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Captain Jeff Austin und seine Crew stranden im interstellaren Leerraum, nachdem ihr Bomber bei einem Einsatz schwer beschädigt wurde. Ihre letzte Hoffnung ist ein riesiges außerirdisches Raumschiff, das scheinbar verlassen zwischen den Sternen treibt und sie bahnen sich einen Weg hinein. Doch bald wird die Befürchtung zur Gewissheit: Sie sind an Bord nicht alleine. Schon bald bedrohen unheimliche Wesen die Gestrandeten. Es scheint nur einen Ausweg zu geben und Jeff macht sich mit den letzten Überlebenden auf den Weg zum weit entfernten Zentrum des Schiffes, um dem finsteren Geheimnis der Außerirdischen auf die Spur zu kommen. Doch nichts kann sie auf das Grauen vorbereiten, auf das sie in den Tiefen des schwarzen Schiffes stoßen.
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»Noch fünf Minuten. Alle auf die Stationen! Ab sofort herrscht Gefechtsbereitschaft.«
Jeff zuckte bei den Worten seines Kommandanten zusammen. Er schloss die Augen. Das Blut pulsierte in seinen Adern. Sein Puls musste jenseits von Gut und Böse sein.
Jetzt wird es ernst! Ob ich in zwanzig Minuten noch lebe?
Seine Hände verkrampften sich derart um die Armlehne seines Sitzes, dass es schmerzte. Jeff öffnete die Augen wieder und starrte auf den Holoschirm vor sich. Eine Meldung des Computers bestätigte die Einsatzbereitschaft der Schiffsysteme. Er löste den Griff um die Armlehne und langte nach vorne, um die Meldung zu schließen. Seine Hand zitterte, als hätte er Schüttelfrost. Nur mit Mühe gelang es ihm, das kleine Feld auf dem Touchscreen zu erwischen.
Ich will nicht sterben!
Er musste sich beruhigen. Wenn er durchdrehte, nutzte das niemandem – am Allerwenigsten ihm selber.
Jeff spürte eine warme Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich herum und blickte in Major Irons’ Gesicht. Sein Kommandant lächelte aufmunternd. »Nur die Ruhe. Wir werden es schaffen.«
Jeff beruhigte sich etwas. Wenn es einen lebenden Beweis gab, dass man selbst die gefährlichsten Missionen überstehen konnte, dann war es Major George Irons. Der Mann war gerade mal achtunddreißig Jahre alt, sein Gesicht war aber so verwittert wie das eines alten Mannes. Narben durchzogen die linke Gesichtshälfte, wo glühende Metallteile eingedrungen waren, nachdem sein Schiff vor drei Jahren von einer kinetischen Waffe getroffen worden war. Eine weitere Narbe führte vom fliehenden Haaransatz über die Stirn und endete irgendwo unter der schwarzen Augenklappe. Das Messer eines Kontrahenten war so tief in den Sehnerv eingedrungen, dass selbst die moderne Regenerationsmedizin nichts mehr hatte ausrichten können.
Beim gemeinsamen Training hatte Jeff schon zu Beginn seines Kommandos bemerkt, dass sein Kommandant ein einziges Lehrbuch war, was Kämpfe im Weltraum mit dem Körper eines Menschen anstellen konnten. Über zwanzig Jahre lang war der Major schon in Kampfhandlungen verwickelt gewesen. Er hatte als Infanterist in Raumanzügen auf unwirtlichen Planeten gekämpft, bevor er sich freiwillig als Bomberkommandant der solaren Raumflotte gemeldet und dann dutzende von Einsätzen überlebt hatte, während die meisten seiner Freunde und Kameraden in dem einen oder anderen Krieg draufgegangen waren.
Jeff fühlte tiefe Dankbarkeit, dass der Major selbst in einer solchen Situation Trost spendete und zwang sich ein Lächeln auf. Dann nickte er schwach und wandte sich wieder seiner Konsole zu. Hinter den schmalen Fenstern war nur das konturlose Schwarz des Hyperraums erkennbar, aber das würde womöglich in einigen Minuten durch eine flammende Hölle ersetzt werden.
»Captain Austin«, begann sein Kommandant. »Würden Sie bitte den Status der einzelnen Stationen abfragen?«
Jeff holte tief Luft. Natürlich würde er das tun - es war seine Aufgabe und er hatte diese Situation in hunderten von virtuellen Simulationen trainiert. Aber selbst die beste Simulation konnte nicht die unmittelbar bevorstehende Gefahr eines gewaltsamen Todes vortäuschen.
Er seufzte und aktivierte das Mikro. »Letzte Statusabfrage vor Einsatzbeginn. Bestätigen Sie Gefechtsbereitschaft Ihrer Station.« So sehr Jeff sich auch konzentrierte, er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme zitterte. Er wartete auf das Gelächter Owens’, der mit den anderen Offizieren hinter ihm saß, aber selbst der hatte in dieser Situation Besseres zu tun, als sich wieder mal über ihn lustig zu machen.
»Navigation?«, fragte Jeff.
»Alle Systeme Go. Einsatzbereitschaft«, bestätigte Joanne in seinem Rücken.
»Engineering?«
»Mannschaft auf Position. Systeme einsatzbereit«, sagte Dave Green.
»Waffensysteme?«
»Fertig zum Arschaufreißen!«
Jeff verdrehte die Augen. Er wollte gerade die nächste Station aufrufen, als der Major neben ihm auf seine Sprechtaste hieb. »Machen Sie eine ordentliche Meldung, Leutnant Castles!«, sagte er mit ruhigem, aber eisigem Tonfall.
Jeff meinte, ein Schlucken aus dem Lautsprecher zu hören. »Waffensysteme einsatzbereit«, krächzte Castles schließlich.
Jeff schüttelte sachte den Kopf und fuhr dann fort. »Kommunikation?«
»Einsatzbereit«, antwortete Owens mit seiner hohen Stimme.
»Ortung?«
»Ortungssysteme bereit für Gefecht!«, sagte Herrmannsson.
Jeff wandte sich an seinen Kommandanten. »Sir, alle Stationen melden Gefechtsbereitschaft. Bordcomputer bestätigt Schiff in gutem Zustand. Die I.S. Charon ist bereit zum Gefecht.«
»Gut, danke. Computer: Logbucheintrag zur Gefechtsbereitschaft um zwölf Uhr achtunddreißig UT. Austritt aus Hyperraum planmäßig in drei Minuten und zwanzig Sekunden.«
Der Kommandant legte einen Schalter auf seiner Konsole um und betätigte dann wieder die Sprechtaste. »Nachdem der förmliche Teil nun hinter uns liegt, erlaube ich mir noch einige persönliche Worte.« Irons machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. »Das Acheron-System ist sicher gut bewacht, also ist mit Widerstand zu rechnen. Immerhin haben wir fünf Bomber, auf die sich ihre Verteidigungsmaßnahmen verteilen müssen.«
Fünf Schiffe nur! Jeff schüttelte den Kopf. Andere Systeme wurden mit bis zu hundert Bombern und zusätzlichen Begleitjägern angegriffen, aber der Arkturus-Sektor war in diesem unnützen Krieg ein absoluter Nebenschauplatz. War ein System dann aber doch stärker bewacht als vom militärischen Geheimdienst gemeldet, konnte die gesamte angreifende Flotte zerrieben werden, bevor die Bomber auch nur eine Chance hatten, wieder einen Eintrittspunkt in den Hyperraum zu erreichen. Und es gab keine Garantie, dass das hier bei Acheron nicht auch so laufen würde.
»Wie dem auch sei«, fuhr Irons mit seiner kurzen Ansprache fort, »wir werden unseren Auftrag erfüllen und alles dafür tun, unsere Quagmabombe ins Ziel zu bringen. Sollte nur ein einziger Bomber durchkommen, dann haben wir dieses System gesäubert und der Sieg gegen die Allianz ist wieder ein Stück näher gerückt. Je eher wir diesen Krieg beenden, desto schneller können wir nach Hause gehen.«
Jeff hatte seine Zweifel, dass das sehr bald sein würde.
»Ich erwarte von jedem Besatzungsmitglied einen kühlen Kopf und höchsten Einsatz bei dieser Mission. Wenn wir die Nerven behalten und zusammenarbeiten, werden wir die nächste Stunde überleben, unseren Auftrag ausführen und können heute Abend auf Sigma-7 zusammen anstoßen. Das Bier geht dann auf mich.«
Jeff hörte ein gekünsteltes Kichern von den Stationen hinter sich, konnte aber nicht sagen, ob es von Owens oder Herrmannsson kam.
»Noch anderthalb Minuten bis zur Ankunft im Acheron-System. Möge Gott mit uns sein«, schloss Irons seine Ansprache.
»Anzüge überprüfen und Helme schließen«, schob der Major nach.
Jeff griff an die Anzugsteuerung an seinem linken Unterarm und berührte ein blaues Feld. Ein grünes Licht leuchtete als Hologramm vor seinem Gesicht auf und bestätigte die Einsatzbereitschaft seines Kampfanzugs.
Die Mark-VI-Anzüge waren Wunderwerke der modernen Militärtechnik. Flexibel und weich passten sie sich den Bewegungen des Körpers an. In einer normalen Atmosphäre atmungsaktiv, verdichteten sich die Fasern im Vakuum, sodass sie auch als Raumanzug genutzt werden konnten. Im deaktivierten Zustand war der Helm wenig mehr als eine kaum zu spürende Kapuze im Nacken.
Um Jeffs Hüfte lag ein enger Gürtel mit seiner Pistole im Halfter und einigen Ausrüstungsgegenständen, darunter sein persönlicher Handheldcomputer in einem eigenen Fach.
Jeff drückte einen weiteren Knopf, und die Kapuze wurde aufgebläht, legte sich um seinen Kopf und verband sich mit dem schmalen Matallring am Hals. Ein leises Zischen zeugte von der Aktivierung des Lebenserhaltungssystems.
Jeff fixierte den Zeitgeber auf seiner Konsole. Es war, als würde die Uhr den letzten Countdown bis zu seinem Tod herabzählen, und sein Puls beschleunigte sich wieder. Die Minute dehnte sich, als wären sie in die Umgebung eines Schwarzen Loches geraten. Es gab nichts mehr zu tun oder zu besprechen. Sie hatten alle Vorbereitungen getroffen, jetzt blieb ihnen nur noch, abzuwarten, welche Verteidigungsmaßnahmen Acheron getroffen hatte und was sie ihnen nach Austritt aus dem Hyperraum entgegenwerfen konnten.
Jeff waren die Gerüchte in den letzten Tagen in der Offiziersmesse nicht entgangen. Drei komplette Bomberverbände waren und blieben nach ihrem Abflug zu Stützpunkten im Lambda-Sektor verschwunden. Irgendjemand verbreitete die Hypothese, dass die Allianz ein Gerät zur zuverlässigen Vorhersage der Austrittspunkte herannahender Kampfverbände entwickelt hatte, und dass die Bomber unmittelbar beim Verlassen des Hyperraums durch eine Gravitationsmine vernichtet wurden. Jeff hatte das Gerede als Unsinn abgetan, aber was war, wenn doch etwas dran war? Dann war das Ende des Krieges bereits absehbar und Jeff gehörte nicht zur Gewinnerseite. Das konnte ihm aber auch egal sein, weil er in einer Minute tot sein würde.
Jeff blickte wieder zur Uhr. Noch dreißig Sekunden. Die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Warum hatte er sich bloß freiwillig beim Militär verpflichtet? Er hätte auf Luna bleiben und den Betrieb seiner Eltern übernehmen können. Aber das war ihm ja nicht gut genug gewesen. Er hatte eine andere Zukunft für sich gewollt, als in den Fabriken der Raumflotte die Produktion von Subsystemen zu überwachen. Nun hatte er womöglich gar keine Zukunft mehr vor sich. Andererseits - wer hätte mit dem Ausbruch eines solch großen Krieges rechnen können?
Immerhin hatte Jeff nun die Chance, den Tod seines Vaters zu rächen. Endlich konnte er den Schweinen der Allianz die Rechnung für ihre Kriegsverbrechen präsentieren.
»Noch zehn Sekunden«, sagte Major Irons in das Mikrofon.
Jeff legte die Hände auf die Konsole, um im Bedarfsfall alle Schaltflächen schnell erreichen zu können.
»Fünf.«
Jeff holte ein letztes Mal tief Luft.
»Vier.«
Das Blut rauschte in seinen Ohren wie die Wasserfälle von New Paris.
»Drei.«
Wenn er draufging, dann hoffentlich schnell.
»Zwei.«
Bloß nicht in einem zerschossenen Wrack eingeschlossen mit schwindenden Sauerstoffvorräten der Ewigkeit entgegentrudeln.
»Eins.«
Gott, bitte lass mich leben!
Es gab einen Ruck, als die Charon ihre Casimir-Felder abbaute und Jeff musste blinzeln, als die blaue Sonne Acheron vor ihm im Fenster auftauchte. Er verkrampfte sich unwillkürlich, wartete auf die Explosion einer Gravitationsmine.
»Captain Austin!«, sagte Major Irons leise, aber bestimmt.
Er musste sich zusammenreißen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Jeff griff nach dem Mikroschalter. »Ortung, Meldung!«, sagte er heiser.
»Nahbereich frei von Kontakten. Systemortung läuft!«, antwortete Finni.
Immerhin keine Minen!
»Navigation?«, fragte Jeff.
»Erste Abschätzung meldet Austrittspunkt innerhalb des Toleranzbereichs. Ich habe Acheron-4 auf dem Schirm, und zwar ungefähr da, wo der Planet sein sollte«, sagte Joanne.
»Liegt schon eine Navigationslösung für das Perihel-Manöver vor?«
»Der Computer arbeitet noch.«
»Melden Sie sich sofort, wenn eine Lösung vorliegt!«
»Jawohl, Sir«, sagte die blonde Navigatorin, die auch als Sanitäterin fungierte.
»Waffenoffizier?«
»Sir?«, fragte Castles.
»Bereiten Sie Quagmabombe für den Einsatz vor.«
»Verstanden. Ich initiiere die Ausschleusungssequenz.«
Jeff nickte und blickte auf die blaue Sonne, die langsam größer wurde, während sie sich ihr mit einem hohen Prozentsatz der Lichtgeschwindigkeit näherten.
Das Prozedere war Standard und sie hatten es in hunderten von Simulationen trainiert. Jeff war als Ausführender Offizier für die Durchführung verantwortlich, um seinen Kommandanten zu entlasten, der über alles den Überblick behielt.
»Navigationslösung liegt vor«, meldete Joanne. »Vier Minuten, zehn Sekunden bis zum Zentralgestirn. Perihelmanöver dauert mit acht g Beschleunigung drei Minuten und achtzehn Sekunden. Ablenkung um vier Komma fünf Grad. Zeit bis zum Ziel nach Manöver: sechs Minuten und zwanzig Sekunden.«
Das entsprach den vor dem Einsatz berechneten Werten. Sie hatten ihren Hyperraumflug hervorragend geplant und waren dicht am errechneten Austrittspunkt in das System gelangt.
»Was ist mit den anderen Bombern?«, fragte Major Irons. Eine leichte Spur von Ungeduld lag in seiner Stimme.
»Funker?«, fragte Jeff, als nach einigen Sekunden noch keine Antwort zu hören war.
»Ich empfange den Richtfunk von drei Schiffen«, meldete Owl zögerlich. Wahrscheinlich bekam er die Daten gerade erst rein. Die anderen Bomber drangen mit unterschiedlichen Kursen in das System ein und würden mit der Charon erst nach dem Perihel-Manöver einen Bomberverband bilden. »Ich empfange die Boston, die Spider und die Neptun.«
»Was ist mit der Atlantic?«, fragte Irons.
Owl seufzte. »Ist nicht im Toleranzbereich ihres Eintrittspunktes aufgetaucht.«
Jeff presste die Lippen aufeinander. Entweder, die Atlantic hatte ihr Manöver nicht korrekt geplant, oder es gab nun ein weiteres Schiff, dessen Antrieb in einem kritischen Moment versagt hatte und das bis in alle Ewigkeit im Hyperraum der Unendlichkeit entgegenraste. Der verdammte Krieg ließ einfach nicht genug Zeit für eine ordentliche Qualitätskontrolle der Casimir-Konverter.
»Wir setzen unseren Anflug wie geplant fort«, entschied der Major. Nicht, dass Jeff etwas anderes erwartet hätte.
»Quagma-Kern ist aus dem Speicher entnommen und in den Flugkörper eingesetzt«, meldete Castles.
»Gut, Bombenluke öffnen und Bombe ausschleusen!«, sagte Jeff.
»Verstanden.«
»Ich empfange einen starken Tachyonen-Puls«, meldete Finni mit sich überschlagender Stimme.
»In Ordnung, sie haben uns geortet«, sagte Irons. »Etwas früher als erhofft, aber damit mussten wir rechnen. Sie versuchen, unsere Flugbahn vorherzusagen. Nach dem Perihel-Manöver müssen wir mit starken Verteidigungsmaßnahmen rechnen.«
Jeff hatte gehofft, dass sie bis zuletzt unentdeckt bleiben würden, aber er wusste selbst: Das war nur eine schwache Hoffnung gewesen. Er blickte auf das Lageholo vor sich, das ihm eine maßstabsgetreue Abbildung des Acheron-Systems lieferte. Eine geschwungene, grüne Flugbahn führte von ihrem Austrittspunkt zur Sonne, wo die Kurve einen scharfen Knick machte und von da aus zu einer kleinen blauen Kugel führte. Er wartete auf das Auftauchen von roten Punkten: Raketen, die ihnen entgegen hetzten. Noch blieb alles ruhig. Doch entging ihm nicht, dass die blaue Sonne draußen vor den Fenstern rapide anwuchs. Es würde nicht mehr lange dauern bis zu ihrem Perihel-Manöver.
»Quagmabombe ausgeschleust. Magnethalterung bereit zum Abwurf«, sagte Castles.
Irons grunzte zufrieden.
»Bestätige. Bombe bereit zum Abwurf. Warten Sie auf das Kommando«, sagte Jeff.
»Ortung!«, keuchte Finni. »Ich habe eine Vielzahl von kleinen Objekten, die den Orbit von Acheron-4 verlassen. Sehr hohe Beschleunigung.«
»Das sind Raketen«, sagte Irons grimmig. »Wie viele?«
»Ich kann es nicht genau sagen. Ich habe widersprüchliche Signale. Sie fliegen sehr eng nebeneinander. Mindestens vier Dutzend. Sie bewegen sich auf die Sonne zu.«
Natürlich taten sie das! Die Raketen würden sie nach dem Perihelmanöver abfangen, wenn sie Kurs auf das Ziel nahmen.
»Vier Dutzend!«, flüsterte Joanne. »Das sind verdammt viele! Wenn sie über Artemis-Zielvorrichtungen verfügen, dann sind wir erledigt!« Die Panik in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
»Die Aufklärung hat gemeldet, dass im Acheron-System keine Artemis-Ortungssysteme registriert wurden«, kommentierte der Major. »Jetzt bewahren Sie bitte die Ruhe und konzentrieren sich auf Ihre Arbeit!«
»Ja, Sir!«
»Die Kontakte sind vom Schirm verschwunden«, meldete Finni.
Irons schnaubte. »Das war zu erwarten«, sagte er. »Die Raketen haben ihre Beschleunigungsphase beendet und die Triebwerke abgeschaltet. Sie werden eine neue Erfassung vornehmen, sobald wir Kurs auf das Ziel genommen haben. Wenn sie ihre Triebwerke erneut zünden, dann wenige Sekunden, bevor sie uns um die Ohren fliegen.«
Jeff blickte auf seinen Holoschirm. »Noch eine Minute bis zum Perihel-Manöver!«, meldete er.
»Wo sind die anderen Bomber?«, fragte Irons.
»Die Spider und die Neptun sind genau auf Kurs für den Treffpunkt im Perihel«, sagte Finni. »Die Boston ist etwas zurückgefallen.«
»Was heißt etwas?«, fragte Jeff.
»Ungefähr zwölf Millionen Kilometer. Sie werden das Perihel etwa fünfundzwanzig Sekunden nach uns erreichen.«
Irons stöhnte. »Das ist zu viel, um es mit dem Manöver auszugleichen. Die Boston ist also verloren.«
Jeff schluckte hart. Er wusste es selber. Die Flugbahn der Boston würde zwangsläufig der der anderen Bomber folgen. Der Feind wusste also genau, an welchen Punkt er seine kinetischen Waffen schleudern musste, um die Boston zu zerstören. Sie hatte nur noch eine Chance.
»Soll ich der Boston befehlen, abzudrehen?«, fragte Jeff.
Irons seufzte. »Wir brauchen die Bombe der Boston. Der Stützpunkt auf Acheron-4 muss zerstört werden, sonst kann die Offensive im Lambda-Sektor nicht fortgesetzt werden.«
Jeff presste die Lippen aufeinander. Irons hatte die Mission der Boston in ein Selbstmordkommando verwandelt. Aber Jeff wusste, dass der Major recht hatte. Wenn einer der Stützpunkte im Lambda-Sektor nicht zerstört wurde, würde ihre Infanterie Gefahr laufen, durch Bomber der Allianz vernichtet zu werden. Jeff zweifelte nicht daran, dass Irons auch dann den Anflug fortgesetzt hätte, wenn ihr eigenes Schiff zurückgefallen wäre. »Funker, geben Sie Befehl an die Boston, den Anflug auf Acheron-4 wie geplant fortzusetzen«, leitete er den Befehl weiter.
»Verstanden!«, sagte Owl mit bitterer Stimme.
Jeff konnte nicht sehen, welche Miene sein Kamerad hinter ihm machte, während er an seiner Konsole dem Begleitschiff das verhängnisvolle Kommando gab.
»Perihel-Manöver in zehn Sekunden«, sagte Joanne.
»In Ordnung«, sagte Jeff. »Position für Hoch-G-Manöver einnehmen.«
Er rückte sich zurecht, bis er tief in seinem Kontursessel saß, legte die Hände auf die Armstützen und achtete darauf, dass sein Kopf in der entsprechenden Mulde seiner Rückenlehne lag.
»Fünf, vier, drei, zwei, eins ...«, zählte Joanne.
Es war, als hätte ihm jemand einen Amboss auf die Brust geworfen. Zischend entwich die Luft aus seinen Lungen, als die schweren Antimaterietriebwerke zündeten. Mit acht g wurde er in seinen Sessel gepresst. Das Atmen fiel ihm schwer. Sterne tanzten vor seinen Augen.
»Hochfahren der Triebwerke nach Plan«, ächzte Joanne. »Perihel-Manöver noch genau drei Minuten.«
Jeff versuchte, seinen Arm zu heben, aber es gelang ihm nicht. Mit quälender Langsamkeit veränderte sich die Lage des Schiffsvektors auf dem Navigationsholo. Jeff blickte aus dem Fenster. Die blaue Sonne Acheron wuchs immer noch an, bis sie nicht mehr ins Fenster passte. Sie kamen der Oberfläche so nahe, dass Jeff meinte, seine Hände in das Sonnenfeuer tauchen zu können. Sie passierten Schichten der Sonne, die tausende von Grad heiß waren, aber das war nichts gegen die Reibungshitze, die manche Teile des immer noch fast mit Lichtgeschwindigkeit fliegenden Schiffes zu ertragen hatten. Länger als einige Sekunden konnte die Schiffshülle der thermischen Belastung nicht standhalten.
»Passieren Perihel«, sagte Joanne. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Krächzen.
Die Sonne wanderte vor den Fenstern immer weiter nach links, bis sie hinter ihnen verschwunden war.
»Noch eine Minute«, sagte Joanne.
Der Vektor des stilisierten Schiffes auf dem Hologramm veränderte nun kaum noch seine Richtung und zeigte auf ein blaues Symbol. Ihr Ziel. Acheron-4. Durch das Fenster konnte Jeff einen winzigen blauen Punkt erkennen, der von rechts heranrückte und genau vor ihnen zum Stillstand kam. Der Planet mit dem feindlichen Stützpunkt war noch über hundertvierzig Millionen Kilometer entfernt, aber sie rasten mit fast Lichtgeschwindigkeit auf ihn zu und würden ihn in weniger als sieben Minuten passieren. Wenn alles glattging, würde es ihn kurz darauf nicht mehr geben.
Schlagartig ließ der Andruck nach und Jeff saß wieder mit einfacher Schwerkraft in seinem Sitz. Er atmete tief ein und wieder aus, dann drückte er auf die Sprechtaste. »Navigation, Status!«
»Perihel-Manöver beendet. Wir sind genau auf Kurs. Erreichen Acheron-4 in sechs Minuten und zehn Sekunden.« Joanne schnaufte.
»Die anderen Schiffe?«, fragte Irons.
»Die Neptun und die Spider haben ihr Manöver ebenfalls beendet und sind längsseits auf etwa zweihunderttausend Kilometer. Die Boston ist noch im Manöver.«
»Die Raketen!«, schrie Finni. »Vor uns! Sie zünden wieder ihre Triebwerke!«
Jeff blickte unwillkürlich nach vorne durch die Fenster. Aber natürlich konnte er dort nichts erkennen. Nur Finni mit seinen Ortungssystemen sah die Todbringer.
»Sie sind wieder weg«, berichtete der Radartechniker.
»Sie haben ihre Flugbahn an unser Perihelmanöver angepasst«, sagte Irons. »Zeit bis zur Ankunft der Flugkörper?«
»Ungefähr zwei Minuten«, flüsterte Finni.
»Reden Sie laut und deutlich, verdammt nochmal!«, befahl Irons, ohne seine Stimme zu erheben.
»Lassen Sie uns die Bombe abwerfen und das Ausweichmanöver beginnen!«, forderte Dave Green.
»Es ist zu früh«, antwortete Irons. »Behalten Sie gefälligst die Nerven.«
»Ich sehe hier Detonationen von Wasserstoffbomben im Orbit von Acheron-4«, meldete Finni. »Sie sind sehr stark.«
»Verdammt«, fluchte Irons. »Ich hätte es nicht gedacht, aber sie haben kinetische Waffen stationiert.«
Jeff schluckte. Die Raketen waren schon gefährlich genug, aber der Schrott, der ihnen nun mit fast Lichtgeschwindigkeit entgegenflog, würde das Raumschiff durchsieben wie Schrotkugeln einlagiges Toilettenpapier.
»Eine Minute bis Ankunft der Raketen!«, meldete Finni.
Jeff antwortete nicht. Es gab nichts weiter zu sagen und nichts weiter zu tun. Sie konnten nur warten. Auf den Tod oder das Leben - es gab nur diese beiden Möglichkeiten. Die nächsten fünf Minuten waren wie eine Partie russisches Roulette, bei der er sich mit zwei Kugeln in der Kammer die Pistole an die Schläfe setzte und zweimal abdrücken musste. Zuerst die Raketen, dann der Schrott.
»Dreißig Sekunden.«
Jeffs Hände verkrampften sich um die Armlehnen. Die ganzen Simulationen und Trainings ... nichts konnte einen Menschen auf diese Todesangst vorbereiten. Er hob den Kopf und schaute wieder aus dem Fenster. Da war nur der blaue Punkt von Acheron-4.
Die Uhr tickte unerbittlich den Countdown herunter. Jeden Moment musste es soweit sein. Auf der Brücke war es so still, als hätte die Zeit selbst den Atem angehalten. Nur das dumpfe Pochen seines eigenen Pulses schallte durch seine Ohren.
Plötzlich wurde es blendend hell. Jeff kniff die Augen zusammen, aber das helle Licht strahlte durch seine geschlossenen Augenlider. Tränen liefen seine Wangen hinab. Eine der Raketen musste direkt vor ihnen detoniert sein. Jeff zwang sich, die Augen wieder zu öffnen. Die Helligkeit hatte geringfügig nachgelassen, aber er hatte trotzdem Mühe, etwas zu erkennen. Vor ihnen war eine neue Sonne entstanden. Hellgelb, fast weiß, blendend heiß stand sie im Raum und sie jagten mit mörderischer Geschwindigkeit darauf zu - ohne jede Chance, ausweichen zu können. Schon tauchten sie in den blendenden Ball aus sonnenheißem Plasma.
»Kühlsysteme auf maximale Leistung!«, brüllte Irons.
»Verstanden!«, krächzte Green.
Es knallte laut in der Kabine und Jeff wurde in seinem Sessel hin und her geworfen. Irgendwo musste die Kühlung versagt haben. Aber das System war nach dem Perihel-Manöver sowieso überlastet.
»Plasmaeinbruch! Wir haben Stabilisator Nummer drei verloren!«, schrie Green. »Ich schotte die Sektion ab!«
Jeff nickte. Wenigstens befand sich dort jetzt niemand.
»Verstanden«, antwortete Irons.
Dann wurde es wieder dunkel vor den Fenstern. Sie hatten die Plasmawolke verlassen. Auf Backbord standen weitere expandierende Sonnen im Raum, aber zu weit abseits, um ihnen gefährlich zu werden.
»Ich orte vierundvierzig Detonationen«, sagte Finni. »Die meisten sind hinter uns explodiert. Ich glaube, die Raketen haben wir überstanden.«
Jeff presste die Lippen zusammen. Zum Aufatmen war es zu früh.
»Ich empfange keine Signale mehr von der Neptun«, sagte Owl. Seine Stimme war kaum zu hören.
»Ortung?«, fragte Jeff.
»Ja, ich sehe es«, antwortete Finni. »Eine der Detonationen war genau in der Flugbahn der Neptun. Es muss sie erwischt haben.«
Es hätte uns genauso erwischen können! Wären sie nur etwas früher in den Plasmaball der detonierenden Rakete gerast, dann wären von der Charon nur noch Atome übrig geblieben. Sie wären tot gewesen, bevor sie auch nur registriert hätten, dass sie getroffen worden waren.
»Ortung!«, sagte Major Irons. »Können Sie abschätzen, wann uns der Schrott der kinetischen Waffe erreicht?«
»Nein«, antwortete Finni sofort. »Wir haben nicht genug Daten, um aus der Stärke der Detonationen die Geschwindigkeit des Schrotts, den sie uns entgegen geschossen haben, zu berechnen. Wir könnten ihn aber jeden Moment passieren.«
»Wie lange noch bis zum Ziel?«, fragte Jeff.
»Zweieinhalb Minuten«, sagte Joanne. »Wir müssen die Bombe bis zweiundsechzig Sekunden vor Ankunft abwerfen, um anschließend die Sicherheitsdistanz erreichen zu können.«
»Gut«, sagte Irons. »Waffenoffizier, bereiten Sie die Bombe ...«
Die Hölle brach los. Ein fürchterliches Krachen schallte in Jeffs Ohren. Splitter flogen kreuz und quer durch die Brücke. Ein heftiger Schmerz durchzuckte seinen Arm, als ihn ein Trümmerstück streifte. Alarmsirenen jaulten. Hinter ihm schrie Green auf. In Jeffs Ohren ploppte es. Nebel bildete sich in der Kabine. Der Luftdruck sank.
»Schadensmeldung!«, brüllte Irons.
Jeff blickte an seinem Arm herunter und entdeckte rote Flecken, die sich durch seinen Kampfanzug drückten, bevor die automatische Versiegelung einsetzte.
»Wir sind getroffen«, schrie Green.
»Das weiß ich selber«, sagte Irons. »Geben Sie mir eine ordentliche Schadensmeldung!«
Sie mussten die Front aus Schrott passiert haben. Niemand konnte wissen, wie viele Metallsplitter das Schiff durchsiebt hatten.
»Wir verlieren Druck in den Sektionen eins und vier. Einige Löcher sind zu groß, als dass das Gel zwischen den Rumpflagen sie verschließen kann«, meldete Green.
»Darum kümmern wir uns später. Weiter!«
»Einer der Antimateriespeicher muss auch etwas abbekommen haben. Die Spannung in Penning-Falle fünf sinkt.«
»Sinkt? Wie sehr?«, fragte Irons.
»Zu sehr! Wenn das so weiter geht, ist die Spannung in fünf Minuten auf Null.«
»Sonst noch was?«
»Zahlreiche Schäden an nicht-kritischen Systemen.«
»Der Hyperraumantrieb?«
»Scheint unbeschädigt.«
Scheint ...
»In Ordnung. Schicken Sie Ihre Männer zu der Penning-Falle! Waffenoffizier!«
»Sir?«
»Stoßen Sie die Bombe ab!«
»Jawohl«, sagte Castles. »Bombe abgestoßen.«
»Leutnant Rutherford, leiten Sie Ausweichmanöver ein!«
Jeff wurde wieder tief in seinen Sitz gepresst, als die Triebwerke zündeten. Immerhin hatte der Hauptantrieb den Angriff überstanden. Sonst wären sie jetzt gemeinsam mit der Bombe auf den Zielplaneten zugestürzt.
»Was ist mit den anderen Schiffen?«, ächzte Irons.
»Die Boston meldet: Ihre Bombe ist ebenfalls abgestoßen«, sagte Owl. »Ich sehe, dass sie ihr Ausweichmanöver begonnen hat.«
»Was ist mit der Spider?«
»Die Spider ist verschwunden. Aber ich empfange den typischen Gammablitz einer Antimaterieexplosion.«
Scheiße! Ein Splitter der Schrottfront musste die Antimaterietanks direkt getroffen haben.
»Immerhin haben wir zwei Bomben ins Ziel bringen können«, sagte Irons ohne jede Emotion in der Stimme. »Hoffen wir, dass wir nicht zwei Blindgänger haben.«
Trotz der hohen Triebwerksleistung stand der blaue Punkt von Acheron-4 immer noch genau vor ihnen in den Cockpitfenstern. Aber er war seit dem Perihel-Manöver deutlich heller geworden.
»Noch dreißig Sekunden, bis wir das Ziel passieren«, sagte Joanne. »Eins Komma zwei Millionen Kilometer.«
Plötzlich gab es einen lauten Knall und Jeff wurde nach vorne gegen seine Konsole geworfen. Eine Alarmsirene jaulte schrill auf.
»Status!«, forderte Irons.
»Die Backbord-Gondel ist weg«, schrie Green. »Sie ist einfach verschwunden.«
Somit hatten sie die Hälfte ihrer Ortungskapazitäten verloren.
»Der Atmosphärensensor misst Spuren von Uran und Thorium«, meldete Finni. »Sie müssen mit einem Partikelbeschleuniger auf uns geschossen haben!«
»Der Partikelstrahl kann uns nur gestreift haben, sonst wäre die Charon jetzt Geschichte«, erklärte Jeff. Der Nachrichtendienst hatte im Briefing gesagt, dass ein Stützpunkt dieser Größe wahrscheinlich nicht mit Partikelwaffen ausgerüstet sei. Aber es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass die Agenten sich täuschten. Glück gehabt! Jeff hoffte nur, dass sie Acheron-4 passiert hatten, bevor der Feind seinen Beschleuniger nachladen konnte.
»Die Boston ist vom Radar verschwunden«, kreischte Finni hysterisch.
Guter Gott!
Das konnte nur bedeuten, dass Acheron-4 sogar mit zwei Partikelbeschleunigern ausgestattet war.
Green stöhnte plötzlich auf.
»Leutnant Green?«, fragte Irons.
Jeff wandte den Kopf. Der Ingenieur wand sich in seinem Sessel, die Hände an den Helm seines Raumanzugs gepresst.
»Leutnant Green! Was ist mit Ihnen?«, schrie Irons.
Wieder dieses Stöhnen. »Mein Kopf. Mein Kopf zerspringt gleich«, wimmerte Green.
»Sie greifen uns mit Psychostrahlen an«, sagte Irons.
Jeff schluckte. Es war die neueste Entwicklung auf dem Waffenmarkt der Allianz. Mit wechselnden Magnetfeldern versuchten die Rebellen, das menschliche Gehirn zu beeinflussen. Je nach Stärke des Senders konnten sie Menschen damit fremdsteuern oder in den Wahnsinn treiben. Zum Glück schirmte einen das Kompensatornetz im Kampfanzug leicht dagegen ab. Greens Abschirmvorrichtung musste beschädigt sein. Der Mann schrie, als würde man ihm eine Bohrmaschine in den Schädel treiben.
»Halten Sie durch, Leutnant Green«, sagte Irons. »Noch wenige Augenblicke, dann ist es überstanden.
»Passieren das Ziel in zehn Sekunden«, meldete Joanne.
Acheron-4 hatte sich von einem blauen Punkt zu einer blauen Murmel verwandelt. Rasend schnell blähte sich die Murmel zu einer gigantischen Kugel auf. Es sah so aus, als rasten sie in den Planeten.
Wir schaffen es nicht!
Hatten sie das Ausweichmanöver falsch berechnet?
Aber das Manöver verlief wie geplant. Sie passierten den Planeten laut HUD in neunzig Kilometern Entfernung. Kurz flackerte es vor den Fenstern auf, als die Charon die Ausläufer der Atmosphäre durchraste und die Stickstoffatome sich in Plasma verwandelten.
Dann waren sie vorbei und der Antrieb hatte sich wieder abgeschaltet.
Jeff wusste, was als Nächstes kommen würde, und schloss die Augen.
Das Licht schien geradewegs durch die Kabinenwand und seine geschlossenen Lider zu dringen, als bestünde ihr Raumschiff aus transparentem Papier. Es dauerte nur einen kurzen Moment, dann war es wieder erloschen. Jeff öffnete die Augen und schaltete seinen Monitor auf die rückwärtigen Kameras.
Wo eben noch der blaue Planet Acheron-4 im Raum gestanden hatte, loderte nun eine gelbe Sonne, die sich weiter ausdehnte und dabei ihren Farbton ins Rötliche verwandelte. Die Quagmabomben hatten ihr Ziel gefunden. Acheron-4 existierte nicht mehr.
»Ziel zerstört!«, meldete Jeff an seinen Kommandanten.
Fünf Bomber hatten den Anflug begonnen. Nur die Charon hatte den Angriff überstanden, schwer beschädigt. So sehr er erschüttert über den Verlust der Schwesterschiffe war, so erleichtert war er, selber überlebt zu haben.
Green hatte aufgehört zu schreien. Aber er atmete schwer. »Ich dachte, ich müsse sterben«, jammerte er.
Jeff erinnerte sich, dass bei einem Angriff mit Psychowaffen ganze Kompanien gleichzeitig draufgegangen waren, bis man ein Gegenmittel gefunden hatte. Er schüttelte sich. Er hoffte, diese Erfahrung selber niemals machen zu müssen.
»Funker!«, forderte Irons. »Geben Sie eine Meldung an die Basis ab. Melden Sie: Ziel zerstört.«
Es dauerte einige Sekunden bis Finni antwortete. »Hyperantrieb ist ausgefallen.«
»Dann gehen Sie auf das Ersatzsystem«, sagte Jeff.
»Das war in der Backbordgondel«, antwortete Finni. »Dieses Raumschiff wird keinen überlichtschnellen Funkspruch mehr absetzen.«
»Leutnant Green!«, sagte Irons. »Was macht der Antimateriespeicher?«
»Die Spannung von Zelle fünf hat sich wieder stabilisiert. Der Luftaustritt im Rumpf konnte ebenfalls gestoppt werden.«
»Gut, sonst noch was?«
Green seufzte. »Reaktor eins ist komplett ausgefallen. Ortung und Funk sind beschädigt. Die elektrischen Systeme melden Störungen in fast jedem Subsystem.«
»Was ist mit dem Hyperantrieb?«
»Der Casimir-Konverter scheint unbeschädigt, aber ob er in der Lage ist, einen Horizont aufzubauen, werden wir erst am Eintrittspunkt sicher wissen.«
»Dann wollen wir mal das Beste hoffen.« Irons wandte sich in seinem Sitz um. »Wie lange noch bis zum Eintrittspunkt?«
»In etwa fünf Minuten sind wir weit genug von Acheron weg«, sagte Joanne.
»Prima. Gefechtsalarm bleibt bestehen, bis wir im Hyperraum sind.«
Jeff blickte wieder auf den Holoschirm, der ihm einen Blick nach hinten zeigte. Die Gaswolke des vergangenen Planeten leuchtete immer noch blutrot. Die Quagmabomben hatten ganze Arbeit geleistet. Jeff fragte sich, wie viele Menschen sich in dem Stützpunkt aufgehalten hatten. Der Nachrichtendienst hatte es nicht genau sagen können und alles zwischen einer Notbesatzung von zwanzig bis hin zu einem Aufmarschpunkt mit mehreren tausend Infanteristen für möglich gehalten. Vielleicht würde Jeff es erfahren, wenn dieser verdammte Krieg irgendwann vorbei war. Er fragte sich, wie viele Planeten bis dahin noch von Quagmabomben zerfetzt werden würden. Er schloss die Augen, als er daran dachte, dass sie womöglich als nächstes Ziel einen bewohnten Planeten erhalten würden, wenn sie den Delta-Quadranten erreichten. Dann würde er für den Tod von Millionen oder gar Milliarden Menschen mitverantwortlich sein. Er wollte das nicht, aber er sah ein, dass es keine andere Möglichkeit gab, nach Delphi vorzurücken. Wenn sie auch nur einen einzigen Stützpunkt übersahen, würde der Feind ihnen von hinten in den Rücken fallen. Und immerhin hatte die Allianz auch keine Skrupel gehabt, Deneb-6 bei einem Überraschungsangriff auszulöschen.
Mit diesem Überraschungsangriff, bei dem auch sein Vater ums Leben gekommen war, hatte der Krieg überhaupt erst begonnen. Bis dahin hatte niemand ernsthaft damit gerechnet, dass aus dem Kalten Krieg tatsächlich ein heißer werden konnte.
»Ich verliere wieder Spannung in den Penning-Fallen«, sagte Green.
Jeff wandte den Kopf und blickte zu dem Bordingenieur hinüber. Sie hatten genug Antimaterie an Bord, um das Schiff in tausend Fetzen zu sprengen, wenn den Fallen die Energie ausging. Sie konnten die Zylinder zwar im Notfall absprengen, aber es war ein weiter Weg bis zu ihrem Stützpunkt auf Sigma-7. Sie würden jedes bisschen Antimaterie für ihren Rückflug brauchen.
»Sehen Sie zu, dass Sie das in den Griff kriegen«, sagte Irons.
Green seufzte. »Erbitte Erlaubnis zum Verlassen der Brücke.«
Irons nickte. »Erteilt. Corporal Owens, übernehmen Sie die Überwachung der Bordsysteme.«
»Verstanden«, bestätigte der Funker.
Dann hatten Jeff und seine Kameraden wieder nichts zu tun außer Warten. Dass plötzlich Feindkräfte auftauchen würden, war unwahrscheinlich. Und selbst wenn ... sie hätten keine Chance, die Charon bis zum Eintrittspunkt abzufangen. Allmählich wurde Jeff klar, dass er seinen ersten Bombereinsatz überlebt hatte. Sein Puls sank etwas, während er versuchte, die Ereignisse der vergangenen zwanzig Minuten zu rekapitulieren. Sie hatten das Glück gehabt, am Austrittspunkt nicht auf Minen zu stoßen. Sie hatten das Glück gehabt, dass die Raketen sie verfehlt hatten und dann hatten sie auch noch das unverschämte Glück gehabt, dass der Partikelstrahl ...
»Captain Austin!« Jeff schreckte auf. »Schlafen Sie etwa?«
»Nein, Major. Ich habe nur ...«
»Wir haben immer noch Gefechtsalarm. Konzentrieren Sie sich bitte auf die Mission! Wir sind nach wie vor in einem feindlichen System.«
Jeff nickte benommen. Er blickte auf das Lageholo mit den Navigationsdaten. Sie näherten sich langsam dem Eintrittspunkt in den Hyperraum. Noch drei Minuten.
»Sind wir bereit für den Hyperflug?«, fragte Jeff.
»Ja«, antwortete Joanne. »Der Kurs ist programmiert. Wir brauchen etwa achteinhalb Stunden für den Rückflug nach Sigma-7.«
»Immer vorausgesetzt, der Hyperantrieb hat nichts abbekommen«, sagte Finni mit düsterer Stimme.
Jeff wartete auf einen Kommentar des Majors, aber da kam nichts.
Vor ihm auf der Konsole leuchtete ein gelbes Licht auf. Jeff drückte drauf. »Green hier«, schallte die sonore Stimme ihres Bordingenieurs über die Brücke.
»Sprich!«, forderte Jeff ihn auf.
»Wir haben ein ernstes Problem mit Penning-Falle fünf.«
»Wie ernst?«, fragte Major Irons.
»Das Ding hat ein Schrapnell abbekommen. Die Spannung schwankt und ich kann nicht das Geringste dran ändern. Wir können nur beten, dass das Ding durchhält.«
»In Ordnung. Kommen Sie auf die Brücke zurück.«
»Sir! Noch etwas.«
»Ja?«
»Shorty ist verletzt.«
Jeff wandte den Kopf. Hoffentlich nicht schwer! Der hochgewachsene Mechaniker »Shorty« Short und seine zwei Technikerkameraden waren während eines Einsatzes nicht im Cockpit untergebracht, sondern im Maschinenraum.
»Private Short«, korrigierte Irons. »Wie schlimm ist es?«
»Er ist bewusstlos. Er hat an der Penning-Falle gearbeitet, als wir von dem Partikelstrahl getroffen wurden. Corporal Fields sagt, er ist gegen die Verkleidung des Casimir-Konverters geschleudert worden. Womöglich hat er eine Gehirnerschütterung. Ansonsten scheint er stabil zu sein. Wir haben ihn auf eine Krankentrage gelegt.«
»Ist gut. Leutnant Rutherford wird ihn sich ansehen, sobald wir im Hyperraum sind. Kommen Sie zur Brücke zurück und befehlen Sie Ihren Männern, sich anzuschnallen, bis der Gefechtsalarm aufgehoben ist.«
»Verstanden.«
»Was machen wir, wenn die Penning-Falle den Geist aufgibt?«, fragte Joanne. Ihre Stimme klang weniger beunruhigt als neugierig.
»Dann werden wir sie ausstoßen, wie es das Protokoll vorgibt«, antwortete Irons emotionslos.
»Wir haben dann wahrscheinlich nicht genug Energie, um den Horizont den ganzen Heimflug aufrechtzuerhalten«, beharrte ihre Navigatorin.
»Wir werden uns um die Probleme kümmern, wenn sie auftreten, Leutnant Rutherford«, sagte Irons.
»Ja, Sir.«
Jeff nahm aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und erkannte Green, der wieder auf die Brücke trat und in seinem Sitz Platz nahm.
»Wir haben den Eintrittspunkt erreicht«, meldete Joanne.
»Sind wir klar für Hyperflug, Leutnant Green?«
»Ja, Sir. Alles bereit für den Eintritt in den Hyperraum.«
»Dann gehen Sie bitte in den Hyperflug, Leutnant Rutherford«, sagte Irons.
»Jawohl.«
Es vergingen nur wenige Sekunden, dann verschwanden die Sterne vor den Cockpitfenstern. Sie waren von der ewigen Schwärze des Hyperraums umgeben. Immerhin schien der Antrieb zu funktionieren.
»Manöver abgeschlossen.«
»Mir gefällt das nicht«, sagte Green.
»Machen Sie eine ordentliche Meldung, wenn Sie was zu sagen haben.« Irons klang genervt.
»Ja, Sir. Der Horizont hat sich nicht gleichmäßig aufgebaut. Ich sehe hier große Gradienten. Ich fürchte, der Antrieb hat doch etwas abbekommen.«
»Und was bedeutet das für uns?«
Der Ingenieur antwortete lange nicht. Jeff drehte sich um und sah Green über seine Konsole gebeugt.
»Leutnant Green?«
Green seufzte. »Ich kann es nicht sagen. Ich erkenne nicht genau, wo der Fehler liegt. Möglicherweise in der Projektoreinheit des Konverters oder in der Steuerungselektronik. Ich weiß es nicht. Vielleicht hält der Antrieb durch, vielleicht auch nicht.«
»Was ist mit den anderen Systemen?«, fragte Irons.
»Unverändert.«
»Lebenserhaltungssystem?«
»Der Druck ist stabil. Alles in Ordnung.«
»Na schön«, sagte Irons nach einigen Sekunden. »Gefechtsalarm aufheben.«
Jeff drückte auf ein Feld seiner Konsole und das rötliche Licht in der Zentrale wechselte auf ein normales Warmweiß. Er griff an seinen Kampfanzug und legte die Entriegelung des Helmes zurück. Es zischte, als der Druckausgleich zwischen der Kabine und seinem Raumanzug hergestellt wurde. Jeff klappte das Visier nach oben und atmete die nicht weniger verbrauchte, aber immerhin kühle Kabinenluft ein. Es roch, als ob jemand auf der Brücke geschweißt oder einige Böller gezündet hätte. Es war der typische Geruch des Weltraums, wie er ihn aus den Übungen kannte und er zeigte ihm, dass die Raumschiffhülle durchschossen worden war. Aber die Selbstreparatur und ihre drei Mechaniker hatten gute Arbeit geleistet.
Jeff blickte hinter sich und seine Blicke trafen sich mit denen Joannes. Die blonde Navigatorin lächelte ihn an und nickte. Ja, sie hatten es geschafft. Wenigstens für heute. Irgendwie würden sie schon nach Hause kommen. Jeff wandte den Blick wieder nach vorne und schaltete den Modus seines Lageholos um. Eine lange Linie zog sich vom linken Rand des Bildschirms bis zum rechten und passierte dabei einige Sterne in geringer Entfernung. Es war ihr Kurs. Es kleines Symbol gab ihre jetzige Position an und sagte ihm, dass sie in den wenigen Minuten ihres Hyperraumflugs noch keinen nennenswerten Anteil der Strecke von sechsundfünfzig Lichtjahren bis Sigma-7 zurückgelegt hatten. Es würden lange achteinhalb Stunden werden.
»Danke, Captain!«, sagte Major Irons, als Jeff ihm die Tasse mit dampfendem Kaffee auf die Konsole stellte.
»Gerne«, murmelte Jeff und setzte sich auf den gepolsterten Sessel. Mit einem Knopfdruck bestätigte er dem Bordcomputer, dass er nun wieder auf seiner Position war.
»In Ordnung«, sagte Irons. »Corporal Owens, gönnen Sie sich auch eine Pause. Aber bleiben Sie in Bereitschaft. Leutnant Rutherford, wie ist der Zustand der Besatzung?«
»Private Short ist wieder bei Bewusstsein, nachdem ich ihm ein Stimulans injiziert habe. Den anderen neun Besatzungsmitgliedern geht es soweit gut.«
Irons nickte. »Gut, dann machen Sie auch eine Pause.«
»Danke, Sir«, sagte Joanne. Nur wenige Sekunden später hörte Jeff Schritte hinter sich und das Schott zum Durchgang fuhr zur Seite. Als es sich hinter den Beiden wieder schloss, war er mit Major Irons alleine auf der Brücke. Green war mit Finni schon vor einer halben Stunde losgezogen, um sich den beschädigten Hyperfunksender anzuschauen.
Jeff fühlte sich elend. Sie waren vor über zwölf Stunden von der Raumbasis über Sigma-7 zu ihrem Einsatz aufgebrochen. Die Nacht zuvor hatte er vor Aufregung auch kein Auge zugetan. Er war todmüde, gleichzeitig steckte er aber immer noch voller Adrenalin. Dass der Kaffee irgendetwas verbessern würde, bezweifelte er. Seine Hände zitterten, als er nach der Tasse griff.
»Immer noch nervös?«
Jeff wandte sich zu. »Ja, allerdings.«
Der Major lächelte ihn an und nickte aufmunternd. »Das vergeht. Der erste Einsatz ist der Schlimmste. Danach weiß man, was einen erwartet und kann sich besser drauf einstellen.«
Jeff empfand die Lage völlig anders. Er hatte zum ersten Mal in seinem Leben Todesangst verspürt. Sie waren das einzige von fünf Schiffen, das den Einsatz überlebt hatte. Er glaubte vielmehr, dass er vor dem nächsten Flug so richtig in Panik verfallen würde.
Noch neunundvierzig Missionen - ich bin im Grunde genommen doch schon ein toter Mann!
»Ich glaube nicht, dass man sich jemals daran gewöhnen kann«, sagte Jeff.
Der Major lachte unterdrückt. »Glauben Sie mir, man kann. In der Tat kann man sogar süchtig nach dem Adrenalin werden.«
Jeff blickte den Major an, der noch immer leicht lächelte. War der Major vielleicht genau das? War er süchtig nach dem Adrenalinschub durch die Todesgefahr? War er deswegen immer so ruhig und sachlich, weil er das Ganze insgeheim sogar genoss?
Der Major schien seine Gedanken erraten zu haben. »Nein, Captain Austin, ich bin nicht süchtig nach dem Kick. Ich suche das Risiko nicht. Ich habe genauso viel Angst vor dem Tod wie Sie. Aber man denkt zwischen den Einsätzen zwangsläufig über den Tod nach.« Er machte eine kurze Pause, als müsse er seine Gedanken erst umständlich in die richtigen Worte kleiden. »Man denkt über so vieles nach - über den Tod, das Leben, den Sinn des Ganzen. Vor allem über seine eigene Position inmitten des Chaos. Nach ungefähr der dreißigsten Mission macht irgendetwas ›Klick‹. Ich habe es bereits von einigen anderen erfahrenen Offizieren gehört. Man hört plötzlich auf, darüber nachzudenken, weil man zu dem Schluss gekommen ist, dass der Mensch mit seinem beschränkten Geist sowieso zu keiner Erkenntnis kommen wird. Dann hört man auch auf, sich zwischen den Flügen verrückt zu machen. Man schläft endlich wieder und lässt das Adrenalin in den körpereigenen Depots.«
Jeff blickte seinen Vorgesetzten lange an, während er über dessen Worte nachdachte. »Wollen Sie damit etwa sagen, Sie haben sich mit dem Tod abgefunden?«
Irons lachte leise. »Ganz im Gegenteil. Ich habe mich mit dem Leben abgefunden. Und der Tod ist integraler Bestandteil des Lebens. Er trifft jeden von uns und er kann uns jeden Moment erwischen - ganz gleich, ob wir uns in einem Kampfeinsatz befinden oder eine Spritztour mit dem Motorrad unternehmen. Mein bester Freund war Bomberpilot in der Orion-Offensive. Er hat sich für die gefährlichsten Einsätze freiwillig gemeldet und wurde frühzeitig ehrenhaft entlassen.«
»Was ist aus ihm geworden?«
»Er starb an einem Schlaganfall. Kurz nach seiner Rückkehr nach Aldebaran-6.« Er seufzte. »Sie haben sicher gehört, was mit meinem Sohn geschehen ist?«
Jeff nickte langsam. Jeder an Bord kannte die Geschichte. Irons hatte eine Frau auf Lambda-3 und sie hatten einen gemeinsamen Sohn gehabt, der am Carroll’schen Fieber gelitten hatte. Er war bereits mit der Krankheit auf die Welt gekommen. Nach Ausbruch des Krieges hatte das einzig hilfreiche Medikament nicht mehr geliefert werden können und der vierjährige Junge war qualvoll an der Zersetzung seiner Nervenzellen gestorben. »Ich habe davon gehört. Wie hieß Ihr Sohn?«
»Sein Name war Jack. Aber verstehen Sie, was ich damit sagen will?«
Jeff zögerte. »Ich denke mal, ich habe etwas zum Nachdenken.«
Irons lachte wieder und winkte ab. »Ich werde es Ihnen verraten: Menschen kommen ums Leben. Ohne diesen Krieg und auch wegen des Krieges, obwohl sie nicht gerade am Steuer eines interstellaren Bombers sitzen.«
»Und doch: Wir haben vier Schiffe verloren«, sagte Jeff nachdenklich. »Vierzig Menschen tot. Allein auf unserer Seite. Denken Sie, das Opfer war es wert?«
Irons seufzte. »Sie waren doch bei der Vorbesprechung dabei. Wir müssen den Sektor säubern, damit wir weiter zum Kernland der Allianz vorstoßen können.«
Jeff schüttelte den Kopf. »Das weiß ich. Aber das meine ich nicht.«
»Was meinen Sie denn?«
»Ich meine: Wie viele Opfer ist der Stützpunkt auf Acheron-4 wert gewesen? Die vierzig unserer verlorenen Bomber? Wären auch hundert Menschen den zerbombten Stützpunkt wert gewesen? Wie rechnet man menschliche Leben gegen strategische Vorteile auf?«
Der Major blickte ihn lange Sekunden schweigend an, dann brach er in schallendes Gelächter aus.
Jeff verzog den Mund. Was war so komisch an seiner Frage?
Der Major antwortete, bevor Jeff nachhaken konnte. »Man merkt wieder einmal, dass Sie ein Akademiker sind. Allerdings könnte man meinen, Sie hätten Ihren Beruf verfehlt. Statt Historiker wären Sie besser Philosoph geworden.« Der Major lachte wieder und wischte sich Tränen von den Wangen.
»Ich finde, das sind legitime Fragen«, sagte Jeff, wobei er darauf achtete, dass seine Stimme sachlich und nicht beleidigt klang. »Militärische Konflikte müssen aufgearbeitet und bewertet werden. Dabei spielen neben strategischen Fragen natürlich auch ethische Überlegungen eine wichtige Rolle.«
Irons stöhnte. »Diesen Satz haben Sie auswendig gelernt.«
»Wie bitte?«, fragte Jeff irritiert.
»So geschliffen, wie sich dieser Satz angehört hat, kann der nur aus einem Lehrbuch stammen, das man Sie an der Akademie gezwungen hat, auswendig zu lernen. Es hört sich wie die existenzielle Rechtfertigung Ihres Berufszweiges gegenüber einer finanziellen Untersuchungskommission an.«
Jeff zuckte hilflos mit den Schultern. Ihm war jedenfalls nicht bewusst, dass sein Satz ein Zitat gewesen wäre. Aber es konnte natürlich sein, dass er ihn in der Frühzeit seiner Ausbildung aufgenommen und sich der Satz, auf Abruf wartend, in seinem Unterbewusstsein festgeklammert hatte. »Das mag ja sein, aber wenn dieser Krieg vorüber ist, werden Analysen und Berichte sich mit dem Ablauf der Auseinandersetzung und am Ende auch mit jedem einzelnen Einsatz beschäftigen. Und dann wird sich sehr wohl auch die Frage stellen, ob die Ziele den Einsatz von Mensch und Material gerechtfertigt haben. In den Geschichtsbüchern ...«
Irons lachte wieder laut auf. Die Narben auf seiner linken Wange verzogen sein Gesicht zu einer Fratze, aber sein Auge strahlte Wärme und Sympathie aus. Jeff begriff, dass sich sein Vorgesetzter nicht über ihn lustig machte, sondern über die Situation. »Captain Austin. Wie wäre es, wenn wir diesen Krieg zunächst einmal gewinnen, bevor wir uns über unser Vermächtnis sorgen? Wenn wir nicht gewinnen, werden Historiker der Allianz die Geschichtsbücher schreiben.«
»Am Ende wird es auf dasselbe hinauslaufen.«
Irons schüttelte überzeugt den Kopf. »Fragen Sie Ihren Professor. Der Gewinner eines Krieges schreibt am Ende die Geschichtsbücher. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Was haben wir heute getan?«
Jeff war klar, dass es eine rhetorische Frage war, also schwieg er.
»Ich will es Ihnen sagen: Wir haben mit unserer Quagmabombe einen Planeten vernichtet. Wir haben nicht nur einen militärischen Stützpunkt ausgelöscht, sondern einen ganzen Planeten, der vielleicht irgendwann einmal Leben hervorgebracht hätte, in Atome verwandelt.«
Jeff wusste immer noch nicht, worauf der Major hinauswollte. »Sie meinen doch nicht, dass die Allianz uns im Falle eines Sieges als Kriegsverbrecher hinstellen würde?«
»Wie gesagt: Der Gewinner schreibt die Geschichtsbücher. Wir haben Gräueltaten begangen ...«
»... die die Allianz auch begangen hat«, unterbrach Jeff.
Der Major schüttelte den Kopf. »Ihre eigenen Massenmorde werden sie als von uns provozierte Notwendigkeiten abtun. So wie wir es andersherum auch tun werden. Aber denken Sie nochmal hundert Jahre weiter, wenn sowohl das Imperium als auch die Allianz einer anderen Herrschaft Platz gemacht haben. Wie wird man diesen Konflikt dann sehen?«
Jeff blieb stumm.
»Wenn es eine vernünftigere Gesellschaft ist, als wir sie heute haben, dann wird man sowohl unsere Taten als auch die der Allianz verachten und uns beide als Barbaren abtun«, sagte der Major überzeugt.
»Das würde bedeuten, dass Sie diesen Konflikt und unser Tun darin verachten, Major«, schloss Jeff.
Irons schüttelte wieder den Kopf. »Wir befinden uns im Krieg. Für uns geht es um unsere Existenz und unsere Freiheit. Natürlich sind wir zu hohen Einsätzen bereit. Uns bleibt gar nichts anderes übrig.«
»Dann verstehe ich nicht ...«
»Alles, was ich Ihnen sagen will, ist, dass es keine Objektivität gibt. Wenn Sie den Krieg überleben und nachher Ihre Geschichtsbücher schreiben, dann tun Sie dies aus der subjektiven Perspektive des Gewinners. Vielleicht bleibt Ihr Geschichtsbuch einige Jahrhunderte das Standardwerk der imperialen Universitäten, wie Gibbons ›Verfall und Untergang des Römischen Imperiums‹, das mag sein.« Irons lächelte ihn an. »Aber irgendwann wird sich die Perspektive wieder verändern. Vielleicht wird man den Konflikt romantisieren oder eine abgeklärtere Perspektive entwickeln, das weiß niemand. Doch Ihr Werk wird dann auf dem Müllhaufen der Geschichte landen oder man wird es als Beispiel einer überholten Einstellung lesen und sich in der Vorlesung darüber lustig machen.«
Jeff blickte aus den Fenstern in die ewige Dunkelheit des Hyperraums. Es war, als hätte Irons ihm eine Ohrfeige verpasst. Aus dieser Perspektive heraus hatte Jeff das nie betrachtet. Er hatte sich als Offizier bei der Flotte verpflichtet, weil die Nimitz-Universität auf Tau Ceti-4 den besten Ruf bei Historikern hatte und es nicht schaden konnte, gedient zu haben, wenn man Militärgeschichte studierte. Schon als Kind hatte er über alten Karten gesessen und den Verlauf historischer Schlachten studiert und in Geschichtswälzern von lange vergangenen Kriegen gelesen. Er hatte sich nie als Stratege gesehen, sondern als Historiker. Sein Traum war es in der Tat gewesen, einmal ein bedeutsames Buch zu schreiben, das von den nachfolgenden Studenten als Standardwerk gesehen wurde. Er wollte etwas schaffen, das die Zeiten überdauerte. Aber Irons hatte recht. Die meisten Bücher in der imperialen Militärbibliothek auf Tau Ceti-4 waren jünger als hundert Jahre. Es war ja nicht so, als hätten sich die Menschen vor dem Jahre 2400 nicht mit Geschichte beschäftigt. Die alten Werke waren nur überholt.
Jeff spürte Irons’ Hand auf seiner Schulter und wandte sich ihm zu.
»Sie werden irgendwann zu Ihren Büchern zurückkehren und über diesen Krieg schreiben, denn ich gehe davon aus, dass wir gewinnen. Bis dahin sind Sie aber in einer viel besseren Position: Sie können die Gegenwart mitgestalten, anstatt nur über die Vergangenheit zu berichten. Wenn der Krieg vorbei ist, werden Sie selbst Teil dieser Geschichte sein. Ihr Name wird in Registern und Dokumenten auftauchen und Sie als Teil dieser Mission ausweisen, die wir soeben erfolgreich durchgeführt haben. Hier und heute haben Sie selber Geschichte geschrieben und darauf können Sie stolz sein.«
Jeff blickte Irons wortlos an. Es stimmte schon. Mit seinem ersten Einsatz war er tatsächlich Teil der menschlichen Geschichte geworden. Er nickte langsam und Irons zog seine Hand wieder auf seine Armstütze zurück.
»Und wenn ich Ihnen noch einen ungebetenen Rat geben darf ...«, sagte er.
Was kommt jetzt?
»Schreiben Sie nicht über diesen Krieg!«
Jeff hob die die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken. »Warum nicht?«
»Indem Sie an dieser Auseinandersetzung teilnehmen, sind Sie parteiisch. Sie werden niemals neutral und sachlich über die Schlachten dieses Krieges schreiben können. Ob es Ihnen gefällt oder nicht, ob es mir selbst gefällt oder nicht, wir haben Blut an den Fingern. Wir haben heute einen ganzen Planeten vernichtet und keine Ahnung, wie viele Soldaten und Zivilisten der Allianz sich in dieser Basis auf Acheron-4 aufgehalten haben. Und niemand weiß, wie viele Leben wir in den nächsten Wochen und Monaten mit unseren Bomben noch auslöschen werden.«
»Ich denke, dass ich mir sehr wohl meine Objektivität bewahren kann«, sagte Jeff, aber er bemerkte die Unsicherheit in seiner Stimme.
Irons lachte. »Würden Sie selbst einen Einsatz als Fehlschlag werten? Würden Sie zugeben, dass Sie einen Planeten und seine Bewohner umsonst ausgelöscht haben? Dass Sie gemordet haben, ohne ...«
»Gemordet? Also bitte, wir verteidigen ...«
Irons schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Wir haben heute nichts verteidigt. Der Einsatz gegen Acheron-4 ist Teil einer Offensivkampagne.«
»Die wir führen müssen, um den Krieg zu gewinnen.«
Irons schnippte mit den Fingern. »... um den Krieg zu gewinnen. Ganz recht, wir wollen den Krieg gewinnen und uns nicht nur verteidigen. Sie reden sich die Einsätze jetzt schon schön, Captain Austin. Und Sie werden es auch weiterhin tun - erst recht, wenn der Krieg vorbei ist, um Ihre eigenen Einsätze moralisch zu rechtfertigen. Vergessen Sie es! Schreiben Sie Ihre Memoiren über die Teilnahme am Krieg, wenn Sie etwas schreiben wollen, aber versuchen Sie nicht, ein objektives Lehrwerk zu verfassen. Beschäftigen Sie sich in Ihrer Karriere mit den Punischen Kriegen oder den drei Weltkriegen, aber nicht mit dem ...« Er zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer man diesen Krieg in zehn Jahren bezeichnen wird.«
Ohne darüber nachzudenken, wusste Jeff, dass Irons recht hatte. Er hatte in diesem Krieg bereits gemordet. Er würde niemals in der Lage sein, ein objektives Werk über diesen Konflikt zu schreiben. Aber vielleicht war die Idee mit den Memoiren gar nicht mal so schlecht. Wenn er es geschickt anstellte, konnte er eine Gesamtbetrachtung des Konfliktes in seine eigenen Erfahrungen einfließen lassen. Fridtjoff Nansen hatte etwas ähnliches mit seinem Buch über seine Arktisexpedition gemacht. Andererseits war Jeff in diesem Krieg auch nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Wer würde sein Buch schon kaufen?
Irons musste bemerkt haben, dass er tief in Gedanken versunken war. »Zerbrechen Sie sich nicht zu viel darüber den Kopf. Erst mal müssen Sie den Krieg überleben, dann ist es immer noch früh genug, sich zu überlegen ...«
Eine Sirene jaulte auf. Ein Warnlicht tauchte die Brücke in tiefrotes Licht. Noch bevor er auf den Monitor mit den Statusmeldungen blicken konnte, fiel Jeff etwas vor den Cockpitfenstern auf. Etwas, das jetzt dort nicht sein durfte: Sterne. »Wir haben den Hyperraum verlassen.«
»Verfickte Scheiße!« Green stürmte auf die Brücke. Mit einer Hand wischte er sich über einen hässlichen braunen Fleck auf der Brust seines Kampfanzugs. Joanne folgte ihm mit ernstem Gesichtsausdruck.
»Hören Sie auf zu fluchen und geben Sie mir eine vernünftige Meldung«, forderte Irons ohne jede Emotion in der Stimme.
Jeff schaltete die Systemkontrolle wieder zu Greens’ Konsole.
»Wir haben den Hyperraum verlassen«, sagte Green. Überraschung schwang in seiner Stimme mit.
»Das sehe ich selber«, sagte Irons. »Aber wieso?«
»Das blöde Mistding hat sich abgeschaltet«, sagte Green nach langen Sekunden. »Aus Sicherheitsgründen, weil der Casimir-Konverter den Horizont nicht mehr stabil halten konnte.«
Auf Jeffs Holo tauchte eine weitere Statusmeldung in tiefroter Schrift auf. »Die Penning-Falle!«
»Ich sehe es auch, verdammte Scheiße!«
»Leutnant Green!«, ermahnte Irons.
»Die Spannung sinkt wieder.«
»Schicken Sie Ihre Leute hin!«
»Zu Befehl!«, sagte Green. Jeff konnte hören, wie er über sein Mikro mit den Mechanikern in ihrem Bereitschaftsraum sprach.
»Die Charon scheint schwerer beschädigt zu sein als angenommen«, sagte Jeff.
»Ja, scheint so«, sagte Irons mit Bitterkeit in der Stimme. »Leutnant Rutherford!«
»Sir?«, fragte Joanne.
»Haben wir genug Antimaterie, um Sigma-7 zu erreichen, wenn wir die fehlerhafte Zelle auswerfen?«
»Nein. Das haut nicht hin.«
»Haben wir ein anderes Ziel, das wir anfliegen können, wenn wir die Zelle ausstoßen?«
Joanne seufzte. »Karim-6. Dort befindet sich eine vorgeschobene Ortungsstation.«
»Ich nehme mal an, ohne jede Werft.«
»Keine Werft.«
Jeff verdrehte die Augen. Ohne Werft konnte das Schiff nicht einmal notdürftig repariert werden. Sie würden auf einen Tender warten müssen und das konnte in der jetzigen Phase des Krieges gut und gerne mehrere Wochen dauern. Wenn sie nach Karim-6 flogen, würden sie eine lange Zeit festsitzen und Sauerstoff, Essen und miese Laune mit der sicherlich unglaublich begeisterten Besatzung dort teilen müssen.
Der Major hatte offenbar dieselben Gedanken. »Leutnant Green, haben Sie schon eine Rückmeldung von Ihren Männern?«
»Augenblick, Sir.«
Andererseits, wenn die Mechaniker den Hyperantrieb nicht wieder hinbekamen, dann war es egal, ob sie Karim-6 erreichten oder nicht. Dann würden sie nämlich im Schneckentempo jahrelang nach Hause kriechen.
»Sir, die Penning-Falle ist nicht reparierbar.« Jeff fragte sich, wie Green es geschafft hatte, einen deftigen Fluch zu unterdrücken.
»Dann raus damit!«
Also Karim-6. Scheiße!
»Zu Befehl!«
Andererseits ... während sie auf der Ortungsstation herumgammelten, konnten sie wohl kaum bei einem erneuten Einsatz getötet werden.
Eine weitere Alarmsirene jaulte auf.
»Die Penning-Falle lässt sich nicht ausstoßen.«
»Sag das nochmal!«, sagte Jeff entgeistert.
»Ich sagte, die Penning-Falle lässt sich nicht ausstoßen. Das Ding muss total zerbeult sein. Dass sie uns nicht schon im Acheron-System um die Ohren geflogen ist, ist ein Wunder.«
»Können Sie das nicht manuell vornehmen?«, fragte Irons. »Es gibt doch einen Notausstoß.«
Green antwortete nicht, aber Jeff konnte hören, dass der Ingenieur mit seinen Männern redete.
»Leutnant Green?«, fragte der Major ungeduldig.
»Der Ausstoßkanal ist zerstört«, flüsterte der Ingenieur.
Es folgte eine lange Stille. Jeffs Magen knotete sich zusammen. Ihr Antimateriespeicher hatte sich in eine Bombe verwandelt, die sie nicht loswerden konnten. Und der Countdown lief. Sie würden mit dem Schiff in die Luft fliegen. Rettungskapseln hatten die kleinen Bomber der alten Agadir-Klasse nicht an Bord.
Major Irons fing sich als Erster. »Leutnant Rutherford. Geben Sie mir einen genauen Überblick über unsere Position.«
Es dauerte einen Moment, bevor die Antwort kam. »Wir sind noch zweiundfünfzig Lichtjahre von Sigma-7 entfernt und fünfundvierzig Lichtjahre vom Karim-System. Das nächste Sternsystem ist ein Doppelsternsystem der A- und G-Klasse. Keine bekannten Planeten.«
»Entfernung?«
»Zwei Komma drei Lichtjahre.«
Jeff biss sich auf die Lippe. Sie waren mitten im interstellaren Leerraum und ohne Hyperantrieb hatten sie keine Chance, einen sicheren Ort zu erreichen. Wenn die Spannung der Penning-Falle nachließ, dann konnten sie nur noch mit den Kampfanzügen aussteigen. Jeff bekam eine Gänsehaut. Das waren hochtechnisierte Raumanzüge mit geschlossenem Lebenserhaltungssystem. Er konnte weder ersticken noch verdursten. Ein Armstrong-Mark-sechs-Raumanzug konnte ihn auch für eine gewisse Zeit mit Flüssignahrung versorgen. In seinem Kampfanzug konnte er Wochen durch das Weltall treiben, bis er ganz langsam verhungerte.
Keine tollen Aussichten.
»Wo ist das nächste Sternsystem mit einem Planeten, auf dem wir überleben könnten?«, fragte Irons. Seine Stimme war nüchtern und sachlich.
»Das ist Sigma-7«, antwortete Joanne.
»Kein Planet mit atembarer Atmosphäre in einem Umkreis von fünfzig Lichtjahren?« Jetzt war doch Überraschung in Irons’ Stimme zu hören.
»Nein. Ich kann Ihnen höchstens einen marsähnlichen Planeten anbieten.«
»Entfernung?«
»Sechs Komma zwo Lichtjahre.«
»Leutnant Green?«
Der Ingenieur grunzte. »Nicht zu schaffen. Vielleicht kriegen wir gerade noch so ein Lichtjahr hin. Aber keinesfalls mehr.«
»Corporal Herrmannsson«, forderte Irons. »Geben Sie mir einen Ortungsscan mittlerer Reichweite. Wir brauchen irgendetwas, wo wir landen können. Einen Irrläuferplaneten, einen Kometen, irgendwas!«
»Geben Sie mir eine Minute, Sir«, antwortete Finni.