Vikonda - Carlos Rasch - E-Book

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Carlos Rasch

3,9

Beschreibung

Jill und Leo wurden von der Erde zu einem Planet der Wega geschickt, um nach einer von fünf Erkundungsgruppen der MORGENSTERN zu suchen, die seit Jahren vermisst wurden. Als sie mit einem Raumgleiter am Strand einer Insel landen, werden sie von großen, käferähnlichen Wesen, den Krabbieren, gefangengenommen. Leo überlebt den Kampf nicht, aber Jill wird, schwer verletzt, von Vitrée Lavál, einer Überlebenden der MORGENSTERN, gesund gepflegt. Vitrée kann sich inzwischen mit den Bewohnern verständigen und erwirkt für Jill eine VIKONDA, nach der der Visionär über das Schicksal von Jill entscheidet. Werden beide die Insel wieder verlassen können? LESEPROBE: Sie überlegten beide, was das für Lebewesen sein mochten, die hier ihre Nachkommenschaft von der Sonne ausbrüten ließen. In irdischen Maßstäben ausgedrückt, mochten es Schildkröten, Schlangen, Krebse, Molche, Frösche oder gar Großinsekten sein. Daheim auf der Erde bleiben solche Gelege ihrem Schicksal überlassen. Doch das konnte auf dieser Welt ganz anders sein. Leo blickte abwechselnd auf die Baumfront hinter den Dünen und auf das wogende Tangfeld, als befürchte er, jeden Moment könnten Scharen wilder Tiere mit Gebrüll hervorbrechen, um ihre Gelege zu schützen. „Vielleicht sind es die Eier der robbenartigen Seesterne, die ich vorhin auf der anderen Inselseite zwischen den Klippen gesehen habe“, sagte Jill. „Dann brauchen wir keine Elterninstinkte zu fürchten.“ „Egal. Lass uns verschwinden! Ich mache schleunigst einen kleinen Countdown. Es ist höchste Zeit dafür!“, rief Leo. „Ich möchte nicht zu Fuß unterwegs sein, falls die Eierleger doch noch in Erscheinung treten. Wahrscheinlich stecken sie in den Tangfeldern zwischen den Buhnen.“ „Also los! Starten wir, und nähern wir uns dem Modul lieber doch von See her“, stimmte Jill verdrossen zu. Als sie sich umdrehten, um zur Fähre zurückzueilen, standen, wie aus dem Boden gestampft, apokalyptische Gestalten vor ihnen. Ungefähr von gleicher Größe wie die Raumfahrer, besaßen sie eine Körperoberfläche aus Weichteilen, Chitinschalen und Hornschuppen. Die Menschen und die Wesen starrten einander an. Dann ließen die Fremden mit verblüffender Schnelligkeit ihre Gliedmaßen wirbeln. Sie griffen die Raumfahrer an. Eine klebrige Masse klatschte gegen die Sichtscheiben und verschleierte das Blickfeld.

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Impressum

Carlos Rasch

Vikonda

Wissenschaftlich-fantastische Erzählung

ISBN 978-3-95655-500-8 (E-Book)

Die Druckausgabe erschien erstmals 1986 im Verlag Neues Leben, Berlin (Das neue Abenteuer, Heft 477).

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

© 2015 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de

Vikonda

Der Raumgleiter stürzte aus den unendlichen Weiten des gestirnten Himmels, verließ den Nachtschatten des Planeten, durchbrach im Morgenrot eine Wolkenbank und fegte dann hoch über die Inseln, sein Ziel, hinweg.

„Sechs Planquadrate“, sagte Jill.

„Der Tag wird drüber hingehen“, brummte Leo.

Er steuerte den Raumgleiter in einer ausholenden Kurve zu den Inseln zurück, um mit der Suche nach einer von fünf Erkundungsgruppen der überfälligen MORGENSTERN zu beginnen. Die Inseln unter ihnen lagen auf der Linie des vermuteten Absturzes. Jill schaltete die Spürgeräte ein, und Leo stabilisierte den Flug in mittlerer Höhe.

„Verdammter Wasserplanet“, murrte er. „Inseln, nichts als Inseln.“

Jill wusste, was der Pilot damit andeuten wollte: Falls die Erkundungsgruppen der MORGENSTERN ihren Absturz auf dieser fremden Welt überstanden haben, ist die Wahrscheinlichkeit, ins Wasser zu fallen, größer gewesen als die, eine Insel zu erreichen. Und die Havarie lag schon mehrere Jahre zurück.

„Eigentlich ideale Lebensbereiche, diese Archipele“, stellte Jill fest, „sogar für Überlebende, die über Tausende Meilen verstreut sind.“

„Aber nur für diejenigen, die an ein Ufer gelangt sind. Um monatelang auf See zu treiben, dafür waren die Kapseln nicht ausgerüstet.“ Und einen Stützpunkt für die Raumflotte, wie sie ihn als Vorkommando errichten sollten, haben sie unter diesen Bedingungen sicherlich auch nicht anlegen können, dachte er.

Nebelbänke lagerten zu dieser frühen Stunde über den Inseln und erschwerten die Beobachtung. Deshalb sah Jill nur selten hinaus und achtete mehr auf die Anzeigen der Spürgeräte, die Notsiedlungen oder Überreste der Module orten sollten.

Von der Kreisbahn im Orbit kam eine Anfrage der ABENDSTERN. „Habt ihr schon Anhaltspunkte oder irgendeine Spur?“, wollte Rickmar wissen.

„Noch keine, Kommandant“, meldete Jill. „Wir haben eben erst angefangen.“

Rickmar hatte keinen Funkverkehr zwischen den vermissten Landegruppen des Schwesterschiffes feststellen können. Das war besorgniserregend. In den zurückliegenden Tagen beim Umkreisen dieser Welt, die auf den Sternkarten unter dem Namen ARCHIPELKA eingetragen war, hatten sie nicht das kleinste Signal der Vorausgruppen aufgefangen. Eigentlich aber schien es unmöglich, dass nicht wenigstens zwei oder drei von den fünf Modulen, in die sich die MORGENSTERN beim Landeanflug sicherlich planmäßig aufgeteilt hatte, heil unten angekommen waren.

„Erkunder zwei ist jetzt im Anflug auf den Nachbararchipel westlich von euch“, informierte sie der Kommandant. „Und Erkunder drei wird in wenigen Minuten auch den Orbit verlassen.“

Die Suchaktion war also voll angelaufen. Jill hielt Verbindung zur ABENDSTERN, sprach aber nicht. Wahrscheinlich hatte sich die Mannschaft der MORGENSTERN beim Landeanflug so weit wie möglich an die Regeln gehalten. In diesem Fall war die Aussicht, schon bald auf die Spuren einer Landegruppe zu stoßen, gut. Der Bordcomputer der ABENDSTERN hatte Fallkurven der abgesprengten Module errechnet. Und eine wies auf diese Inseln.

Nach einer Weile reagierte eines der Spürgeräte mit einem leisen Ton. Sie verließen gerade das zweite Planquadrat, überquerten eine Meerenge mit Eilanden und hielten auf eine mittelgroße Insel zu.

„Anzeige: Metallkonzentration“, sagte Jill.

„Doch nicht etwa ein Modul?“, fragte Leo ungläubig.

„Sehen kann man nichts dort unten“, stellte Jill fest.

Leo ließ den Raumgleiter hinabstoßen. Heulend kurvte der im Tiefflug über einen Klippensaum hinweg. Tiere, die wie Riesenseesterne aussahen, lagerten auf dem Geröll. Herdenweise stürzten sie sich ins Meer. Die Anzeige auf dem Spürgerät war immer noch deutlich.

„Nichts zu sehen“, wiederholte Jill ärgerlich. „Alles nur Felsen, von Algenschlick überzogen.“ Hastig stoppte er die Aufzeichnungen und durchmusterte sie, während der Raumgleiter auf die See hinausstob und in einer weiten Schleife zurückkehrte. „Denselben Küstenabschnitt noch einmal“, verlangte er.

Diesmal waren die Aufzeichnungen klarer zu erkennen. Doch im Ortungsbereich gab es nichts, was irdischer Herkunft hätte sein können. Der Klippensaum blieb gleichförmig ohne Besonderheit. Nun ließ sich auch die ABENDSTERN die Aufzeichnungen übertragen. Jill und Leo kreisten eine Weile über der Insel und warteten. Endlich meldete sich der Kommandant.

„Also: Wir können auch nichts eindeutig Irdisches identifizieren“, sagte Rickmar. „Aber wenn die Ortung anspricht, liegt etwas im Klippensaum, was ihr nachprüfen müsst. Meiner Meinung nach solltet ihr den übergroßen Felsklotz, der im Raster vierundfünfzig liegt, besonders sorgfältig in Augenschein nehmen.“

„Kann ein Modul in wenigen Jahren so sehr von Moos oder Algen überwachsen sein, dass es nicht mehr von seiner Umgebung zu unterscheiden ist?“, fragte Leo zweifelnd.

Sie folgten der Anweisung der ABENDSTERN und ließen die Spürgeräte mit verschiedenen Filtern arbeiten.

„Ja! Es ist ein Modul!“, schrie Jill plötzlich.

„Die Kumpels dort unten fallen jetzt aus ihren Hängematten, wenn sie uns vorbeipfeifen hören“, sagte Leo. Ein zufriedenes Schmunzeln huschte über sein Gesicht. „Siehst du jemanden?“ Er hatte nur den Himmel im Blickfeld und stellte sich wahrscheinlich vor, wie dort unten Leute aus einer Luke purzelten, um dem Raumgleiter armeschwenkend nachzuschreien.

„Nein“, antwortete Jill. Auf ihn machte das Modul einen verlassenen Eindruck. Es lag wie angespült schräg zwischen den Klippen, halb im Wasser. Er glaubte, zwischen den Felsblöcken einen beschädigten Steg erkannt zu haben, einen provisorischen Zugang zum Modul. Wenn der flüchtige Eindruck, den man von einem solchen Überflug gewann, nicht trog, dann war der Steg schon eine Zeit lang nicht mehr benutzt worden.

Inzwischen hatte man auf der ABENDSTERN Daten ausgewertet. Der Kommandant bestätigte, dass es eine Kapsel sei. Aber er meinte, sie sei noch bis vor Kurzem bewohnt gewesen. Eine neu ausgebesserte Stelle am Steg lasse das vermuten. Er ordnete an, zu landen und nachzusehen. Das war leichter gesagt als getan. Der Klippensaum war dafür ungeeignet. Auch die Insel, dicht bewaldet und ohne Lichtung, bot keinen Landeplatz. Auf offener See zu wassern wollten die beiden Raumfahrer möglichst vermeiden.

Nach einem dritten Anflug konnte auch Leo einen Blick auf den Felsklotz, der das Modul sein sollte, werfen. „Tja, die Einstiegsluke ist geschlossen.“ Oder zumindest war dort, wo man sie vermuten konnte, keine Öffnung. „Am Modul rührt sich tatsächlich nichts“, bestätigte er enttäuscht. Danach steuerte er auf ein Kap zu und umrundete die Insel in geringer Höhe, um die Küste nach einem für eine Landung genügend breiten Strand abzusuchen.

„Sie werden damals bei Nacht heruntergekommen sein“, vermutete Jill. „Da empfahl es sich natürlich, vorsichtshalber ein paar Meilen abseits auf See zu wassern. Außerdem waren die Module nur begrenzt steuerbar bei ihrem Planetenfall.“

Aber das wusste Leo als Pilot selbst. „Es wird gerade Sturm gewesen sein, und der hat sie auf die Klippen geworfen“, sagte er.

„So könnte es gewesen sein.“ Doch das war noch keine Erklärung dafür, dass das Modul verlassen worden war. „Ob sie auf der Insel ein Blockhaus gebaut haben? Aber dort gibt es keine Anzeichen menschlicher Tätigkeit.“

Der Raumgleiter umbrauste das Kap. Das Inselende hatte das Aussehen eines Hakens. Dahinter zeigte sich in dem lang gezogenen Innenbogen einer Bucht ein flacher, heller Uferstreifen.

„Glatt wie eine Landepiste!“, rief Leo in spontaner Freude.

Gewiss, der Raumgleiter konnte auch senkrecht wie eine Rakete landen. Aber warum vertikal aufsetzen, wenn der leere, breite Strand dazu einlud, wie ein Flugzeug zu Boden zu schweben?

Ein Schleier aus Sand stiebte hinter ihnen hoch und wirbelte über die Dünen, als die Räder den Boden berührten. Sie zogen eine tiefe Spur und pflügten zuletzt durch den Sand. Die Landung verlief normal. Ein letztes, leichtes Wippen des Rumpfes, und der Gleiter stand still.

Die beiden Raumfahrer schälten sich aus ihren Gurten, blinzelten einander ermunternd zu und öffneten den Ausstieg, um hinauszuspähen. Zuerst fielen ihnen uralte, flache Steindämme auf, glitschig überzogen und Muschel bewachsen, die wie kurze, dicke Dämme in die See vorstießen. Diese Buhnen waren offensichtlich aus Steinen von der Felsküste der anderen Inselseite zusammengesetzt, schon vor langer Zeit herbeitransportiert.