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Diese Ausgabe enthält folgende Titel: Larry Lash: Sei har, Jim John F. Beck: Der Kampf gegen den Weidekönig W.W.Shols: Das mörderische Kleeblatt John F. Beck: Revolver-Kid Joachim Honnef: Die Rache der Comanchen John F. Beck:Die letzten Rebellen Es war ein Fehltritt, für den Kid Callogan, genannt Revolver-Kid, teuer bezahlte, er hatte Schmiere gestanden bei einem Überfall. Doch Sheriff Bennet glaubt daran, dass der junge Mann noch nicht verloren ist und bietet ihm eine Arbeit. Aber dann gerät der junge Mann unter falschen Verdacht, und er glaubt, die einzige Möglichkeit sich zu rehabilitieren, besteht darin, einen gefährlichen Auftrag auszuführen. Dabei kommt er mit seinen ehemaligen Kumpanen zusammen und muss sich entscheiden, ob er auf dem Pfad des Gesetzes bleibt.
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Seitenzahl: 916
Western Exklusiv Edition Sammelband 6001 - 6 Wildwestromane Juli 2019
Copyright
Sei hart, Jim
Der Kampf gegen den Weidekönig
Das mörderische Kleeblatt
Revolver-Kid
Die Rache der Comanchen
Die letzten Rebellen
Diese Ausgabe enthält folgende Titel:
Larry Lash: Sei har, Jim
John F. Beck: Der Kampf gegen den Weidekönig
W.W.Shols: Das mörderische Kleeblatt
John F. Beck: Revolver-Kid
Joachim Honnef: Die Rache der Comanchen
John F. Beck:Die letzten Rebellen
Es war ein Fehltritt, für den Kid Callogan, genannt Revolver-Kid, teuer bezahlte, er hatte Schmiere gestanden bei einem Überfall. Doch Sheriff Bennet glaubt daran, dass der junge Mann noch nicht verloren ist und bietet ihm eine Arbeit. Aber dann gerät der junge Mann unter falschen Verdacht, und er glaubt, die einzige Möglichkeit sich zu rehabilitieren, besteht darin, einen gefährlichen Auftrag auszuführen. Dabei kommt er mit seinen ehemaligen Kumpanen zusammen und muss sich entscheiden, ob er auf dem Pfad des Gesetzes bleibt.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER FIRUZ ASKIN
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
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Zum Blog des Verlags geht es hier:
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Der Umfang dieses Buchs entspricht 210 Taschenbuchseiten.
Jim Brooks muss erleben, dass seine Eltern getötet werden und die Ranch mitsamt dem Vieh verloren geht. Er kennt die Mörder, doch sie verstecken sich hinter einem Stern, niemand würde ihm glauben. Doch einen nach dem anderen spürt er sie auf, bis zum letzten, großen Showdown, als er dem Staatenreiter gegenübersteht. Nur einer kann überleben.
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
s Roman by Author / Cover: Edward Martin
s dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Der Herbst färbte bereits die Blätter. Goldene Töne hauchten die Sonnenstrahlen in das bunte Gemisch von Rotbuchen und Eichen, von Tamariskenbüschen und Wacholder, sie vereinten durch ihre Lichtwirkung die sonderbarsten Kontraste, so dass das weite Land einer Farbsymphonie glich, in der die schwarz-grünen Nadelwälder die tiefen Akkorde darstellten.
Pastellfarben, mit rosa Schleierwolken überhaucht, spannte sich der Himmel, einer riesigen Glocke gleich, um weit in der Ferne eins zu werden mit den himmelstürmenden Giganten der Rocky-Big-Belt-Mountains.
Ein stetiger Wind raunte in dem verdorrten Teppich der Prärie und zerrte das Laubwerk von den Ästen, wirbelte die bunten Blätter einem Reiter entgegen, der hinter einem Hügelkamm sichtbar wurde.
Tief gebräunt von Wetter, Wind und Sonne lag sein kantiges Gesicht im Schatten der schmalen Stetsonkrempe. Unter buschigen Augenbrauen blitzten Augen, die ständig ihre Farbe zu wechseln schienen. Schmallippig, wie verbissen wirkte sein Mund. Kerben standen in den Mundwinkeln, deuteten ein schwaches Lächeln an oder? Der Ausdruck war schwer zu deuten. Ironie oder beißender Spott konnten es sein, genauso gut aber auch eine versteckte Traurigkeit, die sich von innen heraus in die Mundwinkel eingeprägt hatte und Jim Brooks einen unauslöschlichen Stempel auf drückte.
Er war noch jung, yeah, aber die Spuren einer harten Vergangenheit ließen ihn älter erscheinen, als er in Wirklichkeit sein mochte. Narben zerrissen sein Gesicht, Narben, die das raue Leben gerissen, die eine dicht neben der rechten Wange abgefeuerte Winchester geprägt hatte.
Ausgelaugt, farblos war seine Kleidung; das Halstuch, die Lederweste und das darunter befindliche Baumwollhemd. Grauer Staub bedeckte Ross und Reiter sowie den schweren Packen des Begleitpferdes. Beide Tiere stemmten sich dem Wind entgegen, schnaubten unwillig, als Jim Brooks die Gangart beschleunigte.
Er hatte es eilig; schaute sich in gewissen Zeitabständen um, und seine Augen suchten in den Klüften und Graten der Landschaft, die er soeben verlassen hatte.
Jetzt näherte er sich mit seinen Pferden der Baumgrenze. Kalt wehte es heran, peitschte die Mähnen und Schweifhaare, zerrte die Stetsonkrempe auf und nieder, pfiff um die Felsecken und sang schrille, aufreizende Melodien. Der kalte Hauch des kommenden Winters lag in der Luft, trieb von den unendlichen Weiten Kanadas herüber.
Hörbar saugte Jim die Luft ein. Er spürte es deutlich, sie enthielt Feuchtigkeit, weiter oben im Norden musste die Big Muddy fließen, die Mutter aller Flüsse.
„Bald haben wir es hinter uns, Bucket“, flüsterte er seinem Rotschimmel zu. „Noch einige Meilen.“
Der Wallach spielte mit den Ohren, warf den ramsnasigen Kopf auf. Jeder Kenner hätte bei diesem Anblick vor dem Gaul gewarnt, ein Pferd wie dieses steckte voller Tücken und war für einen Fremden voller Rätsel. Eimer – nannte Jim das Tier. Was er damit sagen wollte? Nun, das blieb jedem selbst überlassen, darüber nachzudenken.
Gewiss, der Rotschimmelwallach hatte einige Schönheitsfehler. Nicht nur die fehlerhafte Fesselstellung, die breit zum vorgebogenen Kniegelenk überging, machte die Vorderhand kurios, sondern der zu weite Stand der Hinterbeine wirkte geradezu grotesk Und dennoch hatte das Tier Feuer im Blut. Doch Bucket entwickelte das Feuer nur dann, wenn er die harte Hand seines Reiters spürte.
Im Gegensatz zu dem Rotschimmel war das Begleitpferd ein Prinz, ein König unter den Pferden Sein fabelhaftes Äußeres verblüffte. Das dunkle Fell des Schecken glänzte wie Seide, und der geschwungene, ein wenig überladene Hals zeigte nicht, dass er ein Bluffer war, ein Gaul, der keine Meile im vollen Galopp hinter sich bringen konnte.
Jim jedoch wusste das. Er hatte es bereits zu seinem Leidwesen erfahren müssen. Die kaum verharschte Wunde an seinem linken Oberschenkel brannte und stach noch, erinnerte ihn immer wieder daran, was geschehen war, und was sich zu jeder Minute wiederholen konnte.
Es gab keinen Zweifel. Die Verfolger hafteten noch auf seiner Fährte. Trotz aller Mühen und Versuche hatte er sie nicht abschütteln können. Sie verfolgten ihn mit der Stetigkeit im Rudel jagender Lofer. Sie glichen hungrigen Wölfen, die erst dann Ruhe gaben, wenn sie ihr Wild gestellt und zerfleischt hatten.
Leise, dunkel lachte Jim vor sich hin. Es war kein freudiges Lachen, kein Lachen, das die Schatten aus seinem Gesicht nahm und ihm einen Schimmer von Jugend und Unbekümmertheit gab. Nein, dieses Lachen hatte Jim schon vor Jahren eingebüßt, hatte es an dem Tag verloren, als er neunzehn Jahre alt wurde.
Sein Lachen erschreckte die Pferde, verstärkte die Bitterkeit, die in ihm brannte – Jahre hindurch – die immer mehr anschwoll und sein Wesen zu vergiften drohte.
Und er war machtlos, sich dagegen zu wehren oder sich davon zu befreien, denn by Jove, was an seinem Geburtstag geschehen war, ließ für ihn eine Welt, die gut und edel war, versinken.
Immer wieder tasteten seine Gedanken zurück, immer dann, wenn er die Brandzeichen auf den Flanken der beiden Pferde sah: das Doppeldreieck. Höllisch war das, unheimlich. Und die Brandzeichen hatte er Tag und Nacht vor Augen. Sie waren ihm mehr als eine Mahnung, viel mehr.
Sie waren ihm Erinnerung und Andenken zugleich. Und aus diesem Grunde hatte er vor zwei Tagen den Schecken nicht im Stich gelassen, sondern hatte sich ohne Rücksicht auf das eigene Leben eingesetzt. Yeah, zwei Pferde trugen noch das Brandzeichen der Doppeldreieck-Ranch. Zwei Pferde. Oh, Hölle, wo doch noch vor wenigen Jahren Tausende von Rindern es über die Weiden trugen, wo harte Cowboys es sich zur Ehre anrechneten, für das Brandzeichen zu reiten. Wo alle Landmarken südlich der Rocky-Big-Belt-Mountains den Stempel der Doppeldreieck-Ranch trugen und von einem Rinderreich kündeten, das man nicht zum zweiten Mal in Montana fand.
„Go on“, unterbrach Jim seine schwermütigen Gedanken, die um ein verlorenes Land, um die verlorene Heimat kreisten.
„Wir sind bald am Ziel, und dann gibt es Heu und Maiskolben für euch.“ Er sprach wie alle Männer, die gezwungen waren, lange Monate allein zu sein, allein durch die Wildnis zu trailen, fernab der Siedlungen, der Countrys und der stark bevölkerten Distrikte. Auf einsamen Pfaden des Wild Bunch, auf denen nur Geächtete ritten. Desperados! Männer, die allen Halt verloren hatten, die gejagt und gehetzt, ruhelos durch Wind und Regen, durch Tornados und Blizzards ritten, immer auf der Suche nach einer Bleibe.
Bleibe? Jim stöhnte laut auf. Er hatte viele gefunden in den vergangenen Jahren. By Gosh, yeah, er hatte harte Fäuste, die zupacken konnten und sich vor der härtesten Arbeit nicht scheuten. Als Broncobuster, Cowboy, als Frachtverlader und Digger und später, als ein Gerücht ihn forttrieb, stand er als Spielleiter in einer berüchtigten Bar zwischen Wyoming und Nebraska, am Platte-River, in Sidny am Farotisch oder am Roulettrad. Die Not zwang ihn dazu, diese ihm verhasste Arbeit anzunehmen. Es war ein Job, der für verschiedene Kerle damit endete, dass sie sich in eine sechs Fuß tiefe Grube schlafen legten.
Überall, wohin er auch kam, wo Menschen einen Blick auf die Brandzeichen seiner Pferde taten, fanden sich Killer, tollwütige Schießer, Möchte-gerne und Saloncowboys ein, um ihn auszuprobieren. Für jede Kategorie der Kerle hatte er im Laufe der Jahre eine besondere Art entwickelt, um sie sich vom Leibe zu halten.
Nein, er wünschte niemanden den Tod. By Jove, wie konnte er es wollen, wo er durch den Tod derjenigen, denen seine Liebe galt, in ein anderes Dasein geschleudert wurde, in ein Elend, dessen Ausmaße unübersichtlich vor ihm standen.
Killern ging er nicht aus dem Wege, nein, er stellte sich ihnen, und manche Narbe an seinem Körper zeigte, wie oft er dem Tod von der Schippe gesprungen war.
Schießern hingegen wich er aus und mit den Möchte-gernen verfuhr er derart, dass sie für die weitere Zeit ihres Lebens gerne auf ein Schießeisen verzichteten.
Saloncowboys nahm er nicht ernst; bei diesen Burschen genügte die nackte Faust, um sie zur Raison zu bringen.
By Gosh, er hätte sich vieles ersparen können, wenn er die beiden Pferde mit dem Doppeldreieck verkauft hätte. Yeah, aber er tat es nicht, denn er liebte die Tiere, und sie sollten ihn jeden Tag aufs Neue an John Meehan, Oskar Lilburn und Luis Polk erinnern …
Jim presste die Lippen zusammen, legte die Rechte auf das Sattelhorn, und die Kerben in seinen Mundwinkeln vertieften sich. Drei Falten durchrissen seine hohe Stirn. Die Dunkelheit in seinen Augen erinnerte an einen grausigen Abgrund. Wieder wandte er sich im Sattel um, blickte zurück.
Nackter Fels stand ringsumher. Das Sonnenlicht flirrte darauf. Moospolster nisteten in Rissen und Vertiefungen. Plötzlich ließ ihn ein Geräusch herumfahren und über die Kuppe hinweg in die Tiefe schauen. Dort konnte er ein Rudel Reiter erkennen, die gerade ihre Tiere um eine Klippe herumführten.
„Sie sind es: Luis Polk, John Meehan, Oskar Lilburn. Ich habe mich also nicht getäuscht, als ich vor zwei Tagen Lilburn in der Dunkelheit zu erkennen glaubte. Er war es, der meinen Schecken im Mietstall entdeckte und die Meute auf mich hetzte. Sie haben mir den Weg verlegt. Bucket, du wirst wohl keinen Stall und weder Heu noch Maiskolben zu sehen bekommen“, flüsterte er seinem Reittier ins Ohr.
Mit der Rechten schnippte er sich die Stetsonkrempe in den Nacken, tastete nach seinen tief geschnallten Eisen, zog die drohend nach außen gerichteten Kolben einzeln aus den Futteralen, und während seine Blicke wie abschätzend das zerrissene Gelände taxierten, ließ er die Trommeln durch die Hände sausen, prüfte mit den Daumen die Magazine und fuhr mit den Fingerspitzen über die Waffen. Sie hatten weder Kimme noch Korn, noch einen Abzugsbügel. Waffen waren es, wie sie nur Revolvermänner trugen.
Langsam steuerte er seine Tiere herum, ritt zurück, und hielt dabei seine Colts abwägend in den Fäusten, blickte darauf nieder.
Yeah, bevor er neunzehn wurde, konnte er mit den Eisen nicht sonderlich gut umgehen. Er brauchte sie nur, um Löcher in die Luft zu schießen, um wilde Bullen, Leitstiere und störrische Rinder, Färsen und Kälber zu zähmen, brauchte sie, um das Raubzeug, Wölfe und Coyoten abzuschießen.
Sein Vater hatte sie ihm geschenkt, als er sechzehn wurde, zwei 45er in neuen Futteralen. Damals waren noch Kimme und Korn, sowie Abzugsbügel vorhanden, sie verschwanden erst nach jenem grässlichen Geschehen, und von da an wurde er ein anderer, schwang sich in einen glühend heißen Sattel, ging auf einen Trail von dem er wusste, dass am Ende der Fährte nicht nur die drei Desperados standen By Jolly, nein. Er wusste es schon jetzt, und seine Gedanken tasteten nach einem Ziel nach der Vierstäbe-Ranch, auf der zwei Brüder lebten: Ambrose und Gull Shearer.
Schon die Gedanken an diese hünenhaften Männer der früheren Nachbar-Ranch ließen ihn frösteln. Hart schlugen seine Zähne aufeinander. Mit einem jähen Ruck stieß er die Waffen in die Futterale zurück.
Nicht der eisige Wind und die drohenden Gefahren lösten das Beben in ihm aus, o nein, gegen beides hatte er sich gefeit und wusste sich zu helfen, nicht aber …
Er ballte die Hände zu Fäusten, schlug sie durch die Luft, so, als wolle er einen unsichtbaren Gegner zertrümmern, in den Boden rammen.
Yeah, um ehrlich zu sein, Jim Brooks kehrte heim, um eine alte Fährte aufzunehmen. Jetzt, nachdem das Leben ihn zurechtgestutzt und eisern gemacht hatte, konnte er es wagen. Holly Gee, er war durch alle Höllen gehetzt, über die Kämme geritten, war innerlich ausgebrannt, ausgelaugt, verhärtet. Genau so musste er sein, nur so, denn mit den Brüdern Shearer tauchte auch das Bild der Schwester vor ihm auf – ein betörendes Mädchen. Immer wieder, an allen Campfeuern, ob in der Sierra Madre, in den Black Mountains, auf dem Colorado-Plateau, überall in der Wildnis, wohin ihn auch sein unstetes Leben führen mochte, tauchte ihr Bild vor ihm auf, blieb in seinem Herzen und ließ Erinnerungen wach werden. Erinnerungen, vor denen er floh, die ihm keine Ruhe ließen. By Gosh, man konnte sie nicht einfach abstreifen wie ein altes Hemd. Nein, sie kamen und bedrängten ihn, trieben ihn hoch und weiter, machten ihn rastlos.
Und nun wollte er seine Ruhe wiedergewinnen, darum war er hier. Jetzt würde er sich auch nicht mehr durch das verlockende Bild eines höllisch schönen Mädchens und der Tatsache, dass sie die Schwester der Shearer-Brüder war, weich machen lassen! Jetzt nicht mehr! Er wollte nun das tun, was schon lange hätte getan werden müssen, er wollte abrechnen. Yeah, es kam nun nicht mehr auf einen oder zwei Tage an. Es bedeutete nichts, dass Männer vom Schlage der Dirksen-Mannschaft den Weg zu Old Joes Blockhütte versperrten, er hatte Zeit. Jim lachte sein grimmiges, abgehacktes Lachen. Das Lachen eines Mannes, der mit dem Teufel einen Pakt geschlossen hatte.
Er beugte sich vor, lauschte dem pochenden Hufschlag seiner Pferde, langte nach der Winchester im Scabbard, nahm sie quer in den Sattel.
Und jetzt brach sein Lachen ab, und es zuckte heiser von seinen Lippen: „Ambrose Shearer kann tausendmal ein Staatenreiter sein, kann sich immer wieder neue Orden an die Brust hängen, er ist und bleibt ein Schuft, und sein Bruder Gull ist nicht besser, aber Marcella, yeah, sie ist anders.“
Als Jim damals floh, machte man es ihm nicht leicht, und nach seiner Flucht von der Doppeldreiecksweide versuchte er sich Treibermannschaften anzuschließen, mit Rinderherden durch das weite Land zu ziehen. Es glückte nicht. Man versagte ihm zwar nicht die Gastfreundschaft, er bekam an ihren Küchenwagen Essen und Trinken, man war freundlich zu ihm – überaus freundlich sogar, aber man verstummte, wenn er nach Arbeit fragte.
Einige Male versuchte er es noch, gab es dann aber endgültig auf, versuchte andere Jobs zu bekommen, blieb nirgends lange, denn immer wieder wurde er von Männern gewarnt, die es gut mit ihm meinten, die ihn rechtzeitig in den Sattel brachten, sobald sie Wind von der Nähe Ambrose Shearers erhielten. Yeah, Ambrose Shearer durchstreifte das Land, suchte ihn, und in seiner Begleitung befanden sich Leute, die in jeder Desperadomannschaft einen Ehrenplatz erhalten würden. Männer, die schnell mit den Eisen waren, erst schossen und hinterher Fragen stellten, die sie sich dann selbst beantworten mussten.
Wer diesen Männern in den Weg trat, musste damit rechnen, eine Kugel am Weiterfliegen zu hindern. Yeah, verdammt eigenartige Methoden hatte Ambrose Shearer. Schon die Nennung seines Namens flößte den Männern, die auf dem Winkel-Bunch ritten, Ablehnung und finsteres Schweigen ein. Jeder von den Geächteten wusste von dem Staatenreiter einige Dinge zu berichten, die nicht gerade dazu beitrugen, ihn beliebt zu machen. Im Gegenteil. man hasste Ambrose Shearer, der rücksichtslos gegen jede Verfehlung einschritt, keine großen Fragen stellte. und der nie einen Gefangenen machte. Er brachte keinen Verfemten zur Jury. und was das bedeutete, schmeckte nach Galle und Gift.
Jim stand auch auf seiner Abschussliste, war machtlos gegen ihn, konnte nicht beweisen, dass Ambrose und sein verteufelter Bruder mit der Dirksen-Mannschaft in Zusammenhang zu bringen waren und …
Der peitschende, wilde Knall eines Schusses donnerte im Hang, rollte das Echo von den Wänden.
Jäh wurde Jim aus seinem Brüten herausgerissen. Er hörte die Kugel dicht am rechten Ohr vorbeipfeifen, hörte, wie das rasende Geschoss hinter ihm gegen die Felswand schlug und mit einem schrillen Wimmern zerbarst.
Im gleichen Augenblick sauste Jim vom Pferderücken, schwang seine Winchester aus dem Sattel, hielt die Mündung dort hin, wo das stechende Mündungslicht unter ihm im Geröll aufflammte, zog durch und sprang einen Yard zur Seite.
Seine Pferde liefen weiter, blieben von selbst hinter einem mannshohen Felsbrocken stehen, lauschten mit vorgestreckten Köpfen.
Jim wusste sofort, wer diesen Schuss abgefeuert hatte, kannte den dumpfen, peitschenden Knall des Stutzens, der Oskar Lilburn gehörte, einem gefährlichen Killer, unberechenbar, mürrisch und verstockt. Er galt als rechte Hand des schon längst zum Teufel gefahrenen Arnd Dirksen, der seine zehn Mann starke Desperado-Crew vor einigen Jahren gegen die Doppeldreieck-Ranch geführt hatte, als diese, von Cowboys entblößt, keinen Widerstand leisten konnte.
Yeah, er selbst hatte damals Arnd Dirksen zur Hölle geschickt, bereute es nicht, obwohl Dirksen die erste Kerbe in seinem Revolver bedeutete.
Die erste! Von der mörderischen Bande lebten nur noch drei Kerle, und diese hatten es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Jim aus den Stiefeln zu helfen. Lange Zeit waren sie auf seiner Spur gewesen, doch immer wieder konnte er sie abschütteln, bis vor drei Tagen der höllische Lilburn den Schecken im Mietstall zu Logan entdeckte, Nun war es für ihn vorbei, unbemerkt und unerkannt die Heimat zu erreichen. Wieder hatte das Brandzeichen ihn verraten.
Yeah, das Brandzeichen hatte schon viel Unglück über ihn gebracht.
Grauer Rauch kräuselte aus der Mündung seiner Winchester, vermählte sich mit dem Wind, der die Fahne auflöste. Wieder peitschte es von unten herauf, surrten Kugeln ins Gestein, zirpten über ihn hinweg. Mit langen Sätzen eilte Jim zu den Pferden. Geschosse hieben heran, verpufften ziellos. Im Feuerreigen der krachenden Detonationen führte er die Pferde in eine Felsnische, machte sich bereit, hier den Kampf auszutragen. Allmächtiger, immer wieder wurde ihm der Kampf aufgezwungen, heute genau so, wie damals an seinem neunzehnten Geburtstag. Und vorher? Was war vorher?
Während er hinter dem Felsen lauerte und nicht im entferntesten daran dachte, sich den drei Killern durch die Flucht zu entziehen, zogen Geschehnisse an seinem geistigen Auge vorüber, so wild und bewegt, in beinahe zu grausiger Deutlichkeit, dass er laut aufstöhnte und fühlte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach, und wie die kaum verharschte Wunde am Oberschenkel brannte.
Damals an seinem neunzehnten Geburtstag! By Gosh, yeah, an diesem Tag schenkte ihm Old Joe den Rotschimmel Bucket, und die Cowboys der Doppeldreieck bestaunten das Tier, das aus einer Mustangherde herausgefischt und von Old Joe mit dem Lasso gefangen wurde. Jim wusste nicht, dass sie ihren Hohn und ihr Lachen zurückhielten, um ihn nicht zu kränken. Nur ihre Mundwinkel zuckten in verdächtiger Art.
„Sonny, ich habe dir einen Sonnenfischer als Geburtstagsgeschenk aus dem Rudel geholt“, sagte Old Joe feierlich. „Einen Teufel, mit Feuer im Blut und Tücken im Bauch. Eigentlich wollte ich dir den Leithengst aus der Herde herausangeln, aber der schwarze Teufel muss vom Lassoschwingen einiges verstanden haben, er entwischte mir immer wieder.“
„Yeah, nur dieser lahme Gaul lief in dein Lasso“, unterbrach Tay Garnet, der Vormann der Doppeldreieck, verächtlich.
Old Joe war hochgefahren, sah sich die grinsenden Gesichter der Cowboys an, sah Jims leuchtende Augen erlöschen, fauchte den rothaarigen, sehnig gebauten Vormann mit den sonderbar hellen Augen wütend an, wobei sich ihre Blicke kreuzten, knurrte: „Will dir etwas sagen, Garnet. Wenn du keinen Spaß verstehst, dann, ah, zum Teufel, wenn du dich so sicher fühlst, dann reite diesen lahmen Gaul. Du bist Broncobuster und Vormann zugleich, verstehst etwas von Pferden. Ich bin nur angestellt, um die Weiden vom Raubzeug freizuhalten und die wilden Mustangs zu vertreiben.“
„Yeah, sie sind keinen Schuss Pulver wert, Oldtimer“, grinste Tay Garnet anzüglich, deutete auf das frische Brandzeichen an den Flanken des Rotschimmels. „Diese Arbeit hättest du dir ersparen können.“ Er lacht laut auf, blinzelte gegen die Sonne und schielte zum Herrenhaus hin, wo Jimis Vater der Szene zusah.
John Brooks, der Rancher, lehnte an der Fenz, lächelte seinem Sohn aufmunternd zu, kniff die Augen zusammen. Nein, er hatte sich nicht eingemischt, ließ den Boys ihren Spaß. Er war selbst Cowboy gewesen, hatte sich von klein auf hochgearbeitet. Er gönnte der Mannschaft den Spaß, denn in wenigen Stunden saßen sie alle, mit wenigen Ausnahmen, in den Sätteln, um das große Rodeo zu beginnen. Nach dem Einkreisen begann dann das Round-up, das Brennen der Mavericks. Das war eine harte Arbeit, die an Pferd und Reiter die höchsten Ansprüche stellte.
Jim war an diesem Tag davon befreit gewesen, denn er feierte ja seinen neunzehnten Geburtstag. Mochte er den freien Tag nutzen, zum nahen Creek oder zum Waputi-See reiten und Forellen fangen. Mochte er träumen, denn bald würde das Leben auch ihn hart anpacken, dann war es für ihn vorbei, mit Old Joe den Pumas nachzustellen, Wolfsköder auszulegen, Coyoten vom jagenden Pferd zu schießen, Geiern und Adlern nachzustellen – vorbei, heimlich nach der Vierstäbe-Ranch zu reiten, um mit Marcella Shearer Ausflüge in die Berge zu unternehmen. Yeah, Jim war nun Mann genug, um alle Arbeit zu tun.
Das hatte John Brooks gedacht und seinem Jungen zugelächelt, der inmitten der Crew stand und den Rotschimmel nicht aus den Augen ließ. Er kannte Jims Schwäche für freilebende Mustangs, verstand seinen Jungen, aber er mochte sie nicht, denn sie richteten auf seinen Weiden mehr Schaden an, als ihm lieb war.
In seine Gedanken hinein platzten Old Joes Worte: „Reite ihn, Garnet.“
„Yeah, ich will diesen Schinder beibiegen, will ihm zeigen, wie ein Cowboy reitet. Ah, Old Joe, ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass du ihn auf deine Art abgerichtet hast?“, lauerte der Vormann, sah für Sekunden in das starre, ledergegerbte Gesicht des Alten, das von einem struppigen Bart umrahmt, einem Schmorapfel glich.
Lautlos bewegten sich die Lippen des Oldtimers. Ein leises Kichern drang durch den Drahtverhau seines Bartes. „Und wenn es so wäre, von meinen Methoden hältst du ja sowieso nichts. Darum reite Bucket.“
„Bucket?“, schrie ein Cowboy dazwischen.
„Bucket“, grölte es im Kreis. Die Männer konnten nun das Lachen nicht mehr zurückhalten, platzten los, schlugen sich vor Vergnügen auf die Chaps.
Nur einer lachte nicht: Jim Brooks. Er trat einige Yards zurück, biss die Zähne zusammen. Yeah, by Jove, Bucket war die Karikatur eines Pferdes, was seine Vorder- und Hinterhand betraf. Er sah struppig und mitgenommen aus, ungepflegt, mit Rippen, die sich unter dem Fell deutlich abzeichneten. Und bei dem allgemeinen Gelächter schreckte er nicht etwa auf und versuchte auszubrechen, nein, er senkte gottergeben seinen Ramskopf und ließ ihn zwischen der Vorderhand pendeln. Wenn noch etwas gefehlt hätte, um die Cowboys toll vor Vergnügen zu machen, dann war es dieser Anblick. Doch das Gelächter verstummte in dem Augenblick, als Tay Garnet sich mit trippelnden Schritten in Bewegung setzte, dicht neben dem Rotschimmel stehenblieb, ein Bein in den Steigbügel setzte und Old Joe, der die Zügel hielt, zurief: „Loslassen!“
Hart und schneidend wirkte seine Stimme. Bucket reagierte nicht, verharrte wie in tiefen Träumen versunken. Blieb mit gesenktem Kopf stehen. Garnet setzte sich im Sattel zurecht, grinste in die Runde. Buckets blutunterlaufene Augen spähten vorsichtig nach dem Reiter, als wolle er ihn taxieren.
Das sah sonderbar aus. Doch seltsam, kein Cowboy lachte keiner. Wie gebannt starrten sie Bucket an, der sich ganz anders verhielt, als man es von Bockern gewohnt war.
Garnets triumphierendes Lächeln erlosch. Er riss sich den Stetson vom Kopf und schlug damit auf Bucket ein. Kaum berührte der Filz die Haut des Rotschimmels, als der ramsnasige Kopf mit den tückischen Augen mit einer wilden Bewegung hochschleuderte. Der Schweif peitschte durch die Luft. Ein harter Ruck, der Kopf schoss vor, streckte sich. Beinahe verlor Garnet die Zügel. Beinahe, doch früh genug erkannte er den höllischen Trick des Pferdes, früh genug, um sich einen festen Halt zu verschaffen, um somit den ersten gewaltigen Stoß aufzufangen.
Und dann kam es wie ein Höllenfeuerwerk über Tay Garnet und über die Umstehenden. Sie mussten sich mit langen Sätzen vor dem Untier in Sicherheit bringen. Dreck und Staub wirbelte auf, verkleisterte ihre Augen, beschmutzte die Kleidung, ließ sie über die Stangen vor den Hufen des Tieres flüchten. Und selbst in eine Staubwolke gehüllt, kämpfte Tay Garnet den verzweifeltsten Kampf seines Lebens, sauste mit Bucket hoch in die Luft, so dass der gereckte Pferdehals mit den aufgerissenen Augen einen scheußlichen Anblick bot. Bruchteile später ließ sich Bucket hart und steif auf die Vorderhand fallen.
Garnets Kinn prallte heftig gegen die Brust. Blut rieselte aus seinen Mundwinkeln.
Er war so benommen von dem Stoß, dass seine Augen aus den Höhlen quollen. Er kam nicht einmal dazu sein berüchtigtes „Jippieeeh“ herauszuschmettern.
Schon wirbelte Bucket auf die Hinterhufe, vollführte einen Kreiseltanz um die eigene Achse, und in das Trommeln der Hufe hinein erklangen erschreckte Schreie, dröhnte der Ruf: „Schießt die Bestie nieder, Boys, macht ein Ende, sie bringt Garnet um! Schießt doch!“
„Wer das tut, bekommt eine Ladung von mir, Boys“, klang es scharf dazwischen. Es gab keinen Zweifell, Old Joe würde mit seinem alten Revolver wedeln, und er war bekannt dafür, dass er einen höllisch glatten Zug und eine sichere Hand hatte, war auch bekannt dafür, dass er sein Wort hielt.
„Wie soll ein Mensch diesen Teufel reiten können!“, stammelte Jim Brooks mit weit aufgerissenen Augen und zuckenden Lippen. In der Aufregung klammerte er seine Rechte um das Rad eines umgestürzten Einspänners. Er konnte den Blick nicht von dem unheimlichen Schauspiel nehmen.
„Du wirst ihn reiten, Sonny“, hörte er die krächzende Stimme des Oldtimers neben sich. „Er darf nur keine Sporen an deinen Stiefeln sehen. Sporen machen ihn verrückt, Sonny, hihihi, ich sagte doch, dass Bucket Feuer im Blut hat, echtes Wildfeuer. Schau ihn dir an, er ist höher gestellt als die anderen Mustangs, sage dir, alle hundert Jahre kommt der Rückschlag auf die Urahnen, die echten Araber. Vor- und Hinterhand sollten dich nicht stören, Sonny. Schau mich an, habe auch krumme Beine und stamme dennoch aus einem alten Kentuckyschlag. Bin sozusagen ein Dackel unter den Bullenbeißern geworden.“
Jim hörte kaum zu, seine Augen waren zu sehr beschäftigt, denn Buckets Tanz ging mit einem schrillen Wiehern zu Ende. Im Herumwirbeln ließ er sich mit aller Wucht auf den Rücken fallen. Schlimmer konnte es nicht kommen, oder? Tay Garnet entging dem sicheren Tode des Erdrücktwerdens durch einen Satz aus dem Sattel. Man musste ihn bewundern, ob man wollte oder nicht. Er hatte es überstanden, sprang zur Seite, als der Rotschimmel mit schlagenden Hufen zur Seite rollte, wich aus, als das schnappende Gebiss nach seinem Bein greifen wollte. Tosender Beifall, Geschrei und Gejohle belohnte Garnet.
„Ich wollte, er würde sich das Genick brechen“, stöhnte Old Joe an Jims Seite und ließ offen, wen er meinte.
„Fellow, Tay ist großartig“, flüsterte Jim mit kehliger, vor Aufregung heiserer Stimme. „Ich hätte ihm das nicht zugetraut!“
Er hatte den frommen Wunsch des Alten überhört, stieß ein überraschtes Gurgeln aus, denn Tay saß wieder im Sattel, prächtig anzusehen, mit rot-flammenden Haaren, die in der Sonnenglut wie flüssiges Kupfer leuchteten. Holly Gee, dieser Mann ließ sich nicht brechen.
„Yeah, man sieht ihm verschiedene Dinge wirklich nicht an“, klang es scharf, voll unterdrückter Wut. „Zum Beispiel, dass er seit einiger Zeit Marcella Shearer nachstellt, dass er von dem Mädchen eine gewaltige Ohrfeige erhielt, und dass er dessen ungeachtet weiter keinen Frieden gibt. Yeah, die Katze lässt das Mausen nicht. Aber das kümmert dich wohl nicht, Sonny. Ho, jetzt wird Bucket Tay die Prügel geben, die ihm schon lange zustehen“, fauchte er voller Grimm, und mit wilder Genugtuung sah er, wie sich Jim ihm rasch zuwandte. Grau wurde des Jungen Gesicht, gelbe Lichter tanzten in seinen Augen. Der Kampf interessierte ihn nicht mehr. Old Joe prallte vor des Jungen Blick zurück, zupfte verlegen an seinem Bart. Ein Blick war das; Himmel und Hölle Old Joe würde ihn so schnell nicht vergessen.
„Bleibe im Sattel, Sonny“, beschwichtigte er leise, „dich geht es nichts an, sollen die Shearer-Brüder die Sache mit Tay ins Reine bringen. Vielleicht Ambrose, der ja als Staatenreiter genug Freischeine zur Hölle besitzt. Sobald er ins Land kommt, kann er die Sache seiner Schwester austragen, oder Gull kann das besorgen. Der finstere Gull, der immer so ausschaut, als wolle er seinen lieben Nachbarn die Kehle eindrücken. Well, sie sollen Tay die Zähne zeigen, und mit den Eisen können beide ja gut genug umgehen. Dammy, Sonny, schau mich nicht so wild an Da, Garnet ist aus dem Sattel geflogen.“
Die letzten Worte lenkten ab. Was auch immer Jim in diesen Augenblicken empfinden mochte – beim Anblick dieser Szene löschte alles andere aus. Er fuhr herum, sah Bucket wie eine fauchende Bestie mit weit vorgestrecktem Kopf und gefletschten Zähnen auf den Mann am Boden zustürzen. Wieder zeigte Tay Garnet, dass einiges in ihm steckte. Er warf sich herum, zeigte, dass er Tod und Hölle nicht fürchtete und auch jetzt noch seinen geräderten Körper in der Gewalt hatte und seine Benommenheit abschütteln konnte. Er rollte unter dem Gatter hinweg, und kaum war das geschehen, als auch schon die berstenden Hufe des Rotschimmels dicht über seinem Kopf in den Stangen wirbelten. Bevor die Hufe das Hindernis vollständig zerschmetterten, zerrten herbeieilende Cowboys Tay, der wie ausgepumpt dalag, aus dem Staub und trugen ihn rasch zum Bunkhouse.
Bucket beruhigte sich augenblicklich, stand mit gespreizten Beinen und hängendem Kopf da, als sei nichts geschehen, und nichts zeigte an, dass der Teufel selbst in seinen Adern und Sehnen auf der Lauer lag. Sein Fell war trocken, und die Nüstern zeigten keine Schaumflocken.
„Er ist ein Teufel“, flüsterte Dick Bitter atemlos, nahm den Hut von seiner schweißtriefenden Stirn, und man wusste nicht, ob er sich Luft verschaffen, oder aber Bucket eine Ehre erweisen wollte.
Benommen, völlig verwirrt schaute Jim Brooks auf das Pferd. Keuchend ging sein Atem. Jetzt begriff er, dass Bucket mehr war als nur ein Bocker, begriff, dass in diesem Tier eine unbezähmbare Vitalität lag, eine Schnelligkeit, von der er kaum zu träumen wagte. Yeah, Bucket war ein Pferd, an das alle bisherigen Broncos, die er je geritten hatte, nicht heranreichten, auch der Schecke nicht, den ihm sein Vater schenkte.
Er bückte sich, schnallte die Sporen von den Stiefeln, hielt sie in den Händen, war sich noch nicht ganz klar, was er tun sollte, doch Old Joes Worte trieben ihn an.
„Wirf sie vor Bucket in den Staub, Sonny, und dann lasse sie verrosten, du wirst sie nicht mehr brauchen. Gehe zu ihm, sei unbesorgt, er ist zahm“, flüsterte Old Joe so leise, dass keiner außer Jim es verstand.
Und der Junge ging wie ein Schlafwandler auf Bucket zu, übersprang den Corralzaun, ließ sich weder durch die erschrockenen Flüche der Cowboys, noch durch seines Vaters Ruf zurückhalten. Bucket zog ihn wie ein Magnet an. Er hielt die Sporen hoch, sah deutlich, dass der Rotschimmel ihn ansah und die Oberlippe kräuselte.
„Ich werde sie nicht mehr brauchen, Bucket“, sagte er sanft. „Du wirst sie nie zu kosten bekommen!“
Er warf die Sporen fort. Langsam trat er Schritt für Schritt auf das Tier zu, bemerkte nicht, wie sich hinter ihm die Cowboys an den Stangen festhielten, atemlos wurden, hörte nicht die dunkle Stimme seines Vaters.
„Old Joe, wenn dem Boy etwas passiert, hänge ich dich persönlich an den nächsten Ast. Du hast ihn nach diesem Gaul verrückt gemacht, Fellow. Er ist mein einziger Sohn. Ah, macht die Lassos bereit!“
In seiner Not ließ John die Maske fallen, zeigte seine Sorge um den Sohn. Alle Härte fiel von ihm ab. Yeah, so kannte man ihn nicht, aber das fiel in diesem Moment nicht einmal auf, nur Old Joe grinste, fuhr sich mit den gespreizten, verarbeiteten Händen durch das Bartgewirr, kicherte seltsam in sich hinein.
„Du würdest mich nie hängen, Partner“, raunte er dem Rancher zu. „Du würdest nie die Zeit vergessen, in denen wir zusammen auf dem Trail waren und uns geschworen haben, aus deinem Sohn etwas Rechtes zu machen. Wenn er jetzt weich wäre, Goddam, das wäre dir und mir nicht recht!“
„Nein Fellow nein“, klang es leise zurück. „Aber schau dir das an!“
Bucket ließ Jim herankommen, sich in den Sattel schwingen, ohne sich zu regen.
Jim beugte sich vor, streichelte Buckets Hals und nahm die Zügel auf. Sofort setzte sich Bucket in Bewegung, trabte friedlich, als könnte er kein Wässerchen trüben, vorwärts.
„Öffnet das Gatter“, sagte Jim. In seiner Stimme lag versteckter Jubel, ungebärdiger Stolz. Er hatte von Bucket Besitz ergriffen, wollte fortreiten, alleine sein, den warmen Pferdeleib und den Wind spüren.
Die Cowboys blickten besorgt ihren Boss an. „Macht auf“, murmelte John Brooks, von Zweifeln erfüllt. Jeden Moment musste doch das Teufelspferd seinen Tanz beginnen.
Weit schwang sich das Gatter auf. Jim ließ Bucket im Schritt gehen … nichts geschah.
„Wohin, Cowboy“, flüsterte Old Joe, als Jim ihn passierte. Jim beugte sich herab, sah den Alten bedeutungsvoll an, sagte leise: „Vater hat mir vor drei Jahren zwei Eisen geschenkt, ich habe sie nie gebraucht, vielleicht wird das nun anders.“
„Garnet ist für die nächsten vierundzwanzig Stunden für niemanden zu sprechen, und für dich schon gar nicht. Lass die Eisen, wo sie sind. Ich sagte dir doch, das geht nur die Brüder Shearer an. Außerdem bist du für Garnet ein grüner Junge, mit dem er niemals einen Kampf austragen würde, das liegt unter seiner Würde. Du kennst seine Eisen. Er trägt sie wie ein Revolvermann, halte dir das immer vor Augen, Sonny, warte an den drei Eichen auf mich, habe dir einiges mitzuteilen!“
„Allright, Fellow“, gab Jim zur Antwort. „Und nochmals, hab Dank für Bucket.“ Mit diesen Worten lenkte er das Tier an den staunenden Cowboys vorbei und verhielt vor seinem Vater.
Auf dem breitflächigen Gesicht des Ranchers lag noch die Blässe der ausgestandenen Angst. Er trat rasch an das Pferd heran, reichte Jim die Rechte. Für Augenblicke lagen ihre Hände fest ineinander. Yeah, Jim wusste in diesem Moment noch nicht, das es der letzte Händedruck sein sollte, den er mit seinem Vater austauschte. No, das konnte niemand ahnen, by Jove, denn sonst wäre alles anders gekommen
„Bleib nicht zu lange, Sonny, denke daran, dass deine Mutter dich brauchen könnte“, murmelte John Brooks. „Du weißt, ich kann keinen Mann beim Brennen entbehren, Du wirst schon zurecht kommen, ja?“
„Natürlich, Dad“, lächelte Jim. Er lachte nicht wie sonst, sein offenes, freies Lachen. Aber das fiel John Brooks nicht auf. Er hatte genug Sorgen, täglich traten sie an ihn heran und mussten verdaut werden. Die Bewirtschaftung der Ranch, die Viehzucht, der Proviant, dazu mussten jede Woche Strymentrupps aufgestellt werden. Gatter und Einfriedungen bedurften der Reparatur und am Waputi-Creek, der im Osten in den gleichnamigen See mündete, mussten immer einige Cowboys aufpassen, dass sich die weidenden Rinder nicht in den Morast und Sumpf verirrten.
Nein, John fiel das gespannte Gesicht des Jungen nicht auf, und er achtete auch nicht auf Old Joe, dessen Augen seltsam blitzten.
„So long, Boy!“ Er trat von Bucket zurück, hob grüßend die Rechte.
So stand er ein wichtiger Mann in seinem Distrikt, stand mit blitzenden Augen und einem feinen Lächeln in den Mundwinkeln.
Und so sollte ihn Jim in Erinnerung behalten, sollte … aber in Wirklichkeit hielt er ein grausiges, unheimliches Bild in seinem Innern fest ein Bild, das sich wie ein heißes Brandmal in ihn einprägen sollte, das immer wieder sein Handeln und Denken beeinflusste.
Am Ranchtor wandte er sich im Sattel zurück, zog in übermütiger Freude seinen Stetson vom Kopf und stieß den weithin schallenden Cowboyruf aus „Jippieeeh“.
Das Echo kam zurück und „Cheerio, Jim!“
„Cheerio“, flatterte es von seinen Lippen. Er ließ nun die Zügel frei, spürte, wie der Wallach unter ihm zum gefiederten Pfeil, zum brausenden Sturmwind wurde, der mit seinen Hufen die Weite schluckte.
Cheerio, yeah, sie alle hätten das Glück bitter nötig gebrauchen können – alle!
Jim erwischte sich dabei, dass er leise vor sich „Cheerio“ hinmurmelte. Er fasste die Winchester fester, preschte sich vorsichtig hinter den Felsen weiter, blieb dann stehen und lauschte. Sein eigener Atem ging stoßweise, wurde von dem rauschenden Schwingenschlag eines Geiers unterbrochen, und dann polterten Steine unter ihm. Jetzt wieder dann Ruhe. Die hehre Stille der Wildnis dehnte sich zur Unendlichkeit aus, nur der Wind stöhnte leise in den Klippen.
Selbst die Pferde standen bewegungslos, wie zu Bildsäulen erstarrt, so, als wollten sie das eigenartige Klagen und Stöhnen des Windes nicht unterbrechen.
By Gosh, yeah, Luis Polk, John Meehan und Oskar Lilburn ahnten wohl kaum, dass er nicht mehr der Junge von damals war, den sie belagerten, ahnten nicht, dass ein zu allem entschlossener Kämpfer ihnen gegenüberlag, der sich seinen Weg brechen würde.
Vor drei Schurken wich er nicht zurück. By Jolly, er war entschlossen, ihnen die Rechnung zu servieren; die Rechnung, die sich aus dem ungeschriebenen Gesetz des Landes: ergab Auge um Auge, Zahn um Zahn. In diesem Falle also heißes Blei.
Jim presste die Lippen fest aufeinander, tastete sich weiter vor, achtete darauf, dass kein Steinchen unter seinen Stiefelsohlen zerbrach. Lautlos wurde sein Gang. Jeder Schatten gab ihm Deckung.
Er ließ sich durch die scheinbare Ruhe nicht täuschen. In der Wildnis bedeutete Ruhe immer Gefahr, tödliche Gefahr. Jede Bestie nutzte sie, der Puma, der Wolf, der Bär, um dann nach dem Sieg aufzubrüllen.
Die Männer, die ihm den Weg blockierten, waren menschliche Bestien. Yeah, so konnte man sie nennen, denn sie gehörten der Dirksen-Mannschaft an, jener Horde, die Angst und Schrecken in Montana verbreitete, die überall da auftauchte, wo sie Beute witterte. Jedes Mitglied der berüchtigten Desperadomannschaft galt als ein kaltblütiger Killer.
Jim kannte ihre Methoden aus eigenem Erleben und schüttelte sich nachträglich vor Abscheu und Ekel, denn diesen Kerlen war jedes Mittel recht. Sie scheuten vor nichts zurück, kannte weder Fairness, noch Gnade.
Yeah, kurz vor dem Ziel hatten sie ihn gestellt. Nur wenige Meilen noch, und Jim hätte Old Joes Blockhütte erreicht.
Ob der Alte die Schüsse hörte? Der Wind stand günstig. In drei Stunden würde es Nacht werden. Im Schutze der Dunkelheit konnte mancherlei geschehen.
Jim nagte an der Unterlippe, schob seinen Kopf vorsichtig aus der Deckung heraus.
Nacktes, schroffes Felsgestein umgab ihn. Rillen, Zacken und Vorsprünge, die in roten Farben leuchteten, und weit darunter in der Tiefe, die kaum zu ermessen heraufdämmerte, standen die Krüppelkiefern der Baumgrenze mit nackten, windzerzausten Ästen.
Wieder rollten Steinchen in die Tiefe. Zugleich tönte das Wiehern eines Pferdes herauf. Grollend hieb die scharfe Detonation eines Schusses im Echo von den Hängen.
Nur wenige Yards von Jims Kopf entfernt schmetterte das heransausende Geschoss Steinsplitter los.
Nur den Bruchteil einer Sekunde stand das gleißende Mündungslicht in einer dunklen Spalte unter ihm, und dieser Moment genügte. Er feuerte seine Winchester ab. Hart jagte der Rückschlag gegen seine Schulter. Die rot-gelbe Flammenzunge raste aus der Mündung, löste drunten einen wahnwitzigen Schrei aus. Klauenhaft gekrümmte Hände stießen aus dem Spalt heraus, spreizten sich wie toll vor Schrecken und Grauen, angelten nach einem Halt suchend durch die Luft, und rissen den Körper des Kerls nach.
„Luis Polk“, fetzte es von Jims Lippen.
Yeah, das war Polk. Deutlich konnte er ihn an seinem gedrungenen Körperbau und seinem Hängeschnurrbart erkennen. In Sekunden fiel der Getroffene nach vorn, über den Rand, stemmte sich hoch, hob den stiernackigen Kopf, und seine weit aufgerissenen Augen sausten zur Höhe, dorthin, wo die graue Rauchfahne von Jims abgefeuerter Winchester sich erhob.
Mit so einem Schuss hatte der Bursche nicht gerechnet.
„Brooks, nimm und schluck das hier“, kreischte es dumpf von seinen Lippen. Seine Linke fuhr zur Hüfte, als sie mit einem Husch nach vorn schwang, blitzte es metallisch auf.
Heilige Mavericks! Jim schoss nicht, nein. Er bewegte sich nicht einmal, bemühte sich, seine Stellung nicht zu verändern, wartete in kalter, unheimlicher Ruhe. Sah zu, wie der schwere Colt aufbrüllte, wie die Flammenzungen aufbrachen, sah, wie die Geschosse unter ihm mit jaulendem Klirren in das Gestein fetzten und mit eigenartigem Schrillen als Querschläger irgendwohin rasten. Sah durch die rot wallenden Nebel vor seinen Augen Luis Polks gezeichneten Körper wachsen, mit jedem Feuerstoß mehr aus der Felsspalte hervorragen, als ob unsichtbare Titanenkräfte ihn emporzögen und beim letzten Schuss aus seinem Colt ihn über das Felssims hinwegschleuderten.
Nur einen Herzschlag lang zappelte Polks Körper haltlos in der Luft, einer riesigen Fledermaus ähnlich, dann verschwand er hinter den Felszacken. Dumpf polterte es auf, wiederholte sich mehrmals, dann war Stille.
Stille? Nein zwei Karabiner hackten ihr höllisches Blei heraus, verrieten dadurch, dass John Meehan und Oskar Lilburn noch tiefer in Deckung lagen als Luis Polk vor seinem Ende. Ihre Ladungen kamen ungenau, siebten in die Felsen hinein, rissen Dreck und Staub hoch. Jim schoss nicht zurück, wartete, nahm den Kopf zurück, lehnte sich gegen den kalten Felsen, um sich eine Zigarette zu drehen.
Er musste rauchen, um seine Nerven zu beruhigen, um das Gleichgewicht in seinem Innern wiederherzustellen. Tief saugte er den aromatischen Duft ein, kniff die Augen zusammen und sah zu seinen Pferden hin.
Sie hielten die Köpfe tief gesenkt, als wüssten sie, dass es noch eine Weile dauern würde.
Leise kam ein scharfes Lachen über seine Lippen. „Sie sind genau so klug wie die Desperados“, murmelte er in das Donnern der Schüsse hinein.
Minuten hielt das Schießen an, verstummte mit einem Schlag. Jim veränderte nun seine Stellung, nahm den Stetson ab, schob ihn mit Hilfe seiner Winchester über die Deckung, und lugte wenige Yards entfernt nach unten.
Er hatte sich nicht getäuscht. Sie wagten es nicht, sich weiter hochzuarbeiten. Der höllisch glatte Schuss auf Luis Polk hatte sie eingeschüchtert. Dicht an der Baumgrenze bewegte sich ein schneller Schatten, und bevor Jim seine Winchester hochreißen konnte, verschwand er auch schon wieder.
„Well, sie holen Verstärkung“, murmelte er bitter, warf die angerauchte Zigarette fort, trat sie mit der Stiefelsohle aus. Die Kerben in seinen Mundwinkeln verstärkten sich.
By Gosh, yeah, er durfte nicht umkehren, er musste Old Joe erreichen, denn es gab keinen Zweifel, sie würden ihn aufstöbern und sich an dem alten Mann vergreifen.
Wie durch ein Wunder war er ihnen damals entkommen – oder war es Zufall?
War es aber auch ein Zufall, dass Tay Garnet nicht gefunden wurde? Weder als Leiche noch … Ah, zum Teufel mit diesen Gedanken, sie laugten einem das Mark aus den Knochen und trieben den Schweiß aus den Poren.
Yeah, genau so übel war ihm damals gewesen, als er von der Ranch ritt, daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass er Bucket zum Geschenk erhalten unter sich im Sattel spürte. Nein, etwas war mit ihm geschehen, was ihn mit Grimm erfüllte, mit einem Zorn, den er selber nicht begriff, und der ihn zwang, geradenwegs zu den drei Eichen zu reiten dorthin, wo Old Joe ihn treffen wollte.
„Der Teufel mag wissen, was er mir Wichtiges mitzuteilen hat“, murrte Jim vor sich hin. „Old Joe nimmt sich manchmal selbst zu wichtig, und irgendwie hasst er Tay Garnet. Pah, ich kann es nicht glauben, dass Garnet Marcella Shearer nachstellt.“
Er schwieg betroffen. Wilde Empfindungen stürmten durch seine Brust.
„Ich werde sie fragen“, zuckte es von seinen Lippen. „Sie wird mir die Antwort nicht verweigern.“
Der scharfe Reitwind fegte seinen Kopf klar. Er ließ Bucket in Schritt fallen. Meilen reihten sich aneinander, und dann hielt er vor den drei Eichen, schwang sich aus dem Sattel und band Bucket an den tiefhängenden Ästen fest, hockte sich auf einen morschen Baumstamm, malte Kringel und Kreise in den Sand.
Er war so in Gedanken, dass er fast den näherkommenden Hufschlag überhörte. Als er aufsah, stand Old Joe vor ihm. Schmallippig, mit verkniffenen Augen Augen, die ihn kalt, abweisend betrachteten, durch ihn hindurchdrangen.
„Es wäre besser, Sonny, wenn du deine Augen und deine Ohren gebrauchen würdest, anstatt zu träumen und zu dösen“, raunte Old Joe, wie im Selbstgespräch. „Es ist mir verdammt nicht schwer gefallen, dich zu überraschen!“
Jim fuhr auf, sah den Alten lange mit unsicherem Blick an.
„Ich wusste doch, dass du kommst“, murmelte er verwirrt.
„Yeah, aber nimm an, es wäre ein anderer gewesen, einer, der dir nur das Eisen auf die Brust halten würde … nimm das an, Sonny!“
„Joe, in dieser Gegend könnte ein Kind in die Berge reiten, ohne …“
„Das war einmal, Sonny“, unterbrach Old Joe mit heiserer Stimme, riss sich dabei den ausgefransten Stetson vom Kopf, wischte mit dem haarigen Handrücken über seine schweißige Stirn und nahm neben Jim auf dem Baumstumpf Platz. Man sah es seinem verwitterten Gesicht an, dass er scharf geritten war. Unvermittelt setzte er das Gespräch fort, beugte sich vor und sah dabei zu den Eichen hin, die seltsam verloren in der Wildnis standen, trutzig, mächtig; Giganten, die allen Stürmen getrotzt, ihre Wurzeln so tief gegraben hatten, dass selbst ein Tornado ihnen nichts anhaben konnte.
„Sonny, du reitest wie ein Mann durch die Gegend, der den Himmel für einen Dudelsack hält … unterbrich mich nicht. Auch ich war jung, so jung und vertrauensselig wie du. Nun, du hast das Leben noch vor dir, und darum schau dir die Eichen an. Du willst doch einmal genau so fest in diesem Boden deiner Heimat wurzeln wie sie, oder?“
„Nun, das wünscht sich wohl jeder, Fellow“, gab Jim zu verstehen. Leiser Argwohn schwang in seiner Stimme. Was wollte Joe eigentlich? Goddam, er steuerte wie eine Katze um den heißen Brei herum. Das war sonst nicht seine Art. Männer von seinem Schlag waren geradeheraus, sagten das, was sie zu sagen hatten in klaren Worten. In Worten, die keine weitere Deutung zuließen, man verstand sich, oder man hatte sich nichts Sonderliches zu sagen.
Er sah seinen alten Freund an, dachte daran, dass der Oldtimer es war, der ihn schon als Baby auf den Knien geschaukelt hatte, der für ihn bunte Steine sammelte und mit ihm durch die Prärie, durch die Berge und Steppen geritten war. Yeah, es lag klar auf der Hand, Old Joe sorgte sich.
„Fellow, sobald Tay Garnet gesund ist, werde ich ihn sprechen, ob es dir passt oder nicht“, brach es wild über seine Lippen, und all sein ungestümes Temperament kam mit einem Schlag zum Durchbruch. „Er wird mir Rechenschaft geben müssen, und wenn er … Ah, ich werde ihn …“
„Nichts wirst du, Sonny. Sagte dir bereits, dass du von Tay nicht ernst genommen würdest. Es ist seine Sache, was er in der Freizeit treibt, Cowboys lassen sich nicht dazwischenreden. Sie reiten zur Town, trinken sich voll oder suchen Entspannungen, die mit angeschwollenen Augen, zerbrochenen Nasen und zerquetschten Ohren enden. Tay ist nun von der Sorte, die keine Schürze in Ruhe lassen können. Nun, das kann ihm niemand verbieten. Marcella hat zwei Brüder, und es ist ihre Sache, hörst du?“
Old Joe zischte die Worte durch die Zähne, tat so, als ob er noch den Knaben Jim vor sich hatte. „Wenn du Amok laufen willst, Sonny, brauchst du nicht gleich in eine Feuergarbe Tays zu rennen. Der Hitzkopf würde wenig danach fragen, ob du der Sohn seines Bosses bist, er würde dich mit einem kalten Lachen zur Hölle schicken. Sonny, sage dir, ich habe ihn einmal in Logan erlebt, als er zwei Revolvermännern aus den Stiefeln half. Wenn du es gesehen hättest, würdest du deinen Grimm im Zaume halten Sonny, – halt, wohin willst du zum Teufel?“
Er streckte seine klauenartige Rechte aus, verhinderte, dass Jim aufsprang, drückte den bebenden Jungen mit Gewalt auf den Baumstamm zurück. „Wohin, Sonny?“, flüsterte er fast tonlos mit aschfahlem Gesicht.
Alles wirkte nun grau und zerfallen an ihm die Haut, die Augen, der Drahtverhau des Bartes.
Jim würgte an einem unsichtbaren Knäuel, senkte seinen Blick in den des Oldtimers hinein. So saßen sie sich gegenüber.
Langsam glitten die Hände Old Joes von Jims zuckenden Schultern herab.
„Du brauchst es mir nicht zu sagen, Sonny, ich sehe es dir an, du willst zur Vierstäbe-Ranch.“
„Und wenn es so wäre, Fellow?“, krächzte Jim verbissen, hielt den Atem an, lauschte mit vorgestrecktem Kinn.
„Nun, dann schwing dich auf, Sonny, reite. Ich weiß, dass du deinen Kopf durchsetzen wirst und den Ratschlag eines alten Mannes von dir weist.“
„Fellow, ich schlucke deinen Song. Yeah, ich schlucke ihn, aber ich verstehe dich nicht. Was ist los?“
„Nun, ich wollte dich bitten, nicht zur Vierstäbe-Ranch zu reiten, Sonny.“
„Nicht?“, dehnte Jim. Seine Augen weiteten sich, dunkle Schatten kreuzten darin auf, nisteten sich ein, blieben und wurden schärfer bei jedem Wort, das über seine Lippen kam.
„Warum sollte ich nicht reiten, Fellow, warum? Willst du Tay Garnet den Weg zu Marcella offen halten? Ah, darum dein Wunsch, Bucket möge ihm das Genick brechen. Du hast Angst, dass wir uns begegnen könnten, dass wir …“
„Du redest wie ein verteufelter Narr“, unterbrach Joe gereizt. „Vielleicht weißt du nicht einmal, dass du selbst unsterblich in das Mädel verknallt bist. Yeah, reiße nur die Augen auf, jeden Mann trifft es einmal, früher oder später, Sonny, und dann sieht die Welt gleich rosarot aus, und jedes Eisen ist von nebensächlicher Bedeutung. Man hört die Engel singen und den Teufel lachen.“ Bei diesen Worten sprang Old Joe von seinem Sitz auf, schlug erregt auf seine Chaps, grinste dabei aber recht dämonisch. „Du kannst es hin und her wenden, Sonny, du bist in das Mädel verliebt.“
„Ah, Unsinn, ach“, betroffen schwieg Jim, nagte an seiner Unterlippe, schlug die Augen zu Boden. Er war wie benommen. Verliebt sollte er sein? Holly Gee, was war das? Was bedeutete das – verliebt?
Yeah, er mochte Marcella gern Er konnte sich nicht sattsehen an ihrem prächtigen Haar, an dem weichen, königlichen Gang. Er träumte von ihren Augensternen, die alles Licht der Welt eingefangen hatten, und er sah ihre schwarzen, lockigen Haare, die bei jeder Berührung leise knisterten und beim Sonnenschein ein seltsam blaues Feuer ausstrahlten.
Sie hatte eine Haut, die an weißen Marmor erinnerte, und ein Gesicht, das so zart wirkte, dass die leuchtenden Augen und der weich geschwungene Mund nicht zu übersehen waren.
Yeah, in seinen Träumen hatte er diesen Mund oft geküsst, doch Himmel, woher mochte Old Joe das wissen?
Er war verwirrt wie noch nie in seinem Leben. Sah sich ertappt, durchschaut. Old Joe zerrte etwas aus seinem Inneren ans Licht, das er gut behütet glaubte.
Betreten hielt er die Augen gesenkt, wagte kaum aufzuschauen, und tief in seinem Innern sprang die Erkenntnis auf, dass er wirklich Marcella liebte.
War das die Liebe, von der die Cowboys, wenn sie aus den Tanzhallen kamen, immer erzählten?
By Gosh, nein, so etwas war es nicht. Allmächtiger, er schüttelte sich, streifte mit einem Schlag die wilden Gedanken von sich ab, stand langsam auf, trat Old Joe ruhig gegenüber, murmelte: „Ich wusste nicht, dass man durch Worte wach werden kann, Fellow, ich wusste bisher, dass ich Marcella gerne sah und wünschte, recht oft in ihrer Gesellschaft durch die Berge zu trailen. Meine Augen waren blind, jetzt sind sie sehend geworden So long, ich muss nun erst recht Marcella sehen, Oldtimer, jetzt erst recht!“
Er wollte mit raschen Schritten an Joe vorbei, doch der Alte versperrte ihm den Weg, lachte fast fauchend in sich hinein.
„Narr“, schnaubte er wütend. „Bisher haben dich die Shearer-Brüder nicht ernst genommen, und sie hatten auch nichts dagegen, dass du mit ihrer Schwester kleine Ausflüge unternommen hast. Das ändert sich aber von einem Tag zum anderen, Sonny, und es wird für dich und Marcella nun die Trennung bedeuten.“
„Du bist dir zu sicher, Fellow“, schnitt Jim ihm das Wort ab. Seine Augen wurden ernst, kalt, yeah, fast grausam. „Ich werde mit ihr sprechen.“
„Kaum, Sonny.“
„Wer sollte mich daran hindern?“, fuhr er herum. Zornesröte stieg in sein Gesicht, ungeduldig streckte er die Rechte aus. „Mach Platz, Fellow geh aus dem Weg, halte mich nicht auf!“
„Ich halte dich nicht auf, Sonny“, knurrte Old Joe seltsam, trat zurück, ließ Jim vorbei und sagte: „Aber die Dirksen-Mannschaft könnte das tun!“
Wie vom Blitz getroffen wirbelte Jim herum. Seine Arme fielen herab. Die Farbe wich aus seinem verstörten Gesicht. Es überzog sich mit einer fahlen Blässe.
Wieder standen sie sich gegenüber, und ihre Blicke waren wie niedersausende Schwerter.
„Das ist also der Grund, Fellow?“, brachte Jim mühsam hervor.
„Yeah, Sonny“, murmelte Joe, drehte sich schwerfällig herum, tat so, als ob die Sache für ihn erledigt sei und er zu seinem Gaul gehen wollte, um sich in den Sattel zu schwingen. Er kam jedoch nicht so weit. Hinter ihm kamen schnelle Schritte auf. Jims Atem pfiff, und die Hand des Jungen krallte sich in seinem Ärmel fest, riss ihn herum.
„Was ist mit der Dirksen-Mannschaft?“, kam heiser und kehlig über seine Lippen.
„Nun, ich habe ein Vögelchen singen hören, du weißt ja, dass ich die Sprache der Tiere verstehe, Sonny.“
„Ah, zum Teufel mit deinem Song.“
„Der Satan würde sich wenig daraus machen, Sonny“, lächelte Old Joe in das verzerrte Gesicht des Jüngeren. „Der Satan kommt jedoch in diesen Distrikt, vielleicht ist er schon unterwegs, vielleicht …“, orakelte Old Joe, ohne den Blick von Jim zu nehmen.
„Und du glaubst nun, dass …“
„Dass Gull Shearer über die Ankunft der Bande informiert ist. Yeah, das glaube ich, Sonny“, erklärte Joe mit finsterem Gesicht.
Lange sah ihn Jim an, nickte, schluckte schwer, brach dann das Schweigen.
„Wenn das Gull Shearer hörte, würde er dich glatt vor seine Eisen holen, Fellow.“
Joe winkte gelassen ab, sah über Jims Schulter zu den Eichen hin, grinste: „Man hat schon manchen harten Schlag nach mir geführt, und ich lebe immer noch. Bin wohl noch nicht reif, um in die Grube zu fahren.“
„Und du hast meinem Vater nichts davon gesagt?“, forschte Jim aufgeregt.
„Well, ich tat es, Sonny, aber dein Vater lachte mich aus. Er glaubt nicht daran, ist davon überzeugt, dass der Bruder deiner Mutter, Big Bill, die Bande so zurechtgestutzt und zerschlagen hat, dass sie niemals wieder vereint zum Zug kommt.“
„Fellow, ich kann es auch nicht glauben“, stammelte Jim. „Nein ich …“
„Nun, das ist deine Sache, Sonny, aber höre zu. Big Bill, dein Onkel, ist wohl der größte Verbrecher-Jäger gewesen, den Montana jemals im Sattel gesehen hat. Sein wildes Blut trieb ihn, wohin er auch kam, für die Gerechtigkeit und für das Gesetz zu kämpfen. Er trug zwar keinen Orden, und er hatte auch niemals einen Posten als Sheriff oder als Staatenreiter, aber sein Ruhm ging bis ins Weiße Haus, und man wusste ihn überall und allerorts zu schätzen. Man vertraute ihm Aufgaben an, die nur er lösen konnte, Auch die Vernichtung der Dirksen-Mannschaft wurde ihm von höheren Regierungsstellen anvertraut. Yeah, wie schon gesagt, er war kein Todesreiter, Ranger oder Sheriff, er trug niemals einen Stern, um sich im Notfall dahinter zu verstecken. Er kämpfte fair, räumte den größten Schurken gleiche Chancen ein, und er schickte Arnd Dirksens Bruder zur Hölle, stellte ihn in Kansas-City. Yeah, es war ein verteufelt sauberer Kampf, Sonny, aber zwei Tage später fand man Big Bill tot auf. Eine Kugel war ihm durch den Rücken geflogen. Well, er hatte der Dirksen-Bande einen Stoß versetzt, aber er hat sie nicht vernichten können. Er starb, bevor er seine Aufgabe erfüllt hatte, an einer heimtückischen, mörderischen Kugel. Ich selbst habe ihm ein Grab geschaufelt, Sonny, damals war ich Boss in einer Treiberherde, die nach Kansas-City unterwegs war, und ich habe meine Ohren steif gehalten und die Augen gebraucht. Schon damals ging das Gerücht um, dass Arnd Dirksen verkündet haben sollte, dass er die Sippe deines Onkels mit Stumpf und Stil ausrotten wollte. Well, ich nahm das nicht tragisch, Sonny, denn Revolvermänner haben immer eine vorlaute Klappe. Yeah, nun mache ich mir Vorwürfe, dass ich das Gehörte nicht deinem Vater nach meiner Rückkehr erzählt habe.“
„Fellow, etwas stimmt nicht an dem Song, dir ist ein falscher Ton dazwischengekommen. Wer sollte Dirksen ausgerechnet mitteilen, dass die Brooks mit Big Bill verwandt waren, wer hätte Interesse daran, die Bande ins Land zu holen?“
„Wer?“ Old Joe lachte scharf und rasselnd vor sich hin, trat nahe an den Jungen heran, so nahe, dass dieser seinen heißen Atem über das Gesicht wehen spürte.
„Ambrose Shearer. Yeah, höre, Sonny, es gibt Burschen, die in ihrem Ehrgeiz alle Schranken brechen. Well, Ambrose gehört zu dieser Sorte, die krank werden, wenn der Ruhm anderer an ihre Ohren dringt. Yeah, er ist mit ungesundem Ehrgeiz ausgestattet. Außerdem hat er das Privileg eines Staatenreiters und ist von Amts wegen eingesetzt, hinter Verbrechern herzujagen, trägt einen Orden, den er sich schützend vor die Brust hält. Dein Onkel aber war ein Mann, der aus anderen Motiven ritt, Sonny. Ich will nicht weiter darüber sprechen, nur das eine will ich dir sagen, versuche, deinen Vater zu überreden und reite nicht zur Vierstäbe-Ranch jetzt nicht! Du könntest es bitter bereuen.“
Old Joe befreite sich von der Hand des Jungen, schritt schnell zu seinem Gaul und warf sich in den Sattel, setzte die Sporen ein, ritt davon.
Jim sah ihm mit gerunzelter Stirn nach. Heiß fieberte sein Blut durch die Adern. Schwer wie Blei waren seine Knochen, er konnte sich kaum regen, stand wie aus Erz gegossen, unfähig, dem Alten ein verbindliches Wort nachzurufen, ihn aufzuhalten. Was er gehört hatte, war kaum zu verdauen. Nein, das alles konnte nicht wahr sein Die Dirksen-Desperados gab es doch nicht mehr. Und, by Jove, so schlecht konnte doch Ambrose Shearer nicht sein!
„Ich werde Marcella fragen“, knirschte es über seine Lippen. „Yeah“, und er schlug die Ratschläge Old Joes in den Wind.
Wenige Augenblicke saß er im Sattel und trieb Bucket in einen aufschießenden Trab, verstärkte denselben zum gestreckten Galopp und dann zur rasanten Karriere.
Willig fügte sich der Rotschimmel, seine Hufe donnerten über die Querspalten der Hanghalde, ließen die drei Eichen zurück, jagten durch den Schotter zum Schwemmstein-Plateau, hieben im wilden Stakkato den Staub und Dreck, Funken und Steine hinter sich, und sein Leib bog sich wie eine elastische Stahlfeder.
Er lief flog beinahe, mit vorgestrecktem Hals, so als ob sein Eifer die Weite heranziehen, seine Hufe die Ferne unter sich begraben wollten.
Bucket nahm die Steigungen in mühelosem Spiel, und hangwärts glitt er mit trommelnden Hufen inmitten einer niedergehenden Steinlawine, unberührt vom Krachen und Bersten, vom Donnern und Staub ringsumher. Ein Pferd wie Bucket musste jedes echte Männerherz erobern.
Er lief gleich einer Maschine unermüdlich, ohne Zeichen von Erschöpfung. Sein Fell blieb struppig, wurde nicht durch Schweißflecken dunkel getönt.
Jim fühlte die Freude eines Mannes, der sein Herz an ein Pferd gehängt hatte und sich nicht betrogen sah, denn Bucket übertraf alle Erwartungen.
Nach einer halben Stunde ließ Jim das Tier im Schritt gehen. Pappeln und Silbertannen wogten ihre Wipfel unter ihm am Hang. Nackt und kahl lag der Kamm des Big-Horn-Berges vor ihm.
Zur linken Hand konnte Jim in die Täler sehen, die grün heraufleuchteten und auf dessen Matten sich die winzig kleinen Silhouetten von weidenden Rindern abzeichneten. Reiter tauchten bei den Rindern auf. Das Knallen der Revolver war kaum aus dem Raunen des Windes herauszuhören.
Dort unten musste die Crew an der Arbeit sein. Gewiss trieben sie die Tiere zum Brunnen.
Aber zum Teufel, warum trieben sie sie nicht zum Waputi-Creek, der sich weiter rechts als silbernes Band deutlich sichtbar abzeichnete?
Überrascht hielt Jim seinen Gaul an, blickte zurück, stieg in den Bügeln hoch.
Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, und seine Brauen runzelten sich Er hielt Bucket an.
„Vater wird seine Pläne umgeworfen haben“, beruhigte er sich selbst, kämpfte gegen ein unheimliches Gefühl an, das ihm die Kehle zuschnürte. „Ich sehe am hellen Tag Gespenster. Dort unten sind unsere Boys, yeah, Dick Bitter kann ich deutlich erkennen. Nur einer reitet so wie er.“
Seine scharfen Augen täuschten sich nicht. Trotzdem blieb das Gefühl der nagenden Angst in ihm lebendig.
Sekundenlang starrte er ins Tal. Reiter und Rinder hielten sich zu weit entfernt, als dass er alle Vorgänge ausmachen konnte. Außerdem verdeckten schwarz starrende Wälder das weitere Treiben.
Unschlüssig verhielt er, wollte schon Bucket herumreißen, zurückreiten, wollte sich selbst überzeugen, doch dann lachte er scharf auf.
„Old Joe hat mich verrückt gemacht“, murmelte er verstimmt. „Go on, Bucket, go on Old Joe ist ein verdammter Schwarzseher, er ist zu lange allein in den Bergen und grübelt zu viel. Er wird langsam sonderlich, der Alte. Vater sollte ihn zur Ranch zurückholen und einen Jüngeren mit der Vernichtung des Raubzeuges beauftragen.“
Er wandte sich nun nicht mehr um, ritt weiter, lenkte in einen Hohlweg ein, war so in seine Gedanken versponnen, dass er nicht auf die Umgebung achtete. Plötzlich ertönte die scharfe Stimme eines Mannes in seinem Rücken: „Nimm sie hoch, lang zum Himmel, Sonny!“
Die Stimme traf Jim wie ein Peitschenschlag. Er ließ die Zügel fallen. Sofort stand Bucket, ließ die Ohren gottergeben hängen, senkte den Ramskopf.
Langsam krochen Jims Hände in die Höhe. Er fühlte, wie ein Schauer durch seinen Körper jagte, Stromstöße in die Endnerven hineinhieb und sein Rückgrat versteifte.
Huschende Schritte klangen auf.
„Versuch nicht, dich umzudrehen, steige vom Gaul, und schau geradeaus“, klang es dumpf, mit verstellter Stimme. Der Kerl hinter ihm musste sehr jung sein. Er gab sich Mühe, wie ein richtiger Mann zu sprechen. Nun, eine Kugel blieb eine Kugel, ob sie nun im Laufe eines alten oder jungen Desperados steckte, machte wenig Unterschied, sobald sie den Lauf verließ, um sich in den Rücken zu bohren.
Gehorsam, steifbeinig schwang sich Jim aus dem Sattel. Der Grimm in ihm ließ ihn die Schultern zucken.
„Wage es nicht“, klang es gereizt.
Yeah, genau das wollte Jim, seinen rechten Colt herausreißen und feuern. Der andere hatte seine Bewegung erraten. Nahe, ganz nahe kamen die Schritte. Jetzt stand der Kerl gewiss hinter ihm, hatte ihn direkt vor seinem Rohr. Goddam, er hätte doch auf die Ratschläge Old Joes hören sollen. Jetzt war es zu spät. Zum Teufel auch!
„Dreh dich herum“, klang es kalt.
Langsam kam er der Aufforderung nach, ganz langsam, als wolle er im Umdrehen noch genügend Zeit gewinnen, um nach seinem Colt zu greifen. Jäh zuckte seine Rechte herab, erstarrte mitten in der Bewegung.
„Marcella!“, brach es wie ein Schrei von seinen Lippen. Yeah, sie war es. Die Lichtfluten der Sonne umfingen sie. Schöner denn je zuvor erschien sie ihm hinreißend, verlockend. In ihren Haaren spielten blaue Lichter, umrahmten ihr gemmenhaft geschnittenes Gesicht, wallten in lockiger Pracht auf die sanft geschwungenen Schultern herab. Wie frisch gefallener Schnee leuchtete ihre Reitbluse, betonte ihren herrlichen Wuchs und stand in gutem Kontrast zu dem Schwarz des Reitrockes.
Hochhackige Stiefel mit Silberborten verziert, vervollkommneten ihr Bild. Aber der Teufel mochte wissen, Jim sah nur ihren rot leuchtenden Mund.
„Du starrst mich an, als ob du mich heute zum ersten Mal sähest, Jim“, lachte sie ungezwungen und entblößte zwei Reihen wunderbarer, schneeweißer Zähne.
„Du benimmst dich reichlich sonderbar, oder hat dich meine ungewohnte Art der Begrüßung so aus dem Sattel geworfen, dass du …“
Sie brach ab, lachte laut. Der reine Ton einer Glocke schien anzuschlagen.
„Yeah, ungewöhnlich ist der richtige Ausdruck“, stotterte Jim und sah jetzt erst, dass sie ohne Waffe vor ihm stand, sah rasch auf sie hinunter, streckte ihr dann die Hand hin.
„Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt, Marcella“, murmelte er und konnte nun nicht verhindern, dass seine Augen aufleuchteten.
Sie merkte es, trat rasch vor ihm zurück, sah ihn seltsam gespannt an, so als wolle sie ihn ergründen. Unter ihrem Blick wurde er unruhig, und jäh war der Gedanke an Tay Garnet in ihm. By Gosh, Tay sollte seine Hände von dem Mädchen lassen!
„Du hast dich verändert, Jim“, hörte er sie in seine aufgewirbelten Gedanken hinein sagen. „Ich weiß nicht, was es ist, aber du bist nicht mehr der … Ah, du hast ja heute Geburtstag, ich gratuliere“, lächelte sie. „Den Rotschimmel hat dir wohl Old Joe geschenkt?“
„Du weißt es?“
„Oh, ich habe Gull immerzu gebeten, mir den Rotschimmel aus dem Mustangrudel zu holen. Er hat es ein dutzendmal versucht, kam aber nicht zurecht. Old Joe muss besondere Tricks haben, und auch einen besonderen Pferdeverstand, Jim!“ Wieder lächelte sie. Zum ersten Mal empfand er, dass ihr Lächeln ihn ausfüllte, Wünsche und Hoffnungen aufkeimen ließ, und er bemerkte nicht, dass er sie wie verzaubert anschaute.
„Pferdeverstand, wie soll ich das auffassen?“, fragte er töricht, unsicher, mit bebender Stimme.
„Mein Gott, hat es dir Joe denn nicht erzählt?“, fragte sie überrascht.
„Nein“, murmelte er bedrückt, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Immerzu hätte er sie so anschauen können.
„Nun, Old Joe hatte zuerst den schwarzen Wildhengst in der Schlinge, den Burschen, auf den du immer so großen Wert gelegt hast. Er besah ihn sich und ließ ihn laufen, dann erst fing er den Rotschimmel. Mein Bruder und ich, wir konnten ihn beobachten. Aber du hörst ja gar nicht zu, Jim?“, entfuhr es ihr überrascht.
„Wie kann ich das, Marcella, wo ich nur dich sehe!“
Ihre Überraschung vertiefte sich, überflutete ihr Gesicht mit einer feinen Röte. Obwohl sie beide gleich alt waren, schien sie reifer zu sein als Jim.
Plötzlich wandelte sich ihre Überraschung in Betroffenheit. Offen und gerade sah sie ihn an, näherte sich ihm.
„Jim, das gefällt mir nicht an dir, das …“
„Aber an Tay Garnet, wie?“, fuhr es ihm ungewollt heraus.