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Die Besatzung der Astronautic hat ihre Mission am Rande des Sonnensystems beendet und freut sich darauf, endlich zur Erde zurückfliegen zu können. Da empfangen sie fremde Signale aus einem anderen Fixsternsystem. Sie ändern ihre Flugrichtung, um die Signale besser empfangen zu können. Die überschnellen Teile, mit denen die anderen senden, stört den Atomantrieb ihres Raumschiffes. Noch bevor sie den Antrieb reparieren können, kollidiert die Astronautic mit einem Meteoriten aus der Plutobahn. Über das weitere Schicksal der Astronautic kann man in dem Buch „Asteroidenjäger“ nachlesen. Eine spannende Science-Fiction-Erzählung aus dem Jahre 1963 in ungekürzter Originalfassung. LESEPROBE: Hyad sah den Augenblick gekommen, auch seine Pläne mit den Gefährten zu besprechen. Durch den Zugang zu neuen Räumen und Laboratorien waren die Voraussetzungen für sein Experiment bedeutend besser. „Bevor wir entziffern, sollten wir denen auf Epsilon Eridanus den Empfang ihrer Sendung bestätigen“, schlug er vor. „Das ist uns noch viel eher möglich, als die fremden Funkzeichen zu entschlüsseln.“ Timako lachte verächtlich. „Sie werden unsere Signale, die ‚Empfangsbestätigung‘ nicht verstehen, ebenso wie wir ihre Signale nicht verstehen.“ Ein grimmiger Blick Hyads traf ihn und ließ ihn verstummen. „Es wird den ,Eridanern‘ nicht viel Mühe machen, unsere Funkzeichen in ihre Sprache zu übensetzen.“ „Was habt ihr jetzt auf einmal bloß alle für schrecklich gewaltige Ideen“, sagte Zepar. „Ihr wollt mit einem Strohhalm eine Brücke über einen Strom schlagen und mit einem Fädchen ein ganzes Hemd weben. Was ihr machen wollt, ist doch unmöglich. Wo sollen wir so viel Energie hernehmen, um über eine Entfernung von elf Lichtjahren eine Antwort zu einer Sendung auszustrahlen, von der wir nichts verstehen, nichts wissen und noch nicht einmal gewiss sein können, dass sie der Erde galt?“ „Energie!“, rief Hyad. „Nicht viel. Wir senden mit überschnellen Teilchen, mit Delta 2y, und dazu brauchen wir nur zwei Drittel unserer Energievorräte. Ich habe es schon berechnet. Vielleicht bekommen wir auch wieder einen Reaktor in Gang, der uns Strom liefern kann.“ „Ei, gewiss doch. Jetzt lassen wir gleich auch noch das Triebwerk an und steuern unser Wrack geradewegs auf unsere liebe, alte Erde zu“, spottete Zepar gallig. Hyad runzelte die Brauen. Zepar nahm ihn nicht ernst. „Sagtest du, mit überschnellen Teilchen?“, fragte Beo. Hyad wurde lebhaft.
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Seitenzahl: 66
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Carlos Rasch
Der Untergang der Astronautic
ISBN 978-3-95655-504-6 (E-Book)
Die Druckausgabe erschien erstmals 1963 im Verlag Neues Leben, Berlin (Das Neue Abenteuer, Heft 215).
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
© 2015 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de
Die „Astronautic“ meldete sich nicht mehr.
Es hieß, sie sei bis zum Rand des Sonnensystems vorgedrungen. Ihr letzter Funkspruch stammte aus dem Jahre 2211. Eine Station auf dem Mars hatte ihn aufgefangen. Er enthielt nichts, was auf eine Katastrophe schließen ließ.
Jetzt schrieb man das Jahr 2213. Für die Besatzung wäre es das Jahr der Rückkehr zur Erde gewesen. Aber die „Astronautic“ war ein Wrack.
Sie waren neun.
Die Gurte fesselten sie an die Sessel. Ihre Köpfe lagen an den hohen Lehnen. In wenigen Augenblicken musste das Triebwerk zu arbeiten beginnen.
Nor sah zu Imola hinüber. Ihre Augen waren weit geöffnet, und ihr Blick hing erwartungsvoll am großen Bildschirm.
Dort schwand das schmale, unregelmäßige Band der Milchstraße, das ihnen seit fast zwei Jahren, seit dem Abflug von der Erde, unverrückbar entgegengeschimmert hatte. Die Sternenwelt war in Bewegung geraten. Immer neue gestochen scharfe Fünkchen zogen über den Bildschirm hinweg. Die „Astronautic“ wendete, drehte im Flug den Rumpf, flog rückwärts in die Weite hinaus.
Sie hatten die Bahn des Pluto erreicht. So weit waren Menschen noch nie geflogen. Jetzt durften sie umkehren. Das Programm der wissenschaftlichen Messungen und Beobachtungen war erfüllt.
„Jetzt!“
„Sie scheint!“
„Da ist sie!“
Im Halbkreis der Sessel streckten sich die Köpfe vor.
Nur Nor sah unverwandt zu Imola hinüber. Ihre Augen glänzten vor Freude, und ein froher Schein lag auf ihrem Gesicht. Sie wandte den Kopf und lächelte ihm zu.
„Sieh auch hin“, bat sie.
Nor seufzte.
Mitten auf dem Bildschirm, der fast die ganze Stirnseite des Steuerraums einnahm, stand die Sonne. Ihre Scheibe war winzig klein, aber ihr Licht grellte weißlich-gelb.
Noch flog das Forschungsschiff mit dem Heck voran in die galaktische Ferne hinaus. Gleich würden sie alle vom Andruck der Abbremsung in die Sessel gepresst werden. Da ertönte auch schon das warnende Klingen des Pilotrons, des automatischen Astro-Piloten. Wenig später war das Atmen bereits schwer. Lasten lähmten die Arme. Die Zeit war zäher Brei ...
„Null“, sagte Haton, der Kommandant, mühsam.
Der bremsende Strahl des Triebwerks hatte den Flug des Raumschiffes zum Stillstand gebracht. Sekunden nur hing es bewegungslos im Raum. Dann strebte es stetig, mit sanft anwachsender Geschwindigkeit wieder der Sonne zu. Der Druck, der auf allen lastete, schwand. Haton gab das Zeichen zum Verlassen der Plätze.
Jeder warf noch einen letzten prüfenden Blick auf die Instrumente seines Pultbereichs. Dann sprangen die Schnellverschlüsse der Gurte knackend auf. Die Kosmonauten erhoben sich aus ihren Sesseln, und ihre Stimmen schwirrten durch den Steuerraum.
Nor blieb sitzen.
Nachdenklich glitt sein Blick am großen Sichtschirm aufwärts und verweilte auf den blank glänzenden Buchstaben darüber, dem Namen des Raumschiffes. Die Stimmen knäulten sich in seinem Ohr, und er dachte: Ich freue mich mehr als ihr über unsere Umkehr: Imola — was wird uns beiden die Erde bringen?
Beo übertönte mit dröhnendem Bass lachend alle Stimmen. Er reckte seine riesige, breitschultrige Gestalt, streckte die Arme nach beiden Seiten aus und umarmte zugleich Ohrid, die Ärztin, und Zepar, den Mathematiker.
„Die Erde! Die Erde!“, rief er ein ums andere Mal. „Wem die Sonne winkt, geht die Erde nicht verloren“, zitierte er ein Kosmonauten-Sprichwort.
„Wir hätten schon zwei Monate früher umkehren können“, hörte Nor die hohe Stimme Hyads. Es war Hyad anzumerken, dass ihn die gute Stimmung an Bord verdross. Wie töricht, dachte er, sich angesichts des Sonnenscheibchens so zu gebärden, als würde man morgen schon den Fuß auf den Boden des Heimatplaneten setzen. „Die Messergebnisse haben sich seit der Neptunbahn kaum noch verändert. Das war doch vorauszusehen.“ Sein magerer Körper schwang herum, und seine Blicke tasteten schnell über alle hinweg, Zustimmung suchend. „Viel früher wären wir zur Erde zurückgekehrt.“ Sein Finger stieß aufwärts in die Luft.
Beos Bass verstummte. Der Expeditionsleiter nahm die Arme von Ohrids und Zepars Schultern. Er strich sich über den glatten schwarzen Bart, der dicht und voll sein Gesicht rahmte. Nachdenklich sah er Hyad an. Ihre Messungen waren doch wichtig für die Photonenraketen, die in einigen Jahren noch weiter in den galaktischen Raum hinausfliegen sollten als die „Astronautic“.
„Ja, ja“, brummte Beo. „Es ist schwer, so lange im Kosmos zu fliegen.“ Er hielt inne und winkte ab. Unvermittelt brach wieder das tiefe rollende Lachen aus ihm hervor. Er stieß den Forscher an. „Hyad! Frostmann! Bei deinen Versuchen im Kältelabor hast du wahrhaftig auch schon Supra-Eigenschaften angenommen!“
Alle lachten, und auch Nor schmunzelte über die Anspielung auf Hyads Forschungen, bei denen er nahe dem absoluten Nullpunkt die sogenannten Supra-Eigenschaften der Stoffe untersuchte.
„Verdirb uns nicht die Freude“, sagte Ohrid sanft zu Hyad.
Hyads Hand vollführte einige ziellose Bewegungen und sank dann hilflos herab. Er runzelte die Brauen und ging hinaus. Die anderen Kosmonauten folgten ihm. Es wurde schnell ruhig in der Steuerzentrale. Imola und Nor blieben allein zurück.
„Nur noch die Position überprüfen und den Funkspruch absetzen“, sagte sie geschäftig.
Nor stand auf und ging langsam zum Funk- und Radarpult hinüber. Während Imola die Angaben des automatischen Navigators überprüfte, stellte Nor schon die Funkgeräte ein.
Da stand sie plötzlich hinter ihm.
Er drehte sich fragend um.
Sie hatte den Kopf ein wenig zur Seite geneigt und sagte: „Du, Nor, wenn wir erst wieder auf der Erde sind — am ersten Tag — ich möchte mit dir ganz lange über das Land laufen — ein Waldrand — Kiefernstämme — ihr warmes Braun leuchtet herüber — wir gehen dorthin — ruhen uns aus.“
„Ja“, sagte Nor. „Kiefernstämme.“ Er nickte und blickte versonnen vor sich nieder.
Imola trat zum Funkgerät. Rasch drückte sie eine Taste nieder.
„Hier Forschungsschiff ,Astronautic‘ auf Position Ekliptik-Kubik 9817-2390-d. Wir kehren um und fliegen wieder heimwärts. Gruß unserer schönen Erde.“
Der Funkspeicher nahm den gesprochenen Text auf, formte ihn zu Impulsen um und strahlte ihn in Richtung Mars aus. In sechs Stunden würde dieser Funkspruch dort aufgefangen werden.
Imola presste das Ohr an den Kontrolltonträger und lauschte. „... fliegen wieder heimwärts ...“, wiederholte sie.
„Komm!“, rief Nor fröhlich und zog sie mit sich fort. „Wir gehen zu den anderen in den ,Raum der Ethik', die Umkehr feiern und von der Erde träumen.“
Der Pilotron würde für sie alle wachen und steuern.
Sie gingen beide eng nebeneinander dem Ausgang zu. Da summte es vom Funk- und Radarpult her. Ungläubiges Staunen lag auf ihrem Gesicht, und auch er dachte: Unmöglich, die vereinbarte Empfangszeit ist noch nicht erreicht. Funksprüche waren jetzt nicht zu erwarten.
Mit Hast liefen sie zurück, und Imola schaltete auf Empfang. Undeutliche Zeichen drangen aus dem Kontrolltonträger in die Stille des Raumes, zu leise, um verstanden zu werden.
Rasch streifte sich Imola die Hörkappe über. Mit angehaltenem Atem lauschte sie.
„Sie werden langsam lauter“, sagte sie. „Wir fliegen in einen Richtstrahl hinein“, vermutete sie.
Plötzlich riss sie sich die Hörkappe vom Kopf.
„Peilzeichen“, flüsterte sie. „Peilzeichen! Ein zweites Raumschiff muss in der Nähe sein!“
„Gib mal her“, sagte Nor ruhig. Er stülpte sich die Kappe über.
Ja, ohne Zweifel, das waren Peilzeichen, wie sie von den Flottillen des Weltraum-Sicherungsdienstes, den Asteroidenjägern, die Meteoritenströme und Asteroiden ausfindig machten und Warnbaken und Funkwarnfeuer setzten, verwendet wurden. Aber wie sollte hier ein solcher A-Jäger hinkommen?
Nor reichte die Kappe zurück.
Eine Weile verging. „Kein Text, nur immer wieder kurze Peilzeichen“, sagte Imola.
Über den Bordfunk gab Nor das Signal für „Kommandant, bitte zur Steuerzentrale“.
Haton kam schnell. Haton war einer der kühlsten Raumschiffkommandanten. Ihn überraschte nichts, auch diese kaum zu erklärenden Peilzeichen nicht. Dass er wortkarg und unauffällig auftrat, trug wohl dazu bei, dass sein Alter schwer zu bestimmen war. Seine Entscheidungen traf er mit geradezu kybernetischer Schnelle.
„Peilzeichen erwidern — Erkennungssignal geben — Erkennungssignal fordern — Sendeleistung verstärken — Sendeort feststellen“, wies er knapp an. Dann horchte auch er auf die Zeichen.
Ein paarmal drehte er seinen Kopf eigentümlich hin und her, so, als sei ihm der Kragen zu eng. Schließlich sagte er: „Den Peilzeichen fehlt doch etwas, sie sind doch unvollständig!“
Imola verglich sie mit einer Originalvorlage. Die Signale waren mittlerweile lauter geworden. Und wirklich: In der Zeichenkette fehlten einige, und andere waren offenbar nach Gutdünken ergänzt worden. Es schien ganz so, als sei der Geber dieser Signale nicht mit den Zeichen vertraut.
Haton grübelte. Dann gab er Nor den Auftrag, mit dem stärksten Radargerät den Weltraum ringsum abzutasten.