Der Bundesbulle 1 - Krimi-Serie - Peter Hebel - E-Book

Der Bundesbulle 1 - Krimi-Serie E-Book

Peter Hebel

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Beschreibung

Einbruch in der Bauer Import-Export GmbH. Der Pechvogel, der an diesem Tag Wachdienst hatte kam dazwischen und dachte wahrscheinlich, dass es die Pflicht eines Wachmannes sei, das Hab und Gut anderer zu schützen - für 10,50 die Stunde.

Erst sah alles nach Junkies auf der Suche nach Knete für den nächsten Schuss aus. Doch die hätten sicher nicht aufwendig den Schreibtisch aufgebrochen, um die Wertsachen dann liegen zu lassen. Junkies schießen auch nicht völlig unerwartet auf einen Polizisten. Und ganz sicher stehen Junkies nicht mit dem KGB und der STASI in Verbindung.

Ich ging der Sache nach. Die Todesspur führte mich nach Amsterdam ...

Der Bundesbulle - Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme. Die unveränderte Neuausgabe der Krimi-Serie "Peter Mattek" von Peter Hebel aus den 90ern jetzt exklusiv als eBooks. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.




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Inhalt

Cover

Der Bundesbulle – Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme

Über diese Folge

Hinweis zu dieser Folge

Über den Autor

Titel

Impressum

Todesspur nach Amsterdam

In der nächsten Folge

Der Bundesbulle – Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme

Sein einmaliger Status gefällt den meisten nicht. Die Vorstellung von einem Polizisten, für den es keine Grenzen und Schranken gibt, bereitet ihnen Kopfschmerzen. Sie akzeptieren ihn als den Versuch einer Ausnahmeregelung, die aber keinesfalls zu lange dauern darf.

Trotzdem wurde die Ein-Mann-Soko ins Leben gerufen. Peter Mattek, der Bundesbulle, ist der Mann für ausweglose Situationen. Und auf ihn ist Verlass.

Über diese Folge

Der Bundesbulle - Folge 01: Todesspur nach Amsterdam

Einbruch in der Bauer Import-Export GmbH. Der Pechvogel, der an diesem Tag Wachdienst hatte kam dazwischen und dachte wahrscheinlich, dass es die Pflicht eines Wachmannes sei, das Hab und Gut anderer zu schützen – für 10,50 die Stunde.

Erst sah alles nach Junkies auf der Suche nach Knete für den nächsten Schuss aus. Doch die hätten sicher nicht aufwendig den Schreibtisch aufgebrochen, um die Wertsachen dann liegen zu lassen. Junkies schießen auch nicht völlig unerwartet auf einen Polizisten. Und ganz sicher stehen Junkies nicht mit dem KGB und der STASI in Verbindung.

Ich ging der Sache nach. Die Todesspur führte mich nach Amsterdam …

Der Bundesbulle – Der Krimi-Klassiker mit Ruhrpottcharme. Die unveränderte Neuausgabe der Krimi-Serie „Peter Mattek“ von Peter Hebel aus den 90ern jetzt exklusiv als eBooks. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.

Hinweis zu dieser Folge

Bei diesem Titel handelt es sich um eine digitalisierte Neuausgabe aus den 90er Jahren. Um das Werk und das in den Romanen gezeichnete Zeitkolorit nicht zu verfälschen, wurde hier aus kulturhistorischen Gründen inhaltlich nicht in den Text eingegriffen. Bitte beachten Sie, dass Äußerungen in Bezug auf Politik, Religion, Umgangsformen und Ethnien im Kontext dieser Zeit zu verstehen sind und unter Umständen nicht mehr den heutigen Umgangsformen entsprechen.

Über den Autor

Peter Hebel, geb. am 2. Mai 1942, hat ein bewegtes Leben gelebt. Er fuhr zur See und verbrachte Jahre in der französischen Fremdenlegion, bevor er als freier Journalist und Autor arbeitete. Unter seinem Namen und diversen Pseudonymen hat er zahlreiche Spannungsromane veröffentlicht. Mit »Malkowski«, dem Privatdetektiv, und »Der Bundesbulle - Die Männer vom Ruhr-Revier« hat Peter Hebel zwei Serien geschaffen, die im In- und Ausland ein großes Publikum fanden. Am 3. November 1997 nahm sich Peter Hebel, unheilbar an Krebs erkrankt, in Villajoyosa, Spanien, das Leben.

Peter Hebel

Folge 01

Todesspur nach Amsterdam

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag in der Serie »Peter Mattek« erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 1990-1992 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: © Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von © shutterstock: Westend61 Premium | Roman Belykh; © thinkstock: Mehdi33300

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Ochsenfurt

ISBN 978-3-7325-3818-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Als ich die Leiche sah, dachte ich an David Pötsch. In meinem Hinterkopf gab es den schlimmen Gedanken, dass sie mich aus dem Bett getrommelt und in die Heroldstraße geschickt hatten, damit ich mich an Pötsch erinnerte.

Pötsch war in Casablanca erschossen worden, in einer von jenen milden, weichen Nächten, in denen man Helden zeugte. Es war die Arbeit von Profis. Pötsch war Agent gewesen, auch wenn ihn nach seinem Tod kein Dienst auf der Lohnliste geführt haben wollte. Und Pötsch war mein Freund gewesen. Der Mann, der im Flur der Bauer-Import-Export-GmbH lag, war nicht mein Freund. Er hatte keinem Geheimdienst angehört, sondern trug das schlichte, dunkle Tuch der Wach- und Schließgesellschaft. Sie hatten ihn nicht erschossen, sondern erschlagen. Und es war auch keine Nacht zum Heldenzeugen, sondern so beinkalt, dass einem beim Atmen der frischen Luft die Eingeweide erfroren.

Dieser Mann hatte mit David Pötsch nur etwas gemeinsam: Er war genauso tot.

Ein Feuerzeug klickte. »Scheiße!«, sagte Paul Koslowski, der Pole.

Das rief mich aus meiner Reise in die Vergangenheit zurück. Ich schob die Spitze der Zigarette an die Flamme heran und begann augenblicklich zu saugen. Naturinstinkt. Wie bei einem Säugling, den man zum ersten Mal an die Mutterbrust legte. Ich inhalierte den scharfen Rauch des schwarzen Tabaks.

»Scheiße«, wiederholte Kriminal-Hauptwachtmeister Paul Koslowski.

»Hast du schon mal was von Pietät gehört, Pole?«

Koslowski schaute mich an. Er war zu müde, um das Gesicht zu verziehen. Wochenenddienst im Ruhr-Revier. Das schlauchte auch die, die schon seit vielen Jahren dabei waren. Wochenenddienst im Ruhr-Revier, das ging immer zusammen mit Blut und Tränen und der Erkenntnis, dass man noch lange nicht so abgestumpft war, wie man es der landläufigen Meinung nach hätte sein müssen.

Durch den Treppenschacht zuckte Blaulicht von zwei Streifen- und einem Rettungswagen der Feuerwehr. Den Rettungswagen brauchte der Alte von der Wach- und Schließgesellschaft nicht mehr. Die Weißkittel kamen bei einer solchen Sache prophylaktisch, warteten, bis man ihnen sagte, dass sie nicht gebraucht wurden, rauchten, trieben sich eine Weile am Tatort herum und fuhren dann wieder ab.

»Franz Roland«, sagte Paul Koslowski, der sich auf den Wochenenddienst gefreut hatte, weil bei ihm der Haussegen schiefhing. Dann, ein paar Stunden später, sah er überhaupt nicht mehr fröhlich aus. Eher bedrückt, weil ihm wieder einmal die Vergänglichkeit des Lebens vor Augen geführt wurde. Er dachte daran, dass es wirklich später war, als der Mensch glaubte. »Franz Roland, vierundsechzig, wohnhaft in Dortmund, Klinkerstraße 12. Todesursache: Betriebsunfall! Ein paar Junkies suchten etwas, was sich schnell zu Geld machen ließ. Roland kam dazwischen und dachte wahrscheinlich, dass es die Pflicht eines Wachmannes sei, das Hab und Gut anderer zu schützen – für 10,50 die Stunde.«

So sah es aus. Darauf wiesen die ersten Spuren hin. Roland hatte die Einbrecher überrascht und so pflichtbewusst gehandelt, wie es seiner Generation entsprach. – Erschlagen mit einem stumpfen Gegenstand.

»Betriebsunfall«, stimmte ich Paul Koslowski zu. Koslowski war mittelgroß und schlank. Eine eher unauffällige Figur. Er stammte aus einem Kaff mit einem unaussprechlichen Namen, war mit einem polnischen Pass nach Westdeutschland gekommen und dann mit Vehemenz Deutscher geworden. Im Revier nannten sie ihn dennoch »den Polen«. Irgendwann hatte Koslowski das als Adelung betrachtet, hatte es nicht nur akzeptiert, sondern war stolz darauf gewesen. Koslowski, der Pole! Das hatte Klang und Gewicht.

»Betriebsunfall« wiederholte ich.

»Was hast du dann hier zu suchen, wenn die Dinge so einfach liegen, Peter Mattek?«

»Jemand hat den Staatsanwalt benachrichtigt, und der hat sich daran erinnert, dass er mich nicht mag. Aus dem Bett geschmissen hat er mich! – Von oben nach unten wird gehackt, Koslowski, wie auf dem Hühnerhof.«

Er schwieg eine Weile. »Wir können hier überhaupt nichts tun«, stellte er dann völlig richtig fest. »Das ist erst einmal Arbeit für die Spurensicherung.«

Ich stieß mich von der Seitenwand des Ganges ab. Bevor ich Koslowski in das Büro der Bauer Import-Export GmbH folgte, warf ich noch einen Blick auf den toten Wachmann namens Franz Roland.

Wie, verdammt, hatte ich nur auf David Pötsch kommen können? Roland war auch im Tod eine eher mickrige Erscheinung. Pötsch hingegen hatte man seine Gefährlichkeit und Dynamik noch mit einer Kugel im Kopf angesehen.

Pötsch!

Jeder hatte sein Lieblingstrauma und seine spezielle Leiche im Keller. Meine war seit drei Jahren David Pötsch. Und seit drei Jahren redete ich mir immer wieder ein, dass er auch dann in die Ewigkeit abgetreten wäre, wenn ich damals pünktlich am alten Pier im Hafen von Casablanca aufgetaucht wäre. Es war, verdammt noch mal, eben seine Zeit gewesen. Drei Jahre, und von Pötschs Killern nicht die geringste Spur! Ein großes, schwarzes Loch in meiner Vergangenheit. Damals hatten sie mir verboten, hineinzutauchen – und ich hatte mich daran gehalten. Aber eines Tages würde der innere Druck so stark werden, dass ich tauchen musste. Und dann ...

»Komisch«, sagte ein Kollege von der Spurensicherung. »Komisch.«

Ich sah auf den ersten Blick nicht, was Komisches an diesem Büro war, das aussah, als hätten die Vandalen in ihm gehaust.

»Die haben hier mit einem Spaten nach verborgenen Schätzen gegraben und das meiste, was sich wirklich einzusacken lohnte, stehen lassen: Schreibmaschine, Computer, Telefax, Anrufbeantworter. Sogar die Portokasse im Schreibtisch. Der ist aufgebrochen, aber darin liegen noch ein teures Feuerzeug, ein goldener Füller und ’ne Schweizer Uhr. Komisch!«

»Das waren Patrioten«, sagte Koslowski.

»Was?«, fragte der Kollege von der Spurensicherung.

»Patrioten«, wiederholte Koslowski. »Die klauen keinen ausländischen Mist. Die greifen nur nach Wertarbeit made in Germany.«

Der Kollege von der Spurensicherung tippte sich mit dem Zeigefinger an den Kopf.

»Wir stehen hier doch nur im Weg herum«, sagte ich zu Koslowski, als er tief Luft holte, um dem Kollegen mitzuteilen, was er von ihm als Polizisten und Deutschen im Allgemeinen hielt. »Komm mit runter.«

Er stolperte hinter mir die Holztreppe hinab, an den beiden Uniformierten vorbei, die wie die Schildwachen rechts und links neben dem Eingang des alten, grauen Blockes standen. Nach Luft schnappend blieb er stehen, als ihn die Kälte wie ein Schlag mit dem Hammer traf.

Ich schlug den Kragen der schwarzen Lederjacke hoch und schob die Hände in die Taschen, damit ich sie später auch noch brauchen konnte. Gegenüber, aus dem Grau der Reihenhäuser herausstechend, zuckte durch die diesige Luft die rote Neonreklame der Kneipe. »Zur letzten Zeche.«

»Was ist das eigentlich für eine Bude, Bauer GmbH?«, fragte ich, als Koslowski und ich an der langen Theke standen und der erste Korn das Innenleben wieder auf eine normalerträgliche Temperatur gebracht hatte.

»Frag mich was Leichteres!«

Ich fragte nicht, schaute mich aber um. Es war zu früh oder schon zu spät, als dass in dieser Kneipe noch viel Betrieb herrschen konnte. Es gab noch drei verlorene Seelen, die ins schal gewordene Bier starrten. Mit deutlichem Ekel in den vom Schnaps glasig gewordenen Augen. Der Rest im Glas war die letzte Klippe vor dem totalen Absturz. Irgendwie hatten die Kerle das begriffen und tranken deshalb nicht weiter.

»Was ist da drüben los?«, fragte der Wirt. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover, der sich über seinem gewaltigen Wanst spannte. Tränensäcke hingen schwer unter seinen Augen. Er hatte das gezwungen gutmütige Gesicht einer Bulldogge, der man mit Chappi-Entzug gedroht hatte, wenn sie noch einmal unaufgefordert knurrte oder ihre stumpfen Zähne in Postbotenbeine setzte.

Was ist dort drüben los? Das war die Pflichtfrage des Wirtes, weil er Koslowski und mich für Polizisten hielt und sein Desinteresse ihn nicht automatisch zu einem Verdächtigen machen sollte.

»Nichts«, sagte Koslowski. »Es wurde, ›nur‹ jemand totgeschlagen.«

»Bei Bauer GmbH?«

Ich nickte und deutete auf die Schnapsgläser. Er sollte sie wieder füllen, damit der Schluckdarm Arbeit hatte, bis das Pils ordnungsgemäß gezapft war.

»Wer?«

»Der Alte von der Wach- und Schließgesellschaft.«

Die Bulldogge kannte Roland. Und die Nachricht von Rolands Ableben brachte ihn so sehr durcheinander, dass er aus Versehen einen doppelten Korn einschenkte.

»Der alte Roland«, sagte die Bulldogge. »Was ist das für ’ne Welt?«

»Frage ich mich auch«, knurrte Koslowski, der Pole.

Die Bulldogge schob uns die Korn zu. Sein Blick ruckte zu den beiden Halbschläfern, die keinen Umsatz mehr brachten. »Pennen und Kotzen könnt ihr zu Hause«, blaffte er. »Hier ist geschlossen, wegen Sterbefall!«

Seine Stimme hatte jenen Unterton, der einen friedliebenden Menschen in Panik versetzen konnte. Die Halbschläfer waren friedliebend. Ganz kurz fegte der Wind eisige Polarluft in die Pinte »Zur letzten Zeche«, dann schlug die Tür klatschend hinter ihnen ins Schloss.

»Ich kannte Roland gut«, sagte die Bulldogge. »Hat bei mir noch einen Deckel von 17,35. Roland rechnete immer Montag ab.«

»Pech für dich«, sagte ich. »Heute ist Samstag. Wir lassen es im Protokoll vermerken, und der Staatsanwalt wird’s als strafverschärfend in seinen Antrag einbeziehen. Man legt keinen um, der noch irgendwo einen offenen Deckel hat.«

Die Bulldogge lächelte matt.

»Ist dir etwas aufgefallen?«, fragte ich ihn.

Er zuckte die Schultern. »Wann?«

»Überhaupt.«

»Nee.«

Die Pils waren fertig. Er brachte sie uns. »Das waren doch Junkies, oder?«

»Im Zweifelsfalle immer«, stimmte Koslowski zu. »Junkies, Polen oder Türken.«

Die Bulldoge grinste. »Wisst ihr, was geschehen müsste?«, fragte er dann.

»Was?«

»Der große Arsch müsste am Himmel erscheinen und das ganze Ruhrgebiet zukacken!«

Er vertrat die Meinung des Volkes, war das Sprachrohr des so genannten kleinen Mannes. Koslowski und ich widersprachen ihm nicht. Wir tranken unser Pils. Vielleicht hatte die Bulldogge Recht. Ich hoffe nur, dass ich, wenn es wirklich geschah, im Lippischen war.

Durch die beschlagenen Scheiben blendeten die Scheinwerferpunkte eines Fahrzeuges. Sie kamen langsam näher. Wenig später waren deutlich die schattenhaften Umrisse einer Jaguarlimousine zu sehen. Ich machte mir nichts aus Jaguars, aber so scheue Tiere tauchten, auch aus Blech gestanzt, so selten in der Gegend auf, dass sie auffielen wie weiße Elefanten. Man interessierte sich automatisch für sie.

»Das ist Bauer«, sagte die Bulldogge hinter der Theke. »Er fährt den einzigen Jaguar im Bezirk.«

»Jemand hat ihn verständigt«, sagte Koslowski uninteressiert. »Ist ja seine Firma, in die eingebrochen wurde. Jetzt erfolgt die Bestandsaufnahme, verbunden mit fieberhaftem Nachdenken darüber, was man der Versicherung zusätzlich noch aus dem Kreuz leiern kann.«

Ich war ans Fenster getreten. Der silbergraue Jaguar fuhr noch langsamer. Er passierte den Eingang des Hauses, den die beiden Uniformierten bewachten, und wurde dann schneller.

»Bist du sicher, dass das Bauer ist?«, fragte ich die Bulldogge.

»Absolut. Der einzige Jaguar im Bezirk. Warum?«

»Zahl du die Zeche, Koslowski!«

»He, Peter! Was ist los?«

Ich stand schon mit einem Fuß in der eisigen Kälte, und der Pole duckte sich unter dem Polarluftstrom, der ihn im Nacken traf.

»Bauer fährt an seinem Betrieb vorbei«, sagte ich. »Wir sehen uns später im Ruhr-Revier.«

Koslowski rief mir etwas nach. Ich verstand ihn nicht. Mein natogrüner Porsche 911 stand unter einer Peitschenleuchte, deren kaltes Licht den Asphalt glitzern ließ. Von dem Jaguar waren nur noch die durch den Dunstschleier scheinenden Schlussleuchten zu sehen.

Irgendwo in meinem Kopf tickte eine Zeitbombe.

Sie brachen in seinen Betrieb ein, legten ihm sogar einen Toten in den Flur, gaben ihm alle Möglichkeiten, die Versicherungen zu bescheißen. Bauer fuhr erst langsam und dann zügig am Ort des Geschehens vorbei. Ohne den Kopf aus dem Fenster gestreckt, ohne eine Frage gestellt zu haben.

Ich nahm das Mikro des Funksprechgerätes aus dem Handschuhfach.

»SK I Mattek an Zentrale.«

»Zentrale für SK I Mattek.«

»Es geht um den Einbruch bei der Firma Bauer in der Heroldstraße. Findet mal heraus, wer Bauer benachrichtigte und wann das war.«

»Moment.«

Ich startete, brachte den Porsche 911 auf die Straße und zündete mir eine Zigarette an. Die Rückleuchten des silbergrauen Jaguars blieben vor mir. An manchen Stellen war die Straße glatt. Bauer wollte sein teures Blech nicht zu Klumpen fahren. Sehr vernünftig. Er machte es mir einfach, an ihm dranzubleiben.

»Zentrale für SK I Mattek.«

»Ja?«

»Die Kollegen wollten Bauer benachrichtigen, konnten ihn aber nicht erreichen. Sie haben’s ein paar Mal versucht und ...«

»Okay. Danke und Ende.«

Das Mikro wanderte ins Handschuhfach zurück. Die Sache stank. So penetrant, dass ich versucht war, das Fenster zu öffnen, damit ich frische, saubere Luft atmen konnte. Die eisige Kälte hielt mich davon ab.

An der Kreuzung Gronaustraße hielt der Jaguar. Die Ampel flackerte nervös Gelb. Ein Relais war kaputt, deshalb die Lichtunterbrechungen. Die Scheinwerfer des Müllautos, das in die Heroldstraße einbog, fingen den Jaguar voll ein.

Bauer war nicht besonders groß und zog nun auch noch den Kopf zwischen die Schultern. Fröstelnd, oder er wollte nicht gesehen werden? Dann fuhr er weiter.

Ich ließ den Müllwagen passieren, auf dessen hinterer Plattform drei vermummte Gestalten standen. Trotz der dicken Kleidung, in die sie gehüllt waren, froren sie erbärmlich und hatten mit den Polarhandschuhen sichtlich Mühe, sich an den Griffen zu halten. Ein Scheißjob. Genau wie der von Roland, dem Wachmann.

Bauer fuhr schneller. Die Straße war frei, Polizeikontrollen gab es um diese Zeit kaum. Ich hatte das Licht ausgeschaltet, damit er mich nicht hinter sich entdeckte. Die Sichtverhältnisse wurden durch den Dunst, der sich über dem Asphalt ballte, immer schlechter. Ich saß weit über dem Steuer, nach vorn gebeugt. Meine Nase berührte fast die Windschutzscheibe, und der heiße Atem ließ sie beschlagen. Die einzigen Orientierungspunkte waren die blassroten Rückleuchten des Jaguars vor mir.

Thyssen Engineering Werk I tauchte auf der linken Seite auf. Umschlossen von Weißenburger-, Günter-, Eisenbacher-, Insel- und Körnebachstraße. Im Lichtkreis der Laternen ragten die Werkshallen drohend in den Himmel auf. Wasserdampf zog hell und fauchend zu den Sternen.

Bauers Fahrt wurde wieder langsamer. Er musste sich orientieren, oder er hatte mich hinter sich bemerkt. Beides war möglich. Ich tippte darauf, dass er sich nicht zurechtfand. Es war keine Gegend, der Männer seines Standes regelmäßig einen Besuch abstatteten. Das hier war ein Blauer-Anton-Bezirk, ein Arbeiterviertel.

Zweimal bog er zögernd ab. Von der Saarbrückerin die Schwanenstraße, fuhr an der Vollzugsanstalt vorbei und schaffte die Abzweigung Bremerstraße im letzten Moment. Dort glühten die blassroten Rücklichter plötzlich auf.

Ich hielt neben dem Eingangstor zum Knast. Es war eine hohe, grau gestrichene Eisentür. Koslowski behauptete, es würde die Tür in dieser Form nicht mehr lange geben. Es würde eine Drehtür daraus werden, damit die Ganoven, die wir mit Mühe reinbrachten, erst gar keinen großen Umweg über die Zellen machen mussten, sondern man sie gleich wieder aus dem Knast rausdrehen konnte.

Ecke Lippestraße stand die Telefonzelle, auf die Bauer zusteuerte. Zum ersten Mal sah ich mehr von ihm. Er war an die 1,70 und trug einen schwarzen Pelzmantel, der ihn breiter aussehen ließ, als er es in Wirklichkeit war. Er hatte den Kragen hochgestellt und sich den Hut tief in die Stirn gezogen. Die Eisen unter seinen Absätzen klackten über den Asphalt. Er trug Schuhe, in denen man unmöglich leise auftreten konnte. Das war in dieser Gegend, gegenüber dem Güterbahnhof Dortmund Ost, auch nicht notwendig. Im Sommer standen die Penner hier Schlange, um einen Schlafplatz in den abgestellten Waggons zu bekommen. Aber jetzt, wo die Quecksilbersäule auf unter 15 Grad minus gesunken war, hatten sich selbst die Ratten aus den Abfallcontainern verzogen.

Die Innenbeleuchtung der Telefonzelle flackerte. Ich sah in Intervallen das rundliche, gemütliche Gesicht von Bauer. Er suchte nach Kleingeld, fand es und fütterte den Kasten. Auch mit dem Fernglas konnte ich nicht sehen, welche Nummer er eintippte. Er verdeckte die Tastatur mit dem Körper. Dafür sah ich sein Gesicht im Profil und die Aufregung, die sich darauf abzeichnete. Er sprach schnell, etwas hektisch, trommelte die Worte wie ein Maschinengewehr in den Hörer und ließ seinen Gesprächspartner, so hatte es den Anschein, nicht zu Wort kommen. Bauer schien ein Mann zu sein, der es gewohnt war, Anweisungen zu geben.

Zwei, höchstens drei Minuten verstrichen, dann verließ er die Kabine wieder. Ich erwartete, dass er in seinen Jaguar stieg, aber er tat es nicht. Er blieb neben dem Fahrzeug stehen und schaute sich lauernd in alle Richtungen um.

Er konnte mich nicht sehen. Der Porsche war nicht von ungefähr natogrün lackiert, sondern mit Absicht. Wenn man hinter dieser Farbe Tanks verstecken konnte, dann erst recht einen Pkw.

Bauer drehte sich herum, schloss den Jaguar ab und marschierte auf das Gelände des Güterbahnhofs. Er duckte sich unter einer rotweißen Schranke hindurch und lief quer über die Gleise, auf die abgestellten Waggons zu.

Ich folgte ihm. Als ich die Schranke erreichte, hatte ich ihn aus den Augen verloren. Fluchend tauchte ich unter dem Hindernis hinweg, stolperte über die Gleise, rutschte auf dem Schotter aus und erreichte schließlich ohne Knochenbruch den ersten Waggon. Dort blieb ich stehen und lauschte in die Stille. Das einzige Geräusch verursachte der Wind, der aus dem Osten blies und sich pfeifend an den scharfen Kanten der Waggons fing. Drüben, an der Kaiserstraße, stach das Iduna-Hochhaus wie ein mahnender Finger in den dunklen Himmel, aus dem bald Schnee fallen musste, wenn die Wetterfrösche die Nation nicht schon wieder belogen hatten.

Komm, Bauer zeig dich!

Ich wartete. Zwei Minuten, und noch eine. Dann drehte ich mich um den Waggon herum. Die nächsten drei Gleise waren leer, dann wieder eine Kette von Waggons. Durch sie hindurch war das rote Backsteingebäude eines ehemaligen Stellwerks zu sehen.