Dating Mr. Billionaire - Suzanne Enoch - E-Book
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Dating Mr. Billionaire E-Book

Suzanne Enoch

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Beschreibung

Sie ist eine Meisterdiebin – er ist der Coup ihres Lebens. Romantic Thrill mit Charme und Leidenschaft: RENDEZVOUS MIT EINER DIEBIN: Wie eine Raubkatze schleicht Meisterdiebin Samantha Jellicoe nachts durch die Villen der Reichen – doch als bei ihrem letzten Coup plötzlich eine Bombe hochgeht, fällt der Verdacht auf sie. Sam muss den wahren Täter ermitteln und findet dabei ausgerechnet einen Verbündeten in dem Mann, den sie eigentlich ausrauben wollte: Den verboten attraktiven Multimillionär Richard Addison… VERLIEBT IN EINE DIEBIN: Sam hat ihr schillerndes Leben als Meisterdiebin hinter sich gelassen und gründet stattdessen eine Sicherheitsfirma – ihr erster Kunde ist ein reicher Geschäftsmann, der um sein Leben bangt. Gleichzeitig versucht Richards Exfrau mit allen Mitteln Sam hinter Gitter zu bringen … DER MILLIONÄR UND DIE DIEBIN: Sam nutzt das luxuriöse Stadthaus ihres Geliebten Richard für nächtliche Einbruchsübungen – denn wer rastet, der rostet. Doch als aus dem Haus ein wertvolles Gemälde gestohlen wird, werden die Spuren ihres Trainings zu Indizien und Sam zur Hauptverdächtigen. Nur Rick glaubt an ihre Unschuld – aber kann er sie auch beweisen? Elektrisierende Spannung und prickelnde Romantik – Romantic Suspense für Fans von Janet Evanovich.

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Seitenzahl: 1571

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Über dieses Buch:

RENDEZVOUS MIT EINER DIEBIN: Wie eine Raubkatze schleicht Meisterdiebin Samantha Jellicoe nachts durch die Villen der Reichen – doch als bei ihrem letzten Coup plötzlich eine Bombe hochgeht, fällt der Verdacht auf sie. Sam muss den wahren Täter ermitteln und findet dabei ausgerechnet einen Verbündeten in dem Mann, den sie eigentlich ausrauben wollte: Den verboten attraktiven Multimillionär Richard Addison…

VERLIEBT IN EINE DIEBIN: Sam hat ihr schillerndes Leben als Meisterdiebin hinter sich gelassen und gründet stattdessen eine Sicherheitsfirma – ihr erster Kunde ist ein reicher Geschäftsmann, der um sein Leben bangt. Gleichzeitig versucht Richards Exfrau mit allen Mitteln Sam hinter Gitter zu bringen …

DER MILLIONÄR UND DIE DIEBIN: Sam nutzt das luxuriöse Stadthaus ihres Geliebten Richard für nächtliche Einbruchsübungen – denn wer rastet, der rostet. Doch als aus dem Haus ein wertvolles Gemälde gestohlen wird, werden die Spuren ihres Trainings zu Indizien und Sam zur Hauptverdächtigen. Nur Rick glaubt an ihre Unschuld – aber kann er sie auch beweisen?

Über die Autorin:

Suzanne Enoch wurde in Kalifornien geboren und studierte Englisch an der University of California, Irvine. Die Bestsellerautorin ist für ihre Regency-, Romantic Suspense- und Liebesromane berühmt.

Suzanne Enoch veröffentliche bei dotbooks die folgenden Romane: »Rendezvous mit einer Diebin«, »Verliebt in eine Diebin«, »Der Millionär und die Diebin« und »Diamanten für die Diebin«.

Die Website der Autorin: www.suzanneenoch.com/

Die Autorin im Internet: www.facebook.com/SuzanneEnoch

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Sammelband-Originalausgabe Juni 2024

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Die amerikanische Originalausgabe von »Rendezvous mit einer Diebin« erschien erstmals 2005 unter dem Originaltitel »Flirting with Danger« bei Avon Books, an imprint of HarperCollinsPublishers, New York; Copyright © 2005 by Avon Books, an imprint of HarperCollinsPublishers, New York.

Die deutsche Erstausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Ein gefährlicher Flirt« bei RM Buch und Medien Vertrieb GmbH; Copyright © 2008 by RM Buch und Medien Vertrieb GmbH; Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe von »Verliebt in eine Diebin«, erschien erstmals 2005 unter dem Originaltitel »Don't Look Down« bei Avon Books, an imprint of HarperCollinsPublishers, New York; Copyright © 2005 by Suzanne Enoch. Die deutsche Erstausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Schau mir in die Augen« bei RM Buch und Medien Vertrieb GmbH; Copyright © 2008 by RM Buch und Medien Vertrieb GmbH; Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe von »Der Millionär und die Diebin« erschien erstmals 2006 unter dem Originaltitel »Billionaires Prefer Blondes« bei Avon Books, an imprint of HarperCollinsPublishers, New York; Copyright © 2006 by Avon Books, an imprint of HarperCollinsPublishers, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Millionäre lieben keine Blondinen« bei RM Buch und Medien Vertrieb GmbH; Copyright © 2008 by RM Buch und Medien Vertrieb GmbH; Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motivs von © Adobe Stock / deagreez sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fe)

ISBN 978-3-98952-108-7

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Suzanne Enoch

Dating Mr. Billionaire

Drei Romane in einem Band: »Rendezvous mit einer Diebin«, »Verliebt in eine Diebin« und »Der Millionär und die Diebin«

Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Feitl-Schönleitner, Bea Reiter und Sibylle Mall

dotbooks.

Rendezvous mit einer Diebin – Der erste Coup

Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Feitl-Schönleitner

Diebstahl ist ihre Leidenschaft! Geschickt wie eine Raubkatze auf Beutezug schleicht sich Samantha Jellicoe in die Villen der Reichen. Doch ihre Karriere als ebenso berüchtigte wie bewunderte Meisterdiebin droht ein jähes Ende zu nehmen, als sie versucht, Multimillionär Richard Addison um einen wertvollen Kunstgegenstand zu erleichtern – und plötzlich eine Bombe hochgeht! Sam schafft es gerade noch, Addison zu retten und zu entwischen, doch von nun an wird sie unbarmherzig von der Polizei gejagt. Es gibt nur einen Ausweg: Sam macht sich auf die Suche nach dem wahren Täter … und findet ausgerechnet in Addison einen Verbündeten. Und vielleicht mehr als das? Denn der reiche Hobbydetektiv ist verboten attraktiv …

Widmung

Für meine Agentin Nancy Yost, die nicht lachte, als ich ihr von dieser tollen Idee für eine vollkommen andere Art von Geschichte erzählte.

Und für meine Redakteurin Erika Tsang die sehr wohl lachte, aber an den richtigen Stellen.

Kapitel 1

Dienstag, 2.17 Uhr

Samantha Jellicoe fragte sich, woher das ungeschriebene Gesetz kam, dass Diebe immer über eine Mauer zu klettern hatten, sobald sie in etwas einbrachen, das größer war als eine Papiertüte. Jeder kannte dieses ungeschriebene Gesetz, und jeder verlangte, dass es eingehalten wurde – von Gefängnissen über Burgen, Filme und Vergnügungsparks bis hin zu diesem beeindruckenden Anwesen im Osten Floridas, das sich nun vor ihr erstreckte. Steinmauern, elektrische Zäune, Kameras, Bewegungsmelder, Sicherheitswachen, und all dies nur, um einen unternehmungslustigen Gesetzesbrecher davon abzuhalten, über die Mauer in das Privatheiligtum auf der anderen Seite zu klettern.

Ihr Blick schweifte von der Steinmauer vor ihr hinüber zu dem Doppelflügeltor aus Schmiedeeisen an der Vorderfront des weitläufigen Hauptgebäudes von Solano Dorado. Was sie sah, entlockte ihr ein kleines Lächeln. Einige Gesetzesbrecher waren unternehmungslustiger als andere. So viel zu ungeschriebenen Gesetzen.

Während sie langsam einatmete, um ihren Herzschlag zu beruhigen, zog sie das Gewehr von der Schulter und versank noch tiefer in den Schatten vor dem Tor. Dann zielte sie auf die Kamera, die links von ihr auf der fünf Meter hohen Steinmauer befestigt war, und drückte ab. Mit einem kaum vernehmbaren Plop prallte ein Paintball gegen die Seitenfläche des Gehäuses, verschob die Kamera, sodass sie nun in die Baumwipfel emporsah, und hinterließ auf der Linse weiße Farbstreifen. Aufgeschreckt durch die Bewegung, schrie eine Eule und flog von einem überhängenden Zweig der Platane auf, sodass ihr Flügel direkt vor der umgelenkten Kamera vorbeizog.

Gut gemacht,dachte sie, während sie sich das Paintballgewehr wieder über die Schulter warf. In ihrem heutigen Horoskop stand, dass dies ein Glückstag für sie werden würde. Normalerweise gab sie nicht viel auf Astrologie, aber bei zehn Prozent von eineinhalb Millionen für einen Abend Arbeit machte sie gern eine Ausnahme. Mit schnellen Schritten hastete sie zur Einfahrt und schob an beiden Seiten des schweren Tores zwei Spiegel an langen Haltegriffen so in Position, dass sich die Sensoren in ihnen selbst widerspiegelten. Danach kostete es sie nur wenige Sekunden, um den Stromkreis in der Schaltbox mit einem Bypass zu versehen und die beiden Torflügel weit genug aufzuschieben, sodass sie hindurchgleiten konnte.

Nachdem sie den gesamten Tag damit verbracht hatte, sich die Positionen der übrigen Kameras und der drei Bewegungsmelder einzuprägen, an denen sie vorbeimusste, benötigte sie nur zwei Minuten, um sich durch die Bäume und den perfekt gestalteten Garten zu schleichen. Schließlich kauerte sie sich am Fuß einer roten Steintreppe zusammen. Dank der Blaupausen und schematischen Zeichnungen kannte sie die genaue Lage sämtlicher Fenster und Türen, einschließlich ihrer Konstruktion, des jeweiligen Modells des Schlosses und der Alarmverkabelung. Nur Größe und Farbe waren ihr nicht bekannt. Während sie wieder zu Atem kam, bewunderte sie die vor ihr zur Schau gestellte Dekadenz.

Das Anwesen Solano Dorado war in den 20er Jahren errichtet worden, kurz vor dem großen Börsenkrach, und jeder der aufeinanderfolgenden Eigentümer hatte weitere Zimmer und Stockwerke hinzugefügt – ebenso wie immer kompliziertere Sicherheitsvorkehrungen. Nun erstrahlte das Gebäude in seiner wohl bisher attraktivsten Form mit den weißen Wänden, dem roten Ziegeldach, den mächtigen Palmen und alten Platanen und einem Fischteich vor dem Eingangstor in der Größe eines Hockeyfeldes. An der Rückseite des Gebäudes, an der sie nun kauerte, lagen zwei Tennisplätze hinter einem Swimmingpool, der auch für olympische Wettbewerbe groß genug gewesen wäre. In den Gezeitenbecken an der nur einhundert Meter entfernten Meeresküste gurgelte und seufzte das Wasser, aber diese waren für die Öffentlichkeit bestimmt.

Das Anwesen war privat und so geschützt, dass es vorrangig den Wünschen der Menschen diente und weniger denen der Natur. Nach achtzig Jahren geschmackvoller Veränderungen und Erweiterungen gehörte es nun einer Person mit einem gewaltigen Vermögen und einem ebenso gewaltigen Ego. Einer Person, in deren Horoskop heute das Gegenteil von dem stand, was für sie galt, und die sich derzeit außer Landes befand.

Die Türen und Fensterrahmen waren wohl bis auf den letzten Zentimeter verkabelt, aber manchmal waren die alten, einfachen Tricks doch die besten. Wie Scott in Star Trek einst sagte: Je komplizierter das Wasserleitungssystem, desto leichter konnte man es trockenlegen. Nach einem Kontrollblick auf ihre Uhr, ob sie noch im Zeitplan lag, zog sie eine Rolle graues Isolierband aus ihrem Rucksack hervor und klebte damit einen etwa neun Zentimeter großen Kreis auf die untere Ecke des Terrassenfensters. Dann griff sie nach einem Glasschneider mit Saugglocke. Das Glas war dick und schwer und quietschte lauter, als ihr lieb war, als sie den ausgeschnittenen Kreis aus der Scheibe zog. Zusammenzuckend legte sie die kreisrunde Platte in das Blumenbeet und wandte sich dann wieder der Öffnung zu, die sie eben hergestellt hatte.

Im Geist ging sie rasch die Liste all jener durch, die das quietschende Geräusch des Glases gehört haben konnten. Die Sicherheitswache unten an den Bildschirmen gewiss nicht, aber es gab noch mindestens zwei weitere Wächter, die im Inneren des Hauses patrouillierten, wenn der Eigentümer nicht hier war. Nachdem sie einen Augenblick gelauscht hatte, atmete sie tief ein. Wie üblich strömte Adrenalin durch ihren Körper, während sie durch die Öffnung glitt.

Mit zwei weiteren Streifen Isolierband befestigte sie die Vorhänge über dem Loch. Sie wollte keinesfalls dem erstbesten Wächter, der hier herumspazierte, ihren Fluchtweg bekanntgeben. Nun kam die Treppe, auf deren erstem Absatz ein echter Picasso an der Wand hing. Sam würdigte ihn kaum eines Blickes, als sie vorbeihuschte. Ein weiterer Picasso würde oben im Konferenzzimmer hängen. Beide waren mit Sensoren verkabelt und mehrere Millionen wert. Selbstverständlich wusste sie von ihnen, und so verlockend sie auch waren, führte sie doch ein anderer Grund hierher.

Auf dem dritten Treppenabsatz hielt Samantha an, kauerte sich auf den Stufen zusammen und spähte um die Brüstung in die dämmrige lange Galerie. Während sie darüber nachdachte, dass sie in Museen schon weniger umfangreiche Sammlungen von Waffen und Rüstungsgegenständen gesehen hatte, hielt sie Ausschau nach Hinweisen auf Bewegungsmelder und Sensoren, die in ihren Plänen noch nicht verzeichnet waren. Verärgert stellte sie fest, wie viele schattige Plätze es gab, in denen ein Wächter unbemerkt stehen konnte. Sie würde ihn erst erblicken, wenn sie direkt an ihm vorbeikam.

Ihr Ziel lag in der Mitte der Galerie, hinter einer Tür auf der linken Seite. Sam machte sich nicht die Mühe, noch einmal auf die Uhr zu sehen: Sie wusste, wie lange sie schon im Haus war, und wie viel Zeit ihr vermutlich noch bleiben würde, ehe eine Außenwache auf ihrem Patrouillengang entweder das Loch im Glas der Terrassentür oder die kleinen Spiegel am Eingangstor entdecken würde. Mit einem weiteren tiefen, lautlosen Atemzug stieß sie sich ab.

Gebückt huschte sie zu dem nächststehenden bewegungslosen Ritter und verharrte einen Augenblick reglos in seinem Schatten, um zu lauschen, ehe sie weiterglitt. Die Sache würde knapp werden; denn sie musste durch die Seitentür verschwinden, bevor die nächste Patrouille kam. Gerade wegen dieses engen Timings genoss sie diesen Teil ihres Beutezugs am meisten – hier ging es nicht um technische Spielereien, sondern um Nerven und Fähigkeiten. Während man Nervenstärke erwerben konnte, waren die fachlichen Fähigkeiten das, was die Frauen von den Mädchen unterschied.

Drei Meter von ihrem Ziel entfernt hielt sie mitten in der Bewegung inne. Ein dünner, schwach schimmernder Strahl Mondlicht lief quer durch die Galerie, etwa sechzig Zentimeter über dem Boden und kaum acht Zentimeter vor ihrem linken Bein. Ein Draht. Niemand spannte einen Draht quer durch eine Galerie. Es war nicht nur dämlich, sondern auch primitiv und gefährlich für die Bewohner. Selbstverständlich wohnte im Augenblick niemand hier, aber gewiss vergaßen auch die Sicherheitsleute dieses verdammte Ding gelegentlich und fielen entweder platt auf die Nase oder lösten den Alarm aus – oder beides.

Mit gerunzelter Stirn näherte sie sich der Wand, um festzustellen, wie das idiotische Ding befestigt war. Sie sollte einfach darübersteigen, sich das schnappen, was sie hergeführt hatte, und abhauen, aber allein die Tatsache, dass hier ein Draht gespannt war, war so ... verkehrt. Überall Hightech-Sicherheitseinrichtungen – und hier ein verdammter Stahldraht?

Ein Kupferdraht, wie sie sich bei näherer Betrachtung korrigierte. Der Draht war an beiden Seiten mit kleinen, flachen schwarzen Paneelen befestigt und erstreckte sich gespannt, aber nicht genau parallel zum Boden quer durch die Galerie. Fast parallel, aber nicht exakt parallel. Obwohl der Eigentümer des Hauses dafür bekannt war, seine Privatsphäre geradezu fanatisch zu verteidigen, waren Stolperdrähte doch ein wenig zu viel des Guten. Außerdem hatte sie im gesamten Haus gesehen, wie penibel hier gearbeitet wurde. Die Runzeln in ihrer Stirn vertieften sich.

»Keine Bewegung!«

Vor dem Draht kauernd, erstarrte Sam. Verdammt. Der Wächter kam zu früh. Zehn Meter vor ihr trat ein Schatten zwischen zwei schimmernden silbernen Rittern aus der Tür.

»Keine Bewegung!«

»Ich bewege mich nicht«, sagte sie ruhig. Er gehörte hierher, sie nicht. Außerdem richtete er mit bebenden Händen eine gewaltige Pistole auf sie. »Ich bin unbewaffnet«, fuhr sie ebenso gelassen fort wie zuvor, während sie die zitternde Waffe beobachtete und im Stillen hoffte, dass der Mann nicht in Panik geriet.

»Was ist das dann auf Ihrer Schulter?«, gab er scharf zurück, während er näher kam. Ein Schweißtropfen lief über seine Stirn.

Sei ruhig und sorg dafür, dass er sich auch beruhigt. Sie wusste, was zu tun war – sie hatte es früher schon einmal getan. »Das ist ein Paintballgewehr.«

»Legen Sie es auf den Boden. Und ziehen Sie die Tasche über die andere Schulter.«

Zumindest schoss er noch nicht auf sie. Jung, aber mit einer gewissen Ausbildung, Gott sei Dank. Sie hasste Amateure. Vorsichtig legte Sam ihre Ausrüstung auf den geschmackvollen Perserläufer. »Sie müssen sich keine Sorgen machen. Wir spielen im selben Team.«

»Den Teufel tun wir.« Nun ließ er den Pistolengriff mit der linken Hand los und griff an seine Schulter. »Clark? Ich habe einen Eindringling. Dritter Stock, Galerie.«

»Ist das ein Scherz?«, ertönte es aus dem Funkgerät.

»Kein Scherz. Ruf die Polizei.«

Nach einem dankbaren Gedanken daran, dass der Eigentümer des Anwesens seine Privatsphäre so sehr schätzte, dass er im Haupthaus keine Kameras installiert hatte, stieß Sam einen lauten, gequälten Seufzer aus. »Das ist nun wirklich nicht notwendig. Ihr Boss hat mich angeheuert, um die Sicherheitsvorkehrungen zu prüfen.«

»Davon habe ich nichts gehört«, gab der Wächter sarkastisch zurück, was selbst in der kühlen Dunkelheit deutlich zu erkennen war. »Niemand hat mir etwas davon gesagt. Das können Sie den Cops erzählen. Aufstehen.«

Während sie sich langsam erhob, achtete sie sorgsam darauf, die Hände weit vom Körper entfernt zu halten. Ihr Adrenalinpegel stieg um eine weitere Stufe. Für alle Fälle trat sie einen großen Schritt von dem Draht zurück. »Wenn Sie davon gewusst hätten, hätte ich Sie nicht prüfen können. Hören Sie, ich hätte den Picasso unten schnappen können oder den Matisse im Salon, oder worauf ich auch immer Lust hätte. Aber ich sollte die zentralen Sicherheitsvorkehrungen testen. Wenn Sie das Licht einschalten, zeige ich Ihnen meinen Ausweis.«

In diesem Augenblick gingen alle Lichter so hell und unvermutet an, dass sie zusammenfuhr. Was zum Teufel ... Hier gab es doch keine Sprachsteuerung! Auch der Wächter wirkte verwirrt. Seine Pistole zuckte beängstigend. »Ganz ruhig«, sagte sie mit sanftem Drängen, während sie ein wenig in die Knie ging, um davonstürmen zu können.

Doch sein blinzelnder Blick ging über ihre Schulter hinweg zur Treppe. »Mr Addison. Sehen Sie nur, wen ich hier entdeckt ...«

»Ich sehe es.«

Sam kämpfte gegen den aufsteigenden Ärger an und widerstand der Neugier, einen Blick auf den reichen und selten fotografierten Mann zu werfen. Wenn es ihr gelang, hier herauszukommen, was immer schwieriger zu werden schien, würde sie Stoney umbringen. Niemand ist im Anwesen, darauf verwette ich meinen Hintern. »Richard Addison, wie ich vermute«, murmelte sie über die Schulter, während sie sich wieder leicht entspannte.

»Ich dachte, er hätte Sie angeheuert«, sagte nun der Wächter, der sich mit der hellen Beleuchtung und der menschlichen Unterstützung sicherer fühlte.

»Nicht er«, entgegnete sie, denn sie hatte sich entschlossen, das Spiel weiterzuspielen. »Der Sicherheitsdienst. Myerson-Schmidt. Ihr Boss.«

»Das bezweifle ich«, murmelte jemand dicht hinter ihr, gerade laut genug, dass sie es hörte. Für einen reichen Macker bewegte er sich unerwartet leise. »Sie ist nicht bewaffnet, Prentiss«, fuhr Addison nun mit normal lauter Stimme fort, in der ein kultivierter, leicht verwaschener britischer Akzent mitschwang. »Nehmen Sie die Waffe runter, bevor jemand verletzt wird. Und dann regeln wir die Sache unten.«

Prentiss zögerte erst, steckte die Pistole aber schließlich doch in das Holster. »Ja, Sir.«

»Dann wollen wir einmal einen Blick auf Sie werfen, Miss ...«

»Smith«, ergänzte sie.

»Natürlich.«

Sam hörte ihm nicht zu. Sie beobachtete, wie Prentiss das Holster über der Pistole schloss und heranschlenderte. Offenbar genoss er es, dass er vor dem Big Boss angeben konnte. Dabei blickte er nicht ein einziges Mal auf den Boden. »Halt!«, befahl sie, wobei ihre Stimme durch die Panik, die sie ergriffen hatte, schrill und erstickt klang.

»Den Teufel werde ich ...«

»Himmel!« Sam fuhr herum und stürmte auf die Treppe zu, wobei sie in ungebremstem Lauf Addison rammte. Während sie mit ihm gemeinsam zu Boden stürzte, erhaschte sie einen kurzen Blick auf seine nackte Brust, die erstaunten grauen Augen und das zerzauste schwarze Haar. Mit einem lauten Knall und Blitz explodierte die Halle hinter ihrem Rücken. Die Hitzewelle traf sie mit aller Macht, obwohl sie bereits an Addison gepresst auf dem Boden lag. Das Haus bebte, Glas splitterte. Als würde die Galerie tief einatmen, erklang ein dröhnendes Brüllen, während die Lichter wieder erloschen.

Kapitel 2

Dienstag, 2.46 Uhr

Als Richard Addison wieder zu sich kam, hielt ein Rettungssanitäter sein Augenlid offen und leuchtete ihm mit einer Taschenlampe in das linke Auge. »Lassen Sie das«, knurrte er, während er versuchte, sich aufzurichten.

»Bitte legen Sie sich wieder hin, Mr Addison. Möglicherweise haben Sie innere Verl...«

»Verdammt«, stieß er rau hervor, als der Schmerz durch seinen Hinterkopf zuckte und ihn zwang, sich zurückzulegen. Zusätzlich fühlten sich seine Rippen an, als hätte ihn jemand mit einem Baseballschläger bearbeitet. Als er tief einatmen wollte, trafen ihn gleichzeitig der Schmerz und der scharfe, beißende Geruch von Rauch. Mit einem Mal war auch die Erinnerung wieder da – an die Explosion, den Wächter und die junge Frau. »Wo ist ...«

»Keine Sorge, Sir«, antwortete eine andere Stimme, und ein zweiter Sanitäter erschien verschwommen in seinem Blickfeld. »Wir haben bereits Kontakt zu Ihrem Arzt aufgenommen. Er wird Sie im Krankenhaus treffen.«

»Nein, wo ist die Frau?« Nach Prentiss musste er erst gar nicht fragen. Er hatte die Hitze der Flammen gefühlt, und wie die brennenden Splitter sein Gesicht getroffen hatten.

»Wir wissen nichts Genaues, Sir. Die Sprengstoffexperten, die Mordkommission und auch die Leute von der Kriminaltechnik sind schon hier. Aber sie müssen noch warten, bis die Feuerwehr fertig ist. Haben Sie die Vorrichtung gesehen?«

Wieder hustete Richard und zuckte vor Schmerz zusammen. »Ich habe überhaupt nichts gesehen.«

»Sind Sie ganz sicher?«, erkundigte sich nun eine dritte Stimme, auf die sich Addison erst einstellen musste.

Ein schlichter Anzug mit einer billigen, aber geschmackvollen Krawatte. Mordkommission, wie der Sanitäter gesagt hatte. »Wer sind Sie?«, fragte er.

»Castillo. Mordkommission«, bestätigte der Ermittler. »Ihr Wächter im Erdgeschoss hat wegen einer Explosion und eines Eindringlings angerufen. Wie ich annehme, ist dies die Frau, von der Sie gesprochen haben?«

»Das nehme ich auch an«, stimmte er mit einem Nicken zu.

»Nun, offenbar wollte sie Sie töten. Pech, dass es nicht nur Sie, sondern auch die Frau selbst und Ihren Wächter getroffen hat. Sie hatten Glück, dass Sie es die Treppe hinuntergeschafft haben. Können Sie sie beschreiben?«

Zum ersten Mal blickte sich Richard um. Er lag im ersten Stock neben dem Treppenabsatz. Die Stelle am Hinterkopf, wo er auf den Boden aufgeschlagen war, pochte immer noch schmerzhaft. Offenbar hatten ihn nicht die Feuerwehrleute die Treppe hinuntergeschleppt, sonst hätte Castillo nicht angemerkt, dass er Glück gehabt habe. Doch er war die Treppe gewiss nicht selbst hinunterspaziert.

»Sie hat behauptet, dass sie Smith heißt«, sagte er langsam, während er sich wieder aufrichtete. »Schlank, zierlich, schwarze Kleidung. Sie hatte mir den Rücken zugewandt und trug eine Baseballkappe. Mehr weiß ich leider nicht. Grüne Augen«, fügte er schließlich hinzu, als er sich an den Blick in ihr Gesicht erinnerte, während sie sich mit voller Wucht gegen seinen Brustkorb geschnellt hatte. Womit sie ihm das Leben gerettet hatte.

»Das ist nicht viel, aber wir werden die örtlichen Krankenhäuser durchforsten. Selbst mit einer kugelfesten Weste dürfte sie kaum ohne Kratzer davongekommen sein.« Der Detective fuhr sich mit dem Finger durch seinen dichten, grau durchzogenen Schnurrbart. »Sehen wir erst mal zu, dass Sie ins Krankenhaus kommen. Dort schaue ich dann wieder bei Ihnen vorbei.«

Großartig. Das wird der Presse gefallen. Behutsam schüttelte er den Kopf. »Ich gehe nicht ins Krankenhaus.«

»Oh doch, das werden Sie, Mr Addison. Denn wenn Sie jetzt sterben, werde ich gefeuert.«

Als er zwei Stunden später die Medienleute auf dem hallenden, weiß getünchten Flur mit dem Linoleumboden hörte, in dem die Blitze ihrer Kameras aufleuchteten, wünschte er, er wäre auf seinem Anwesen geblieben. Selbstverständlich hatte die Presse von dem nächtlichen Zwischenfall erfahren, und nur der Himmel wusste, welches Spektakel sie aus seinem Krankenhausaufenthalt machen würden. Das erwähnte er auch dem Arzt gegenüber, der die zehn Zentimeter lange Schnittwunde auf seiner Brust nähte.

»Sie halten sich wirklich gut«, sagte Dr. Klemm, während er mit einem Klebeband seine Rippen stabilisierte. »Und dabei hatte ich schon ein Beruhigungsmittel mitgebracht, das einen Elefanten umhauen könnte. Zu schade, dass ich es nicht verwenden muss.«

»Lassen Sie es hier, nur für alle Fälle. Ich bin verteufelt wütend«, gab Richard knapp zurück, während er sich bemühte, möglichst flach zu atmen und nicht rücklings auf das Bett zu stürzen. Die Wirkung des Schmerzmittels, das ihm die Sanitäter gegeben hatten, ließ allmählich nach. Aber weil es ihn schwindlig und müde machte, wollte er keine weitere Dosis davon. Irgendjemand hatte versucht, ihn zu töten, und er würde nicht wegdösen, während andere herausfanden, wer dafür verantwortlich war. »Wo ist Donner?«

»Ich bin hier«, antwortete ein großer, schlaksiger Texaner mit leiser Stimme. Der Chef der Anwaltsfirma Donner, Rhodes and Critchenson trat ins Zimmer. »Himmel, du siehst zum Fürchten aus, Rick.«

»Wer ist sie, Tom? Und wo ist meine Kleidung?«

»Das wissen wir noch nicht ... Hier.« Der Mann kniff die hellblauen Augen zusammen. »Aber das finden wir noch heraus. Darauf kannst du dich verlassen.« Damit stellte er eine Sporttasche auf einen Stuhl und zog eine Jeans, ein schwarzes T-Shirt und ein langärmeliges Baumwollhemd hervor.

Richard hob eine Augenbraue. »Aus der Tom-Donner-Outdoor-Kollektion, wie ich vermute?«

»Man ließ mich nicht in dein Anwesen, um deine Sachen zu holen. Aber diese werden dir schon passen.« Mit einem finsteren Blick auf Klemm, der letzte Hand an den Verband um Richards Rippen legte, übergab er ihm ein Paar Markensportschuhe. »Was tust du überhaupt hier?«, fragte er. »Solltest du nicht noch in Stuttgart sein?«

»Harry versuchte, mich zu überreden, noch einen Tag zu bleiben. Ich hätte auf ihn hören sollen.« Richard rollte die Schulter und zuckte erneut zusammen, als die Nähte an der Wunde zerrten. »Ich will mit Myerson-Schmidt sprechen.«

»Es ist jetzt vier Uhr früh. Ich feuere sie für dich gleich morgen.«

»Aber davor will ich noch ein Wörtchen mit ihnen reden.« Immerhin musste er sicherstellen, dass sie nicht tatsächlich eine überaus kluge Frau – die unter einem gewaltigen Glücksstern stand – geschickt hatten, um seine Sicherheitseinrichtungen auf die Probe zu stellen.

»Teufel, die Cops haben herausgefunden, dass eine der Kameras in die Baumwipfel abgelenkt worden ist, dass die Signale am Tor mit Spiegeln umgeleitet worden sind und dass in einem der Terrassenfenster ein riesiges Loch gähnt. Ganz zu schweigen von einem in Stücke gerissenen Sicherheitswächter und Rick Addison mit brennendem Haar.«

»Mein Haar hat nicht gebrannt, aber danke für deine bildhafte Darstellung. Und ich werde mich keinesfalls zurücklehnen und Däumchen drehen. Ich will dabei sein, wenn man sie befragt.« Selbstverständlich musste die Polizei sie dafür zunächst finden. Er ging auch davon aus, dass man sie finden würde, allerdings sagte ihm sein Gefühl, dass es nicht leicht sein würde. Wer auch immer sie war, sie hatte es geschafft, dass er immer noch rätselte, was es mit dieser Sicherheitskontrolle auf sich hatte – und das, nachdem der dritte Stock seines Hauses in die Luft geflogen war.

»Vergiss es, Rick. Sie ist bloß jemand, der sich gern ein Stück aus deiner Sammlung geschnappt hätte und es vermasselt hat. Immerhin ist sie nicht die Erste, die es versucht hat. Beim Lift warten übrigens fünf Nachrichtenteams, die auch ein Stück vom Kuchen haben wollen.«

»Ich glaube, sie hat mir das Leben gerettet.« Als sich Richard das geliehene T-Shirt über den Kopf zog, unterdrückte er nur mit Mühe ein Stöhnen. »Und das ist eine Premiere für jemanden, der mich angeblich töten wollte.«

Tom Donner öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. »Erzähl mir, was geschehen ist.«

Rick berichtete, dass alles mit dem quietschenden Faxgerät begonnen hatte, das irgendein Idiot so programmiert hatte, dass es ab zwei Uhr früh im Abstand von zwei Minuten seine Privatnummer wählte. Dann hatte er den Funkspruch mitgehört, mit dem Prentiss Clark informierte, dass er einen Eindringling entdeckt habe. Schließlich hatte Miss Smith versucht, Prentiss daran zu hindern näher zu kommen, und sich genau in dem Augenblick auf ihn geworfen, als die Galerie explodierte.

»Smith?«, wiederholte Donner.

»Vermutlich ist das gelogen«, gab Rick mit dem Anflug eines Lächelns zurück.

»Glaubst du wirklich? Sie wusste also von der Bombe.«

Richard schüttelte den Kopf. »Sie wusste etwas. Das sah ich in ihren Augen, als sie mich rammte. Sie hatte Angst.«

»Das hätte ich auch, wenn eine idiotische Sicherheitswache meine Sprengkörper auslöst, bevor ich das Weite gesucht habe.«

»Sie hätte an mir vorübersprinten können, bevor die Bombe hochging. Aber das hat sie nicht. Sie hat mich umgerissen. Und sie hat mich die Treppe hinuntergeschleppt, auch wenn die Polizei etwas anderes glaubt.«

Natürlich war sie auf dem Anwesen gewesen, um ihn zu bestehlen, und der zynische, misstrauische Kern seines Wesens gestand sogar ein, dass sie möglicherweise gekommen war, um ihn zu töten. Aber irgendetwas war passiert, wodurch sich alles verändert hatte. Und er wollte wissen, was dies war und warum es geschehen war.

Der Detective, den er bereits auf seinem Anwesen kennengelernt hatte, lehnte sich gegen den Türstock. »Castillo«, wies er sich aus, während er Donner, der auf ihn zuging, seine Marke zeigte. »Sind Sie sicher, dass sie Sie nicht zufällig umgerissen hat, Mr Addison?«

»Ganz sicher«, knurrte Rick. In diesem Augenblick hatte er keine Lust, sich mit dem Detective herumzuschlagen. Durch die Explosion hatte die Angelegenheit eine sehr persönliche Wendung genommen. Er wollte die Fragen stellen, und er wollte Antworten für sich. Was hier ablief, wirkte zu sehr, als würde er für andere arbeiten – und so führte er weder sein Geschäft noch sein Leben.

Der Detective räusperte sich. »Ich habe meine Zweifel. Wir haben sie schon zur Fahndung ausgeschrieben, und wie ich sagte, wird sie irgendwo auftauchen müssen, um sich medizinisch versorgen zu lassen. Ich schlage vor, Sie suchen sich eine Unterkunft, und ich richte eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung ein.«

Richard runzelte die Stirn. »Ich habe keine Lust, dass mir ständig jemand folgt.«

»So ist die Vorgehensweise. Sie können wählen zwischen der Polizei von Palm Beach oder der Abteilung des Sheriffs.«

»Nein. Ich lasse mich nicht aus meinem Haus vertreiben, und ich habe meinen eigenen Sicherheitsdienst.«

»Bei allem Respekt, von Ihrem Sicherheitsdienst bin ich nicht sonderlich beeindruckt, Mr Addison.«

»Ich zurzeit auch nicht.« Mit lautem Stöhnen erhob er sich langsam, um die ausgeblichene Jeans anzuziehen.

»Himmel, Rick. Ich hole einen Rollstuhl für dich«, rief der hochgewachsene Anwalt, während er zur Tür eilte.

»Ich werde gehen«, erklärte Rick, der sich mit zusammengebissenen Zähnen streckte. Vermutlich sollte er dankbar sein, dass er am Boden keine Blutlache hinterließ. Verdammt, wie das schmerzte. »Tom, hol mir Myerson-Schmidt ans Telefon, jetzt sofort. Und nicht bloß einen Befehlsempfänger, sondern jemanden, der meine Fragen beantworten kann.«

»Ich kümmere mich darum.« Kurz darauf kehrte Donner mit einem Mobiltelefon am Ohr und einem Rollstuhl vor sich ins Zimmer zurück.

»Falls – wenn – Sie diese Miss Smith finden, will ich davon in Kenntnis gesetzt werden«, wandte sich Richard an Castillo, während es ihm nur mit Mühe gelang, auf den Beinen zu bleiben. »Und ich will dabei sein.«

»Das entspricht nicht unserer üblichen Vorgehensweise, Mr Addison.«

Schließlich gab Rick seine stoische Haltung auf und sank in den Rollstuhl. »Verdammt! Mit meinen Steuern zahle ich die Hälfte des Jahresbudgets Ihrer Abteilung. Wenn Sie mit ihr sprechen, will ich dabei sein.« Donner warf Richard einen Blick zu, doch dieser zog es vor, ihn nicht zu beachten. Das Fiasko, und damit auch die Antworten, gehörten ihm.

»Ich werde sehen, was ich tun kann.«

»Er hat was?«

Samantha zuckte zusammen. »Verdammt, Stoney, pass auf. Ich brauche den Arm noch.«

Mit seinen überraschend sanften, rundlichen Fingern presste Stoney den langen, gezackten Schnitt zusammen und betrachtete ihn stirnrunzelnd. »Du gehörst ins Krankenhaus, Kleines.« Dabei drückte er aus einer Tube Superkleber in die Wunde.

»Ich brauche nichts als einen schweren stumpfen Gegenstand, um ihn dir über den Schädel zu ziehen«, gab sie scharf zurück, obwohl sie nicht mehr wirklich wütend war, sondern bloß das Stöhnen vor Schmerzen überdecken wollte. »Du hast gesagt, dass Addison noch einen weiteren Tag in Stuttgart sein wird.«

»Das glaubte auch das Wall Street Journal. Es ging um irgendein Bankgeschäft mit Harold Meridien. Du kannst gern dem Journal die Schuld geben für diese Fehlinformation, oder ihm, weil er die Presse angelogen hat. Aber zumindest hättest du dir auf dem Weg hinaus einen Picasso schnappen können. Immerhin war der Alarm bereits ausgelöst.«

»Als ob du gern einen Picasso ohne Käufer hättest. Außerdem hatte ich alle Hände voll zu tun, vielen Dank dafür.« Sie hatte tatsächlich alle Hände voll zu tun, um den unendlich schweren, besinnungslosen Richard Addison hinunterzuschleppen. Anlässlich seiner hässlichen Scheidung vor mehr als einem Jahr hatte sie im Inquirer einige Fotos von ihm gesehen, und vor etlichen Monaten war er bei einer abendlichen Hollywoodshow, wo er eine geradezu obszön hohe Summe für irgendein Ereignis gespendet hatte, bei dem der Oscarpreisträger des letzten Jahres als Gastgeber fungierte. Er war reich, geschieden, schätzte seine Privatsphäre und war ärgerlicherweise ziemlich unberechenbar.

»Das sollte genügen«, meinte Stoney, während er langsam seine Hand von ihrer Schulter löste. Der Klebstoff hielt. »Ich werde es trotzdem verbinden, nur für alle Fälle.«

»Wie sieht mein Rücken aus?«, erkundigte sie sich und verrenkte den Nacken, um einen Blick darauf zu werfen.

»Gut, dass du eine kugelsichere Weste getragen hast, Kleines. Man sieht sogar die Konturen der Weste.« Er folgte einer bogenförmigen Linie im oberen Bereich ihres Rückens zwischen den Schulterblättern. »Für eine Weile wirst du keine Tanktops tragen können. Mehr Sorge bereitet mir allerdings der Riss auf der Rückseite deines Oberschenkels. Wenn du viel gehst, wird der Kleber nicht halten.«

Sie sah ihm ins Gesicht. »Du sorgst dich? Um mich? Wie süß.« Mit einem Küsschen auf die Spitze seiner schiefen Plattnase stieß sie sich von seinem Küchentisch ab.

»Ich meine es ernst. Du hast sicher Blut zurückgelassen. Was, wenn sie eine DNS-Probe nehmen und all diesen Mist?«

Auch sie hatte schon daran gedacht, aber bereits einen gedanklichen Ausweg gefunden, sodass sie die Sache nicht weiter beunruhigte. »Dann müssen sie die Probe mit etwas vergleichen«, gab sie zurück, während sie langsam und vorsichtig einen ersten Schritt machte, bei dem der Klebstoff schmerzhaft an ihrer wunden Haut zerrte. »Und sie haben mich nirgendwo gespeichert.« Sie warf einen Blick auf seine Katzenuhr mit den gleitenden Augen. »Es ist nach fünf. Schaltest du bitte die Nachrichten ein?«

Während er in Bademantel und Pantoffeln zu dem kleinen Fernsehgerät auf der Kommode schlurfte, glitt Sam behutsam in die Ersatzjeans, die sie immer bei Stoney aufbewahrte. Das war wohl einer jener Fälle, für die Mütter ihre Kinder mahnten, stets frische Unterwäsche zu tragen, überlegte sie und zuckte zusammen, als der Stoff über die verbundene Wunde glitt – für den Fall einer Explosion.

»Du hast gesagt, dass der Wächter umgekommen ist«, knurrte Stoney, während er die Morgennachrichten einschaltete. »Was hoffst du zu sehen? Ein Video von seinem Leichensack?«

»Ich bin schnell raus«, antwortete sie, zog ein T-Shirt über und beugte sich in den Kühlschrank, um sich eine Dose Diät-Cola zu holen. »Und ich glaube, dass ich allen Kameras auf dem Anwesen aus dem Weg gegangen bin, aber ich will es sicher wissen.«

»Das ist alles?«, fragte er argwöhnisch, mit hochgezogener buschiger Augenbraue.

»Nun, natürlich bin ich neugierig, wer den Draht durch die Galerie gespannt hat, und es könnte auch nützlich sein zu wissen, ob Addison überlebt hat oder nicht.«

Auch wenn sie sich noch so sehr bemühte, kühl zu wirken, würde Stoney wissen, dass sie besorgt war. Die Explosion hatte sie zu Boden geschleudert und ihr offenbar eine Gehirnerschütterung eingebracht. Danach hatte sie beinahe als Reflex Addison die Treppe hinuntergeschleppt, bis sie begriff, dass er sie möglicherweise den Cops gegenüber identifizieren könnte. Prentiss, der Wächter, war eindeutig tot, und wenn man sie als Eindringling in der Galerie entdeckt hatte, wo die Bombe hochgegangen war, konnte sie sich ausrechnen, wen man dafür verantwortlich machen würde. Das war nicht gut. Gar nicht gut.

»Sam.«

Sie wandte ihren Blick dem Fernseher zu.

»... die Stille der Nacht wurde durch ein Feuer in Solano Dorado unterbrochen, dem Anwesen des Milliardärs, Geschäftsmanns und Philanthropen Richard Addison in Palm Beach County. Man berichtet von einem Todesopfer. Ermittlungen nach der Ursache für das Feuer wurden aufgenommen. Derzeit gilt der Fall als ›merkwürdig‹. Addison wurde zur Behandlung geringfügiger Schnittwunden und Prellungen ins Krankenhaus gebracht, aber bereits wieder entlassen.« Das Video zeigte Addison, der in Begleitung eines großen blonden Mannes auf der Rückbank einer schwarzen Mercedes-Limousine Platz nahm. Sein zerzaustes schwarzes Haar verdeckte fast den Verband an der Stirn, aber sonst schien er in Ordnung zu sein. Einen Augenblick lang war sie erleichtert.

»Großartig«, seufzte Stoney. »Du hättest ihn oben liegen lassen sollen.«

»Es hätte mir wohl wenig genützt, wenn ich Richard Addison dem Flammentod überlassen hätte«, gab sie zurück, wobei sie sich bemühte, das Schaudern zu verbergen, das sie bei diesem Gedanken überkam.

»Hat er dich gesehen?«

Sam zuckte die Achseln. »Für einen kurzen Blick.«

»Dann sind sie hinter dir her.«

»Ich weiß. Aber ich bin gut darin, mich nicht erwischen zu lassen.«

»Diesmal ist es anders, Kleines.«

Das wusste sie. Immerhin war jemand gestorben, ein sehr reicher Mann wäre beinahe gestorben, und ihr war es nicht einmal gelungen, die Steintafel zu schnappen, hinter der sie her gewesen war. »Ich war dumm. Ich hätte merken müssen, dass jemand vor mir eingebrochen ist und das Gebäude mit Sprengstoff verkabelt hat. Verdammt.« Sie nahm einen großen Schluck Cola. »Aber wer will denn schon all das Zeug in diesem Haus in die Luft jagen? Und wozu?«

Stoney warf ihr einen Blick zu. »Vielleicht Mord?«

»Aber warum? Und warum mit so viel Durcheinander?«

»Weißt du, Sam«, brummte der stämmige schwarze Berg in Frottierstoff, »an deiner Stelle würde ich mir mehr Sorgen darüber machen, dass man mich für den Tod des Wächters verantwortlich macht, als hier ›Immer wenn sie Krimis schrieb‹ zu spielen.«

»Jessica Fletcher«, korrigierte sie abwesend, während sie auf den stumm geschalteten Fernseher starrte, auf dem nun ein Zusatzbericht über Addison lief, der ihn bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung zeigte, mit dem Model Julia Poole am Arm.

»Und wenn ich ein so gutes Gedächtnis hätte wie du, würde ich bei Gameshows mitmachen und nicht irgendeinen Mist klauen.«

Sie konnte es den Medien nicht übel nehmen, dass sie in ihrer Berichterstattung über Addison übertrieben, denn mit diesem Gesicht und seinem Geld brachte er sicher gute Quoten. Selbstverständlich wäre ein politischer Skandal oder ein Firmencrash eine willkommene Ablenkung, aber nein, sie musste an einem Tag mit vollkommener Medienflaute in sein Haus einbrechen. Sie beobachtete, wie er eine Frage über irgendeinen Unsinn beantwortete. Gelangweilt, dachte sie, und ein wenig belustigt über die Speichelleckerei rund um ihn.

»Ich habe nie Mist geklaut, danke für dieses Kompliment. Und ich ziehe es vor, meine Arbeit als unfreiwillige Verlagerung von Objekten zu betrachten.« Nach dem letzten Schluck Cola warf sie die Dose in Stoneys Recyclingbox und griff nach ihren zerrissenen und angesengten T-Shirt und Jeans. Auf dem Heimweg würde sie sie in irgendeinen Abfallcontainer werfen. Die kugelsichere Weste war schwerer, aber weil sie zumindest noch zu retten war, hängte sie sich die Weste über ihre gesunde Schulter. »Ich verschwinde für eine Weile, aber ich rufe dich heute Abend an.«

»Wohin gehst du, Sam?«

Sie warf ihm über die Schulter einen Blick zu und zwang sich zu einem Lächeln. »Als ob ich dir das erzählen würde.«

»Pass gut auf dich auf, Kleines«, bat er, während er ihr zur Tür folgte.

»Du auch. Immerhin weiß dein Käufer, dass du gestern jemanden ausgeschickt hast, die Steintafel zu holen. Er könnte dich unter Druck setzen.«

»Ich mag Druck«, erwiderte er mit einem Lächeln, bei dem seine weißen Zähne aufblitzten.

Das galt üblicherweise auch für sie, aber nicht in dieser Intensität. Wenn die Polizei schon nach einem verschwundenen Ring, einem Gemälde oder einer Vase eifrig suchte, dann suchte sie noch um vieles intensiver, wenn jemand bei einem Einbruch starb. Und ihre Ermittlungen intensivierten sich gewiss noch weiter, wenn jemand im Haus eines Mannes starb, der letztes Jahr auf der Titelseite des Time Magazine abgebildet war.

Außerdem musste sie über einiges nachdenken, wie etwa über die Frage, warum jemand einen Stolperdraht mit einer Bombe quer durch eine millionenschwere Kunst- und Antiquitätengalerie spannte. Außerdem wollte sie wissen, ob sich unter den zerstörten Objekten auch eine bestimmte Steintafel befand – oder ob man sie zu allem Überfluss auch noch beschuldigte, die Tafel gestohlen zu haben.

Kapitel 3

Dienstag, 6.15 Uhr

Tom Donner klappte sein Mobiltelefon zu. »Myerson-Schmidt sagen, dass sie niemanden geschickt haben, um die Sicherheitseinrichtungen zu testen. Aber sie sind sehr daran interessiert, die Geschäftsbeziehung mit dir weiterzuführen.«

Richard, der neben ihm auf der Rückbank des Mercedes saß, stieß einen kräftigen Seufzer aus. Verdammt. Er hatte gehofft, dass diese flüchtige Miss Smith die Wahrheit gesagt hatte. »Und Prentiss? Hat er Familie?«

»Eltern und eine ältere Schwester. Alle wohnen in Dade County. Myerson-Schmidt hat einen Berater zu ihnen geschickt.«

»Ich werde nicht eingreifen«, entschied er. »Mein Büro soll nur meine Beileidswünsche schicken und nachfragen, ob sie irgendetwas brauchen.«

»Sir, eine Barrikade von Polizei und Presse«, meldete der Fahrer über die Schulter, während er die schwarze Stretchlimousine Modell SL500 abbremste.

»Fahren Sie einfach durch, Ben. Zum Teufel, niemand wird mich von meinem eigenen Haus fernhalten.«

»Ich dachte, ihr Briten seid angesichts von Katastrophen wahre Stoiker.«

Als Reporter mit Kameras auf das Auto zustürmten, lenkte Richard den Blick von seinem Anwalt auf die Presseleute. »Das ist meine Art, stoisch zu sein. Ich will, dass sie verschwinden, Tom.«

»Wer, die Reporter oder die Cops?«

»Beide.«

»In Ordnung. Ich kümmere mich um die Presse. Aber angesichts der Tatsache, dass heute Morgen jemand versucht hat, dich zu töten, schlage ich vor, dass du der Polizei gestattest, ihren Job zu machen.«

»Nicht in meiner Auffahrt. Ich werde mein Leben in keiner Weise ändern. In meiner Welt bin ich schwach, wenn ich schwach wirke. Ich werde keine Polizeibarrikade vor meinem Haus gestatten, als wäre ich ein launenhafter Sonderling, der sich fürchtet, einen Schritt hinaus zu machen. Außerdem weigere ich mich, in einem Waffenlager zu leben.«

»Okay. Ich tue, was ich kann. Du solltest dir aber der Tatsache bewusst sein, Rick, dass du ein wertvolles Gut bist.«

Während sie durch das Tor fuhren, das von zwei Polizisten bewacht wurde, überwand Richard seinen Ärger darüber, dass er um Erlaubnis bitten musste, um sein eigenes Anwesen zu betreten. Stattdessen sah er zu dem Haus hinüber, das hinter den üppig grünen Palmen am Ende der geschwungenen Auffahrt lag. An der Bordsteinkante der gepflasterten Auffahrt hatte man zerstörte Möbelstücke, Vorhänge und Teppiche aufgehäuft, und dazwischen mit etwas mehr Vorsicht Statuetten und Gemälde platziert. Die Leute von der Versicherung waren bereits hier, zählten und prüften die Kunstwerke, schlugen die heikleren Werke in Filzdecken ein und polsterten Kisten aus, um sie zu lagern und zu schützen. All dies unter dem wachsamen Blick weiterer Polizisten.

»Nur einige zerborstene Fensterscheiben und geschwärzte Dachziegel«, meinte Donner, der sich quer über Rick gebeugt hatte, um einen Blick zu erhaschen. »Davon abgesehen, sieht es von außen gar nicht so schlecht aus.«

Als der Wagen hielt, öffnete ein weiterer uniformierter Polizist den Schlag. Richards Gelenke waren auf der Fahrt vom Krankenhaus nach Hause steif geworden, sodass er nun vor Schmerz zusammenzuckte, als er sich streckte. »Du solltest sehen, wie es drin aussieht«, murmelte er, während er die breite Vordertreppe hinaufstieg. Auf den Granitblöcken lagen Tücher und andere Ausrüstungsgegenstände, während eine Gruppe von Einsatzleuten aus seinen Porzellantassen Kaffee trank.

»Sir? Mister Addison?« Der uniformierte Polizist versuchte in flottem Schritt aufzuholen. »Sir, das Gebäude ist noch nicht frei.«

»Sieht aber schon ziemlich leer aus«, gab Richard zurück, während er seine auf dem Rasen aufgestapelten Besitztümer begutachtete. Offenbar hatte man die gesamte Galerie im dritten Stock ausgeräumt.

»Ich meinte, noch nicht vom Sprengstoffkommando freigegeben. Sie haben schon das Erdgeschoss und die ersten beiden Stockwerke untersucht, aber noch nicht den dritten Stock und den Dachboden.«

»Dann ersuche ich Sie, mich zu informieren, sobald Sie auf etwas stoßen, das aussieht, als würde es in die Luft fliegen.«

»Rick, die Männer sind auf unserer Seite«, versuchte ihn Donner zu beruhigen.

Richard runzelte die Stirn. Er hatte das gesamte Anwesen so eingerichtet, dass seine Privatsphäre geschützt wurde, als Ort, wo er den Kameras und Reportern entgehen konnte, die ihn überall zu verfolgen schienen. Und er musste sich eingestehen, dass ohne die Anwesenheit der Polizei wohl bereits die Hälfte der Presseleute über die Mauer gesprungen wäre. So drehte er sich noch einmal um und warf einen genauen Blick auf den Polizisten, der ihnen immer noch dicht auf den Fersen war. »Wie heißen Sie?«

»Kennedy, James.«

»Sie dürfen uns begleiten, James Kennedy. Solange Sie mir nicht in die Quere kommen.«

»Sir? Ich soll aber ...«

»Hinein oder hinaus, Kennedy.« Gepeinigt von den Schmerzen in seinem Kopf und seinen Rippen stand ihm nicht der Sinn nach Diplomatie.

»Mr Addison will damit sagen, dass er voll und ganz mit dem Polizeikommissariat zusammenarbeiten wird«, erklärte Tom beschwichtigend, »aber dass mehrere dringende Geschäfte sein unmittelbares Eingreifen erfordern. Durch Ihre Anwesenheit wäre sichergestellt, dass wir die Ermittlungen nicht stören oder gefährden.«

»Der Mordkommission wird das gar nicht gefallen«, gab Kennedy zurück.

»Wir werden vorsichtig sein.«

»Dann ist es wohl in Ordnung.«

Als sie die Treppe zum dritten Stock hinaufstiegen, auf der es vor Ermittlern wimmelte, schloss sich ihnen Danté Partino, Richards Einkaufsmanager, an. »Was für ein Chaos!«, klagte er auf Englisch mit italienischem Akzent. »Wer tut nur so etwas? Beide Rüstungen von 1190, der römische Helm und die Hälfte des 16. Jahrhunderts ...«

»Ich sehe es selbst«, unterbrach ihn Richard, der am oberen Treppenabsatz stehen geblieben war. Der Ausdruck »Chaos« wurde den Zuständen in der Galerie kaum gerecht. »Armageddon« beschrieb sie besser. Geschwärzte, verbogene Rüstungen lagen so umher, wie sie zu Boden gestürzt waren. Glücklose Krieger auf einem obszönen, mit Marmorfliesen und Teppichen ausgekleideten Schlachtfeld. Ein französischer Gobelin aus der Renaissancezeit, eines der ersten Stücke seiner Sammlung, hing in verbrannten Fetzen von der Wand. Was von ihm übrig war, war kaum noch zu erkennen. Ärger stieg in ihm hoch. Niemand tat ihm so etwas an und kam ungeschoren davon.

»Himmel«, flüsterte Tom. »Wo hast du gestanden?«

Richard ging vorsichtig vier Schritte vorwärts und hielt noch weit außerhalb der Grenzen der Zerstörung an. »Etwa hier.«

Danté räusperte sich, um das plötzliche Schweigen zu brechen. »Rick, ich wollte die beschädigten Stücke selbst inspizieren, aber die Leute von der Versicherung tun, als gehörte alles ihnen. Sie haben keine Ahnung, wie heikel ...«

»Das ist schon in Ordnung, Danté«, sagte er mehr, um seinen Manager zu beruhigen, als aus eigener Überzeugung. So wütend wie er war, stellte der Verlust dieser Gegenstände für ihn nur eine Nebensache dar. Ihn interessierte vor allem, wer sie zerstört hatte. »Tom wird sich darum kümmern, dass Sie bei allem zu Rate gezogen werden.«

»Aber ...«

»So läuft es nun mal, Danté.«

Partino nickte und umklammerte den Manuskripthalter noch fester, den er in den Händen hielt. »In Ordnung. Aber das Wasser der Sprinkleranlage und der Schläuche hat auch einige Gemälde im zweiten Stock beschädigt. Vielleicht können wir sie noch retten ...«

»Was ist mit der Steintafel?«, unterbrach ihn Richard. Er bewunderte Partinos Leidenschaft für Kunst, aber er hatte eine verdammt lange Nacht hinter sich.

»Sie ist nicht da«, antwortete Castillo, der mittlerweile auch auf dem oberen Treppenabsatz aufgetaucht war. »Wir vermuten, dass sie hinter dieser Tafel her war. Und Sie sollten überhaupt nicht hier oben sein, Mr Addison. Dies ist eine Morduntersuchung ...«

»Haben Sie schon alles fotografiert, Fingerabdrücke genommen und was Sie sonst noch tun?«

»Ja.«

»Um welche Art von Bombe handelte es sich denn?« Ohne auf die unterdrückte Warnung von Officer Kennedy zu achten, trat Richard vor und ging mit steifem Rücken vor einem vom Feuer geschwärzten Loch in der Wand der Galerie in die Hocke.

Castillo seufzte. »Es sieht so aus, als hätte man einen Stolperdraht quer durch die Galerie gespannt und an einer Granate mit Formladung befestigt. Sobald man an dem Draht zieht: bumm. Schnell angebracht, professionell – und überaus wirkungsvoll. Perfekt, um Spuren zu verwischen, wenn man geschnappt wird, bevor man draußen ist.«

»Was, wenn sie unbemerkt hinausgekommen wäre?«, erkundigte sich Richard.

»Nun, dann wäre es eine ausgezeichnete Methode gewesen, um eine Untersuchung wegen Diebstahls zu stören.«

»Und ein gigantisches Risiko«, fuhr Richard leiser fort. »Ein paar Jahre wegen Diebstahls gegen Todesstrafe wegen Mordes ersten Grades, richtig?«

»Nur wenn man sie schnappt. Für die Stücke, die Sie hier haben, würde ich dieses Risiko auf mich nehmen.«

»Ich nicht«, gab Richard zurück, während er sich wieder erhob und die rußigen Hände abklopfte. »Castillo, ich überlasse Sie jetzt Ihrer Arbeit. Aber halten Sie mich bitte auf dem Laufenden. Ich muss einige Anrufe erledigen.«

Während Danté wie eine ängstliche Glucke das Chaos überwachte, zogen sich Tom und Richard in das Büro im zweiten Stock zurück. Durch die großen Fenster sah man hinaus auf den Rasen vor dem Haus und den Teich. Üblicherweise war dies ein ruhiger Anblick, doch heute wimmelte es von Uniformen, und überall lagen Trümmer umher. Mit einem Ächzen, das Richard nicht unterdrücken konnte, sank er in den Stuhl hinter dem schweren Schreibtisch in Schwarz und Chrom. Dieser Tisch war eines der wenigen nicht antiken Möbelstücke im Haus, und dies nur, weil kein Schreibtisch aus dem 17. Jahrhundert für den Einbau von Computer, Telefon und anderen Elektronikgeräten ausgestattet war.

»Was bereitet dir Sorgen?«, erkundigte sich Donner, während er sich eine Flasche Wasser aus dem kleinen Schrankkühlschrank holte und sich auf einen gepolsterten Konferenzstuhl am anderen Ende des Raumes setzte. »Abgesehen davon, dass du fast in winzige Stücke zerfetzt worden wärest.«

»Ich habe dir doch erzählt, dass ich gestern Nacht nicht schlafen konnte.«

»Wegen der Faxanrufe.«

»Genau. Deshalb schlenderte ich umher und wartete, dass die Zeit vergeht, bis ich im New Yorker Büro anrufen kann. Auch ohne Eindringling wäre ich als Nächstes in die Galerie spaziert.«

Tom schwieg einen Herzschlag lang, um diese Nachricht zu verarbeiten. »Das heißt, du feuerst Myerson-Schmidt.«

»Darum geht es nicht. Sie hat erst Prentiss zugerufen, dass er stehen bleiben soll, und mich dann wie ein Bulldozer gerammt.«

»Castillo geht davon aus, dass sie nur ihre eigene Haut retten wollte.«

»Nein.«

»Was dann, Rick?«

»Behaupten wir einmal, sie wäre hereingeschlichen, hätte alle Sicherheitsmaßnahmen umgangen und die Steintafel geschnappt – und dies, obwohl ich eine Vielzahl an Stücken besitze, die wesentlich wertvoller sind. Dann soll sie auf ihrem Rückweg fünf Minuten dafür aufwenden, um die Bombe zu platzieren, wird dabei erwischt und versucht dann, alle davor zu bewahren, in die Luft gesprengt zu werden?«

»Vielleicht hat sie nur versucht, nicht selbst in die Luft gesprengt zu werden.«

Vielleicht. »Aber wenn sie nicht angehalten hätte, um die Bombe zu installieren, wäre sie auf und davon gewesen, ehe jemand etwas bemerkt hätte.«

Tom schlug die langen Beine an den Knöcheln übereinander. »In Ordnung. Möglichkeit Nummer eins: Diebstahl war nicht das eigentliche Ziel. Wie du gesagt hast, ist sie an einer ganzen Menge hübscher Dinge vorbeispaziert.«

»Dann wäre Mord das Ziel gewesen.« Im Geist sah Richard noch immer ihre Augen und den Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie ihn rammte. »Warum hat sie mich dann hinuntergeschleppt, sodass mich das Feuer nicht erreichte?«

Der Anwalt zuckte die Schultern. »Vielleicht hat sie kalte Füße bekommen? Vielleicht warst auch gar nicht du das Ziel.«

»Wer dann? Prentiss? Das glaube ich nicht.« Er beugte sich vor und trommelte mit den Fingern auf den harten schwarzen Tisch. »Möglichkeit Nummer zwei: Sie hat die Bombe gar nicht platziert.«

»In Ordnung. Dann haben wir es mit zwei Eindringlingen zu tun, die in derselben Nacht in diese Festung einbrechen. Einer durch das Terrassenfenster und der andere durch ... auf andere Art und Weise. Der eine hat es auf die Steintafel abgesehen, und der andere will etwas in die Luft jagen. Will dich in die Luft jagen.«

»Nur dass ich gar nicht hier sein sollte.«

Donner blinzelte. »Das ist richtig. Du solltest noch bis heute Abend in Stuttgart sein.«

»Die Bombe wäre beim nächsten planmäßigen Patrouillengang durch die Galerie hochgegangen, und ich wäre nicht hier gewesen.«

»Außer, jemand weiß, dass du Deutschland vorzeitig verlassen hast.«

Richard starrte finster vor sich hin. »Das engt den Kreis auf einige wenige Personen ein, von denen die meisten mein bedingungsloses Vertrauen besitzen. Und Harry Meridien, der darauf bestand, dass ich bleibe, obwohl ich nicht bereit war, mehr für die Anteile an seiner verdammten Bank zu zahlen, als wir vereinbart hatten.«

»Die Leute reden.«

»Nicht meine Leute.« Richard schwang sich aus seinem Stuhl hoch und ging in dem langen Raum auf und ab. »Ich will mit dieser Miss Smith sprechen.«

»Das wollen auch die Polizei von Palm Beach und das FBI. Du weißt doch, dass sie es nicht ausstehen können, wenn einflussreiche ausländische Geschäftsleute aus befreundeten Ländern beinahe in die Luft gejagt werden.«

Richard fegte die Bemerkung mit einer Handbewegung weg. Die Vorgehensweise des FBI interessierte ihn in diesem Augenblick überhaupt nicht. Außerdem hatte er ohnehin wenig für die Bundesbeamten übrig. »Mich interessiert nur meine Seite der Sache. Irgendjemand ist in mein Haus eingebrochen, ein Mann, der für mich arbeitete, ist getötet worden, und man hat mein Eigentum gestohlen. Die Fragen, die ich stellen will, lassen sich nicht mit ›schuldig‹ oder ›nicht schuldig‹ beantworten.«

Donner seufzte. »Schon in Ordnung. Ich werde sehen, ob ich herausfinden kann, wie nahe sie ihr schon gekommen sind.« Er schüttelte den Kopf. »Aber wenn man uns festnimmt, weil wir eine polizeiliche Ermittlung gestört haben, werde ich dich nicht vertreten.«

»Wenn man uns festnimmt, werde ich dich feuern, weil du deinen Job nicht ordentlich gemacht hast.« Lächelnd griff Rick zum Telefon. »Und jetzt hinaus mit dir, ich habe zu arbeiten.«

Schon zwei verdammte Tage. Samantha sank in die Kissen ihres Sofas und wählte mit der Fernsteuerung einen anderen TV-Sender. Selbst unter besten Bedingungen hasste sie es, tatenlos herumzusitzen, und dies hier war meilenweit entfernt von besten Bedingungen. Aber die Medien wollten nicht lockerlassen. Und solange sie an der Story festhielten, musste auch sie ihre Aufmerksamkeit darauf richten.

Mittlerweile gingen der Presse die Neuigkeiten aus, sodass sie bereits den gesamten letzten Tag immer wieder dieselbe Geschichte mit gelegentlichen Variationen hörte: Das Leben von Richard Michael Addison, die Liebesaffären von Richard Michael Addison, die Wohltätigkeiten von ... die Geschäfte von ... die ... und so weiter und so fort. Und natürlich die Fakten, die die Presse tatsächlich hatte und bei jeder Nachrichtensendung ausstrahlte: Es hatte eine Explosion gegeben, ein Wächter – mittlerweile identifiziert als Don Prentiss – wurde getötet, und verschiedene wertvolle Stücke wurden zerstört. Im Rahmen der Ermittlungen suche die Polizei nach einer weißen Frau, zwischen 1,60 und 1,70 Meter groß, fünfundfünfzig bis siebzig Kilogramm schwer.

»Siebzig Kilo, so eine Frechheit«, murmelte sie, während sie erneut auf einen anderen Sender schaltete. Ungeachtet des falschen Gewichts wusste sie, was dies bedeutete: Man suchte eine Verdächtige, weil man eine Person verantwortlich machte, und das war sie.

Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie so schnell wie möglich davonrennen sollte, um sich die Dinge aus sicherer Entfernung anzusehen. Einziges Problem dabei: Wenn die Polizei davon ausging, dass sie versucht hatte, Addison zu töten, würde es keine sichere Entfernung für sie geben. Und auch keinen sicheren Weg, um dorthin zu gelangen. Alle Flughäfen und Busbahnhöfe würden überwacht werden. Wenn es ihnen Spaß machte, sollten sie sie doch überwachen. Allerdings hob es nicht gerade ihre Stimmung, als sie in den Morgennachrichten hörte, dass laut Aussage der Polizei »eine Verhaftung jeden Augenblick bevorstehe«. Auch wenn sie nicht bereit war, dies zu glauben, durfte sie die Gefahr nicht einfach ignorieren.

So saß sie nun auf dem Sofa, nippte an einer Limonade und aß Mikrowellenpopcorn, während die Vormittagsnachrichten in endloser Schleife an ihr vorbeizogen. Und sie versuchte herauszufinden, was passiert war. Als Diebin besaß sie außergewöhnlich viel Talent. Das hatte nicht nur ihr Vater immer gesagt, sondern auch Stoney und einige diskrete Kunden, für die sie gearbeitet hatte.

Sie genoss die Unabhängigkeit, die ihr ihre Fähigkeiten gewährten. Sie genoss die Herausforderung des selbst gewählten Berufs ebenso wie das Gefühl, vorübergehend eines der seltensten Objekte der Welt in ihrem Besitz zu haben. Und sie genoss die Bezahlung, auch wenn sie sorgsam darauf achten musste, wie sie das Geld ausgab. Das Ziel ist der Ruhestand, hatte ihr Vater unablässig wiederholt, während er ihr die Fähigkeiten dieses Gewerbes beibrachte. Arbeite nicht für morgen, sondern für einen Tag, der zwanzig Jahre in der Zukunft liegt.

Aus diesem Grund wohnte sie in einem kleinen, hübschen Haus außerhalb von Pompano Beach und arbeitete für einen Hungerlohn als freiberufliche Kunstberaterin verschiedener Museen. Das war auch der Grund, warum sie nicht tötete. Wer auf der Suche nach leblosen Objekten tötete, konnte sich nicht irgendwo am Mittelmeer friedlich zur Ruhe setzen und attraktive Hausburschen einstellen.

Dadurch wurde eines klar: Wenn sie sich je zur Ruhe setzen wollte, musste sie herausfinden, wer die Bombe gelegt hatte. Entweder man hatte sie hereingelegt, oder sie hatte geradezu geschichtsträchtiges Pech gehabt. In beiden Fällen verlangte sie Wiedergutmachung. Dafür musste sie den Beweis antreten, dass nicht sie die Bombe gelegt hatte. Um sie vor dem Gefängnis zu bewahren, genügte es nicht, aus reiner Neugier dieses Durcheinander zu lösen.

Die Nachrichten endeten damit, dass es bislang noch zu keiner entscheidenden Wendung in der Sache gekommen war. Und dann endlich kam etwas, das sie mit Vergnügen sah: Godzilla – Die Rückkehr des Monsters. Während Godzilla auf WNBT durch Tokio stampfte, glitt sie vom Sofa, loggte sich in ihren Computer ein und rief ihre E-Mails ab. Da sie weder an Penisverlängerung noch an einer Gratisreise nach Florida interessiert war, löschte sie die Nachrichten und öffnete eine Suchmaschine, in die sie Richard Addisons Namen eintippte.

Eine Flut von Fotos erschien in der Vorschau, begleitet von einer Rückschau auf Artikel auf den Websites verschiedenster Zeitungen und Zeitschriften, vom Architectural Digest über CEO bis Newsweek. »Wir sind aber schon ganz schön herumgekommen, Addison«, murmelte sie, während sie die erste Seite scrollte und die zweite aufrief.

Für die meisten Artikel wurden dieselben Fotos verwendet, als hätte Addison für ein Fotoshooting Modell gesessen und es der Presse überlassen, sich aus diesem Sortiment etwas auszusuchen. Trotz des etwas zu langen, dunklen, welligen Haars, das den Kragen berührte, sah er wie ein Multimilliardär aus, und dies nicht nur aufgrund seines schwarzen Armani-Anzugs, der schwarzen Krawatte und dem dunkelgrauen Hemd. Es lag vor allem an seinen dunkelgrauen, glitzernden Augen. Sie strahlten Kraft und Selbstbewusstsein aus, und der direkte Blick in die Kamera verkündete, dass dies ein Mann war, den man ernst nehmen sollte.

»Nicht übel«, bemerkte sie. In Ordnung, das war vermutlich eine Untertreibung. Vielleicht sah er ja wirklich umwerfend aus. Und wie sie wusste, sah er sogar nur in einer schlichten Trainingshose und ruß- und blutverschmiert großartig aus.

Verärgert darüber, dass sie sich hatte ablenken lassen, klickte sie auf die dritte Seite. Als die Hinweise unklarer wurden, verringerte sie ihr Tempo. Antiquitätenkäufe, eine Website für Yachtliebhaber, und eine ganze Seite auf www.divorcegladiators.com, die jedoch nicht von Mr Addison veröffentlicht wurde, sondern von Patricia, der ehemaligen Mrs Addison. Autsch. Obwohl Samantha wusste, dass sie Wichtigeres über diesen Mann herauszufinden hatte, der sie mitten in eine Morduntersuchung gestürzt hatte, klickte sie auf die Website.

Ein Foto von Patricia Addison-Wallis tauchte auf dem Bildschirm auf. Als zierliche Blondine mit wohlgeformten Zügen, die pro Besuch im Schönheitssalon tausende Dollar kosteten, beantwortete Ex-Mrs Addison E-Mail-Fragen und erteilte Ratschläge, wie man es bei einer Scheidung vermied, über den Tisch gezogen zu werden, in der Hoffnung, dass auch andere davon profitieren würden, dass sie dieser Erfahrung erfolgreich aus dem Weg gegangen war. Angesichts der Tatsache, dass Addison seine Exfrau vor etwas mehr als zwei Jahren nackt mit Sir Peter Wallis in seiner Villa in Jamaika erwischt hatte, fand Sam, dass Patricia ziemlich gut ausgestiegen war. Nicht jeder Ehemann, dem man Hörner aufgesetzt hatte, würde seiner Exfrau und deren neuem Partner genug Mittel zur Verfügung stellen, dass sie sich ein hübsches Haus in London leisten konnten.

Als das Telefon läutete, sprang Sam hoch, trottete dann in die Küche und nahm ab. »Hola.«

»Samantha Jellicoe«, meldete sich eine männliche Stimme mit starkem französischem Akzent. »Da hast du dich also versteckt.«

Für einen Augenblick stockte ihr das Herz, ehe es wieder zu schlagen begann. Als hätte sie nicht schon genug Schwierigkeiten. »Etienne DeVore. Ich verstecke mich nicht, aber wie zum Teufel bist du an diese Nummer gekommen?«

Er schnaubte verächtlich. »Ich bin nun einmal gut in meinem Geschäft, Chérie. Und du solltest dich aus meinem Geschäft raushalten. Es ist gefährlich.«

Einige Häuserblöcke entfernt heulte eine Sirene auf und brach wieder ab. Sams Nackenhaare stellten sich auf. Vorsichtig schob sie den Spitzenvorhang des kleinen Küchenfensters zur Seite, das auf die Straße hinausging. Nichts. Dennoch war der Anruf wegen des Timings überaus interessant. »Du warst das bei Addison! Du hast mich fast umgebracht!«

»Ich hatte nicht erwartet, dass du so einen Job annimmst. Etwas so Kompliziertes, du weißt schon.«

»Zum Teufel mit dir, mon ami.«Dann kam ihr ein anderer Gedanke. »Woher wusstest du, dass ich dort war?«, fragte sie stirnrunzelnd.

Wieder schnaubte Etienne. »Beleidige mich nicht. Jeder andere wäre tot. Selbst für dich war es ein wenig zu knapp, non?Außerdem versuche ich, dir einen Gefallen zu tun.«

»Einen Gef...«

Wieder drang eine Sirene an ihr Ohr und brach abrupt ab, statt mit dem typischen Grollen zu verhallen, während der Wagen stoppte.

»Verdammt, ich muss weg. Wenn du mir die Cops auf den Hals gehetzt hast, Etienne, bist du ein toter Mann.«

»Ich würde nie die Cops rufen. Das ist Unsinn. Sieh zu, dass du fortkommst, Samantha. Ich werde mich um die Sache kümmern.«