nieder.

Kynan hat nichts zu schreiben vor sich. Und er wird wohl auch nichts in den Laptop tippen, während ich rede. Er hört nur zu und schreibt anscheinend später alles aus dem Kopf nieder.

Ich nehme auch an, dass er ein paar Details weglassen wird, denn auch wenn Kynan es oft schafft, vieles unter dem Radar durchzuschmuggeln, ist seiner Firma in diesem Fall ausdrücklich eine eigene Rettungsmission in Syrien untersagt worden. Die gegenseitigen Beziehungen sind zu dünn, um ohne die Kooperation der syrischen Regierung auszukommen, doch das hatte Kynan gar nicht vor. Einer der Gründe, warum ich ihn so bewundere. Er tut, was auch immer getan werden muss, um sein Team nach Hause zu holen.

Mein Bericht dauert ungefähr eine Stunde, bis ich alles erklärt habe. Wir infiltrierten das Gebiet, in dem Malik laut Informanten gefangen gehalten wurde. Diese Info hatte Kynan zwanzig Riesen gekostet, doch der Mann hatte genaue Koordinaten in der Wüste geliefert, was uns eine Menge Zeit und Energie sparte. Wir landeten in der Nähe und schlichen uns nachts im Licht des Mondes heran. Wir hatten Glück und fanden eine kleine Anhöhe aus Sand und Steinen ein paar Meter von dem Loch entfernt, in dem sich Malik befand. Stundenlang lagen wir dort und beobachteten das Geschehen, während die Entführer lachten, herumalberten und am Feuer gegrillte Ziege aßen.

Dann kam unser Moment. Einer der Kerle brachte Malik raus. Durch die Nachtsichtbrille sah ich, dass er es war, und er war in furchtbarer Verfassung.

„Ich schalte den Kerl aus, der Malik hat“, wisperte ich Merritt zu, der wie ich auf dem Bauch lag. Wir hatten beide unsere Barrett-M82-Waffe auf einem kurzen Stativ liegen. „Du nimmst den anderen.“

Mit einem Auge am Zielfernrohr nahmen wir die Männer ins Visier. Mein Fadenkreuz befand sich mitten auf der Stirn von Maliks Wachmann. Ich wusste, dass Merritt, der wie ich ein Navy SEAL war, bei dem anderen Kerl dasselbe Ziel anvisierte.

„Auf eins“, flüsterte ich und begann, rückwärts zu zählen. „Drei … zwei … eins.“

Meine Kugel traf zuerst, und ich erinnere mich genau an Maliks verblüfftes Gesicht, als der Kopf des Mannes explodierte. Eine Millisekunde später war der zweite Mann auch tot.

Kynan unterbricht meinen Bericht. „Melde dich nachher bei Corinne.“

„Verstanden“, antworte ich mit einem Nicken.

Mehr musste nicht gesagt werden, damit ich meine mentale Gesundheit checken ließ. Manche Männer schrecken davor zurück, ich jedoch nicht. Ich will meinen Geist genauso gesund erhalten wie meinen Körper, besonders, weil ich in diesem Job gern Karriere machen würde.

Kynan stellt mir ein paar Fragen zum Sachverhalt. Als wir fertig sind, plaudern wir noch eine Weile über irrelevantes Zeug, und ich weiß, dass er froh ist, dass ich wieder da bin.

Bis zum nächsten Einsatz.

Bevor ich das Büro verlasse, stelle ich ihm meine Frage. „Kannst du irgendein schönes Restaurant empfehlen, in dem ich heute Abend noch einen Tisch bekomme?“

Kynans Augenbrauen schießen in die Höhe. Ich habe noch nie eine solche Frage gestellt, denn ich bin mehr der Fast-Food-Typ, und außerdem impliziert die Frage, dass ich ein Date habe, was irgendwie schockierend ist.

Sein Gesicht entspannt sich und er gibt mir ein paar Empfehlungen. Genügend, damit ich das Date planen kann. Nach Details fragt er nicht, was gut ist, denn ich habe nicht vor, sie ihm zu erzählen, weil ich immer noch nicht weiß, was zur Hölle ich da eigentlich tue.

Ich weiß nur, dass ich mich darauf freue, heute Abend Jaime wiederzusehen.

Kapitel 3

Jaime

Ich habe meinem Boss schon per Chat geschrieben, dass ich heute später komme, bevor ich in die Dusche gestiegen bin. Das ist keine große Sache, denn ich arbeite sowieso immer mehr Stunden, als ich müsste, und schreibe nie Überstunden auf. Nicht aus Selbstlosigkeit, sondern ich liebe meine Arbeit einfach so sehr, dass ich gar nicht merke, wie schnell die Zeit vergeht.

Das Duschen dauert länger als erwartet, denn ich habe nur Cage im Kopf. Ich denke an jede Minute mit ihm an der Bar und ein bisschen zu lange an jede Sekunde mit ihm in meinem Apartment.

Es passt überhaupt nicht zu mir, ihn mit nach Hause genommen zu haben. Normalerweise brauche ich ewig, um einen Mann so gut kennenzulernen, dass ich bereit bin, ihn an meinen Körper zu lassen. Nicht, dass ich altmodisch oder prüde wäre, aber ich stehe nicht für die schnelle Befriedigung zur Verfügung. Noch wichtiger ist, dass sexuelle Anziehung aus mehr besteht als nur dem Äußerlichen. Es geht um das, was man nicht sehen kann, wie gut die Persönlichkeiten zusammenpassen und ob man sich vertrauen kann. Auch wenn ich nach so kurzer Zeit nicht wirklich beurteilen kann, ob Cage vertrauenswürdig ist, habe ich jedoch ein gutes Bauchgefühl, was ihn betrifft.

Und wir wurden beide von meinen Freundinnen aufgestachelt, die ständig darauf anspielten, was für ein heißes Paar wir doch wären und dass wir eine noch heißere Nacht haben könnten, wenn wir nur wollten. Alkohol half, die Entscheidung einfacher zu machen. Doch wenn ich darüber nachdenke, spüre ich kein bisschen Reue, etwas so außerhalb meiner Norm getan zu haben.

Leicht gesagt, jetzt wo ich in meinem Apartment in Sicherheit bin und er mich nicht ermordet hat. Dennoch, ich hatte einfach zu keiner Zeit Angst, dass das passieren könnte. Ich habe eine recht gute Menschenkenntnis. Bei meiner Arbeit muss es so sein, denn ich habe ständig mit Opfern häuslicher Gewalt zu tun, für die ich wichtige Entscheidungen treffen muss, und das allein auf der Geschichte basierend, die sie mir erzählen.

Das Wasser wird langsam kühler. Ich spüle meine Haare noch einmal aus, um sicherzugehen, dass ich den ganzen Conditioner erwischt habe, und steige dann aus der Dusche. Ich wickele ein Handtuch um meine Haare und ziehe meinen Fleece-Bademantel über, der an der Badezimmertür hängt. Mein Magen knurrt und braucht etwas zu essen. Nach dem Work-out mit Cage in der Nacht sieht sich mein Magen garantiert einem Kaloriendefizit gegenüber.

Bei der Erinnerung daran muss ich lächeln. Trotz des leichten Wundseins zwischen den Beinen. Das ist so etwas wie ein Ehrenabzeichen.

Kichernd gehe ich durch das kleine Wohnzimmer in die Küche.

„Was ist so witzig?“, fragt eine männliche Stimme von der Couch her.

Erschrocken kreische ich auf und mache einen Sprung in die Luft. Dann verbindet mein Hirn die Stimme mit einem Namen. Es ist mein Bruder.

„Herrgott noch mal!“, brülle ich Brian an, der gemütlich auf meiner Couch herumlungert. Mit einer großen Orangensaftpackung aus meinem Kühlschrank. Sofort bereue ich, meinen Familienmitgliedern für Notfälle einen eigenen Schlüssel gegeben zu haben. „Du hast mich zu Tode erschreckt!“

Ungerührt hebt Brian den Orangensaft an seinen Mund und trinkt direkt aus der Packung. Ich verziehe das Gesicht, trete näher und reiße ihm den Saft aus der Hand. Orangensaft spritzt auf seine Brust.