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Rhett Dundee - verachtet und bekämpft Roman aus dem amerikanischen Westen von John F. Beck Der Umfang dieses Buchs entspricht 166 Taschenbuchseiten. Er war in das County gekommen, um den Frieden zu finden, den dieses schöne, große, weite Land doch auch zu geben haben musste. Sein bisheriges Leben war Kampf gewesen und hatte ihn müde gemacht. Freies Regierungsland war in seinen Besitz übergegangen, und die Häuser der Farm gingen ihrer Vollendung entgegen. Natürlich waren es vorerst Blockhäuser, aber es waren Häuser, die Unterkommen und Sicherheit bieten konnten. Dann war es doch wieder passiert. Ein junger Mann, verblendet und unduldsam, hatte gezogen und ihm blieb nichts anderes übrig, wenn er nicht selbst den kürzeren ziehen wollte, als auf dieselbe Art zu antworten. Er kannte ihn nicht einmal, den herrischen jungen Mann und wurde dann gewahr, dass es der einzige Sohn des größten Ranchers im weiten Umkreis war. Rhett Dundee erlebt nun den Hass, die Herrschsucht und die Gesetzlosigkeit in einer Form, wie er sie schon immer verachtet und bekämpft hatte. Gnadenlos war die Jagd nach ihm. Alles, was er aufgebaut hatte, wurde ein Raub der Flammen und am Ende seiner Flucht sollte nach dem Willen des Rinderkönigs für ihn der Strick das Symbol der Rache sein. Die Edition veröffentlicht das Lebenswerk des großen deutschen Westernautors und dazu gehört auch das Frühwerk, das John F. Beck noch unter dem Pseudonym Lex Porter im Bewin-Leihbuchverlag veröffentlichte. Nur ein Teil dieser 18 Bücher wurde später, und nur in verstümmelter oder stark gekürzter Fassung, von den Publikumsverlagen noch einmal publiziert. Die Edition Bärenklau ist der erste Verlag, der diese Bücher nach mehr als 50 Jahren in der Originalfassung veröffentlicht.
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Seitenzahl: 199
Rhett Dundee - verachtet und bekämpft
John F. Beck
Published by Cassiopeiapress/Alfredbooks, 2017.
Title Page
Rhett Dundee – verachtet und bekämpft
Copyright
1.Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
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Also By John F. Beck
About the Publisher
Roman aus dem amerikanischen Westen
von John F. Beck
Der Umfang dieses Buchs entspricht 166 Taschenbuchseiten.
Er war in das County gekommen, um den Frieden zu finden, den dieses schöne, große, weite Land doch auch zu geben haben musste. Sein bisheriges Leben war Kampf gewesen und hatte ihn müde gemacht. Freies Regierungsland war in seinen Besitz übergegangen, und die Häuser der Farm gingen ihrer Vollendung entgegen. Natürlich waren es vorerst Blockhäuser, aber es waren Häuser, die Unterkommen und Sicherheit bieten konnten.
Dann war es doch wieder passiert. Ein junger Mann, verblendet und unduldsam, hatte gezogen und ihm blieb nichts anderes übrig, wenn er nicht selbst den kürzeren ziehen wollte, als auf dieselbe Art zu antworten. Er kannte ihn nicht einmal, den herrischen jungen Mann und wurde dann gewahr, dass es der einzige Sohn des größten Ranchers im weiten Umkreis war.
Rhett Dundee erlebt nun den Hass, die Herrschsucht und die Gesetzlosigkeit in einer Form, wie er sie schon immer verachtet und bekämpft hatte. Gnadenlos war die Jagd nach ihm. Alles, was er aufgebaut hatte, wurde ein Raub der Flammen und am Ende seiner Flucht sollte nach dem Willen des Rinderkönigs für ihn der Strick das Symbol der Rache sein.
Die Edition veröffentlicht das Lebenswerk des großen deutschen Westernautors und dazu gehört auch das Frühwerk, das John F. Beck noch unter dem Pseudonym Lex Porter im Bewin-Leihbuchverlag veröffentlichte. Nur ein Teil dieser 18 Bücher wurde später, und nur in verstümmelter oder stark gekürzter Fassung, von den Publikumsverlagen noch einmal publiziert.
Die Edition Bärenklau ist der erste Verlag, der diese Bücher nach mehr als 50 Jahren in der Originalfassung veröffentlicht.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© Cover: Nach einem Motiv von Frederic Remmington mit Steve Mayer, 2017
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Das Krachen des Schusses verrollte zwischen den Häuserfronten von Pinefield. Die hellgraue Wolke des Pulverrauches zerflatterte. Der große, hagere Mann mit dem 44er Navy-Colt in der rechten Faust stand wie versteinert. Das scharf geschnittene Gesicht wirkte plötzlich grau, und die dunklen Linien hoben sich deutlicher hervor. Alt war dieses Gesicht schlagartig geworden, alt und müde. Die grauen Augen blickten starr auf den steifen Körper, der direkt am Rande des Gehsteiges lag. Eine einzige Kugel hatte genügt, um das Leben dieses jungen, schwarzhaarigen Mannes auszulöschen! Der große, hagere Mann mit dem Colt in der Faust seufzte tief auf. Er fühlte sich hohl und ausgebrannt. Bleierne Erschöpfung kroch in ihm hoch. Er wollte diesen schlanken, steifen Körper nicht mehr ansehen. Aber er brachte es nicht fertig, den Blick davon abzuwenden.
Noch im Tode lag die Wildheit auf dem schmalen, kantigen Gesicht. Das schwarze Haar ringelte sich wirr in die Stirn. Es hob sich scharf gegen die Blässe ab, die jetzt die Haut überzog. Der Hut war davongerollt und lag mitten auf der gelben, sonnenheißen Straße. Die rechte Faust des jungen Toten umklammerte noch immer den Revolver. Er hatte ihn zwar aus dem Holster gebracht, war jedoch nicht mehr zum Schuss gekommen. Der andere war schneller gewesen. Aber darüber fühlte der große Hagere keine Genugtuung. Die Erschöpfung in ihm vermischte sich mit Bitterkeit. Und er wusste, dass diese Minuten sich zu jenen anderen reihen würden, die ihn nie mehr loslassen würden. Immer wieder würde er diese Szene vor sich sehen: die menschenleere, mittägliche Straße der kleinen Rinderstadt Pinefield, den blauen, wolkenlosen Himmel über den grauen Dächern und den verkrümmten Körper neben dem staubigen Gehsteig!
Bis in den Schlaf hinein würde ihn dieses schreckliche Bild verfolgen. Das war nun einmal der Fluch seines schnellen Colts!
Plötzlich spürte er einen wilden Hass gegen dieses Instrument, das zum Töten geschaffen worden war. Der Drang saß jäh in ihm, den Colt fortzuschleudern — so weit er es nur fertigbrachte. Aber gleich darauf sagte ihm sein Verstand, dass dies sinnlos war. Er presste die Lippen zusammen und schob den 44er ins Holster zurück. Dies Land war wild und weit. Die Zeit war noch nicht gekommen, dass ein Mann hier ohne Schießeisen leben konnte! Er würde diesen Colt, aus dem er vorhin die tödliche Kugel abgefeuert hatte, vielleicht wieder brauchen. Vielleicht sogar schon bald — und vielleicht dringender als jemals zuvor. Das war nun einmal sein Schicksal: er kam nicht los von diesen Dingen — vom schnellen Ziehen, vom Aufflammen der Mündungslichter und vom Peitschen der Detonationen. Er kam nicht los — so sehr er es auch wollte!
Auf den Veranden blieb es ruhig. Kein Fenster wurde aufgestoßen. Keine aufgeregte, neugierige Frage wurde laut. Und doch gab es keinen Zweifel daran, dass der Schuss weit gehört worden war.
Der große, hagere Mann wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Er stand noch immer
an der Stelle, von der er den entscheidenden Schuss abgefeuert hatte. Hinter ihm, an einem langgestreckten Haltegeländer vor dem Yucca-Saloon, schnaubte leise sein grauer Hengst. Langsam brachte der Hagere seinen Blick von dem reglosen Körper los. Erst jetzt wurde er sich der Stille bewusst, die noch immer über der Straße hing, und er begriff, dass diese Stille unnatürlich war.
Dann sagte plötzlich eine harte Stimme seitlich von ihm: „Wissen Sie, Dundee, was Sie da eben angerichtet haben?“
Der Große wirbelte herum, und seine Rechte sauste zum Coltkolben nieder. An dieser blitzschnellen Bewegung war zu erkennen, wie gefährlich dieser Mann sein konnte. Doch der 44er Navy-Colt blieb im Holster. Die Rechte legte sich zwar auf den rotbraunen Walnussholzkolben, holte die Waffe jedoch nicht heraus. Denn der Mann, der eben gesprochen hatte, lehnte mit verschränkten Armen an der Bretterwand des nächstliegenden Hauses und schien nicht daran zu denken, sich auf einen Kampf einzulassen.
Es war ein schlanker, drahtiger Mann — mittelgroß, mit braungebranntem Gesicht, flachshellem
Haar, das unter dem Stetsonrand hervorlugte, in der Kleidung eines Weidereiters. Die hellen Augen schauten den Hageren merkwürdig ausdruckslos an.
„Nun“, wiederholte er seine Frage, „wissen Sie, was Sie da angerichtet haben, Rhett Dundee?“
Die Haltung des Großen war angespannt. Er ging auf die Frage des Flachsblonden nicht ein. Einen Moment war Überraschung in seinen Augen aufgetaucht. Dann war sein scharf geschnittenes Gesicht hart geworden.
„Das ist eine Überraschung, Buchanan“, murmelte er leise. „Ich hätte nicht erwartet, Sie jemals wiederzusehen!“
Der Flachblonde zuckte leicht die Schultern.
„So trifft man eben seine alten Feinde wieder, Dundee!“
„Ich hoffe“, sagte Rhett Dundee, und seine Stimme war plötzlich scharf und warnend, „Sie zwingen mich nicht dazu, abermals zu ziehen!“
Die hellen Augen des anderen verengten sich. „Ich bin kein Narr, Dundee! Ich weiß, wie schnell Sie mit Ihrem Eisen sind!“
„Also, was wollen Sie dann?“
„Ihnen klarmachen, wen Sie da eben erschossen haben! Sie wissen es anscheinend nicht!“
„Allerdings!“, gab Rhett Dundee zu. „Ich halte mich erst zwei Wochen im Pinefield-County auf. Ich kenne die Leute hier noch nicht. Aber — ich hatte keine andere Wahl. Wer dieser Tote auch sein mag — er hat mich dazu gezwungen, auf ihn zu schießen!“
Die Ausdruckslosigkeit verlor sich aus den hellen Augen des Flachshaarigen. Es blitzte kalt in ihnen auf.
„Haben Sie Zeugen dafür, Dundee?“
„Wie meinen Sie das, Buchanan?“
„So wie ich es sagte! Haben Sie Zeugen, dass Sie nicht zuerst gezogen haben?“
Rhett Dundee biss sich auf die Unterlippe.
„Sie wollten mir sagen, wer der Mann hier ist!“, murmelte er. Er ließ dabei Buchanan nicht aus den Augen. Er kannte diesen flachshaarigen Mann, der auf den ersten Blick so farblos und unscheinbar wirkte. Er kannte ihn sehr gut und wusste, wie gefährlich dieser Mann sein konnte — gefährlicher als ein Wolf in der Wüste! Jetzt blieb Rhett Dundee keine Zeit mehr für bittere Nachdenklichkeit. Das Auftauchen dieses Mannes, der Mel Buchanan hieß, hatte die alte Wachsamkeit und Kampfbereitschaft wieder in ihm wachgerufen. Die Ahnung eines drohenden Unheils stand dunkel vor ihm.
„Yeah!“, nickte Buchanan. „Sie sollen wissen, wer dieser Mann ist!“ Ein verkniffener Zug legte sich um seinen schmallippigen Mund.
Er löste die verschränkten Arme und stieß sich von der Hauswand ab. Er starrte Dundee durchbohrend an und sagte leise: „Sie sind in dieses County gekommen, um zu ranchen, nicht wahr? Ich habe gehört, ein Neuer habe sich drüben bei den Turkey Hills Weideland gekauft und wolle dort eine Ranch aufbauen. Ich schätze, Sie sind das, Dundee.“
„Yeah!“, nickte Rhett Dundee knapp.
„Sie wollten also zu einem friedlichen harmlosen Bürger werden, Dundee? Ein Mann wie Sie? Das wundert mich! Haben Sie es satt, von einem Kampf in den anderen zu ziehen? Well, ich habe mir sagen lassen, dass es so etwas gibt.“ Buchanan brachte die Worte mit spöttischem Unterton vor.
Aber Rhett Dundee ging darauf nicht ein.
„Sie wollten mir den Namen dieses Mannes nennen!“, sagte er fordernd.
„Kommt noch! Nur mit der Ruhe, Dundee! Ich will Ihnen nämlich nur klarmachen, dass aus Ihren Plänen nichts wird. Sie werden nicht dazu kommen, sich eine Ranch aufzubauen und ein friedliches Leben anzufangen. Sehen Sie, Dundee — deshalb brauche ich jetzt gar nicht zum Colt zu langen, um unsere alte Rechnung zu begleichen! Ich werde meine Rache so oder so bekommen! Denn ich sage Ihnen eines: die nächste Woche werden Sie nicht mehr überleben!“ Seine Stimme war beißend geworden.
Rhett Dundee schwieg. Er versuchte, herauszufinden, was hinter diesen Worten steckte. Mel Buchanan schaute ihn lauernd an.
„Sie sind zwar erst zwei Wochen im County. Aber Sie haben gewiss schon von Purlock gehört.“
Die dunkle Ahnung in Dundee verdichtete sich. Er nickte nur.
„Well“, sagte Buchanan, „Sie wissen also, dass Jeff Purlock der mächtigste Mann im Lande ist. Die Purlock-Ranch ist der größte und einflussreichste Besitz im Pinefield-County. Für Jeff Purlock reiten die härtesten und besten Männer von ganz Nord Arizona. Purlock war es, der diese Stadt gegründet hat. Und er ist es, der sie am Leben erhält. Alle Fäden in diesem County laufen auf der mächtigen Purlock-Ranch zusammen. Das alles zur Einleitung!“
„Ich fange an, zu verstehen“, sagte Dundee heiser. „Sie wollen ausdrücken, wie gefährlich dieser Purlock für einen Gegner sein kann.“
„Gefährlich?“, lachte Mel Buchanan hart auf. „Vernichtend ist er — vernichtend für jeden Mann, der sich gegen ihn stellt. Warten Sie nur ab, Dundee, Sie werden es schon noch rechtzeitig genug erfahren!“
„Ich habe also einen Mann der Purlock-Ranch erschossen?“
Mel Buchanan beugte sich leicht vor. Seine Stimme wurde zu einem heiseren Flüstern. Und eine Sekunde lang war offener Hass in seinen hellen Augen zu erkennen — Hass gegen den Mann, der seit Jahren sein Feind war und den er seit Jahren zum ersten Male wiedersah.
„Yeah, Dundee! Es ist ein Mann der Purlock-Ranch. Aber es ist nicht irgendein Cowboy oder
Ranchhelfer.“ Das Flammen in seinen Augen verstärkte sich noch. „Es ist Kit Purlock, den Sie erschossen haben, Dundee! Es ist Jeff Purlocks einziger Sohn!“ Er zischte es wild hervor.
Zwei, drei Sekunden verstrichen, in denen kein Wort gesprochen wurde. Kein Lufthauch regte sich.
Dann sagte Rhett Dundee fest: „Es gilbt einen Sheriff hier in Pinefield! Die Sache dürfte damit klar sein, nicht wahr?“
„So! Meinen Sie!“, dehnte Buchanan höhnisch. „Sie bauen also plötzlich auf das Gesetz, Dundee! Well, ich will Ihnen eines sagen: Old Jeff Purlock kennt nichts außer seinem eigenen Gesetz, verstehen Sie? Und es ist ein gutes Gesetz! Das Gesetz der alten Zeit: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Klar? Nach diesem Gesetz hat Jeff Purlock schon immer gehandelt, und danach wird er auch in Zukunft handeln. Hoffen Sie nur nicht auf den Sheriff, Dundee! Er wird sich gar nicht bemühen, für einen Mörder einzutreten, das können Sie mir weiterhin glauben!“
„Ich bin kein Mörder!“, sagte Rhett Dundee scharf. „Kit Purlock hat zuerst gezogen!“
„Sie werden keinen Zeugen finden, der Ihnen dies bestätigt!“
„Und Jeff Purlock wird keinen Zeugen finden, der ihm sagt, dass es anders ist!“
„Vielleicht doch!“, sagte Buchanan lauernd.
Rhett Dundees Augen wurden eng.
„Wie meinen Sie das?“
„Well, vielleicht habe ich alles beobachtet, Dundee! Vielleicht werde ich einen prächtigen Zeugen für diese Sache abgeben! Und — verlassen Sie sich darauf — ich werde bestimmt nicht sagen, dass Kit Purlock zuerst zum Schießeisen langte!“
„Sie Schuft!“, presste Dundee zwischen schmalen Lippen hervor. „Sie gemeiner Schuft! Sie wissen genau, dass ... “
„Seien Sie nur still, Dunidee, fauchte Buchanan. „Und lassen Sie nur Ihren verdammten Revolver stecken! Mit einem zweiten Mord ist Ihnen gewiss nicht gedient!“
Rhett Dundees Wangenmuskeln mahlten.
„Das ist es also!“, murmelte er heiser. „Auf diese hinterhältige Art also wollen Sie sich rächen, Buchanan! Ich wusste schon immer, dass Sie ein feiger Coyote sind!“
In Mel Buchanans Fäusten zuckte es. Aber er beherrschte sich.
„Sie wollen mich reizen, Dundee, was? Aber Sie hoffen vergeblich! Ich tue Ihnen nicht den Gefallen! Ich werde Ihnen die Chance nicht geben, auf mich zu schießen! Sie wissen jetzt, woran Sie sind, Dundee, und es wird mir eine Freude sein, wenn Old Jeff Purlock Sie aufknüpfen lässt. Das wird er ganz bestimmt!“
„Gehen Sie jetzt, Buchanan! Gehen Sie — ehe ich mich vergesse!“
„Gewiss, Dundee, gewiss! Ich habe ohnehin hier nichts mehr zu verlieren! Vor vier Jahren haben Sie in Texas meinen Bruder erschossen, Dundee. Ich hatte nicht mehr erwartet, jemals meine Rache zu finden. Aber jetzt ist es so weit!“
Er wandte sich ab. Die Sporen an seinen staubigen Stiefeln klirrten silbern.
„Noch etwas, Dundee!“, sagte er über die Schulter zurück. „Ich will es Ihnen sagen, damit Sie sich keine Chance mehr ausrechnen: ich reite seit zwei Jahren als Vormann für die Purlock-Ranch! Ich hoffe, Sie wissen, was das bedeutet!" Er schickte Rhett Dundee noch einen flammenden Blick zu, dann ging er davon.
Rhett Dundee blickte ihm nach. Noch saß glühender Zorn in ihm. Doch dann wanderte sein Blick zur dunklen Gestalt neben dem Gehsteig zurück. Und da verflog der Zorn. Da waren wieder die Bitterkeit und die bleierne Erschöpfung. Und da war die Gewissheit, dass all seine Pläne vernichtet werden würden.
––––––––
DAS LASSO BESCHRIEB wirbelnde Kreise über dem Kopf des Reiters. Die Longhorn-Kuh versuchte, zur Seite auszubrechen — aber da zischte die Schlinge bereits durch die Luft. Der Reiter lenkte seinen Schwarzbraunen zur Seite, und der Ruck ss die Kuh, die von der Schlinge erwischt worden war, ins zertrampelte Gras. Der Mann war mit einem geschmeidigen Satz aus dem Sattel. Seine kräftigen Fäuste hielten das Lassoleder gestrafft. Er handelte mit der Geschicklichkeit eines erfahrenen Weidereiters. Von seinen Fäusten liefen plötzlich schlangenartige Spiralen am Lasso entlang. Die Kuh strampelte mit den Hufen und brüllte heiser. Da legten sich schon Schlingen um ihre Hinterbeine. Die nervigen, sonnenverbrannten Fäuste zogen das Lasso straff und knoteten es am steilen Sattelhorn fest. Der Schwarzbraune stand wie aus Stein gemeißelt. Er war ein gutes Rinderpferd und wusste, was von ihm erwartet wurde.
Die Kuh rollte die Augen und versuchte hochzukommen.
„Nur keine Aufregung“, sagte der Mann. Seine dunkle, volle Stimme klang beschwichtigend. „Immer mit der Ruhe — es ist gleich vorüber!“
Er näherte sich dem Rind von hinten, so dass ihn die strampelnden Vorderbeine nicht treffen konnten. Die Kuh versuchte, sich herumzurollen. Aber da machte der Schwarzbraune einige Seitwärtsschritte, und das Lasso straffte sich stärker als vorher und ließ nicht zu, dass das Rind seine Stellung änderte. Gleich darauf stand der Mann dicht neben ihm. Wieder übertönte ein verzweifeltes Brüllen alle anderen Geräusche. Der Mann schaute auf den blutverkrusteten Riss an der Flanke des Rindes.
Eiter hatte sich dort gebildet. Fliegen krochen herum. Er verscheuchte sie und holte dann eine kleine Schachtel aus der Hosentasche. Das Rind wehrte sich wild gegen die Fesseln. Der Mann kniete nieder, öffnete die Schachtel und strich eine weiße, dicke Salbe über die Verletzung an der Flanke der Kuh. Er tat es mit behutsamen Bewegungen — und die Kuh lag plötzlich ganz still. Sie schien zu merken, dass ihr die Salbe Linderung brachte.
Der Mann stand auf, schloss die Schachtel, schob sie in die Tasche zurück und nickte zufrieden. Er sah die Fliegen erneut herankommen. Aber keine ließ sich mehr auf die Wunde nieder, die jetzt von einer weißen, dicken Schicht überzogen war. Dann bückte sich der Weidereiter hastig und streifte mit einer blitzschnellen, geschickten Bewegung die Schlinge vom Hals der Longhorn-Kuh. Die Fesseln um die Hinterbeine lösten sich. Das Rind schnaubte überrascht und sprang auf. Der Mann trat zurück. Die Kuh stand einen Augenblick völlig reglos und äugte den Reiter an. Dann lief ein leichtes Zittern über ihr Fell. In langen, komisch wirkenden Sätzen galoppierte sie zur übrigen Herde zurück.
Der Weidereiter ging zu seinem Pferd zurück.
Der Ausdruck leichten Erstaunens überflog sein Gesicht, als er feststellte, dass er plötzlich nicht mehr allein war. Ein Reiter hielt direkt neben dem Schwarzbraunen und schaute ihm wortlos entgegen.
„Hallo, Purlock!“, sagte der Mann, der eben die verletzte Kuh verarztet hatte.
„Hallo, Slayton!“, erwiderte der Reiter den Gruß.
Lynn Slayton blieb neben seinem Schwarzbraunen stehen und schaute zu Jeff Purlock auf — zum mächtigsten Mann, den es im Pinefield-County gab. Purlock war ein großer, schwergebauter Mann mit breiten Schultern. Seine Kleidung war einfach und unterschied ihn durch nichts von den anderen Ranchern, die in diesem Lande lebten. Und doch war auf den ersten Blick zu erkennen, dass es sich bei Jeff Purlock um einen besonderen Mann handelte. Da war nicht nur seine selbstbewusste, aufrechte Körperhaltung. Da war nicht nur der Eindruck seiner mächtigen, kraftvollen Gestalt. Da war vor allem sein Gesicht — dieses mahagonibraune, breitflächige Gesicht, das wie aus dunklem Holz geschnitzt wirkte. Jede Falte, jeder Zug dieses Gesichts war mit scharfer Deutlichkeit ausgeprägt — als hätte ein Schnitzmesser jede noch so geringe Einzelheit dieser Miene hervorzuheben versucht. Die Wangenknochen standen breit hervor, die Lippen waren festgefügt. Über der Oberlippe saß ein buschiger, eisgrauer Schnurrbart, dessen Enden zu beiden Seiten des Mundes leicht herabhingen. Es war ein Gesicht, das Härte, Unduldsamkeit, Selbstsicherheit und Klugheit verriet — das Gesicht eines Mannes, der gewohnt war, Befehle zu geben, der gewohnt war, dass man immer und überall auf seine Stimme hörte, der zum ungekrönten König eines einsamen, abgelegenen Countys im Norden Arizonas geworden war.
Lynn Slayton konnte sich eines leisen Unbehagens nicht erwehren, als er in dieses Gesicht schaute. Aber er ließ sich davon nichts anmerken. Und er drängte auch sein Erstaunen zurück — obwohl es beinahe schon mehr als seltsam war, dass Old Jeff Purlock hier auf seiner Weide auf getaucht war. dass sich der alte Rinderkönig höchstpersönlich zu ihm bemüht hatte — und ihn nicht durch einen seiner Reiter auf seine große Ranch hatte kommen lassen!
„Sie wollen mich sprechen, Purlock?“, fragte er ruhig. Es gab keinen Zweifel daran, dass Jeff Purlock nicht durch Zufall hierher gekommen war.
„Yeah, Slayton — es ist etwas geschehen!“ Seine Stimme klang kräftig. Und doch lag heute ein merkwürdiger Unterton in ihr, ein Unterton, der ein heftiges Gefühl verriet — und das war etwas, was an Jeff Purlock ungewöhnlich wirkte. Denn Purlock war, so lange ihn Lynn Slayton kannte, ein Mann wie ein Fels — ein Mann, der gar nicht dazu fähig schien, irgendwelche tiefen Gefühle zu empfinden. Und doch glaubte Lynn, sich diesmal nicht getäuscht zu haben, als er das leichte Schwanken in Old Jeff Purlocks Stimme zu hören glaubte.
Er zog sich in den Sattel. Lynn stellte keine Frage. Er wartete auf Purlocks weitere Worte. Aber Purlock schwieg noch.
„Well“, brach Jeff Purlock schließlich das Schweigen, „Sie werden mit mir reiten, Slayton — ich brauche Sie!“ Das klang sehr entschieden. Das verriet wieder einmal, dass Purlock ein Mann war, der sich ans Befehle geben gewöhnt hatte. Er schien keinen Widerspruch zu erwarten.
„Und warum?“, fragte Lynn Slayton ruhig.
Jeff Purlock wandte ihm sein breites, hartes Gesicht zu. Er besaß dunkle Augen, die sehr durchdringend blickten. Die Lippen unter dem buschigen, eisgrauen Schnurrbart wurden schmal.
„Sie können gut mit dem Revolver umgehen, Slayton, nicht wahr?“ Die Frage klang völlig sachlich.
Lynn hob leicht die Schultern.
„Ich hin kein Revolvermann, Purlock!“
„Ich weiß!“, nickte der Großrancher abermals. „Aber vor einem Jahr waren Sie der beste Schütze auf dem Rodeo in Flagstaff, nicht wahr?“
„Purlock“, sagte Lynn Slayton langsam, „warum kommen Sie auf diese Dinge zu sprechen?“
„Weil ich einen Mann brauche, der gut mit dem Schießeisen umzugehen versteht!, antwortete Jeff Purlock hart.
Lynn dachte unwillkürlich daran, dass dieser Mann, der wie ein Felsen wirkte, eine junge, bezaubernde Tochter besaß — und dass diese Tatsache fast wie ein Wunder wirkte. Aber der Gedanke an die junge Nelly Purlock besänftigte gleichzeitig auch das Unbehagen, das Lynn Slayton empfand. Er machte ihn ruhiger.
„Well, Purlock“, sagte er fest, „ich bin kein Mann, der seinen Colt vermietet. Ich bin ein Klein- Rancher, dessen Land an Ihre Weidefläche grenzt.“
„Sie haben eines vergessen, Slayton“, brummte Jeff Purlock. „Sie haben vergessen, dass Sie der Mann sind, der meine Tochter heiraten will!“
Lynn zuckte unwillkürlich zusammen. Er öffnete die Lippen. Aber ehe er etwas sagen konnte, redete bereits wieder Purlock: „Reden wir nicht weiter darüber, Slayton! Aber Sie sehen, dass ich Bescheid weiß, nicht? Well, Sie waren oft in letzter Zeit mit Nelly zusammen, und ich wäre blind und taub, wenn ich nicht schon längst herausgefunden hätte, was zwischen Ihnen und Nelly vorgeht!“
Lynn Slayton hatte die Hände um die Zügel verkrampft.
„Well“, murmelte er. „Sie haben recht, Purlock. Ich wollte in den nächsten Tagen mit Ihnen darüber sprechen. Yeah, ich liebe Nelly — und sie liebt mich. Ich bin nur ein Small-Rancher — und Sie sind der König in diesem Lande. Aber ich sage Ihnen, Purlock ... “
Der Großrancher ließ ihn nicht zu Ende sprechen: „Ich sagte, wir wollen nicht weiter darüber
reden! Ich erwähnte die Sache nur, weil ich klarlegen will, dass Sie nicht Ihren Revolver an mich vermieten sollen — sondern dass Sie freiwillig und ohne Lohn mit mir kommen werden. Über die Sache zwischen Nelly und Ihnen reden wir später. Aber wenn Sie schon daran denken, Slayton, mein Schwiegersohn zu werden, dann müssen Sie sich vorher bewähren. Und jetzt haben Sie die Gelegenheit dazu!“
„Mit dem Colt in der Faust?“, fragte Lynn bitter. Jeff Purlock warf ihm einen scharfen Seitenblick zu, nickte und sagte grollend: „Jeah, mit dem Colt in der Faust!“
„Und warum soll ich das tun?“
Diesmal schaute ihn Jeff Purlock nicht an. Diesmal ließ der schnurrbärtige, alte, hartgesichtige Rancher seinen Blick über das sonnige Weideland wandern.
„Mein Sohn ist ermordet worden!“, sagte er langsam und dumpf.
Lynn Slayton gab es einen Ruck.
„Kit?“, keuchte er.
„Yeah, Kit! Er wurde heute mittag in Pinefield erschossen!“ Noch immer klang Purlocks Stimme
dumpf. Es schien, als spreche er nicht zu Lynn, sondern zu irgendeinem Wesen, das nur er alleine sehen konnte.
„Mein Gott!“, murmelte Lynn. „Das tut mir leid, Purlock!“
Lynn kannte den jungen Kit Purlock als wilden, heißblütigen Jungen. Er war ihm nie recht sympathisch gewesen. Aber dass er tot war, berührte ihn doch tief. Schließlich war er der Bruder des Mädchens, das er liebte. Aber langsam begriff er auch, warum Jeff Purlock wollte, dass er mit ihm ritt.
„Wer hat es getan?“, fragte er.
„Ein Mann namens Rhett Dundee! Er hält sich erst zwei Wochen im County auf und will sich an den Turkey Hills eine Ranch aufbauen. Mel Buchanan kennt ihn von früher. Er sagt, es sei ein gefährlicher Revolvermann, den er aus Texas kennt. Sie wissen also jetzt, warum ich Sie brauche, Slayton.“
Lynn biss sich auf die Unterlippe.
„Was sagt der Sheriff dazu?“
Jeff Purlock schnaufte verächtlich.
„Der Sheriff! Pah! Ich brauche Sheriff Sheffield nicht! Ich habe bisher noch immer meine Angelegenheit selbst geregelt. Und das werde ich auch jetzt tun! Well, Slayton — ich will es kurz machen: kann ich mit Ihnen rechnen?“