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Drei ältere Herren auf einer Junggesellen-Auktion? Schon etwas ungewöhnlich! Und als sie auch noch mitbieten, um den Hauptpreis, den attraktiven Sicherheitsberater Flynn Morgan, zu ersteigern, kommen die Leute aus dem Staunen nicht raus. Den Brüdern Dearly - allesamt Onkel der zurückhaltenden Chemikerin Jane - gelingt es, ihren "Gewinn" zu überreden, nach Salmon Bay zu reisen. Im Haus ihrer Nichte soll er eine Alarmanlage einbauen. Dass Jane von diesem Plan keineswegs angetan ist, haben sie allerdings verschwiegen. Erst als Flynn sich bereit erklärt, ihr neues Parfüm zu testen, stimmt Jane zu. Welche sinnlichen Auswirkungen dieser ganz besondere Duft auf sie beide haben wird, ahnt nicht einmal Jane ...
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Seitenzahl: 202
IMPRESSUM
Der Hauptgewinn erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1999 by Day Leclaire Originaltitel: „The Perfect Solution“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1588 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Karin Weiss
Umschlagsmotive: jacoblund/GettyImages
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733746315
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Wie bitte? Alle Testpersonen haben abgesagt?“, fragte Jane Dearly entsetzt und hielt den Hörer krampfhaft ans Ohr.
„Vielleicht sind im Wintersemester wieder einige Studienanfänger der University of Washington bereit, sich für deine Experimente zur Verfügung zu stellen.“
„Aber ich brauche jetzt jemanden.“
„Es tut mir leid, Jane, da hast du Pech. Du kannst ja selbst nach Seattle kommen und suchen. Gibt es in der kleinen Stadt, in der du lebst, niemanden, der dir helfen will?“
„Nein. Die Leute hier in Salmon Bay haben schon jahrelang genug von meinen Experimenten.“ Sie schloss sekundenlang die Augen und versuchte, ihre Enttäuschung zu verdrängen. Was für ein Geburtstag! Die Zeit wurde knapp, sie musste endlich den Durchbruch schaffen, denn sie war nicht die Einzige, die an diesem Projekt arbeitete.
„Kannst du sie nicht überreden, doch noch mitzumachen?“
Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Schon dein Fragebogen hat die Interessenten in die Flucht geschlagen. Vielleicht kannst du ihn für die nächste Gruppe ändern.“
„Ah ja. Danke für deine Hilfe.“
„Ich rufe dich an, sobald ich einige Freiwillige gefunden habe.“
„Okay, danke.“ Jane legte den Hörer auf, während Dipstick, ihr Bernhardiner, winselte und zwischen ihr und der Haustür hin- und herlief.
„Ist die Post schon da? Vielleicht erhalte ich zur Abwechslung auch einmal eine gute Nachricht.“ In dem Moment klopfte es an der Tür, und Jane öffnete. „Hallo, Mr. Keenan.“
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Jane.“
Es überraschte sie nicht, dass der Briefträger ihren Geburtstag nicht vergessen hatte. Obwohl Salmon Bay in der Nähe von Seattle lag, hatte es sich seinen kleinstädtischen Charakter bewahrt. „Danke.“ Sie blickte den Mann hoffnungsvoll an. „Haben Sie etwas für mich?“
„Leider nicht. Das ist alles für ihre Onkel. Da sie nicht zu Hause sind, wollte ich es bei Ihnen abgeben. Erwarten Sie etwas Wichtiges?“
„Nein, eigentlich nicht. Aber eine erfreuliche Nachricht hätte meine Stimmung aufgeheitert.“
Der Mann nickte verständnisvoll. „Ist wieder ein Experiment misslungen?“
Jane verzog das Gesicht. „Meine Testpersonen haben sich aus dem Staub gemacht. Die nächste Versuchsreihe ist fertig, doch ich habe niemanden zum Testen.“
„Wissen Sie was? Ausnahmsweise stelle ich mich zur Verfügung.“
Ihre Miene hellte sich auf. „Würden Sie das wirklich für mich tun?“
Er zuckte die Schultern. „Die Menschen in Salmon Bay würden doch alles für Sie tun. Oder fast alles, außer an Ihren Experimenten teilzunehmen“, fügte er hinzu. „Aber weil Sie heute Geburtstag haben, mache ich eine Ausnahme. Es ist doch nicht gefährlich, oder?“
„Nein, überhaupt nicht.“
Mr. Keenan reichte ihr ein Paket. „Okay. Bestätigen Sie mir den Erhalt, dann können Sie beginnen. Es darf jedoch nicht zu lange dauern, ich bin noch nicht fertig für heute.“
Jane umarmte den Mann. „Danke, Edward.“ Sie eilte zurück ins Haus und sah sich suchend um. Verdammt, wo ist das Spray, bin ich etwa mit meinen neunundzwanzig Jahren schon so vergesslich? überlegte sie.
In dem Moment stieß ihr Hund mit der Schnauze an die Tasche ihres Laborkittels, als wüsste er, was sie suchte. Sie zog die Sprayflasche heraus. „Danke, Dipstick.“
Hastig besprühte sie sich mit dem Parfüm, ehe sie im Spiegel ihre Frisur prüfte. Sie hatte das Haar an diesem Morgen zu einem strengen Knoten frisiert. Sie wollte professionell wirken und setzte die Brille auf. Dann vergewisserte sie sich, dass ihr Kittel sauber war, und ging wieder zur Tür.
„Hallo, Mr. Keenan“, begrüßte sie den Mann noch einmal betont beiläufig.
Edward Keenan musste sich das Lachen verbeißen. „Hallo, Miss Jane.“
Dipstick schob sich zwischen die beiden und schnüffelte an ihr herum. „Es ist warm heute.“ Jane beugte sich über den Hund und fächelte unauffällig die Luft in Mr. Keenans Richtung. Er reagierte jedoch nicht.
„Stimmt.“ Er trat von einem Fuß auf den anderen. „Jane?“
„Ja, Edward?“
Er wies auf das Paket. „Sie müssen mir noch den Empfang bestätigen.“
Plötzlich hatte sie eine Idee. „Ich hole einen Kugelschreiber“, verkündete sie. Dann konnte sie sich noch einmal mit dem Parfüm besprühen.
Daraus wurde jedoch nichts, denn er zog einen Kugelschreiber aus der Tasche. „Nehmen Sie den hier.“
„Warum sollte ich Ihren Kugelschreiber abnutzen, wenn ich selbst welche habe?“
Er stöhnte auf. „Okay, mehr Zeit habe ich nicht.“
Jane sah auf die Uhr. „Es sind gerade erst zweiunddreißig Sekunden vergangen. So rasch kann das Experiment gar nicht gelingen.“
„Was haben Sie in Ihrer Hexenküche wieder zusammengebraut, Jane? Soll ich plötzlich Ihren Hund mögen?“ Er warf einen Blick auf Dipstick. „Nehmen Sie es nicht persönlich, aber ich kann Hunde nicht ausstehen.“
Sie hielt Dipstick die Ohren zu. „Mr. Keenan, ich schätze Sie sehr. Ihre Abneigung gegen Hunde ist, soweit ich es beurteilen kann, Ihre einzige negative Eigenschaft. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, es geht nicht um Hunde. Ich wollte nur herausfinden, wie Sie auf mein Parfüm reagieren. Das ist alles.“
„Ihr Parfüm bewirkt doch hoffentlich keine Persönlichkeitsveränderung, oder?“, fragte er mit besorgter Miene.
„Nein …“, begann sie. „Oh, Sie machen sich über mich lustig.“
„Ich wollte Sie an Ihrem Geburtstag nur zum Lachen bringen“, antwortete er freundlich.
Sie seufzte. „Aber wenn Sie mir wirklich einen Gefallen tun wollen, dann verraten Sie mir, was Sie von meinem Parfüm halten.“
Er sah auf die Uhr. „Es tut mir leid, Jane, ich muss weiterfahren. Wenn ich nicht so auf Ihr Parfüm reagiert habe, wie Sie gehofft haben, ist es wahrscheinlich genauso wirkungslos wie das Spray, das Sie für Sheriff Tucker entwickelt haben.“
„Mit dem Spray war alles in Ordnung“, entgegnete sie. „Der Sheriff hat nur vergessen zu erwähnen, dass er die Ameisen töten wollte. Ich verstehe jedoch nicht, warum er so niedliche Tiere umbringen will.“
Als der Briefträger weg war, nahm Jane die Sprayflasche in die Hand. „Das hat nicht funktioniert, stimmt’s, Dipstick?“ Der Hund wedelte mit dem Schwanz, als wüsste er genau, was sie meinte. „Ich muss unbedingt einen Mann finden, an dem ich das Parfüm testen kann.“
Sie wollte sich selbst beweisen, dass ihre Onkel sich nicht vergeblich bemüht hatten, aus ihr eine erfolgreiche Chemikerin zu machen. Die Zeit wurde knapp, und Jane wurde immer verzweifelter. Dieses Experiment war ungemein wichtig für sie. „Wo könnte ich eine männliche Testperson finden?“, überlegte sie laut und kraulte den Hund hinter den Ohren. „Weder Studenten noch die Leute aus der Stadt wollen mir helfen. Schade, dass ich mir keinen Mann kaufen kann.“ Über den Gedanken musste sie lachen.
Flynn betrachtete die drei Männer, die ihn auf der Junggesellenauktion ersteigert hatten. An der Auktion hatten sich Junggesellen beteiligt, die auf der „Lost Springs Ranch for Boys“ in der Nähe von Lightning Creek, Wyoming, aufgewachsen waren. Der Erlös kam den Besitzern der Ranch zugute, die elternlose, obdachlose und schwierige Jungen aufnahmen und großzogen.
Einer der Männer sah aus wie ein Hexenmeister. Er hatte relativ langes silbergraues Haar und trug einen Pferdeschwanz. Der andere wirkte wie ein Galgenvogel und der dritte wie ein pausbäckiger Engel.
Flynn verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue hoch. „So, meine Herren, was kann ich für Sie tun?“
In den blassblauen Augen des Mannes, den Flynn insgeheim einen Hexenmeister nannte, blitzte es belustigt auf. „Sie sollen uns helfen, eine schöne junge Frau zu retten.“ Er stützte sich auf einen Spazierstock mit Goldknauf und stieß den Galgenvogel an. „Sag du es ihm, Dogg.“
Dogg, der Galgenvogel, stieß nur einen unverständlichen Laut aus, während der pausbäckige Engel von einem Fuß auf den anderen trat und erklärte: „Sie sollen mit uns kommen.“
Flynn seufzte. „Passen Sie auf, ich ersetze Ihnen …“
„Vergessen Sie das Geld, wir wollen Sie“, unterbrach Dogg ihn.
Vor Verblüffung fehlten Flynn die Worte.
„Kommen Sie mit, Mr. Morgan“, forderte der Hexenmeister ihn auf. „Wir sollten keine Zeit verschwenden.“
Okay, es kann ja nicht schaden, mir anzuhören, was die Männer wollen, überlegte Flynn. Er konnte sich immer noch weigern, sie zu begleiten. Dann würde er ihnen das Geld ersetzen.
Er ging mit ihnen zu der luxuriösen Limousine, die auf dem Parkplatz der Ranch inmitten von Pick-ups, Mietwagen und Geländewagen stand. Der Hexenmeister bedeutete Flynn mit einer Handbewegung einzusteigen. Resigniert und misstrauisch tat er es. Einige der anderen Junggesellen waren von älteren Damen oder kichernden jungen Mädchen ersteigert worden, und er hatte gehofft, so etwas würde ihm erspart bleiben. Doch was ihm passiert war, war noch viel schlimmer.
„Ich bin Hickory“, stellte sich der Hexenmeister schließlich vor.
„Ich bin Rube, und das ist Dogg“, fügte der pausbäckige Engel schnell hinzu.
Flynn schloss sekundenlang die Augen. „Hören Sie …“
„Offenbar machen wir ihm Angst“, stellte Dogg fest.
„Stimmt das? Wir sind Chemiker, wenn Ihnen das hilft“, wandte Hickory sich an Flynn. „Vielleicht erklärt das unser … seltsames Benehmen.“
Flynn lehnte sich auf dem Lederpolster zurück. „Angst ist eine ganz natürliche Reaktion“, antwortete er betont ruhig. „Ich bin schon seit meiner Kindheit wachsam und auf der Hut. Das war in der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin, nötig.“
„Das hört sich faszinierend an. Weshalb haben Sie Angst vor uns?“, fragte Hickory.
„Weil ich keine Ahnung habe, was Sie von mir erwarten.“
In Hickorys Augen blitzte es belustigt auf. „Befürchten Sie, wir hätten Sie für uns selbst ersteigert?“
Flynn fuhr mit dem Finger über die Beule an seinem Kinn und zuckte zusammen. „Hoffentlich nicht.“
„Keine Sorge, wir interessieren uns nicht für Männer, sondern brauchen Sie für Jane“, mischte Rube sich ein.
„Könnten Sie mir das erklären?“, bat Flynn ihn.
Die drei Männer schienen sich mit Blicken untereinander zu verständigen. „Nein, noch nicht. Beim Mittagessen werden Sie alles erfahren.“ In seinen Augen blitzte es wieder auf. „Oder beinah alles.“
Von der Ranch fuhren sie in Richtung des Highways. Flynn hatte damals geglaubt, er hätte die Ranch für immer verlassen. Doch er schien von diesem Platz genauso wenig loskommen zu können wie von seiner Vergangenheit, die ihn geprägt hatte. Natürlich war er den Lehrern, Beratern und anderen Bezugspersonen, die ihm damals geholfen hatten, sein Leben in Ordnung zu bringen, sehr dankbar. Es war jedoch eine schmerzliche Erfahrung gewesen, dass ihn seine Eltern auf der Ranch einfach abgegeben hatten.
Obwohl sie ihn allzu gern vergessen und nicht ein einziges Mal besucht hatten, hatten sie sich geweigert, auf die elterlichen Rechte zu verzichten und ihre Einwilligung zu einer Adoption zu geben. Doch davon abgesehen, hatte sich auch keine Familie ernstlich dafür interessiert, ihn zu adoptieren. Er war viel zu verschlossen und schwierig gewesen.
Aber er hatte sich nach einem normalen Familienleben gesehnt und diese Sehnsucht schließlich verdrängt, weil sie zu sehr schmerzte.
Während sie durch Lightning Creek fuhren, betrachtete Flynn die Häuser und Gebäude. Es hatte sich nicht viel verändert, und wahrscheinlich hatte auf den Straßen hier schon lange nicht mehr so viel Verkehr geherrscht wie an diesem Tag anlässlich der Junggesellenauktion.
Die drei Männer hielten vor dem Restaurant Main Street Grill an, das von den Einheimischen Roadkill Grill genannt wurde und um diese Zeit gut besetzt war. Als Flynn mit seinen Begleitern hineinging, sah er sich prüfend um. Es saßen einige andere Junggesellen, die an der Auktion teilgenommen hatten, an einem der Tische. Sie beachteten ihn jedoch nicht. Er seufzte. Was hatte er erwartet? Er hatte damals keinen Wert auf Freundschaften gelegt. Außerdem war er für die Besitzer der Ranch eine große Enttäuschung gewesen. Deshalb war er verblüfft gewesen, dass man ihn überhaupt gebeten hatte, sich an der Auktion zu beteiligen. Das bewies eigentlich nur, wie verzweifelt man auf das Geld angewiesen war. Aber vielleicht wusste man auch, wie sehr er in den letzten Jahren an sich gearbeitet hatte, um sich zu ändern und sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken.
Nachdem sie sich an einen der wenigen freien Tische gesetzt hatte, stellte Hickory fest: „Sie waren sehr geduldig, Mr. Morgan.“
„Hatte ich denn eine andere Wahl?“ Flynn blickte ihn gleichgültig an.
„Nein.“ Hickory klopfte mit dem Stock auf den Boden. „Lasst uns anfangen.“
„Wir haben Sie für Jane ersteigert“, erklärte Rube schnell. „So, jetzt können wir uns auf das Essen konzentrieren.“
„Wer ist Jane?“, fragte Flynn ruhig.
Hickory warf seinem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu. „Jane Dearly ist unsere Nichte“, antwortete er dann.
„Ihre Eltern sind gestorben, als sie fünf war. Wir haben sie großgezogen“, mischte Dogg sich ein.
Rube nickte. „Sie braucht einen Mann.“
Flynn hob die Hände. „Moment mal. Was heißt das?“
Hickory lächelte. „Wir sind der Meinung, dass sie dringend einen Mann braucht. Deshalb haben wir Sie ersteigert.“
Jane runzelte die Stirn. Vielleicht war es falsch gewesen, den Laborkittel an ihrem Geburtstag zu tragen. Aber sie hatte ihn so oft an, dass es ihr schon nicht mehr auffiel. Außerdem würde es wahrscheinlich sowieso niemand merken.
Sie hatte sich jedoch getäuscht. Die Menschen lächelten bei ihrem Anblick, schüttelten den Kopf und machten einen Bogen um sie, als sie durch die Stadt ging. Sie seufzte, schob die Brille auf die Stirn und öffnete den Kittel. Das wirkte lockerer. Die Leute sollten nicht glauben, ihr Besuch in der Bar hätte etwas mit ihrer Arbeit zu tun. Dass sie an ihrem Geburtstag in der Bar etwas trinken wollte, würde sicher jeder verstehen. Mr. Keenan hatte bestimmt noch nicht herumerzählt, dass sie wieder experimentierte.
Jane stieß die Tür zu Guy’s Place, wie die Bar hieß, auf und lächelte den Barkeeper an. „Hallo, Milton. Kann ich bitte ein Sodawasser haben?“
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Jane.“ Milton gab Eiswürfel in ein Glas und zögerte. „Möchten Sie nicht lieber etwas Stärkeres? Rum mit Soda vielleicht?“
„Nein, danke.“
„Ich habe gehört, Ihr neustes Experiment sei nicht ganz geglückt.“
Na schön, ich hätte mir denken können, dass es sich rasch herumspricht, sagte sie sich. „Stimmt“, gab sie zu.
Der Barkeeper nickte verständnisvoll und stellte das Glas vor sie. „Das geht auf Kosten des Hauses. Aber tun Sie mir einen Gefallen und vertreiben Sie nicht wieder meine Gäste mit Ihren Experimenten, okay?“
Sie lachte in sich hinein. „Ich werde es versuchen, kann Ihnen jedoch nichts versprechen.“
Am anderen Ende der Bar entdeckte sie die beiden Henderson-Brüder und grüßte freundlich. Sie waren etwas jünger als sie und hatten einmal gewettet, wer von ihnen es zuerst schaffen würde, mit ihr auszugehen. Keiner von beiden hatte es geschafft.
Plötzlich stellte sich Glenn, der ältere der beiden Brüder, neben sie. „Bist du aus beruflichen Gründen hier oder zum Vergnügen, Janie?“
Sie wich so weit wie möglich zurück, damit er nicht ihr Parfüm wahrnahm. „Solange du nichts riechen kannst, ist es für mich ein Vergnügen.“
„Verdammt, wieder so ein Experiment.“ Er schüttelte entsetzt den Kopf. „Du hast mich fünfzig Dollar gekostet, Jane Dearly.“
„Wie bitte? Ich habe doch gesagt, dass ich zum …“
„Vergiss es, Jane. Deine schuldbewusste Miene verrät dich. Es geht um ein Experiment. Und ich habe Billie gegenüber behauptet, du seist hier, weil du an deinem Geburtstag etwas Spaß haben willst. Billie war der Meinung, du würdest nur wieder irgendein verrücktes Experiment durchführen. Hat er sich getäuscht oder nicht?“
„Natürlich hat er das.“ Sie trank einen Schluck Sodawasser. „Würdest du denn mitmachen, wenn es ein Experiment wäre?“
Glenn hob die Hände und wich zurück. „Nein, wirklich nicht.“
Sie stand auf und machte einen Schritt auf ihn zu. „Ich habe gedacht …“
„Genau das ist dein Problem, du denkst zu viel.“ Er wies mit dem Finger auf sie. „Wenn du das nächste Mal etwas testen willst, mach bitte einen Bogen um uns.“
„Glenn, ich teste ein Parfüm, das ist alles. Ich habe dich nur gefragt, ob du mitmachen würdest.“
„Und ich habe Nein gesagt, okay?“
„Klar. Ich hätte nur gern gewusst, ob dir mein Parfüm gefällt.“
„Wir gehen. Setz die Drinks auf unsere Rechnung, Milton“, forderte Glenn den Barkeeper auf.
Jane war verblüfft. „Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Es geht wirklich nur um ein Parfüm. Ich zwinge doch niemanden, sich an dem Experiment zu beteiligen.“
Billie schüttelte den Kopf. „Du begreifst es nicht. Kannst du nicht ab und zu ein ganz normaler Mensch sein? Selbst dann, wenn du nicht in deinem Labor bist, denkst du nur an deine Arbeit. Das stößt die Leute ab, ganz besonders Männer. Doch das scheint dir egal zu sein.“ Er verließ mit seinem Bruder die Bar.
Jane blickte Milton an. „Es tut mir leid, das wollte ich nicht.“
„Vergessen Sie es Jane. Sie können einfach nicht anders. Darf ich Ihnen etwas vorschlagen?“
Sie fühlte sich schuldig und nickte höflich. „Sicher“, erwiderte sie, obwohl sie lieber Nein gesagt hätte.
„Sie haben den Leuten hier vor einigen Jahren versprochen, dass Sie Salmon Bay nicht zu Ihrem Versuchslabor machen.“
„Stimmt, aber …“
„Die Leute kommen sich vor wie Versuchskaninchen. Wenn man jetzt das Gefühl hat, Sie würden hier doch experimentieren, reagiert man gereizt. Sie sind eine nette junge Frau und sehr intelligent. Ich wette, wenn Sie sich nicht immer bemühten, wie eine Wissenschaftlerin auszusehen, wären Sie bestimmt ausgesprochen attraktiv.“
Wie bitte? Milton hielt sie für attraktiv? Sie sah ihn überrascht an und überlegte, wann sie so etwas das letzte Mal gehört hatte. Sie beugte sich zu ihm hinüber und wartete, bis er einige Male ein- und ausgeatmet hatte. „Milton?“
„Ja, Jane?“
„Hat das Parfüm etwas damit zu tun, dass Sie glauben, ich sei attraktiv? Es ist eine neue Kreation.“
Der Barkeeper seufzte. „Haben Sie nicht verstanden, was ich gesagt habe?“
„Doch. Sie haben angedeutet, ich könnte attraktiv sein.“
„Jane, wissen Sie was? Wir alle lieben Sie. Aber tun Sie mir einen Gefallen. Versuchen sie wenigstens ein einziges Mal, eine Frau zu sein.“
Jane verzog die Lippen. „Das verstehen Sie nicht, Milton.“ Sie schob die Brille wieder auf die Nase und knöpfte den Laborkittel zu. „Als Wissenschaftlerin fühle ich mich sicher, als Frau nicht. Das war schon immer so.“
„Dann hoffe ich für Sie, dass Sie jemanden kennenlernen, der das ändert.“ Er blickte sie besorgt an. „Ob es Ihnen klar ist oder nicht, Sie sind eine ganz besondere Frau. Doch es soll offenbar niemand merken.“
„Damit wir uns richtig verstehen: Sie haben fünftausend Dollar oder mehr bezahlt, weil Ihre Nichte, wie Sie es ausdrücken, dringend einen Mann braucht?“, fragte Flynn.
„Ja“, antwortete Dogg.
Flynn stand auf. „Meine Herren, es war eine interessante Begegnung. Würden Sie mich bitte jetzt entschuldigen? Ich fliege nach Hause.“
„Aber wir haben Sie doch ersteigert! Sie können nicht einfach verschwinden“, protestierte Rube.
„Das werden Sie ja sehen.“
„Setzen Sie sich, Mr. Morgan.“ Hickory blickte ihn mit seinen blassblauen Augen. „Bitte.“
Ich sollte meinem Instinkt vertrauen und mich verabschieden, überlegte er. „Ich schreibe Ihnen einen Scheck über den Betrag aus, den Sie für mich bezahlt haben“, erklärte er.
„Setzen Sie sich, Mr. Morgan“, wiederholte Hickory. „Sie sollten sich schon allein aus Höflichkeit alles anhören.“
Gut, der Mann hat recht, dachte Flynn. Er drehte den Stuhl herum und setzte sich rittlings darauf, ehe er die Arme um die Lehne legte. „Beeilen Sie sich.“
In dem Moment kam die Kellnerin, eine Frau mit üppigen Rundungen, zu ihnen an den Tisch. Sie warf Flynn einen vielversprechenden Blick zu. „Was kann ich für dich tun, mein Lieber?“
Flynn lächelte sie an. Bis vor Kurzem hätte er sich auf einen Flirt mit der Frau eingelassen, und er bedauerte es etwas, dass diese Zeiten vorbei waren. „Ich hätte gern einen Kaffee“, sagte er.
„Sonst noch etwas?“ Die Frau flirtete ungeniert mit ihm.
„Er ist nicht mehr zu haben. Wir haben ihn gekauft, er gehört uns“, mischte Rube sich ein.
„Wie bitte?“ Die Kellnerin sah ihn mit großen Augen an.
„Wir wollen ihn Jane mitbringen“, versuchte Rube zu erklären.
„Lass das“, forderte Hickory ihn auf. „Die junge Frau interessiert sich doch gar nicht dafür.“
Sie beugte sich über den Tisch. „Ihr habt euren Spaß gehabt. Ich muss noch mehr Gäste bedienen. Wollt ihr etwas oder nicht?“
„Bringen Sie uns vier Tassen Kaffee“, beendete Flynn die Unterhaltung.
„Okay.“ Die Frau schrieb etwas auf ihren Notizblock und ging an den nächsten Tisch.
„So, Sie wollten mir etwas erzählen.“ Flynn war erschöpft und wollte die Sache rasch hinter sich bringen. Dann würde er nach San Francisco zurückfliegen.
Hickory blickte ihn an. „Ich habe schon erwähnt, dass wir Wissenschaftler sind, glaube ich. Seit über dreißig Jahren arbeiten wir als Team zusammen. Wenn wir Ihnen exzentrisch vorkommen, bitten wir um Ihr Verständnis. Wir verbringen so viel Zeit in unserem Labor, dass wir den Kontakt zu den Menschen etwas verloren haben.“
„Wir gehen nur selten aus“, mischte Dogg sich ein.
„Ja, nur wenn wir etwas brauchen. Oder, wenn Jane uns dazu überredet. Wir tun es jedoch nicht gern“, erklärte Rube. „Und den Leuten gefällt es auch nicht, wenn wir auftauchen.“
Darauf wette ich, dachte Flynn. „Jane ist die Frau …“
„Der Sie helfen sollen“, unterbrach Rube ihn. „Heute hat sie Geburtstag. Sie ist ein sehr intelligentes, liebes, süßes und großzügiges Mädchen und arbeitet viel.“
„Unbeholfen ist sie auch“, fügte Dogg hinzu.
Hickory nickte. „Und das ist zumindest Teil des Problems. Jane ist unsere Nichte, wir lieben sie so sehr, als wäre sie unsere eigene Tochter. Sie wurde in unsere Obhut übergeben, als sie fünf war.“
Was für eine steife, umständliche Ausdrucksweise, dachte Flynn. „Wo sind ihre Eltern?“
„Sie sind bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sie haben sie … uns hinterlassen.“
„Sie haben Ihnen ihre Tochter hinterlassen? Waren die beiden wahnsinnig?“, fragte Flynn höflich.