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Wir werden alle belogen! Aus allen Ecken der modernen Gesellschaft erzählt man Ihnen, wie Sie reich, sexy, fit, geliebt und gelassen werden können. Gurus, Coaches und selbst ernannte Experten bevölkern mit ihren Programmen einen unübersichtlichen Markt und enthüllen das angebliche Geheimnis. Selbstzweifel, Unsicherheit und der Drang, sich selbst optimieren zu wollen, in einer Welt, die vor lauter Veränderung kaum mehr Sicherheiten kennt, treiben viele in die Arme dieser Blender. Bestsellerautor Niclas Lahmer kennt einen besseren Weg, das Leben zu meistern. Mithilfe des Stoizismus zeigt er Ihnen einen Ausweg ganz ohne Druck, Stress, soziale Normen und Lügen und gibt Ihnen die Gewissheit, dass auch 2300 Jahre nach der Entstehung des Stoizismus dessen Lehren immer noch uneingeschränkte Gültigkeit besitzen. Ein erfolgreiches Leben führen und gleichzeitig vor Enttäuschungen, Zweifeln und Ängsten gefeit? Niclas Lahmer zeigt, wie jeder von uns mit Seneca als Mentor sein Leben für immer verändern kann.
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Seitenzahl: 368
Niclas Lahmer
Was man Ihnen über Erfolg, Glück und Ruhe verschweigt
NICLAS LAHMER
Was man Ihnen über Erfolg, Glück und Ruhe verschweigt
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Originalausgabe, 1. Auflage 2021
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Redaktion: Anne Büntig
Korrektorat: Matthias Höhne
Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer, München
Umschlagabbildung: Katharina Borgs
Abbildungen Innenteil: Sabrina Jeshen
Satz: Satzwerk Huber, Germering
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-95972-444-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-832-4
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-833-1
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Für dich,weil du die Farbe in einer Welt voller Grautöne für mich bist.
EINLEITUNG
Das Glück ist eine Handgranate
Das Streben nach Glückseligkeit
Die Philosophie des Glücks
Wahlmöglichkeiten
Aller Anfang war schwer
DER KAMPF GEGEN DEN HEDONISMUS
Verloren im Hamsterrad
Wendepunkt
Der Kampf gegen sich selbst
Arsch hoch und los!
Nehmen Sie Ihre Schwächen an
Ihr bestes Ich
Radikale Verantwortung
Toleranz ist eine Lüge
Der Endgegner
Mut zur Veränderung
Fangen Sie nie an aufzuhören
SUCHEN SIE DIE WAHRHEIT
Sie sind nicht Ihre Vergangenheit
Geplante Angst
Gewiss ist nur die Ungewissheit
Praemeditatio malorum
Das Leben schuldet Ihnen nichts
Selbstliebe ist maßlos
Ein Eimer voller Vergleiche
Im Gleichgewicht mit uns und der Welt
Logos – die Harmonie im Chaos
Unter Kontrolle
Der Kampf um den Dualismus
Suchmodus
DIE TYRANNEI DER EINZIGARTIGKEIT
Alles halb so gut
Getarnte Idiotie
Planlosigkeit
Adieu, Ich
Die Knappheit der Güter und die Unendlichkeit der Zeit
Die Vorstellung von uns
Die Manipulation der Wahrnehmung
Der Weg zur Erleuchtung
Das Studium der Weisheit
MISSTRAUEN SIE IHREN EMOTIONEN
Wenn Stoiker lieben
Tapferkeit ist nicht nur für Ritter
Heul leise!
Einsicht ist besser als Vorsicht
Auf den Spuren der Gerechtigkeit
Nichts wird gewährt, was nicht geschenkt wird
Sparen Sie sich Ihr Mitleid
Subjektiv gefangen
Von oben betrachtet
Assoziierte Realität
Niemals wieder enttäuscht werden
DIE HEDONISTISCHE TRETMÜHLE
Kardinalfehler
Belohnung und Status
Maßlosigkeit
Alles nur gemietet und geleast
Minimalismus
Üben Sie sich in Armut
Reichtum ist keine Schande
Das beste Vermögen
Erfolg ≠ Aufmerksamkeit
Abnehmender Grenznutzen
Antrainierter Hedonismus
Homo consummatio
AMOR FATI
Akzeptanz
Wählen Sie Ihre Leiden
Der ewige dunkle Begleiter
Eudämonie
Der Krieg formt den Krieger
Alles ist eine Übung
Sie können nicht alles verbessern
Ihre Taten sprechen die lautesten Worte
Vom Umgang mit Neidern
Vom Umgang mit Beleidigungen
Vom Umgang mit Rache
Es ist nie zu spät, ein Underdog zu sein
SUCHEN SIE DIE STILLE
Das größte Gut
Unsere Wahrnehmung
Sprechen Sie, wenn es nötig ist
Stoische Meditation
Sehnsüchte und Hoffnungen
Gestehen Sie Ihre Fehler ein
Energievampire
Ihr schärfster Kritiker
Wollen Sie schnell ankommen, dann gehen Sie langsam
Sie müssen niemandem etwas beweisen
Zur Hölle, nein!
CARPE DIEM
Der Nutzen der Zeit
Raus aus der Schule, rein ins Chaos
Tugendhafter Belohnungsaufschub
Das Leid nützt der Zeit
Essenzialismus
Der Regelkodex Ihrer Zeit
Fleiß ist der Preis
Wer werden Sie gewesen sein?
Ablenkungen
DIE ASCHE MACHT ALLE GLEICH
Fürchte den Tod nicht
Dem Tod ins Auge geblickt
Die unendliche Veränderung
Memento mori
Ein guter Tod
Vom Umgang mit Verlusten
Wenn der Tod zu früh eintritt
Ein langes Leben kurz gelebt
Das höchste Gut
ABSCHLIESSENDE WORTE
DANKSAGUNG
LESEEMPFEHLUNGEN
»Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, da wir so offenbare Dinge nicht gewusst haben.«
Seneca
»Sag mal, was macht dich eigentlich glücklich?« Eine simple Frage und dennoch fand ich keine Antwort. Ich war im Wald spazieren, als ich plötzlich völlig sprachlos und erstarrt stehen blieb. Ich und sprachlos? Ich fand auf die Frage meiner Begleitung keine Antwort. Wer hätte das einmal gedacht! Vielleicht hätte ich so etwas sagen können wie: »Na, das ist einfach. Meine Arbeit.« Ich hätte auch falsche Glückseligkeit und Bescheidenheit mit den Worten vortäuschen können: »Ach weißt du, ich bin schon glücklich, solange ich ein Dach über dem Kopf habe und jeden Tag eine warme Mahlzeit genießen kann.« Menschen täuschen diese Glückseligkeit schließlich vor. Wie oft hören wir einen Menschen, der uns nahesteht, sagen, dass es ihm oder ihr gut ginge, auf die Floskel: »Hey, wie geht’s?« Sollte ich meine Begleitung also anlügen und sagen, dass ich bedingungslos glücklich sei? Ich glaube nicht an Bedingungslosigkeit. So etwas wie Bedingungslosigkeit gibt es nur in den Hollywood-Streifen, freitagabends im Fernsehen, wo der Held der jungen Frau bedingungslose Liebe verspricht und sie schmachtend in seinen Armen zerfließt. Das, was sie in Hollywood aber nicht zeigen, sind die Szenen nach dem Happy End, dem Kuss und der Hochzeit. Die Zeit der Rechnungen, der Arbeit, der täglichen Routine, Probleme, Krisen und Sorgen. Im Leben regnet es eben die meiste Zeit. So ist das nun einmal. Nietzsche sagte mal: »Leben bedeutet leiden.« Eine tragische Bedingung! Trotzdem stand ich dort auf dem trockenen Waldboden wie versteinert und wusste in genau diesem Moment absolut nicht, was ich sagen sollte. In diesen Momenten der Sprachlosigkeit wusste ich nicht mehr weiter. Normalerweise finde ich auf fast jede Frage eine Antwort; selbst, wenn ich mich einfach nur herausreden muss. Doch in diesem Moment quälte mich die Stille, bis es aus mir herausplatzte: »Ich habe keine Ahnung, was mich glücklich macht.« Ich hatte zwar eine Ahnung von den Momenten, in denen ich glücklich war, doch wirklich definieren, was Glück bedeutet, konnte ich nicht.
Was tut man, wenn man nicht mehr weiterweiß? Man fragt Professor Doktor Google. Im Netz finden Sie allerlei tolle Sprüche zum Glück. Es gibt Zitate, kleine Bilder mit kunstvoll inszenierten Metaphern oder einen schlauen Spruch von irgendeinem Kerl, der seit 250 Jahren tot ist. Theodor Fontane beispielsweise schrieb: »Wenn man glücklich ist, soll man nicht noch glücklicher sein wollen.« Na toll! Und jetzt? Ich bleibe also einen Moment stehen und schaue meiner Begleitung in die Augen. In diesem Moment fiel es mir auf. Ich war unglücklich, obwohl ich alles hatte. Damals hatte ich gerade eine neue Firma gegründet und erfreute mich an den frühen Erfolgen, hatte eine wunderbare Familie, ein schickes Auto, ein Dach über dem Kopf, warmes Essen und jede Menge Gesundheit. Klingelt es nicht auch manchmal in Ihren Ohren und hören Sie dort die Worte Ihrer Großeltern oder Eltern? Sie haben bestimmt auch die Geschichten von den armen Kindern in Afrika gehört, die von der Hand in den Mund leben. Diese Geschichten sollen schließlich eine Ermahnung an unsere Demut sein. Obwohl ich diese Geschichten kenne, bestand für mich kein wirklicher Anlass, jetzt in diesem Moment aus tiefstem Herzen glücklich zu sein. Ja und wo war das Glück nun? Keine Ahnung! Es war definitiv nicht bei mir.
Ich war unglücklich, obwohl ich alles hatte.
Wissen Sie instinktiv, was Sie glücklich macht? Sind Sie es überhaupt? Ich habe oft das Gefühl, dass die meisten Menschen nicht wissen, was sie im Leben glücklich macht. Doch das Glück erkennen, das können wir ohne Probleme. So wie Sergeant First Class P. Gilmore. Als ich den Sergeant traf, war er bereits in Rente gegangen. Einst war er bei der U.S. Army und als Soldat in verschiedenen Einsätzen auf dem gesamten Globus unterwegs. Obwohl der Sergeant den Krieg kannte, Tod und Leid gesehen, verursacht und allen Grund für Trauer, Bedauern und Unglück hatte, strahlte er doch immer wie ein Honigkuchen, wenn ich ihn sah. Ihm konnte ich das Glück ansehen. Jeden Tag zu jeder Uhrzeit. Ich fragte ihn also eines Tages: »Hör mal, ich brauche deinen Rat. Wie schaffst du es, immer so glücklich zu sein? Ich möchte das auch.« Er grinste mich an und sprach die Worte, die ich niemals vergessen werde: »Das Glück ist eine Handgranate!«
Sergeant First Class P. Gilmore war sieben Jahre vor seinem Austritt aus der Army im Kampfeinsatz in Afghanistan stationiert gewesen, als auf einer Patrouillenfahrt sein Konvoi angegriffen wurde. Die Soldaten bremsten den Humvee, in dem er saß, ab, sprangen aus den Fahrzeugen und begannen, den Feind unter Beschuss zu nehmen. Der Sergeant und sein bester Freund saßen noch auf den hinteren Sitzen des Humvee, als durch eine Öffnung eine alte Splittergranate auf den Schoß seines Kumpels fiel. Wenn eine scharfe Handgranate auf Ihren Schoß fällt, haben Sie noch zwei bis vier Sekunden zu leben. Daraufhin wird die Granate Ihren Körper vollständig zerstören, die Druckwelle Ihre Organe zum Platzen bringen und die Splitter Ihren Körper durchsetzen. Die Splittergranate jedoch blieb auf dem Schoß des Soldaten liegen. Sie zündete nicht. Ein Blindgänger. Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen an diesem Ort, an diesem Tag und zu dieser Uhrzeit eine Splittergranate durch eine winzig kleine Öffnung eines Militärfahrzeuges auf den Schoß fällt und dann nicht zündet? Mathematisch bin ich nicht in der Lage, dieses Glück auszudrücken oder gar in einer Formel zu formulieren. Der Analytiker in mir kann so etwas nicht begreifen. Eines ist aber gewiss! Das Glück ist eine Handgranate! Womöglich ist es der bloße Zufall, der uns zugutekommt. Das nicht planbare Vorhandensein eines Umstandes, den wir so leicht als Schicksal oder göttliche Fügung titulieren, könnte womöglich das Glück sein. Ein Quäntchen Glück besteht eben auch aus der Zutat Zufall. Ein wenig spielt das Schicksal immer mit und wir werden wohl nie verstehen, warum.
Das Glück ist eine Handgranate!
Laut dem World Happiness Report von 2020 sind wir Deutschen relativ bis sehr glücklich. Platz 17 erreichte Deutschland auf der Skala! Na, wenn das mal nicht ein Grund zum Feiern ist? Der Index des World Happiness Report basiert auf den Kategorien Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner, soziale Absicherung, Gesundheit und Lebenserwartung sowie individuelle Entscheidungsfreiheit, Spendenbereitschaft und Wahrnehmung von Korruption. Genau das scheint das Problem zu sein! Glück ist eine Frage der Wahrnehmung und damit subjektiv. Die Befragten der Statistik gaben die wesentlichsten Bedingungen für Ihr Glück an. Darunter befanden sich ein schönes Zuhause, Besitz, Geld, eine intakte Familie und eine gute Partnerschaft. Was genau mit »gut« gemeint ist, wurde jedoch nicht weiter erläutert. Das Wichtigste, da waren sich die Hälfte aller Deutschen einig, ist die eigene Gesundheit. Klar, denn glücklich mit Fieber im Bett zu liegen, ist schwierig. Das Hauptproblem aber gab die Statistik nur indirekt wieder: Glück war gekoppelt an Bedingungen. So wie bei einer Handgranate. Wenn der Stift gezogen und der Bügel losgelassen wird, geht die ganze Geschichte in die Luft. Das ist die Bedingung.
Glück war gekoppelt an Bedingungen.
Das Glück wird von uns Menschen an äußeren Umständen wie Familie, Geld und Gesundheit festgemacht. Die vier wichtigsten Faktoren für Glück waren für den Deutschen laut des World Happiness Report: Gesundheit, Partnerschaft, Familie und Geld. Zwei der vier Faktoren verweisen darauf, dass der Mensch nur ungern allein ist. Ein Partner und eine Familie müssen für das große Glück her. So scheint es zumindest. Wer gegen diesen Umstand rebelliert und einmal die andere Seite der Medaille sehen möchte, kommt plötzlich auf ganz neue Ideen.
Das erklärt auch den Erfolg des Artikels der Brigitte, einer der beliebtesten Frauenzeitschriften Deutschlands, mit dem Titel »Alleine glücklich sein: So kannst du es lernen«. Scheinbar verstehen mehr und mehr Menschen, dass Glück doch nicht an eine Bedingung gebunden sein muss. Wenn ich als Mann dann tatsächlich in einer Frauenzeitschrift lese, dass sich diese Frauen dort selbst feiern, weil sie zu sich selbst gefunden haben, bleibt mir die Spucke weg. Das ist nicht nur so, weil ich in jenem Moment tatsächlich im Wartezimmer beim Zahnarzt eine Frauenzeitschrift lese, sondern ich mich frage, warum das Glück eine Bedingung braucht. Die Emanzipation ist ja eine wunderbare Sache, doch scheint man bei dieser Errungenschaft den Mann völlig zu vergessen. Auch der moderne Mann braucht nicht unbedingt eine Frau, um das große Lebensglück zu finden. Gleichberechtigung gilt eben auch für die Männer.
Mir fällt dazu die Show eines Coaches ein, die ihren zahlenden Kundinnen auf der Bühne erklärt: »Du bist stark. Du bist sexy. Du brauchst keinen Mann an deiner Seite.« So weit, so gut. Im Sinne der Gleichberechtigung gibt es von einem anderen Coach dann den gleichen Spaß für die testosterongesteuerten Wesen. »Entfessle den Krieger in dir!«, heißt es dort. Der 190 Zentimeter große Coach und Berserker steht auf der Bühne mit einem schwarzen T-Shirt in Größe S und einer Cargo-Hose aus Armeezeiten und schreit die Männer im Anzug vor sich an: »Du brauchst die Schlampe nicht. Sei ein Mann und finde wieder zu deiner Dominanz! Das brauchst du für dein Glück!« Doch so richtig glücklich sehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den beiden Shows dann doch nicht aus. Sowohl die Killer-Queen als auch der Drill-Sergeant propagieren das große Glück. Ob sie es wohl liefern können? Mit leeren Träumen lässt sich leider sehr viel Geld verdienen. Für einige kommt das (Un-)Glück dann in der Form von Illusionen und den damit verbundenen Kreditkartenabrechnungen um die Ecke. So ist das eben, wenn man sein eigenes Glück an eine Bedingung knüpft. Die Menschen neigen dazu, ihre Sehnsüchte in der Welt zu suchen, unwissend, dass sie diese dort niemals finden werden, denn alles, was sie brauchen, ist bereits bei ihnen. Solange wir unser Glück an andere Menschen oder Dinge knüpfen, können wir niemals das Glück finden. Es gibt keine Glückseligkeit mit Bedingungen.
Haben Sie auch schon einmal Ihr eigenes Leben hinterfragt und Ihre Glückseligkeit infrage gestellt? Keine Sorge! Sie sind nicht die erste Person, die sich über solche Belange bereits Gedanken gemacht hat. Schon vor der Geburt Christi und dem World Happiness Report machten sich einige Männer und womöglich auch Frauen, so einig ist man sich da nicht bei den Historikern, Gedanken über das bedingungslose gute Leben. Ein Leben in Glückseligkeit und Freiheit. Sie sind nicht die erste Person, die nach dem Glück sucht.
Sie sind nicht die erste Person, die nach dem Glück sucht.
Es heißt, dass Zenon von Kition rund 300 vor Christus die Philosophie des Stoizismus begründete und seine Philosophie des Glücks kundtat. Seine Gedanken über das gute Leben, welches wir vorerst als glückliches Leben bezeichnen wollen, teilte Zenon in einer Säulenhalle (Stoa) auf einem Markplatz in Athen mit. Nach und nach wurde die Philosophie mündlich durch seine Schüler an neue Schüler weitergegeben und von diesen wiederum an neue Schüler vermittelt. Der Stoizismus war erfunden und erfreute sich in den darauffolgenden Jahren, Jahrzenten und sogar Jahrhunderten großer Beliebtheit, bevor er im Mittelalter fast gänzlich verschwand. Doch der Stoizismus überlebte auch diese dunkle Zeit der Menschheitsgeschichte. Große Persönlichkeiten und Mentoren verpflichteten seither ihr Leben der stoischen Philosophie. Unter ihnen war Seneca höchstpersönlich, der römische Kaiser Marcus Aurelius und Epiktet. Doch auch Persönlichkeiten der jungen Geschichte wie Ryan Holiday, Jeff Bezos, Warren Buffett und Bill Gates sind große Verfechter der Philosophie, die heute über 2000 Jahre alt ist. Sogar Altkanzler Helmut Schmidt war ein großer Bewunderer von Marcus Aurelius und dem Stoizismus.
Aber Moment mal! Wenn das Rezept für Glück, Reichtum, ein erfolgreiches und gutes Leben bereits vor 2000 Jahren existierte und die Zeit sogar überdauerte, müssten es heute theoretisch Millionen von Menschen kennen und erfolgreich anwenden. Doch das Gegenteil ist häufig der Fall. Der Stoizismus kämpfte lange um seine Daseinsberechtigung. Oft wurde er als eine gefühllose Philosophie oder ein Gewäsch von alten Männern abgetan. Wie soll es auch anders sein? Bei dem Wort Philosophie denken die meisten an Birkenstocktragende Hippies, pfeiferauchende Professoren und Taugenichtse, welche der Gesellschaft auf der Tasche liegen. Die Gedanken der Stoiker wurden daher oft nicht als diese verkauft, vermarktet oder gelehrt. Viele der heute bekannten Personen aus der Coaching-Industrie, sich selbst inszenierende Mentoren und Esoteriker, nutzen Grundgedanken der stoischen Philosophie für ihre persönlichen Zwecke und unter ihrem eigenen Namen. Dass sie die Lehren der großen Mentoren wie Seneca dabei entwenden, ist für die geschäftstüchtigen neuen Meister verkraftbar. Es ist ja schließlich unwahrscheinlich, dass jemand, der vor 2000 Jahren lebte, sie nun aufgrund von Urheberrechtsverletzungen verklagen würde. Es wäre sogar fraglich, ob Seneca – würde er noch leben – es überhaupt zu einem Prozess kommen lassen würde.
Oft höre ich die Gedanken und Lehren der Stoiker neu verpackt in wilden Coaching-Programmen, die nach einem Fantasy-Abenteuer klingen: »Kommen Sie zum 90-Tage-Mach-dich-glücklich-Programm« oder »Sieben Jahre bis zu den ersten Millionen«. Tatsächlich brauchen Sie weder einen Kurs noch einen Power-Coach oder ein Programm, um glücklich zu werden. Womöglich aber können Ihnen die Prinzipien dabei weiterhelfen, die auch ich lernen durfte. Es war Sergeant First Class P. Gilmore, der mich der Philosophie der Stoiker näherbrachte und sie mich lehrte. Der Sergeant war für mich eine Art lebender Seneca. Ich hatte so gesehen meinen eigenen Philosophen und Stoiker. Der Sergeant war mein Lehrmeister und zeigte mir, was es bedeutet, gemäß der Philosophie der Stoiker zu leben. Ich erlaube mir daher in diesem Rahmen, keine alten Ideen und Philosophien in ein neues »Ich mach dich sexy, du Hengst!«-Programm zu packen, sondern stattdessen Ihnen den Stoizismus durch moderne Augen zu präsentieren und Ihnen die Wahl zu lassen. Auch maße ich mir nicht an, den Stoizismus in wissenschaftlicher oder gar steifer Manier darzulegen. Das haben andere bereits erfolgreich getan und ich möchte eine wertfreie Philosophie wie den Stoizismus auch nicht empirisch bewerten müssen. Stattdessen möchte ich den Stoizismus als eine überaus aktuelle Philosophie und Unterstützung für ein Leben in der heutigen Moderne präsentieren und Ihnen dazu verhelfen, die Qualität Ihres Lebens zu verbessern.
Als ich anfing, den Stoizismus zu leben, wollte ich ihn allen Menschen um mich herum näherbringen und begann damit, Tipps und Ratschläge zu verteilen. Typisch für mich war, dass ich euphorisch alles, was ich gelernt hatte, sofort teilen wollte. Besonders wollte ich jenen Menschen helfen, von denen ich glaubte, dass der Stoizismus ihnen helfen, ihr Leben verbessern oder sie gar retten könnte. Die meisten Menschen waren daran sehr interessiert und riefen begeistert: »Geiler Scheiß!« So in etwa! In den letzten Jahren musste ich für Freunde, Bekannte und komischerweise auch deren Freunde und Bekannte immer als der Kerl herhalten, von dem alle sagten: »Rede mal mit Niclas. Der ist voll das Orakel!« Orakel? Davon bin ich weit entfernt. So richtig weiß ich auch nur, dass ich eigentlich nichts weiß. Doch der Stoizismus schien ein Medium zu sein, das die unterschiedlichsten Problemstellungen mit einer Lösung versorgte – Beziehungsprobleme, Geldsorgen, Tipps zu Ernährung und Training. Ich habe mir alles Mögliche angehört und wurde zu allem Möglichen befragt. Stoische Seelsorge am Telefon war sozusagen mein Gebiet. Für alles gab es eine unkonventionelle und hocheffiziente Lösung, die nicht nur das Problem löste, sondern scheinbar auch den Fragenden eine völlig neue Perspektive brachte.
Ich versuche nach wie vor weiterzugeben, was ich lernen durfte, und zu erzählen, wie der Stoizismus zu mir kam. Ich habe aber lernen müssen, mich mit der Stille zu begnügen und die permanente Seelsorge einzustellen. Am Ende hätte ich sonst noch eine Couch und Taschentücher kaufen müssen! Da ich kein Prediger bin und auch niemals einer sein möchte, erlauben Sie mir bitte, Ihnen die Lehren der Stoiker auf die Weise näherzubringen, wie ich sie lernen durfte – in Gesprächen mit Seneca höchstpersönlich oder zumindest einem Mann, der Seneca sein Leben lang studiert und erfolgreich nach dessen Prinzipien gelebt hat. Ich halte mich persönlich nicht für den großen Stoiker der Neuzeit. Ich halte mich eher für einen Lernenden, der sich auf den Weg gemacht hat, diese wunderschöne Philosophie und deren Prinzipien zu studieren und zu leben. Auch ich bin nicht vor Fehlern oder dem falschen Weg gefeit und habe daher mein permanentes Zitieren von Marcus Aurelius oder Seneca auf meine Schreibarbeit beschränkt.
Allgemein kann man sagen, dass es im Stoizismus nicht darum geht, einen Wettkampf daraus zu machen und jemanden zu besiegen. Es geht nicht darum, besser zu sein als jemand anderes oder gar auf alle Fragen eine Antwort zu finden. Es geht darum, jeden Tag besser zu sein, als Sie es gestern waren. Das Ziel ist es zu wachsen. Wir sind selbst unser größter Gegner und Kontrahent. Die Entscheidung, ob Sie ein Stoiker werden oder nach den Prinzipien des Stoizismus leben, soll daher bei Ihnen verbleiben. Sie sollen es sein, der über Ihr Leben entscheidet. Niemand sonst. Es war Seneca, der sagte: »Wie lange ich lebe, das hängt nicht von mir ab, ob ich aber wirklich lebe, das hängt von mir ab.« Der Stoizismus ist eine Lebensphilosophie und eine konträre Perspektive zu unserer heutigen modernen Welt. Wie Sie wählen, liegt bei Ihnen.
Das Komplizierte am Leben ist, dass wir immer eine Wahl haben. Die Wahl, morgens aufzustehen oder liegen zu bleiben, zu duschen oder zu stinken, zu essen oder zu hungern, zu lieben oder zu hassen, dieses Buch zu Ende zu lesen oder, wie im Durchschnitt 60 Prozent aller Leser, ein Buch nie bis zur letzten Seite zu lesen. Laut Umfragen werden die meisten Bücher nie beendet, weder beim Lesen noch beim Verfassen. Viele Manuskripte werden niemals zu einem Buch, da sie nicht zu Ende geschrieben werden. Selbst wenn Sie einen Arbeitsvertrag eingegangen sind, liegt es noch an Ihnen, ob Sie diesen Vertrag auch wirklich einhalten. Stehen Sie also nun morgens auf und gehen zur Arbeit oder bleiben Sie doch lieber liegen, machen sich spät am Vormittag eine Schüssel Müsli und reichen darauf lieber einen Krankenschein ein? Werden Sie Ihre Lebenszeit dafür einsetzen, mit dem oder gegen den Strom zu schwimmen? Werden Sie Ihr Leben wie eine Generalprobe erleben, eine Art ersten Durchlauf eines echten Lebens, das alles auf ein fernes Später verschiebt? Oder werden Sie ein Leben der Exzellenz und des Außergewöhnlichen erleben und nicht gleich nach der Grabesrede in Vergessenheit geraten? Es hängt von uns selbst ab, lehrt uns Seneca. Es ist unsere Entscheidung, was wir im Leben tun und was nicht. Machen Sie sich bewusst, dass wir immer eine Wahl haben. Immer! Jede Negierung unserer Wahlmöglichkeiten ist eine Ausrede.
Das Komplizierte am Leben ist, dass wir immer eine Wahl haben.
Das Problem an unseren Wahlmöglichkeiten ist allerdings, dass wir, wenn wir uns erst einmal für einen Weg in unserem Leben entschieden haben, damit gleichzeitig einen anderen Weg ausschlagen. Wer in die Sonne fliegt, macht keinen Skiurlaub. Wer am Meer ist, kann nicht in den Bergen sein. Wer liebt, kann nicht hassen und wer sich vegan ernährt, kann das Filetsteak nicht genießen. Das ist furchtbar, aber ein Teil des Preises, den wir bezahlen.
Ob Sie sich nun für den Stoizismus oder gegen ihn entscheiden oder wie die meisten einen Weg gehen, der nicht vollkommen mit den, aber auch nicht ohne die Lehren der Stoiker auskommt, ist Ihnen überlassen. In den meisten Fällen bleibt der Stoizismus für die Menschen nur ein Buch, eine Idee oder etwas, nach dem sie sich sehnen. Sich aber klar dafür oder dagegen zu entscheiden, scheint für viele unmöglich. Wer nach einer Lebensphilosophie sucht, findet diese womöglich im Stoizismus. Vielleicht wollen Sie aber auch nur lernen, gelassener zu werden, den richtigen Partner finden, mehr Freunde gewinnen oder vielleicht versprechen Sie sich durch diese Philosophie einen Leitfaden für Erfolg jedweder Art. Möglicherweise aber sind Sie auch ein Verfechter einer anderen Philosophie oder gar esoterischer Sichtweisen. Sie haben immer die Wahl und Wahlmöglichkeiten sind weder gut noch schlecht. Jede Entscheidung, die wir im Leben treffen, hat Konsequenzen. Dazu gehören auch die Entscheidungen, die wir nicht treffen.
Jede Entscheidung, die wir im Leben treffen, hat Konsequenzen.
Wir haben in der großen Welt des Dualismus die Wahl zwischen Himmel und Hölle, Links oder Rechts, Oben und Unten, Falsch und Richtig, Wahrheit und Lüge, Realität und Fantasie, Freude und Leid, Schwarz und Weiß oder Kalt und Heiß. Bei all den Möglichkeiten ist es im Leben verdammt schwer, sich immer für den richtigen Weg zu entscheiden. Das ging auch den Stoikern so. Auch der praktizierende Stoiker tut sich mit all den Wahlmöglichkeiten nicht ganz leicht. Die richtige Wahl bei unseren Entscheidungen zu treffen, ist nicht einfach. Zumindest so lange, bis wir entscheiden, dass die Qualität der Entscheidung selbst weniger wichtig ist als die Tatsache, dass wir die Entscheidung überhaupt treffen.
Sie werden mir daher hoffentlich verzeihen, dass ich Ihnen nicht alle Wahlmöglichkeiten aufzeigen und am Ende dieses Buches die Formel für Glück, Erfolg und Reichtum offenbaren kann. Im Stoizismus geht es nicht darum, der reichste Trottel auf dem Friedhof oder die angesehenste Frau der Stadt zu werden. Wer Wahlmöglichkeiten hat, muss entscheiden. Wie Sie entscheiden, liegt außerhalb meiner Kontrolle und bleibt Ihnen überlassen. Was Sie mit den Worten und Ideen in diesem Buch machen, ist Ihre Wahl und ich verspreche Ihnen, dass ich jede davon akzeptieren werde – selbst wenn Sie am Ende das Buch vor Zorn verbrennen sollten. Wichtig ist nur, dass Sie erkennen, dass Sie eine Wahlmöglichkeit besitzen, und eine Entscheidung treffen. Wie auch immer Sie sich entscheiden mögen, treffen Sie am Ende der letzten Seite eine Entscheidung, als ob Ihr Leben davon abhinge – ob für oder gegen den Stoizismus, für Ihre Zukunft, Ihr Wohlbefinden oder Ihre Entwicklung. Ihr Leben hängt nämlich davon ab. Treffen Sie Ihre Entscheidung noch heute. Wer weiß schon, ob es ein Morgen überhaupt geben wird?
Der Stoizismus ist nicht die erste Philosophie, die ihrem Anwender das Gelbe vom Ei verspricht. Andere Philosophien und sogar Religionen warben in der Vergangenheit und werben sogar noch in der Gegenwart für Erlösung, Erleuchtung, good old fucking Paradise und 72 keusche Nymphomaninnen. Was für ein Widerspruch! Welcher Religion Sie auch angehören oder welcher Philosophie, Lebensweisheit oder welchem erleuchteten Guru mit rotem Punkt auf der Stirn Sie auch auf Instagram, Facebook oder im wahren Leben folgen, so sei gesagt, dass die Stoiker sich selten selbst als solche preisgaben. Der Stoiker beschäftigt sich mit der Anwendung seiner Prinzipien. Er übt und trainiert diese unerlässlich und sieht in jeder Lebenslage eine Chance und Übung. Es ist daher selten, dass Sie jemanden finden, der gemäß dem Stoizismus lebt und sich stolz Stoiker nennt. Sie werden eher jemanden finden, der es cooler findet, sich Stoiker zu nennen, als wirklich gemäß dem Stoizismus zu leben. So ist das häufig bei uns Menschen. Wir finden die Vorstellung von etwas besser, als es dann eigentlich ist. Wie oft bezeichnen sich junge Männer als Unternehmer, weil sie glauben, dass es cool ist, einer zu sein? Aber als einer zu arbeiten und sich all den Herausforderungen zu stellen, die damit verbunden sind, das wollen die wenigstens. Es klingt richtig sexy, wenn man von sich behaupten kann, Musiker zu sein. Doch wirklich Berufsmusiker zu sein und all die harten Zeiten durchzumachen, ist weniger glorreich. Wir lieben die Vorstellung, etwas zu sein und dieses Etwas an unsere Identität zu binden. Es dann aber tatsächlich immer wieder zu tun, ist harte Arbeit und macht weniger Spaß als erhofft. Einen »gläubigen Stoiker« gibt es daher nicht.
Die Stoiker waren zu Zeiten der Antike zwar kräftig dabei, die Werbetrommel für ihre Philosophie und Schule zu rühren, doch seitdem es ruhig um den Stoizismus geworden ist, üben sich Stoiker in der Stille. Aus diesem Grund gibt es auch keine Anhängerschaft und auch keinen Kult, den wir mit einer Sekte oder gar Religion vergleichen könnten. Die Stoiker waren und sind einfache Menschen, die ein einfaches, aber gutes Leben führen. Mehr ist es im Grunde genommen nicht. Daher findet sich der Stoizismus kaum in Hallen wieder, die voller coaching-begeisterter Menschen sind. Der Vermarktung dieser so alten und einfachen, aber komplexen Philosophie wird nur eine geringe Aufmerksamkeit geschenkt.
Die griechische Philosophie des Stoizismus wurde leider oft in den vergangenen Jahren und Jahrhunderten fälschlicherweise als eine kaltherzige Lebensphilosophie dargestellt. Jemand, der als »stoisch« bezeichnet wird, erträgt scheinbar alles, ohne jede Gefühlsregung. Obwohl der Stoizismus oft als Gegenstück einer freizügigen hedonistischen Philosophie gesehen wird, so waren die Stoiker keine Asketen und Lebensverweigerer. Niemand bejahte das Leben anscheinend so sehr wie die Stoiker. Das oberste Ziel für den Stoiker war es, ein gutes Leben zu führen und seine Wahlmöglichkeiten so klug zu wählen, dass diese ein gutes Leben ermöglichten, welches einem selbst und anderen zugutekam.
Der Stoizismus hatte es nicht immer einfach. Zu Beginn der Lehren Zenons erfreute sich der Stoizismus einer wachsenden Anhängerschaft. Doch im antiken Griechenland herrschte ein reges öffentliches Treiben und die Popularität von philosophischen Schulen war mit der heutigen nicht zu vergleichen. Die philosophischen Schulen der griechischen Antike lieferten sich geradezu intellektuelle Schlachten um neue Schüler. Die Schule des Stoizismus hatte es neben den Kynikern, Epikureern, Anhängern Platons oder Sokrates’ und anderen schwer. Doch Zenon, der Gründer des Stoizismus, lernte zuerst bei den Kynikern, bevor er die Philosophie des Stoizismus förderte, und verband so später viele Elemente einzelner Philosophien miteinander in einer lebensbejahenden und praktischen Philosophie. Arthur Schopenhauer meinte im 19. Jahrhundert sogar, dass der Stoizismus aus der Philosophie der Kyniker hervorgegangen sein müsse.
Zenon war die bloße theoretische Schule zu wenig, er strebte nach einer praktischen Philosophie. Diese praktischen Lehren machten den Stoizismus so bekannt und beliebt. Jeder konnte plötzlich eine Lebensphilosophie haben, egal aus welcher sozialen Schicht er kam. In der philosophischen Schule des Stoizismus konnten Bettler und reiche Menschen gemeinsam lernen. Man bedenke, dass Marcus Aurelius, der später römischer Kaiser wurde und einer der größten Stoiker war, unglaublich mächtig und reich wurde, während Epiktet, ebenfalls ein großer Stoiker, einst ein Sklave war. Durch den Stoizismus bekamen alle Menschen die Möglichkeit, eine Philosophie zu erlernen, die es ihnen unabhängig von Herkunft, Vermögen oder Status erlaubte, ein gutes Leben zu führen.
In den Jahrhunderten nach Zenon gelangte der Stoizismus bis nach Rom und damit zu eben jenen Größen wie Marcus Aurelius, Epiktet oder auch Seneca. Im Gegensatz zu den griechischen Stoikern waren die Römer hervorragend darin, den Stoizismus zu vermarkten. So kam es, dass im antiken Rom der Stoizismus seine Sternstunde erlebte und aufblühte. Seneca und Epiktet brachten beide den Stoizismus voran, während Marcus Aurelius als Kaiser sein Volk nichts über den Stoizismus lehrte. Erst durch seine Tagebücher (Selbstbetrachtungen) konnten später seine Gedanken zum guten Leben veröffentlicht und gelesen werden.
Der Stoizismus fand mit dem Niedergang des römischen Reiches beinahe sein Ende. Die Lehren der Stoiker wurden immer seltener. Im Mittelalter verschwand der Stoizismus dann fast völlig. Erst in der Moderne fand die Lebensphilosophie wieder in die Bücherregale, Klassenzimmer, Schulen und Universitäten zurück. In den letzten Jahren verhalfen Professoren der Philosophie, Schriftsteller und Denker dem Stoizismus zu neuem Leben. Obwohl die Stoiker eine Philosophie vermittelten, die heute über 2000 Jahre alt ist, wissen wir nun, dass die Techniken, Prinzipien und Ideen des Stoizismus auch heute noch die gleiche Tragweite und Relevanz besitzen. Noch heute kann der Stoizismus seinen Schülern zu mehr Gelassenheit, Ruhe, Frieden, Erfolg und Glückseligkeit verhelfen, während er Angst, Trauer, Wut, Zorn, Depression und Hoffnungslosigkeit im Keim zu ersticken vermag. Dabei ist der Stoizismus keine entspannte Chiller-Philosophie für potrauchende Hippies mit Löckchen. Der Stoizismus ist ein harter Knochen und nichts für die zarten Blümchen unter Ihnen, die sich an den Händen fassen wollen, »Fuchs, du hast die Gans gestohlen« singen, freitagabends Wollsocken stricken und von der heilen Welt träumen. Die Stoiker waren keine Pessimisten, doch ihre Philosophie bedarf des Mutes, der Ehrlichkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber den eigenen Fehlern, Kanten und Ecken, die jeder von uns hat. Die Stoiker strebten nach der Wahrheit und damit auch danach, sich selbst gnadenlos die eigenen Fehler aufzuzeigen, um sich so verbessern zu können. Dass sich die Stoiker dabei nicht selbst kasteiten oder schlechtredeten, werden wir im Verlauf des Buches noch vertiefen. Schließlich wollen Sie lernen, sich zu verbessern, und nicht etwa an Ihren Fehlschlägen kleben bleiben, um an diesen traurig nagen zu müssen. Seneca schrieb in seinen Briefen an Lucilius: »Man muss so lange lernen, als man noch Mangel an Kenntnissen hat (…).«
Wenn Sie erfahren wollen, wie Seneca Ihnen dazu verhelfen kann, ein großartiges Leben zu führen, vollkommene Gelassenheit und Ruhe zu erlangen, Frieden zu finden, ungeahnte Erfolge zu genießen und auch mit den schwierigsten Situationen des Lebens umzugehen, so wird der Stoizismus Ihnen ein treuer Gefährte auf all Ihren Wegen sein. Weiterhin werden Sie erkennen, dass die meisten der heutigen Lehren nicht dem Weg Senecas entsprechen und hier womöglich der wahre Grund für die Unglückseligkeit, Unruhe und den Misserfolg vieler liegt. Die Philosophie des Hedonismus hat längst über unsere moderne Gesellschaft gesiegt und steht damit konträr zum gelebten Stoizismus. Seien Sie auf Ihrem Weg zu mehr Glück, Erfolg und Frieden offen für Neues und hinterfragen Sie ruhig Ihren bisherigen Weg. Auf diese Weise gelingt es Ihnen am besten, die Weisheiten der Stoiker zu verstehen, zu lernen und für Ihr eigenes Leben umzusetzen. So wird es Ihnen gelingen zu erkennen, welche Wahrheiten unsere heutige Gesellschaft Ihnen vorenthält und verschweigt.
»Im Unglück richte dich auf, im Glück beuge dich nieder.«
Seneca
Der Hedonismus hat gesiegt. Unsere Gesellschaft hat den Kampf gegen den Hedonismus verloren. Wir haben uns als Gesellschaft und als Menschen weiterentwickelt und dennoch für den Fortschritt den Preis bezahlt. Durch Technik, Forschung und Wirtschaft haben wir Fortschritte erlangt und sind gesünder, reicher, mobiler und fortschrittlicher denn je geworden. Doch allen Errungenschaften zum Trotz haben wir den philosophischen Kampf zwischen den dualistischen und recht unterschiedlichen Philosophien gegen den Hedonismus verloren. Wir haben den Krieg verloren. Zurückgeblieben sind die lebenden Toten, die mit Genickstarre auf das Handy schauen, während sie mit voller Schrittgeschwindigkeit gegen den nächsten Pfeiler rennen.
Der Hedonismus hat gesiegt.
In unserer heutigen Gesellschaft kommt es den Menschen darauf an, dass es ihnen gut geht, sie glücklich sind und so viele einfache und leichte Momente wie nur möglich sammeln. Wer kein einfaches Leben führt, kann es sich zumindest »schönkaufen«. Noch nie hat der Mensch in seiner Geschichte so viel Besitz angehäuft, wie es heute der Fall ist. Noch nie hatten wir so viele Möglichkeiten, uns auf verschiedene und mannigfaltige Weisen zu ernähren. Noch nie konnten wir so weit reisen, so schnell Menschen erreichen und Ideen zur Vollendung führen. Niemals zuvor war das Leben so leicht wie heute. Das mag eine Errungenschaft hedonistischer Triebe sein. Daran mag vielleicht kein Zweifel bestehen. Doch ist der Drang nach mehr Glück, mehr Freude, mehr Party, mehr Sex und mehr Geld das Wundermittel gegen all unsere Sorgen?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir konsumieren, um zu zeigen, nicht aber, um zu überleben. Wir achten mehr auf die Meinungen anderer Menschen als auf unsere eigene Entwicklung. Wir suchen mehr nach der Anerkennung der Herde als nach der Individualität in der Einsamkeit. Wir suchen nach dem leichten Weg und verabscheuen alles Schwere. Wir wollen Leidenschaft, ohne zu leiden. Wir wollen Intimität ohne Verantwortung. Wir wollen Sex ohne Konsequenzen. Wir wollen das Happy End ohne die Schwierigkeiten und wir wollen mehr Geld, ohne etwas dabei aufgeben zu müssen. Wir sind die Gesellschaft, in der 60 Prozent aller Ehen geschieden werden und 50 Prozent aller Menschen – abhängig davon, wo sie leben – an Krebs erkranken. Wir sind die Gesellschaft, die Tiere foltert, um an der Kühltheke das beste Stück ohne Fett auswählen zu können, die Bananen normiert und 50 Prozent aller Lebensmittel wegwirft, weil sie nicht wie aus einem Katalog aussehen. Wir sind die heutige Generation, die keine ernsthafte Beziehung mehr will. Wir wollen Händchen halten auf Instagram, zwei Paar Schuhe in der Story-Timeline und den Hashtag #Couple-Goals. Wir »swipen« uns durch die Apps, weil sich dort alle elf Minuten jemand verliebt. Ist da nicht nach einigen Minuten auch unser Los dabei? Wir sind die Gesellschaft, die andere Meinungen diskreditiert und vorschnell beurteilt. Wir sind die Gesellschaft, die Die 7 Wege zur Effektivität und Der Weg zur finanziellen Freiheit: Ihre erste Million in 7 Jahren liest. Wir sind die Generation, die mehr Zeit in ihr digitales Leben investiert als in ihre Persönlichkeit. In dieser twitternden, tweetenden und twerkenden Welt sind wir die Gesellschaft, die eine Fassade will, wo Illusionen zur Norm geworden sind. Wir wollen Ehrlichkeit und belügen uns selbst. Wir wollen Frieden und bauen Bomben. Wir wollen Liebe und verurteilen uns gegenseitig im blanken Hass. Wir sehnen uns nach Gleichberechtigung und bauen Hierarchien. Wir suchen nach Freiheit und knechten uns selbst, indem wir Hamsterräder bauen und täglich darin versauern. Wir sind die Gesellschaft, die den Kampf gegen den Hedonismus verloren hat.
Als ich Sergeant First Class P. Gilmore traf, war ich verloren, ohne es zu wissen. Ich wusste nicht viel über den Stoizismus und schon gar nicht, dass ich in einer hedonistischen Welt gefangen war. Über den Hedonismus wusste ich ebenfalls nicht viel. Im Grunde genommen dachte ich, dass ich mehr wüsste, als es eigentlich der Fall war. Um ehrlich zu sein: Ich hatte absolut keinen Schimmer! Ich hatte von der Philosophie der Stoa zu Schulzeiten etwas gehört. Das war es aber auch schon. Mit einer Philosophie für meine Lebensführung hatte ich mich nicht wirklich beschäftigt. Wie auch? Ich war viel zu beschäftigt, mein eigenes Leben auf die Reihe zu kriegen.
Ich arbeitete rund um die Uhr und schlidderte dabei von einer Katastrophe in die nächste. Siebzig bis achtzig Stunden waren mein Wochenpensum. Mein Körper litt unter dem Stress, dem Druck, dem wenigen Schlaf und der mangelnden Bewegung. Ich fühlte mich ausgelaugt. Die Tage, in denen ich Wettkampfschwimmer war und gute 100 Meter ohne Probleme mit einem Atemzug tauchen konnte, waren längst vergangen. Nach der Arbeit schob ich mir ungesundes Tiefkühlessen in den Ofen, schlang es in mich hinein, bevor ich später in die Nachtschicht fuhr, von der ich nachts um 1.30 Uhr heimkehrte. Am nächsten Morgen klingelte wieder der Wecker, um mich aus meinem Schlaf zu reißen. Um 8 Uhr stand ich wieder auf der Matte und arbeitete im Büro. Drei Jahre gingen so ins Land, bis ich den Sergeant kennenlernte.
Mit Mitte zwanzig hatte ich zwei Bücher geschrieben, die auf der Bestsellerliste des Focus Money waren und in der Presse besprochen worden sind. Ich hatte ein Unternehmen gegründet, meine Erfahrungen gemacht und geschäftliche Erfolge gefeiert, um am Wochenende darauf zusammenzubrechen. Ich wurde wütend, ungeduldig und forderte mehr von mir, als ich leisten konnte. Ich trieb mich jeden Tag an meine Grenzen. Nur waren es die falschen Grenzen. Ich nahm 10 Kilo zu und wurde langsamer. Es war, als liefe mir die Zeit durch die Finger. Von außen betrachtet hatte ich alles, was man laut anerkannter Normen braucht.
Mit Anfang zwanzig und ohne Geld in der Tasche hatte ich zunächst ausschließlich das große Ziel gehabt, die Leere in meiner Brieftasche zu füllen. Ich dachte, dass finanzieller Erfolg mein Leben dramatisch verbessern würde. Mit genügend Anstrengungen, Geduld und Zeit erreichen wir solche Ziele auch. Das Ergebnis war geschäftlicher und monetärer Erfolg, den ich prompt dafür einsetzte, unsinnigen materiellen Wohlstand zu erlangen. Teure Luxusuhren, Markenkleidung, eine moderne und exquisite Bleibe – das Beste von allem musste her. Ich füllte mein Leben mit materiellem Wohlstand, während ich innerlich zerbrach. Ich füllte mein Leben mit Zeug bis unter die Decke. Und als die Decke nicht mehr reichte, suchte ich nach der Vergrößerung von allem. Mehr Luxusuhren, mehr Kleidung und ein noch teureres Auto mussten her. Ich schnürte all diesen materiellen Ballast um mein Glücksempfinden herum, bis ich es erdrosselte. Eines Tages stand ich gut genährt und mit all den Dingen da und bemerkte, dass ich verloren war. Ich war unglücklich und all die Dinge, für die ich so hart gearbeitet hatte, erdrückten mich und meine Freiheit. Ich war gefangen in der hedonistischen Tretmühle, in der ich Dinge kaufte, weil ich gefallen wollte und mir Anerkennung wünschte. Wird es uns denn nicht so beigebracht? Wenn wir Erfolg haben, müssen wir ihn doch auch zeigen, nicht wahr?
Ich war gefangen in der hedonistischen Tretmühle.
Ich kaufte immer mehr Dinge und knotete sie an meine Identität. Meine Mitmenschen sagten mir: »Mensch, Niclas, sei glücklich, du hast es geschafft. Schau nur, was du alles besitzt und was für ein tolles Leben du hast. Ich wünschte, ich hätte das auch.« Wenn ich aber versuchte, meine Lage zu erklären, und um Rat bat, so hieß es nur: »Ist doch alles richtig so! Man muss sich doch auch mal was gönnen, wenn man Erfolg hat.« Was aber hatte ich mir gegönnt? Ich hatte Dinge gekauft, um etwas darzustellen, um zu gefallen und Anerkennung zu bekommen, hatte meine Lebenszeit in der Arbeit für Geld eingetauscht und das Unglück als Ergebnis erhalten. Ich hatte meine Gesundheit auf dem Weg geopfert. Alle paar Monate streikte mein Körper, blockierte und schickte mich auf die Bretter. Mann über Bord! K. o. in der ersten Runde! Mayday, wir stürzen ab! Houston, wir haben ein Problem!
Der Erfolg stieg mir zu Kopf und streichelte mein Ego. Ich habe zwar in meinem ganzen Leben niemals eine Zigarette oder Drogen angefasst, doch hätte ich die gute Kinderstube meiner Eltern nicht genossen, wäre ich wahrscheinlich ein Börsianer auf Meth und Amphetaminen geworden. Ich lebte wie ein Süchtiger. Ich war abhängig von dem Erfolg, durch den ich mir Anerkennung versprach. Ich war mit Mitte zwanzig allein, fett und langsam. Die Tage, in denen ich fit wie ein Turnschuh war, waren lange vorbei. Ich war voller Zorn, Wut und Angst und weit davon entfernt, der Mann zu sein, der ich gerne gewesen wäre. Meine Familie lebte weit weg von mir. Die meiste Zeit war ich allein oder unterwegs. Ich hatte nichts außer Geld. Meine zahlreichen flüchtigen Beziehungen zu Frauen hielten nicht lange und in der Eile verpasste ich es zu verstehen, was wirklich zählt. Ich rutschte von einer toxischen und destruktiven Beziehung in die nächste. Fast magnetisch zog ich Frauen mit ähnlichen Problemen wie den meinen an. Als ich diese verließ, blieb ich mit Panikattacken und körperlichen Schmerzen zurück. In Kurzform: Ich war ein ziemliches Stück Scheiße!
Womöglich finden wir den Wendepunkt im Leben erst dann, wenn es absolut nicht mehr weitergeht. Solange wir aber das Übergewicht, die schlechte Gesundheit und all das Chaos tolerieren, werden wir auch immer genau das weiterhin erhalten. Einen Wendepunkt finden wir erst am Zenit. Dieser Wendepunkt war meine erste Begegnung mit Sergeant First Class P. Gilmore und dem Stoizismus. Ich lernte den Sergeant flüchtig bei einem Kundentermin kennen. Schon einige Male hatte ich ihn dort am Fließband arbeiten sehen, wusste aber nicht, wer er war. Er war mir dennoch aufgefallen, da er der einzige Mitarbeiter am Fließband war, der lächelte und permanent glücklich aussah. Es war, als sei er gerne dort am Fließband. Für mich war das unvorstellbar. »War Fließbandarbeit denn nicht die monotone Hölle des Taylorismus?«, fragte ich mich. Neugierig, wie ich war, sprach ich den Sergeant an diesem Abend an, woraufhin er mich mit der eingangs erzählten Geschichte beeindruckte.
»Aber hör mal, du verdienst doch bestimmt gar nicht so viel hier am Fließband, oder?«, fragte ich ihn. »Wie kannst du da so verdammt glücklich sein?«, ergänzte ich. Der Sergeant nickte und erklärte mir, dass er durch seine Rente aus Armeezeiten und seinen sparsamen Lebensstil hervorragend über die Runden käme. Den Job am Fließband brauche er finanziell nicht, erklärte er mir. »Jeder braucht eine Aufgabe, bei der man andere Menschen unterstützen kann. Hier suchte man Mitarbeiter für das Fließband. Also helfe ich hier«, sagte er. Ich verstand die Welt nicht mehr. Warum opferte er seine Zeit für eine solch einfache Arbeit, wenn er doch bei der Armee eine ganze Truppe angeleitet hatte und so hervorragend ausgebildet war? Er lächelte mich an und sagte: »Es ist eine gute Arbeit. Hier schießt niemand auf dich und niemand verliert sein Leben.« Ich war von der ersten Sekunde an von ihm begeistert. Er war der erste Mensch, der mich wirklich zutiefst beeindruckt hat. Obwohl ich bereits Vorbilder in jüngeren Jahren hatte, die durch ihren Erfolg und ihren Reichtum bekannt geworden waren, so war der Sergeant doch der erste Mensch, den ich für seine Persönlichkeit bewunderte statt für seine Errungenschaften.
Alle meine einstigen Idole und Helden sahen neben dem Sergeant wie eine Horde Schimpansen aus. Es mag Sie daher vielleicht verwundern, dass ich Ihnen nicht von dem reichen, gut aussehenden und allwissenden Mentor erzähle, der mein Leben, schnipp, schnapp und zack, verändert hat. Der Sergeant war anders. Er war weder reich noch berühmt oder besonders schön. Letzterem würde er wahrscheinlich heute mit einem süffisanten Lächeln widersprechen. Der Sergeant war ein glatzköpfiger, muskulöser, 178 Zentimeter großer Mann, der mit seinem Äußeren nicht auffallen würde. Doch mit seiner besonderen Art brachte er den Raum zum Strahlen, den er betrat. Er war stets freundlich, höflich, zurückhaltend und unglaublich fokussiert. Er war so präsent, dass es schon fast beängstigend war. Seine Person nahm den ganzen Raum ein, ohne dabei aber auffallen zu wollen. Irgendetwas ließ mich an ihm einfach nicht los.