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Jessica Wilker erzählt Geschichten von ganz normalen Menschen und zeigt exemplarisch, dass gelingende Beziehungen ein Gleichgewicht brauchen und keine einseitige Angelegenheit sein dürfen. Dafür braucht es unser Bemühen, beide Seiten zu respektieren und faire Lösungen zu finden. Dieser humorvolle Ratgeber gibt Anregung, wie wir zu mehr Selbstvertrauen und Selbstverantwortung finden und damit auch zu mehr Großzügigkeit und Toleranz in unseren Beziehungen.
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Seitenzahl: 119
Buch
Gelingende Beziehungen brauchen ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen und sind getragen von dem Bemühen, beide Seiten zu respektieren und faire Lösungen zu finden. Die Psychologin und Religionswissenschaftlerin Jessica Wilker zeigt in diesem humorvollen Ratgeber beispielhaft, wie wir dieses Gleichgewicht finden und lebendige und glückliche Beziehungen leben können – immer mit einem Augenzwinkern.
Autor
Jessica Wilker studierte Psychologie an der Universität Bern und war viele Jahre in verschiedenen Bereichen psychologischer Beratung tätig. Die gebürtige Schweizerin lebt heute in England, wo sie an der Universität Bath ein Studium der Religionswissenschaften abgeschlossen und sich auf buddhistische Ethik spezialisiert hat. Sie ist selbst praktizierende Buddhistin.
Außerdem von Jessica Wilker im Programm
Das Einmaleins der Achtsamkeit, Arkana
Jessica Wilker
Das Einmaleins der Beziehungen
Vom Gleichgewicht und von fairen Lösungen
Mit Illustrationen von Wayne Sutherland
Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
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Deutsche Ausgabe Februar 2024
Copyright © 2002 der Originalausgabe: Theseus in Kamphausen Media GmbH, Bielefeld
Copyright © 2024 dieser Ausgabe: Arkana, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Lektorat: Vera Baschlakow
Illustrationen: Wayne Sutherland
Covergestaltung: Sabine Schiche, ad department
Covermotiv: © Wayne Sutherland
Satz: Sabine Schiche, ad department
ISBN 978-3-641-37026-8V001
www.arkana-verlag.de
Meinem Vater und meiner Mutterzum Gedenken
BEZIEHUNGEN
IM GLEICHGEWICHT
AUF DER INSEL
DAS HAUS IM WALD
DER ERSTE SCHRITT
DIE MORAL VON DER GESCHICHT’…
ANMERKUNGEN
Sieh nicht des anderen VerstößeNicht was er tat und unterließ.Sieh, was du selbst getanUnd was du unterlassen hast.
Dhammapada, Vers 50
Beziehungen! Wer von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, hat noch nie im Leben eine Beziehung gehabt? Wahrscheinlich niemand! Wir alle gehen im Verlauf unseres Lebens Beziehungen ein – intensive und oberflächliche, spannungsgeladene und harmonische. Und wer hat sich nicht wegen einer Beziehung schon mal die Haare gerauft? Freudensprünge getan und im siebten Himmel geschwebt? Wir alle, nicht wahr! Beziehungen sind Alptraum und Höhenflug, Nektar und Gift. Und Beziehungen sind das Thema dieses Buches. Doch gehen wir der Reihe nach und blicken zuallererst auf den Anfang.
Kaum tun wir unseren ersten Atemzug, beginnen sie. Unsere Eltern heben uns hoch und rufen staunend: »Mein Kind.« Und schon stehen wir mitten in unserer ersten Beziehung. Ohne Unterbrechung geht es dann weiter. Menschen reden mit uns, lächeln uns zu und fassen uns an. Manchmal berühren sie uns zärtlich, manchmal grob. Die einen halten uns fest, die anderen von sich fern.
Werden wir älter, beginnen wir, selbst Beziehungen einzugehen. Wir haben Freunde und Geliebte, aber auch Feinde und Gegner. Manche unserer Beziehungen sind eng, manche lose. Sie können ein Leben lang dauern, mal nur einen Blick und ein Lächeln lang. Aus den einen möchten wir fliehen, andere wiederum können wir nicht loslassen.
Im Verlauf unseres Lebens werden es immer mehr. Wir haben Beziehungen mit Vorgesetzten und uns Unterstellten, mit Kunden und Verkäufern, mit Nachbarn und Enkelkindern, mit Behörden, mit Therapeuten, mit Hunden, mit Bäumen – die Liste scheint endlos.
Ob sie mit uns eingegangen werden oder wir sie wählen – Beziehungen gehören also zu unserem Leben. Denn schließlich sind wir nicht allein auf dieser Welt – was eine banale und offensichtliche Feststellung ist, nicht wahr? Trotzdem kann es nicht schaden, sich ab und zu die Tatsachen des Lebens vor Augen zu halten.
Die Beziehungen selbst nun, und dies ist eine weitere Tatsache, können schön sein oder schrecklich. Wir brauchen uns nur in der Welt umzusehen, um dies zu erkennen. Wir stellen bald fest, dass manche Menschen in ihren Beziehungen leiden, andere wiederum glücklich sind.
Wir müssen aber gar nicht so weit suchen, da diese Tatsache auch für unser eigenes Leben gilt. Dort kommt es nämlich vor, dass Menschen, mit denen wir in Beziehung stehen, nett zu uns sind, zuweilen aber auch nicht. So werden wir mal beglückt, mal frustriert.
Wenn wir freundlich behandelt werden, fühlen wir uns wohl, wollen andere uns hingegen übel, bereitet uns das Kummer. Sicherlich haben Sie das eine wie das andere schon selbst erlebt. Nun ist es aber so, dass die Qualität unserer Beziehungen nicht ausschließlich vom Wohl- oder Übelwollen der anderen abhängt. Ob eine Beziehung gut ist oder schlecht, hängt ebenso sehr von uns selbst ab.
In eine Beziehung sind nämlich immer zwei involviert: das Ich und das Du. Und in deren Wechselspiel entwickeln sich Beziehungen. Sie sind gleichsam der Raum zwischen den beiden Seiten und enthalten alle Gefühle, Worte und Taten, die ich und du austauschen.
So ist es offensichtlich, dass Beziehungen von meinem wie von deinem Verhalten geprägt werden. Es ist auch klar, dass das Glück oder Leid, das wir beide erfahren, eben so sehr von mir abhängt, wie auch davon, in welcher Art und Weise du mir begegnest. Dies ist eine weitere Tatsache des Lebens.
Doch wie verhalten wir uns tatsächlich im Umgang mit anderen? Was meinen Sie, sind wir perfekt? Immer nett und selbstlos? Beglücken nur und schaden nie? Behandeln wir andere wirklich respektvoll? Sind wir niemals neidisch oder geizig, selbstsüchtig oder verletzend? Haben wir immer alles im Griff? Wohl kaum.
Sie stimmen sicher zu, dass wir alle unsere Schwachstellen haben. Die einen sind unhöflich, die anderen lassen ihre Wut an Wehrlosen aus. Manchen fällt es schwer, sich durchzusetzen, andere wiederum können sich nicht wehren.
So verschieden unsere Schwächen aber auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: sie wirken sich negativ auf unsere Beziehungen aus. Der Austausch zwischen dem Ich und dem Du leidet unter unklugem, unangemessenem oder bösartigem Verhalten. Ich leide. Du leidest. Die Beziehung leidet.
Dieses Buch möchte gern dazu beitragen, dass solche Leiden vermindert werden können und Glück in Beziehungen gefördert wird. Doch dazu bedarf es Ihrer Mithilfe. Denn, wie Sie gesehen haben, bestimmt unser eigener Umgang mit dem Du, ob wir Glück ernten oder Unglück. Wollen wir also Leiden vermindern, müssen wir selbst aktiv werden.
Manche mögen an diesem Punkt einwenden, dass dies doch ein wenig blauäugig sei. Es läge ja schließlich nicht in unserer Hand, was das Du macht. Fügt es uns Leid zu, nun, dann müssen wir eben leiden. Sicher haben sie Recht. Niemand wird leugnen, dass das Du auf uns wirkt, dass es uns erfreuen, aber auch schaden kann. Werden wir zum Beispiel gelobt, freut uns das. Beschuldigt uns jemand ungerechterweise, ist dies bestimmt unangenehm.
So gibt es Menschen auf der Welt, denen wir lieber aus dem Weg gehen, wie auch solche, die wir nicht mehr missen möchten. Dies ist eine weitere Tatsache des Lebens, die zu akzeptieren nützlich sein kann.
Nichtsdestotrotz: Auch wenn uns andere beeinflussen können, haben wir es immer noch in der Hand, wie wir auf ihr Verhalten antworten wollen. So können wir zum Beispiel auf eine Beschuldigung mit Wut und Angriff reagieren, mit Verletzung und Rückzug, aber auch mit Selbstsicherheit und Ruhe. Hier wird deutlich, dass unsere Reaktion die Beziehung prägen wird, im Guten wie im Schlechten.
Es liegt also doch wieder in unserer Hand, wie sich eine Beziehung gestaltet – unabhängig vom Verhalten unseres Gegenübers. Denn nur wir allein sind für unsere Reaktionen verantwortlich. Kein Mensch kann uns zum Beispiel zwingen: »Reagiere auf meine Anschuldigung mit Angriff.« Er kann uns lediglich reizen, provozieren, verführen oder drohen – die Entscheidung aber, sich so oder anders zu verhalten, liegt ganz allein bei uns.
Wir haben also sehr viel Einfluss auf die Qualität unserer Beziehungen. Deshalb wäre es gewiss keine schlechte Strategie, diesen Einfluss auch auszuüben – gerade wenn wir in unseren Beziehungen leiden und sie verbessern möchten.
Natürlich gibt es auch andere Strategien. Anstatt bei sich selbst zu beginnen, kann man versuchen, das Du zu ändern. Diese Strategie kann zum Beispiel darin bestehen, zu belehren, zu jammern, zu klagen, zu beschuldigen, zu manipulieren, zu überreden, zu bedrohen, zu bestrafen, anzugreifen und ähnliches mehr. Dass diese Strategie das Verhalten unseres Gegenübers tatsächlich ändert, ist durchaus möglich. Es gilt aber zu fragen, wie und zu welchem Preis.
Die Antworten dazu, liebe Leserinnen und Leser, werden Ihnen selbst überlassen. In diesem Buch wird einfach der Standpunkt vertreten, dass es die bessere Strategie sei, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, da wir dadurch die volle Verantwortung für unser Leben übernehmen und zudem nicht zu unguten Mitteln greifen müssen.
Wenn Sie nun Lust verspüren oder es sogar an der Zeit finden, Ihren Einfluss wahrzunehmen, um selbst aktiv werden zu können, dann möchte dieses Buch Ihnen dabei helfen.
Hierzu darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass es nicht das einzige ist, das Ratschläge zur Pflege von Beziehungen anbietet. Beziehungen sind oft kummerbeladen und hinterlassen Verletzungen. Daher gibt es auch viele Bücher, die Ratschläge für jede Art von seelischen Verwundungen anbieten und zeigen, wie diese zu heilen oder zu vermeiden sind. Sie alle haben verschiedenste Ansätze und ganz unterschiedliche Zielvorstellungen.
Dieses Buch hier zum Beispiel rät, ein Gleichgewicht in Beziehungen anzustreben. Es setzt dabei zweierlei voraus: einen gesunden Umgang mit sich selbst sowie die Fähigkeit, Gefühle förderlich zu handhaben. Diesen beiden Themen sind zwei weitere Einmaleins-Bücher gewidmet (siehe Anmerkungen). Sie sehen also – an Ratschlägen fehlt es nicht!
Lassen Sie sich aber von den vielen guten Ratschlägen, die von allen Seiten her auf Sie niederprasseln, nicht verunsichern oder verwirren. Wenn Ihnen Ratschläge in einem Buch etwas nutzen, freuen Sie sich. Wenn nicht, legen Sie das Buch einfach wieder beiseite. Und wenn Sie skeptisch sind über das Gelesene, überprüfen Sie es. Glauben Sie ja nichts einfach blind! Das alles, liebe Leserinnen und Leser, soll auch für dieses Buch gelten.
Schwer ist es, die rechte Mitte zu treffen:das Herz zu härten für das Leben,es weich zu halten für das Lieben.
Jeremias Gotthelf
Beziehungen, wie wir gesehen haben, involvieren ein Ich und ein Du. Es gibt also immer zwei Seiten: die meine und die deine.
Deshalb müssen auch immer zwei Seiten berücksichtigt werden. Ich zum Beispiel habe meinen Standpunkt und du hast deinen. Ich habe Wünsche und Bedürfnisse ebenso, wie du sie hast. Und genau das kann unsere Beziehung so schwierig machen!
Denken wir beispielsweise an eine harmlose Situation: Ich möchte mit dir gemeinsam zu Hause bleiben, aber du möchtest, dass wir zusammen ausgehen. Was nun? Ich möchte natürlich, dass mein Wunsch erfüllt wird, was für dich genauso gilt. Nun müssen wir diesen Konflikt meistern, indem wir eine Lösung finden.
Doch werden wir tatsächlich eine gute Lösung finden? Wie oft, denken Sie, führt nicht schon ein derart kleines Dilemma zu Ärger und Tränen? Können wir unserem Gegenüber wirklich immer das Recht auf seine Wünsche und Bedürfnisse zugestehen? Sind wir tatsächlich immerzu fähig, unsere Interessen durchzusetzen? Können wir überhaupt Kompromisse machen, fair sein?
Nicht immer, müsste eine ehrliche Antwort lauten. Es fällt uns eben mitunter schwer, beide Seiten im Auge zu behalten und sie gleich wichtig zu nehmen. Wir finden es zuweilen schwierig, uns anzupassen oder zu verzichten, uns zu wehren oder etwas zu fordern. Wir haben oft keine Geduld, verlieren manchmal den Respekt oder lassen uns ausnutzen.
Aus welch mannigfaltigen Gründen auch immer Beziehungen schwer fallen – es gibt einen Weg, der bei sämtlichen Schwierigkeiten von großer Hilfe sein kann. Dieser soll nun erläutert werden.
Es ist von Vorteil, wenn wir in Beziehungen einen Anker in die Mitte zwischen die beiden Seiten werfen. Dadurch schaffen wir ein Gleichgewicht zwischen meinen und deinen Anliegen – und dies bewirkt viel Gutes.
Ein Gleichgewicht zu halten garantiert nämlich das Bestmögliche für alle Beteiligten. Niemand erringt einen Vorteil auf Kosten des anderen. Beide Seiten werden gleich ernst genommen.
Es wird nicht nur darauf geachtet, was man selbst bekommt, sondern es wird auch berücksichtigt, was man selbst zu geben hat.
So kann zum Beispiel das Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen viel Geiz und Neid verhindern, so wie die Ausgeglichenheit von Stärke und Schwäche Fairness ermöglicht.
So wie das Gleichgewicht für unsere Beziehungen förderlich ist, so kann hingegen ein Ungleichgewicht ihnen schaden. Alles, was in einer Beziehung nämlich aus der Balance gerät, trägt den Samen des Leidens in sich. Wenn ich dir zum Beispiel mehr gebe als du mir, kann das dazu führen, dass ich zu kurz komme und du mich ausnutzt, oder auch, dass ich dich verwöhne und du mich missbrauchst.
Nun dürfen wir uns aber unter dem Begriff Gleichgewicht nicht vor stellen, dass ich und du in jeder Situation gleich viel geben und auch erhalten, sozusagen fifty-fifty. So einfach ist es leider nicht. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Mitte nichts Statisches ist und das Gleichgewicht deswegen auch nicht. Das Leben ist dynamisch, und deshalb verändert sich alles – auch unsere Beziehungen.
Denken wir doch nur zum Beispiel an unsere Kinder. Groß und stark fühlten wir uns, als sie klein und schwach waren. Wie schnell sich das änderte! Oder erinnern wir uns an die Gefühle, die wir in ein und derselben Beziehung haben können – wie oft wechseln diese doch. Die gleiche Person, für die wir gestern noch schwärmten, geht uns heute auf die Nerven.
Das Gleichgewicht muss sich also ständig anpassen – jeder Lebenslage und jeder Person entsprechend. Und so müssen wir, wollen wir in der Mitte bleiben, immer wieder neue Lösungen kreieren, um meine und deine Seite auszubalancieren.
Ständig angemessene Lösungen zu finden, um dieses fragile und sich verändernde Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, bedingt, dass wir nirgendwo fixiert sind. Uns zum Beispiel nicht festgekrallt haben an unserer Seite. Oder auf unserem Standpunkt beharren, uns gar festgelegt haben auf eine bestimmte Rolle. Denn wenn wir erstarrt sind, schafft dies ein Ungleichgewicht. Wir können weder Mängel ergänzen, noch gelingt es uns, Überfluss zu vermeiden.
Kurzum: Die einseitige Fixierung auf bestimmte Sichtweisen, Gefühle oder Verhaltensweisen verhindert letztlich, dass wir den mittleren Weg wählen können. Statt dessen stecken wir im Ungleichgewicht fest.