Der Bundesbulle 8 - Krimi-Serie - Peter Hebel - E-Book

Der Bundesbulle 8 - Krimi-Serie E-Book

Peter Hebel

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Beschreibung

Schusswechsel mit anschließender Fahrerflucht. Der Flüchtige stürmt das Bordell ›Paradies‹ und nimmt die Frauen als Geiseln. Bei dem Versuch, in das Etablissement einzudringen, werden zwei Schutzpolizisten angeschossen und lebensgefährlich verletzt.

Inzwischen wurde das Gebäude vom mobilen Einsatzkommando umstellt, die Lage scheint einigermaßen unter Kontrolle. Dennoch stehen alle unter Hochspannung. Niemand schießt ungestraft auf einen Polizisten. Ein einziger Funke würde genügen, um die Katastrophe perfekt zu machen.

Und hier kam ich ins Spiel: Ich sollte dem Hassobjekt der Kollegen zur Flucht verhelfen ...

Der Bundesbulle - Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme. Die unveränderte Neuausgabe der Krimi-Serie "Peter Mattek" von Peter Hebel aus den 90ern jetzt exklusiv als eBooks. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.


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Seitenzahl: 148

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Inhalt

Cover

Der Bundesbulle – Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme

Über diese Folge

Hinweis zu dieser Folge

Über den Autor

Titel

Impressum

Todesdrogen für Paris

In der nächsten Folge

Der Bundesbulle – Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme

Sein einmaliger Status gefällt den meisten nicht. Die Vorstellung von einem Polizisten, für den es keine Grenzen und Schranken gibt, bereitet ihnen Kopfschmerzen. Sie akzeptieren ihn als den Versuch einer Ausnahmeregelung, die aber keinesfalls zu lange dauern darf.

Trotzdem wurde die Ein-Mann-Soko ins Leben gerufen. Peter Mattek, der Bundesbulle, ist der Mann für ausweglose Situationen. Und auf ihn ist Verlass.

Über diese Folge

Der Bundesbulle - Folge 08: Todesdrogen für Paris

Schusswechsel mit anschließender Fahrerflucht. Der Flüchtige stürmt das Bordell ›Paradies‹ und nimmt die Frauen als Geiseln. Bei dem Versuch, in das Etablissement einzudringen, werden zwei Schutzpolizisten angeschossen und lebensgefährlich verletzt.

Inzwischen wurde das Gebäude vom mobilen Einsatzkommando umstellt, die Lage scheint einigermaßen unter Kontrolle. Dennoch stehen alle unter Hochspannung. Niemand schießt ungestraft auf einen Polizisten. Ein einziger Funke würde genügen, um die Katastrophe perfekt zu machen.

Und hier kam ich ins Spiel: Ich sollte dem Hassobjekt der Kollegen zur Flucht verhelfen …

Der Bundesbulle – Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme. Die unveränderte Neuausgabe der Krimi-Serie „Peter Mattek“ von Peter Hebel aus den 90ern jetzt exklusiv als eBooks. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.

Hinweis zu dieser Folge

Bei diesem Titel handelt es sich um eine digitalisierte Neuausgabe aus den 90er Jahren. Um das Werk und das in den Romanen gezeichnete Zeitkolorit nicht zu verfälschen, wurde hier aus kulturhistorischen Gründen inhaltlich nicht in den Text eingegriffen. Bitte beachten Sie, dass Äußerungen in Bezug auf Politik, Religion, Umgangsformen und Ethnien im Kontext dieser Zeit zu verstehen sind und unter Umständen nicht mehr den heutigen Umgangsformen entsprechen.

Über den Autor

Peter Hebel, geb. am 2. Mai 1942, hat ein bewegtes Leben gelebt. Er fuhr zur See und verbrachte Jahre in der französischen Fremdenlegion, bevor er als freier Journalist und Autor arbeitete. Unter seinem Namen und diversen Pseudonymen hat er zahlreiche Spannungsromane veröffentlicht. Mit »Malkowski«, dem Privatdetektiv, und »Der Bundesbulle - Die Männer vom Ruhr-Revier« hat Peter Hebel zwei Serien geschaffen, die im In- und Ausland ein großes Publikum fanden. Am 3. November 1997 nahm sich Peter Hebel, unheilbar an Krebs erkrankt, in Villajoyosa, Spanien, das Leben.

Peter Hebel

Folge 08

Todesdrogen für Paris

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag in der Serie »Peter Mattek« erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 1990-1992 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: © Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von © shutterstock: Westend61 Premium; © thinkstock: Jason Stitt | CAHKT

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Ochsenfurt

ISBN 978-3-7325-3825-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Zwei Streifenwagen blockierten die Zufahrt von der Franzius-Straße in die Kipper-Straße am Hafen 4. Das Blaulicht zuckte gespenstig durch die milchige Nebelsuppe. Dazwischen das Rot von zwei Kellen; die Beamten der uniformierten Schutzpolizei hoben die Waffen.

Die Stimmung war explosiv. Zwei Schutzpolizisten waren mit lebensgefährlichen Schussverletzungen ins Klinikum Mitte gebracht worden. Das lag eine Stunde zurück, aber die Kollegen der beiden standen verständlicherweise noch immer unter Hochspannung. Ein einziger Funke genügte, um die Katastrophe perfekt zu machen. Eine falsche Reaktion meinerseits, und einer der Beamten, die die Zufahrt zur Straße sperrten, würde etwas zu heftig mit dem Abzug seiner Waffe spielen ...

Ich hielt den grünen Porsche 911 vorsichtig an und drehte das Fenster herunter. Sie tauchten rechts und links neben meinem Wagen auf. Jetzt war die Kollegensicherung perfekt. Aber jetzt war es zu spät und eigentlich nicht mehr notwendig.

»SK I – Mattek«, sagte ich und versuchte, die Maschinenpistolen zu ignorieren, die zwei noch sehr junge Beamte in den Fäusten hielten. Ich streckte den Ausweis durchs Fenster. Ein älterer Beamter nahm ihn mir vorsichtig aus der Hand, warf einen schnellen Blick darauf und gab ihn wieder zurück.

Er rief seinen Kollegen etwas zu, das ich nicht verstand.

Auf einen Schlag fing es an zu regnen. Schwere, dicke Tropfen trommelten auf das Wagendach und zerplatzten klatschend an der Windschutzscheibe.

»Ist jemand vom Ruhr-Revier hier?«, brüllte ich gegen den Regen an.

Der ältere Polizeibeamte deutete mit der ausgestreckten Hand nach vorn. »Vielleicht. Ich weiß es nicht. Unsere Leute und die Kripo ...«

Der Rest wurde vom starken, böigen Wind zerfetzt, der das Wasser des Hafenbeckens krauste und über die schmalen Decks der tiefliegenden Binnenschiffe schlagen ließ.

Ich fuhr weiter. Nach zweihundert Metern passierte ich den Löschzug der Dortmunder Berufsfeuerwehr, den man vorsichtshalber angefordert hatte. Dahinter standen drei Krankenwagen und ein Notarztwagen. Dann die zivilen Einsatzfahrzeuge der Kripo und der Schutzpolizei. Ohne sichtbare Erkennungsmerkmale, die sie als Polizeifahrzeuge auswiesen. Dazwischen und gegenüber, auf der anderen Straßenseite, waren Schützen in Stellung gegangen. Über der dicken Kleidung trugen sie schusssichere Westen. Auf dem flachen Dach der gegenüberliegenden Lagerhalle standen sie ebenfalls.

Zwanzig Schritte weiter runter ein zweiter Wagen der Feuerwehr, der einen Lichtbaum mit sich führte. Das Gestell war ausgefahren, aber die viele tausend Watt starken Lampen glühten noch nicht. Obgleich viele Menschen auf einem relativ kleinen Fleck versammelt waren, herrschte eine atemlose, bedrückende Stille. Nur hin und wieder unterbrochen durch das Quäken und Kratzen eines Funksprechgerätes, das jemand in seinem Wagen auszuschalten vergessen hatte.

Ich hatte die Scheinwerfer gelöscht und lenkte den Porsche hinter einen roten Rekord, von dem ich wusste, dass er ein Einsatzfahrzeug des Ruhr-Reviers war.

Ich stieg aus, umrundete den Wagen und duckte mich neben Hermann Blechmann und Paul Koslowski. Über den Kofferraumdeckel des Rekord hinweg fiel der Blick auf das halbverfallene Gebäude mit der schreiend roten Neonreklame »Paradies«.

Der Eingang lag zurückversetzt und bestand aus einem schmalen Schlauch, durch den mit Mühe und Not ein Mittelklassewagen passte. Rechts und links eine halbhohe Mauer. Am Durchlass knieten Beamte des Mobilen Einsatzkommandos. Sie hielten die Kolben der MPi’s professionell und »rambolike« gegen die rechten Oberschenkel gestützt. Sehen konnten sie nichts. Über Walkie-Talkie hielten sie Kontakt zu den Beobachtungsposten auf dem gegenüberliegenden Schuppendach.

Von hier aus, hinter dem Rekord hervor, war die erste Etage des Gebäudes zu sehen. Einige verhangene Fenster mit Rotlicht dahinter. Zwei Balkone mit rostigen, halbhohen Gittern. Rechts und links waren schon Steine herausgebrochen. Statisch waren die Plattformen unter aller Sau. Selbst bei 100 % Gefahrenzulage hätte ein guter Beamter gezögert, sie zu betreten.

Auf dem rechten Balkon stand das Mädchen. Vom Licht hinter ihr rotüberflutet. Sie war nackt, hatte die Hände hoch erhoben, und ihr schlanker Körper wirkte durch diese Streckung knabenhaft. Ohne das lange, blonde Haar, das ihr bis auf die schmalen Schultern fiel, hätte man sie für einen Jungen halten können. In der offenen Tür zum Balkon standen drei weitere Mädchen. Eine Schutzmauer aus Fleisch und Blut. Sie hatten die Hände ebenfalls erhoben.

Paul Koslowski reichte mir schweigend sein Glas. Noch kein Wort war zwischen ihm, Blechmann und mir gewechselt worden. Ich hob es an die Augen und konnte die bleichen Gesichter der Mädchen sehen. Keines von ihnen war älter als zwanzig Jahre. Zwei herbe Schönheiten und zwei von diesen verängstigten Rehfiguren, die ältere Männer mit Bauch anzogen. Zwischen den nackten Körpern hindurch war schemenhaft der umhereilende Schatten eines Mannes zu sehen.

»Wie lange geht das schon?«, wandte ich mich an Koslowski, der polnischer Herkunft war und der im Revier »der Pole« genannt wurde.

Der Kriminal-Hauptmeister des Ruhr-Reviers strich sich über die kurzen, dunklen Haare, die wie angeklebt an seinem Schädel lagen. Der Regen rann ihm über das Gesicht. Hin und wieder rieb er sich mit dem Handrücken die Augen.

»Mehr als zwei Stunden«, sagte er. Er deutete nach rechts, wo ein Streifenwagen mit zerschossener Windschutzscheibe stand. Die Türen standen weit offen. »Der Krach hat in der Linienstraße angefangen, Peter. Jemand spielte verrückt, und der Wirt rief die Polizei. Es kam zu einem Schusswechsel mit anschließender Schnitzeljagd. Der Kerl kam bis hier, stürmte das ›Paradies‹, scheuchte alles auf die Straße und behielt eine Handvoll Mädchen im Haus. Wie viele es wirklich sind, ist nicht bekannt. Die Tür ist verbarrikadiert, und die meisten Fenster sind vergittert. Zwei Kollegen der Schutzpolizei wollten trotz eingehender Warnung mit dem Wagen auf den Hof fahren. Der Kerl da im Haus hat sie beide erwischt. Das war vor einer Stunde. Man hat die schwerverletzten Kollegen weggebracht, alles abgesperrt und das Mobile Einsatzkommando kommen lassen. Seitdem herrscht da drinnen Ruhe. Hin und wieder lässt der Kerl sich sehen. Immer dann, wenn ein Mädchen das andere auf dem Balkon abwechselt. Er lässt die Mädchen nie länger als fünfzehn Minuten stehen.«

»Mit anderen Worten: Ein sehr ›humaner‹ Typ, der nicht will, dass eines der Mädchen sich eine Erkältung holt«, sagte ich.

Herman Blechmann fluchte verhalten.

Ich hob das Glas wieder an die Augen. Das blonde Mädchen auf dem Balkon weinte. Im roten Widerschein des Lichts, das sie überflutete, sahen die Tränen aus wie Bluttropfen.

»Weiß jemand, wer der Kerl ist?«!

»Markus Hauer«, sagte Koslowski. »Vierundzwanzig Jahre, einschlägig vorbestraft wegen einiger Rauschgiftdelikte, Körperverletzung und Beschaffungskriminalität. Seit zehn Tagen auf Bewährung entlassen. Er ist weggetaucht und hat die Bewährungsauflagen nicht erfüllt. Und nun das hier.«

Ich richtete mich auf. Oberstaatsanwalt Karl Lohmeyer hatte mich angerufen und mich nach Huckarde Nord, zum Industriehafen geschickt. Angeblich weil das hier LKA-Sache war. Ich starrte rüber zum »Paradies« und fragte mich, was, verdammt, das LKA mit einem nicht einmal getarnten, illegalen Puff am Industriehafen zu tun hatte?

»Mattek!«

Ich drehte mich um. Der Mann war groß und schlank und trug einen hellen Trenchcoat, der vom Regen dunkle Flecken bekommen hatte. Ich kannte ihn nicht. Koslowski und Blechmann ebenfalls nicht.

»Ja?«, fragte ich.

Er winkte mich heran.

Normalerweise reagierte ich nicht auf stumme Aufforderungen. Heute Nacht jedoch war es mir egal. Ich liefe einige Schritte neben ihm her durch den Regen zu einem 525 BMW mit Bonner Kennzeichen.

Er hieß Müller, und er war Beamter des LKA. Die Innenbeleuchtung war an. Ich konnte sein hageres, scharfgeschnittenes Gesicht mit den schmalen Lippen sehen. Die Backenknochen traten etwas nach vorn. Er hatte kleine, graue Augen, die kalt und ohne Leben wirkten. Seine Hände waren schmal und feingliedrig wie die eines Chirurgen, mit kurzen, gepflegten Nägeln. Er zündete sich eine Zigarette an und streckte mir das Päckchen Filterzigaretten entgegen.

Ich schüttelte den Kopf.

Müller rauchte einen Zug, dann deutete er mit dem Daumen über die Schulter. Richtung »Paradies«.

»Wir brauchen ihn«, sagte er. »Lebend.«

»Das ist immer am besten«, sagte ich. »Tote sind so schweigsam.«

Die linke, buschige Braue von Müller huschte in die Höhe.

»Was habt ihr mit dem Kerl zu tun?«, fragte ich, holte eine zerknitterte Packung Gauloises aus der Tasche und zündete mir ein Stäbchen an.

»Er arbeitet für uns.«

Ich verschluckte mich am Rauch und hustete. »Feine Kollegen hast du«, sagte ich dann. »Warum gehst du nicht rüber und holst ihn raus? Ich meine, auf einen Kollegen wird er doch wohl nicht schießen, oder?«

Müller ließ den Spott von sich abperlen.

»Im Knast hatte er sich auftragsgemäß mit Matuscheck angefreundet«, sagte Müller.

»Matuscheck kenne ich auch nicht.«

»Ein Chemiker.«

»Was hatte der im Knast zu suchen?«

»Unfall mit Fahrerflucht. Er kriegte ein halbes Jahr. Wir haben dafür gesorgt, dass Matuscheck und Hauer Kontakt im Knast bekamen. Wir wollten, dass erst Matuscheck und dann Hauer entlassen wurde und dass Hauer sich dann draußen wieder mit Matuscheck traf. Das hat geklappt. Er war an Matuscheck dran, und der wollte ihm einen Job besorgen. Und jetzt das!«

Von alledem, was Müller mir sagte, verstand ich kein Wort. Ehrlich gesagt interessierte es mich zu diesem Zeitpunkt auch nicht. Ich dachte an die beiden Schutzpolizisten, die Hauer schwer verwundet hatte, und an die Mädchen, die er als Geiseln genommen hatte.

Ich schnippte die angerauchte Zigarette aus dem Fenster.

»Wie soll das weitergehen?«, fragte ich, als ich ausstieg.

»Er muss verschwinden können, Mattek.«

Ich lachte heiser. »Was sagen die Kollegen und die Staatsanwaltschaft dazu, Müller?«

»Er muss verschwinden können. Er muss an Matuscheck dranbleiben. Auf jeden Fall.«

»Und was habe ich dabei zu tun?«

»Versuch reinzukommen, Mattek! Sorg dafür, dass er abhauen kann.«

Ich schüttelte den Kopf. »Macht den Dreck alleine«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wen es erwischt hat, aber ich kenne ’ne Menge Polizisten in Dortmund, Müller. Vielleicht ist einer darunter, mit dem ich befreundet bin. Mit mir nicht.«

»Mattek!«

Ich hatte mich zwei Schritte vom BMW entfernt und duckte mich unter dem peitschenden Regen, als Müllers Ruf mich traf.

»Noch was?«

»Ja.« Müller stieg ebenfalls aus. Er blieb an der Karosserie des BMW gelehnt stehen und musterte mich von oben bis unten.

»Ist irgendwas Besonderes an mir?«

»Das suche ich auch«, sagte er. »Man hat mir gesagt, dass was Besonderes an dir ist und dass du was Besonderes bist. Kann ich aber nicht feststellen. Irgendwie siehst du aus wie ein vor Angst zusammengekniffenes Arschloch!«

Ich schaute ihn an. Er erwartete, dass ich auf ihn losstürmte. Er erwartete es wirklich. Deshalb hatte er die Rechte in die tiefe Tasche des Trenchcoats geschoben. Wahrscheinlich hielt er eine Waffe fest. Er würde sie ziehen, sie mir zeigen und mir, wenn ich dann noch immer wütend war, damit eine überziehen. Nicht weil er mich hasste, sondern weil er mich wild machen wollte. Wild auf den Kerl namens Markus Hauer, der sich im »Paradies« mit einigen Mädchen verschanzt hatte, nachdem zwei Polizisten von ihm verletzt worden waren.

Es war ernst. Sie brauchten ihn wirklich. Er war der Köder, der Geier, der Schakal, der ihnen Matuscheck liefern sollte.

»Du bist tapfer, Müller«, sagte ich.

Müller grinste verkniffen. Langsam zog er die Hand wieder aus der Manteltasche. Genau in dem Moment sprang ich ihn an. Er versuchte auszuweichen. Es gelang ihm nicht. Ich bekam ihn an dem weiten Mantel zu packen, drehte ihn mit einem harten Ruck herum und warf ihn auf die Haube des BMW. Mit der gleichen Bewegung tauchte meine Hand in seine Manteltasche. Es befand sich keine Kanone drin, nur die Schachtel Zigaretten und das Feuerzeug. Er bäumte sich auf. Ich half ihm dabei, riss ihn hoch und schob ihn zurück, nachdem ich meinen rechten Fuß zwischen seine Beine gestellt hatte. So stolperte er und fiel der Länge nach in eine Pfütze.

»Vielleicht haben sie dir viel von mir erzählt, Müller. Aber sie haben vergessen dir zu sagen, dass ich gewalttätig und nachtragend bin. Auch gegen Leute, die einen Ausweis vom LKA bei sich haben. Also schau dir in Zukunft die Leute an, die du ein zusammengekniffenes Arschloch nennst.«

Zuerst kam er auf alle viere hoch. Von unten herauf schaute er mich an. Wahrscheinlich erwartete er, dass ich nach ihm trat, wenn er sich in der Aufwärtsbewegung befand. Aber ich ging einen Schritt zurück und ließ ihn in Ruhe.

»Warum ist Hauer ausgerastet?«, fragte ich.

Müller versuchte seinen triefenden Mantel auszuwringen. Er machte einige vergebliche Versuche, dann sah er ein, dass es bei dem Regen doch keinen Sinn hatte, und ließ es bleiben.

»Wahrscheinlich hat er von dem Zeug reingeschmissen, das Matuscheck in verschiedenen Labors herstellen lässt«, sagte Müller dann. Er kam näher. Irgendwie sah er nicht aus, als sei er besonders wütend. »Meine Zigaretten sind nass. Gib mir eine von deinen.«

Ich gab ihm eine Gaulouises und Feuer.

»Wir müssen ihn da rausholen«, sagte er nach dem ersten Zug. »Wenn du willst, komme ich mit!«

Mit der flachen Hand rieb ich mir den Regen aus dem Gesicht.

»Das ist kein Witz, Mattek! Hauer bringt uns an Matuscheck heran. Ich übertreibe verdammt nicht, wenn ich sage, dass das vielen Menschen die Gesundheit erhält, dass es viele davon abhält, Gewalttaten zu begehen, und manchen das Leben rettet. Wir wissen, dass ins Ruhrgebiet mehr als dreißig Fässer Phenylaceton gebracht wurden. Der Grundstoff von Speed, Mattek. Das Zeug wird in Labors aufgearbeitet, verschnitten, gekocht. Was dabei herauskommt, ist unberechenbar. Das wissen nicht einmal die Chemiker mit Bestimmtheit zu sagen. Explosives Zeug, das Menschen verändert, sie tötet, sie zu Tieren und Gewaltverbrechern macht. Hauer weiß es. Er weiß auch, wo einige der Labors sich befinden. Ich hatte einen Treffpunkt mit ihm vereinbart. Er wäre gekommen. Vielleicht hat Matuscheck oder jemand aus seinem Kreis Lunte gerochen und dem Jungen etwas gegeben, was ihn zu diesem Wahnsinn getrieben hat. Er wird töten, Mattek! Menschen die auf Polizisten schießen, haben keine Hemmschwelle mehr. Die Mädchen sind für ihn nicht soviel wert wie Polizisten. Wir müssen ihn da rausholen. Lebend, Mattek, und wir müssen ihn laufen lassen!«

Müller hielt nach der langen, eindringlichen Rede erschöpft inne. Er rauchte noch einige Züge und warf die Zigarette dann in die Pfütze, in der er eben selbst gelegen hatte.

»Falls Matuscheck oder wer auch immer ihm etwas gegeben hat, will er ihn loswerden, Müller. Real betrachtet heißt das: Wenn wir Hauer wirklich laufen lassen, dann in den Tod.«

Müller nickte. »Jemand wird hinter ihm hersein, Mattek. Wenn wir den Kerl erwischen, der Hauer erledigt, sind wir schon ein ganzes Stück weitergekommen. Verstehst du?«

Ich verstand ihn ausgezeichnet. Aber was er sagte, gefiel mir nicht. Eine kleine Kröte wie Hauer ins offene Messer rennen und sterben lassen, nur um an eine große Kröte wie Matuscheck heranzukommen! Das gefiel mir ganz und gar nicht. Es gab andere Mittel und Wege, um die Matuschecks dieser Welt zu finden und zu erledigen, bevor sie noch mehr Unheil stiften konnten.

»Hauer ist unberechenbar«, sagte ich.

Müller nickte. »Er kann lammfromm sein, aber auch das Gegenteil, Mattek. Das ist nicht vorauszusagen.«

»Hast du Erfahrung mit solchen Leuten?«

»Einige.«

»Dann lass uns gehen, Müller. Gehörst du irgendeiner Religionsgemeinschaft an?«

»Was soll der Scheiß?«

»Ich meine, wenn ja, dann kannst du vielleicht auch inbrünstig beten. Manche sagen, dass es hilft.«

Ich drehte mich um. Einige Sekunden lang war es still hinter mir, dann hörte ich das Regenwasser unter seinen Schritten platschen. Er schlich mir nach wie ein geprügelter Hund.