Das verdrehte Leben der Amélie, Die Bände 5 bis 8 in einem E-Book - India Desjardins - E-Book

Das verdrehte Leben der Amélie, Die Bände 5 bis 8 in einem E-Book E-Book

India Desjardins

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Beschreibung

Die Bände 5 - 8 der erfolgreichen Amélie-Serie als E-Book. Amélie erzählt in Tagebuchform mit viel Witz und Situationskomik von den kleinen und großen Katrastrophen im Leben eines Teenagers - vom Gefühlschaos einer Heranwachsenden bis zum entscheidenden Date beim Abschlussball. Authentisch und humorvoll geschrieben stecken die Bücher nicht nur voll komischer Peinlichkeiten und witziger Situationen. Es geht um essentielle Themen wie Liebe, Freundschaft, der Verlust eines geliebten Menschen und das Erwachsenwerden. Mit 15 / 16 ist das Leben ganz schön kompliziert! Doch mit Witz und Coolness übersteht Amélie auch die peinlichsten Situationen. Inhalt: Band 5: Total beliebt Band 6: Camping, Chaos & ein Kuss Band 7: Herzstürme Band 8: Mitten im Leben

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Seitenzahl: 1471

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India Desjardins

Band 5–8

Aus dem Französischen übertragenvon Maren Illinger

KOSMOS

Umschlagillustration: Carolin Liepins, München

Innenillustration: Josée Tellier, Montreal

Umschlaggestaltung von init.büro für gestaltung, Bielefeld

Titel der französischen Originalausgaben:

5: Le journal d'Aurélie Laflamme, Championne© 2008 Les Éditions des Intouchables, Montreal, Quebec, Kanada

6: Le journal d'Aurélie Laflamme, Ça déménage© 2009 Les Éditions des Intouchables, Montreal, Quebec, Kanada

7: Le journal d'Aurélie Laflamme, Plein de secrets© 2010 Les Éditions des Intouchables, Montreal, Quebec, Kanada

8: Le journal d'Aurélie Laflamme, Le monde à l‘envers© 2011 Les Éditions des Intouchables, Montreal, Quebec, Kanada

Unser gesamtes lieferbares Programm und vieleweitere Informationen zu unseren Büchern,Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren undAktivitäten findest du unter kosmos.de

Bd. 5: „Total verbeliebt“, © 2015, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Bd. 6: „Camping, Chaos & ein Kuss“, © 2015, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Bd. 7: „Herzstürme“, © 2016, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Bd. 8: „Mitten im Leben“, © 2016, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50041-5

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Aus dem Französischen übertragenvon Maren Illinger

Für meine Heldinnen und Helden

Freitag, 5.Januar

Mir geht es super! (Wäre ich nicht so umweltbewusst und würde mir Gedanken wegen der Erderwärmung und des Baumsterbens und so weiter machen, würde ich die ganze Seite mit Ausrufezeichen füllen, um diese Aussage zu bekräftigen.) Es geht mir so gut, dass ich mich schon frage, ob man überhaupt so glücklich sein kann. Es geht mir so gut, dass ich nichts zu erzählen habe. Nichts! Ich gehöre jetzt zu der Sorte glücklicher Menschen, die keine Geschichten zu erzählen haben. Ich gehöre zu einer Sorte Menschen. Ich! Das ist was Neues. Bislang habe ich mich immer so gefühlt, als hätten mich Außerirdische auf einer Reise durchs Weltall auf der Erde vergessen. (Ja, auch wenn E.T. echt kacke aussieht, habe ich mich lange Zeit mit ihm identifiziert. Schade, denn eigentlich wäre mir eine weibliche Filmfigur lieber gewesen, am besten eine, die Chad Michael Murray, Daniel Radcliffe oder Zac Efron küsst. Aber egal, das alles ist vorbei, weil ich jetzt zu einer Sorte Menschen gehöre! Juuhuu!)

Als ich heute Morgen aufgestanden bin, habe ich als Erstes meinen Fernseher eingeschaltet. (Den Fernseher, den ich von meiner Mutter zu Weihnachten bekommen habe und der jetzt in meinem Zimmer steht. Direkt gegenüber vom Bett, sehr praktisch.) Es lief genau das Musikvideo, das ich sehen wollte! Der Clip ist supergut! Aber ich weiß nicht, von wem er ist, weil ich irgendwie jedes Mal den Moment verpasse, in dem der Name der Band am Ende noch einmal eingeblendet wird. (Der einzige Minuspunkt: Die Frau in dem Video hat einen Mega-Busen, was nicht viel mit dem echten Leben zu tun hat und außerdem Geschmackssache ist …) Ich warte immer darauf, dass er kommt (ich meine den Clip, nicht den Busen – auf den warte ich, seit ich elf bin, und bisher hat sich nicht viel getan), und als ich die »on«-Taste drückte und das Video sah, wusste ich, dass heute ein großartiger Tag werden würde. Ein Tag, an dem das Leben mir alle Wünsche erfüllt. Uuuuuuh! Was für eine Macht!

9:54

Gerade als ich den Namen der Band zu erfahren hoffte, platzte meine Mutter ins Zimmer und verkündete, dass ich heute einen Zahnarzttermin hätte.

Tja, auch im Leben der glücklichen-Menschen-ohne-Geschichten läuft nicht immer alles glatt. Auch im Leben dieser Menschen (zu denen auch ich gehöre) können kleine Unannehmlichkeiten auftreten, etwa, dass sie gerade in dem Augenblick abgelenkt werden, in dem sie den Namen der besten neuen Band im Universum erfahren könnten, und/oder dass sie zum Zahnarzt müssen.

Schuld daran ist, wenn ich mir eine winzige Kritik an meinem ansonsten gerade absolut perfekten Leben erlauben darf, dass meine Mutter sich zwischen den Jahren freigenommen hat. Sie wollte unbedingt alles regeln, bevor sie wieder zur Arbeit muss und ich wieder in die Schule. »Alles« bedeutet: Zahnarzt (ich), Frauenarzt (sie), Einkaufen (wir beide) und so weiter. Es bedeutet natürlich auch einen großen Hausputz. Und sie hat mich gezwungen, mein Zimmer aufzuräumen. Jetzt ist es so ordentlich, dass ich nichts mehr wiederfinde. Ich habe versucht, ihr meine Theorie des geordneten Chaos zu erklären (die Theorie: Ich finde mich in meinem eigenen Chaos zurecht, weil ich ein perfektes Nicht-Aufräum-System habe, und wenn ich aufräume, muss ich meine Sachen suchen). Aber sie hat mir nur einen Blick zugeworfen und gesagt, das sei unlogisch (ihrer verqueren Logik zufolge, habe ich gedacht, aber mir die Bemerkung verkniffen) und ich würde nicht drum herumkommen. Meine Drohung, den Jugendschutz zu kontaktieren, hat sie kaltgelassen. Sie hat nur gelacht und gesagt, die Leute beim Jugendschutz wären sicher ihrer Meinung, wenn sie vorbeikämen und mein Zimmer sähen. (Pfffff! Wenn sie mit meiner Mutter einer Meinung sind, haben sie den Namen »Jugendschutz« echt nicht verdient.)

Aber, wie gesagt, meine Kritik ist minimal, denn wir haben in den Weihnachtsferien echt viel Spaß gehabt, und ich will mich gar nicht beschweren.

Zuerst haben wir Weihnachten bei meiner Großmutter Laflamme gefeiert, der Mutter meines Vaters. Die hat mir ein wunderschönes Geschenk gemacht: jede Menge Fotos von meinem Vater, die wir in ein Album geklebt haben. Ich bin an sich kein großer Fan von Fotoalben, aber ich muss sagen, dass ich (mit der Hilfe meiner Großmutter, meiner Mutter und ihres Freundes François) das schönste Fotoalbum der Welt gebastelt habe!

Wir haben die Bilder zurechtgeschnitten, sie nach Themen gruppiert und die einzelnen Seiten total toll dekoriert. Es ist echt komisch, dass ein Buch mit den Fotos eines Toten so lebendig sein kann. Das hat François gesagt. Und ich finde, es stimmt. Ich musste viel über diesen Satz nachdenken. Und ich bin zu folgendem Entschluss gekommen: Ich will meinen Vater so in Erinnerung behalten, wie er war, als er lebendig war. Wie ich es immer getan habe. Und nicht ewig in der Trauer über seinen Tod verharren.

Deshalb haben meine Großmutter, meine Mutter und ich beschlossen, alle Fotos von der Beerdigung und von seinem Grab wegzuwerfen. François hat gefragt, ob wir das nicht vielleicht später bereuen würden, aber wir waren uns sicher, dass das nicht der Fall sein würde.

Aus dem Grund habe ich auch abgelehnt, als meine Großmutter vorschlug, gemeinsam Blumen auf sein Grab zu legen (was ich seit seinem Tod nicht mehr getan habe). Sein Grab ist auf dem kleinen Friedhof neben der Kirche, direkt bei meiner Großmutter gegenüber. Dieses Grab bedeutet mir nichts. Es ist nur ein Stein. Mein Vater war mehr als das. Und ist es immer noch. Er ist eine Erinnerung. Früher habe ich die Bedeutung dieses Wortes unterschätzt, aber als wir gemeinsam das Fotoalbum bastelten, habe ich seinen Wert begriffen. Die Fotos, die wir ausgesucht haben, sind echt schön! Manchmal blättert man eine Seite um und muss lachen, weil unsere Collage so lustig ist.

Als wir die Bilder einklebten, lachte meine Mutter viel und hatte jede Menge guter Ideen. Es war das erste Mal seit seinem Tod, dass ich sie so gesehen habe. Sie weinte nicht. Ihr Hals wurde nicht rot. Sonst hat sie immer geweint, wenn ich von ihm sprach, aber jetzt erzählte sie viele lustige Geschichten, die ich noch nie gehört hatte.

Zum Beispiel diese: Vor meiner Geburt machten meine Eltern Urlaub in Florida. Einmal sahen sie einen seltsam gewachsenen Baum und mein Vater bat meine Mutter, ein Foto zu machen. Er lehnte sich an den Stamm und als meine Mutter fertig war, krabbelten plötzlich jede Menge Ameisen auf ihm herum. Der ganze Baum war voll davon! Sie mussten wahnsinnig lachen! HAHAHAHAHAHAHAHA! Superlustig! Das wäre was für mich gewesen! (Ich habe meine Mutter gefragt, warum sie kein Foto von meinem Vater mit den Ameisen gemacht hat, und sie meinte, sie sei nicht dazu imstande gewesen, weil sie so lachen musste.)

Und das ist nicht die einzige Geschichte, die ich gehört habe. Es gab noch viele andere! Es war richtig … magisch.

14:50

Ich liege auf dem Zahnarztstuhl. Die Assistentin, die die Zahnreinigung macht, kratzt an meinen Zähnen herum, die Lampe über mir leuchtet grell und aus dem Nebenzimmer hört man ein Gerät, das »suiii, suiii« macht und mein Trommelfell foltert.

Wir mussten eine Stunde lang im Wartezimmer hocken und alte zerfledderte Zeitschriften lesen. Ich hasse es, zum Zahnarzt zu gehen (nicht wegen der ollen Zeitschriften, sondern weil es nicht der angenehmste Zeitvertreib ist). Außerdem finde ich, dass die Instrumente irgendwie schrill schmecken. (Es versteht nie jemand, was ich damit meine, aber wenn ich mit der Zunge an die Metallgegenstände komme, muss ich das Gesicht verziehen.) Außerdem sind die Zahnreinigerinnen fies zu mir. Sie schimpfen immer, weil ich nicht oft genug Zahnseide verwende und blablabla. Und ich habe immer irgendwo ein Loch.

14:52

Die Zahnreinigerin: »Hattest du schöne Feiertage?«

Noch so ein Problem: Sie wollen sich mit mir unterhalten, während mein Mund sperrangelweit offen steht und jede Menge Instrumente darin stecken. Ich bemühe mich, ein Geräusch zu machen, das »Ja« heißen soll:

»Ahaaa.«

Ohne ihre Finger in meinem Mund hätte ich etwas mehr erzählen können. Zum Beispiel: Ich war bei meiner Großmutter Laflamme. Dann haben wir meine Großeltern Charbonneau besucht. Und dann waren wir bei der Familie von François. Ich hätte ihr von François erzählen können, dem gegenüber ich immer misstrauisch war, den ich sogar für den Teufel gehalten habe, den ich aber jetzt besser kenne und mittlerweile ganz in Ordnung finde. Aber dreimal Weihnachten zu feiern, das war echt anstrengend … Wir sind gestern wieder nach Hause gekommen und am Wochenende muss ich mich erst mal ausruhen.

Aber von alledem kann ich ihr nichts berichten, weil meine Zunge gerade nicht verfügbar ist und ich den Mund nicht schließen kann, um die Buchstaben b, f, m, p und v zu bilden.

Zahnreinigerin: »Das ist ja schön. In deinem Alter –« (sie wirft einen Blick in meine Akte) »du bist 15, stimmt’s? – da hast du doch bestimmt schon einen kleinen Freund, was?«

Ich werfe ihr einen Blick zu, ohne etwas zu erwidern. Warum fügen die Erwachsenen immer das Wort »klein« hinzu, wenn sie wissen wollen, ob man einen Freund hat? Schlimmer noch, warum interessiert sie dieses Detail meines Privatlebens überhaupt (nicht, ob mein Freund nun groß oder klein ist, sondern ob ich einen habe)? Das ist so was von nervig und lässt mich noch mehr das Gesicht verziehen als das »suiii, suiii« von nebenan.

Also, es geht sie zwar absolut nichts an, aber mein Liebesleben läuft bestens (jippiiiieee!). Vor Weihnachten habe ich mich wieder mit meinem Ex Nicolas vertragen und jetzt sind wir Freunde. Wir haben uns in den Ferien ein paarmal gemailt (rein freundschaftlich) und uns (rein freundschaftlich) frohe Weihnachten gewünscht.

Und ich habe einen Vielleicht-Freund, Johann. Wir haben zwar noch nicht die Beziehungsverhältnisse geklärt, aber wir haben in den Ferien mehrmals telefoniert und er hat viele nette Sachen gesagt (uuuuuuhhhh). Und vor den Ferien haben wir uns geküsst.

Ich muss gestehen, zu Beginn des Schuljahres dachte ich, er wollte mich mobben. Pfff! Das war echt bescheuert, aber meine Mutter hatte mir das in den Kopf gesetzt! Nachdem die private Mädchenschule schließen musste, auf der ich früher war, und ich auf eine öffentliche Schule wechselte, machte meine Mutter sich Sorgen, ich könnte gemobbt und von irgendwelchen Abzockern erpresst werden. Johann hat mir meinen Lieblingspulli geklaut und mich geschubst und so weiter und ich habe seine Verführungsmethoden (ziemlich ungewöhnliche, zugegeben) mit Mobbing verwechselt. Oh Mann! Echt beknackt. Vor allem, weil er mir den Pulli nur geklaut hat, damit er ihm Glück beim Fußball bringt (echt süüüüüüß). Tja, ich habe jedenfalls nichts kapiert, bis er es mir gestanden hat. (Von selbst wäre ich nie darauf gekommen … Die Welt der Männer ist mir immer noch ein Rätsel.)

Jedenfalls haben wir seitdem total viel telefoniert. Es ist ganz anders, als es mit meinem Ex war. Nicolas und ich hatten uns auch vor den Weihnachtsferien zum ersten Mal geküsst (das war letztes Jahr, mein erster Kuss überhaupt, an den ich manchmal wehmütig zurückdenke …), aber wir hatten keine Telefonnummern ausgetauscht und er hat mich in den Ferien nicht angerufen. Wir sind uns irgendwann zufällig über den Weg gelaufen, und dann war ich es, die ihn anrief (nachdem er mir seine Nummer gegeben hatte, aber trotzdem). Als ich dieses Jahr auf Nicolas’ Schule kam, musste ich feststellen, dass unsere Geschichte für ihn nichts Besonderes gewesen war, weil bei ihm, äh, das Liebesbarometer öfter mal ausschlägt. (Übersetzung: Er wechselt seine Freundinnen in Rekordzeit.)

Da ich erst gestern von meinem Weihnachtsmarathon zurückgekommen bin, habe ich Johann noch nicht wiedergesehen, aber wir sind für morgen verabredet. O.k., es ist keine richtige Verabredung, er hat mir erzählt, dass er morgen ein Basketballspiel hat (er spielt Fußball und Basketball, echt supersportlich!), und ich habe ihm versprochen zu kommen. Und Kat hat mir versprochen mitzukommen.

»Aauuuuuu!«

Die Zahnreinigerin hat mir ihren kleinen Piekser gerade voll ins Zahnfleisch gerammt! Und das lasse ich auch noch freiwillig über mich ergehen! (Besser gesagt, auf Befehl meiner Mutter.) Ich werfe ihr einen finsteren Blick zu.

Zahnreinigerin: »Hier, beiß da mal drauf.« (Sie steckt mir einen Schlauch in den Mund, um die Spucke wegzusaugen, und macht mit ihrem Piekser weiter.) »Du benutzt wohl keine Zahnseide, wie ich es dir beim letzten Mal empfohlen habe?«

Ich: »Ähh … gasch schkink nichk.«

Warum müssen Zahnreinigerinnen immer blöde Fragen stellen, wenn man keine Chance hat zu antworten?

Zahnreinigerin: »Ich habe dir gesagt, dass du öfter Zahnseide benutzen musst. Dann hättest du nicht so viel Zahnstein. Du solltest dir vielleicht eine elektrische Zahnbürste anschaffen, damit verhindert man Plaque, Zahnstein und Karies.«

Ich: »Awwa warung gik ech dang üwerhauk angere Changgürsken?«

Zahnreinigerin: »Wie bitte?«

Ich: »Awwa warung gik ech dang üwerhauk angere Changgürsken?«

Zahnreinigern: »Wie bitte?«

Sie nimmt die Instrumente aus meinem Mund.

Ich: »ABER WARUM GIBT ES DANN ÜBERHAUPT ANDERE ZAHNBÜRSTEN?!!!«

Die Zahnreinigerin (steckt mir die Instrumente wieder in den Mund und setzt ihre Arbeit fort): »Ganz ruhig. Die gibt es, weil viele Leute elektrische Zahnbürsten unterschätzen und manche Menschen die Vibrationen nicht mögen.«

Ich: »Ich ngag die Vhibwationgen ngicht.«

Zahnreinigerin: »Also gut. Dann musst du eben öfter Zahnseide benutzen. Mindestens einmal am Tag.«

Ich: »Eingnal ang Kag? Gach gnachk goch ngiengang!«

Ich schiebe ihre Hand weg, um alle Laute zur Verfügung zu haben, die mein Mund bilden kann.

Ich: »Also, wenn ich jeden Tag Zahnseide benutze, bleibt gar nichts daran kleben. Das ist so … demotivierend. Aber wenn ich eine Woche warte, dann klebt Zeug an der Seide und ich habe den Eindruck, dass sich der Aufwand lohnt.«

Zahnreinigerin: »Igitt!«

Ich: »Machen Sie das etwa jeden Tag?«

Zahnreinigerin: »Selbstverständlich! Sogar, wenn ich nachts um zwei nach Hause komme!«

Ich (perplex): »Müssen Sie das jetzt sagen, weil Sie beim Zahnarzt arbeiten?«

Die Zahnreinigerin zuckt die Schultern (heißt das, ich habe recht? Oder nicht? Oder dass meine Frage keine Antwort verdient? Unmöglich zu sagen), öffnet meinen Mund und kratzt weiter an meinem Zahnstein herum. Dann sagt sie: »Wenn du gesunde Zähne haben willst, solltest du Zahnseide benutzen.«

Vermerk an mich selbst: Jemandem die Finger in den Mund zu stecken, um ihn am Reden zu hindern, ist eine gute Taktik, um das letzte Wort zu behalten. Merken. (Auch wenn alle mich für verrückt erklären werden, wenn ich diesen Trick im Alltag anwende.)

14:57

Die Zahnreinigerin entfernt immer noch Zahnstein und wir schweigen seit einer Minute, als ich hinzufüge: »Awa weng ich ngal weing Canking bing?«

Die Zahnreinigerin: »Äh …«

Ich: »Nguss mang weing Canking auch Chahngcheige gnehngen?«

Zahnreinigerin: »Also, zum Camping musst du vielleicht nicht unbedingt deine Zahnseide mitnehmen.«

Ich: »Ung weng ich chwei Wochen lang Canking ngache?«

Zahnreinigerin: »Du gehst ja ganz schön gern campen, was?«

Ich: »Was? Ich hasse Canking!«

Zahnreinigerin: »Dann nimm Zahnseide!«

Danach spricht sie nicht mehr mit mir. Dafür tut sie mir mit ihrem Piekser so weh, dass ich sie am liebsten beißen würde. Ich bin in der perfekten Position dazu. Aber wenn ich beiße, könnte sie sich mit ihrem Piekser verteidigen. Hm … keine gute Idee.

15:15

Nach dieser Tortur kommt der Zahnarzt. Er hat grau melierte Haare und blaue Augen, er trägt einen Kittel und seine Zähne sind strahlend weiß. (Ich bin sicher, sie leuchten im Dunkeln.) Meine Mutter steht neben mir.

Zahnarzt: »Guten Tag, Amélie. Ich habe gehört, dass deine Zahnhygiene etwas zu wünschen übrig lässt?«

Ich: »Pah! Das ist ja wohl total übertrieben!«

Zahnarzt: »Wir müssen noch einen Termin machen, weil du ein Loch hast.«

Ich: »Muss das noch dieses Jahr sein? Ich würde gerne warten, bis die Technik sich weiterentwickelt hat. Vielleicht gibt es dann ein Medikament, das Karies verschwinden lässt, oder irgendwas mit Laser. Ehrlich gesagt, in allen Bereichen wird die Technik besser, nur nicht in der Zahnmedizin. Jedenfalls, da es schon seit … einer Ewigkeit keine Neuerungen mehr gab, … würde ich lieber warten. Es gibt bestimmt schon bald eine neue Erfindung. Ich spüre es.«

Meine Mutter sieht den Zahnarzt an und zuckt die Schultern, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie nichts für meine Reden kann.

Während der Zahnarzt mir etwas erklärt, ohne dass ich zuhöre, kramt die Zahnreinigerin in einer Schublade und holt eine Zahnbürste (keine elektrische) und zwei Päckchen Zahnseide heraus (echt penetrant).

Ich: »Wenn Sie finden, dass elektrische Zahnbürsten besser sind als normale, warum verschenken sie dann normale Zahnbürsten?«

Zahnreinigerin: »Weil wir wollen, dass unsere Patienten wiederkommen. Du wirst übrigens noch oft wiederkommen, wenn du nicht deine Zahnseide nimmst.«

Ich schreie sie an (rein telepathisch), dass ich sie hasse. Ich glaube, sie antwortet mir (ebenfalls telepathisch), dass das auf Gegenseitigkeit beruht.

Während ich mich vor meinem inneren Auge schon mit gelben und schwarzen Zähnen sehe, erklärt die Zahnreinigerin meiner Mutter, dass ich unbedingt öfter Zahnseide verwenden muss, weil der pH-Wert meiner Spucke saurer ist als der anderer Menschen oder etwas in der Art.

15:45

Im Auto, mit meiner Mutter.

Ich streiche mit der Zunge über meine Zähne, die sich sehr glatt anfühlen.

Meine Mutter: »Hast du verstanden, was sie gesagt hat? Ich hoffe doch, dass du jetzt regelmäßig Zahnseide benutzt.«

Ich: »Hört endlich alle mit eurer Zahnseide auf! Ist ja gut! Ich hab’s kapiert.«

Meine Mutter: »Dass du aber auch so saure Spucke haben musst …«

Ich: »He, dafür kann ich doch nichts! Du hättest mich ja nicht zur Welt bringen müssen, wenn du dich nur beschweren willst, dass ich saure Spucke habe und du viel Geld für Zahnpflege ausgeben musst! Ich habe deine DNA, klar! So was ist genetisch!«

Meine Mutter (lachend): »Reg dich ab, Fräulein! Das war doch ein Witz.« (Sie schaut mich an.) »Soweit ich verstanden habe, muss ich viel Geld ausgeben, aber nicht für Zahnpflege, sondern für Zahnseide. Hahaha!«

Ich: ARRRRRRGGGGGHHHHHH!«

Meine Mutter lacht Tränen (sie ist echt das dankbarste Publikum ihrer eigenen Witze). Als ich sie so lachen sehe, muss ich (obwohl ich semi-beleidigt bin) selbst lachen.

Vermerk an mich selbst: Ein guter Musikclip am Morgen ist noch keine Garantie für einen perfekten Tag.

Vermerk an mich selbst Nr.2: Versuchen, ein sinnvolleres Lebensziel zu finden, als die Menschheit von Zahnseide zu überzeugen, eher was in Richtung Weltfrieden, Klimaverbesserung oder soziale Gerechtigkeit.

To do (dringend): Versuchen, die Welt mit fortschrittlichen Techniken in der Zahnmedizin zu revolutionieren.

Samstag, 6.Januar

Es schneit und schneit und schneit. Komisch, denn in diesem Winter hat es bislang nur am 13.November geschneit und da ist alles sofort wieder geschmolzen. Sieht so aus, als hätten unsere Anstrengungen, die Erderwärmung zu stoppen, endlich etwas gebracht (mit »uns« meine ich die Menschheit, wobei ich die Außerirdischen nicht ausschließe – wenn es sie denn gibt, haben sie sich vielleicht auch angestrengt, aber da der gegenwärtige Stand der Technik es nicht erlaubt, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, lässt sich nicht sagen, welche Anstrengungen sie genau unternommen haben)! Uff! Da sind wir noch einmal davongekommen!

11:34

Ich habe bei Tommy angerufen, um zu fragen, ob er Kat und mich zu Johanns Spiel begleiten will, aber sein Vater hat gesagt, er komme erst morgen von seiner Mutter zurück (die superweit weg wohnt). Dann habe ich Jean-Félix angerufen (Tommys besten Freund, mit dem Kat und ich ebenfalls viel unternehmen, seit wir auf dieselbe Schule gehen), um ihn auch einzuladen, aber er hat irgendein Familiending. Zum Abschied hat er gesagt: »Bis Montag«, und die Erinnerung daran, dass morgen schon der letzte Ferientag ist, hat in meinem Bauch ein kleines Zwicken verursacht.

14:01

Kat ist gekommen, um mich zum Spiel abzuholen. Sie hat gesagt, sie täte das nur für mich, weil Basketball sie null interessiere (na, mich auch nicht, aber Johann spielt und ich sollte mich wohl besser für die Interessen meines zukünftigen-oder-vielleicht-schon-Freundes erwärmen).

Wir erreichen die Turnhalle, und Kat sagt: »Ich hoffe, du weißt, dass ich das nur für dich mache. Zwei Tage vor Schulbeginn in die Schule zu gehen … und dann auch noch am Wochenende!«

Ich: »Danke! Du bist die Beste!«

14:15

Einige Meter weiter stehen drei Mädchen, die sich unterhalten und lachen. Es sind Frédérique Lalonde, Nadège Potvin-Martineau und Roxanne Gélinas, gute Freundinnen von Johann.

Frédérique hat blonde Haare mit rosa Strähnchen. Nadège hat schwarze Haare und braune Augen und sie sieht ein bisschen streng aus, und Roxanne hat rote Haare (sie ist die einzige der drei, deren Haarfarbe natürlich ist). Die drei haben superstylische Klamotten an. Ich betrachte sie und fühle mich ein bisschen underdressed. Ich bin eher im Freizeitlook, die drei dagegen haben sich richtig schick gemacht (das hätte ich wohl auch tun sollen …).

Ich: »Johanns Freundinnen sehen echt cool aus.«

Kat: »Findest du? Hmm … Wellensittiche, wenn du mich fragst!«

Ich: »Häh?«

Kat: »Jede Menge Farbe, Gekreisch und nix in der Birne.«

Ich: »Du bist ja zickig drauf!«

Kat: »Leute, die sich für was Besseres halten, nerven mich eben. Seit wir hier sind, gucken sie zu uns rüber, tuscheln und kichern.«

Ich: »Wir sind doch nicht in einer schlechten Soap, Kat. Das muss Zufall sein. Vielleicht stehen wir genau vor einer lustigen Werbung oder so.«

Ich schaue mich um, aber ich sehe nur Bänke und ein altes Poster von der Halloweenparty, das nicht entfernt wurde.

Kat: »Jean-Félix war früher mal mit Nadège befreundet und er hat erzählt, als sie Frédérique und Roxanne kennengelernt hat, habe sie ihn einfach fallen gelassen.«

Ich: »Bescheuert.«

Kat: »Wenigstens sind wir echte Best Friends forever and ever.«

Ich: »Genau. Uns könnte das nie passieren.«

Ich denke an den einzigen Streit zurück, den Kat und ich hatten. Das war letztes Jahr. Ich hatte aus Versehen das Geheimnis verraten (vor sehr kleinem Publikum, und nur, weil ich so stolz auf Kat war, dass es mir herausgerutscht ist), dass Kat in dem Spiel Dance Dance Revolution so gut war, weil sie das Spiel Britney Spears Dance Beat auf ihrer Playstation hatte. Sie hatte mich gebeten, niemandem davon zu erzählen, und deshalb war sie total sauer, dass ich diese Top-Secret-Information ausgeplaudert hatte. Kat hat immer irgendwelche (völlig übertriebenen) Verhaltensregeln für den Umgang mit Jungs, damit sie uns nicht für bescheuert halten. Und ihrer Meinung nach ist Britney Spears total peinlich, deshalb durfte außer mir niemand wissen, dass sie das Spiel hatte. Zum Glück haben wir uns wieder vertragen. Kat ist nämlich meine beste Freundin. Und auch wenn mir nach wie vor nicht einleuchtet, warum bestimmte Sachen geheim gehalten werden müssen, schweige ich jetzt wie ein Grab. Das ist heilig.

Aber ich finde trotzdem, dass die drei Mädels cool wirken. Sie sind in der Schule beliebt und haben bestimmt ein tolles Leben. Sie haben viele Freunde. Alle mögen sie. Sie werden nie übersehen. Sie fallen immer auf. Es muss cool sein, zu wissen, dass alle Leute dich kennen oder kennen wollen.

14:23

Kat: »Triffst du dich vor dem Spiel noch mit Johann?«

Ich: »Ähm … ich weiß nicht.«

Kat: »Hat er dich denn eingeladen?«

Ich: »Na ja … er hat gesagt, dass er ein Spiel hat. Streng genommen war das keine Einladung.«

Kat: »Seid ihr denn jetzt zusammen?«

Ich: »Ich glaube nicht. Wir haben uns geküsst, dann hat er mich ein paarmal angerufen. Aber … wir hatten keine Zeit, uns zu treffen, und wir haben nicht wieder … darüber gesprochen, weißt du.«

Kat (zeigt zur Seite): »Da ist er!«

Johann taucht in kurzen Hosen und einem T-Shirt mit dem Namen der Schule vor der Turnhalle auf.

Ich (ein bisschen aufgeregt, flüstere Kat ins Ohr): »Tu so, als wären wir zufällig hier.«

Kat (ebenfalls flüsternd): »Also, hier sind gerade mal fünfzehn Schüler, die verrückt genug sind, vor dem Ende der Ferien in die Schule zu kommen, alle anderen sind Eltern. Sorry, dass ich dich enttäuschen muss, aber es wird schwer sein, so zu tun, als wären wir zufällig hier.«

Ich: »Dann tu so, als hätte ich dir gerade einen superguten Witz erzählt.«

Kat: »Häh?«

Ich: »Du sollst lachen!!!!!«

Kat fängt wie verrückt an zu lachen. Frédérique, Nadège und Roxanne drehen sich zu uns um und ich ziehe den Kopf ein. Johann kommt zu uns rüber.

Er: »Hallo!«

Ich: »Hallo!«

Er: »Cool, dass du gekommen bist.«

Ich: »Ja, cool.«

Und das, so bescheuert es klingen mag, war im Wesentlichen unsere Unterhaltung, bevor er wieder zu seiner Mannschaft lief, weil das Spiel gleich losging.

14:45

Während des Spiels mache ich im Geiste eine Liste aller intelligenten Dinge, die ich auf »Cool, dass du gekommen bist« hätte antworten können:

»Ich liebe Basketball, ich kann es kaum erwarten, dich spielen zu sehen!« (Dazu wahlweise ein Augenzwinkern.)

»Aber klar doch! Man muss schließlich die Schulmannschaft unterstützen!« (Dazu wahlweise einen erhobenen Daumen.)

»Ich hoffe, du spielst gut, damit ich nicht umsonst gekommen bin.« (Hihi! Das hätte ich wohl eher nicht gesagt!)

15:23

Ich habe nur Augen für Johann. Er bewegt sich unglaublich elegant, passt zu den anderen Spielern und macht viele Körbe. Er ist groß und rennt schnell. Wenn er im Zickzack zwischen den anderen durchdribbelt, spannen sich seine Kniesehnen an. Ich finde das sexy. Ich habe das Gefühl, dass meine Augen ihm funkelnde Strahlen zuwerfen. Sport war noch nie mein Ding, und bei einem Spiel zuzugucken fand ich noch nie so, äh, interessant.

Kat (neigt sich zu meinem Ohr): »Können wir bald gehen? Das ist total lahm.«

In dem Moment brechen die drei Mädchen in schrilles Gelächter aus und Kat guckt mich an und sagt: »Hab ich doch gesagt, Wellensittiche!«

Ich: »Die haben doch einfach nur Spaß!«

Kat: »Das sagst du nur, weil es die Freundinnen von deinem neuen Lover sind.«

Ich: »Psssst! Ich weiß doch gar nicht, ob wir jetzt zusammen sind.«

Kat: »Ich hoffe jedenfalls, dass wir dann nicht die ganze Zeit Basketball gucken müssen.«

Sie fügt hinzu, sie mache lieber selbst Sport, als anderen dabei zuzuschauen. Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll, denn ich für meinen Teil mag weder das eine noch das andere. Ich mache nur Sport, wenn ich muss, also in der Schule. Und sogar in der Schule habe ich gegen die üblichen Mannschaftssportarten protestiert und meinem Lehrer vorgeschlagen, andere Sportarten aufs Programm zu setzen, woraufhin wir mit Yoga angefangen haben.

16:00

Plan, den Kat und ich uns ausgedacht haben: Wir gehen nach dem Spiel zu Johann und gratulieren ihm (auch wenn seine Mannschaft verloren hat).

16:04

Ich warte vor der Turnhalle auf ihn. Als er herauskommt, rufe ich ihm zu: »Glückwunsch!«

Johann: »Wir haben doch verloren …«

Ich (in Gedanken bei seinen sexy Sehnen): »Ja, aber … du hast echt gut gespielt.«

Johann: »Hmpf, ich hätte besser sein können …«

O.k., jemandem zu gratulieren, der eine Niederlage erlitten hat, ist vielleicht doch keine gute Idee.

Johann: »Das lag daran, dass ich dir deinen Pulli zurückgegeben habe.« (Und er lächelt, wuhuuuu!) »Morgen habe ich was mit meiner Familie vor.«

(Warum sagt er das jetzt? Um mir zu zeigen, dass er viel zu tun hat? Um sich interessant zu machen?)

Ich: »Ah. Ja, ich auch. Puh, immer was los … absolut keine Zeit.«

Johann: »Sehen wir uns Montag in der Schule?«

Ich: »Öh … ja … na klar.«

Sonntag, 7.Januar

Ich fege mein Zimmer, höre dabei Musik und stelle mir vor, mit Prinz William zu tanzen. (Die Vorstellung finde ich ziemlich lustig, da ich bezweifle, dass Prinz William mit jemandem tanzen würde, der einen Besen in die Hand nimmt.)

Ich finde, die Liebe wird immer komplizierter, je älter man wird (unabhängig davon, ob man einen Besen in der Hand hat). Ich erinnere mich, dass mich Sébastien Boudreault in der fünften Klasse in der Pause gefragt hat, ob ich mit ihm gehen wolle, und peng, in zwei Sekunden war alles geregelt und wir waren ein Paar. (Zugegeben, unsere Beziehung war so schnell vorbei, wie sie begonnen hatte, als ich hörte, dass er diese Frage in der gleichen Pause bereits sechs anderen Mädchen gestellt hatte. Genau genommen habe ich ihm niemals mitgeteilt, dass unsere Beziehung beendet war, weil ich fand, dass sich das von selbst erklärte. Bin ich technisch gesehen also noch mit Sébastien Boudreault zusammen? Hmm …)

Seit ich, ähm, der Liebe mein Herz geöffnet habe, bin ich wie ausgewechselt. Ich bin völlig gaga. Ich stelle mir bescheuerte und stressige Fragen. Zu Weihnachten hat Johann mir den Pulli zurückgegeben, den er mir geklaut hatte, und gesagt, er hätte ihm Glück bei seinen Spielen gebracht. Dann haben wir uns geküsst. Und er hat mich in den Ferien andauernd angerufen (na gut … fünfmal). Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Das nervt. Eigentlich würde ich mein Herz ganz gerne wieder zumachen, dieses Gefühl ist einfach zu kompliziert für mich.

17:38

Beim Essen steckt François Sybil kleine Fleischstückchen zu, als meine Mutter gerade eine Flasche Ketchup holt.

Ich (flüsternd): »Meine Mutter will nicht, dass wir der Katze was vom Tisch abgeben.«

François (legt sich den Zeigefinger auf den Mund): »Psst.«

Meine Mutter kommt zurück und François und ich essen schweigend weiter. Ich gucke verstohlen zu Sybil, die sich zufrieden die Schnauze leckt.

Meine Mutter: »Was heckt ihr beiden aus?«

François und ich (grinsend): »Nichts!«

18:56

Meine Mutter telefoniert mit meiner Tante Loulou in ihrem Zimmer und François liest im Wohnzimmer. Ich schleiche um ihn herum und warte, dass er fertig wird.

18:57

François blickt auf und sieht mich an. Das ist das erste Mal, dass ich ihn mit Brille sehe. Er sagt: »Suchst du etwas?«

Ich: »Nein. Ich … wusste gar nicht, dass du eine Brille trägst.«

François: »Du wirst mich immer besser kennen lernen.«

Ich: »Warum?«

François: »Weil wir uns jetzt öfter sehen.«

Ich: »Ach. So. Ja … nicht schlecht, die Brille.«

François: »Danke.«

Ich: »Ähm … François?« (Ich vergewissere mich, dass meine Mutter noch immer in ihrem Zimmer ist, ich will nicht, dass sie uns hört.)

François (hebt den Kopf und nimmt die Brille ab): »Ja, Amélie?«

Ich: »Wenn ich dich etwas frage, kann das« (ich senke die Stimme) »unter uns bleiben?«

François: »Aber ja.«

Ich: »Also … in der Schule ist so ein Junge.«

François: »Du hast einen Freund!«

Ich: »Pssssst! Nein. Aber, also, ich habe da ein paar Fragen. Also, der Typ … na ja … zu Beginn des Schuljahrs hat er mich geschubst, nass gespritzt und mir meinen Pulli geklaut …«

François: »Soll ich den Direktor informieren?«

Ich: »Nein, nein! Ich hatte das auch erst so verstanden, aber eigentlich wollte er mich (ich mache mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft) anbaggern.«

François: »Ach ja? Na ja, manchmal sind wir Männer ganz schön bescheuert! Hahaha!«

Ich: »Hmmja. Aber neulich haben wir uns, ähm,« (ich senke die Stimme) »geküsst. Und in den Ferien hat er fünfmal angerufen. Und dann habe ich ihm bei seinem Basketballspiel zugeguckt, aber jetzt passiert nichts mehr.«

Ich schaue François an und warte auf eine klare Ansage, um »die Männer« zu verstehen. Aber als er mich nur ansieht, füge ich hinzu: »Also … was hältst du davon?«

François: »Hat er gewonnen?«

Ich: »Was?«

François: »Bei dem Spiel, bei dem du zugeguckt hast?«

Ich: »Nein.«

François: »Wir Jungs haben unseren Stolz. Vielleicht hat er sich schlecht gefühlt, weil du gesehen hast, dass seine Mannschaft verloren hat.«

Ich: »Aber … woher weiß man, ob man mit jemandem zusammen ist oder nicht?«

François: »Ich weiß nicht, wie das in deinem Alter ist, aber in meinem Alter fängt man an, sich häufiger zu treffen und dann ergibt sich das ganz natürlich. Du hattest doch schon mal einen Freund.«

Ich: »Ja, aber … ich wollte, dass es dieses Mal … anders ist.«

François: »Pass auf jeden Fall auf, dass er dich nicht weiter schubst. Seine komischen Methoden gefallen mir ganz und gar nicht.«

Ich: »Mach dir keine Sorgen! Er ist total nett.«

19:03

HOROSKOP

Krebs

Jupiter verleiht dir unwiderstehlichen Charme. Aus allen Richtungen flattern die Einladungen herein! Bei einem Ausflug in der Gruppe schätzen alle deinen Humor! In der Schule übertriffst du dich selbst. In Sachen Liebe verdrehst du einige Köpfe. Pass gut auf!

Ich muss wirklich aufhören, mein Horoskop zu lesen, das ist so ein Quatsch! (Aber sollte es stimmen: voll cool!!! Allerdings haben sie für Löwe, Steinbock und Jungfrau das Gleiche geschrieben, nur in anderen Worten …)

Montag, 8.Januar

Rückkehr (traurig, aber unausweichlich) in die Schule.

Tommy wartet im Flur auf mich. Ich suche Sybil, um mich von ihr zu verabschieden, finde sie aber nirgends. Ich bücke mich und schaue unters Sofa. Tommy wird ungeduldig und sagt, ich solle mich beeilen. Ich erkläre ihm, dass ich nicht gehen kann, ohne Sybil Auf Wiedersehen zu sagen. Er sagt, sie sei nur eine Katze und verstehe mich sowieso nicht. Pfff! Was weiß der schon von Katzenpsychologie?

Ich finde Sybil schließlich unter einem Sessel im Wohnzimmer und verabschiede mich von ihr. Als ich die Tür öffnen will, ruft meine Mutter: »Vergiss deine Mütze nicht!!!! Es ist eiskalt heute.«

Ich: »Ja, ja.«

Ich gucke Tommy an und verdrehe die Augen, dabei vergesse ich ganz zufällig meine Mütze (sie glaubt mir nie, wenn ich sage, dass ich wärmeres Blut habe als sie und nie friere, nicht einmal, wenn es richtig kalt ist. Ich wäre perfekt geeignet, eine Expedition in die Antarktis zu machen oder etwas in der Art).

Auf dem Schulweg erzählt Tommy von seinen Ferien. Er hat Weihnachten bei seiner Mutter gefeiert und seine alten Freunde wiedergesehen (er sagt, er hätte das Gefühl gehabt, nicht mehr viel mit ihnen gemeinsam zu haben, als wäre ihre Verbindung zerbrochen). Während er redet, folge ich einem plötzlichen Impuls und umarme ihn.

Tommy: »Was ist denn mit dir los?«

Ich: »Du hast mir gefehlt! Du, mein Lieblingsnachbar!«

Tommy: »Mach das bloß nicht zu oft. Sonst denkt noch jemand, dass wir zusammen sind. Ich will meinen guten Ruf nicht verlieren.«

Ich verpasse ihm einen Stoß mit meinem Rucksack und wir lachen.

8:37

Bei den Schließfächern treffen wir Kat, die uns erzählt, dass ihre Schwester Julianne sich jetzt genauso anzieht wie sie, was sie etwas unschön findet (um es höflich zu formulieren). Tommy erklärt ihr, dass es Schlimmeres auf der Welt gibt, als Jean-Félix zu uns stößt, der sich freut, uns gefunden zu haben. Kat und ich umarmen ihn nacheinander zur Begrüßung. Er wird rot.

Tommy: »He, Mädels! Ihr übertreibt!«

Kat: »Du solltest froh sein, dass du uns hast!«

Tommy: »Ich wäre gut ohne euch ausgekommen! Es ging uns viel besser, bevor ihr gekommen seid, ganz entspannt unter Jungs.«

Während der Krieg zwischen Kat und Tommy wieder losgeht, guckt Jean-Félix mich an und sagt: »Meinst du, aus den beiden wird noch ein Paar?«

Ich: »Das würde mich überraschen … Kat ist Widder und Tommy Skorpion … Keine gute Kombi.«

Nicolas geht an uns vorbei, grüßt und wünscht uns ein frohes neues Jahr.

Jean-Félix: »Und auf so was stehst du? «

Ich: »Überhaupt nicht! Pfff! Echt nicht! Das ist Schnee von gestern!«

Jean-Félix: »Ich meinte doch Astrologie!«

Ich: »Oh! Aaaaah! Hahahaha! Ich dachte, du meintest … Nicolas! Hahahaah! Nein, da stehe ich nicht drauf. Astrologie, meine ich. Äh … und auf Nicolas auch nicht. Das sage ich nur, weil ich gestern zufällig was über Widder und Skorpione gelesen habe. Ich habe die ganzen Horoskope in der Miss gelesen, weil ich … einfach nix zu tun hatte.«

Mittags

Kat, Tommy, Jean-Félix und ich essen gemeinsam in der Cafeteria. Ich frage mich, ob Johann zu mir herschaut, aber ich will mich nicht umdrehen. Ich frage Kat diskret, ob er mich beobachtet. Sie schaut zu seinem Tisch und sagt, er unterhalte sich mit seinen Freunden, darunter auch die drei Mädchen, die wir beim Basketballspiel gesehen haben.

12:32

Kat: »Achtung, er kommt!«

Er läuft an unserem Tisch vorbei, um sein Tablett wegzubringen, und sagt: »Hi, Amélie.«

Ich drehe mich um und sage herablassend (völlig unbeabsichtigt): »Oh. Hi.«

Und er geht weiter.

Kat: »He! Wie soll er bitte darauf kommen, dass du auf ihn stehst?«

Ich: »Weiß ich auch nicht. Wenn ich ihn sehe, bringe ich einfach kein Wort raus und mein Gehirn schickt mir nur unpassende Reaktionen.«

Kat: »Oooooh! Das ist die Liiiiieeeeebe!«

15:05

Mathe.

Madame Bouchard, eine meine Lieblingslehrerinnen, wird von einem Lehrer namens Monsieur Simard vertreten. Sie hat sich in den Weihnachtsferien beim Skifahren ein Bein gebrochen und ist mehrere Wochen krankgeschrieben.

15:45

Ich habe Johanns Namen in meinen Terminkalender geschrieben und die Buchstaben so oft nachgezogen, dass die Seite gerissen ist.

21:00

Hand aufs Herz, ich erkläre hiermit offiziell meine Inkompetenz in Sachen Liebe und mein absolutes Unverständnis dieser Materie.

Dienstag, 9.Januar

Physik.

Monsieur Gagnon: »Wie ihr bereits in der achten Klasse gelernt habt, sind Kumuluswolken Konvektionswolken. Wenn kleinere Luftmassen sich erwärmen, dehnen sie sich aus und verdrängen Luftmassen desselben Gewichts wie die erwärmten Luftmassen. Die erwärmte Luft wird mit einer Kraft aufwärts gedrückt, die dem Gewicht der verdrängten Luftmasse entspricht. Die Aufwärtsschubkraft lässt die Luftmasse also ansteigen. Wenn eine Luftmasse auf ein Hindernis trifft, beispielsweise einen Berg, muss sie ausweichen. Sie muss also aufsteigen. Wir lernen heute die chemische Zusammensetzung und die Formeln der Gase kennen, die Einfluss auf die Atmosphäre nehmen.«

Ich werfe Kat aus den Augenwinkeln einen Blick zu, um zu sehen, ob sie etwas kapiert. Sie zuckt die Achseln, um mir ihr totales Unverständnis zu signalisieren. Ein Glück, ich bin nicht die Einzige, die absolut gar nichts versteht. Er könnte genauso gut Chinesisch sprechen. Aber am Anfang hat er gesagt, »wie ihr in der achten Klasse gelernt habt«, also müsste etwas davon meinem Gehirn bereits bekannt sein. Ich glaube, mein Gedächtnis nimmt eine Auslese aller Informationen vor und hielt es in diesem Fall nicht für sinnvoll, irgendwelches Zeug über Wolken abzuspeichern (zugegeben, hätte mein Gehirn mich vorher nach meiner Meinung gefragt, hätte ich ihm recht gegeben).

9:45

Der Lehrer spricht jetzt von Luftveränderungen, saurem Regen, SO2, NO3 und NO2O5, während ich zuschaue, wie die Uhr die Sekunden herunterleiert.

10:35

Wenn mich ein Typ interessiert, sage ich nur bescheuerte Sachen. Das musste ich wieder einmal feststellen, als ich Johann nach der Physikstunde auf dem Weg zum Geschichtskurs im Gang traf. Er kam gerade von der Toilette und fragte mich, ob ich traurig sei, weil die Schule wieder losging. Und ob ich schon viele Hausaufgaben aufbekommen hätte usw. Kurz gesagt, er stellte die ganzen guten Fragen! Und weil ich die Fragen nicht einfach zurückgeben wollte, sondern ihm zeigen wollte, dass ich mich für ihn interessierte, fragte ich ihn (nach einem Moment völliger Stille, in dem wir uns ansahen und ich kein Wort über die Lippen brachte): »Hast du eigentlich manchmal Probleme, weil du so groß bist, also zum Beispiel … weil die Toiletten zu niedrig für dich sind?«

Ich bin überzeugt, dass ich weder mein Gehirn unter Kontrolle habe noch meinen Mund noch irgendwas anderes. Ich schlug mir in Gedanken mit der Hand gegen die Stirn, in echt ließ ich es lieber bleiben, sonst hätte er noch gedacht, ich litte unterm Tourette-Syndrom oder so (obwohl es schon praktisch wäre, den Mist, den ich von mir gebe, auf irgendein Syndrom schieben zu können …).

To do: Zum Arzt gehen und mir offiziell ein Syndrom bestätigen lassen.

Johann antwortete jedenfalls (etwas erstaunt):

»Äh, nein. Die Toiletten sind in Ordnung.«

Wie peinlich! Wie peinlich! Peeeeiiiiiiiiinlich (x 1000)!

Er wollte gerade weitergehen, als ich sagte: »Ähm … Johann?«

Er (drehte sich um): »Ja?«

Ich: »Hast du vielleicht Lust, nach der Schule noch was zu machen?«

Die Worte sind einfach so aus meinem Mund gekommen, paff.

Und er hat Ja gesagt!

Hihihuhihi!

16:17

Johann und ich sind in einem Fast-Food-Restaurant in der Nähe der Schule. Er hat vorgeschlagen, dort einen Kakao zu trinken. Wir unterhalten uns schon seit fünf Minuten über alles Mögliche, als er fragt: »Ziehst du deinen Mantel gar nicht aus?«

Ich: »Oh! Upps … Stimmt ja. Ich hatte ganz vergessen, dass … Winter ist.«

Er lacht und sagt, dass ich echt witzig bin.

Ich (nachdem ich mir den Mantel ausgezogen und einen Schluck Kakao getrunken habe, der nach heißem Wasser schmeckt): »Also … das mit meinem Pulli, das war echt süß.«

Johann: »Hmm. Bei dem Spiel neulich hätte ich ihn gebrauchen können.«

Ich: »Ach was, du warst echt gut.« (Nicht gesagt: mit deinen sexy Sehnen.)

Johann: »Findest du?«

Ich: »Ja. Du bist so groß, dass der Korb für dich genau in der richtigen Höhe ist.«

Johann: »Die Toiletten aber nicht!«

Ich (spüre, dass ich rot werde): »Entschuldige … Manchmal rede ich totalen Schwachsinn.«

Johann: »Quatsch, du hast recht. Ich habe hinterher darüber nachgedacht und ich finde, es stimmt, die Toiletten sind wirklich ein bisschen zu niedrig für mich.«

Ich: »Ah.«

Wir sehen uns an. Ich werfe zufällig einen Blick nach oben. Und entdecke eine Spinne, die sich von der Decke abseilt, genau über unserem Tisch. Instinktiv springe ich auf, renne zur Tür und schreie: »Ahhhhhhhhh!!!!!!!!!!!!!«

Als mir die Kälte entgegenschlägt, fällt mir auf, dass ich meinen Mantel vergessen habe. Ich drehe mich um und sehe, dass sich mehrere Leute nach mir umgedreht haben und mich beunruhigt anschauen. Mein Mund steht auf und mein Blick huscht unruhig umher. Ich sehe Johann mit unseren Mänteln, er schlängelt sich zwischen den Tischen durch und einige Leute sehen genervt aus und scheinen sich zu fragen, was los ist. Etwas verlegen sage ich: »Ähm … falscher Alarm. Hihi.«

Johann reicht mir meinen Mantel, wir gehen raus und ich schwöre mir, dieses Restaurant nie wieder zu betreten (ich hatte ja ohnehin beschlossen, mich gesund zu ernähren, aber bislang habe ich mich nicht daran gehalten, ein Vorfall wie dieser ist also praktisch …).

16:21

Sobald wir draußen sind, bricht Johann in Lachen aus und schlägt vor, schleunigst hier abzuhauen (ich muss an seine sexy Sehnen denken). Als wir weit genug weg sind, fragt er, was in mich gefahren sei. Ich entgegne:

»Ich habe Angst vor Spinnen.«

Johann: »Was? Wieso das denn?«

Ich (zucke die Schultern): »Ich weiß nicht.«

Johann: »Du kannst sie doch einfach zerquetschen, du bist doch viel stärker als sie.«

Ich: »Ich finde, dass sie irgendwie … intelligent wirken.«

Johann: »Intelligenter als du?«

Ich: »Na … sie würden bestimmt keinen Typen fragen, ob ihm das Klo zu niedrig ist!«

Johann lacht und sagt: »Danke, dass du dir um mich Sorgen machst.«

Ich lache ebenfalls. Ich trete von einem Fuß auf den anderen, um nicht zu frieren. Ich habe weder Mütze noch Handschuhe dabei, mir ist total kalt. Johann nimmt meine Hände und streift mir seine Handschuhe über. Er sieht mich an. Ich sehe ihn an. Er hat dunkelbraune, lockige Haare, braune Augen (und sexy Sehnen, aber die sehe ich nur in meiner Vorstellung, weil er Jeans trägt). Und wir küssen uns. (Huuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu!!!!!!!!!!)

Auf dem Weg nach Hause (während wir in seinem Handschuh Händchen halten, so süüüüüüß!), gesteht er mir, seine Freundin Frédérique (die auch seine Ex ist) habe gesagt, dass er ein bisschen zu anhänglich sei, dass er immer alles überstürze und es entspannter angehen solle. Und das habe er versucht, um mich nicht zu überrumpeln. Er sagt, er habe mich Samstag vor der Turnhalle unbedingt küssen wollen, aber das hätte seinem Trainer sicher nicht gefallen. Und da wir uns vor den Weihnachtsferien in der Schule geküsst und dafür einen Verweis wegen »öffentlicher Liebesbezeugungen« bekommen haben, könne er sich keine weiteren Verstöße mehr leisten, weil er sonst nachsitzen müsste und das Training oder sogar Spiele verpassen würde. Außerdem sei er etwas verunsichert gewesen und habe nicht gewusst, ob ich mich noch für ihn interessierte (bestimmt wegen meines überheblichen Gesichtsausdrucks, der, ich wiederhole es, völlig unbeabsichtigt war). Aber er habe wieder Hoffnung geschöpft, als ich ihn gefragt habe, ob er nach der Schule etwas unternehmen wolle (in dem Moment funktionierte mein Sprachzentrum wieder tadellos).

Statt einer Antwort grinse ich ihn selig an (habe ich schon mal erwähnt, dass mir Eichhörnchen-Gehirnzellen transplantiert wurden?), klimpere mit den Augen (hätte ich mich selbst nicht gekannt, ich hätte mich für total bescheuert erklärt) und vor unserem Haus (wo niemand uns sehen konnte) sagt er: »Ich freue mich so.«

19:50

Ich telefoniere seit einer halben Stunde mit Kat und berichte ihr jedes Detail (mit einigen Ergänzungen, etwa dem Kribbeln meiner Hände in Johanns Handschuhen, das absolut nichts mit der Kälte zu tun hatte, und einigen Auslassungen, etwa, wie ich mich im Fast-Food-Restaurant blamiert habe …).

Ich erzähle ihr, dass Frédérique meine Verbündete ist und Johann sogar Tipps gegeben hat, um mich zu erobern. Kat ist nicht überzeugt. Sie meint, sie finde diesen Ratschlag verdächtig. (Ich glaube, sie ist nicht objektiv, wenn es um die »Wellensittiche« geht …) Dann vertraut sie mir ein ultrageheimes Geheimnis an: Sie steht auf unseren neuen Mathelehrer. Das überrascht mich nicht sehr, letztes Jahr war sie schon in ihren Reitlehrer verknallt. Ich sage zu ihr, wenn sie einen Freund haben will, soll sie sich nicht immer Typen aussuchen, die viel älter sind als sie. Sie erwidert, sie finde die Typen in unserem Alter alle blöd und sie habe es nicht eilig, sie könne einen Mann auch jahrelang im Stillen lieben, das finde sie sogar romantisch. Dann sagt sie noch, es sei witzig, wie in einem dieser Filme, in dem zwei Figuren die Rollen tauschen. Früher wollte sie unbedingt einen Freund haben, und jetzt ich. (Witzig?) Dieser Kommentar beleidigt mich ein bisschen, weil ich gar nicht unbedingt einen Freund haben will. Es ist reiner Zufall, dass ich einen coolen Typen kennengelernt habe, der mich mag und der mir gefällt … irgendwie. Wir unterhalten uns noch eine Weile über andere Dinge, als Kat plötzlich kreischt: »Raus aus meinem Zimmer! Raaaaaauuuus! Entschuldige, meine Schwester rückt mir schon wieder auf die Pelle!«

Ich: »Ist nicht schlimm. Was hast du gerade gesagt?«

Kat: »Ich leihe dir nicht meine Hose! Hör auf, in meinem Schrank zu wühlen! Mamaaaaaaaaaaaa!!!!!!!! Am, sorry, ich muss jetzt auflegen.«

21:30

Er hat gesagt: »Ich freue mich so!«

Huuhuuuuuuuuuu! (Ich zappele in meinem Bett herum, zum Leidwesen Sybils, die schon geschlafen hat.)

21:35

Huuuaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhh! Es wäre echt komisch, wenn ich jetzt, Jahre später, Sébastien Boudreault anriefe und ihm sagte: »Übrigens, mit uns ist es aus, ich habe jetzt einen neuen Freund.« Das Gesicht würde ich gerne sehen! Bei dem Gedanken platze ich fast vor Lachen!!! Hahaha!

22:00

Ich weiß nicht, wie ich einschlafen soll. Mein Herz klopft viel zu heftig.

Mittwoch, 10.Januar

Johann und ich haben beschlossen, jeweils mit unseren Freunden zu Mittag zu essen und uns im Anschluss zu treffen, um zu kickern oder Hausaufgaben zu machen oder so (»oder so« heißt, eine Weile das Schulgelände zu verlassen, um zu knutschen, hihi).

Beim Essen erzählt Kat, sie habe herausgefunden, dass Julianne an ihren Kleiderschrank geht, wenn sie nicht da ist, und heimlich ihre Sachen anzieht. Kat hat sich bei ihren Eltern beschwert, aber die fanden das nicht weiter schlimm. Sie haben Kat aufgefordert, mit ihrer Schwester zu »teilen«. Julianne haben sie nur vorgeschlagen, zu fragen, bevor sie sich Sachen ausleiht. Kat musste ihnen erst mal erklären, dass Klamotten etwas sehr Persönliches sind. Julianne meinte, wenn sie die Sachen sowieso irgendwann erbt, wenn sie sie gar nicht mehr haben will, dann sehe sie nicht ein, warum sie so lange warten müsse. Julianne hat gesagt – Kat betont jede Silbe –, sie fühle sich wie ein Altkleidercontainer. Und außerdem will Julianne jetzt auch reiten, so wie Kat.

Jean-Félix: »Nachahmung ist eine Form der Bewunderung.«

Tommy: »Sie hat sich nur die Falsche ausgesucht.«

Kat (sieht Tommy mit zusammengekniffenen Augen an): »Ha. Ha.« (Sie dreht sich zu mir.) »Ich fühle mich, als hätte ich … einen Klon. Was soll ich nur tun?«

Ich denke nach und gucke aus dem Augenwinkel zu Johann rüber, der an seinem Tisch sitzt und mir zulächelt. Ich gerate eine Sekunde lang ins Träumen, wobei ich bestimmt nachdenklich aussehe, genau wie es die Situation erfordert. Trotzdem fragt Kat: »He, hörst du mir überhaupt zu?«

Ich: »Natürlich! Klar! Siehst du denn nicht, dass ich nachdenke?«

Ich mache noch einmal ein grüblerisches Gesicht, um meiner Aussage Nachdruck zu verleihen, und schlage vor, wirklich genial: »Tu so, als ob dir deine Sachen nicht mehr gefallen und schenk sie ihr.«

Kat: »Alle?«

Ich: »Ja. Das nennt man umgekehrte Psychologie.«

Donnerstag, 11.Januar

Der Plan ist nicht aufgegangen.

Kat hat meinen Rat befolgt und Julianne hat sich wiiiiiiirklich gefreut. Ergebnis: Kat hat so gut wie nichts mehr zum Anziehen. Sie hat versucht, sich ihre Sachen zurückzuholen, aber Julianne hat gesagt: »Geschenkt ist geschenkt.«

Sie haben sich wieder einmal gestritten und Kat musste ihren Eltern erklären (wobei sie nicht erwähnte, dass die Idee von mir stammte), dass das eine List gewesen sei, um »ihr Leben zurückzubekommen«. Ihre Eltern haben ihr ihre Sachen zurückgegeben und ihre Töchter aufgefordert, sich zu vertragen. Sie haben zu Kat gesagt, Julianne habe das Recht darauf, den gleichen Geschmack zu haben wie sie, und sie könne ihre Schwester nicht daran hindern, zu tun, was sie wolle. Kat hat eingewilligt, dass Julianne Reitunterricht bekommt, aber sie will nicht, dass sie an ihren Kleiderschrank geht. Sie hat gesagt, sie brauche ihre Privatsphäre und sie wolle ihre Kleider tragen können, wann immer sie will (was nicht geht, wenn Julianne sie gerade trägt: logisch).

Kurz gesagt, mein Plan hat zwar nicht funktioniert wie vorgesehen, aber die Situation hat sich dadurch trotzdem verbessert.

Vermerk an mich selbst: Die Liebe inspiriert mich und macht mich zu einer erstklassigen Ratgeberin für die Probleme des Alltags. Ich sollte eine Lebensberatungspraxis eröffnen, um die Probleme der ganzen Menschheit zu lösen (immerhin hat mein Einsatz für den Umweltschutz die Lage des Planeten schon maßgeblich verbessert, ich fühle mich wirklich sehr nützlich hier auf Erden).

16:00

Nach der Schule treffen Kat, Jean-Félix, Tommy und ich uns bei Tommy im Keller, und Tommy spielt Gitarre. Ich dichte spontan ein kleines Lied, das alle zum Lachen bringt:

Ich lieh meiner Schwester

einen Pulli, es war mein bester.

Jetzt stinkt er nach Schweiß

und mir ist vor Wut ganz heiiiiiiiiß!

Freitag, 12.Januar

Heute Abend war ich mit Johann im Kino. Es war total cool (bis auf das Popcorn, mir ist ein Stück zwischen den Zähnen stecken geblieben und ich habe den ganzen Film über erfolglos versucht, es zu entfernen, was mich extrem abgelenkt hat).

Dann sind wir zu einem seiner Freunde gegangen, der eine Party gegeben hat. Ich habe jede Menge Leute kennengelernt. Ich weiß nicht, ob das Johanns Einfluss ist, aber ich habe das Gefühl, irgendwie »normaler« zu sein, wenn ich mit ihm zusammen bin. Ich schaffe es, mich mit den Leuten zu unterhalten, ohne blödes Zeug von mir zu geben. (O.k., ich musste auch nicht viel sagen, weil vor allem Johann geredet hat, es waren schließlich seine Freunde, aber wenn ich etwas gesagt habe, hat es ziemlich gut geklappt, »neurologisch« betrachtet.)

Am Ende der Party waren nur noch wenige Leute da und Johann und ich haben uns aufs Sofa gelegt. Wir lagen ganz eng aneinandergeschmiegt, schauten uns an und verhakten unsere Finger. Johann fragte: »Und, wie gefällt es dir, auf eine Schule mit Jungs zu gehen?«

Ich: »Hm … gar nicht so schlecht.«

Johann: »Wer ist dein Lieblingslehrer?«

Ich: »Ich mag Madame Carignan sehr gerne, meine Französischlehrerin. Sie unterstützt mich sehr mit meinen Gedichten. Und Madame Bouchard, aber die ist gerade krankgeschrieben.«

Johann: »Ich habe gehört, dass alle Mädchen auf den Vertretungslehrer stehen.«

Ich: »Monsieur Simard? Ach, echt? Ich persönlich kenne kein Mädchen, das auf ihn steht.«

Johann (lacht): »Alle Mädchen stehen auf ihn.«

Ich: »Gar nicht!!! Echt!«

Johann: »Hattest du schon viele Freunde vor mir?«

Ich: »Hm … Nein. Einen. Nein, zwei! Aber der erste zählt nicht, das war noch in der Grundschule und … also, einen. Und du?«

Johann: »Und war er dir sehr wichtig?«

Ich: »Äh … na ja … so wichtig, wie ein erster Freund halt ist.« (Nicht gesagt: superwichtig.) »Und du?«

Johann: »Fühlst du noch etwas für ihn?«

Ich: »Tsss! Nein! Echt nicht! Und du?«

Johann: »Ich fühle auch nichts für ihn.«

Wir lachen.

Ich: »Und du?«

Johann: »Ein paar, aber vor dir war ich nur in Frédérique verliebt.«

Mein Schlagfertigkeits- und Sprachproblem ist ganz plötzlich wieder da. Er hat mir gerade durch die Blume gesagt, dass er in mich verliebt ist! Ich bin sprachlos. Bis jetzt war mir dieses Gespräch eher unangenehm, aber gerade nimmt es eine erfreuliche Wendung.

Sein Gesicht ist ganz nah an meinem. Er sieht mich mit leuchtenden Augen und einem kleinen Lächeln an und ich küsse ihn (das ist mal eine nette Abwechslung zum Küssen im Stehen, wenn ich mir den Hals verrenken muss, weil er so viel größer ist als ich). Nach ein paar Minuten necken uns seine Freunde und wir müssen lachen.

23:15

Meine Mutter erwartete mich im Wohnzimmer, als ich völlig aufgedreht nach Hause kam (total elektrisiert). Sie hat mich so richtig zur Schnecke gemacht. Sie sagte, sie habe sich solche Sorgen gemacht, blablabla, sie sei kurz davor gewesen, die Polizei zu rufen, blablabla, ich hätte Bescheid sagen sollen, blablabla. Und sie sagte, ich dürfe nie wieder ausgehen, ohne ihr zu sagen, wohin (ich kann mich genau erinnern, ihr gesagt zu haben, dass ich erst mit Johann ins Kino und danach auf eine Party gehe, es ist nicht meine Schuld, wenn sie unter Gedächtnisschwund leidet). Darauf folgte noch mehr Blabla, aber ich ließ es mit einem seligen Lächeln über mich ergehen (das sie als arrogant bezeichnete, dabei war es einfach das Lächeln der Liiieeeebe). Kurz gesagt, ich habe jetzt einen (völlig tyrannischen) Zapfenstreich um 22 Uhr am Wochenende und (noch schlimmer) um 20 Uhr in der Woche (sogar wenn ich nur bei Tommy bin, der direkt nebenan wohnt). Leider ist mir kein einziges Gegenargument eingefallen, da ich nicht ganz bei mir war (so überwältigt vor Glück, dass ich hätte fliegen können).

23:44

Lalalalalalalalalalalalalalalalalaaaaaaaaaaaaaa.

Sybil beobachtet mich, während ich ein Lied trällere, das ich mir gerade ausgedacht habe (die Liebe macht mich musikalisch). Ich sehe im Dunkeln nur zwei grüne Augen leuchten. Sie macht jedes Mal »ruuuuu«, wenn ich zwischen dem »Lalala« eine Pause mache, was sehr melodisch klingt, wenn man mich fragt. Wir zwei sind ein super Duo, etwa wie die White Stripes!

Meine Rede bei der Preisverleihung für den besten Song des Jahres (bei der mir der Moderator zu meinem tollen Kleid gratuliert):

»Zuallererst möchte ich meiner lieben Freundin Sybil danken. Alle hielten mich für verrückt, als ich das Album Meine Katze und ich veröffentlichen wollte, bis sie Sybils einzigartiges Talent erkannten. Außerdem danke ich meinem Manager, ohne ihn hätte ich das nie geschafft.« (Ich lege mir die Hand aufs Herz, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.) »Danke an meine Produktionsfirma, die an mich und mein verrücktes Projekt geglaubt hat. Danke an das ganze Team, ihr seid super! Außerdem möchte ich Tommy danken, der mich auf dem Album und auf der Tour mit der Gitarre begleitet. Und nicht zu vergessen meine beste Freundin Kat, die all meine künstlerischen Zweifel ertragen hat. Ein großes Dankeschön an meine Mutter und ihren Freund François, die mich auch in schwierigen Momenten unterstützt haben. Und an meine Großmutter, die mich immer darin bestärkt hat, meine Träume zu verfolgen. Ich möchte« (in dem Augenblick setzt bereits die Musik ein, weil ich zu lange geredet habe) »diesen Preis meinem Vater widmen.« (Ich hebe die Trophäe hoch und sage mit Tränen in den Augen:) »Für dich, Papa!« (Der Moderator verliebt sich unsterblich in mich, aber ich weise ihn freundlich zurück, da ich mit Johann zusammen bin, der mittlerweile ein international bekannter Sportler ist, wie David Beckham oder so.)

Samstag, 13.Januar

Meine Mutter: »Meinst du, wir brauchen einen Luftbefeuchter?«

Wir sind seit einer Stunde in der Drogerie, weil wir Seife kaufen wollten. Ich weiß nicht, was im Kopf meiner Mutter vorgeht, wenn sie eine Drogerie betritt, aber sie dreht total durch. Seit wir hier sind, hat sie drei Millionen Sachen (ich übertreibe nicht) in den Einkaufswagen gelegt. Nicht nur eine Seife, sondern mindestens zehn, in zehn verschiedenen Geruchsrichtungen, weil meine Mutter findet, man brauche »Abwechslung«. Dann hat sie Klopapier im Sonderangebot entdeckt und sechs Pakete genommen, »auf Vorrat« (für die Ausstattung eines Atombunkers oder was?) und einen neuen Besen ausgesucht (obwohl unser Besen in einem super Zustand ist, weil Fegen zu meinen Aufgaben gehört und ich ihn schone. Statt mit dem Besen zu fegen, ziehe ich es vor, den Besen zu pflegen. Hihi! Ich bin echt geistreich!). Am schlimmsten war es bei den Kosmetikartikeln, wo der Mitarbeiter ihr jede Menge Pröbchen aufgeschwatzt hat. (Meine Mutter hat ein schlechtes Gewissen, wenn sie nichts kauft, obwohl sie ein Geschenk bekommen hat, also hat sie fast alle Produkte gekauft, die sie probieren durfte. Im Supermarkt ist es das Gleiche, wenn man neue Produkte probieren darf. Sie liebt es, wenn es solche Proben gibt, aber sie ist nicht in der Lage, die Sachen dann nicht zu kaufen.)

Sechs Pakete Klopapier, vierundzwanzig Päckchen Taschentücher, zwei Abschminkmittel, eine Tagescreme mit passender Nachtcreme, eine Packung Haarfärbemittel (falls ihre Friseurin mal in Mutterschutz ist oder ein Burnout hat) und zwei Flaschen Shampoo (für die man an der Kasse eine Prämie bekommt) später steht sie vor dem Luftbefeuchter und fragt sich, ob die Luft in unserem Haus feucht genug ist.

Meine Mutter: »Mein Hals ist zurzeit morgens oft ganz trocken. Ich habe gelesen, dass das an der Heizungsluft liegt. Angeblich ist es sehr gesund, im Winter einen Luftbefeuchter zu benutzen. Und bei Erkältungen ist er auch gut.«

Ich: »Warum?«

Meine Mutter: »Na, weil er … die Luft befeuchtet. Also gut, ich kaufe ihn!«

13:24

Wir tragen die zahlreichen Einkaufstüten ins Haus. Meine Mutter regt sich über Sybil auf, die jedes Mal nach draußen entwischen will, wenn wir die Tür öffnen, und sie beschwert sich, dass man kaum durch die Tür kommt, weil überall meine Sachen herumliegen (total übertrieben, wenn man mich fragt). Natürlich muss ich den Riesenkarton mit dem (*&?%$#@) Luftbefeuchter schleppen.

13:56

Johann hat angerufen und gefragt, ob wir uns treffen können, aber meine Mutter hat gesagt, dass wir heute Großputz machen, weil das Haus ein Saustall ist und ich ihr das außerdem »schulde«, nachdem sie gestern Abend »fast krank vor Sorge« um mich war (seufz).

Ich habe protestiert: »Aber wir haben doch schon in den Weihnachtsferien geputzt!!!!«

Sie erwiderte: »Ganz genau! Und warum sieht es schon wieder so aus? Warum müssen wir immer wieder von vorne anfangen?«

Rätselhaft, rätselhaft. Meine Theorie: Kobolde. Das ist die einzig plausible Erklärung (aber meine Mutter konnte nicht darüber lachen).

Sie sagte das Gleiche wie immer, zum Beispiel dass ich meinen Rucksack an die Garderobe hängen und nicht auf den Boden werfen soll uns so weiter. Nichts, was ich noch nicht gehört hätte. Aber da ich ihr nur mit einem Ohr zuhörte (das andere Ohr hörte Radio; dabei entdeckte ich, dass meine Ohren völlig unabhängig voneinander sind, nur dass das Ohr, das Musik hört, vielleicht ein bisschen dominanter ist als das andere. Dieses Talent werde ich auf jeden Fall perfektionieren), drohte sie an, sie werde es so lange wiederholen, bis es mir in den Kopf gehe. Ich schlug vor, einen Stuhl oder ein Regal neben die Tür zu stellen, wo ich meinen Rucksack ablegen kann, damit er nicht herumliegt. Es ist einfach ein Reflex, dass ich meinen Rucksack abwerfe, wenn ich nach Hause komme, das lässt sich nicht abschalten, aber mit einem Regal wäre mein Rucksack »aufgeräumt«. Sie warf mir einen Blick zu, der mir zu verstehen gab, dass meine (total logische) Idee bei ihr nicht durchkam. Also hob ich meine Sachen auf und räumte sie in die Garderobe.

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