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Die Heloiden im Planetensystem der Sonne Epsilon im Sternbild „Fluss des Eridanus“, zwölf Lichtjahre von der Erde entfernt, entdecken ein fremdes Raumschiff in ihrem Planetensystem. Über Teleportation gelingt ihnen der erste Kontakt mit einem Erdbewohner. Doch bald befindet sich das photonenbetriebene Raumschiff mit den vier Erdbewohnern in allerhöchster Gefahr. In dem spannenden Buch wird auch Bezug genommen auf die Science-Fiction-Erzählungen „Der Untergang der Astronautic“, „Asteroidenjäger“ und „Die Umkehr der Meridian“. LESEPROBE: Die „Trans-Sol 1“, das erste interstellare Raumschiff der Erde mit Photonenantrieb, raste mit vier Kosmonauten an Bord durch das Weltall. Heute war laut Schiffszeit der vierte Jahrestag des Antritts der Reise und zugleich auch der Tag, an dem die Grenze des Ziels, des Planetensystems der Sonne Epsilon im Sternbild „Fluss des Eridanus“, zwölf Lichtjahre von der Erde entfernt, erreicht wurde. Der Auftrag der Erde lautete, das benachbarte Planetensystem in weitem Bogen zu umrunden und in groben Zügen zu erkunden. Von einer Landung war ausdrücklich abgeraten worden, da das System vermutlich von verstandbegabten Lebewesen bewohnt war. Jedenfalls gab eine außersolare Sendung, die von dem Raumschiff „Astronautic“ vor rund drei Jahrzehnten aus diesem Bereich des Kosmos aufgefangen worden war, Anlass zu einer solchen Vermutung. Erst die Photonenschiffe „Trans-Sol 2“ und „Trans-Sol 3“, die folgten, sollten versuchen, Kontakt aufzunehmen. Hid Largo und seine Frau Pela Torsen saßen im Konzertsaal. Sie lauschten heute der Musik des Klassikers Händel, dessen Kompositionen sie bei all ihrer ungewohnt antik-barocken Monumentalistik ergriff. Hid Largo und Pela Torsen waren die einzigen lebenden Menschen in diesem Konzertsaal voller Zuhörer. Alles andere, einschließlich des großen Orchesters, war nichts weiter als eine dreidimensionale Illusion. Aber sie nahmen es als echt hin. In der Enge des Raumschiffes und in der Weite des Weltalls hatten sie es gelernt, sich in das Eigenleben solcher Trugbilder, von denen sie ein ganzes Archiv mitführten, willig einzuordnen. Plötzlich brach der Dirigent das Konzert ab und gab das Zeichen zu einem Schlussakkord. Kommandant Hassan el Nur trat mit einem ironischen Lächeln auf die Konzertbühne und entschuldigte sich vor dem „Auditorium“ für die gewaltsame Beendigung der Veranstaltung. Dann wischte er das ganze Trugbild mit einer Handbewegung weg und ging auf Hid Largo und Pela Torsen zu.
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Seitenzahl: 63
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Carlos Rasch
Das unirdische Raumschiff
ISBN 978-3-95655-496-4 (E-Book)
Die Druckausgabe erschien erstmals 1967 im Verlag Neues Leben, Berlin (Das neue Abenteuer, Heft 258).
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta unter Verwendung eines Bildes von Sören Pekrul
© 2015 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de
Auf einem der Weißfelsen, die verstreut umherlagen, saß Fra Ult und baumelte mit den Beinen. Sie sah zum Horizont, wo ein Saugwind eine spiralförmige Staubsäule in die Stratosphäre hob. Aber sonst lag die Kalkwüste still und verlassen im Schein der Sonne. Es waren keine Starts und keine Landungen zu erwarten.
Der Raumflughafen, zu dem die Kalkwüste schon von den Vorlebenden auserwählt worden war, bot das übliche Bild: Auf einem Plateau ragte massig und ausladend die Gruppe der Raumtaster, und abseits reckten sich die Sendetürme der Informationsstrahler schlank und spitz in den Himmel. Sie folgten mit langsamer, unmerklicher Bewegung den Bahnen ferner Raumschiffe, die irgendwo die Tiefe des Kosmos durchkreuzten.
Fra Ult nutzte die Zenitzeit und sonnte sich; denn nachher, wenn die Strahlen erst wieder schräg einfielen, wurde es hier in der dünnen Luft der Weißen Hochebene empfindlich kühl. Die kräftige Wärmedusche der Sonne tat ihr wohl. Sie streckte sich voller Behagen.
Etwa vierzig Sprünge tiefer, am Ansatz des Hanges, standen säuberlich aufgereiht Raumschiffe. Das sechste von links war „Relais 9“, mit dem in der vergangenen Nacht Seig Prem vom vier Lichtjahre entfernten Nachbarsystem zurückgekehrt war. Er hatte im Auftrage Hyp SARS, des Weisen, die Gäste aus dem System Retipron drei, das in Richtung des Zentrums der Galaxis lag, zum Relais- und Sendeplaneten begleitet. Sie hatten von dort aus mit ihrem Heimatplaneten Verbindung aufgenommen. Nun waren die heloidischen Brüder endgültig abgereist und Seig Prem frei und ohne Auftrag.
Er hatte erfahren, dass Fra Ult auf dem Raumflughafen im Kontaktzentrum Dienst machte. Deshalb war er gleich nach der Landung den Hang hinaufgestiegen, um sie zu sehen. Beide hatten sich lange entbehrt. Fra Ult war ihm über die nächtlich weiße Wüste entgegengegangen. So hatten sie sich nach fast zehn Zyklimaten wiedergesehen.
Gewiss, die Trennung, auch wenn sie noch länger gedauert hätte, fiel, gemessen an der Langlebigkeit ihrer Art, nicht sehr ins Gewicht. Aber Trennung war eben Trennung, ob kurz oder lang. Selten wurde zwei Gemeinsamen so etwas zugemutet. Und meist gingen Gemeinsame auch zusammen auf Expeditionen in den Raum. Nur war das diesmal reicht möglich gewesen, denn der Sektor um das Nachbarsystem TAU war, ebenso wie das der Irdischen um SOL, Sperrgebiet. Das SOL-System war vermutlich ebenfalls bewohnt und daher unantastbar; das TAU-System dagegen enthielt den wichtigen Relais- und Sendeplaneten einhundertdreiundzwanzig, der zum Informationsring der Galaktischen Gemeinschaft gehörte.
Ob Seig Prem bereits erwacht und nach der langen Reise schon genug ausgeruht war? Fra Ult hätte ihn gar zu gern angerufen und mit ihm gesprochen.
Hinter dem Weißfelsen bewegte sich ein Schatten, und gleich danach wurde Sem 3 Set, der Roboter, sichtbar. Er trat heran und berührte Fra Ult leicht.
„Lebende“, redete er sie an, „das Unentbehrlichkeitssignal für dich.“
Fra Ult sah rasch auf ihren Ring und fand seine Mahnung bestätigt. Ein winziges rotes Licht flackerte dort. Sie sprang auf und lief in großen Sprüngen auf den Leitturm zu.
Sem 3 Set stolperte hinterher. Er kam nicht so schnell voran wie sie. „Genauso flott, wie es sich für ihre jugendlichen vierzig Zyklimate gehört“, registrierte er. „Jetzt möchte ich ihren Herzschlag und ihre Infrastruktur kontrollieren dürfen. Das würden wahre Prachtexemplare von Messkurven werden.“
Im Eingang zum Leitturm ließ er sich sorgfältig den Kalkstaub absaugen. „Ich verstehe die Vorliebe der Lebenden für urwüchsige Landschaften nicht“, murmelte der Roboter. „Mir bringt dieser Kalkstaub noch einen Großdefekt, aber die Lebenden scheinen sich dabei wohlzufühlen.“
Längst nicht alle Planetenbewohner ließen sich ständig von einem Roboter begleiten. Wenngleich Fra Ult ihn schon seit mehreren Zyklimaten besaß, so war seine Existenz doch nur einer Laune zuzuschreiben. Sie folgte damit im Grunde genommen nichts anderem als einem Spieltrieb. Der beste Beweis dafür war, dass sein Programm auch auf das Kopieren von Emotionen eingerichtet war.
Fra Ult war auf ihrem Platz im Leitturm, einer auf einem schwenkbaren Stützpfeiler ruhenden ovalen Vollsichtkonstruktion, angelangt. Einer der Taster hatte ein Raumschiff an der Grenze des Systems erfasst und die Ermittlungsdaten in die Tiefe des Felsgesteins unterhalb des Weißgebirges geschickt, dorthin, wo schon seit langer Zeit das „Nervenzentrum“ des Raumflughafens mit seinen Kolonnen von Kybernetics eingebettete lag. Der zuständige Koordinierungskybernet für das Kontaktzentrum hatte sofort nach Prüfung des Befundes das Signal „Nicht identifizierbar — Fremdling eingeflogen“ an verschiedene Punkte des Planeten, vor allem aber an das Kontaktzentrum von Fra Ult und an den Rat der Verantwortlichen, gesandt.
Fra Ult schaltete den Unentbehrlichkeitsruf ab und sprach ein Codewort, mit dem sie Einzelheiten der Beobachtungen anforderte. Angestrengt starrte sie auf die entsprechende Signallampe. In rasch folgendem Lichtwechsel und mit unterschiedlicher Lichtintensität. wurden die Informationen ihrem Bewusstsein mitgeteilt. Ihr Erstaunen wuchs von Augenblick zu Augenblick.
Die Ermittlungen des Tasters hatten ergeben, dass ein steuerbarer, aber unbekannter Flugkörper in den Grenzbereich ihrer kosmischen Kontrollzone einflog und sein Tempo dabei ständig herabsetzte.
Es besaß als Antrieb einen Impulsmotor alten Typs, der zwar lichtstarke Energieduschen abstieß, im Verhältnis dazu aber nur sehr schwerfällig manövrierte. Zudem reagierte das Raumfahrzeug nicht auf die galaktisch vereinbarten Leitsignale. Die dreistündige Laufzeit der Signale konnte nicht schuld daran sein; denn so lange dauerte es, bis die lichtschnellen Leithinweise den Kosmos durchflogen hatten und auf das fremde Raumschiff trafen. Also waren die Zeichen der Besatzung unbekannt, und das bedeutete, dass ihre Zivilisation nicht der Galaktischen Gemeinschaft angehörte. Am erstaunlichsten jedoch war, dass die Bahn der Unbekannten, zurückberechnet, das gesperrte Sol-System gekreuzt haben musste.
Fra Ult war mit ihren Überlegungen noch zu keinem Schluss gekommen, als schon Hyp SAR, einer der Verantwortlichen dieses Planeten, im sphärischen Abschnitt des Leitraumes erschien. Er war es nicht wirklich, sondern nur sein Teleport. „Welche Meinung hast du ?“, fragte er.
„Merkwürdig, die Unbekannten scheinen einen Kurs zu steuern, mit dem sie kaum einen unserer drei Wohnplaneten erreichen werden. Ihr Flug führt vorbei. Sie berühren allenfalls die Bahn unserer äußersten Welt, des Ammoniakplaneten.“
Sem 3 Set stand in einer Nische und wartete. Seine Logikzellen schalteten um auf „ungewöhnliche Situation“. Für den Roboter war es eines der Rätsel, die ihm die Lebenden aufgaben: Ein Weiser, dessen Augen während zahlreicher Raumflüge das Licht Tausender Sonnen gesehen hatten und dessen Verstand im Verlaufe eines jahrhundertelangen Lebens geschärft war, befragte eine junge Frau. Sem 3 Set setzte automatisch den Intelligenzindex Fra Ults gleich um hundert Punkte herauf.
„Warum ist das Raumschiff, über das ihr sprecht, durch den Sperrsektor der Sonne Sol geflogen?“, konnte sich Sem 3 Set nicht enthalten dazwischenzufragen.
„Es ist sicher Zufall, dass sie dieses Gebiet berührt haben. Sie werden aus einem System kommen, das dahinter liegt, vielleicht sogar vom äußeren Spiralarm unserer Galaxis“, antwortete Fra Ult. „Aber ich habe schon mehrmals bemerkt,, dass dein Logiksektor sich mit dem Gefühl kopierenden Spedier zu einer unangenehmen Dreistigkeit vermischt, Sem 3 Set“, rügte sie ihren Roboter.
„Lösche diesen Speicher, Fra Ult. Der Roboter ist kein Spielzeug, sondern ein Spezialgerät, nur zu deiner Unterstützung hier im Kontaktzentrum gedacht“, riet der Weise. „So wie er jetzt ist, lenkt er dich zu sehr ab. Du wirst dadurch untüchtig. Seine Frage ist ungenau und rührt nur annähernd am Kern des Rätsels, das uns das unangemeldete Raumschiff aufgibt. — Dein Spielzeug will dich auch noch fragen, warum die Unbekannten ein Triebwerk benutzen, das Photonenfackeln in den Raum schleudert, nicht wahr, Sem 3 Set?“
„Stimmt genau“, bestätigte Sem 3 Set. „Du würdest das Muster zu einem erstklassigen Robotertyp abgeben, Hyp SAR“, sagte er.
„Besten Dank für dein Kompliment.“ Hyp SAR schmunzelte.
Fra Ult ließ sich vor Schreck über so viel Frechheit in einen Sessel plumpsen. „Ich schicke ihn sofort hinaus“, murmelte sie verlegen.
„Beweise deine Überlegenheit und gib rasch eine Antwort auf seine Fragen“, drängte der Weise.
„Es wird gar kein Triebwerk sein, sondern ein Nachrichtengeber auf Photonenbasis. Sie geben Signale und melden sich quasi bei uns an. Ich werde Anweisung an den Raumtaster geben, die Quantenbündel zu zerlegen, nach einem Codeschlüssel zu durchforschen und sie auf den Informationsgehalt hin zu prüfen“, sagte Fra Ult.