Dass es dich in meinem Leben gibt … - Patricia Vandenberg - E-Book

Dass es dich in meinem Leben gibt … E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Als der Notarzt Dr. Matthias Weigand den Privatwagen seines Chefs vor der Ambulanz der Behnisch-Klinik entdeckte, fuhr ihm der Schreck in die Glieder. In Windeseile machte er sich auf den Weg. »Um Gottes willen, Daniel, was ist passiert?«, rief er schon von Weitem. Er winkte dem Pfleger Jakob, der sich eine leere Liege schnappte und dem Arzt hinaus folgte. »Keine Sorge!« Daniel stieg aus, eilte um den Wagen herum und öffnete die Tür zum Beifahrersitz. »Fee und den Kindern geht es gut. Ich bringe unsere Nachbarin. Frau Wolter ist im Garten ausgerutscht und gestürzt. Verdacht auf Gehirnerschütterung und Steißbeinprellung.« Um das Hinterteil zu entlasten, hatte Daniel die Rückenlehne so schräg wie möglich gestellt und den Schwimmreifen ihres Enkelsohnes zur Entlastung unter ihr ramponiertes Hinterteil geschoben. »Wie konnte das passieren?« »Mein Enkel hat in einem Swimmingpool geplanscht und den halben Garten unter Wasser gesetzt«, antwortete die Patientin. »Ich hatte vergessen, dass kleine Jungen nur Unsinn im Kopf haben.« Dr. Weigand schnitt eine Grimasse. »Was wieder einmal beweist, dass das ewige Singleleben doch seine Vorteile hat.

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Dr. Norden Bestseller – 498 –

Dass es dich in meinem Leben gibt …

Patricia Vandenberg

Als der Notarzt Dr. Matthias Weigand den Privatwagen seines Chefs vor der Ambulanz der Behnisch-Klinik entdeckte, fuhr ihm der Schreck in die Glieder. In Windeseile machte er sich auf den Weg.

»Um Gottes willen, Daniel, was ist passiert?«, rief er schon von Weitem. Er winkte dem Pfleger Jakob, der sich eine leere Liege schnappte und dem Arzt hinaus folgte.

»Keine Sorge!« Daniel stieg aus, eilte um den Wagen herum und öffnete die Tür zum Beifahrersitz. »Fee und den Kindern geht es gut. Ich bringe unsere Nachbarin. Frau Wolter ist im Garten ausgerutscht und gestürzt. Verdacht auf Gehirnerschütterung und Steißbeinprellung.« Um das Hinterteil zu entlasten, hatte Daniel die Rückenlehne so schräg wie möglich gestellt und den Schwimmreifen ihres Enkelsohnes zur Entlastung unter ihr ramponiertes Hinterteil geschoben.

»Wie konnte das passieren?«

»Mein Enkel hat in einem Swimmingpool geplanscht und den halben Garten unter Wasser gesetzt«, antwortete die Patientin. »Ich hatte vergessen, dass kleine Jungen nur Unsinn im Kopf haben.«

Dr. Weigand schnitt eine Grimasse.

»Was wieder einmal beweist, dass das ewige Singleleben doch seine Vorteile hat. Da ich keine Frau und somit keine Kinder habe, werde ich auch niemals Großvater werden. Auf diese Weise bleibt mir zumindest so ein Schicksal erspart.«

»So ist es recht. Immer schön positiv denken«, erwiderte Daniel schmunzelnd, ehe er sich an seine Nachbarin wendete. »Frau Wolter, wir heben Sie jetzt auf die Liege. Das kann ein bisschen wehtun.«

»Habe ich eine Wahl?«, fragte sie zurück. Trotz der Schmerzen versuchte sie ein Lächeln.

»Im Wagen können Sie nicht bleiben. Also nein.« Dr. Norden erwiderte ihr Lächeln, ehe er sie mit Matthias’ tatkräftiger Unterstützung auf die Liege hob. »Das haben Sie sehr gut gemacht.«

»Vielen Dank!« Tapfer blinzelte Anna die Tränen fort, die ihr der Schmerz in die Augen trieb. Oder waren es die Sorgen, die alles so schlimm machten? »Ich frage mich nur, was aus Paul werden soll, wenn ich in der Klinik bleiben muss. Seine Mutter hat ihn bei mir abgeliefert, weil sie einen Auftrag im Ausland hat. Der Kontakt zu seinem Vater ist schon vor Jahren abgerissen.«

Sie waren auf dem Weg in die Klinik. Die Glastüren vor der Notaufnahme schoben sich lautlos vor ihnen auf.

»Machen Sie sich keine Sorgen. Dési hat ja noch Ferien und kann sich um ihn kümmern.«

»Sie weiß aber schon, dass er jede Menge Flausen im Kopf hat?«, fragte Anna skeptisch nach.

»Keine Angst. Wie Sie wissen, ist unsere jüngste Tochter mit vier Geschwistern gesegnet und dementsprechend mit allen Wassern gewaschen. Ich bin mir ganz sicher, dass sie mit dem kleinen Räuber fertig wird.«

Erleichtert atmete Anna Wolters durch und entspannte sich ein wenig.

»Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.«

»Vielleicht ist das gar nicht nötig.« Sie hatten die Radiologie erreicht. Fürs Erste wurde Daniel Norden nicht mehr gebraucht, und er blieb vor der Tür stehen. »Je nach Schwere Ihrer Verletzungen können Sie vielleicht morgen schon wieder nach Hause gehen.« Er versprach ihr noch, nach Erhalt der Aufnahmen sofort bei ihr vorbeizusehen, und sah dem Pfleger nach, wie er mit der Liege in der Radiologie verschwand. Dann machte er sich auf den Weg in sein Büro. Auch wenn er an diesem Samstag eigentlich frei hatte, konnte er es sich nicht verkneifen, nach dem Rechten zu sehen.

*

Dr. Adrian Wiesenstein saß auf der Terrasse seiner Altbauwohnung und starrte blicklos vor sich hin. Hin und wieder trank er einen Schluck aus der Tasse, die er in den Händen hielt. Er bemerkte nicht, dass der Kaffee längst kalt war. Er hörte auch nicht die Schritte, unter denen das altehrwürdige Parkett in der Wohnung knarrte. Er erwachte erst aus seiner Versunkenheit, als er die Stimme seines Sohnes hörte.

»Hallo, Papa.«

Adrian drehte sich nicht um. Er beobachtete einen Vogel, der in einer Schale in der Ecke des Gartens badete. Immer wieder tauchte er mit dem Kopf voran unter, um im nächsten Augenblick fröhlich mit den Flügeln zu flattern, dass das Wasser zu allen Seiten spritzte.

»Ich soll dich von ihr grüßen«, murmelte er, als er seinen Sohn hinter sich hörte.

Schimpfend flog der Vogel davon.

»War Dési hier?«, fragte Joshua hoffnungsvoll.

»Ach, sie weiß also auch schon, dass du mit deiner Mutter nach Zürich gehst? Was hat sie dazu gesagt?«

Joshua ließ sich auf zweiten Stuhl fallen.

»Du weißt doch, wie die Frauen sind.« Er zuckte mit den Schultern. »Ist ja auch egal.«

»Natürlich«, bestätigte Adrian sarkastisch. »Genauso, wie es mir egal ist, dass deine Mutter nach acht Jahren so mir nichts, dir nichts auftaucht und dich einfach mitnimmt.«

Betreten sah Joshua zur Seite. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte.

»Schon okay«, winkte sein Vater ab und seufzte. »Mach dir keine Gedanken um mich. Ich komme schon klar. Und was Dési angeht: Es ist eh nicht so gut, sich so früh festzulegen. Ich bin das beste Beispiel dafür. Wäre ich älter gewesen, hätte ich vielleicht erkannt, dass deiner Mutter die Schauspielerei wichtiger ist als alles andere. Aber so …« Das Ende des Satzes blieb unausgesprochen.

Joshua wusste auch so, was sein Vater sagen wollte.

»Bestimmt ist es besser so.«

Jedes seiner Worte schnitt Adrian tief ins Herz.

»Dann ist deine Entscheidung also endgültig?«, fragte er mit Grabesstimme.

»O Mann, Dad, mach’s mir doch nicht so schwer«, brauste Joshu auf. »Warum willst du nicht verstehen, dass das die Chance ist, von der ich schon so lange geträumt habe?« Er sprang auf und begann, vor seinem Vater auf und ab zu gehen. »Richtigen Schauspielunterricht zu bekommen. Gute Kontakte zu knüpfen. Paola kann mir Rollen verschaffen.« Er blieb vor Adrian stehen und sah auf ihn hinab. »Ich bin so schlecht in der Schule, dass ich niemals in deine Fußstapfen treten werde. Denkst du, es macht Spaß, dich immer nur zu enttäuschen? Ich bin nun mal nicht zum Arzt, sondern zum Schauspieler geboren.« Schwer atmend hielt Joshua inne.

Adrian sah verwundert zu im hoch.

»Du bist keine Enttäuschung. Auch wenn du kein Arzt wirst. Aber das habe ich dir ja schon hundert Mal gesagt.«

Joshua presste die Lippen aufeinander und wich dem Blick seines Vaters aus.

Auch Adrian stand langsam auf. Obwohl er im besten Mannesalter war, fühlte er sich wie ein Greis.

»Aber vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass die Bindung zwischen Mutter und Kind stärker ist als alles andere auf dieser Welt.« Er lauschte dem Nachhall seiner Worte und nickte, ehe er im Wohnzimmer verschwand und seinen einzigen Sohn allein auf der Terrasse zurückließ.

*

»Brüche im Steißbein sind leider wirklich oft schmerzhaft und langwierig«, erklärte der Pfleger Jakob, während er Anna Wolters Bett von der Radiologie auf die Station brachte.

»Muss ich denn operiert werden?«, fragte sie ängstlich.

»Ich habe zwar eine Meinung dazu, bin aber leider nur der Krankenpfleger«, erwiderte er. »Für weiterführende Hinweise wenden Sie sich bitte an den Arzt Ihres Vertrauens.«

Trotz ihrer Schmerzen musste Anna lachen.

»Und was, wenn ich Ihnen genauso vertraue?«

Voller Stolz reckte Jakob die Brust heraus.

»In diesem Fall verrate ich Ihnen, dass bei einer Verletzung wie der Ihren prinzipiell zunächst konservativ behandelt wird.« Es kam nicht oft vor, dass das Pflegepersonal um Rat gefragt wurde. Umso geschmeichelter fühlte sich Jakob in diesem Moment. »Konsequente körperliche Schonung und ausreichend entzündungshemmende Medikamente in Kombination mit Krankengymnastik leisten einen wichtigen Beitrag zur Genesung.« Er war am Ziel angelangt und wollte das Bett rückwärts ins Krankenzimmer fahren. Ein Stoß in die Seite ließ ihn taumeln. Er fuhr herum und sah, wie der Kinderchirurg Dr. Lammers weitereilte.

»Können Sie nicht aufpassen?«, schimpfte Lammers vor sich hin.

»Hier gilt die Straßenverkehrsordnung!«, rief Jakob dem unbeliebten, aber begnadeten Kinderchirurgen nach, als die Assistenzärztin Sophie Petzold um die Ecke bog.

»Einen wunderschönen guten Tag, die Herrschaften!«, grüßte sie gut gelaunt.

»Das sollten Sie mal dem Kollegen Lammers sagen«, brummte Jakob und machte Anstalten, das Bett ins Krankenzimmer zu ziehen.

Sophie dachte nicht lange nach. Sie steckte das Klemmbrett unter den Arm und packte mit an.

»Und Sie sollten sich nicht die Laune von solchen Miesepetern verderben lassen.«

»Die junge Frau hat recht«, mischte sich Anna in das Gespräch ein.

»Leichter gesagt als getan.« Jakob parkte das Bett am Fenster und stellte die Bremse fest. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Manchmal ist mein Geld schon sauer verdient. Besonders, wenn ich mir zu den Doppelschichten auch noch so blöde Kommentare anhören muss.«

Sophie musterte ihn besorgt.

»Alles in Ordnung?«

Jakob schüttelte sich wie ein nasser Hund und lächelte schon wieder.

»Alles gut. Es ist nur ein bisschen viel heute.«

Doch die Assistenzärztin blieb hart, was nicht zuletzt seiner Blässe geschuldet war.

»Wenn Sie hier fertig sind, möchte ich Sie sehen.«

»Heißt das, wir haben eine Verabredung?«

»Das heißt, dass Sie einen Termin haben«, gab Sophie Petzold streng zurück. Sie nickte Anna Wolter zu und bedachte den Pfleger mit einem strengen Blick, ehe sie sich wieder auf den Weg machte.

»Eine resolute Frau«, lobte Anna die Assistenzärztin. »Viel selbstbewusster, als wir es früher waren. Das ist wirklich ein Fortschritt.«

»Ich bin mir da nicht so sicher«,? erwiderte Jakob zähneknirschend.

Anna lachte.

»Gehen Sie nur. Sie wird Ihnen schon nicht wehtun. Und bitte denken Sie daran, Dr. Norden vorbeizuschicken. Ich muss unbedingt mit ihm besprechen, wie lange ich hierbleiben muss. Wegen meines Enkels, Sie wissen schon.«

Jakob versprach es und machte sich ein paar Minuten später auf den Weg. Er suchte und fand Sophie Petzold in einem der Behandlungszimmer.

»Da sind Sie ja!« Sie deutete auf den Stuhl neben dem Schreibtisch. »Bitte machen Sie schon einmal den Oberarm frei.« Sie holte ein Blutdruckmessgerät aus einer Schublade und legte die Manschette an. »Neunzig zu fünfzig. Das ist eindeutig zu niedrig.«

Jakob wich ihrem Blick aus.

»Ist doch besser als zu hoch.« Er krempelte den Ärmel herunter und wollte wieder aufstehen.

Unbarmherzig drückte Sophie ihn auf den Stuhl zurück.

»Seit wann sind Sie bei der Arbeit?«

Jakob schnitt eine Grimasse.

»Ich wohne quasi in der Klinik.«

»Schon allein deshalb müsste Ihr Blutdruck viel zu hoch sein. Ich würde der Sache gern auf den Grund gehen.«

Sanft aber bestimmt nahm Jakob ihre Hand von seiner Schulter.

»Und ich muss jetzt leider zurück an meine Arbeit. Sonst haben Herr Lauterberg und Frau Amundsen bald gar keinen Blutdruck mehr, und ich habe dafür jede Menge Ärger am Hals.« Er sah sie so treuherzig an, dass Sophie lachen musste.

»Sie sind wohl nie um eine Ausrede verlegen.«

»Glauben Sie mir: Ich täte nichts lieber, als mich in Ihre schlanken, sinnlichen Hände zu begeben. Leider werde ich dafür nicht bezahlt.« Diesmal ließ sich Jakob nicht zurückhalten. Er stand auf, bedankte sich für ihre Mühe und verließ das Zimmer.

Sophie Petzold sah ihm nach. Instinktiv spürte sie, dass Jakob sie angelogen hatte. Doch nicht umsonst lautete ihr Spitzname Frau Ehrgeiz. Sie würde die Wahrheit schon noch aus ihm herauskitzeln. Davon war sie felsenfest überzeugt.

*

»Uno!«, triumphierte Dési. Sie musste nur noch eine Karte ablegen, dann war das Spiel gewonnen.

Mit düsterem Blick starrte der kleine Paul auf die Karten in seiner Hand. Unmöglich, das Ruder noch einmal herumzureißen.

»Ich hab keine Lust mehr!« Der Vierjährige warf seine Karten auf den Gartentisch und sprang auf.

»Komm schon! Das ist doch nur ein Spiel!«, versuchte Dési, ihn zu trösten. »Wo willst du denn hin?« Sie sah ihm nach, wie er über den Rasen hinüber zum Gartenzaun lief.

»Ich will zu meiner Omi.« Er hängte sich an den Holzzaun. Um besser sehen zu können, zog er sich hoch.

»Du weißt doch, dass deine Omi im Krankenhaus ist.«

»Wann kommt sie wieder?«

»Das weiß ich noch nicht so genau.« Dési hatte sich zu dem Kleinen gesellt. Um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, ging sie neben ihm auf die Knie. »Gefällt es dir hier denn nicht?«

Paul ließ den Zaun los. Er zuckte mit den Schultern.

»Ich will zu meiner Mami!« Seine Unterlippe begann zu zittern.

Allmählich geriet Dési in Panik.