14,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 18,99 €
"Es ist so bequem, unmündig zu sein." Josef Kraus macht das berühmte Kant-Zitat zum Leitmotiv einer provokanten Anleitung zum Selberdenken. Er identifiziert die diversen "Ismen" und quasi-religiösen Anti-Bewegungen als Faktoren, die die deutsche Mentalität heute prägen. Die Folgen sind ein deutscher "Auto-Rassismus"und eine "Vollkasko-Bemutterung" durch den Staat und die Medien. Letztendlich schleust uns all dies in politisch korrekte Meinungskorridore und führt zur Enteignung der Sprache und des Denkens. Eine schonungslose Analyse des deutschen Untertanengeistes – für alle, die es sich nicht in der Dekadenz gemütlich machen wollen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 418
»Untertanentreue ist ein so schönes Gefühl!
Und es ist ein so wahrhaft deutsches Gefühl!«
(Heinrich Heine, »Harzreise« 1824/26)
»Tief wurzelt der Knecht im Deutschen.«
(Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel in der »Weltbühne« vom 14.4.1925)
»Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen unmündig bleibt. Es ist so bequem, unmündig zu sein.«
(Immanuel Kant, »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« von 1784)
Josef Kraus
Der deutsche Untertan
Vom Verlust des Denkens
Mit dem Urteil vom 12.05.1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite gegebenenfalls mit zu verantworten hat. Dies kann, so das Landgericht, nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Wir haben in diesem E-Book Links zu anderen Seiten im World Wide Web gelegt. Für alle diese Links gilt: Wir erklären ausdrücklich, dass wir keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten haben. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten in diesem E-Book und machen uns diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle in diesem E-Book angezeigten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen Links führen.“
© 2023 LMV, ein Imprint der Langen Müller Verlag GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Sabine Schröder
Umschlagmotiv: iStock
Satz und E-Book Konvertierung: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-7844-8392-4
www.langenmueller.de
Inhalt
Vorwort zur Ausgabe 2023: Ruhe – immer noch des deutschen Michels erste Bürgerpflicht?
Ein literarisch-philosophisch-politisch-psychologisches Vorwort
Teil I: Der brave Deutsche
1. Die Deutschen – untertan oder einfach nur unausgegoren?
2. Nationalallergie und Autophobie
3. Deutsche Neurosen – ein Fall für die Couch?
Teil II: Alte und neue linke Autoritarismen
4. Das gefühlige neue Gouvernantentum
5. Der »Kampf gegen Rechts«: Antifaschismus
6. Zweierlei Maß: Antirassismus
7. Schöne eine Welt: Globalismus, Universalismus, Kosmopolitismus, Europäismus
8. Die »edle Lüge«: Multikulturalismus
9. Von der Nächsten- zur Fernstenliebe: Humanitarismus und Moralismus
10. Militant friedlich: Pazifismus
11. Der rosa Marxismus: Genderismus
12. Der Basis-Ismus: Egalitarismus
13. Die stillgelegte Gesellschaft: Neue Autoritarismen durch Klima und Corona?
14. Linke Autoritarismen als Ersatzreligionen
15. Islamophilismus – Die Lust an tausendundeiner Unterwerfung
Teil III: Das Arsenal des Gefügigmachens
16. Die Diktate der Political Correctness
17. Gott* und Professx: Linke Sprachbarbareien
18. Methoden der Umerziehung: Nudge und NLP
19. Auf dem Scheiterhaufen: Cancel Culture
20. Gute und böse Ängste: Phobokratie
21. Von Judas bis Käßmann: Denunziation
Teil IV: Die Akteure des Untertanengeistes
22. Kirchen und Glaubensgemeinschaften zwischen Thron und Altar
23. Transmissionsriemen der Regierenden: Die Apportiermedien
24. Dem Zeitgeist unterworfen: Akklamationswissenschaften
25. »Links schwenkt, Marsch!«: Das Autokratie-System Merkel
Teil V: Immunisierung gegen Obrigkeitsgehabe und Untertanengeist
26. Freiheit und Eigenverantwortung!
27. Rationalität statt Haltung und Hypertoleranz!
28. Wir brauchen gebildete Eliten!
29. Wir brauchen konservative Intellektuelle!
30. Bildung! Bildung! Geschichte! Geschichte!
Nachwort: Vom Untertan zum Drachenbezwinger – Bürger, holt Euch Eure Souveränität zurück!
Danksagung
Anmerkungen
Vorwort zur Ausgabe 2023: Ruhe – immer noch des deutschen Michels erste Bürgerpflicht?
Seit Juli 2021, der Erstauflage dieses Buches, der unmittelbar drei weitere Auflagen folgten, sind mehr als zwei Jahre weitreichender Veränderungen innerhalb und außerhalb Deutschlands vergangen. Verlag und Autor haben sich deshalb entschlossen, das Buch mit einem aktualisierenden Vorwort, ansonsten unverändert, herauszugeben. Unverändert deshalb, weil die „Untertanen“-Analysen des Jahres 2021 weiterhin gelten. Eine der Kernaussagen war: Der deutsche Michel lässt das Umkrempeln seines Landes schafsgeduldig über sich ergehen.
Was man im Sommer 2021 befürchten musste, hat sich mehr als bewahrheitet: Deutschland steigt (politisch und medial inszeniert) weiter ab: als Wirtschaftsnation, als Wissenschafts- und Bildungsnation, als Kulturnation, als (vormalige) Nation der großen Dichter, Denker, Erfinder, Naturwissenschaftler, Pädagogen, Ingenieure, Mediziner, als verlässlicher und zugleich selbstbewusster Partner in Europa, in der Nato und in der Welt.
Was großspurig als zukunftweisende Transformation Deutschlands daherkommt, ist nichts anderes als Deindustrialisierung, Deformation, Dekonstruktion, Destruktion. Steht ein Morgenthauplan 2.0 an? In der Folge wandern immer mehr junge, qualifizierte Deutsche aus, immer mehr deutsche Firmen inkl. Automobilindustrie investieren im Ausland. Krankenhäuser sind hoch verschuldet und müssen geschlossen werden. Die In-frastruktur (Straßen, Brücken, Bahnstrecken, Schulgebäude) ist marode. In der vormaligen „Apotheke der Welt“ fehlen Medikamente. Der Wohnungsbau stagniert, von den jährlich versprochenen 400 000 neuen Wohnungen wurde nicht einmal die Hälfte realisiert.
Zu Deutschland 2023 gehört auch, dass Putin die Ukraine ab 21. Februar 2022 gegen alles Völker- und Kriegsrecht terrorisiert und man in Deutschland gemäß Hufeisentheorie von ganz rechts und von ganz links einmütig von diplomatischen Lösungen träumt; dass der Bundeswehr im Verteidigungsfall Munition gerade eben für drei Tage reicht; dass die Bundeswehr mit 100 Milliarden „Sondervermögen“ (Sonderschulden) aufgepeppt werden soll, diese Summe wegen Zinslasten und Inflation aber bald nur noch 70 bis 80 Milliarden wert ist und dass wohl die Hälfte dieser Summe nicht der deutschen Rüstungsindustrie zugutekommt.
Ein Land voller Paradoxien
Das real existierende Deutschland ist zu einem Land voller Paradoxien geworden. Die Staatsverschuldung steigt ins Unermessliche, im Jahr 2022 betrug der Schuldenstand 2,368 Billionen Euro, das ist 2 368 000-mal 1 Million und damit fast zwei Drittel des Jahres-Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,876 Billionen im Jahr 2022. Parallel dazu zerbröseln die sozialen Sicherungssysteme. Man jammert über einen Fachkräftemangel, der angeblich die Zuwanderung von bis zu einer Million Menschen pro Jahr erfordere. Zugleich diskutiert man ernsthaft die Einführung einer Viertagewoche und merkt gar nicht, dass man damit bis zu 20 Prozent Arbeitskraft vernichtet.
Der Einsatz für Ehe, Familie und Kinder verkommt zum Lippenbekenntnis, zumal gleichzeitig die Streichung der Witwenrente und des Ehegattensplittings diskutiert wird. Millionen und Abermillionen fließen in die weite Welt hinaus, nicht selten in korrupte Systeme. Aber wenn im Ahrtal und im benachbarten Erfttal in der Nacht vom 14./15. Juli 2021 in einer Flut 189 Menschen umkommen und samt Infrastruktur Hunderte von Häusern und Betrieben kaputtgehen, dann dauert die rein materielle Aufarbeitung wohl ein Jahrzehnt. Das Land Rheinland-Pfalz beispielsweise nimmt für 2023 ganze 11 Millionen für die Beseitigung von Schäden in die Hand, während die Hansestadt Hamburg allein im März 2023 für 6500 Flüchtlinge insgesamt 14 Millionen Euro für Hotelunterbringung zu schultern hatte.
Deutschlands angeblich entscheidender Beitrag zur Verwirklichung von „One-World“-Visionen inkl. Rettung des Weltklimas und Bewältigung weltweiter Migrationsströme ist angesagt. Finanziert aus dem Geldbeutel und den Konten des deutschen Michels. Aber es ist nichts anderes als Selbstaufgabe, immer häufiger orchestriert von UNO, WHO und Co. nichts anderes als Unterwerfung unter die Visionen eines globalen Milliardärssozialismus, dem es – ausgestattet mit Stiftungs-Milliarden, ja -Billionen – als „woker“ Kapitalismus um die Etablierung eines Überstaates und die Preisgabe nationaler Souveränitäten geht.
All dies gelingt, weil die (noch national) Regierenden mit Verdummung qua sog. Bildung und Alt-Medien sowie mit Angstmachen (etwa einer nie evaluierten rigorosen Corona- und „Klima“-Politik) hochwirksame Regierungs- und „Erziehungs“-Mittel einsetzen. Konkret: Corona und der angeblich großteils „anthropogen“ bedingte Klimawandel werden instrumentalisiert, um, mit Blick auf „nur eine Welt, die wir haben“, Verbote über Verbote, Zwänge über Zwänge zu etablieren.
Und die Folge? Der Staat sieht sich nicht mehr als originärer Garant, sondern als argwöhnischer Begrenzer von Freiheiten bis ins Totale (Totalitäre?). „Cancel Culture“ ist angesagt. Schier alltäglich. Ein Heilbronner Konditor, der Faschingskrapfen mit „indigenen“ Köpfen ziert, wird im Februar 2023 von einer kommunalen Stelle ermahnt. Winnetou muss wegen Verbots von „Cultural Appropriation“ nun definitiv sterben; eine Tanzgruppe von Rentnerinnen, die bei der Bundesgartenschau im April 2023 mit Sombreros auftritt, ist ebenfalls wegen „Cultural Appropriation“ unerwünscht.
Nun hat der deutsche Michel Ende 2021 ein solches System nolens volens bestätigt und mit der „Ampel“ mit knapper Mehrheit eine Gouvernanten-Regierung gewählt. „Gouvernante“ in dem Sinne, wie man sich diesen früheren, durchaus ehrenwerten Beruf im negativen Klischee vorstellt: spießig, besserwisserisch, belehrend, endlos tadelnd, verbietend, immer nur das – vermeintlich – Beste wollend.
Die „Ampel“: Alle Lichter stehen auf Geisterfahrt
Nun gut, man war von 16 Jahren Merkel einiges gewöhnt: Griechenland-/Euro-Rettung, Abschaltung der Atomkraftwerke, Abhängigkeit von russischem Gas, Kür von ungeeigneten Bundespräsidenten, Grenzöffnung, Eingriff in die Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten, usw. Siehe das Merkel-Kapitel in diesem Buch. Die „Ampel“ hat Merkels Politik fortgeführt sowie ideologisch und personell getoppt. „Ampel“ samt „Ampel“-Apparat selbst ist ein aufgeblähter Verein, mit einem SPD-Kanzler an der Spitze, der getönt hatte: „Wer Führung bestellt, bekommt sie.“ Aber wahrscheinlich kann er sich an diesen Satz wie an so manch anderes (siehe „Warburg“, „Cum-Ex“) nicht erinnern.
Ansonsten lässt er seinen Ressort-Ideologen ihre Spielwiesen. Das Raumschiff namens Kanzleramt soll übrigens für 800 Millionen Euro erweitert werden, angeleiert noch vor 2021. Dazu kommen 16 Bundesminister: 7-mal SPD, 5-mal Grüne, 4-mal FDP; nicht mitgerechnet sind 7 Staatsminister, 37 Parlamentarische und 34 beamtete Staatssekretäre, 43 „Beauftragte“. Obendrauf bzw. darunter 5300 neue Stellen, davon 168 in B3-Besoldung aufwärts. Man hat ja Gefolgsleute zu versorgen.
Mit den eigenen moralisierenden Ansprüchen ist es nicht weit her. In puncto Transparenz und CO2-Neutralität wollte man Vorbild sein. Aber getreu dem lateinischen Spruch „Quod licet iovi, non licet bovi“ („Was dem Göttervater Jupiter erlaubt ist, ist dem Rindvieh noch lange nicht erlaubt“) schert man sich nicht um die eigenen Sprüche. Scheinheilige mit Heiligenscheinen eben! Nur zwei Beispiele von zahllosen: In ein und derselben Woche reisen Juli 2023 zwei Bundesminister (Habeck und Heil) getrennt (!) in zwei Jets der Luftwaffe (A350 und Global) nach Indien. Kosten, wenn dies Charterflüge wären: 750 000 Euro. Oder: Derselbe Habeck, nach wie vor Lichtgestalt für die Öffentlich-Rechtlichen, kriegt kein Gesetz ordentlich hin, doch sein Ministerium besetzt er mit Lobbyisten, die obendrein untereinander verwandtschaftlich verbunden sind.
Dann sind aber doch zwei Ministerinnen abhandengekommen: eine Familienministerin Anne Spiegel (Grüne; wegen ihres Versagens als Landesumweltministerin bei der Ahrtal-Flutkatastrophe) und eine Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD; wegen tagtäglich demonstrierter Überforderung). Geblieben sind als Kanzler-Vize ein (Vettern-)Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Talkshow-Immobilie Karl Lauterbach (SPD); eine auf dem linken Auge blinde, von Katar bis Berlin gerne in Regenbogenfarben auftretende Laisser-faire-Migrations- und Asylministerin Nancy Faeser (SPD); ein Vegan-Minister Cem Özdemir (Grüne); dazu inklusive Finanzminister ein paar Minister aus der (vormals?) liberalen FDP und andere relativ namenlose Flugbereitschaftsberechtigte mehr.
Halt, ein grünes Mitglied des Ampel-Kabinetts sticht weltweit heraus – repräsentativ für die Ex-Bildungsnation und für die Yellow Press: Ex-Kanzlerkandidatin und Chefdiplomatin Annalena Baerbock. Was sie an sprachlichen, historischen und politischen Salti hinlegt, optisch unterstützt von einer monatlich 7500 Euro teuren Star-Visagistin, ist Legion. Diplomaten, also distinguierte Leute, würden sich niemals Blondinenwitze erzählen. Jetzt aber erzählen sie sich Baerbockwitze.
Assistiert wird diese Polit-„Elite“ etwa von einer Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman, Ziehkind von Ex-CDU-Kanzlerkandidat Laschet, die keine Probleme hat, wenn Deutsche als „Kartoffel“ bezeichnet werden; von einem grünen Staatssekretär und „Queer-Beauftragten“ Lehmann, der meint: „Kein Arzt kann von außen feststellen, welches Geschlecht ein Mensch hat“; von einer vormals führenden Greenpeace-Aktivistin und USA-Bürgerin namens Jennifer Morgan, die ratzfatz „Deutsche“ wird, um zur Staatssekretärin im Außenministerium aufsteigen zu können.
Das Parlament, eigentlich Repräsentant des Volkssouveräns, macht sich selbst sukzessive überflüssig. Zum Beispiel beruft es im Juli 2023 einen 160-köpfigen „Bürgerrat“ (zunächst für Ernährung). Übrigens: Das kommt einer Sowjetisierung der Republik gleich, siehe das russische Wort „sowjet“ (= Rat). Wieder ein Beispiel dafür, dass Gewaltenteilung nicht mehr funktioniert, weil sich alle fünf „Gewalten“ gegenseitig protegieren: Legislative, Exekutive, Judikative, Medien, NGOs – dazu nun noch mehr „Räte“.
Verliebt in die Apokalypse: Klima, Klima über alles!
Das Klima, respektive der in der Erdgeschichte gewiss nicht erste Klimawandel, ist die neue Religion, ja die neue Staats- und Medienräson, sozusagen der/die/das neue Allmächtige. Wer das anders sieht, gilt als Klimaleugner, demnächst wohl als Wärmepumpenverweigerer, der in der ach so einmaligen Hitze des Sommers 2023 wie in der Hölle schmoren soll. Klima, Klima über alles! Es ist schuld an der Flutkatastrophe im Juli 2021 im Ahrtal, am angeblichen Austrocknen des Gardasees, an der „Partystimmung“ im Sommer 2022 in der Innenstadt Stuttgarts, an den Multikulti-Keilereien in Schwimmbädern in Berlin, Essen, Düsseldorf usw.
Des deutschen Michels heroischer Kampf gegen den Klimawandel ist zugleich endlich mal wieder etwas, an dem die Welt genesen kann. Angeblich! Denn Deutschland bläst einen CO2-Anteil von schrecklichen 1,8 Prozent in die Luft (China übrigens 31 Prozent, die USA 13 Prozent). Das heißt bei einem CO2-Anteil an der Luft von 0,04 Prozent: Würde in Deutschland urplötzlich alles menschliche und tierische Leben ersterben, dann würde dies den CO2-Anteil an der Luft um 0,00008 Prozent auf dann 0,03992 senken.
Derweil schaltet Deutschland im April 2023 auch die letzten drei, hochfunktionsfähigen und CO2-neutralen Atomkraftwerke ab und importiert Kohle aus Kolumbien. Weltweit werden währenddessen 53 neue AKW gebaut. Aber die deutschen Medien „wissen“ zum 12. Jahrestag der Fukushima-Katastrophe von 2011, dass dort 11 000 Menschen durch den Reaktorunfall zu Tode kamen. Nein – ein (in Ziffern: 1) Mensch kam durch Verstrahlung zu Tode, die anderen ertranken oder wurden von den Fluten zerschmettert. Derweil reaktiviert Japan seine AKW.
Naturschutz oder gar Erhalt von Kulturlandschaften sind indes „out“: Wälder, Wiesen, Insekten, Greifvögel werden der Energiewende geopfert, in Naturschutzgebieten etwa vor Rügen sollen Gas-Terminals gebaut werden. Aus Kolumbien holt man Hundertausende Tonnen Kohle, um sie – CO2-neutral? – zu verfeuern. Man importiert Atomstrom aus Frankreich und Tschechien. E-Autos und Wärmepumpen sind angesagt und werden subventioniert, die Nachfrage aber nach E-Autos und Wärmepumpen stagniert nach einem ersten „Hype“. Die eines Tages fällige Entsorgung der Windräder, der Solarpanels und der E-Auto-Akkus wird den nächsten Generationen überlassen. Aber die „Letzte Generation“ der „Klimakleber“ und gelegentlichen Bali-Flieger wird politisch, medial und gerichtlich gepampert; sie darf keineswegs als kriminell gelten. Währenddessen profiliert sich ein niedersächsischer „grüner“ Umweltminister namens Christian Meyer mit der Forderung eines Anbauverbots von Erdbeeren und Tomaten: wegen angeblichen Wassermangels aufgrund des Klimawandels.
Alles „Gender“ und „Trans“ – oder was?
Die „Gender“- und „Trans“-Ideologie ist zur anderen quasireligiösen neuen Staats-, Medien- und Gesellschaftsräson geworden: Die Genderisten spielen sich als Schöpfer eines neuen Menschen auf. Der neue Gender-/Trans-Mensch wird kreiert, seine Sprache dieser Homunculus-Kreation unterworfen. Ein „Selbstbestimmungsgesetz“ soll alles richten, demzufolge man jährlich Geschlechts- und Namenseintrag im Standesamt ändern kann, demzufolge es bei Androhung von 10 000 Euro Strafe verboten ist, eine Transperson mit ihrem früheren Vornamen („deadnaming“) anzusprechen, und mit dem auch Kriminelle ihre Identität durchaus verschleiern können.
Dazu dann Schreibweisen wie „Bürger*/_:Innen“: Das Volk, dem die Sprache ja eigentlich gehört, sieht all diesen pseudo-avantgardistischen Humbug mit Anteilen von bis zu 80 Prozent sehr skeptisch oder lehnt ihn komplett ab, selbst der Rechtschreibrat hält nichts von Sternchen und Co. Sachsens CDU-geführte Landesregierung untersagt diese Sprachverhunzung für Verwaltung und Schulen, aber ARD und ZDF halten am schriftlichen (und phonetisch Logopädie erfordernden) Genderstern fest. Baden-Württembergs Kultusministerin stellt den Schulen die Verwendung der Gendersprache frei, die Landtage in Mainz und Stuttgart lehnen auch mit den Stimmen der CDU ein Verbot der Gendersprache in Verwaltung und Schule ab. „Mutter“ wird im ARD-Hauptstadtstudio zur „entbindenden Person“, ohne dass die Urheberinnen dieses Sprachschrotts von ihren Aufgaben entbunden werden.
Zugleich säumen, angeführt von Politikern fast jeder Couleur, Hundertausende die Christopher-Street-Day-Demos. Die Stadt Stuttgart installiert in Männertoiletten des Rathauses und der Bürgerbüros Automaten für Tampons und Monatsbinden. In Detmold kann man bei der Anmeldung eines Bello/Hasso zur Hundesteuer neben „männlich“ und „weiblich“ auch „divers“ angeben. „LGBTQIA+“-Aktivisten und -Comedians sowie Dragqueens treten in Kindergärten und Schulen auf.
Die Biologin Marie Vollbrecht möchte Anfang Juli 2022 an der Humboldt-Universität Berlin im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaft“ einen Vortrag über „Zweigeschlechtlichkeit“ halten; der Vortrag wird quasi als queer-feindlich abgesagt und erst viel später nachgeholt. Die Professuren für Gender – und hinter anderen Namen versteckt – schießen wie Pilze aus dem Boden. Es sind mindestens 250; Professuren für Pharmazie gibt es weniger. Die „Elite“ der Balltreter scheitert Ende 2022 in Katar wie schon bei der WM 2018 bereits mit der Vorrunde, macht aber – auf der Tribüne assistiert von der Bundesinnenministerin – auf „Regenbogen“-Moral. Die Kirchen rollen der Queer-Lobby den roten Teppich aus; ein evangelischer Pfarrer predigt zum Abschluss des Evangelischen Kirchentages 2023: „Gott ist queer“. Man fragt sich spontan, was eigentlich noch der Unterschied ist zwischen „grünen“ Parteitagen und Kirchentagen.
Deutschland – ein mehrfach gespaltenes Land
In den Jahren 2022 und 2023 kommen mehr „Zuwanderer“ ins Land als 2015/2016. Das Land zerfasert in Parallelgesellschaften, Parallelkulturen, Parallelsprachen. Das Volk wurde nie gefragt, ob es das will. Derweil braucht man für die Schlichtung der Keilereien zwischen migrantischen Clans offenbar islamische „Friedensrichter“. Es vergeht auch kaum ein Tag, an dem es nicht Messerattacken, Messermorde und Gruppenvergewaltigungen gibt. Deutschlands Außengrenzen sind offen wie Scheunentore, aber beim Besuch mancher Schwimmbäder muss man sich ausweisen. Frauen dürfen jetzt in vielen Bädern „oben ohne“ gehen, wenn sie denn Belästigungen riskieren wollen.
Ein muslimischer Gastautor hält in einer großen süddeutschen Zeitung das öffentliche Schlecken von Eis für unzumutbar, weil leicht erregbare Zuwanderer dies mit Fellatio (Fachbegriff: „Blowjob“) assoziieren könnten. Die Lust der Deutschen auf Waldspaziergang gilt als rassistisch, weil PoCs (people of color) Wald nicht kennen und Angst davor haben. In Berlin-Wedding müssen 110 Senioren das Altenpflegeheim einer evangelischen Kirchenstiftung verlassen, um Platz zu schaffen für „Geflüchtete“, die sich für den Träger offenbar besser „rechnen“. In immer mehr deutschen Städten ertönt der Muezzin-Ruf, aber es wird darüber diskutiert, ob Gipfelkreuze noch zeitgemäß seien. Zu den bestehenden 2800 Moscheen werden weitere 200 gebaut, oft finanziert aus der Türkei, Katar und Saudi-Arabien. „1001 Unterwerfung“ haben wir es im Buch schon genannt. Wird es bald noch mehr?
Gespalten ist das Land hinsichtlich seiner politischen Ausrichtung. Einer Front von betont „woken“ Parteien und Wählern steht – hinter der berühmten „Brandmauer“ kaum noch kaschierbar – eine Millionenschar an realen oder potenziellen Wählern der AfD, an ostentativen oder auch bequemen Nichtwählern und an Migranten ins Innere, ins Private gegenüber. Spalter sind am Werk. Staatliche, halbstaatliche, kommunale und mediale Tribunal-Meldestellen fördern diese Spaltung. Nur ein Beispiel: Die bereits in der Merkel-Zeit mit Millionen Euro Steuergeldern gepamperte „Amadeu-Antonio-Stiftung“ (AAS) richtete im Auftrag des „grün“ geführten Familienministeriums ein Denunziationsportal als angeblich „innovatives Instrument im Kampf gegen Frauenfeindlichkeit“ ein. Man weiß, dass die AAS bis 2022 von einer Anetta Kahane, Stasi-Deckname „Viktoria“, geleitet worden war. Gelernt ist eben gelernt. Werden wir jetzt die Deutsche Denunzianten-Republik (DDR 2.0)?
Meinungsmanipulation versus Meinungsfreiheit
Die öffentlich-rechtliche, weltweit teuerste Monokultur von neun ARD-Anstalten plus ZDF plus DLF mit ihren insgesamt 21 Fernseh- und 74 Hörfunk-Programmen macht sich im Verein mit gewissen Traditionsblättern aus München und Hamburg zu Transmissionsriemen der Regierenden. „Greenwashing“ bzw. „Reeducation“ 2.0/3.0/4.0 sind angesagt. Aber wären es nur die „Öffentlich-Rechtlichen“! Auch Facebook, Youtube und Co. schränken brav regierungstreu die Reichweite von vermeintlich „Rechten“ ein. Die alltägliche öffentlich-rechtliche Gehirnwäsche spült den Betreibern per anno 8,4 zwangsweise eingetriebene Milliarden (genannt „Demokratieabgabe“, treffender Demagogieabgabe?) in die Kasse, das sind täglich 23 Millionen Euro. Mit dieser gigantischen Summe wird – siehe RBB – eine Vetternbonzokratie mit üppigsten Gehältern und Pensionen betrieben. Vom „Haltungsjournalismus“ ganz zu schweigen.
Aber das scheint den Mediengewaltigen nicht zu reichen. Statt der monatlichen Zwangszahlung von 18,36 Euro je Zahler arbeitet man auf 25 Euro hin. Zugleich ist „Rent a Journalist“ angesagt: Die Bundesregierung gab seit 2017 2,3 Millionen aus, um 200 Journalisten, mehrheitlich aus dem ÖRR, für „Moderations“-Aufgaben anzuheuern. Die „öffentlich-rechtlichen“ Quassel-Talkshows sind zugleich hinsichtlich parteipolitischer Provenienz der Gäste keinerlei Abbild des Wahlvolks mehr. Und eine vermeintliche ZDF-Satire-Sendung eines Jan Böhmermann mit Hang zur Gosse verkommt zur Denunziationsplattform, ohne dass dies den ZDF-Intendanten Himmler, den ZDF-Verwaltungsrat oder den ZDF-Fernsehrat stört. Scheinheilig macht man dann auf „Follow the Science“ (im Singular!), präsentiert klimabewegte „Wetterfrösche“, einen Arzt-Comedian mit stets umgehängtem Stethoskop, einen professoralen Kosmos-Alleserklärer und andere mehr. Unterlegt – und zusätzlich finanziert – wird das Ganze mit Werbung im „Regenbogen“-Modus und selbst bei teuersten PKW-Modellen mit PoC-„Models“.
Bildungsnation im freien Fall
Der Begriff „Bildungsnation“ ist heutzutage nur noch mit dem Attribut „vormalige“ vertretbar, weil sich diese Nation im freien Fall befindet: in Schule, Hochschule, beruflicher Bildung, Forschung. Man schwadroniert über Fachkräftemangel und vergisst dabei, dass der qua Absenkung der Bildungsansprüche zu erheblichen Teilen hausgemacht ist und vor allem in den luftigen Höhen der Politik und der Mainstream-Medien zu finden ist. Die Noten werden immer besser, eine Eins vor der Note des Abiturzeugnisses ist fast schon Standard. Akademisierung ist bloße Pseudoakademisierung. Abitur kann man heute „machen“, etwa 2023 in Niedersachsen, indem man – am besten affirmativ – den ZEIT-Text der deutschen Klima-Ikone Neubauer in einer schriftlichen Abiturprüfung „interpretiert“.
Zugleich wird der hochrenommierte Historiker Egon Flaig im Juli 2023 von der Universität Erlangen ausgeladen, weil er als „rechts“ gilt, vermutlich weil er in seiner „Weltgeschichte der Sklaverei“ nachgewiesen hatte, dass der größte und am längsten währende Sklavenhandel von Arabern ausging und ausgeht. Ansonsten gilt in Sachen Bildung: Was nicht alle können, darf keiner können. Dieses Prinzip reicht bis hinein in die „neuen“ Bundesjugendspiele. Dort wird Leistung zukünftig von der Grundschule an nicht mehr in Sekunden oder Zentimetern gemessen. Denn es könnte ja Frustrierte geben, und das wäre anti-inklusiv.
Wo sind die Bürgerlichen?
Und die CDU, die Partei der Ex-Kanzlerin? Zusammen mit der CSU fuhr sie bei der Bundestagswahl 2021 das miserabelste Ergebnis seit Bestehen der Republik ein: 24,1 Prozent. Oder noch härter gerechnet: 18,9 Prozent gaben der CDU in 15 Bundesländern ihre Stimme, der Söder-CSU auf den Bund berechnet 5,2 Prozent, allein auf Bayern bezogen 31,7 Prozent. 24,1 Prozent insgesamt – das sind – wegen der vielen Nichtwähler – 18,5 Prozent der Wahlberechtigten. Es war dies eine Klatsche für die Ex-Kanzlerin und „ihren“ Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Gleichwohl stellen die Merkelianer in der CDU nach wie vor einen Machtfaktor dar. Neu-Parteichef Friedrich Merz weiß die Partei nicht komplett hinter sich. Zugleich holt sich die CDU samt CSU eine blutige Nase an der von ihr selbst errichteten „Brandmauer“ gegen die AfD und damit gegen Hunderttausende dorthin abgewanderte CDU-Wähler. Derweil wird Merkel schier hagiografisch mit höchsten Orden der Republik sowie der Länder NRW und Bayern behängt.
Die Wahlen der Jahre 2021 und 2022 waren jedenfalls keine erfolgreichen Wahlen für die (vormals) Bürgerlichen. Im Bundestag mussten CDU/CSU Ende 2021 in die Opposition, in Mecklenburg-Vorpommern erging es der CDU zum gleichen Zeitpunkt ebenso. 2022 flogen die Christdemokraten außerdem aus den Landesregierungen im Saarland und in Niedersachsen. Dass die CDU in Schleswig-Holstein und in NRW jeweils eine grün-grüne (pardon: schwarz-grüne) Koalition anzuführen meint? Naja! Und dass es 17 Monate nach dem ersten chaotischen Wahldurchgang vom September 2021 mit der Wiederholungswahl im Februar 2023 im Land Berlin mal wieder zu einem „Regierenden“ von der CDU reichte, sagt auch nichts. Die Berliner Stadtpolitik bleibt, wie sie bereits unter Rot-Grün-Rot war: betont „woke“, symptomatisch ablesbar an der Einrichtung von je einem Queer-Beauftragten in allen zwölf Berliner Stadtbezirken.
Apropos Wahlen: Sollte man nicht von „sogenannten“ Wahlen sprechen, zumindest in Berlin? Dort fand am 26. September 2021, dem Tag der Bundestagswahl, zugleich die Wahl zum Abgeordnetenhaus statt. Besser: Sie sollte stattfinden. Denn 73 Wahl-lokale waren zeitweilig geschlossen; es gab zu wenig Wahlurnen; in manchen Wahllokalen wurde über 19 Uhr hinaus gewählt; in 100 Wahllokalen gab es zu wenig Stimmzettel. Vielfach wurde falsch ausgezählt, andernorts waren Stimmzettel verschwunden. Berlin, doof, aber sexy? Der Verfassungsgerichtshof Berlins ordnete in der Folge eine Wiederholung der Wahl an. Diese fand am 12. Februar 2023 statt. Die CDU siegte, der rot-grün-dunkelrote Senat wurde von einem schwarz-roten ersetzt. Geändert hat sich nichts.
Dass die Bundestagswahl in Berlin ebenso chaotisch ablief, ist klar. Aber es errangen drei Linkspartei-Kandidaten ein Direktmandat, so dass ihre Partei trotz eines bundesweiten Ergebnisses von nur 4,9 Prozent in den Bundestag einzog. Gegen diesen Teil der Wahl in Berlin gibt es rund 1700 Beschwerden in Karlsruhe. Wie werden die Damen und Herren in roter Robe im Herbst 2023 urteilen? Wetten, dass …
Liberalismus in Deutschland ist „out“
Und die anderen „Bürgerlichen“? Die FDP, die dem Namen nach „Liberalen“? Zur Jahreswende 2017/18 hatten sich die „Freien Demokraten“ im Bund einer „Jamaika“-Koalition (schwarz-gelb-grün) verweigert. Die Begründung war: „Lieber nicht regieren als schlecht regieren!“ Damals wäre man zweitstärkste Regierungsfraktion gewesen. Nun, da man drittstärkste Regierungsfraktion ist, gilt: „Lieber schlecht regieren, als auf Ministersessel verzichten!“ Die Quittung folgte: Die FDP flog aus den Landtagen in Berlin, in Niedersachsen und im Saarland. Die „Gelben“ stellen (Stand: Sommer 2023) nur noch 85 Abgeordnete in 11 Landesparlamenten. Auf Bundesebene dümpelt man im Juli 2023 bei der „Sonntagsfrage“ um 7 Prozent vor sich hin.
Zum Vergleich: Die Grünen haben 328 Abgeordnete in 15 Landesparlamenten. Ist die pseudoliberale Verbotspartei der Grünen jetzt die neue „bürgerliche“ Partei? Sie tut so, denn sie schöpft ihr Wählerpotenzial vor allem aus der gutsituierten, vormals „liberalen“ Schicht – lokalisierbar in gentrifizierten Gegenden. Also aus einer Schicht, die es sich monetär leisten kann, „grün“ zu sein. Folge: Grün regiert (Stand: Sommer 2023) wie die SPD in 11 der 16 deutschen Länder mit. Die C-Parteien können das nur in 9 deutschen Ländern. Die FDP sitzt in 2 (Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt), die Links-Partei in 3 Landesregierungen (Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen).
Der Liberalismus und die Liberalität eines Friedrich August von Hayek, das Denken eines Ludwig Erhard haben in Deutschland offenbar keine Chance mehr. Gleichheit und Gleichmacherei rangieren vor Freiheit, Entmündigung und „komfortable Stallfütterung der domestizierten Massen“ (Wilhelm Röpke) rangieren vor Eigenverantwortung. Eine wahrlich liberale Partei, die glaubhaft gegen solche Paradigmenwechsel angeht, gibt es nicht mehr.
Jetzt die Gretchen-, respektive Michel-Frage
Am 26. September 2021 also hat der deutsche Michel gewählt. Und zwar mit in der Summe 52,0 Prozent der Wähler (= 39,8 Prozent der Wahlberechtigten) eine „Ampel“. Deren Ziel ist ein anderes Land mit einem neuen Bild von Familie und Geschlechtlichkeit, von Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit, von Nation und Staatsangehörigkeit, von Leistungsprinzip und Eigenverantwortung, von Gewaltenteilung und Subsidiarität.
All dies müsste den deutschen Michel auf die Palme bringen. Aber er bleibt brav am Boden und duckt sich weg. Dabei wurde der deutsche Untertan seit Bestehen der Republik noch nie so miserabel regiert wie ab 8. Dezember 2021. Nun schaut der deutsche Michel, wenn er nicht eingefleischter Sozialist, gut situierter Grünling oder Pseudoliberaler ist und sich nicht mit der geplanten Freigabe von Cannabis darüber hinwegtrösten will, dumm aus der Wäsche. Den eigenen Unmut in Meinungsumfragen zu artikulieren reicht nicht. Nein, der deutsche Michel schluckt nach wie vor viel zu viel. Nicht einmal das öffentlich-rechtliche „Unsere tägliche Gehirnwäsche gib uns heute!“ bringt er zu Fall, indem er den „Beitragsservice“ für die Öffentlich-Rechtlichen trickreich lahmlegt.
Mehr als 50 Jahre nach „68“ haben die Bürgerlichen noch nicht begriffen, wie erfolgreich der Kulturmarxismus seinen Marsch durch die Institutionen und Definitionen fortsetzt und die ideologische Hegemonie errungen hat. Die Bürgerlichen haben nichts dagegengesetzt. Ob der deutsche Michel das so wollte? Nun, „den“ deutschen Michel gibt es zwar nicht. Aber zu erheblichen Teilen ist er ziemlich unpolitisch, oder aber er hat alle Hoffnung aufgegeben. Das lässt sich allein daran ablesen, dass bei der Bundestagswahl vom 26. September 2021 14,4 Millionen Wahlberechtigte (entsprechend 23,4 Prozent der Wahlberechtigten) und bei der NRW-Landtagswahl vom 15. Mai 2022 6,8 Millionen Wahlberechtigte (entsprechend 44,5 Prozent der Wahlberechtigten) nicht wählten. Noch geringer als die Wahlbeteiligung dürfte der Anteil der De-facto-Wähler sein, die vor ihrer Stimmabgabe die Programme der Parteien gelesen haben. Hätte wenigstens ein Teil der in der Summe 52 bzw. 39,8 Prozent, die die „Ampel“ ins Kabinett hievten, dies getan, wäre Deutschland einiges erspart geblieben, denn man konnte anhand der SPD- und „Grünen“-Programme sowie aus Teilen des FDP-Programms erkennen, wohin die Reise Deutschlands geht.
Der deutsche Untertan soll nun also sein: bindungslos, gender-fluid, bevormundet, zur Denunziation bereit, denkfaul, bekennend antifaschistisch, antirassistisch, antikolonialistisch, anti-weiß, ewig ob seines Deutschseins schuldkomplexbeladen, vegan, klimaneutral und wegen CO2 fortpflanzungsunwillig. Ist Ruhe da die erste Bürgerpflicht? Nein, der deutsche Michel muss sich endlich auf seinen Namenspatron, den Erzengel Michael, den Drachenbezwinger, besinnen. Als intellektueller Stachel – auch für CDU/CSU. Diese Union, solange es sie noch gibt, sollte ihre „Merkel“-Prägungen hinter sich lassen, sich markant als die große Oppositionspartei präsentieren und endlich den „grün-marxistisch-woken“ Kulturkampf kontern.
Ein literarisch-philosophisch-politisch-psychologisches Vorwort
Werden die Deutschen drei Jahrzehnte nach der einzigen erfolgreichen Revolution, die sie zustande brachten, nämlich der von 1989/1990, wieder zu einem Volk von Untertanen? Möchten sie dies gar? Der Verdacht liegt nahe, denn viele scheinen vergessen zu haben, dass die Befehlsempfänger des Volkes die Regierenden sind und nicht umgekehrt. Die Menschen dieses Landes sind freie Bürger, denen man nicht nach Lust und Laune qua Exekutive und medialem Einhämmern Freiheiten gewähren oder entziehen sowie Gebote oder Verbote verpassen kann. Nein, damit erodieren das Grundgesetz, die parlamentarische Demokratie, die Gewaltenteilung und der Rechtsstaat.
Wir sind mittendrin in dieser Erosion und mittendrin in einer (Selbst-)Delegitimierung des Staates. Zugleich sollen wir den Kakao austrinken, durch den man uns zuvor volkspädagogisch gezogen hat und den wir als Steuer- und Zwangsgebührenzahler auch noch am Laufen halten. Eine »Von Feigheit paralysierte Kleptokratie« nennt Peter Sloterdijk Deutschland.1 Damit meint er eine »Staats-Kleptokratie«, die den Bürgern qua semi-sozialistischem Steuersystem das Geld aus der Tasche zieht und damit ein paralysierendes System der Unterwürfigkeit fördert. Das Ergebnis sei eine wie in einem Desinfektionsbad durchsterilisierte und homogenisierte Öffentlichkeit. Ja, kleptoman ist dieses System, es klaut den Bürgern aber nicht nur das Geld aus der Tasche, sondern mittlerweile auch peu a peu Freiheiten. Gegen all dies als Staatsbürger anzugehen ist eine Frage der Selbstachtung. Und es ist eine Frage der Selbstreflexion eines ganzen Volkes.
Bei der Reflexion über »Untertanengeist« und »Denken«, über Obrigkeitsgläubigkeit und Mündigkeit kommt man an Heinrich Manns »Diederich Heßling« und an Immanuel Kant nicht vorbei. Um beider Gedankengut geht es in diesem Buch. Heinrich Mann trug den Namen, ja das Prinzip »Untertan« bei, Immanuel Kant die Aufforderung zum skeptisch-kritischen Denken. Aber das vorliegende Buch soll weder eine literaturanalytische Betrachtung des Mann’schen Romans noch eine Interpretation des aufklärerischen Werkes von Kant sein. Dennoch sollen beide wenigstens zu Beginn ihre Würdigung erfahren.
Heinrich Mann: »Der Untertan«
Heinrich Mann (1871 – 1950), der ältere Bruder von Thomas Mann, hatte mit den Arbeiten am »Untertan« 1906 begonnen, 1914 beendete er die Arbeit daran. Diese großartige Karikatur des deutschen Untertanen hat zu tun mit seinem Essay »Geist und Tat« von 1910/11. Dort hatte er geschrieben: »Der Faust- und Autoritätsmensch muss der Feind sein. Ein Intellektueller, der sich an die Herrenkaste heranmacht, begeht Verrat am Geist.« 1911 hatte sich Mann zudem mit seinem Essay »Der Reichstag« mit dem Stereotyp des Parlamentariers und des gut situierten Bürgers auseinandergesetzt. Der »Bürger« war für Mann der »widerwärtig interessante Typus des imperialistischen Untertanen, des Chauvinisten ohne Mitverantwortung, des in der Masse verschwindenden Machtanbeters, des Autoritätsgläubigen wider besseres Wissen und politischen Selbstkasteiers«.
Als Motto hatte Heinrich Mann für seinen »Untertan« vorgesehen, aber nicht verwirklicht: »Dies Volk ist hoffnungslos.« Nicht veröffentlicht wurde auch der ursprünglich geplante Untertitel »Geschichte der öffentlichen Seele unter Wilhelm II.« Wie schon im »Professor Unrat« (1904) spießt Heinrich Mann erneut als »Grundlagen des Staates« auf: »eine einflussreiche Kirche, ein handfester Säbel, strikter Gehorsam und starre Sitten«.
Was erfahren wir über den »Untertan«, die groteske Hauptfigur Diederich Heßling (ursprünglich: Hänfling)? Er wächst in Berlin auf und erfährt als Heranwachsender Demütigungen durch Stärkere. Die Kompensation dieser Demütigungen prägen seine Karriere: demütig-subaltern nach oben, tretend nach unten. Als Student schließt er sich der nationalkonservativen Korporation Neuteutonia an. Um den Militärdienst drückt er sich durch Vorspiegelung eines Fußleidens. Er heiratet reich und wird in der preußischen Provinzstadt Netzing Mehrheitsaktionär einer Papierfabrik.
Bald entwickelt er sich zum Stammtischpolterer. Militärs und Adligen gegenüber kuscht er, die eigene Familie und seine Angestellten unterdrückt er. Gegen Proletarier ereifert er sich. Als Opportunist, Intrigant, Denunziant und subalterner Gefolgsmann des Regierungspräsidenten von Wulckow bringt er es zum Stadtrat und zum Ordensträger. Dieser Orden wird ihm überreicht bei der Einweihung eines Ehrenmals für Wilhelm I. In seiner Festrede zur Einweihung des Denkmals charakterisiert Heßling das »deutsche Wesen« als »Verehrung der Macht, der von Gott geweihten Macht, gegen die man nichts machen kann«. Durch Duckmäusertum und seine eiserne Kaisertreue bringt er es zum funktionierenden Rädchen im Obrigkeitsstaat.
Heßlings Identifikation mit dem Kaiser hatte bereits beim Studenten Diederich eingesetzt, als er den Kaiser im Jahr 1892 am Brandenburger Tor erlebte: »Diederich konnte ihm ins Gesicht sehen, in den steinernen Ernst und das Blitzen … Ein Rausch, höher und herrlicher als der, den das Bier vermittelt, hob ihn auf die Fußspitzen … Er schwenkte den Hut hoch über allen Köpfen, in einer Sphäre der begeisterten Raserei … Auf dem Pferd dort, unter dem Tor der siegreichen Einmärsche … ritt die Macht! Die Macht, die über uns hingeht und deren Hufe wir küssen! … Gegen die wir nichts können, weil wir alle sie leben! Die wir im Blut haben, weil wir die Unterwerfung darin haben!« Die Szene endet peinlich für Diederich, als er den Kaiser zu Fuß begleiten will: Er gleitet aus und setzt sich »mit Wucht in einen Tümpel, die Beine in der Luft, umspritzt von Schmutzwasser. Da lachte der Kaiser.«2 Der Kaiser – den Heßling ehrfurchtsvoll die »persönlichste Persönlichkeit« genannt hatte!
Immanuel Kant
Der große Königsberger (1724 – 1804) hat drei »Kritiken« hinterlassen: »Kritik der reinen Vernunft«, (1781), »Kritik der praktischen Vernunft«, (1788) und »Kritik der Urteilskraft«, (1790). Wir halten hier nur fest, dass Kant mit diesen Schriften einem erkenntnistheoretischen Kritizismus, Empirismus und Skeptizismus das Wort redet und sich gegen eine Metaphysik wendet, die sich als Wissenschaft gibt.
Beschränken wir uns auf Kants im Original zwölfseitigen Essay »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« von 1784 und geben die zwei weltberühmten Eingangspassagen wieder. »A u f k l ä r u n g ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.«
Und: »Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter majorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurtheilt, u. s. w., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. Daß der bei weitem größte Theil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen, darin sie sie einsperreten, wagen durften; so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen allein zu gehen.«
Insgesamt 14-mal kommt auf den zwölf Seiten der Begriff »unmündig«/«Unmündigkeit« vor. Unter anderem ist oft sehr bildhaft die Rede von der »zur Natur gewordenen Unmündigkeit« des Menschen, von den »Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit« und vom »Joch der Unmündigkeit«.
Mut machen zum Widerspruch
Und der deutsche Michel heute? Er hat sich politisch korrekt akklimatisiert, er merkt nicht mehr, dass die Umstände immer seltsamer, ja bedrohlicher werden. Das Alarmsystem funktioniert nicht mehr. Es geht ihm wie dem »boiled frog«,3 dem Frosch, der das mehr und mehr erhitzte Wasser, in dem er hockt, nicht mehr registriert, bis er gegart ist.
Der deutsche Michel verhält sich genauso, er macht zu großen Teilen alles mit, was ihm verpasst wird und womit man ihn umpampert: die permanente Preisgabe nationaler Souveränität; die schleichende Umwandlung der Demokratie in eine Demokratur; der (Selbst-)Hass gegen alles Deutsche, gepaart mit deutschem Sündenstolz; der Weg in eine EU-Schulden- und Transferunion; der Schein-Heiligenschein der Parteien Grüne/Bündnis 90 und Die Linke; die schleichende Umwandlung des Bundestages und der Landtage in Akklamations-Volkskammern; die Abwertung aller Lebenserfahrung als eine Gesinnung »alter weißer Männer«; die Pathologisierung Andersdenkender (als islamo-/xeno/-afro-/homo-/transphob); die Diskreditierung aller Positionen einen Millimeter rechts von Merkel als »rrrächts«; das Anbiedern der Politik an pubertäres Gehabe; der fortschreitende Verlust des antitotalitären Grundkonsenses; die staatliche Alimentierung von Antifa-Kräften; Toleranz gegenüber Intoleranz; Parallel-Gesellschaften; die Duldung massenhaften Asylmissbrauchs; die fortschreitende Islamisierung der Republik durch deren geduldete Schariaisierung; die Schändung christlicher Symbole; das Beschweigen von Straftaten und die Bagatellisierung von Gewalttaten von »Flüchtlingen« als Einzelfälle psychisch Auffälliger; die Laisser-faire-Rechtsprechung; die Sorgen jüdischer Mitbürger um Hab und Gut, Leib und Leben; der Verfall der Bundeswehr; die 100000-fache Tötung ungeborenen Lebens; das Hofieren von 0,2-Prozent-Minderheiten; der Verfall des Bildungswesens; die permanente Herrschaft des Unrechts (Grenzöffnung, Schulschwänzerei); der Öko-/CO2-/Klima-Populismus; die Zerstörung von Kulturlandschaften durch Windräder; der Verzicht auf die weltweit sichersten Atomkraftwerke; die Zerstörung wichtiger Industriezweige (zum Beispiel Automobilindustrie); die explodierenden Energiepreise; die Enteignung des Ersparten durch eine Nullzinspolitik; die Besetzung politischer und medialer Spitzenämter mit Nieten; die zwangsgebührenfinanzierte Indoktrination; die klammheimliche Zensur in den neuen Medien …
Darum geht es in diesem Buch: um kritisches Wahrnehmen versus Eingelulltsein, um Mündigkeit versus Unmündigkeit. Und um drängende Fragen: Ist der Deutsche dabei, mit neuen (oder alten) Ismen und Ideologien, mit neuen Zivil- und Ersatzreligionen in eine subaltern prä-aufklärerische Epoche zurückzufallen? Hin zu neuen Autoritarismen, zu neuen totalitären Fantasiereichen? Befinden wir uns inmitten eines neuen illiberalen Zeitalters, in dem Debatten mit flachen Plattitüden (etymologisch: Wortfladen) wie »Zivilgesellschaft«, mit naiven Vorstellungen von Humanitarismus und Moralismus, mit unreflektiert praktizierten Ritualen wie »Zeichen setzen«, »Gesicht zeigen«, »Aufstand der Anständigen« eine vermeintliche, sehr selektive Wachsamkeit prägen?
Man will und soll »woke«, empathisch, sensibel, engagiert, authentisch sein und schreitet doch nur dahin auf vorgegebenen Wegen des Denkens sowie gewisser Haltungen und Gesinnungen, die »in« sind. Aber man hält sich in dieser Zeit des um sich greifenden postheroischen Konformismus für einen Helden, wenn man das »Nie wieder!« oder das »Wehret den Anfängen!« fehlerfrei buchstabieren kann.
Selbst Teile der Geisteswissenschaften wandeln auf diesen Pfaden; sie wurden – in den Worten von Norbert Bolz – zu »Treibhäusern der Weltfremdheit«4 – bewohnt von »Gefälligkeitswissenschaftlern«5, die sich als Claqueure des Angesagten gefallen. Ja, wenn sie doch nur das wären. Oft sind sie zu Apportierwissenschaften geworden, die – um im Bild zu bleiben – jedes Stöckchen, das ihnen der Mainstream hinwirft, artig hechelnd apportieren. Eine Kontaktschuld nach rechts wollen sie schon gar nicht eingehen, deshalb praktizieren sie eifrigst die Unkultur der »Cancel Culture« und des »No-Platforming« gegen jedermann, der auch nur einen Millimeter rechts neben einer mittlerweile links gestrickten CDU/CSU steht.
Mit Mündigkeit, Aufgeklärtheit und Kritikfähigkeit im Kant’schen Sinne hat so etwas wenig zu tun, eher mit »Heerdenmoral« (Nietzsche) und ideologischer »Knechtschaft« (von Hayek). Oder mit Orwell’schem »MiniWahr« (zweideutige Abkürzung für »Ministerium für Wahrheit«). Gleichwohl wird ständig vom »mündigen« Bürger schwadroniert. Aber die Verwendung des Begriffs Mündigkeit ist missbräuchlich, ja eine »Lügenvokabel, die immer gebraucht wird, wenn es darum geht, die Bevormundung der Wähler zu bemänteln.« Die Regierenden seien nämlich der Überzeugung, der Bundesbürger sei »ein zu Unvernunft und Lasterhaftigkeit neigendes Wesen, das vor sich selbst von einer väterlichen Obrigkeit beschützt werden muss«. Diese Sätze hat mit Johannes Gross 1989 ein Publizist geschrieben, wie wir ihn heute schmerzlich vermissen.6 Wie recht er hatte: Nicht einmal einen Bundespräsidenten dürfen wir selber wählen.
Wer eigentlich ist der Souverän?
Hat das Volk einfach nur die Regierung und die Meinungsbildner, die es verdient? Nein, es darf nicht sein, was Kurt Tucholsky meinte: »Eine Regierung ist nicht der Ausdruck des Volkswillens, sondern der Ausdruck dessen, was ein Volk erträgt.« Und es ist gottlob nicht möglich, was Bertolt Brecht den Regierenden empfahl: »Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?« Auf dass sich nicht am Ende die Spaltungen, die dieses Land ohnehin horizontal bis hinein in Familien, Kollegien und Freundeskreis prägen, noch mehr auch als vertikale Spaltungen zwischen »denen da oben« und »denen da unten« darstellen.
Es geht um eine Abkehr des Souveräns von herrschenden politischen und medialen Autoritäten mithilfe eigenen Nachdenkens – des Nach-Denkens, nicht des vielfach geadelten, visionären Vordenkens! Das vorliegende Buch möchte einen Beitrag dazu leisten. Es möchte den Blick in die Entstehungsgeschichte von Ideologien richten und auf diese Weise Ideologiekritik und Skeptizismus vermitteln. Und es möchte Mut zum mündigen Widerspruch machen im Sinne Kurt Tucholskys: »Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!«
Teil I: Der brave Deutsche