Das ist Deutschland! - Karin Hartewig - E-Book

Das ist Deutschland! E-Book

Karin Hartewig

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Beschreibung

Was ist typisch deutsch und wie ticken die Deutschen? Was gehört zu Deutschland? Und was macht Deutschland aus regional, kulinarisch, kulturell, politisch, wirtschaftlich, künstlerisch, literarisch und historisch? "Das ist Deutschland!" ist ein Kompass durch Neuland, durch weniger bekanntes Gelände, aber auch durch anscheinend vertrautes Terrain für Zuwanderer, Neubürger und alle anderen Einwohner. In dieser Landeskunde erfahren Sie in einfachen Sätzen: alles, was Sie über Deutschland wissen sollten; vieles, was sie schon immer über das Land erfahren wollten und manches, von dem Sie überhaupt nicht ahnten, dass es Sie interessieren könnte.

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Zur Autorin:

Karin Hartewig, Dr. phil., (Jg. 1959) studierte in München Geschichte, Neuere Deutsche Literatur und Deutsch als Fremdsprache.

Sie ist freiberuflich als Historikerin und Sachbuchautorin tätig und lebt in der Nähe einer kleinen deutschen Universitätsstadt.

Inhalt

Vorbemerkung

Das Land

Geografische Lage

Klima

Landschaften und Naturschutz

Bevölkerung

die größten Städte in Deutschland

Religionen

Speisen und Getränke

Multikulti: Mit dem Essen fing es an

Lebensstile und Einflüsse

Feiertage, Feste und die „fünfte“ Jahreszeit

Feiertage für alle

die christlichen Feiertage und ihre Bedeutung

Feste feiern

Die alten und die neuen Bundesländer

Bayern

Niedersachsen

Baden-Württemberg

Nordrhein-Westfalen

Brandenburg

Mecklenburg-Vorpommern

Hessen

Sachsen-Anhalt

Rheinland-Pfalz

Sachsen

Thüringen

Schleswig-Holstein

Saarland

Berlin

Hamburg

Bremen

Die demokratische Grundordnung in Deutschland

Grundwerte und Prinzipien

das Grundgesetz und die Grundrechte

die allgemeinen Menschenrechte

Religionsfreiheit, Staat und Kirche

das Recht auf Asyl

kleine Geschichte des Asyls in Deutschland (Exkurs I)

Ist Deutschland ein Einwanderungsland?

kleine Geschichte der Migration (Exkurs II)

Wer bin ich? Muslime in Deutschland

die Scharia und die Grundrechte

Bürgerpflichten

Die Bundesrepublik Deutschland, ein demokratischer Bundesstaat

Wie funktioniert das politische System?

Parteien, Verbände, Bürgerinitiativen

Deutschland und Europa

Der deutsche Sozialstaat

Erfolgsmodell „Soziale Marktwirtschaft“

Solidaritätsprinzip und Generationenvertrag

das Versicherungsprinzip

Arm und Reich

Sozialpartner

das Arbeitsrecht

In Deutschland leben

Krippe, Kindergarten, Schule

ein langer Weg: Gleichberechtigung und Emanzipation

die tolerante Gesellschaft, oder wie will ich leben?

Familie und Generationen

alt werden

Geschlechtertrennung? Nein danke!

Freizeit und Wochenende

Urlaub, Kur und Wellness

Deutschland, ein Land der Vereine

das Ehrenamt: Gutes für andere tun

Umweltschutz und Mülltrennung? Ja bitte!

Tipps für alle, die neu in Deutschland sind

Wirtschaft und Arbeitswelt

„Made in Germany“

Deutscher Mittelstand

das „duale System“

Warum arbeiten?

Spielregeln im Betrieb

Multikulti: Leitsprache und Vorbilder

Höflichkeit und korrektes Verhalten, auch im Beruf

Willkommenskultur im Unternehmen

die Arbeitswelt

der Arbeitsmarkt

Kunst und Kultur

Kunst aus Deutschland

Design: „Gute Form“, „deutsche Wertarbeit“ und „bauhaus“

deutsche Mode

-

Musik von „E“ bis „U“

deutsche Literatur

kleine Geschichte des deutschen Films

die Museen

Aus der deutschen Geschichte

Eine Geschichte mit Happy End: Die Demokratie

der lange Weg zur nationalen Einheit

das Deutschlandlied

der 9. November: fünf Tage der deutschen Geschichte

Gedenkstätten in Deutschland

die Deutschen und ihre Geschichte

1. Vorbemerkung

Sie sind neu in Deutschland? Vermutlich stellen Sie fest, dass vieles ungewohnt und fremd, komisch oder sogar schockierend ist: das Klima, die Landschaft, das Essen, die Leute, die Mentalität, bestimmte Gewohnheiten und Regeln des Zusammenlebens. Sie möchten Deutschland und die Deutschen kennenlernen und auch etwas über das Bundesland erfahren, in dem Sie jetzt leben.

Sie leben schon länger hier? Ohne endlos im Internet nach Informationshäppchen zu surfen, wollen Sie endlich mehr wissen über das Land, in dem ihre Familie bereits in der zweiten oder dritten Generation lebt, in dem Sie geboren sind und in dem Sie sich zu Hause fühlen. Vielleicht möchten Sie auch Ihr Grundwissen über das politische und gesellschaftliche System in Deutschland auffrischen.

Oder gehören Sie zu den „Eingeborenen“ und „alten Hasen“ im Land? Sie sind neugierig und offen für die unterschiedlichsten Blickwinkel auf Deutschland, wie es heute ist. Und sie schätzen geschichtlich fundierte, größere Zusammenhänge, aber auch kulturgeschichtliche Details.

Dann sind sie hier richtig!

„Das ist Deutschland!“ ist ein Kompass durch Neuland, durch weniger bekanntes Gelände, aber auch durch anscheinend vertrautes Terrain für Zuwanderer, Neubürger und alle anderen Einwohner. Darin erfahren Sie in einfachen Sätzen, alles, was Sie über Deutschland wissen sollten; vieles, was sie schon immer über das Land erfahren wollten und manches, von dem Sie überhaupt nicht ahnten, dass es Sie interessieren könnte.

Was ist typisch deutsch, wie ticken die Deutschen? Und was macht Deutschland aus – regional, kulinarisch, kulturell, politisch, wirtschaftlich, künstlerisch, literarisch und historisch?

„Das ist Deutschland!“ bietet in zehn Kapiteln unterschiedliche Zugänge zu einer Vielfalt von Themen, die es in dieser Kombination so bisher noch nicht gibt: Land und Leute; religiöse Feiertage und rauschende Feste; die alten und die neuen Bundesländer in kurzen Porträts; die demokratische Grundordnung, die Grundrechte und Menschenrechte; eine kleine Geschichte des Asyls und der Migration; Muslime in Deutschland; das politische System; Deutschland und Europa; der deutsche Sozialstaat; der Alltag; Wirtschaft und Arbeitswelt; Kunst und Design, Mode, Musik, Literatur und Film und die Museumslandschaft; eine kleine Geschichte der Demokratie, der Weg zur deutschen Einheit und einige andere Aspekte der deutschen Geschichte.

2. Das Land

Geografische Lage

Deutschland ist ein großes Land. Es liegt im Herzen Europas. Das Staatsgebiet misst eine Fläche von 357.000 km2 und ist damit größer als Italien, Polen oder Großbritannien, aber kleiner als Schweden und Spanien und viel kleiner als Frankreich. Im Norden grenzt Deutschland an Dänemark. Außerdem bilden die Nord- und Ostsee eine natürliche Staatsgrenze. Die Nachbarn im Osten sind Polen und die Tschechische Republik, im Süden Österreich und die Schweiz. Und im Westen grenzt Deutschland an die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich.

Die größten Flüsse Deutschlands sind zugleich europäische Flüsse sind, weil sie auch durch andere Länder fließen: der Rhein, die Elbe, die Oder und die Donau. Man nennt sie auch Ströme. Ein Strom ist ein besonders langer Fluss, der ins Meer fließt. Große deutsche Flüsse sind außerdem der Main, die Weser, die Saale, der Neckar, die Ems, die Havel, die Spree.

Deutschland hat besonders im Nordosten und im Süden viele natürliche Seen und künstlich angelegte Stauseen. Die größten natürlichen Seen sind der Bodensee, in dessen Mitte auch ein Teil der Grenze zur Schweiz und zu Österreich verläuft und der Müritz See.

Mit 2962 Metern ist die Zugspitze der höchste Berg Deutschlands.

Klima

Deutschland weist ein gemäßigtes Klima auf, das vom Atlantik bestimmt wird. Das Wetter wechselt oft. Regen ist zu allen Jahreszeiten möglich. Im südlicheren Teil des Landes sind die Sommer wärmer. Im Osten und Südosten herrscht schon eher kontinentales Klima mit kälteren Wintern. Im Westen fällt im Winter seltener Schnee und dafür mehr Regen. Am kältesten wird es in den Alpen und in den Mittelgebirgen. Am wärmsten ist es im Rheintal und am Bodensee. Eine Besonderheit für das Alpenvorland und Süddeutschland ist der Föhn – ein Fallwind, der die Temperaturen sprunghaft ansteigen lässt und für einige Stunden oder Tage einen strahlend blauen Himmel macht. Große Temperaturschwankungen sind aber selten.

Wie sich die globale Erwärmung auf das Klima in Deutschland auswirken wird, ist noch nicht abzusehen. Die Alpengletscher schmelzen. Und es scheint, dass die Sommer heißer und die Winter milder werden und dass die Zahl der starken Unwetter und Überschwemmungen zunehmen.

Landschaften und Naturschutz

Deutschlands Landschaften sind sehr vielfältig. Auf die Inseln und die Nord- und Ostseeküste folgt im Norden eine weite Tiefebene, die von Kiefernwäldern und von Seen durchzogen ist. In der Mitte Deutschlands finden sich hügelige Landschaften und die Mittelgebirge, die dicht bewaldet sind. Der Schwarzwald und das Rheintal mit seinen schroffen Felsen und alten Burgen im Westen, das Elbtal und die Sächsische Schweiz im Osten sowie das Allgäu und das Alpenvorland im Süden sind charakteristische Natur- und Kulturlandschaften.

Deutschland ist sehr grün. Ein Drittel des gesamten Landes ist Waldfläche. Besonders waldreich sind der Südwesten und der Süden. Fichten, Kiefern, Buchen, Eichen und seltenere Baumarten prägen das Gesicht des deutschen Waldes. Die Liebe der Deutschen zum Wald ist sehr groß. Unzählige Volksmärchen und Naturgedichte handeln vom Wald, der dunkel und unheimlich, aber auch friedlich und still erscheint. Seit Jahrhunderten wird der Wald zur ursprünglichen Landschaft der Deutschen erhöht und idealisiert. Groß war die Sorge um den deutschen Wald in den 1980er Jahren, als man wegen der zunehmenden Umweltverschmutzung ein großes „Waldsterben“ befürchtete.

Zum Schutz der Natur und besonderer Landschaften und um die Vielfalt heimischer Pflanzen- und Tierarten zu erhalten, gibt es in Deutschland 16 Nationalparke und darüber hinaus viele Naturschutzgebiete und Naturparke. Zu den größten Nationalparken zählen das Wattenmeer in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, der Harz, der Müritz-Nationalpark und der Bayerische Wald, zu den Naturparken der Schwarzwald und der Thüringer Wald. Die National- und Naturparke dienen nicht nur dem Naturschutz, sondern auch der Erholung. Sie sind deshalb beliebte Ausflugs- und Ferienziele.

Überhaupt ist die Umwelt ein großes Thema in Deutschland. Das Engagement für den Umweltschutz begann in den 1980er Jahren mit der Forderung „Atomkraft nein danke“. Damals war vor allem die Partei „Die Grünen“ gegen eine militärische und zivile Nutzung der Atomenergie, später auch die SPD. Nach dem schweren Reaktorunglück im japanischen Fukushima (2011) wollen alle politischen Parteien die neunzehn deutschen Atomkraftwerke abschalten und später auch die Kohlekraftwerke stilllegen. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie werden die erneuerbaren Energien ausgebaut. Die „Energiewende“ verändert die Landschaft. Auf vielen Dächern von Häusern und Scheunen sind inzwischen Solaranlagen installiert. Weit sichtbar sind im ganzen Land, besonders an der Küste und mitten im Meer die Windkrafträder und Off-Shore-Windparks zur Energiegewinnung. Ob die neuen „Stromautobahnen“ das Land als Strommasten und Freileitungen durchziehen oder als Erdkabel unterirdisch und damit unsichtbar verlegt werden, darüber wird noch diskutiert.

Bevölkerung

Deutschland zählt inzwischen fast 82 Millionen Einwohner (2015), gut 66 Millionen in West- und etwa 16 Millionen in Ostdeutschland. Drei von vier Einwohnern leben in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Aber die Menschen verteilen sich ziemlich ungleich über das Land. Einige Regionen und Länder sind nur sehr dünn besiedelt, während anderswo deutlich mehr Menschen leben: In Mecklenburg-Vorpommern leben nur 71 Einwohner pro km2, in Nordrhein-Westfalen dagegen 524 Einwohner pro km2 und in Berlin sogar 3.838 Einwohner pro km2.

Die große Mehrheit der Einwohner sind deutsche Staatsbürger. Aber nicht alle haben schon immer hier gelebt. Viele von ihnen sind keine „Alteingesessenen“, sondern Zugewanderte. Politiker nennen sie Menschen mit „Migrationshintergrund“. Im Jahr 2015, vor der großen Zuwanderung von etwa einer Million Flüchtlingen, war das ungefähr jeder fünfte (16,4 Millionen). Das bedeutet, dass diese Menschen oder ihre Eltern oder Großeltern früher nicht auf dem Gebiet der Bundesrepublik (1949) gelebt haben, sondern neu hierher gezogen sind: als Flüchtlinge, Vertriebene und Aussiedler aus den ehemaligen deutschen Gebieten im Osten, als Flüchtlinge aus der DDR oder als ethnische Deutsche aus Osteuropa und der Sowjetunion. Diese Gruppe der deutschen Flüchtlinge, Vertriebenen und Aussiedler bilden die größte Gruppe. Zu den Bürgern mit „Migrationshintergrund“ zählen darüber hinaus zugezogene oder hier geborene Ausländer, die irgendwann den deutschen Pass erhielten, und alle Deutschen mit zumindest einem zugewanderten ausländischen Elternteil oder mit einem Elternteil, der als Ausländer in Deutschland geboren wurde. Im Jahr 2014 lebten 7,2 Millionen Ausländer in Deutschland. Das sind knapp zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Jeder Dritte von ihnen ist bereits mehr als 25 Jahre in Deutschland. Und fast 30 Prozent aller Ausländer sind hier geboren. Mit 1,52 Millionen bilden die Türken die größte Gruppe unter den Ausländern. Es folgen die Polen (674.000) und die Italiener (575.000). Hinzu kommen ethnische Minderheiten: Im nördlichen Schleswig Holstein leben rund 30.000 Dänen, in Brandenburg und Sachsen etwa 60.000 Sorben. Die Sinti und Roma (ca. 30.000), die in der nationalsozialistischen Diktatur verfolgt wurden, sind seit 1998 als Minderheit mit besonderen Rechten anerkannt.

Die größten Städte in Deutschland

In Deutschland gibt es 69 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern (2015). Vor einigen Jahren waren es noch 82. Darunter sind vier Millionenstädte: Berlin, Hamburg, München und Köln. Ob Städte kleiner werden oder wachsen, hängt von vielen Bedingungen ab, z.B. von den Chancen, einen Job zu finden, ein Studium oder eine Ausbildung zu beginnen und von den Möglichkeiten, eine Wohnung zu finden und dort gut leben zu können. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern werden Großstädte genannt. Welches sind die zwölf größten Städte?

Berlin hat 3,47 Mio. EinwohnerHamburg hat knapp 1,8 Mio.München hat gut 1,4 Mio.Köln hat etwas mehr als eine Mio.Frankfurt hat 718.000 EinwohnerStuttgart hat 612.000Düsseldorf hat 605.000Dortmund hat gut 580.000Essen folgt knapp dahinter mit 574.000Bremen hat gut 552.000Leipzig hat knapp 544.000Dresden hat knapp 536.000

Quelle: Datenreport 2016. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. Hg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, S. →.

Religionen

Für viele Menschen gehört die Religion mehr oder weniger zu ihrem Leben. Die Angst vor dem Tod, die Suche nach einem höheren Sinn und nach Orientierung, die spirituelle Erfahrung, das Gebet, die Stille, die Musik, die Schönheit des Gotteshauses, die Geschichten aus der Vergangenheit, die Feste, die Gemeinschaft der Gläubigen, die Hilfe für andere und natürlich der Glaube an Gott als eine höhere Macht sind Motive, sich zu einer Religion zu bekennen. Aber auch ein Leben nach strengen Regeln, das sich vollständig von der Welt abwendet, ist ein Beweggrund religiös zu werden. Der erbitterte Kampf für den eigenen Glauben als den einzig „richtigen“ Glauben und die Missachtung, Unterdrückung oder Tötung von „Ungläubigen“ führt Menschen ebenfalls zur Religion. Im Namen der Religion wurden und werden Kreuzzüge und Glaubenskriege geführt und Verbrechen begangen. Manche sagen: Jede Religion neigt zum Fanatismus und zur Grausamkeit. Deshalb lehnen viele Menschen jede Religion ab.

Nur eine Minderheit aller Gläubigen hält sich heute streng an die Gesetze und Vorschriften ihrer Religion. Für die Mehrheit haben die allermeisten religiösen Regeln ihre tiefere Bedeutung für die Lebensführung verloren. Sie feiern die großen religiösen Feste als Familienfeste oder „der Kinder wegen“. Und sie betrachten die Religion eher als Teil ihrer Kultur.

Von den fünf Weltreligionen, also den fünf weltweit größten Religionen Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus und Judentum sind in Deutschland das katholische und das protestantische Christentum und als religiöse Minderheiten der Islam und das Judentum vertreten. Aber mehr als ein Drittel aller Deutschen gehört heutzutage gar keiner Religion an oder bekennt sich zum Atheismus. Trotzdem ist Deutschland noch immer ein christlich geprägtes Land. Etwa 31 Prozent der Bevölkerung sind katholisch und 30 Prozent sind protestantisch. Das war vor über achtzig Jahren noch deutlicher. Anfang der 1930er Jahre gehörten über 95 Prozent der Deutschen einer der beiden christlichen Kirchen an, zwei Drittel waren evangelisch, ein Drittel katholisch. Knapp 500.000 Menschen bekannten sich zur jüdischen Religion. Nur vier Prozent waren Atheisten. Mehr waren es damals nicht.

Dass die christlichen Konfessionen bis heute regional unterschiedlich verteilt sind, hat mit der deutschen Geschichte seit dem 16. Jahrhundert zu tun. Die Katholiken sind noch immer stärker im Westen und Süden Deutschlands vertreten, die Protestanten eher im Norden. Die meisten Saarländer sind katholisch (63 Prozent) und deutlich weniger von ihnen sind Protestanten (19 Prozent). In Bayern ist es ähnlich: 55 Prozent der Bevölkerung sind katholisch und 21 Prozent evangelisch. Im Saarland und in Bayern ist die Zahl der Konfessionslosen eher klein (14 Prozent bzw. 20 Prozent). Im Norden dagegen, in Schleswig-Holstein, werden besonders viele Protestanten (53 Prozent) und besonders wenige Katholiken (6 Prozent) gezählt. Hier ist die Zahl der Konfessionslosen höher (38 Prozent).

Die deutlichsten Unterschiede bestehen aber nicht zwischen Nord und Süd, sondern zwischen den alten und den neuen Bundesländern, also zwischen West und Ost. Für eine religiöse Person halten sich nur 38 Prozent der Ostdeutschen, aber 65 Prozent der Westdeutschen. . Der Osten ist in seiner großen Mehrheit konfessionslos. In Sachsen-Anhalt sind es 81 Prozent, in Brandenburg 80 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 79 Prozent, in Sachsen 75 Prozent, und in Thüringen 68 Prozent der Bevölkerung. Dagegen sind die beide christlichen Konfessionen deutlich in der Minderheit. Besonders klein ist der Anteil der Katholiken. Er liegt nur in Thüringen über fünf Prozent, sonst darunter. Wie ist das zu erklären? Viele Menschen in den neuen Ländern haben in 41 Jahren Sozialismus eine ablehnende Haltung zur Religion entwickelt. Schon Karl Marx hatte Religion „Opium des Volkes“ genannt. Vor allem Protestanten sind in der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (1949-1990) aus der Kirche ausgetreten. Generationen von Ostdeutschen fühlen sich deshalb eher als Atheisten und Humanisten. In Brandenburg sind die Humanisten als „Weltanschauungsgemeinschaft“ anerkannt.

Die größte religiöse Minderheit in Deutschland bilden die Muslime. Ungefähr 4 bis 4,5 Millionen Muslime verschiedenster Nationalitäten und unterschiedlicher Glaubensrichtungen leben in ganz Deutschland (2009). Das sind etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Es gibt aber auch Schätzungen von bis zu sieben Prozent. Die drei größten Gruppen sind die Sunniten (2,64 Millionen) aus der Türkei und anderen Ländern, die osttürkischen Aleviten (500.000) und die Schiiten (225.500) aus dem Iran. Eine winzige Minderheit von etwa 7.300 Personen sind Salafisten. Die meisten Muslime leben in Bremen (10 Prozent der Einwohner), Hamburg, Berlin (jeweils 8 Prozent) und in Nordrhein-Westfalen. In ganz Ostdeutschland leben nur 20.000 bis 30.000 Muslime. In der Statistik der Bundesländer (2011) wurden sie gar nicht gezählt, weil es so wenige sind. Die jüdischen Gemeinden hatten in ganz Deutschland 102.797 (2011) Mitglieder. Ihre Zahl beträgt 100.437 (2014). Außerdem gibt es kleinere Gemeinden orthodoxer Christen und Buddhisten.

Speisen und Getränke

Die traditionelle deutsche Küche ist sehr vielfältig. Jeder Landstrich hat seine besonderen Spezialitäten, seine Festspeisen und die Küche der einfachen Leute vergangener Zeiten. Sie prägen die kulinarischen Traditionen und damit auch das Essen bis heute. Andererseits haben sich die Ernährungsgewohnheiten in den letzten Jahrzehnten verändert. Früher wurde sehr viel Fleisch gegessen, wenn man es sich leisten konnte: Am liebsten Schweinefleisch, Geflügel, Rind- und Kalbfleisch und im Herbst Wildbret, weniger Lamm und Fisch. Die Küche der einfachen Leute kannte aber stets wenig Fleisch. Dort gab es vor allem Kartoffeln, Kohl, Rüben, Kastanien, Waldpilze, Suppen, Eintöpfe und in Süddeutschland Knödel und Mehlspeisen.

Inzwischen ist manches einfache Nahrungsmittel zur Delikatesse aufgestiegen, z.B. die Esskastanien oder die Waldpilze. Die Vorliebe für eine bestimmte Ernährungsweise ist aber auch eine Frage der Generationen. Viele junge Deutsche schränken den Konsum von Fleisch aus ökologischen Gründen ein oder ernähren sich konsequent vegetarisch. Einige leben sogar vegan.

Manche Vorlieben aber sind geblieben: die Würste und die Torten, Kuchen und Süßspeisen. Für beides ist die deutsche Küche berühmt. Ein deutsches Grundnahrungsmittel aus Fleisch ist die Wurst. Es gibt hunderte von Sorten von „Aufschnitt“ und zahllose regionale Spezialitäten: Mett- oder Leberwürste, pommersche Teewurst, sächsische Bregenwurst, Thüringer Rostbratwurst im Brötchen mit Mostrich, Nürnberger Bratwürstchen mit Kraut, Münchener Weißwurst mit süßem Senf und Brezen und Frankfurter Würstchen mit scharfem Senf. Gerade an den Würsten erkennt man die regionale Vielfalt. Deshalb verwundert es wenig, dass Hamburg und Berlin sich darüber streiten, in welcher Stadt die Currywurst erfunden wurde.

Ursprünglich von der Küste kommt das Fischbrötchen. Als Imbiss ist der süßsauer eingelegte Bismarck-Hering inzwischen überregional besonders beliebt und verbreitet. Seinen Namen erhielt der haltbare Fisch vor mehr als hundert Jahren angeblich von dem berühmten deutschen Reichskanzler, Otto von Bismarck (1815-1898). Vielleicht stammte die Idee aber auch von einem cleveren Fischverkäufer. So genau weiß man das nicht mehr.

Die deutsche Tortenspezialität hingegen ist seit Generationen die Schwarzwälder Kirschtorte, eine Sahnetorte aus mehreren Schichten dunkler Biskuitböden, Sahne, Sauerkirschen, reichlich Kirschwasser und geraspelter Schokolade als Verzierung. Und ihre Herkunft ist, wie der Name sagt, über jeden Zweifel erhaben. Sie kommt aus dem Schwarzwald. Auch die bayerische und die österreichische Feinbäckerei haben ihren Beitrag zum traditionellen deutschen Kuchenbuffet geleistet: mit dem Zwetschgendatschi (einem Blechkuchen aus Hefeteig mit Zwetschgen belegt), dem Apfelstrudel, dem Quarkstrudel und der Sachertorte. Desserts, die man mindestens einmal probiert haben sollte, sind die Rote Grütze mit Vanille-Sauce und die Bayerisch Crème. Aachener Printen, Nürnberger Lebkuchen und Dresdener Stollen zählen zu den Köstlichkeiten der Weihnachtszeit. Das ganze Jahr hindurch ist der Klassiker unter den Eiskrems beliebt: Fürst-Pückler-Eis. Das Sahneeis besteht aus drei Schichten – Erdbeere, Vanille, Schokolade. Es wurde 1839 kreiert für den preußischen Landschaftsarchitekten und Weltreisenden Hermann von Pückler-Muskau. Bis heute sind Erdbeere, Vanille und Schokolade die Lieblingssorten der Deutschen, obwohl mittlerweile viele andere Geschmacksrichtungen angeboten werden.

Über Deutschlands Grenzen hinaus wird das deutsche Brot geschätzt. Es gibt 300 verschiedene Brotsorten und jeder Bäcker, der etwas auf sich hält, stellt eine eigene Spezialität her. Die Deutschen essen gerne Brot. Besonders beliebt ist das Vollkornbrot. Manche Deutsche, die im Ausland leben, lassen sich Brot sogar von zu Hause schicken.

Ähnlich wie mit den Würsten und dem Brot verhält es sich mit den Getränken der Deutschen: Bier und Wein. Nirgendwo in Europa wird so viel Bier getrunken wie in Deutschland. Nur die Tschechen können da mithalten. Heutzutage trinkt man in Deutschland aber viel weniger Bier als in den 1980er Jahren. Dafür wird mehr Wein konsumiert. Auch beim Bier herrscht Vielfalt. Die meisten Traditionsbrauereien kommen aus Oberbayern, Franken, Sachsen, Westfalen und Friesland. Neben den großen Namen gibt es inzwischen zahlreiche kleine Betriebe, die Spezialbiere anbieten. Die Weinanbaugebiete liegen an Rhein und Mosel, in der Pfalz, am Main, und an Unstrut und Saale.

Am meisten trinken die Deutschen aber Mineralwasser. Anders als Limonaden und Softdrinks, die viel Zucker enthalten, wird Mineralwasser mit Gesundheit und Reinheit in Verbindung gebracht. In Deutschland gibt es viele mineralhaltige Quellen. Bestimmte Mineralwässer aus Deutschland, Frankreich und Italien gelten als „chic“. Bei den heißen Getränken sind die Deutschen eher eine Nation der Kaffeetrinker als der Teetrinker. In fast allen Cafés, Kneipen oder Restaurants bekommt man einen guten oder sehr guten Kaffee, Espresso, Cappuccino, Café au Laît. Wer dagegen einen Tee bestellt, muss sich oft mit einem Glas heißen Wassers und einem Teebeutel begnügen. Die Kultur des Teetrinkens ist in Deutschland noch nicht allgemein angekommen, auch wenn es erfreuliche Ausnahmen gibt.

Multikulti – oder mit dem Essen fing es an

„Die Liebe geht durch den Magen“ sagt ein deutsches Sprichwort, das einen Zusammenhang zwischen dem Essen und der Liebe vermutet. Aber wer sagt, dass es stets die traditionelle deutsche Küche sein muss? In den letzten siebzig Jahren wurde Deutschland bei Speisen und Getränken immer internationaler und europäischer. Viele Einflüsse sind bis heute spürbar. Es begann mit den Siegern des Zweiten Weltkriegs: die Amerikaner brachten Coca Cola und Pepsi, Popcorn und Schokoriegel, Cornflakes und Hot Dogs, die Russen Soljanka und Pelmeni in ihre Besatzungszone. Auf die „Fresswelle“ der frühen 1950er Jahre, die in Westdeutschland ein Fest des Überflusses war, folgte die „Gourmet-Welle“ (Gourmet: Feinschmecker). Nun schlug die Stunde der französischen Küche: Austern und Hummer, Gänseleberpastete und Boeuf à la Mode, Champagner und feine Weine und erlesenen Käse. Das war der erste Luxus, aber nur für Wenige, die ihn sich schon leisten konnten. Viel größeren Einfluss auf die Küche hatten die „Gastarbeiter“. Die ausländischen Arbeitskräfte , die seit 1955 aus Italien, Jugoslawien, Griechenland und der Türkei nach Deutschland kamen, brachten die Speisen ihrer Heimat mit. Sie eröffneten die ersten Eiscafés und Restaurants. Noch heute erinnern sich viele ältere Deutsche an ihr erstes italienisches Eis, ihre erste Pizza oder an ihren ersten Versuch, Spaghetti zu essen. Pizza, Cevapcici, Gyros und Döner Kebab zählten bald zu den beliebtesten Schnellgerichten. Noch immer gelten sie als willkommene Abwechslung zu Hot Dogs, Brat- und Currywurst. Seitdem McDonalds 1975 das erste amerikanische Schnellrestaurant in Deutschland eröffnete, bietet sich mit Burgern und Pommes Frites eine weitere Alternative. Die Zuwanderung von Chinesen in den 1970er und 1980er Jahren machte auch die Küche der größten ostasiatischen Minderheit in Deutschland populär. Selbst in kleineren Orten ist es heutzutage möglich, italienisch, türkisch, griechisch oder chinesisch zu essen. Auch amerikanische Fast Food-Restaurants sind zahlreich. Darüber hinaus sind in mittleren und großen Städten die französische, spanische, japanische und thailändische Gastronomie sowie eine Vielzahl anderer Länderküchen vertreten.

Lebensstile und Einflüsse

Kein Land prägte nach dem Zweiten Weltkrieg die Vorstellungen der Deutschen vom guten Leben so stark wie die USA. Im Vergleich zu den drei anderen Siegermächten – England, Frankreich und die Sowjetunion – war und ist ihr kultureller Einfluss enorm.

Die Sieger brachten Aviator-Sonnenbrillen, Nylonstrümpfe für die „Fräuleins“ und Kaugummi für die Kinder, später Jeans und Lederjacke, Petticoats und Ballerinas mit. Junge Leute waren aber nicht nur nach der Mode verrückt, sondern vor allem nach der neuen Musik, die aus den USA kam, egal ob es „cooler“ Jazz war oder Rock’n Roll und Rock Musik. Mode und Musik formten eine eigenständige Jugendkultur, die junge Leute auch deshalb liebten, weil Eltern, Lehrer, Pfarrer und andere Erziehungsexperten sich von ihr so provoziert fühlten. Aber auch die Erwachsenen schauten auf die USA. Sie hielten sich lieber an den „amerikanischen Traum“ des Konsums, der einen hohen Lebensstandard für alle und beste Unterhaltung versprach. Amerikanische Komödien, düstere Kriminalfilme und vor allem Western aus Hollywood waren in deutschen Kinos sehr beliebt. Gegen das Erfolgsmodell des „american way of life“ hatte die zweite Großmacht, die Sowjetunion, in ihrem Einflussbereich wenig zu bieten. Das machte alles, was aus den USA kam, für Menschen, die hinter dem „Eisernen Vorhang“ leben mussten, umso attraktiver.

In Westdeutschland waren auch andere Einflüsse prägend. Vor allem Studenten wurden bis in die 1960er Jahre vom französischen Lebensstil geprägt – Schwarze Rollkragenpullover, Chansons, Weißwein aus kleinen Ballongläsern und Gauloises oder Gitanes (filterlose Zigaretten) gehörten dazu. Die französische Haute Couture (Mode) setzt neben der Kochkunst bis heute Maßstäbe. England belebte die Musikszene und zugleich die Jugendkultur in den 1960er Jahren, zuerst mit den „Beatles“ und später mit dem Punk Rock, und brachte mit der knabenhaften „Twiggy“ die Mini-Mode nach Deutschland. Aus Italien kamen nicht nur Eis, Pizza und Pasta. Der deutsche Massentourismus nach Italien ließ auch die Sehnsucht der Deutschen nach der „Italianità“, dem italienischen Lebensgefühl entstehen. Dazu sorgte das italienische Design der 1960er Jahre für ein neues Formbewusstsein im Alltag. Das deutsche Wohnzimmer aber wurde von Skandinavien aus nachhaltig verändert. Ein schwedisches Möbelhaus zeigt den Deutschen seit 1974, wie man „modern“ wohnt.

3. Feiertage, Feste und die „fünfte Jahreszeit“

Feiertage für alle

Es gibt neun gesetzliche Feiertage, die überall in Deutschland gelten. Dazu haben einzelne Bundesländer weitere Feiertage festgelegt. Zusammen mit den Sonntagen sind sie sogar in die Verfassung als „Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ aufgenommen. An diesen Tagen soll nicht gearbeitet werden. Wenn es doch nötig ist, müssen den Beschäftigten besondere Zuschläge gezahlt werden. Die Geschäfte haben geschlossen. Die Kinder haben schulfrei. Und die LKW haben Fahrverbot. An den Tagen vor hohen Feiertagen wird die Arbeit schon mittags eingestellt, zum Beispiel am 24. und am 31. Dezember.

Einige Feiertage haben ein festes Datum: Neujahr ist immer am 1. und Heilig Dreikönig am 6. Januar., der Maifeiertag, der auch Tag der Arbeit heißt, findet immer am 1. Mai statt, der Nationalfeiertag „Tag der Deutschen Einheit“ ist der 3. Oktober und Weihnachten ist immer am 24. bis 26. Dezember. Es gibt aber auch „bewegliche“ Feiertage. Sie richten sich nach dem Kirchenjahr und einem besonderen Kalender und vor allem nach dem Osterdatum.

Nur zwei gesetzliche Feiertage sind staatliche Feiertage: der 1. Mai und der 3. Oktober. Ursprünglich feierte man mit dem Tanz in den Mai den Frühlingsanfang. Noch immer werden dazu in vielen Dörfern in Süddeutschland Maibäume aufgestellt, die mit bunten Bändern und Symbolen der Handwerker geschmückt sind. Schon im 19. Jahrhundert demonstrierten die Arbeiter und ihre Gewerkschaften am 1. Mai für mehr Rechte und machten ihn zu ihrem Tag der Arbeit. Zum gesetzlichen Feiertag erklärt wurde der 1. Mai aber ausgerechnet in der nationalsozialistischen Diktatur im Jahr 1933. Bis heute ist er es geblieben.

Der „Tag der Deutschen Einheit“ wird seit 1990 gefeiert. Nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 trat die Deutsche Demokratische Republik (DDR) der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bei. 41 Jahre deutsch-deutsche Teilung hatten ein Ende. Davor hatte es seit 1954 in der Bundesrepublik einen besonderen Gedenktag gegeben, den 17. Juni. Der Tag erinnerte an den Volksaufstand, der am 17. Juni 1953 in der DDR stattgefunden hatte. Damals hatten die Ostdeutschen für Demokratie und Freiheit gekämpft. Doch der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen. Einen nationalen Feiertag zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 gab es nicht. Man fand, ein geteiltes Land ist kein Grund zum Feiern. Anders in der DDR. Dort erklärte die herrschende „Sozialistische Einheitspartei Deutschland“ (SED) den Gründungstag der DDR am 7. Oktober 1949 zum nationalen Feiertag. Damit wollte man zeigen, dass die DDR ein ganz normaler Staat war und dass sie in Wahrheit Deutschland verkörperte. Vierzig Jahre später war der zweite deutsche Staat wirtschaftlich und politisch am Ende.

Bei allen anderen gesetzlichen Feiertagen handelt es sich um religiöse Feste, die ihren Ursprung im Christentum haben. Das sind: der Erste und Zweite Weihnachtsfeiertag, Neujahr, Karfreitag und Ostermontag, Pfingstmontag und Christi Himmelfahrt. In Bayern gibt es mit mindestens drei zusätzlichen katholischen Festtagen die meisten arbeitsfreien Feiertage.

Die orthodoxen, jüdischen und die muslimischen Feiertage sind in Deutschland keine gesetzlichen Feiertage. Aber die Beschäftigten und die Schüler werden zu den Hauptfeiertagen von der Arbeit und vom Unterricht beurlaubt, um ihre Religion ausüben zu können. Wichtige jüdischen Feiertage sind: der Versöhnungstag (Jom Kippur), das Jüdische Neujahrsfest (Rosch Haschana), das Laubhüttenfest (Sukkot), das Thora-Freudenfest (Simchat Thora), das Passahfest (Pessach) und das Wochenfest (Schawuot). Wichtige muslimischen Feiertage sind: der Geburtstag des Propheten Mohammed, das traditionelle Fastenbrechen (auch Zuckerfest), das den Fastenmonat Ramadan beendet, das Opferfest, das Neujahrsfest und das Aschura-Fest .

Die christliche Feiertage und ihre Bedeutung

Weihnachten

Bereits vier Sonntage vor dem 25. Dezember beginn mit dem ersten Advent die Vorweihnachtszeit. Früher einmal waren die vier Wochen vor Weihnachten eine Fastenzeit, in der sich die Christen auf die „Ankunft des Herrn“ (lateinisch: Adventus Domini) vorbereiteten. Das Fasten ist inzwischen in Vergessenheit geraten, die Adventszeit nicht. Viele Familien stellen einen Adventskranz mit vier Kerzen auf. Jeden Sonntag wird eine Kerze mehr entzündet. Jedes Kind lernt schon im Kindergarten den Weihnachtsreim:

Advent, Advent,

ein Lichtlein brennt.

Erst eins, dann zwei,

dann drei, dann vier,

dann steht das Christkind vor der Tür.

Von Bergleuten aus dem Erzgebirge stammt der Brauch, Lichterbögen aus Holz in die Fenster zu stellen. Den Kindern schenkt man einen besonderen Kalender, den Adventskalender mit nummerierten Türchen von 1 bis 24 für jeden Tag bis zum Heiligen Abend. Dahinter finden sie ein buntes Bildchen oder Schokolade.

Die Innenstädte werden mit Tannenbäumen weihnachtlich geschmückt und beleuchtet. Weihnachtsmärkte bieten Weihnachtsschmuck, Kunsthandwerk und Geschenkartikel an, aber auch Glühwein, Weihnachtsgebäck, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und einen herzhaften Imbiss an.

Am 24. Dezember ist „Heiliger Abend“. Dann beginnt das wichtigste Familienfest in Deutschland. In der Kirche feiern Christen die Geburt Jesus Christus. Dort wird die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel vorgelesen. Und es werden Weihnachtslieder gesungen. Viele Familien stellen einen geschmückten Weihnachtsbaum auf. Darunter liegen Geschenke für die Kinder und die Erwachsenen liegen. Den Kindern erzählt man, die Geschenke habe der Weihnachtsmann oder das Christkind gebracht. Die serbisch-orthodoxe und die russisch-orthodoxe Kirche feiern das Weihnachtsfest später, nämlich am 6. und 7. Januar. Das liegt daran, dass sie das Fest nach dem alten julianischen Kalender berechnen. Anders als zum Beispiel in den USA wird Weihnachten in Deutschland still und festlich gefeiert, nicht als ausgelassene Party.

Silvester / Neujahr

Das Jahresende am 31. Dezember und das Anbrechen des Neuen Jahres feiert man dagegen gerne laut und fröhlich. Man schenkt sich Glücksbringer: ein kleines Hufeisen oder ein Schweinchen aus Marzipan oder einen Blumentopf mit vierblättrigem Klee, kleinen Fliegenpilzen aus Kunststoff und der Figur eines Schornsteinfegers. Pünktlich um Mitternacht wünscht man sich ein gutes Neues Jahr, stößt mit Sekt oder Champagner an und entzündet ein Feuerwerk. Der Neujahrstag ist ein Feiertag. An diesem Tag finden traditionell festliche Neujahrskonzerte statt.

6. Januar

Am 6. Januar feiert die christliche Kirche die Erscheinung des Herrn (Epiphanie). Zugleich werden die drei „Weisen aus dem Morgenland“ verehrt, die der Stern von Bethlehem zum neugeborenen Jesus geführt haben soll. Als Geschenke brachten sie Gold, Weihrauch und Myrre. Ihre Anbetung des Kindes ist das Zeichen seiner Göttlichkeit. Die Sterndeuter und Magier aus dem Orient werden auch als die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar bezeichnet. „Heilig Drei König“ ist nur in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen-Anhalt ein gesetzlicher Feiertag. Nach einem alten katholischen Brauch ziehen die „Sternsinger“ durch die Straßen und segnen die Häuser und Wohnungen der Katholiken. Über der Eingangstür wird mit Kreide die Jahreszahl und das Zeichen „CMB“, in diesem Jahr lautet die Botschaft also „20* C + M + B *16“. Manche Leute halten die drei Buschstaben für die Initialen der Namen. Sie bedeuten aber: „Christus Mansionem Benedicat“. Das ist Lateinisch und heißt: Christus segne dieses Haus.

Ostern

Das wichtigste christliche Fest im Jahr ist Ostern. Es dauert mehrere Tage. In der Kirche erinnert man an das Letzte Abendmahl am Gründonnerstagabend, an das Leiden und den Tod Jesus Christus am Kreuz am Karfreitag und an den Tag der Grabesruhe am Samstag. Am Ostersonntag feiert man die Auferstehung und am Ostermontag den Beginn der österlichen Freudenzeit, die 49 Tage dauert. Dabei ist für gläubige Christen der Karfreitag, an dem Jesus Christus gekreuzigt wird und stirbt, der schwärzeste Tag und der Samstag der hoffnungsloseste Tag. Der „dritte Tag“ aber wird als Tag der Rettung, als Überwindung des Todes und als hellster Festtag des Jahres gefeiert.

Viele ältere Bräuche, die das Licht, den Frühling und die Fruchtbarkeit feiern, haben sich erhalten und werden ebenfalls an Ostern begangen. Osterei und Osterhase gelten als Symbole der Fruchtbarkeit. Bemalte Ostereier schmücken Palmkätzchen Zweige in den Häusern und die Sträucher im Garten, die meist schon Knospen tragen und den Frühling ankündigen. Kinder suchen Ostereier und Süßigkeiten, die angeblich der Osterhase für sie versteckt hat. Auf dem Land werden an Ostersamstag und –sonntag große Feuer entzündet, um die man sich versammelt, um den Winter zu vertreiben.

Christi Himmelfahrt

Der vierzigste Tag nach Ostern zählt ebenfalls zu den hohen christlichen Feiertagen. Es ist der Tag Christi Himmelfahrt. Nach der Auferweckung Jesus an Ostern folgte der Aufstieg ins himmlische Jenseits, die Erhöhung und endgültige Verwandlung des Gottessohnes und Menschen ins Göttliche.

Pfingsten

Am fünfzigsten Tage nach Ostern feiern Christen das Pfingstfest. Es gilt als Gründung der Kirche, da nach dem Neuen Testament am 50sten Tag (griechisch: Pentekoste Heméra) der Heilige Geist über die Apostel kam. Vielleicht weil es sich um ein spirituelles Fest handelt und weil seine Bedeutung heute vielen Menschen unverständlich bleibt , werden die Pfingstfeiertage zunehmend einfach nur als verlängertes Wochenende geschätzt.

Fronleichnam

Das hohe katholische Fest, das 60 Tage nach Ostern meistens auf einem Platz unter freiem Himmel begangen wird, feiert die leibliche Gegenwart Jesus Christi und das Glaubensgeheimnis der Eucharistie. In prächtigen Fronleichnamsprozessionen wird eine Monstranz (ein kostbares Gefäß mit einem Fenster) durch die geschmückten Straßen getragen. Darin wird zur Anbetung und Verehrung feierlich eine Hostie gezeigt, die zum Leib Christi geworden ist. In den Bundesländern oder in Regionen mit überwiegend katholischer Bevölkerung wie im Eichsfeld in Thüringen ist Fronleichnam ein gesetzlicher Feiertag. In den anderen Ländern gibt es Sonderregelungen. Katholische Arbeitnehmer dürfen einen Tag frei nehmen, Schüler können vom Unterricht befreit werden.

Mariä Himmelfahrt

Alljährlich am 15. August feiern die katholische Kirche und die Orthodoxen Christen die Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel. Es finden feierliche Messen und große Prozessionen statt. Kräuter werden gesegnet. Für die evangelische Kirche ist es ein einfacher Gedenktag an den Tod Marias. In Bundesländern, in denen viele Katholiken leben, ist der Tag ein gesetzlicher Feiertag, so im Saarland und in vielen Gemeinden Bayerns.

Reformationstag

Seit mehreren Jahrhunderten begehen die evangelischen Christen am 31. Oktober den Feiertag zum Gedenken an die Reformation der Kirche durch Martin Luther. Mit seinen 95 Thesen, die er am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg anschlug, kritisierte Luther die herrschende Auffassung, dass eine Erlösung von den Sünden durch Geldzahlungen an die katholische Kirche („Ablasshandel“) möglich sei. Für ihn lag die Rettung des Sünders allein im Glauben. An diesen Unterschieden zerbrach die Einheit der westlichen Kirche. Die Spaltung in eine römischkatholische und eine evangelisch-lutherische Kirche sowie die Glaubenskriege waren im 16. Jahrhundert die Folge. Der Reformationstag ist nur in den protestantischen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ein gesetzlicher Feiertag. In Baden-Württemberg ist der Tag schulfrei, in Niedersachsen sind Schüler auf Antrag vom Unterricht befreit, um den Gottesdienst zu besuchen.

Allerheiligen und Allerseelen

Einen Tag später, am 1. November gedenken die Katholiken ihrer Heiligen. In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, im Rheinland und Saarland ist der 1. November ein „stiller“ gesetzlicher Feiertag. Öffentliche Tanzveranstaltungen und laute Musik sind verboten. Einen Tag später an Allerseelen wird der Verstorbenen gedacht. Man besucht den Friedhof und schmückt die Gräber der Toten mit herbstlichen Pflanzengestecken und Kerzen.

Buß- und Bettag

Nur in Sachsen ist der Buß- und Bettag ein gesetzlicher Feiertag. Er wird am Mittwoch elf Tage vor dem ersten Adventssonntag begangen. In den anderen Bundesländern wurde er 1995 gestrichen, um die Pflegeversicherung zu finanzieren. Der Buß- und Bettag ist ein Feiertag der evangelischen Kirche. Er fordert die Gläubigen zur Gewissensprüfung, zur inneren Umkehr und zum Gebet auf.

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