Das Rad der Zeit 9 - Robert Jordan - E-Book
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Das Rad der Zeit 9 E-Book

Robert Jordan

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Beschreibung

Die letzte Schlacht rückt immer näher In einer Welt aus Licht und Schatten, wo das Gute und das Böse einst einen ewigen Krieg begannen, versucht Rand al'Thor, seiner Bestimmung als »Wieder­geborener Drache« gerecht zu werden. Doch der Winter kehrt zurück und legt sich kalt um Rands Herz. Während die junge Elayne Anspruch auf den Thron von Andor erhebt, wird die Situation für Mat in Ebou Dar durch die Invasion der Seanchaner immer brenzliger. Doch die Königin hat ihn zu ihrem Geliebten erwählt und weigert sich, ihn ziehen zu lassen ...

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Aus dem Amerikanischen von Uwe Luserke

 

© Robert Jordan 2000

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Winter’s Heart«,

Tom Doherty Associates, Tor Books, New York 2000

© der deutschsprachigen Ausgabe:

Piper Verlag GmbH, München 2004, 2005

Erstmals erschienen im Wilhelm Heyne Verlag, Münchenin drei Bänden: »Das Herz des Winters« (2001),»Die Herrschaft der Seanchaner« (2001), »Flucht der Sklaven« (2001)

Covergestaltung: Guter Punkt, München

Coverabbildung: Markus Weber, Guter Punkt, unter Verwendung von Motiven von Getty Images und Adobe Stock

Karte: Ellisa Mitchell

 

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Inhalt

Cover & Impressum

Karte

Widmung

Motto

Prolog

Schnee

Kapitel 1

Abreise vom Propheten

Kapitel 2

Verschleppt

Kapitel 3

Sitten und Gebräuche

Kapitel 4

Angebote

Kapitel 5

Banner

Kapitel 6

Der Gestank des Wahnsinns

Kapitel 7

In den Straßen von Caemlyn

Kapitel 8

Das Meervolk und die Kusinen

Kapitel 9

Eine Tasse Tee

Kapitel 10

Ein Plan hat Erfolg

Kapitel 11

Bedeutsame Ideen

Kapitel 12

Eine Lilie im Winter

Kapitel 13

Wundervolle Neuigkeiten

Kapitel 14

Was ein Schleier verbirgt

Kapitel 15

Die Suche nach einem Glockengießer

Kapitel 16

Eine unerwartete Begegnung

Kapitel 17

Rosafarbene Schleifen

Kapitel 18

Ein Angebot

Kapitel 19

Drei Frauen

Kapitel 20

Eine Frage des Verrats

Kapitel 21

Eine Frage des Eigentums

Kapitel 22

Wie aus dem Nichts

Kapitel 23

Wo die Sonne verschwand

Kapitel 24

Unter Ratsherrinnen

Kapitel 25

Verschiedene Arten von Behüterbund

Kapitel 26

Erwartungen

Kapitel 27

Königinnen und Könige zu überraschen

Kapitel 28

Neuigkeiten in einem Kleidersack

Kapitel 29

Ein anderer Plan

Kapitel 30

Kalte, dicke Regentropfen

Kapitel 31

Die Prophezeiung der Aelfinn

Kapitel 32

Eine Prise Weisheit

Kapitel 33

In der Blaue-Karpfen-Straße

Kapitel 34

Das Geheimnis des Kolibris

Kapitel 35

Mit den Choedan Kal

Glossar

Vorbemerkung zur Datierung

 

Wie immer für Harriet

Für alle Ewigkeit

Die Siegel, die sich der Nacht entgegenstemmen, ermüden,und geboren wird im Herzen des Wintersdas Herz des Winters,begleitet von Wehklagen und Zähneknirschen,denn das Herz des Winters wird aufeinem schwarzen Pferd reiten,und sein Name ist Tod.

– aus dem Karaethon-Zyklus:Die Prophezeiungen des Drachen

Prolog

Schnee

Drei Laternen verbreiteten flackerndes Licht, mehr als genug, um den kleinen Raum mit seinen hellweißen Wänden zu erhellen. Seaine hielt den Blick auf die massive Holztür gerichtet. Sie wusste genau, dass es unlogisch, dass es für eine Sitzende der Weißen Ajah sogar albern war. Das Gewebe aus Saidar, das sie um den Türknauf gelegt hatte, ließ sie die gelegentlichen Schritte hören, die in dem auf der anderen Seite befindlichen Labyrinth aus Gängen erklangen, genau wie die geflüsterten Worte, die beinahe so schnell wieder verstummten, wie sie ertönt waren. Es war eine einfache Fertigkeit, die ihr eine Freundin in ihrer lange zurückliegenden Novizinnenzeit beigebracht hatte, aber sie würde gewarnt sein, lange bevor sich jemand näherte. Es kamen sowieso nur sehr wenige Leute bis in das zweite Kellergeschoss hinunter.

Ihr aus der Einen Macht bestehendes Gewebe nahm das in der Ferne ertönende Fiepen von Ratten wahr. Beim Licht! Wie lange war es her, dass es Ratten in Tar Valon gegeben hatte? In der Weißen Burg? Ob einige von ihnen wohl Spione des Dunklen Königs waren? Unbehaglich befeuchtete sie sich die Lippen. Logik zählte hier gar nichts. Richtig. Auch wenn es unlogisch war. Am liebsten hätte sie gelacht. Sie stand am Rande der Hysterie und es kostete sie eine bewusste Anstrengung, davor zurückzuweichen. Denk an etwas anderes als an Ratten. An etwas anderes als an … Hinter ihr ertönte ein gedämpfter Aufschrei, der in ein unterdrücktes Wimmern überging. Sie versuchte, nicht hinzuhören. Konzentriere dich!

In gewisser Weise hatte man sie und ihre Gefährtinnen in diesen Raum getrieben, weil es den Anschein gehabt hatte, dass sich die Anführerinnen der Ajah im Geheimen trafen. Sie selbst hatte gesehen, wie Ferane Neheran in einer abgeschiedenen Nische der Bibliothek mit Jesse Bilal tuschelte, die bei den Braunen einen hohen Rang bekleidete, wenn nicht sogar oben an der Spitze stand. Sie war der Meinung gewesen, sich bei Susana Dragand von den Gelben auf sicherem Terrain zu befinden. Das hatte sie zumindest geglaubt. Aber warum war Ferane dann in einem abgelegenen Teil des Burggeländes mit Susana spazieren gegangen und warum hatten beide verhüllende Umhänge getragen? Noch sprachen die Sitzenden der verschiedenen Ajahs offen, wenn auch kühl miteinander.

Die anderen hatten ähnliche Dinge beobachtet; natürlich verrieten sie keine Namen ihrer eigenen Ajahs, aber zwei von ihnen hatten Ferane erwähnt. Ein beunruhigendes Rätsel. Die Burg war zu einem schwärenden Sumpf geworden, jede Ajah ging auf die anderen Ajahs los, und doch trafen sich die Anführerinnen in irgendwelchen Ecken. Keine Außenstehende vermochte mit Sicherheit zu sagen, wer nun das Oberhaupt einer Ajah war, aber anscheinend kannten sie einander. Was führten sie nur im Schilde? Bedauerlicherweise konnte sie Ferane nicht einfach fragen. Aber selbst wenn sie Fragen gegenüber aufgeschlossen gewesen wäre, hätte Seaine es nicht gewagt. Nicht zu diesem Zeitpunkt.

So stark sie sich auch konzentrierte, es gelang ihr nicht, über die Frage nachzudenken. Ihr war bewusst, dass sie auf die Tür starrte und über Rätsel nachsann, die sie nicht lösen konnte, nur weil sie nicht über die Schulter blicken wollte. Zu der Quelle jenes unterdrückten Wimmerns und des keuchenden Stöhnens.

Und als wäre der Gedanke an die Geräusche ein Zwang, wandte sie sich langsam um zu ihren Gefährtinnen, und bei jedem Zentimeter, den sich ihr Kopf drehte, geriet ihr Atem mehr ins Stocken. Außerhalb von Tar Valon, hoch über ihnen, fiel in dichten Flocken der Schnee, aber der Raum erschien unerträglich heiß. Sie zwang sich dazu hinzusehen!

Saerin stand mit leicht gespreizten Beinen da, die mit den braunen Fransen versehene Stola über die Armbeugen geschlungen, die Hand auf dem Griff des altaranischen Krummdolches, der in ihrem Gürtel steckte. Eiskalter Zorn ließ ihre olivfarbene Haut so dunkel anlaufen, dass die Narbe an ihrem Kinn in einem dünnen weißen Strich hervortrat. Pevara schien beherrschter zu sein, zumindest auf den ersten Blick, doch ihre eine Hand hatte sich fest in dem mit roten Stickereien verzierten Rock verkrallt, während sie in der anderen den glatten, weißen Zylinder des Eidstabes wie eine Keule hielt, mit der sie am liebsten zugeschlagen hätte. Möglicherweise war sie tatsächlich dazu bereit; Pevara war viel härter, als ihr molliges Erscheinungsbild glauben ließ, und sie verfügte über genug Entschlossenheit, um Saerin wie eine Zauderin aussehen zu lassen.

Die kleine Yukiri, die auf der anderen Seite des Throns der Reue stand, hatte die Arme fest verschränkt; ihr Zittern ließ die langen silbergrauen Fransen ihrer Stola erbeben. Sie befeuchtete sich die Lippen und warf der Frau neben ihr einen besorgten Blick zu. Doesine, die mehr wie ein hübscher Knabe aussah als wie eine Schwester der Gelben mit einem ausgezeichneten Ruf, zeigte keinerlei Regung. Sie lenkte die Stränge der Macht, die im Thron der Reue verschwanden, und sie starrte auf das Ter’angreal und konzentrierte sich so sehr auf ihre Arbeit, dass auf ihrer bleichen Stirn Schweißtropfen perlten. Sie alle gehörten den Sitzenden an, einschließlich der hochgewachsenen Frau, die sich auf dem Thron wand.

Talene war in Schweiß gebadet; er verklebte ihr blondes Haar und durchtränkte ihr Leinenunterhemd, sodass es an ihrer Haut haftete. Der Rest ihrer Kleidung lag als unordentlicher Haufen in einer Ecke. Ihre geschlossenen Lider flatterten und sie stöhnte unablässig und bettelte mit halb ausgesprochenen, winselnden Worten. Seaine verspürte Übelkeit, aber sie konnte ihren Blick nicht abwenden. Talene war eine Freundin. Das heißt, sie war eine Freundin gewesen.

Trotz seines Namens sah das Ter’angreal nicht wie ein Thron aus; es handelte sich um einen großen, rechteckigen Block aus einem marmorierten grauen Material. Niemand wusste, worum es sich dabei handelte, aber bis auf die abgeschrägte Oberseite war es so hart wie Stahl. Die stämmige Graue war ein Stück darin eingesunken, und gleichgültig wie sie sich auch verrenkte, das Material passte sich ihrer Gestalt an. Doesines Geflecht aus Macht floss in die einzige Öffnung des Throns, ein handtellergroßes, rechteckiges Loch auf der einen Seite, um das in unregelmäßigen Abständen winzige Kerben angeordnet waren. In Tar Valon brachte man gefangene Verbrecher in diesen Kellerraum, damit sie den Thron der Reue kennenlernten und sie sorgfältig ausgewählte Konsequenzen ihrer Verbrechen am eigenen Leib erlebten. Nach der Entlassung flohen sie unweigerlich von der Insel. In Tar Valon gab es nur wenige Verbrechen. Seaine fragte sich unbehaglich, ob man den Thron im Zeitalter der Legenden wohl zu ähnlichen Zwecken benutzt hatte.

»Was … sieht sie?« Obwohl sie es nicht wollte, ertönte ihre Frage als ein Flüstern. Talene würde mehr als nur sehen; ihr würde alles real erscheinen. Man konnte nur dem Licht danken, dass sie keinen Behüter hatte, was für eine Grüne mehr als ungewöhnlich war. Sie hatte behauptet, eine Sitzende würde keinen brauchen. Jetzt drängten sich andere Vermutungen auf.

»Sie ist blutverschmiert, weil sie von den verdammten Trollocs ausgepeitscht wird«, sagte Doesine heiser. Untertöne ihres heimatlichen cairhienischen Akzents hatten sich in ihre Stimme eingeschlichen, etwas, das nur geschah, wenn sie unter großer Belastung stand. »Sobald sie fertig sind, kann sie den Kessel der Trollocs über einem Feuer kochen sehen, und einen Myrddraal, der sie beobachtet. Sie wird wissen, dass eines von beiden für sie als Nächstes kommt. Verdammt, wenn sie diesmal nicht zusammenbricht …« Gereizt wischte sich Doesine Schweiß von der Stirn und holte keuchend Luft. »Hört auf, mich zu drängen. Es ist lange her, dass ich das hier getan habe.«

»Das ist schon das dritte Mal«, murmelte Yukiri. »Der hartgesottenste Verbrecher wird nach dem zweiten Mal von seiner eigenen Schuld gebrochen, falls es überhaupt so lange dauert! Was ist, wenn sie unschuldig ist? Licht, das ist, als würde man Schafe stehlen, wenn der Schäfer zusieht!« Selbst am ganzen Leib zitternd schaffte sie es, hoheitsvoll auszusehen, aber sie klang immer wie das, was sie einst gewesen war, eine Frau aus dem Dorf. Sie schaute die anderen verzagt an. »Das Gesetz verbietet es, den Thron bei Schwestern anzuwenden. Man wird uns alle als Sitzende verstoßen! Und da es noch nicht reicht, aus dem Saal verbannt zu werden, wird man uns vermutlich ins Exil schicken. Und vorher mit Ruten peitschen, nur um uns den Tee zu versalzen! Soll man mich doch zu Asche verbrennen, wenn wir uns irren, könnten wir alle gedämpft werden!«

Seaine erschauderte. Letzterem würden sie entgehen, falls sich ihr Verdacht bewahrheitete. Nein, es war kein Verdacht, es war eine Gewissheit. Es musste so sein! Aber selbst wenn sie recht behielten, es stimmte, was Yukiri gesagt hatte. Die Gesetze der Burg ließen nur selten Notwendigkeiten oder ein imaginäres höheres Gut gelten. Aber wenn sie recht hatten, dann war es den Preis wert, den sie zahlten. Bitte, mochte das Licht dafür sorgen, dass sie recht hatten!

»Seid ihr blind und taub?«, fauchte Pevara und drohte Yukiri mit dem Eidstab. »Sie hat sich geweigert, den Eid, niemals ein unwahres Wort zu sprechen, erneut zu schwören, und nach allem, was wir bereits gemacht haben, muss mehr dahinterstecken als nur der dumme Stolz einer Grünen Ajah. Als ich sie abgeschirmt habe, wollte sie mich erstechen! Hört sich das nach Unschuld an? Tut es das? Vielleicht wollten wir ja nur mit ihr sprechen, bis unsere Zungen vertrocknen, warum hätte sie etwas anderes annehmen sollen! Welchen Grund hätte sie, etwas anderes zu erwarten?«

»Ich danke euch beiden, dass ihr das Offensichtliche zur Sprache bringt«, sagte Saerin trocken. »Yukiri, wir können jetzt nicht mehr zurück, dazu ist es zu spät, also können wir genauso gut weiter nach vorn gehen. Und Pevara, ich an Eurer Stelle würde nicht eine der vier Frauen der ganzen Burg anschreien, von der ich weiß, dass ich ihr vertrauen kann.«

Yukiri errötete und richtete ihre Stola, während Pevara einen Hauch beschämt aussah. Einen Hauch, aber auch nicht mehr. Sie alle gehörten zu den Sitzenden, aber Saerin hatte zweifellos die Führung übernommen. Seaine war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Noch vor wenigen Stunden waren Pevara und sie zwei alte Freundinnen auf einer gefährlichen Suche gewesen, Frauen von gleichem Rang, die gemeinsam Entscheidungen trafen; jetzt hatten sie Verbündete. Eigentlich hätte sie für die zusätzlichen Gefährtinnen dankbar sein sollen. Aber sie befanden sich nicht im Saal und sie konnten bei dieser Angelegenheit nicht auf die Rechte der Sitzenden pochen. Die Hierarchien der Burg waren in den Vordergrund getreten, all die feinen und weniger feinen Unterscheidungen, wer im Gegensatz zu wem welchen Platz einnahm. Tatsächlich war Saerin beinahe doppelt so lang Novizin und Aufgenommene als die meisten anderen gewesen, und vierzig Jahre im Rang einer Sitzenden – länger als alle anderen Mitglieder des Saals – zählte eine ganze Menge. Seaine konnte sich glücklich schätzen, falls Saerin sie nach ihrer Meinung, geschweige denn nach ihrem Rat fragte, bevor sie eine Entscheidung traf. Es war albern, aber dieses Wissen stach wie ein eingetretener Dorn.

»Die Trollocs zerren sie zum Kessel«, sagte Doesine plötzlich mit krächzender Stimme. Ein schrilles Wimmern entschlüpfte Talenes zusammengebissenen Zähnen; sie zitterte so schlimm, als habe sie Schüttelfrost. »Ich … ich weiß nicht, ob ich es schaffe … ob ich mich überwinden kann, sie …«

»Weckt sie auf«, befahl Saerin, ohne die anderen auch nur zu beachten. »Hört auf zu schmollen, Yukiri, und macht Euch bereit.«

Die Graue schenkte ihr einen wütenden Blick, aber als Doesine ihr Gewebe aus Macht auflöste und sich Talenes blaue Augen flatternd öffneten, wurde Yukiri vom glänzenden Schein Saidars umhüllt, und sie schirmte die auf dem Thron liegende Frau wortlos ab. Saerin gab hier die Befehle, und jeder wusste das, und damit war die Angelegenheit erledigt. Ein wirklich spitzer Dorn.

Eine Abschirmung schien kaum nötig zu sein. Talenes Gesicht war eine vor Entsetzen verzerrte Fratze; sie keuchte und zitterte, als wäre sie zehn Meilen so schnell gelaufen, wie sie nur konnte. Sie sank noch immer in die weiche Oberfläche ein, aber ohne Doesines Wirken der Einen Macht passte sie sich ihr nicht mehr an. Talene starrte mit hervorquellenden Augen zur Decke, dann kniff sie sie zu. Und riss sie sofort wieder auf. Egal, welche Erinnerungen hinter ihren Lidern lagen, sie wollte sich ihnen auf keinen Fall stellen.

Pevara rauschte mit zwei Schritten zum Thron und stieß der aufgewühlten Frau den Eidstab entgegen. »Talene, entsagt allen Eiden, die Euch binden, und legt die Drei Eide erneut ab«, sagte sie grob. Talene wich vor dem Eidstab zurück wie vor einer giftigen Schlange, dann zuckte sie in die andere Richtung, als sich Saerin über sie beugte.

»Das nächste Mal ist es der Kessel. Oder die sanften Liebkosungen des Myrddraal.« Saerins Miene war unerbittlich, aber ihr Tonfall ließ sie vergleichsweise mitfühlend erscheinen. »Vorher werdet Ihr nicht erwachen. Und wenn das nicht reicht, wird es wieder geschehen, und dann noch einmal, so oft es nötig ist, und wenn wir bis zum Sommer hier unten bleiben müssen.« Doesine öffnete den Mund, um zu protestieren, bevor sie sich auf eine Grimasse beschränkte. Sie allein war imstande, den Thron zu bedienen, aber in dieser Gruppe nahm sie den gleichen niedrigen Rang wie Seaine ein.

Talene starrte noch immer zu Saerin hoch. Ihre großen Augen füllten sich mit Tränen und sie fing an, in tiefen, hoffnungslosen Schluchzern zu weinen. Blindlings streckte sie die Hand aus und tastete umher, bis ihr Pevara den Eidstab entgegenhielt. Pevara umarmte die Quelle und lenkte einen Strang Geist in den Stab. Talene umfasste den Zylinder, der die Dicke eines Handgelenks aufwies, so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, blieb aber schluchzend liegen.

Saerin richtete sich auf. »Doesine, ich fürchte, es ist Zeit, sie wieder schlafen zu legen.«

Talenes Tränen flossen noch schneller, aber sie fing an zu murmeln. »Ich … entsage allen Eiden … die mich binden.« Mit dem letzten Wort fing sie an zu schreien.

Seaine zuckte zusammen, dann schluckte sie schwer. Sie hatte den Schmerz, nur einem einzigen Eid zu entsagen, persönlich erlebt und sich gefragt, wie es wohl sein musste, auf einmal mehr als nur einem zu entsagen, aber jetzt konnte sie es mit eigenen Augen sehen. Talene schrie, bis sie keine Luft mehr hatte, dann holte sie tief Atem, um erneut zu schreien, bis Seaine damit rechnete, dass Leute aus der Burg nach unten gestürzt kamen. Die hochgewachsene Grüne wurde von Krämpfen geschüttelt, ihre Arme und Beine zuckten, dann bog sich plötzlich ihr ganzer Körper durch, bis nur noch Kopf und Fersen die graue Oberfläche berührten. Jeder Muskel war angespannt, ihr ganzer Leib eine einzige Verkrampfung.

So unvermittelt Talene von dem Krampf überfallen worden war, so abrupt sackte sie in sich zusammen, als hätte sie keine Knochen mehr, und blieb weinend wie ein kleines Kind liegen. Der Eidstab rollte aus ihrer schlaffen Hand auf die schräge graue Oberfläche des Throns. Yukiri murmelte etwas, das nach einem andächtigen Gebet klang. Doesine flüsterte mit zitternder Stimme ununterbrochen »Licht! Licht! Licht!«

Pevara hob den Stab auf und schloss Talenes Finger erneut darum. Seaines Freundin kannte keine Gnade, nicht bei einer solchen Angelegenheit. »Jetzt schwört die Drei Eide!«, forderte sie unnachgiebig.

Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als würde sich Talene weigern, dann wiederholte sie langsam die Eide, die sie alle zu Aes Sedai machten und zusammenhielten. Niemals ein Wort zu sprechen, das nicht wahr ist. Niemals eine Waffe herzustellen, mit der ein Mensch seinen Nächsten töten kann. Niemals die Eine Macht als Waffe zu benutzen, es sei denn zur Selbstverteidigung oder um das Leben ihres Behüters oder einer anderen Schwester zu schützen. Am Ende schluchzte sie lautlos und bebte am ganzen Körper. Vielleicht waren das die Eide, die sie banden. Sie bereiteten Unbehagen, wenn sie gerade geleistet worden waren. Vielleicht.

Dann teilte ihr Pevara den anderen Eid mit, den sie von ihr verlangten. Talene zuckte zusammen, murmelte die Worte aber mit hoffnungsloser Stimme. »Ich schwöre, Euch allen fünf bedingungslos zu gehorchen.« Sie starrte wie betäubt stur geradaus, Tränen rannen ihr über die Wangen.

»Antwortet mir wahrheitsgemäß«, forderte Saerin. »Gehört Ihr der Schwarzen Ajah an?«

»Das tue ich.« Es kam knirschend heraus, so als wäre Talenes Kehle eingerostet.

Die einfachen Worte ließen Seaine auf eine Weise erstarren, die sie nie für möglich gehalten hätte. Schließlich hatte sie sich aufgemacht, die Schwarzen Ajah zu jagen, und wie nur wenige ihrer Schwestern an ihr Ziel geglaubt. Sie hatte an eine andere Schwester Hand angelegt, an eine Sitzende, hatte geholfen, Talene in ein Gewebe aus Luft gehüllt durch verwaiste Kellerkorridore zu befördern, hatte ein Dutzend Burggesetze gebrochen, ernste Verbrechen begangen – und das alles nur, um eine Antwort zu hören, von der sie überzeugt gewesen war, sie bereits zu kennen, noch bevor man die Frage gestellt hatte. Jetzt hatte sie sie gehört. Die Schwarze Ajah existierte tatsächlich. Sie starrte eine Schwarze Schwester an, eine Schattenfreundin, welche die Stola trug. Und wie sich jetzt herausstellte, war der Glaube daran nur ein schwacher Abglanz der tatsächlichen Konfrontation. Sie konnte ein Zähneklappern nur deshalb verhindern, weil sie die Zähne krampfhaft zusammenbiss. Sie kämpfte um ihre Beherrschung, darum, nüchtern zu denken. Aber Albträume waren erwacht und wandelten in der Burg umher.

Jemand atmete schwer aus, und Seaine begriff, dass sie nicht die Einzige war, deren Welt auf den Kopf gestellt worden war. Yukiri schüttelte sich und richtete dann den Blick auf Talene, als wäre sie entschlossen, die Abschirmung falls nötig auch allein durch reine Willenskraft aufrechtzuerhalten. Doesine fuhr mit der Zunge über die trockenen Lippen und glättete unsicher ihre dunkelgoldenen Röcke. Allein Saerin und Pevara schienen ganz ruhig zu sein.

»So, so«, sagte Saerin leise. Aber vielleicht war »kaum hörbar« eine bessere Beschreibung. »So, so. Eine Schwarze Ajah.« Sie holte zischend Luft und ihr Tonfall wurde lebhaft. »Yukiri, das ist nicht mehr nötig. Talene, Ihr werdet keinen Fluchtversuch unternehmen oder anderweitig versuchen, Widerstand zu leisten. Ihr werdet die Quelle nicht mal anrühren, ohne dass Ihr von einer von uns die Erlaubnis dazu bekommen habt. Obwohl ich annehme, dass sich jemand anders dieser Angelegenheit annimmt, sobald wir Euch übergeben haben. Yukiri?« Die Abschirmung löste sich auf, aber der Schein Saidars um Yukiri blieb; es war, als würde sie der Wirkung des Eidstabes auf eine Schwarze Schwester nicht trauen.

Pevara runzelte die Stirn. »Bevor wir sie Elaida übergeben, Saerin, will ich so viel wie möglich aus ihr herausholen. Namen, Orte, alles, was sie weiß.« Pevaras ganze Familie war von Schattenfreunden getötet worden, und Seaine war fest davon überzeugt, dass sie mit Freude ins Exil gehen würde, nur um jede Schwarze Schwester persönlich jagen zu können.

Talene gab auf dem Thron einen Laut von sich, der sich aus einem bitteren Lachen und Schluchzen zusammensetzte. »Wenn Ihr das tut, sind wir alle tot. Tot! Elaida gehört zu den Schwarzen Ajah!«

»Das ist unmöglich!«, brach es aus Seaine heraus. »Elaida hat mir persönlich den Befehl gegeben.«

»Sie muss dazugehören«, sagte Doesine halb flüsternd. »Talene hat die Eide erneut geleistet; sie hat sie gerade genannt!« Yukiri nickte nachdrücklich.

»Benutzt Euren Verstand«, knurrte Pevara und schüttelte angewidert den Kopf. »Ihr wisst so gut wie ich, dass Ihr eine Lüge, an die Ihr fest glaubt, als Wahrheit verkünden könnt.«

»Und das ist die Wahrheit«, beharrte Saerin. »Talene, welche Beweise habt Ihr? Habt Ihr Elaida bei Euren … Treffen gesehen?« Sie ergriff den Dolch so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Sie hatte für die Stola härter als die meisten anderen kämpfen müssen; sie hatte sogar für das Recht kämpfen müssen, überhaupt in der Burg bleiben zu dürfen. Für sie war die Burg mehr als nur ihr Zuhause, sie war wichtiger als ihr Leben. Falls Talene die falsche Antwort gab, würde Elaida ihr Tribunal nicht mehr erleben.

»Sie halten keine Treffen ab«, murmelte Talene mürrisch. »Von ihrem Hohen Rat einmal abgesehen, vermute ich. Aber sie muss zu ihnen gehören. Sie kennen jeden Bericht, den Elaida empfängt, sogar die geheimen, jedes Wort, das man ihr sagt. Sie kennen jede ihrer Entscheidungen, bevor sie verkündet werden. Tage früher, manchmal sogar Wochen. Wie soll das möglich sein, es sei denn, sie teilt sie ihnen mit?« Sie richtete sich mühsam auf und versuchte, jeder der Sitzenden in die Augen zu sehen. Aber es erweckte nur den Anschein, als würden ihre Blicke nervös umherhuschen. »Wir müssen fliehen und ein Versteck finden. Ich werde Euch helfen – Euch alles sagen, was ich weiß! – aber wenn wir nicht fliehen, werden sie uns töten.«

Seltsam, dachte Seaine, wie schnell Talene ihre ehemaligen Mitverschwörer zu »sie« gemacht hat und versucht, sich mit uns zu identifizieren. Nein. Seaine rief sich zur Ordnung. Sie wich dem eigentlichen Problem aus und das war töricht. Hatte Elaida sie tatsächlich auf die Schwarze Ajah angesetzt, ihr den Befehl gegeben, sie aufzuspüren? Sie hatte dabei nicht einmal den Namen genannt. Konnte sie etwas anderes gemeint haben? Elaida war stets über jeden hergefallen, der die Schwarzen auch nur erwähnte. Beinahe jede andere Schwester würde sich genauso verhalten, und dennoch …

»Elaida hat sich als Närrin erwiesen«, sagte Saerin, »und ich habe es mehr als einmal bereut, für sie gestimmt zu haben, aber ich glaube nicht, dass sie eine Schwarze ist, nicht, ohne mehr Beweise zu haben als die hier.« Pevara nickte ruckartig und mit fest aufeinandergepressten Lippen. Als Rote würde sie viel mehr als das brauchen.

»Das mag ja alles sein, Saerin«, sagte Yukiri, »aber wir können Talene nicht mehr lange festhalten, bevor die Grünen anfangen zu fragen wo sie ist. Ganz zu schweigen von den … Schwarzen. Wir sollten lieber schnell entscheiden, was zu tun ist, oder wir werden noch immer an diesem Brunnen graben, wenn der Regen kommt.« Talene schenkte Saerin ein zaghaftes Lächeln, das vermutlich einschmeichelnd sein sollte. Das Stirnrunzeln der Sitzenden der Braunen ließ es schnell verblassen.

»Wir können es nicht wagen, Elaida irgendetwas zu sagen, bis wir die Schwarzen mit einem Schlag vernichten können«, sagte Saerin schließlich. »Diskutiert nicht mit mir, Pevara, das sagt einem der gesunde Menschenverstand.« Pevara warf die Hände in die Höhe und machte ein stures Gesicht, aber sie sagte nichts. »Wenn Talene recht hat«, fuhr Saerin fort, »wissen die Schwarzen über Seaine Bescheid oder werden es bald wissen, also müssen wir ihre Sicherheit gewährleisten, soweit uns das möglich ist. Das wird nicht einfach sein, sind wir doch nur zu fünft. Wir können keinem trauen, bis wir uns seiner sicher sind! Zumindest haben wir Talene und wer weiß, was wir alles erfahren, bis wir sie ausgequetscht haben.« Talene versuchte auszusehen, als wollte sie sich bereitwillig ausquetschen lassen, aber keiner achtete auf sie. Seaines Hals war plötzlich ganz trocken.

»Möglicherweise sind wir nicht ganz allein«, sagte Pevara zögernd. »Seaine, berichtet den anderen von Eurem kleinen Plan mit Zerah und ihren Freundinnen.«

»Plan?«, wiederholte Saerin. »Wer ist Zerah? Seaine? Seaine!«

Seaine zuckte zusammen. »Was? Oh. Pevara und ich haben in der Burg ein kleines Rebellennest entdeckt«, fing sie hastig an. »Zehn Schwestern, die man geschickt hat, um Unfrieden zu stiften.« Saerin würde also für ihre Sicherheit sorgen, oder? Ungefragt. Sie gehörte selbst den Sitzenden an; sie war seit beinahe einhundertfünfzig Jahren eine Aes Sedai. Welches Recht hatte Saerin oder sonst jemand …? »Pevara und ich haben begonnen, dem ein Ende zu setzen. Wir haben bereits eine von ihnen, Zerah Dacan, denselben Schwur wie Talene leisten lassen, und ihr befohlen, heute Nachmittag Bernaile Gelbarn in meine Gemächer zu bringen, ohne dass sie Verdacht schöpft.« Beim Licht, jede Schwester außerhalb dieser vier Wände könnte eine Schwarze sein. Jede Schwester.

»Dann benutzen wir die beiden, um die Nächste anzulocken, bis sie alle dazu gezwungen wurden, uns Gehorsam zu schwören. Natürlich werden wir ihnen dieselbe Frage stellen, die wir Zerah und Talene gestellt haben.« Womöglich kannte die Schwarze Ajah bereits ihren Namen und wusste, dass sie den Auftrag erhalten hatte, sie zu jagen. Wie sollte Saerin sie beschützen? »Diejenigen von ihnen, die eine falsche Antwort geben, können befragt werden, und die, die richtig antworten, können wieder etwas von ihrem Verrat gutmachen, indem sie unter unserer Führung die Schwarzen jagen.« Licht, wie denn?

Als sie geendet hatte, erörterten die anderen die Angelegenheit ausführlich, was nur bedeuten konnte, dass Saerin in ihrer Entscheidung unsicher war. Yukiri bestand darauf, Zerah und ihre Verbündeten auf der Stelle dem Gesetz zu übergeben – falls das möglich war, ohne gleichzeitig ihre eigene Verwicklung mit Talene zu enthüllen. Pevara sprach sich – wenn auch nur halbherzig – dafür aus, auf die Rebellen zurückzugreifen; sie hatten mit abscheulichen Geschichten über die Rote Ajah und falsche Drachen Unfrieden stiften wollen. Doesine schien sich dafür auszusprechen, jede Schwester der Burg zu entführen und zu zwingen, den zusätzlichen Eid zu leisten, aber die anderen drei ignorierten sie.

Seaine nahm an der Debatte nicht teil. Ihre Reaktion auf die gefährliche Lage, in der sie steckten, war ihrer Meinung nach die einzig richtige. Sie stolperte in die nächste Ecke und übergab sich lautstark.

Elayne versuchte, nicht mit den Zähnen zu knirschen. Draußen ging ein weiterer Schneesturm über Caemlyn nieder, der den mittäglichen Himmel so sehr verdunkelte, dass alle an den holzvertäfelten Wänden angebrachten Lampen entzündet worden waren. Wilde Böen rüttelten an den hohen Bogenfenstern. Blitze erhellten die trüben Scheiben, über ihnen grollte dumpf der Donner. Ein Schneegewitter, von allen Winterstürmen die schlimmste, die zerstörerischste Art. In dem Raum war es nicht unbedingt kalt, aber … Obwohl sie die Finger vor den Holzscheiten spreizte, die in dem breiten Marmorkamin brannten, konnte sie die Kälte spüren, die nicht nur durch die auf den Bodenfliesen liegenden Teppiche sickerte, sondern auch durch die Sohlen ihrer dicksten Samtschuhe. Der breite schwarze Kragen und die Ärmelaufschläge aus Fuchs, die ihr in Rot und Weiß gehaltenes Gewand schmückten, waren hübsch, aber sie hatte den Eindruck, als würden sie genauso wenig für zusätzliche Wärme sorgen wie die Perlen auf den Ärmeln. Die Weigerung, sich von der Kälte berühren zu lassen, bedeutete nicht, dass sie sie nicht wahrnahm.

Wo steckte Nynaeve? Und Vandene? In ihrem Inneren brodelte es. Sie sollten schon längst hier sein! Licht! Ich wünsche mir, ich könnte lernen, ohne Schlaf auszukommen, und sie lassen sich ganz gemütlich Zeit! Aber nein, das war ungerecht. Ihr formeller Anspruch auf den Löwenthron war erst ein paar Tage alt und nun kam für sie alles andere erst an zweiter Stelle. Nynaeve und Vandene hatten andere Prioritäten; ihrer Ansicht nach trugen sie für andere Dinge die Verantwortung. Nynaeve war völlig damit beschäftigt, zusammen mit Reanne und dem Rest des Nähkränzchens zu planen, wie man die Kusinen – wie sich die Angehörigen dieser Gemeinschaft auch aus Tarnungsgründen nannten – aus den von den Seanchanern beherrschten Gebieten schmuggeln konnte, bevor sie entdeckt und an die Leine gelegt wurden. Die Kusinen waren gut darin, keinerlei Aufsehen zu erregen, aber die Seanchaner würden sie nicht einfach als Wilde betrachten und ignorieren, so wie es die Aes Sedai stets getan hatten. Angeblich war Vandene noch immer von der Ermordung ihrer Schwester erschüttert, nahm so gut wie nichts mehr zu sich und war kaum in der Lage, irgendeinen Rat zu geben. Das mit dem Essen stimmte; die Suche nach dem Mörder fraß sie innerlich auf. Es hieß, sie würde von Trauer geschüttelt zu unmöglichen Zeiten durch die Säle streifen und insgeheim den Schattenfreunden nachstellen, die sich in ihrer Mitte versteckten. Noch vor drei Tagen hatte allein dieser Gedanke Elayne einen Schauder über den Rücken gejagt; jetzt war es nur noch eine Gefahr von vielen. Zwar eine, die einem näherging, das stimmte, aber das war es auch schon.

Sie erfüllten wichtige Aufgaben, zu denen Egwene ihre Zustimmung gegeben hatte, aber Elayne wünschte sich trotzdem, sie würden sich beeilen, so selbstsüchtig das auch sein mochte. Vandene hatte viele gute Ideen, ein Vorteil langer Erfahrung und Studien, und Nynaeves Jahre mit dem Dorfrat und dem Frauenkreis von Emondsfelde hatte ihren Blick für praktische Lösungen geschärft, sosehr sie das auch immer verneinen mochte. Soll man mich doch zu Asche verbrennen, ich habe hundert Probleme, ein paar davon sogar hier im Palast, und ich brauche sie! Ginge es nach ihrem Willen, würde Nynaeve al’Meara die Aes Sedai-Beraterin der nächsten Königin von Andor sein. Sie brauchte jede Hilfe, die sie bekommen, Hilfe, der sie vertrauen konnte.

Sie rieb sich das Gesicht und wandte sich von dem prasselnden Feuer ab. Vor dem Kamin standen dreizehn hochlehnige Stühle in der Form eines Hufeisens aufgestellt; sie waren schlicht, aber von kunstfertiger Hand hergestellt worden. Paradoxerweise befand sich der Ehrenplatz, auf dem die Königin während einer Audienz sitzen sollte, am weitesten von der Wärme des Feuers entfernt. Insofern man überhaupt von Wärme sprechen konnte. Ihr Rücken erwärmte sich sofort und ihre Vorderseite kühlte ab. Draußen fiel der Schnee, Donner krachte und Blitze schlugen vom Himmel. In ihrem Kopf spielte sich Ähnliches ab. Ganz ruhig. Eine Herrscherin musste genauso ruhig und beherrscht wie eine Aes Sedai sein.

»Es müssen die Söldner sein«, sagte sie, ohne das Bedauern ganz aus ihrer Stimme heraushalten zu können. Bewaffnete von ihren Gütern würden sicherlich innerhalb eines Monats eintreffen – sobald sie erfuhren, dass sie am Leben war –, aber bis eine bedeutsame Zahl zusammengekommen war, konnte es Frühling sein, und die Männer, die Birgitte rekrutierte, würden ein halbes Jahr oder mehr benötigen, bevor sie gleichzeitig reiten und ein Schwert schwingen konnten. »Und die Jäger des Horns, falls sich welche einschreiben und den Eid leisten.« Das Wetter hatte viele aus beiden Gruppen in Caemlyn festgehalten. Zu viele, wie die meisten Leute sagten, da sie tranken, rauften und Frauen belästigten, die nichts von ihnen wissen wollten. Zumindest würde sie die Männer für etwas Nützliches gebrauchen, dann konnten sie Schwierigkeiten beenden, statt sie zu beginnen. Wäre da bloß nicht der quälende Gedanke gewesen, dass sie noch immer versuchte, sich das nur einzureden. »Es ist teuer, aber dafür ist genug Geld in der Schatzkammer.« Zumindest für eine Weile. Besser, es kam bald Geld von ihren Ländereien herein.

Die beiden Frauen, die vor ihr standen, reagierten beinahe auf die gleiche Weise; welch ein Wunder.

Dyelin knurrte gereizt. An dem hohen Kragen ihres dunkelgrünen Gewands war eine große silberne Anstecknadel mit Taravins Eule und Eiche befestigt, ihr einziger Schmuck. Eine Zurschaustellung des Stolzes, den sie für ihr Haus hegte, vielleicht sogar übertriebener Stolz; die derzeitige Hohe Herrin des Hauses Taravin war überhaupt eine stolze Frau. Graue Strähnen durchzogen ihr goldenes Haar, an den Augenwinkeln machten sich feine Netze aus Fältchen bemerkbar, doch ihr Gesicht drückte Stärke aus, und ihr Blick war ruhig und wachsam. Ihr Verstand war so scharf wie eine Rasierklinge. Oder vielleicht ein Schwert. Eine Frau, die sagte, was sie dachte, die nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt.

»Söldner verstehen sich auf ihr Handwerk, Elayne«, sagte sie abschätzig. »Aber wo man die Berührung einer Feder braucht, muss man damit rechnen, dass sie wie ein Hammer sind, und wenn man einen Hammer braucht, sind sie aller Wahrscheinlichkeit nach an einem anderen Ort – wo sie gerade stehlen. Ihre Loyalität gehört dem Gold, und das auch nur so lange, wie das Gold reicht. Wenn sie einen nicht vorher für mehr Gold verraten. Ich bin davon überzeugt, dass Lady Birgitte dieses eine Mal mit mir einer Meinung ist.«

Birgitte hatte die Arme fest unter den Brüsten verschränkt und sich breitbeinig aufgebaut; sie verzog das Gesicht, so wie immer, wenn jemand ihren neuen Titel benutzte. Elayne hatte ihr ein Gut versprochen, sobald sie Caemlyn erreichten, wo man die Formalitäten erledigen konnte. Im privaten Kreis grollte Birgitte ständig über diese und die andere Veränderung in ihrem Leben. Ihre himmelblauen Hosen wiesen den gleichen Schnitt auf wie jene Pluderhosen, die sie sonst trug, aber ihr kurzer roter Mantel hatte einen hohen weißen Kragen und breite, mit Goldfäden bestickte Ärmelaufschläge.

Sie war die Lady Birgitte Trahelion und der Generalhauptmann der Königlichen Garde und sie konnte so lange darüber jammern und murren, wie sie wollte, solange sie es für sich tat.

»Das tue ich«, knurrte sie unwillig und schenkte Dyelin einen nicht gerade freundlichen Blick. Der Behüterbund teilte Elayne mit, was sie schon den ganzen Morgen gespürt hatte. Ungeduld, Gereiztheit, Entschlossenheit. Allerdings konnte das möglicherweise auch nur das Spiegelbild ihrer eigenen Empfindungen sein. Seitdem sie den Bund eingegangen waren, spiegelten sie einander auf überraschende Weise wider, sowohl was ihre Gefühle betraf wie auch in anderen Dingen. Selbst Elaynes Regel hatte sich mehr als eine Woche verschoben, nur um mit der der anderen Frau übereinzustimmen!

Birgittes Zögern, das zweitbeste Argument zu vertreten, war offensichtlich genauso groß wie ihr Zögern, überhaupt zuzustimmen. »Die Jäger sind nicht viel besser, Elayne«, murmelte sie. »Sie legen den Jägereid ab, um Abenteuer zu finden, und wenn möglich einen Platz in der Geschichte. Nicht, um sich niederzulassen und das Gesetz zu hüten. Die Hälfte von ihnen sind anmaßende Schweine, die auf jeden anderen herabsehen, der Rest geht keine unnötigen Risiken ein, sondern wartet auf sich bietende Chancen. Und nur ein geflüstertes Gerücht über das Horn von Valere, und du kannst dich glücklich schätzen, wenn nur zwei von dreien über Nacht verschwunden sind.«

Dyelin lächelte schmal, als hätte sie einen kleinen Sieg errungen. Verglichen mit den beiden passten Öl und Wasser großartig zusammen; beide kamen mit fast jedem anderen gut aus, aber aus irgendeinem Grund konnten sie sich über die Farbe von Kohle streiten. Und taten es auch.

»Außerdem sind sich Jäger und Söldner ähnlich, es sind fast alles Ausländer. Das wird weder die Hochwohlgeborenen noch das Volk erfreuen. Nicht im Mindesten. Das Letzte, was du willst, ist eine Rebellion zu entfachen.« Blitze zuckten vom Himmel, tauchten die Fensterflügel kurz in ihr Licht, und ein besonders lauter Donnerschlag unterstrich ihre Worte. In tausend Jahren waren sieben Königinnen Andors durch offene Rebellion gestürzt worden, und die beiden, die das überlebt hatten, hatten sich vermutlich gewünscht, es nicht zu tun.

Elayne unterdrückte ein Seufzen. Auf einem der kleinen, mit Einlegearbeiten verzierten Tische an den Wänden stand ein schweres Tablett aus Silber, auf dem sich Becher und eine hohe Kanne mit heißem, gewürztem Wein befanden. Mittlerweile war es lauwarmer gewürzter Wein. Sie griff kurz nach der Macht des Feuers und eine schmale Dampffahne stieg aus der Kanne empor. Das Aufwärmen verlieh den Gewürzen eine gewisse Bitterkeit, aber das war die Wärme der ziselierten Silberbecher in ihren Händen wert. Mit einiger Mühe widerstand sie dem Wunsch, die Luft in dem Raum mit der Macht zu erhitzen, und ließ die Quelle los; die Wärme wäre sowieso nicht von Dauer gewesen, es sei denn, sie hätte das gewebte Netz aus Macht aufrechterhalten. Sie hatte ihre Abneigung besiegt, Saidar nach Gebrauch auch wieder loszulassen – nun, zumindest bis zu einem gewissen Grade. Aber in letzter Zeit wuchs das Verlangen, mehr von der Macht in sich aufzunehmen, von Mal zu Mal. Jede Schwester musste sich diesem gefährlichen Verlangen stellen. Mit einer Geste forderte sie die anderen beiden auf, sich mit Wein zu bedienen.

»Ihr kennt die Lage«, sagte Elayne. »Nur eine Närrin könnte sie anders als Unheil verkündend nennen und keine von euch ist eine Närrin.« Die Garde war ihren Namen nicht wert, eine Handvoll akzeptabler Männer und zwei Hände voll Rabauken, die eigentlich nur dazu geeignet waren, Betrunkene aus den Tavernen zu werfen oder selbst herausgeworfen zu werden. Und da die Saldaeaner fort waren und die Aiel aufbrachen, blühte das Verbrechen wie Unkraut im Frühling. Eigentlich hatte sie erwartet, dass der Schnee alles beruhigen würde, aber jeder neue Tag brachte Raubüberfälle, Brandstiftung und Schlimmeres. Jeden Tag wurde die Situation noch schlimmer. »Wenn das in diesem Tempo weitergeht, haben wir in ein paar Wochen Aufstände. Vielleicht sogar früher. Wenn ich nicht mal in Caemlyn für Ordnung sorgen kann, wird sich das Volk gegen mich wenden.« Wenn sie in der Hauptstadt nicht für Ordnung sorgen konnte, konnte sie genauso gut der Welt verkünden, dass sie für das Amt der Herrscherin nicht geeignet war. »Es gefällt mir nicht, aber es muss geschehen, und das wird es auch.« Die beiden Frauen wollten widersprechen, aber sie ließ ihnen keine Gelegenheit. Sie legte Härte in ihre Stimme. »Es wird geschehen.«

Birgittes taillenlanger goldener Zopf schwang hin und her, als sie den Kopf schüttelte, aber durch den Bund strömte widerwilliges Einverständnis. Sie betrachtete ihre Beziehung als Aes Sedai und Behüterin auf entschieden eigenwillige Weise, aber sie hatte zu erkennen gelernt, wann sich Elayne nicht mehr bedrängen ließ. Zumindest mehr oder weniger. Da waren das Gut und der Titel. Und der Befehl über die Garde. Und ein paar andere kleine Dinge.

Dyelin senkte den Kopf den Bruchteil eines Zentimeters und deutete vielleicht auch einen Knicks an; vielleicht war es nur eine Höflichkeit, denn ihr Gesicht war so unbeweglich wie Stein. Man durfte nicht vergessen, dass viele von denen, die Elayne Trakand nicht auf dem Löwenthron sehen wollten, stattdessen Dyelin Taravin unterstützt hatten. Die Frau war in jeder Weise hilfsbereit gewesen, aber es war noch nicht viel Zeit vergangen, und manchmal flüsterte in Elaynes Hinterkopf beharrlich eine leise Stimme. Wartete Dyelin nur darauf, dass sie einen bösen Fehler beging, bevor sie einschritt, um Andor zu »retten«? Jemand mit der nötigen Klugheit und Verschlagenheit könnte es auf diese Weise versuchen und möglicherweise sogar Erfolg haben.

Elayne hob die Hand, um sich die Schläfe zu massieren, richtete stattdessen aber nur ihr Haar. So viel Misstrauen, so wenig Vertrauen. Das Spiel der Häuser hatte nach ihrem Aufbruch nach Tar Valon auch Andor erfasst. Sie war dankbar, dass sie in ihren Monaten bei den Aes Sedai mehr gelernt hatte, als nur die Eine Macht zu beherrschen. Für die meisten Schwestern war Daes Dae’mar Atem und Brot. Sie war auch dankbar für Thoms Unterricht. Ohne beides hätte sie ihre Rückkehr womöglich nicht so lange überleben können, wie sie es bis jetzt getan hatte. Das Licht mochte dafür sorgen, dass Thom in Sicherheit war, dass er und Mat und die anderen vor den Seanchanern entkommen und auf dem Weg nach Caemlyn waren. Jeden Tag seit ihrem Aufbruch aus Ebou Dar hatte sie für ihre Sicherheit gebetet, aber für mehr als nur ein kurzes Gebet hatte sie jetzt keine Zeit.

Sie nahm den Stuhl in der Mitte des Hufeisens und versuchte wie eine Königin auszusehen, den Rücken gerade durchgedrückt, die freie Hand locker auf der geschnitzten Lehne. Es reicht nicht, wie eine Königin auszusehen, hatte ihre Mutter oft gesagt, und ein scharfer Verstand, die geschickte Handhabung der Staatsangelegenheiten und ein tapferes Herz werden dir nichts nützen, wenn die Leute dich nicht als Königin betrachten. Birgitte beobachtete sie, beinahe schon misstrauisch. Manchmal war der Bund entschieden lästig! Dyelin hob den Weinbecher an die Lippen.

Elayne holte tief Luft. Sie war diese Frage aus jeder Richtung angegangen, die ihr eingefallen war, und sie sah keinen anderen Ausweg. »Birgitte, ich will, dass die Garde im Frühling eine Armee darstellt, die allem gleichkommt, was zehn Häuser zusammen ins Feld führen können.« Vermutlich unmöglich zu schaffen, allein der Versuch bedeutete, die Söldner, die sich jetzt eingeschrieben hatten, auch zu halten und noch mehr zu finden, jeden Mann aufzunehmen, der die geringste Neigung dazu zeigte. Licht, was für ein übler Schlamassel!

Dyelin verschluckte sich, ihre Augen traten hervor, dunkler Wein schoss aus ihrem Mund. Noch immer spuckend zog sie ein spitzenbesetztes Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich das Kinn ab.

Über den Bund mit Birgitte schoss eine Woge der Panik zu ihr herüber. »Verdammt, Elayne, das kann nicht dein Ernst sein …! Ich bin eine Bogenschützin, kein General! Das ist alles, was ich jemals war, hast du das noch immer nicht begriffen? Ich habe einfach nur das getan, zu dem mich die Umstände gezwungen haben! Aber wie dem auch sei, ich bin nicht sie, jedenfalls nicht mehr; ich bin nur noch ich und …!« Sie brach ab, als ihr klar wurde, dass sie womöglich zu viel gesagt hatte. Nicht zum ersten Mal. Ihr Gesicht lief rot an, als Dyelin sie neugierig betrachtete.

Sie hatten über Birgitte verbreitet, dass sie aus Kandor kam, wo die Landfrauen ähnliche Bekleidung wie sie trugen, aber Dyelin roch offensichtlich die Lüge. Und mit jedem Mal, das sich Birgitte versprach, kam sie näher daran, ihr Geheimnis zu offenbaren. Elayne warf ihr einen Blick zu, der ihr versprach, dass sie später noch reden würden.

Sie hätte nicht gedacht, dass Birgittes Wangen noch heftiger glühen konnten. Demütigung überlagerte alles andere in dem Bund, bis Elayne spürte, dass ihr das Blut selbst in die Wangen schoss. Schnell nahm sie einen strengen Ausdruck an und hoffte, dass ihre roten Wangen etwas anderes vermuten ließen als das tiefe Verlangen, sich wegen Birgittes Demütigung auf ihrem Stuhl zu winden. Der Spiegeleffekt konnte mehr als nur lästig sein!

Dyelin verschwendete nur einen Augenblick an Birgitte. Sie stopfte das Taschentuch zurück an seinen Platz, stellte sorgfältig den Becher zurück aufs Tablett und stemmte dann die Hände in die Hüften. Auch ihre Miene war jetzt finster. »Die Garde war immer das Herz von Andors Armee, Elayne, aber das hier … Das Licht erbarme sich unser, das ist Wahnsinn! Ihr könntet jeden vom Fluss Erinin bis zu den Verschleierten Bergen gegen Euch aufbringen!«

Elayne konzentrierte sich auf ihre innere Ruhe. Falls sie sich irrte, würde Andor zu einem weiteren Cairhien werden, ein weiteres blutgetränktes Land, in dem das Chaos regierte. Und sie würde natürlich sterben, ein Preis, der nicht zu hoch war. Es war undenkbar, den Versuch nicht zu wagen, davon abgesehen würde ein Fehlschlag für Andor das Gleiche bedeuten, als wenn sie nichts tat. Kühl, beherrscht, von stählerner Ruhe erfüllt. Eine Königin durfte sich nicht ängstlich zeigen, selbst wenn sie es war. Vor allem nicht, wenn sie es war. Ihre Mutter hatte stets gesagt, man sollte Entscheidungen so selten wie möglich erklären; je öfter man etwas erklärte, umso mehr zusätzliche Erklärungen wurden nötig, bis man schließlich zu nichts anderem mehr Zeit hatte. Gareth Bryne hingegen vertrat die Meinung, man sollte die Dinge erklären, wenn es möglich war; die Leute arbeiteten besser, wenn sie auch den Grund kannten. Heute würde sie Gareth Bryne folgen. Viele Siege waren errungen worden, weil man ihm gefolgt war.

»Ich habe drei offizielle Herausforderinnen.« Und vielleicht eine, die es nicht öffentlich verkündet hatte. Sie zwang sich dazu, Dyelins Blick zu erwidern. Nicht wütend; es war einfach nur ein offener Blick. Aber vielleicht hielt es Dyelin für Wut, hatte sie doch die Zähne zusammengebissen, und ihre Wangen waren gerötet. Nun, wenn es so war, konnte sie es auch nicht ändern. »Arymilla kann man vernachlässigen, solange sie auf sich allein gestellt ist, aber Nasin hat das Haus Caeren auf ihre Seite gezogen, und egal, ob er nun wahnsinnig ist oder nicht, seine Unterstützung bedeutet, dass mit ihr zu rechnen ist. Naean und Elenia sitzen im Kerker; ihre Soldaten nicht. Naeans Leute können sich streiten, bis sie einen Anführer finden, aber Jarid ist der Hohe Herr von Sarand, und er wird Risiken eingehen, um den Ehrgeiz seiner Frau zu stillen. Haus Baryn und Haus Anshar liebäugeln mit beiden; ich kann nur hoffen, dass sich eines von ihnen mit Sarand und das andere mit Arawn verbündet. Neunzehn Häuser von Andor sind stark genug, dass die kleineren Häuser ihnen folgen werden. Sechs davon haben sich gegen mich verbündet und ich habe zwei auf meiner Seite.« Bis jetzt waren es sechs, und das Licht mochte gewähren, dass sie zwei hatte! Sie würde nicht erwähnen, dass sich drei der großen Häuser so gut wie für Dyelin ausgesprochen hatten; wenigstens hielt Egwene sie im Augenblick in Murandy beschäftigt.

Elayne wies auf den Stuhl neben ihr und Dyelin setzte sich und richtete sorgfältig ihre Röcke. Die Sturmwolken waren vom Gesicht der älteren Frau verschwunden. Sie musterte Elayne und verriet mit keiner Miene ihre Gedanken oder Schlüsse. »Ich weiß das alles genauso gut wie Ihr, Elayne, aber Luan und Ellorien werden Euch mit ihren Häusern unterstützen, und Abelle auch, davon bin ich überzeugt.« Ihre Stimme war ruhig und bedacht, aber sie gewann an Leidenschaft, als sie fortfuhr. »Dann werden auch andere Häuser Vernunft annehmen. Solange Ihr ihnen keine Angst einjagt, die ihnen die Vernunft nimmt. Beim Licht, Elayne, hier geht es doch nicht um die Thronfolge. Trakand erbt Trakand und kein anderes Haus. Und selbst bei einer Thronfolge ist es nur selten zum offenen Kampf gekommen! Aber verwandelt die Königliche Garde in eine Armee und Ihr werdet alles aufs Spiel setzen.«

Elayne warf den Kopf zurück, aber ihr Lachen verriet keinerlei Belustigung. Es passte zu dem krachenden Donner draußen. »Ich habe alles an dem Tag riskiert, an dem ich heimgekehrt bin, Dyelin. Ihr sagt, Norwelyn und Traemane werden zu mir kommen und Pendar? Na schön, dann sind es eben fünf, die sechs gegenüberstehen. Ich glaube nicht, dass die anderen Häuser ›Vernunft annehmen‹, wie Ihr es ausgedrückt habt. Falls eines von ihnen einen Zug macht, bevor offensichtlich ist, dass die Rosenkrone mir gehört, dann wird es gegen mich sein, nicht für mich.« Mit Glück würden jene Lords und Ladys davor zurückschrecken, sich mit Gaebrils Kumpanen abzugeben, aber sie verließ sich nicht gern auf das Glück. Sie war nicht Mat Cauthon. Licht, die meisten Leute waren davon überzeugt, dass Rand ihre Mutter getötet hatte, und nur wenige glaubten, dass »Lord Gaebril« einer der Verlorenen gewesen war. Den Schaden zu richten, den Rahvin in Andor hinterlassen hatte, würde vermutlich ihr ganzes Leben in Anspruch nehmen, selbst wenn sie es schaffte, so lange zu leben wie die Kusinen! Einige der Häuser würden sie nicht unterstützen wegen der entsetzlichen Dinge, die Gaebril in Morgases Namen getan hatte, andere wiederum nicht, weil Rand gesagt hatte, er wollte ihr den »Thron« geben. Sie liebte den Mann von ganzem Herzen, aber für diese Worte sollte er zu Asche verbrennen. Selbst wenn sie Dyelin in Schach hielten. Der geringste Kleinpächter Andors würde seine Sense ergreifen, um eine Marionette vom Löwenthron zu vertreiben!

»Dyelin, wenn es mir möglich ist, will ich verhindern, dass sich Andoraner töten, aber ob es hier um die Thronfolge geht oder nicht, Jarid ist zum Kampf bereit, obwohl Elenia eingesperrt ist. Naean ist zum Kampf bereit.« Am besten brachte man beide Frauen so schnell wie möglich nach Caemlyn; es war durchaus möglich, dass sie Nachrichten und Befehle aus Aringill herausschmuggelten. »Arymilla ist bereit, da sie Nasins Männer hinter sich hat. Für sie alle geht es hier um die Thronfolge, und man wird sie nur auf eine einzige Weise vom Kampf abhalten können – man muss so stark sein, dass sie es nicht wagen. Wenn Birgitte die Garde bis zum Frühling in ein Heer verwandeln kann, ist das gut, denn wenn ich bis dahin kein Heer habe, werde ich eines brauchen. Und wenn das noch nicht reicht, denkt an die Seanchaner. Sie werden sich nicht mit Tanchico und Ebou Dar zufriedengeben; sie wollen alles. Ich werde ihnen Andor nicht überlassen, Dyelin, und Arymilla ebenfalls nicht.« Über ihren Köpfen krachte der Donner.

Dyelin warf einen Blick auf Birgitte und befeuchtete sich die Lippen. Unbewusst zupfte sie an ihren Röcken herum. Es gab nur wenig, das ihr Angst einjagte, aber die Geschichten über die Seanchaner hatten es geschafft. Doch dann murmelte sie, als würde sie mit sich selbst sprechen: »Ich hatte gehofft, einen Bürgerkrieg verhindern zu können.« Und das bedeutete möglicherweise gar nichts, oder aber alles! Vielleicht würde etwas Nachhaken zutage bringen, was davon stimmte.

»Gawyn«, sagte Birgitte plötzlich. Ihre Miene hatte sich aufgehellt, das Gleiche galt für die Gefühle, die durch den Bund strömten. Erleichterung trat eindeutig hervor. »Wenn er kommt, wird er den Befehl übernehmen. Er wird dein Erster Prinz des Schwertes.«

»Muttermilch in einer Tasse!«, fauchte Elayne, und in den Fenstern flackerte das Licht eines Blitzschlags, als wollte er die Worte unterstreichen. Warum musste die Frau ausgerechnet jetzt das Thema wechseln? Dyelin zuckte zusammen und Hitze schoss in Elaynes Gesicht. Der weit offen stehende Mund der älteren Frau verriet, wie derb der Fluch gewesen war. Irgendwie war das auf seltsame Weise peinlich; dass Dyelin eine Freundin ihrer Mutter gewesen war, hätte eigentlich nichts ausmachen dürfen. Ohne nachzudenken nahm Elayne einen großen Schluck Wein – und der bittere Geschmack ließ sie fast würgen. Schnell unterdrückte sie das aufsteigende Bild Linis, die ihr drohte, den Mund mit Seife auszuwaschen, und rief sich ins Gedächtnis zurück, dass sie eine erwachsene Frau war, die einen Thron für sich gewinnen wollte. Sie bezweifelte, dass ihre Mutter sich je so oft so albern vorgekommen war.

»Ja, das wird er, Birgitte«, fuhr sie etwas ruhiger fort. »Wenn er kommt.« Drei Kuriere waren auf dem Weg nach Tar Valon. Selbst wenn keiner von ihnen es schaffte, an Elaida vorbeizukommen, würde Gawyn schließlich erfahren, dass sie ihren Thronanspruch geltend gemacht hatte, und er würde kommen. Sie brauchte ihn um jeden Preis. Sie hegte keinerlei Illusionen, wie sie als Befehlshaberin sein würde, und Birgitte hatte so viel Angst, den Legenden über sie nicht gerecht zu werden, dass sie manchmal davor zurückschreckte, es überhaupt zu versuchen. Sich einer Armee entgegenzustellen, das ja, aber eine Armee anzuführen, niemals!

Birgitte war sich der Verwirrung in ihrem Inneren durchaus bewusst. In genau diesem Augenblick war ihr Gesicht erstarrt, aber ihre Gefühle waren voller Verlegenheit und Selbsthass, und das Letzte wurde zusehends stärker. Elayne verspürte einen Anflug von Gereiztheit, aber dann öffnete sie den Mund, um Dyelins Bemerkung über einen Bürgerkrieg wieder aufzugreifen, bevor sie anfing, über Birgittes Wut nachzusinnen.

Doch bevor sie ein Wort äußern konnte, öffneten sich die hohen roten Flügeltüren. Ihre Hoffnung, dass es sich um Nynaeve und Vandene handelte, wurde beim Anblick zweier Meervolk-Frauen zerschlagen, die trotz des Wetters barfuß gingen.

Eine nach Moschus duftende Parfümwolke schwebte ihnen voraus; sie selbst boten eine Prozession aus Seidenhosen mit hellen Brokatmustern und Blusen, juwelenbesetzten Dolchen und Ketten aus Gold und Elfenbein. Und noch mehr Schmuck. Das glatte schwarze Haar, das sich an Renaile din Calons Schläfen weiß färbte, verbarg die zehn kleinen, massiven Goldohrringe, aber die Arroganz, die in ihren schwarzen Augen lag, war so deutlich zu sehen wie die mit Medaillons behängte Goldkette, die sich von einem Ohrring zu ihrem Nasenring spannte. Ihr Gesicht zeigte Entschlossenheit, und obwohl ihr Gang anmutig war, schien sie bereit zu sein, geradewegs durch eine Wand hindurchzugehen.

Zaida din Parede war fast eine Handbreit kleiner als ihre Begleiterin und hatte auf der linken Wange fast doppelt so viele goldene Medaillons hängen; sie strahlte eher Autorität denn Arroganz aus, die Gewissheit, dass man ihr gehorchte. Ihre dichten schwarzen Locken waren grau gesprenkelt, dennoch war sie atemberaubend, eine jener Frauen, die mit zunehmendem Alter immer schöner wurden.

Dyelin zuckte bei ihrem Anblick zusammen und hatte die Hand fast schon bis zur Nase erhoben, bevor sie sich bremsen konnte. Eine durchaus übliche Reaktion bei Leuten, die nicht an das Atha’an Miere gewöhnt waren. Elayne verzog das Gesicht, jedoch nicht wegen ihrer Nasenringe. Sie suchte nach einem anderen Fluch, der noch … kraftvoller war. Von den Verlorenen einmal abgesehen, hätte sie keine zwei Menschen benennen können, die in diesem Augenblick ungelegener kamen. Reene sollte eigentlich dafür sorgen, dass so etwas nicht geschah!

»Verzeiht«, sagte sie und erhob sich anmutig, »aber ich bin im Augenblick sehr beschäftigt. Staatsangelegenheiten, wisst Ihr, sonst würde ich Euch willkommen heißen, wie es Eurer Stellung entspricht.« Das Meervolk legte pedantisch auf Dinge wie Zeremoniell und Konventionen wert, zumindest, soweit es sie betraf. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie an der Haushofmeisterin vorbeigekommen, indem sie ihr einfach verschwiegen hatten, dass sie zu Elayne wollten, aber bevor die Krone ihr gehörte, würden sie daran Anstoß nehmen, im Sitzen begrüßt zu werden. Und sie konnte es sich nicht leisten, sie zu beleidigen. Birgitte erschien an ihrer Seite und verbeugte sich formell, um ihr den Becher abzunehmen; der Behüterbund vermittelte Vorsicht. In Anwesenheit des Meervolkes benahm sie sich immer sehr lebhaft; sie hatte sich auch in seiner Gegenwart versprochen. »Ich spreche später mit Euch«, sagte Elayne abschließend. Dann fügte sie noch hinzu: »Sofern es das Licht erlaubt.« Sie legten auch großen Wert auf zeremonielle Redewendungen und diese zeigte Höflichkeit und bot einen Ausweg.

Renaile ging einfach weiter, bis sie genau vor Elayne stand, und zwar viel zu nahe. Mit einer knappen Bewegung ihrer tätowierten Hand gab sie Elayne die Erlaubnis, sich zu setzen. Die Erlaubnis! »Ihr seid mir aus dem Weg gegangen.« Ihre Stimme war tief für eine Frau und dabei so kalt wie der Schnee, der aufs Dach fiel. »Vergesst nicht, ich bin die Windsucherin von Nesta din Raes Zwei Monde, der Herrin der Schiffe des Atha’an Miere. Ihr müsst den Rest des Vertrages erfüllen, den Ihr im Namen Eurer Weißen Burg getroffen habt.« Das Meervolk wusste von der Spaltung der Burg – mittlerweile wussten es alle –, aber Elayne hatte es für falsch gehalten, noch mehr Unruhe zu stiften, indem sie öffentlich bekannt gab, auf welcher Seite sie stand. Noch nicht. »Ihr werdet Euch mit mir befassen, und zwar auf der Stelle!«, verlangte Renaile im Befehlston. So viel zum Zeremoniell und den Konventionen.

»Ich glaube, sie wollte mir aus dem Weg gehen, nicht Euch, Windsucherin.« Verglichen mit Renaile klang Zaida, als würde sie lediglich Konversation betreiben. Statt über die Teppiche zu eilen, bewegte sie sich ganz gemütlich durch den Raum, blieb stehen, um eine hohe Vase aus dünnem grünem Porzellan zu berühren, und stellte sich auf die Zehen, um durch ein Kaleidoskop mit vier Zylindern auf einem hohen Ständer zu blicken. Als sie zu Elayne und Renaile hinüberschaute, lag ein amüsiertes Funkeln in ihren schwarzen Augen. »Schließlich ist der Vertrag mit Nesta din Raes geschlossen worden, die für die Schiffe spricht.« Zaida war nicht nur die Herrin der Wogen des Clans Catelar, sondern fungierte für die Herrin der Schiffe auch als Botschafterin. Für Rand, nicht für Andor, aber ihre Vollmacht verlieh ihr die Autorität, im Namen von Nesta zu sprechen und Verträge abzuschließen. Sie wechselte den vergoldeten Zylinder gegen einen anderen aus und stellte sich erneut auf die Zehenspitzen, um wieder durch das Okular zu blicken. »Elayne, Ihr habt dem Atha’an Miere zwanzig Lehrerinnen versprochen. Bis jetzt habt Ihr für eine gesorgt.«

Ihr Auftritt war so unvermutet, so dramatisch gewesen, dass Elayne erst jetzt überrascht auffiel, dass Merilille hinter sich die Tür schloss. Die Graue, die noch kleiner als Zaida war, trug ein elegantes dunkelblaues Wollgewand, dessen Säume mit silbernem Fell abgesetzt und auf dessen Oberteil kleine Mondsteine aufgestickt waren. Sie unterrichtete die Windsucherinnen nicht mal zwei Wochen, aber die Zeit hatte ihre Spuren hinterlassen. Bei den meisten handelte es sich um mächtige Frauen mit großem Wissensdurst, die mehr als nur bereit waren, Merilille wie eine Weintraube in der Weinpresse auszuquetschen, um auch den letzten Tropfen Flüssigkeit zu bekommen. Elayne war immer der Meinung gewesen, dass ihre Selbstbeherrschung so ausgeprägt war, dass sie nichts überraschen konnte, aber jetzt lief Merilille ständig mit weit aufgerissenen Augen und leicht geöffneten Lippen umher, als wäre sie gerade so überrascht worden, dass ihr Verstand nicht mehr mitkam und sie damit rechnete, jeden Augenblick erneut überrascht zu werden. Sie faltete die Hände in Höhe der Taille und blieb neben der Tür stehen, anscheinend erleichtert, nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.

Dyelin räusperte sich lautstark, stand auf und schaute sowohl Zaida wie auch Renaile stirnrunzelnd an. »Achtet auf Euren Ton«, knurrte sie. »Ihr seid jetzt in Andor, nicht an Bord eines Eurer Schiffe, und Elayne Trakand wird die Königin von Andor sein! Wenn die Zeit gekommen ist, wird der Vertrag schon erfüllt werden! Im Augenblick müssen wir uns um wichtigere Dinge kümmern.«

»Im Schein des Lichts gibt es nichts Wichtigeres«, erwiderte Renaile im gleichen Tonfall und wandte sich ihr zu. »Ihr behauptet, der Vertrag wird eingehalten? Dann garantiert Ihr auch dafür! Ihr sollt wissen, dass in den Rahen genug Platz sein wird, um Euch dort an den Füßen aufzuhängen, wenn …«

Zaida schnippte mit den Fingern. Das war alles, aber ein Zittern ging durch Renailes Körper. Sie schnappte sich das goldene Duftkästchen, das von einer ihrer Halsketten herunterbaumelte, drückte es an die Nase und atmete tief ein. Sie mochte die Windsucherin der Herrin der Schiffe sein, eine Frau, die unter den Atha’an Miere große Autorität und Macht besaß, aber für Zaida war sie bloß eine … Windsucherin. Was mächtig ihren Stolz verletzte. Elayne war überzeugt, dass es eine Möglichkeit geben musste, das auszunutzen, um sie sich vom Leib zu halten, aber bis jetzt hatte sie sie noch nicht gefunden. O ja, ob es ihr gefiel oder nicht, Daes Dae’mar steckte nun auch ihr in den Knochen.

Sie ging um die stumm ihre Wut bewältigende Renaile herum, als wäre sie eine Säule, ein Teil des Raums, trat aber nicht in Zaidas Richtung. Wenn einer der Anwesenden das Recht hatte, sich ungezwungen zu benehmen, dann sie. Sie durfte Zaida nicht den Hauch eines Vorteils gewähren, oder die Herrin der Wogen würde ihr den Kopf für die Perückenmacher kahl scheren. Sie blieb vor dem Kamin stehen und hielt die Hände den Flammen entgegen.

»Nesta din Raes hat darauf vertraut, dass wir unseren Teil des Vertrags erfüllen, sonst hätte sie nie darin eingewilligt«, sagte sie ruhig. »Ihr habt die Schale der Winde zurückerhalten, aber neunzehn weitere Schwestern zusammenzubekommen, die sich Euch anschließen, erfordert Zeit. Ich weiß, dass Ihr Euch Sorgen um die Schiffe macht, die beim Eintreffen der Seanchaner in Ebou Dar waren. Lasst Renaile ein Wegetor nach Tear öffnen. Dort befinden sich Hunderte Schiffe des Atha’an Miere.« Das besagte jeder Bericht. »Ihr könnt Euch bei ihnen informieren und zu Eurem Volk zurückkehren. Sie werden Euch gegen die Seanchaner brauchen.« Und sie wäre sie los. »Man wird Euch die anderen Schwestern schicken, sobald man es arrangieren kann.« Merilille rührte sich nicht von der Tür fort, aber bei der Vorstellung, die einzige Schwester beim Meervolk zu sein, nahm ihr Gesicht einen grünen Schimmer an.