Total angesagt - Karin Hartewig - E-Book

Total angesagt E-Book

Karin Hartewig

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Beschreibung

Der Band versammelt Texte über die Geschichte der Dinge: von den unentbehrlichen Utensilien des Alltags bis zu den Objekten der Begierde und den It-Pieces der Mode. Wer hat sie erfunden? Wer war verrückt danach? Wie tönte die Werbung der Marken? Und was hat der Sound der Dinge mit Erotik zu tun?

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Über dieses Buch:

Der Band versammelt Texte über die Geschichte der Dinge: von den unentbehrlichen Utensilien des Alltags bis zu den Objekten der Begierde und den It-Pieces der Mode.

Wer hat’s erfunden? Wer war verrückt danach? Wie tönte die Werbung der Marken? Und was hat der Sound der Dinge mit Erotik zu tun?

Über die Autorin

Karin Hartewig, Dr. phil. (Jg. 1959), ist freiberufliche Historikerin und Autorin von Sachbüchern, Essays, Belletristik und Lyrik.

Inhalt

Das Fräuleinwunder

Sehr aufgesetzt

Küss mich!

Rauchzeichen

Wie das Dirndl zuerst jüdisch und dann nationalsozialistisch wurde

Von toten Punkten und der wilden Frische von Limonen.

Der Klang der Marken

Klack, klack, klack ….

Der erotische Klang der Stöckelschuhe

Textnachweis

Das Fräuleinwunder

Barbie war eigentlich gebürtige Deutsche und hieß früher einmal Lilli. Ihr Schöpfer, der Karikaturist Reinhard Beuthin, hatte sie im Juni 1952 in eine Zeitungsspalte der ersten BILD-Zeitung gekritzelt. Von da an durfte Lilli jeden Tag eine anzügliche Weisheit verkünden und ihre zahlreichen Verehrer mit kessen Sprüchen um den Finger wickeln. Die selbstbewusste Blondine mit dem Pferdeschwanz wurde als „bad girl“ derart erfolgreich, dass man beschloss, sie als Werbegag einzusetzen. Als Geschenk für Erwachsene kam die „Lilli-Puppe“ 1955 in die Läden. Sie trug immer eine maßstabsgetreue BILD-Zeitung bei sich. Aber schon bald erkannte man, dass sich eine ganz andere Zielgruppe für den Blondschopf in Stöckelschuhen interessierte: Mädchen mit einer Schwäche für Anziehpuppen. Binnen kurzem verfügte Lilli über eine beträchtliche Garderobe für jeden Anlass: vom Pyjama übers Dirndl bis zum Cocktailkleid – alles deutsche Wertarbeit. Bis zur Leinwandheldin brachte es die Modepuppe mit den endlos langen Beinen. 1957 kam „Lilli – ein Mädchen aus der Großstadt“ in die Kinos der Republik.

Ein Jahr später wurde das deutsche Fräuleinwunder für Amerika entdeckt. Die erwachsene Puppe fiel Ruth Handler, der Mitbegründerin des Spielzeugwarenkonzerns Mattel, in einem Schweizer Schaufenster auf. Von ihrer Europareise zurückgekehrt erwarb Mattel alle Rechte an Lilli, die so überaus amerikanisch wirkte. Sie wurde zum Vorbild für die berühmteste Puppe der Welt.

Als Barbie trat sie am 9. März 1959 auf der New Yorker Spielwarenmesse ins Licht der Öffentlichkeit – 29 Zentimeter groß, bekleidet mit nichts als einem Badeanzug, Perlenohrringen und einer Sonnenbrille. Todschick das Streifenmuster des trägerlosen Einteilers und die dunklen Gläser im Schmetterlingsdesign! Die erste halbe Million Puppen und doppelt so viele Kleider waren in Rekordzeit ausverkauft. Alle wollten Barbie. Anfangs war sie brünett oder blond mit dauergewellten Krüselhaaren, die hart in Form gebracht werden mussten. Doch bald verwandelte sie sich in eine Blondine mit wehender Mähne. Und sie blieb nicht allein: 1961 gesellte sich Ken, der Dauerverlobte, hinzu, und zwei Jahre später folgte als beste Freundin, die sommersprossige Midge.

Schnell wurde Barbie zum Star im Kinderzimmer. Nun war unter Puppenmüttern nicht mehr Wickeln, Stillen und Kochen angesagt, sondern Tanzen, Turteln und Kleider wechseln. Kleine Mädchen spielten Erwachsene. Von Anfang an war Barbie eine berufstätige Frau ohne Ehemann und Kinder, aber mit eigenem Haus, Auto, Pferd, Hundeschule und Märchenschloss.

Barbies Siegeszug um die Welt war unaufhaltsam. Immer ist sie perfekt gestylt. Sogar Christian Dior greift für sie zum Skizzenblock. Und Barbie ist eine echte Verwandlungskünstlerin. Lächelnd schlüpft sie in Kleider, Rollen und Berufe und erfindet sich immer wieder neu. Perfekt verkörpert sie den amerikanischen Traum: als Filmdiva, Pilotin, Sportlerin, Geschäftsfrau und natürlich als Supermodel. Alles scheint möglich.

Weltweit wurde Barbie zur berühmtesten Trendsetterin in Sachen Weiblichkeit und Erotik. Sie begleitete Generationen in die Pubertät. Hierzulande soll noch heute jedes Mädchen etwa sieben Barbies besitzen! Von Feministinnen verteufelt, war die langbeinige Puppe mit der XXL-Oberweite der Wirklichkeit stets einen Schritt voraus. Barbies Welt, das ist jene Mischung aus Trash und Märchen, aus der die Träume sind, die immer ein Happy End haben.

Sehr aufgesetzt

Am Anfang waren sie nur ein Schild, der die Augen vor Licht, Wind und Staub schützte. Erst in den 20er Jahren wurden sie zum Accessoire. Und seit Jahrzehnten kennen wir die Sonnenbrillen-Klassiker, die wohl niemals aus der Mode kommen.

Seit 1937: Pilotprojekt

Den Prototyp des modernen Helden-Accessoires entwickelte der Optik-Industriekonzern Bausch & Lomb 1937 für die Piloten der US-Luftwaffe. Die „Ray-Ban Aviator“ hatte polargrüne Gläser in Tropfenform und eine schmale Fassung aus Metall. General Douglas MacArthur trug sie, als er seine Truppen im Südpazifik während des Zweiten Weltkrieges führte – die Fotos davon machten ihn zum Helden, und die Brille machte ihn daheim berühmt. Auch Regierungschefs verlieh sie eine heroische Aura, etwa dem britischen Premier Winston Churchill und dem US-Präsidenten und früheren General Dwight D. Eisenhower. Mit den Siegern kam die „Ray-Ban“ 1945 nach Deutschland.

In der verspiegelten Variante wurde sie bald zur bevorzugten Tarnung für Agenten, Spione und Polizisten weltweit. 1986 begründete Tom Cruise in „Top Gun“ einen neuen Kult um die Pilotenbrille. Bis heute ist sie ein Klassiker, dessen Form gern und oft kopiert wird.

Seit 1952: Cool-Cat-Faktor

Das coole Lebensgefühl der 50er Jahre setzte keine andere Sonnenbrille so kongenial in Szene wie die schwarze „Wayfarer“. Die Stars des Jazz trugen sie sogar in den Nachtklubs, allen voran Cool Cat Miles Davis. Kinohelden wie James Dean machten das Design populär. Die undurchdringlich dunklen Gläser schufen das perfekte Inkognito. Ray-Bans Erfolgsmodell Nummer zwei kam 1952 auf den Markt und wurde von Männern wie Frauen getragen. Zum kleinen Schwarzen samt Perlencollier verbarg die zierliche Audrey Hepburn als Holly Golightley 1961 in „Frühstück bei Tiffany“ ihre Melancholie hinter den dunklen Gläsern. Knapp 20 Jahre später feierte das Horngestell in John Belushis und Dan Aykroyds „Blues Brothers“ sein großes Revival – der Film brachte dem Modell den ultimativen Durchbruch zur Kultbrille. Die Verkäufe schnellten noch einmal in die Höhe, als Don Johnson in „Miami Vice“ mit der „Wayfarer“ auf der Nase ermittelte. In diesem Sommer kommt das Gestell in bunten Farben daher.

Seit 1957: Tam-Tram

Wohl nur in Italien werden öffentlich Bedienstete mit einer Designerbrille ausgestattet: Die „Persol 649“ wurde 1957 für die Turiner Straßenbahner kreiert. Sie sollte die Fahrer vor Sonne, Staub und Zugluft schützen. Doch das Modell war auch außerhalb der Tram gefragt. Die „Persol 649“ verkaufte sich rasant, seit Marcello Mastroianni in „Scheidung auf Italienisch“ sie zur Legende mach