Der Bruder des Gehetzten – Western-Kollektion - John F. Beck - E-Book

Der Bruder des Gehetzten – Western-Kollektion E-Book

John F. Beck

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Beschreibung

Jack Kennon ist von dem Minenbesitzer Crowell um eine riesige Summe betrogen worden. Nicht nur das, Crowell verfolgt ihn daraufhin auf jede mögliche Art. So versucht schließlich der Geschädigte, sich selbst zu seinem Recht zu verhelfen, indem er in das unwegsame Minengebiet eindringt, um sich die Dollars zurückzuholen. In welche Gefahr Jack sich dabei begibt, wird ihm erst klar, als es zu spät ist …
Sein Bruder Bill will ihn retten, aber um Jack vor den Banditen zu schützen, muss er ihn in polizeiliches Gewahrsam bringen! Jack, der immer zu seinem Bruder aufgesehen hat, fühlt sich von ihm nun verraten und im Stich gelassen.
Als Jack sich befreit hat, sieht er nur noch einen Weg: nach Sixgun-City, in die Stadt der Gesetzlosen hinter dem Puma-Pass. Doch weder Bill noch Jacks Verlobte geben den um sein Recht kämpfenden Mann auf, sondern folgen ihm entschlossen, bis es mitten im Banditenreich zum entscheidenden Showdown kommt …

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John F. Beck

 

 

Der Bruder des Gehetzten

 

 

– Western-Kollektion –

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bärenklau Exklusiv

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Klaus Dill mit Kerstin Peschel, 2022

Korrektorat: Antje Ippensen

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

Über den Autor 

 

Das Buch

 

 

Jack Kennon ist von dem Minenbesitzer Crowell um eine riesige Summe betrogen worden. Nicht nur das, Crowell verfolgt ihn daraufhin auf jede mögliche Art. So versucht schließlich der Geschädigte, sich selbst zu seinem Recht zu verhelfen, indem er in das unwegsame Minengebiet eindringt, um sich die Dollars zurückzuholen. In welche Gefahr Jack sich dabei begibt, wird ihm erst klar, als es zu spät ist …

Sein Bruder Bill will ihn retten, aber um Jack vor den Banditen zu schützen, muss er ihn in polizeiliches Gewahrsam bringen! Jack, der immer zu seinem Bruder aufgesehen hat, fühlt sich von ihm nun verraten und im Stich gelassen.

Als Jack sich befreit hat, sieht er nur noch einen Weg: nach Sixgun-City, in die Stadt der Gesetzlosen hinter dem Puma-Pass. Doch weder Bill noch Jacks Verlobte geben den um sein Recht kämpfenden Mann auf, sondern folgen ihm entschlossen, bis es mitten im Banditenreich zum entscheidenden Showdown kommt …

 

 

***

 

 

1. Kapitel

 

 

Ein Schatten löste sich von den schwarzen Kiefernstämmen. Das bleiche Mondlicht grinste höhnisch.

»Hier ist dein Weg zu Ende, Kennon!«

Jack Kennon brachte seinen hochbeinigen Kentucky-Fuchs zum Stehen. Sein junges Gesicht straffte sich.

»Ryan Thorne?«, fragte er kehlig.

»Richtig, mein Freund!« Der Mann mit dem Gewehr trat näher. Er war kräftig gebaut. Die Enden seines buschigen schwarzen Schnurrbartes hingen an seinen Mundwinkeln herab. Er grinste noch immer.

»Der Boss hat also richtig vermutet. Du bist ein Narr, Kennon, dass du nicht auf Crowell gehört hast und verschwunden bist. War er nicht deutlich genug?«

»Doch! Aber ich denke nicht im Traum daran, alles im Stich zu lassen! Niemand wird mich aufhalten, mir zu holen, was mir zusteht!«

»Auch nicht dieses Gewehr?«

»Auch das nicht!«

»Da bin ich aber gespannt!« Jäh verschwand das Grinsen von Thornes Gesicht. »Du weißt doch – nur ein Fingerdruck, und du bist eine Leiche!«

Jack Kennon saß reglos im Sattel, den Blick unverwandt in das von fahlem Mondschein beschienene Gesicht seines Gegenübers geheftet.

»Steig ab, Kennon!«, forderte Thorne rau. »Les Crowell wird sich freuen! Diesmal werden wir dir das Wiederkommen für alle Zeiten verleiden. Los, runter vom Gaul, sonst kracht es!«

Jack zuckte die Achseln. »Du bist dir zu sicher, Thorne! Du meinst, es kommt nur darauf an, den Finger am Drücker zu halten, und alles ist in bester Ordnung.«

»Zum Teufel!«, schnaufte Thorne. »Red keinen Unsinn! Welchen Trumpf solltest du schon haben, du Narr!«

»Vielleicht, bin ich nicht allein?« Jack lächelte plötzlich. »Vielleicht ist schon ein Colt auf dich gerichtet, Thorne.«

Thorne wurde unsicher. Er ruckte wieder mit dem Gewehrlauf.

»Was auch geschieht, Kennon! Ich werde noch immer Zeit finden, dir eine Kugel zu verpassen. Daran solltest du denken! Und jetzt steig endlich ab!«

»Natürlich! Wenn du darauf bestehst …« Jack ließ sich auf den steinigen Pfad hinab, und noch während dieser Bewegung schrie er scharf: »Jetzt, Charly!«

Die Sorge um sein eigenes Leben war in Ryan Thorne doch größer als das Verlangen, Jack Kennon mit dem ersten Schuss zu erwischen. Er fuhr halb herum, sein Gewehrlauf schleuderte einen zuckenden Strahlenreflex. Die schwarzen Kiefern zu beiden Seiten des Pfades lagen leer und still ohne die leiseste Bewegung.

Thorne hörte das Kollern von Gestein und begriff, dass er nun doch auf einen Trick hereingefallen war. Er warf sich wieder in Jacks Richtung herum. Ehe er den Stecher durchziehen konnte, traf ihn Jacks Faust am Kinn. Es war ein knallharter, präzise gezielter Schlag – Jack musste mit diesem ersten Schwinger alles entscheiden, wenn nicht alles umsonst gewesen sein sollte.

Thorne landete auf den Knien. Jack entriss Thorne das Gewehr. Keuchend streckte Thorne beide Hände aus, um Jack an der Jacke zu packen. Die Lippen zusammengepresst, schlug Jack zum zweiten Male zu.

Ryan Thorne rührte sich nicht mehr. Jack schleuderte den Karabiner ins Dunkel des Kiefernwaldes hinein. Obwohl die Luft beißend kalt war, glänzte Schweiß auf seiner Stirn. Etliche Atemzüge starrte er erschöpft auf den bewusstlosen Gegner hinab. Die gespielte Selbstsicherheit vor Thornes schussbereitem Gewehr hatte ihn mehr Energie gekostet als der blitzschnelle vernichtende Angriff.

Aus engen Augen spähte er zum Ende des Pfades hinauf. Auf dem Felsplateau, wo die Gebäude der Crowell-Minen lagen, rührte sich nichts.

Jack schleifte den Besinnungslosen zwischen die Bäume. Dann fasste er die Zügel seines Kentucky-Fuchses und legte so die letzte Pfadstrecke zurück. Die dichtstehenden Kiefern endeten an einem kahlen Felsplateau. Im Mondschein hoben sich die Unterkunftsbaracken der Minenarbeiter, die Lagerhütten und die Geschäftsgebäude des Crowell-Minen-Unternehmens schwarz ab. Rauch kräuselte aus dem hohen Schlot des Schmelzofens. Schienenstränge mit leeren Kipploren blitzten matt. Sie verschwanden in schwarzen Löchern in den Felswänden – den Eingängen der Minenstollen.

Jack Kennons Mundwinkel verkniffen sich, als er das ganze Plateau überschaute. Ein harter Glanz stand in seinen grauen Augen. Grimmige Gedanken zogen durch sein Gehirn. Dann band er sein Pferd am Aststummel einer knorrigen Kiefer fest und glitt, die Hand am Kolben des 45er Colts, am Band des Plateaus entlang.

In einem einzigen Blockhaus brannte noch Licht. Es lag gleich neben dem Büro des Minenunternehmens. An einer Reihe leerer Kipploren entlang schlich sich Jack an die Hütte heran. Der Schatten eines Mannes zeichnete sich drinnen flüchtig vor den erhellten Fenstern ab. Jack verharrte an der Blockhausecke. Er spürte die Kälte nicht mehr. Sein Herz hämmerte. Mit einer flüssigen Bewegung holte er den Colt aus der Halfter.

Als sich sein schneller Atem etwas beruhigt hatte, glitt er geschmeidig an der Balkenwand bis zur Blockhütte. Er bewegte vorsichtig die Klinke. Die Tür war von innen verriegelt.

Einen Moment zögerte er. Dann klopfte er ungeduldig mit dem Coltkolben gegen das Holz. Der Gedanke, dass er sich ganz allein mitten im Gebiet seines Todfeindes Les Crowell befand, schnürte ihm einen Moment die Kehle zusammen. Dann pochte er abermals.

Dielen knarrten drinnen dicht vor der Tür. Eine gedämpfte Stimme fragte: »Wer ist da?«

»Machen Sie auf, Boss!«, flüsterte Jack erregt. »Schnell! Ich bin es – Thorne!«

»Thorne? Was ist los? Ist Kennon da?«

»Ja, ja! Er ist mir um ein Haar entkommen, Boss! Sie müssen sofort die anderen verständigen!«

Ein Riegel knarrte. Jack hielt den Atem an, als er sah, dass sich die Tür langsam einen Spalt öffnete. Gelbes Lampenlicht flutete über die Schwelle.

»Komm herein, Thorne!«, sagte eine harte Stimme. »Wir müssen …«

Der Sprecher stockte, als das Lampenlicht Jack Kennons angespanntes Gesicht erreichte.

Jack warf sich gegen die Tür. Sie flog krachend nach innen auf. Ein hochgewachsener, hagerer Mann in städtisch geschnittener Kleidung wich vom offenen Eingang zurück. Seine Hand fuhr unter den aufgeknöpften Rock, wo sich der gestreifte Stoff über einem Revolverholster bauschte.

Jack sprang über die Schwelle und stieß den Coltlauf vor.

»Wenn Sie herausfinden wollen, wer besser schießt, Crowell – dann nur zu!«

Les Crowells hageres Gesicht straffte sich. Seine rechte Hand kam unter der Jacke hervor, ohne Waffe. Überraschung und Erschrecken verschwanden aus seinen Augen. Er hatte sich wieder gefangen und sagte hart: »Ich bin nicht solch ein Dummkopf wie Sie! Ich weiß genau, wann ich eine Chance besitze! Kennon, ich warne Sie!«

»Das hat auch Thorne getan, der mich abfangen sollte!«, zuckte Jack die Achseln. Er schloss hinter sich die Tür, ohne Crowell aus den Augen zu lassen.

Crowell betrachtete ihn kalt.

»Wie kann ein Mann nur so verbohrt sein! Hier oben halten sich über hundert Minenarbeiter auf, die von mir bezahlt werden, und noch dazu ein Rudel hartgesottener Revolvermänner, die jeden meiner Befehle ohne zu zögern ausführen.«

»Vorerst sind Sie mit Zahlen an der Reihe, Crowell!«, knurrte ihn Jack an. »Zwölftausend Dollars wird Ihnen mein Besuch wert sein!«

»Ihr Leben sollte Ihnen mehr wert sein als das Geld!«

»Ich bin nicht in der Stimmung, auf Ihre rührenden Ratschläge zu hören, Crowell! Los, ich weiß, dass Ihr Tresor im Nebenraum ist! Sie werden ihn jetzt aufschließen!«

»Ein ganz gewöhnlicher Raubüberfall also!«

»Zur Hölle, Crowell!«, zischte Jack. »Das Geld gehört mir! Es ist mein gutes Recht …«

»Warum kommen Sie dann nicht mit dem Sheriff, heh?« Crowell lächelte glatt.

»Meinen Sie, Sie können mich in die Enge treiben? Sie irren sich! Ihre Revolverhelden haben mir den Schuldschein zwar abgenommen, aber ich brauche Sheriff Neals Hilfe nicht! Ich brauche nur dieses Schießeisen!«

Er wog den 45er in seiner Faust. Crowells Gesicht war völlig ausdruckslos.

»Das wird ein böses Ende mit Ihnen nehmen, Kennon!«

»Sorgen Sie lieber dafür, dass Ihnen das nicht passiert! Los, gehen Sie endlich!«

Crowell wandte sich zur Nebentür. Jack blieb dicht hinter ihm. – Im anderen Raum brannte ebenfalls eine Petroleumlampe. Schriftstücke lagen auf einem Schreibtisch verstreut. Jacks Augen blitzten auf, als er den Tresor in der Ecke entdeckte.

»Den Schlüssel, Crowell!«

»Hören Sie …«

»Kein Wort mehr! Her mit dem Schlüssel!«

Crowell hob die Achseln und ging steifbeinig um den Schreibtisch herum. Von der anderen Seite trat Jack an den Tisch heran, ein wachsames Glitzern in den Augen. Crowell zog eine Schreibtischlade auf. Seine Rechte verschwand darin.

Ein schwaches Zucken um Crowells Mundwinkel warnte Jack. Als er sah, dass Crowells Hand hochzuckte und er vom Schreibtisch zurückweichen wollte, war er schon bereit. Mit einem wilden Schwung beugte er sich halb über die Tischplatte und schlug mit dem Revolverlauf zu.

Crowell wurde an der Schläfe getroffen, stürzte rücklings über einen herunterpolternden Stuhl und blieb mit ausgebreiteten Armen liegen. Der doppelläufige Sharps-Derringer, den er aus der Schublade geholt hatte, schlitterte unter einen Schrank.

Jack wühlte in der Lade und fand einen Schlüsselbund. Er ließ den 45er in der Halfter verschwinden und probierte einen Schlüssel nach dem anderen, bis er den passenden fand. Die gepanzerte Tresortür schwang lautlos auf.

»Geschafft!«, murmelte Jack heiser.

»Hier irrst du dich, Hombre!«, sagte eine raue Stimme von der offenen Nebentür her.

Jack nahm sich gar nicht die Zeit, erst herumzuwirbeln. Er ließ sich sofort auf die Knie fallen – und das rettete ihm das Leben. Ein donnernder Knall füllte den Raum. Die offene Tür war einen Moment von einer weißen Pulverrauchwolke verhüllt.

Über Jacks Kopf prallte die Kugel scheppernd gegen den Stahl des Tresors und jaulte als Querschläger zur hölzernen Decke empor. Auf den Knien hatte sich Jack herumgeworfen. Der 45er schien ihm förmlich in die Faust zu springen.

Durch den zerflatternden Pulverrauch brach die sehnige Gestalt eines hartgesichtigen Mannes, dessen Miene nur einen Ausdruck verriet: Er war zum Töten entschlossen! Ein zweiter Feuerstrahl zuckte aus seiner Revolvermündung.

Einen Sekundenbruchteil war Jack Kennon schneller – genau die Zeitspanne, die über Leben und Tod entschied! Beide schossen gleichzeitig. Zwei Handbreit vor Jack fuhr die Kugel des Revolverschwingers knirschend in die Bodenbretter. Dann kippte der Mann bereits vornüber aufs Gesicht.

Mit einem Satz war Jack auf den Beinen. Er starrte auf den reglosen Mann, und sekundenlang war ein Würgen in seiner Kehle. Dann wurde ihm bewusst, was die Schüsse für ihn bedeuteten! In wenigen Sekunden würde sich das Plateau in eine Hölle für ihn verwandeln!

Mit fliegenden Fingern holte er Geldscheinbündel aus dem offenen Tresor und verstaute sie in den Innentaschen seiner Lederjacke. – Crowell lag noch immer bewusstlos auf dem Rücken, die Beine schlaff über dem umgekippten Stuhl. Draußen waren die ersten Geräusche zu vernehmen: knarrende Türen, aufgeregte Stimmen. Mit dem letzten Banknotenbündel wischte Jack eine Handvoll Silberdollars aus dem Tresor. Klimpernd sprangen sie vor seine Füße. Er ließ sie achtlos liegen, rannte durch die Nebentür und zum Ausgang des Blockhauses – und da hörte er draußen die ersten Männer herankommen.

Er zerrte die Tür auf und schnellte ins Freie. Sofort stieg von den Mannschaftsunterkünften ein Alarmruf auf.

»Da ist jemand! Seht doch, da kommt ein fremder Kerl aus Crowells Haus!«

Jack sah, dass ihm der direkte Weg zu seinem Pferd abgeschnitten war. Er hetzte geduckt über die freie Fläche vor Crowells Wohnhütte und verschwand im Schatten langgestreckter Lager und Geräteschuppen.

Drüben stürzte ein Schwarm Männer ins Blockhaus. Die Stimmen wurden scharf und erregt. Sie mussten den Toten gefunden haben. Und dann war da plötzlich Les Crowells Tonfall.

»Steht hier nicht herum, Leute! Kennon hat Joe erschossen! Lasst ihn nicht entkommen!« Jack schob sich eine Häuserpassage entlang. Vorne tauchten schattenhafte Gestalten auf. Er machte sofort kehrt, umrundete ein massives Balkengebäude. Jemand entdeckte ihn, und sofort krachten Schüsse.

»Kennon, Sie verwünschter Bandit!«, schrie Crowell. »Geben Sie auf! Sie kommen sonst hier nicht lebend weg!«

Kugeln hieben in Balken oder ließen Steine hochspringen. Jack gab ein paar schnelle Schüsse zurück und tauchte hinter leeren Kipploren unter. Seine Feinde verloren ihn aus den Augen.

»Sucht ihn!«, hetzte Crowell hassvoll. »Fünfhundert Dollars für den Mann, der ihn zur Strecke bringt!«

Die Banknoten knisterten in Jacks Lederjacke. Er rannte geduckt an der Kipplorenreihe entlang. Crowells Minenarbeiter und Revolvermänner halten die offenen Plateauseiten abgeriegelt. Er saß in der Falle. Heißer Zorn glühte in ihm gegen den Mann, dem er geholfen hatte, dieses Silberminen-Unternehmen aufzubauen, und der jetzt nichts anderes mehr wünschte als seinen Tod. Das Geld war ihm plötzlich gleichgültig. Er war gekommen, um sich sein Recht zu holen – mit Gewalt, weil ihm keine andere Wahl blieb – nicht um blutige Rache zu üben. Und er dachte an die Zukunft mit dem Mädchen, das er liebte, und mit seinem Bruder. Die zwölftausend Dollars, die ihm Crowell schuldete und deren Rückgabe ihm verweigert worden war, sollten die Basis dafür bilden. Er musste versuchen, am Leben zu bleiben und das Geld zu retten!

Sie suchten nach ihm. Crowell gab mit lauter ungeduldiger Stimme Befehle. Jack rannte weiter und sah sich jäh vor einem dunkel klaffenden Stolleneingang. Die blinkenden Geleise verschwanden in der tintigen Schwärze. Jack glitt in den Stollen hinein. Die Hände tastend ausgestreckt, um den Stützbalken auszuweichen, bewegte sich Jack tiefer in die Finsternis hinein. Manchmal rollten Steine unter seinen hochhackigen Reitstiefeln.

»Nirgends zu finden, Boss!«, schrie draußen jemand. »Der Schuft ist wie vom Erdboden verschluckt!«

»Durchstöbert jeden Winkel!«, antwortete Crowell mit befehlsgewohnter Stimme.

»Die Stollen, Boss!«, mischte sich ein anderer Mann ein. »Ich wette, dass er sich in den Stollen verkrochen hat!«

Jack schaute über die Schulter zurück. Der Stolleneingang war nur als fahles Loch hinter ihm zu erkennen. Der Boden fiel schräg abwärts – immer tiefer in den Berg hinein. Jack überkam ein beklemmendes Gefühl. Hier drinnen war es schneidend kalt, trotzdem perlten Schweißrinnsale über Jacks Gesicht.

Schritte waren dem Stolleneingang ganz nahe. Eine raue Männerstimme drang wie durch einen Brunnenschacht zu ihm.

»Zu viele Stollen! Wenn wir sie alle nach ihm abklopfen, brauchen wir eine Menge Zeit!«

»Der Teufel soll den Halunken fressen!«, knurrte ein anderer. »Wenn wir ihn erst haben …« Der Mann brach ab.

»Was ist los, Ben?«

»Sieh dir das an, Mac!«, schnaufte der Gefragte aufgeregt. »Da, vor deinen Füßen! Ein Packen Geldscheine!«

»Himmel, du hast recht!« Dann wurde die Stimme lauter: »Boss! Hierher, Mr. Crowell! Wir haben Banknoten gefunden, vor diesem Stollen! Er muss da drinnen sein!«

Jack Kennon ballte die Fäuste. Der Lärm zog sich jetzt vor dem Stolleneingang zusammen. Ein Mann jagte eine Serie von Gewehrschüssen in das dunkle Loch. Jacke presste sich eng an den kahlen Fels.

Dann rief Crowell in den Nachhall der Detonationen hinein: »So kommen wir nicht weiter! Wir müssen hinein!«

»Boss, er wird sich wehren! Er wird uns abschießen …«

»Gut, ich erhöhe mein Angebot! Tausend Dollars für den Mann, der ihn mir tot oder lebendig anschleppt!«

Die eine Hand presste Jack gegen die Lederjacke, unter der sich die Dollarbündel bauschten, die andere schwang den langläufigen 45er.

»Crowell!«, schrie er wild. »Tun Sie mir den Gefallen und kommen Sie zuerst herein!«

»Da ist er!«, brüllte jemand, und schon krachten wieder Schüsse.

Der Lampenschein kam nur zögernd in den Stollen hinein. Jack schob sich hastig weiter an der Felswand entlang in den Stollen.

Ein scharfer Knick kam, und der Lichtschein war aus Jacks Augen verschwunden. Die Dunkelheit war undurchdringlich. Der Stollen wurde enger und niedriger, das Gefühl der Beklemmung verstärkte sich. Immer wieder stolperte Jack. Hinter sich hörte er die Verfolger in die Mine eindringen. Der Schimmer der vordersten Laterne kroch schon hinter der Biegung hervor.

Der Stollen beschrieb eine neue Krümmung. Jack hatte den unheimlichen Eindruck, schon meilenweit in den Berg gewandert zu sein. Er hatte jedes Gefühl für Entfernung verloren. Das Atmen fiel ihm immer schwerer. War es nur die Vorstellung, welch ungeheure Last sich über seinem Kopf zum Himmel türmte?

»Kennon!«, trieb eine heisere Stimme hohl den Schacht entlang. »Was du auch versuchst, du Mörder, hier kommst du nicht mehr heraus!«

»Er hat recht!«, murmelte Jack kratzend vor sich hin. »Mein Gott, er hat nur zu recht!« Die ganze Zeit über hatte er gewusst, dass er hier in der Falle saß. Es hatte keinen Sinn mehr, tiefer in den Berg hineinzuschleichen.

Er riss sich die mit Banknotenbündeln vollgestopfte Lederjacke ab. Während die Lichtfinger aus der vordersten Laterne über die rissigen Stollenwände heranglitten, wickelte er die Jacke zusammen und schaute sich nach einem Versteck dafür um. Er fand einen Riss in der Felswand, klemmte die Jacke mit dem Geld so tief wie möglich hinein und füllte dann den Spalt mit losem Gestein.

Hinter der nächsten Biegung schoben sich die ersten Verfolger heran. Die Männer entdeckten ihn sofort und wichen hastig hinter die Felskrümmung zurück. Jack ließ sich zu Boden fallen – keinen Augenblick zu früh. Mündungsflammen zuckten. Kugeln sirrten über ihn weg.

An den Boden gedrückt, feuerte Jack auf die Felsecke. Eine Laterne zerklirrte, jemand fluchte. Dann vernahm Jack Kennon durch das Geknatter der Revolverschüsse ein durchdringendes Knirschen über sich. Sein Blick zuckte in die Höhe – und einen Moment lähmte ihn kaltes Erschrecken.

Die Kugeleinschläge hatten das Gestein an der Stollendecke gelockert. Ein klaffender Riss zog sich jäh von einer Felswand zu anderen. Ein paar faustgroße Gesteinsbrocken bewegten sich knirschend gegeneinander. Einer verlor schon den Halt – und Jack schnellte sich gerade noch zur Seite, um dem niedersausenden Fels auszuweichen.

Aber jetzt schien der ganze Berg über ihm lebendig geworden zu sein. Steine prasselten nieder. Hinter der Felskrümmung waren die Schüsse verstummt. Jemand brüllte etwas, aber die Worte versanken im Gepolter. Staub umhüllte Jack, als er auf die Füße sprang. Er hatte jetzt nur einen Wunsch: weg von hier weg von dieser niederbrechenden Felsdecke – und wenn er dabei auch vor die Revolver von Crowells Leuten geraten sollte!

Ein Stein traf ihn schmerzlich in den Rücken. Er stolperte. Mit rudernden Armen suchte er Halt an der Felsmauer. Da erwischte es ihn am Kopf.

Ein greller Schmerz durchzuckte ihn. Er merkte noch, dass er fiel. Dann wurden alles Denken und Empfinden in ihm ausgelöscht …

 

 

 

2. Kapitel

 

 

Bill Kennon schreckte auf, als das monotone Rumpeln der Postkutsche plötzlich verstummte. Er schlug die Augen auf und sah, wie angespannt die stämmige Gestalt seines Gegenübers auf einmal war. Im Nu wurde er hellwach. Die Zugpferde schnaubten. Dann war eine scharfe Stimme zu vernehmen.

»Ein falscher Atemzug nur – und ihr beiden Burschen werdet nie wieder auf den Bock einer Postkutsche steigen!«

»Die Hölle soll euch verschlingen, ihr Lumpenpack!«, antwortete der Postfahrer zornerstickt. »Gebt sofort den Weg frei!«

»Heh, Beifahrer, weg mit deiner Kugelspritze, sonst pumpen wir dich voll Blei!«

Ein Gewehr flog vom Kutschbock herab auf die hartgefrorene Erde. Von zwei Seiten kamen Reiter auf das Fahrzeug zu.

Bill Kennons Hand lag an dem Holster, das er über der pelzgefütterten Jacke trug. Kein Hauch von Furcht oder Erregung war in seinen dunkelgrauen Augen.

Der stämmige Mann ihm gegenüber schaute ihn aufmerksam an.

»Sie wollen es riskieren, Mister? Dann seien Sie nur nicht zu voreilig! Mancher Mann hat das schon mit dem Leben bezahlt.«

»Wenn es losgeht, dann werfen Sie sich auf den Boden«, erwiderte Bill ruhig. »Dort sind Sie einigermaßen sicher. – Das gilt auch für Sie!«

Das galt dem dritten Passagier der Postkutsche. Es war ein sehniger, schweigsamer Mann in einem alten Kavalleriemantel, den Hut tief ins kantige Gesicht gezogen. Er zuckte nur die Schultern.

Bill zog seinen Frontier-Colt und spannte den Daumen.

»Wie ein Revolvermann!«, stellte der Stämmige fest. »Sie scheinen Übung zu haben!«

Bill schob sich über die ledergepolsterte Sitzbank zum Wagenschlag. Draußen sagte einer der Banditen, die die Concord-Kutsche angehalten hatten: »Jim und Rand, ihr kümmert euch um die Fahrgäste! Seid vorsichtig! Ihr wisst Bescheid!«

»All right!«

Hufe klopften vom Straßenrand auf die Kutsche zu. Zwei in dicke Winterkleidung gehüllte Reiter erschienen in Bill Kennons Sichtfeld. Sie trugen die patronengespickten Gurte über den Jacken. Jeder hielt einen Colt in der Faust.

Bill legte die Hand an die Klinke der Wagentür. Hinter ihm sagte der Stämmige, der wie ein Rancher gekleidet war: »Warten Sie einen Moment, Mister, ich werde ein bisschen mitmischen!«

Bill drehte den Kopf.

---ENDE DER LESEPROBE---