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Harry Hopeman lebt als Diamantenhändler und Gelehrter in New York. Als ihm das Angebot gemacht wird, sich einen verschollen geglaubten Diamanten anzusehen, fährt er nach Jerusalem. Auf seiner Reise wird er mit der aufregenden Geschichte seiner Familie konfrontiert. So wird die Suche nach dem Diamanten auch zur Suche nach sich selbst.
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Seitenzahl: 548
Harry Hopeman ist ein erfolgreicher Diamantenhändler und Privatgelehrter in New York. Aber er steckt tief in der Midlife-crisis, sein privates Leben scheint zum Stillstand gekommen zu sein: Von seiner Frau Della lebt er getrennt, den gemeinsamen Sohn Jeff haben beide ins Internat abgeschoben. Da erfährt Hopeman eines Tages, daß ein berühmter Diamant wiederaufgetaucht sein soll, der für alle drei Weltreligionen von großer Bedeutung ist und vor Jahren aus dem Vatikan gestohlen wurde. Er stammt vielleicht aus den Tempelschätzen Salomons, zierte angeblich auch lange Zeit die Tiara des Papstes und gelangte später in den Besitz des ägyptischen Königs Faruk. Sowohl ein israelischer Agent als auch der Mittelsmann einiger Ölscheichs und der Kardinal Pesenti aus Rom bitten Hopeman, den kostbaren Stein wiederzubeschaffen. Hopeman reist daraufhin nach Jerusalem, wo er sich, obwohl selbst Jude, zunächst sehr fremd fühlt. Das ändert sich, als er eine junge Jemenitin kennenlernt und sich leidenschaftlich in sie verliebt. Außerdem setzt er sich zum ersten Mal in seinem Leben näher mit der Geschichte seiner Familie auseinander. So wird seine Suche nach dem sagenumwobenen Edelstein, den schon vor vierhundert Jahren ein Vorfahr von ihm bearbeitet hat, zugleich zu einer Suche nach sich selbst.
Noah Gordon, 1926 in Worcester, Massachusetts, geboren, arbeitete lange Jahre als Journalist beim »Boston Herald«, bevor er mit seinem ersten Roman »Der Rabbi« den Durchbruch als Schriftsteller erlebte. Mit »Der Medicus« gelang ihm ein Weltbestseller, der auch in Deutschland viele Monate auf der Bestsellerliste stand. Noah Gordon hat drei erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau auf einer Farm in Massachusetts.
Dieses Buch ist fürLise, Jamie und Michaelund für Lorraine.
Immer wenn Baruch erwachte, erwartete er, verhaftet zu werden.
Die leere Schriftrolle bestand aus gutem Kupfer, das so lange gehämmert worden war, bis es so dünn und glatt wie ein Stück Leder war. Sie steckten sie in einen Sack und brachten sie, heimlich wie die Diebe, die sie ja eigentlich auch waren, zu ihrem Versteck am Band eines verlassenen Stoppelfelds. In Inneren der kleinen Höhle war es trotz des stahlblauen Himmels draußen, der durch den Eingang zu sehen war, dunkel, und so füllte Baruch die Lampe mit Öl, zündete sie an und stellte sie auf einen flachen Stein.
Drei der jüngeren Verschwörer hielten draußen Wache, indem sie mit einem Schlauch Wein Betrunkene spielten. Der alte Mann in der Höhle hörte sie kaum. Er spürte wieder den Schmerz in der Brust, und seine Hände zitterten, als er sich zwang, den Schlegel und die Ahle zu ergreifen.
Dies sind die Worte des Baruch, Sohn des Neriah ben Maasiah, Sproß der Priester aus Anatoth im Lande Benjamins, der im neunten Jahr der Regierung des Zedekiah, Sohn des Josias, König von Judäa, von Jeremias, dem Sohn des Hilkiahu Kohen den Befehl erhielt, den Schatz des Herrn zu verstecken.
Das war alles, was Baruch am ersten Tag in die Schriftrolle hämmerte. Diese Einleitung würde später, nachdem er das Dokument beendet hatte, wie ein Geständnis wirken und sein eigenes Todesurteil bedeuten, sollte die Schriftrolle vor dem Eintreffen der Invasoren entdeckt werden. Aber Baruch mußte einfach festhalten, daß sie keine gewöhnlichen Verbrecher waren.
Jeremias hatte Baruch gesagt, was der Herr von ihnen verlangte. Nur langsam war ihm klargeworden, daß sein Freund nichts anderes von ihm verlangte, als den Tempel zu bestehlen, diesen heiligen Ort zu entweihen. »Nebukadnezar ist gerade dabei, den Pharao Neeho zu besiegen, und wenn seine Horden Ägypten ausgeplündert haben, dann werden sie zu uns kommen. Der Tempel wird gebrandschatzt und seine Schätze fortgeschleppt oder vernichtet werden. Deshalb hat uns der Herr aufgetragen, die heiligen Gegenstände in Sicherheit zu bringen und zu verstecken, bis sie eines Tages wieder zu Seiner Anbetung verwendet werden können.«
»Dann sag es den Priestern.«
»Das habe ich. Aber wann hat das Haus von Bukki je auf die Pforte des Herrn gehört?«
Baruch war so schnell, wie es ihm sein krankes Bein erlaubte, von dannen gehumpelt.
Er würde bald sterben, aber das machte die Tage, die ihm noch blieben, nur um so wertvoller, und die Risiken, die er einging, erfüllten ihn mit Schrecken. Es gelang ihm, sie aus seinen Gedanken zu verbannen, aber als eines Tages die halbwilden Nomaden, die normalerweise die Stadt in einem weiten Bogen umgingen, an die Tore kamen und um Zuflucht baten, konnte er das nicht mehr. Innerhalb weniger Stunden füllten sich die nach Jerusalem führenden Straßen mit Menschen, die auf der Flucht vor der schrecklichsten Armee der Welt waren. Als Jeremias ihn schließlich fand, sah Baruch das Leuchten in den Augen des Sehers, das manche für den Wahnsinn und andere für die Erleuchtung des Herrn hielten. »Ich höre jetzt Seine Stimme. Immerzu.«
»Kannst du dich denn nicht vor ihr verstecken?«
»Ich habe es versucht. Aber die Stimme folgt mir überall hin.«
Baruch streckte die Hand aus und berührte den Bart des anderen Mannes, der ebenso weiß war wie sein eigener. Er spürte, wie es ihm das Herz brach. »Was will Er, daß ich tue?« fragte er.
Jeremias hatte noch andere zu Mitverschwörern gemacht. Sie waren zwei mal sieben und hatten deshalb vielleicht doppelt Glück, aber Baruch befürchtete, daß schon zu viele zu ihren geheimen Treffen kamen. Ein einziger Verräter konnte alles zunichte machen. Baruch war erstaunt, als er sah, wer sich alles gegen das Haus Bukki, die Priesterfamilie, welcher der Tempel unterstand, verschworen hatte. Da waren Shimor der Levit, der Hüter der Schatzkammer, und sein Sohn Hilak, der für die Erhaltung der heiligen Kultgegenstände verantwortlich war. Hesekiel war Befehlshaber der Tempelgarde, Zecheraia kommandierte die Torwächter, und Haggai war für die Packtierherden zuständig. Andere hatte Jeremias rekrutiert, weil sie jung, kräftig und muskulös waren.
Über ein paar der Dinge, die versteckt werden mußten, waren sie sich sofort einig:
die Gesetzestafeln,die Bundeslade mit ihrem Deckel,die goldenen Cherubim.Aber dann entbrannte ein erbitterter Streit.
Auch wichtige Stücke mußten zurückgelassen werden, so die schweren Gegenstände wie die Menorah, der Opferaltar, das eherne Meer, das auf zwölf wundervollen Messingtieren ruhte, und die mit Lilien und Granatäpfeln aus Messing verzierten bronzenen Säulen.
Sie waren übereingekommen, das Tabernakel zu verstecken. Es war bereits zerlegt und transportfähig verpackt worden.
Auch die Beschläge und Zapfen des Tabernakels, die vor neunhundert Jahren von Bezalel ben Uri, dem Handwerker des Herrn, aus massivem Gold angefertigt worden waren, warteten auf den Abtransport.
Ebenso versteckt werden sollte der Brustschild des Hohenpriesters mit den zwölf Edelsteinen, von denen jeder einzelne von einem der zwölf Stämme Israels gestiftet worden war.
Die goldenen Posaunen, die einst das Volk Israel zusammengerufen hatten.
Die alten, wunder voll gewebten Wandteppiche, die am Tor der Sonne gehangen hatten.
Zwei Harfen, auf denen David gespielt hatte. Zehntgefäße und Weihwasserbecken aus Silber. Opferschalen aus getriebenem Gold.
Silberne und goldene Talente, die von der Kopfsteuer von einem halben Schekel jährlich, die jeder Jude zu bezahlen hatte, aufgelaufen waren.
»Lassen wir doch das Geld hier und verstecken dafür mehr von den heiligen Gegenständen«, sagte Hilak.
»Wir müssen auch Schätze in Sicherheit bringen, die nicht heilig sind«, sagte Jeremias. »Eines Tages können wir davon vielleicht ein neues Haus für den Herrn bezahlen.«
»Wir haben Goldbarren, die viele Talente wert sind«, sagte Hilak und blickte zu seinem Vater, dem Hüter der Schatzkammer.
»Was ist von den nicht geheiligten Gegenständen denn am wertvollsten?«
»Ein riesiger Edelstein«, antwortete Shimor sofort.
Hilak nickte. »Ein großer, gelber Diamant.«
»Den nehmen wir auch mit«, sagte Jeremias.
Sie saßen da, blickten sich an, und als sie an die vielen Gegenstände dachten, die sie nicht würden mitnehmen können, wurden sie trübsinnig.
An drei aufeinanderfolgenden Nächten zog Hesekiel die Tempelwachen in der Mitte der Nacht vom Neuen Tor ab. Der Haupteingang zum Heiligtum der Heiligtümer durfte nur vom Hohenpriester selbst benutzt werden, damit dieser dort am Feiertag des Yom Hakippurim zum Wohl des Volkes Zwiesprache mit dem Allmächtigen halten konnte. Aber vom oberen Geschoß des Tempels gab es noch einen verborgenen Zugang, aus dem ab und zu Priester heruntergelassen wurden, um das Heiligtum zu reinigen und zu polieren.
Diesen Weg wählten auch die vierzehn Verschwörer, um die Bundeslade samt ihrem Inhalt, den Tafeln mit den Zehn Geboten, die der Herr Moses auf dem Berg Sinai gegeben hatte, zu stehlen.
Ein junger Priester namens Berechia wurde an einem Seil hinabgelassen.
Baruch hielt sich bei dieser Aktion in gebührendem Abstand vom Allerheiligsten entfernt. Er stammte zwar wie die anderen aus einer Priesterfamilie, aber er war mit zwei ungleich langen Beinen geboren worden, und das hatte ihn zu einem Haya Nega gemacht, einem Fehler Gottes. Als solcher durfte er die Heiligtümer nicht berühren, diese Ehre war den Makellosen vorbehalten. Trotzdem konnte, während die anderen das Seil mit Berechia vorsichtig hinabließen und dieser daran, langsam schwingend wie eine riesige Spinne, in der Dunkelheit des Heiligtums verschwand, die Angst des Jungen kaum größer sein als die, welche Baruch verspürte.
Das schwache Licht, das von oben auf die am Seil baumelnde Gestalt fiel, wurde von einem Paar goldener Flügel reflektiert. Der Cherub war das erste, was Berechia die anderen nach oben ziehen ließ, und Baruch wandte seine Augen ab, denn am feierlichsten aller Tage saß der Unnennbare selbst zwischen den beiden goldenen Wächterengeln und hörte sich das Flehen des Hohenpriesters an. Dann kam der Deckel der Arche herauf. Er bestand aus massivem Gold und ließ sich nur mit Mühe hochziehen. Schließlich die Arche selbst. Und in ihr die Tafeln mit den Zehn Geboten!
Als sie schließlich Berechia wieder hochzogen, war er kreidebleich und zitterte. »Ich mußte dauernd an Uzzah denken«, keuchte er.
Baruch kannte die Geschichte. Als König David die Lade nach Jerusalem hatte bringen lassen, war einer der Ochsen, die sie getragen hatten, ins Straucheln gekommen. Uzzah, der in der Nähe gegangen war, hatte nach der heiligen Truhe gegriffen, um sie nicht herunterfallen zu lassen, und hatte damit den Herrn so erzürnt, daß dieser ihn augenblicklich niederschmetterte.
»Uzzah starb nicht deshalb, weil er die Arche berührt hatte«, sagte Jeremias, »sondern weil er daran gezweifelt hatte, daß der Herr sie beschützen würde.«
»Aber tun wir nicht das gleiche, wenn wir sie jetzt verstecken?«
»Jahwe ist es, der auch jetzt die Lade beschützt, und wir sind dabei nur seine Werkzeuge«, sagte Jeremias scharf zu dem Jungen. »Und nun komm. Unsere Arbeit hat eben erst begonnen.«
Shimor und Hilak führten sie auf direktem Weg zu den Schätzen und den anderen heiligen Dingen, auf die sie sich geeinigt hatten.
Es war Baruch, der die kupferne Schriftrolle entdeckte und vorschlug, sie mitzunehmen und auf ihr die Verstecke der Schätze festzuhalten. Kupfer war haltbarer als Pergament und ließ sich auch besser reinigen, wenn es einmal im Sinne der Riten unrein geworden war.
Ein Kamel schleppte die Lade und die Tafeln mit den Geboten fort vom Tempel Salomons, ein Esel trug den Deckel. Wie knorrige Stöcke, die aus einer Ladung von Reisigbündeln herausragen, beulten die Flügel der Cherubim das rauhe Tuch aus, das man über sie gezogen hatte.
Baruch war in die Verschwörung eingeweiht worden, weil er ein Schreiber war. Jetzt befahl ihm Jeremias, jeden der Orte, zu denen er die dreizehn anderen Männer einen nach dem anderen schickte, um dort die heiligen Gegenstände zu verstecken, auf der Schriftrolle festzuhalten. Die Männer kannten nur die Genisot, zu denen sie persönlich geschickt wurden, ansonsten wurde ihnen keines der Schatzverstecke verraten. Nur Baruch kannte alle Verstecke und was sie beinhalteten.
Warum vertraute man ihm als einzigem so sehr?
Die Antwort auf diese Frage wurde Baruch erst klar, als er von einem heftigen Anfall seiner Krankheit heimgesucht wurde, bei dem der Schmerz ihm den Atem in der Brust gefrieren ließ und seine Hände zu blutleeren, blau angelaufenen Klauen wurden.
Jeremias hatte erkannt, daß Malach ha-Mavet, der Todesengel, bereits wie eine Prophezeiung über Baruch schwebte. Sein nahender Tod war ein Teil der Verantwortung, die Baruch trug.
Die Bukki-Priester konnten immer noch nicht einsehen, daß sich ihre Welt verändern würde, aber alle anderen konnten den Krieg förmlich nahen sehen. Holzstapel wurden auf die Stadtmauern gebracht, damit man im Falle einer Belagerung Öl erhitzen und von oben auf die Angreifer gießen konnte. Jerusalem verfügte über ausreichend Quellwasser, aber Nahrungsmittel waren knapp. Also wurde das gesamte Getreide, das sich in der Stadt befand, zusammengeholt und bewacht, und alle Viehherden wurden angesichts der drohenden Gefahr von den Behörden beschlagnahmt.
Baruch taten diejenigen leid, die diese Belagerung überleben mußten, deshalb verschwendete er auch kein Mitleid an sich selbst, obwohl ihn die Schmerzen schließlich so sehr schwächten, daß er weder die Ahle halten noch den Hammer heben konnte.
Ein anderer würde die Arbeit zu Ende bringen müssen. Von den dreizehn anderen Männern hätte sich Abiathar, der Levit, wohl am besten zum Schreiber geeignet, aber Baruch dachte mittlerweile selbst schon so wie Jeremias, und deshalb fiel seine Wahl auf Hezekiah. Dieser fand seine neue Aufgabe beschwerlich, denn er war Soldat und kein Schreiber, aber als Anführer der Schwertkämpfer würde er zweifellos beim Kampf auf den Mauern ums Leben kommen und sein Geheimnis mit ins Grab nehmen.
An dem Morgen., an dem die Stadttore verbarrikadiert worden waren, ließ Baruch sich auf die Mauer tragen und sah, daß über Nacht der Feind gekommen war. Seine Zelte erstreckten sich wie die Steinchen eines riesigen Mosaiks bis zum Horizont.
Baruch und Hezekiah begaben sich zur Höhle und schrieben den letzten Absatz:
In der Grube unter der Sakhra, nördlich des Großen Kanals, liegt in einem Rohr, dessen Öffnung nach Norden zeigt, dieses Dokument mit einer Aufstellung und Erklärung aller versteckten Gegenstände.
Baruch wartete, bis Hezekiah den letzten Buchstaben ins Kupfer gehämmert und das Dokument zusammengerollt hatte. Draußen vor der Mauer galoppierten bereits fremde Männer mit kurzen Bärten und hohen Spitzhüten auf struppigen Ponys um die Stadt Davids.
»Und jetzt versteck die Schriftrolle«, sagte er.
In Harry Hopemans Büro gab es einen von einer Seite her durchsichtigen Spiegel, der es ihm erlaubte, unbeobachtet auf den gediegenen Reichtum in den Verkaufsräumen der Firma Alfred Hopeman & Sohn nebenan hinabzublicken. Wände, Teppiche und Möbel waren in sanftem Schwarz oder sattem Grau gehalten, und die Beleuchtung bestand aus klarem, weißem Licht, das der Hopeman-Kollektion ihr einzigartiges Funkeln verlieh und den ganzen Laden wie eine mit Samt ausgeschlagene Schmuckschatulle erscheinen ließ.
Harrys Besucher war ein Engländer namens Sawyer, von dem Harry wußte, daß er eben für verschiedene OPEC-Staaten Aktien von amerikanischen Firmen gekauft hatte. Es war allgemein bekannt, daß Sawyer die OPEC außer mit Aktien auch noch mit Informationen für deren schwarze Liste belieferte, auf der alle amerikanischen Firmen standen, die Geschäfte mit Israel machten. »Einer meiner Kunden hat Interesse an einem großen Diamanten«, sagte Sawyer.
Vor acht Monaten hatte ein Kunde aus Kuwait bei Hopeman & Sohn eine Halskette bestellt, dann aber den Auftrag von einer Minute auf die andere storniert. Seitdem hatte die Firma nichts mehr in die arabischen Länder verkauft. »Ich lasse Ihnen gerne von einem meiner Angestellten etwas Passendes zeigen«, sagte Harry gedankenverloren.
»O nein. Meine Auftraggeber wollen einen bestimmten Diamanten, der im Heiligen Land zum Verkauf angeboten wird.«
»Wo?«
Sawyer hob eine Hand. »In Israel. Meine Auftraggeber möchten gerne, daß Sie dorthin fliegen und den Diamanten für sie kaufen.«
»Es ist schön, wenn man gebraucht wird.«
Sawyer zuckte mit den Achseln. »Sie sind eben Harry Hopeman.«
»Und wer sind Ihre Auftraggeber?«
»Ich bin nicht befugt, das zu sagen. Sie verstehen schon.«
»Dieser Auftrag interessiert mich nicht«, sagte Harry.
»Mr. Hopeman. Es wäre ja nur eine kurze Reise, die Ihnen wichtige Türen öffnen und eine Menge Geld einbringen würde. Wir sind doch Geschäftsleute. Lassen Sie doch bitte die Politik aus …«
»Mr. Sawyer! Wenn Ihre Auftraggeber wollen, daß ich für sie arbeite, dann müssen sie mich schon selber fragen.«
Der Besucher seufzte. »Guten Tag, Mr. Hopeman.«
»Auf Wiedersehen, Mr. Sawyer.«
Aber der Mann drehte sich noch einmal um. »Könnten Sie mir vielleicht jemanden empfehlen, der über eine ähnlich große Sachkenntnis verfügt wie Sie?«
»Würde man dann meine Firma von der Liste der boykottierten Unternehmen streichen?«
»Was für eine Liste?« fragte Sawyer verschlagen. Weil er aber ein Geschäft witterte, entfaltete sich ein zuvorkommendes Lächeln auf seinem Gesicht. Auch Harry lächelte. »Ich fürchte, daß ich einmalig bin«, sagte er.
Am Nachmittag war die Befriedigung über den Verlauf dieser Begegnung bereits wieder verflogen.
Auf Harrys Tisch lagen Bestandsverzeichnisse und Verkaufszahlen, der ganze Papierkrieg, den er so haßte. Der Mann, der die Juwelenschleiferei in der West Forty-seventh Street leitete, und die Frau, der das elegante Schmuckgeschäft von Alfred Hopeman & Sohn in der Fifth Avenue unterstand, waren beide darauf getrimmt, ohne seine Hilfe zurechtzukommen. Dadurch konnte er sich darauf konzentrieren, den Grundbesitz der Firma zu verwalten und sich einem erlesenen Kreis von persönlichen Kunden zu widmen, der hauptsächlich aus Superreichen, die seltene Juwelen kauften, und Museumskuratoren, die an Edelsteinen von religiöser und historischer Bedeutung interessiert waren, bestand. Diese Geschäfte waren es, die den meisten Profit abwarfen, aber solche Transaktionen fanden nicht jede Woche statt. Und so mußte es eben auch Tage wie diesen geben.
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