Der hermetische Bund teilt mit: 26 - Johannes H. von Hohenstätten - E-Book

Der hermetische Bund teilt mit: 26 E-Book

Johannes H. von Hohenstätten

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Beschreibung

"Der hermetische Bund teilt mit" ist die einzig magisch-mystische Zeitschrift, welche vollständig auf die universelle Lehre der Hermetik begründet ist. Sie hält sich strikt an die Gesetze des 4-poligen Magneten und erteilt Wissen sowie Hinweise für die Praxis, damit der Leser die Möglichkeit hat, sicher auf seinem heiligen Pfad voranzuschreiten. 1. Buddhistische Meditationen - Praktische Ratschläge 2. Wie ich Buddhist wurde 3. Khan - Musik 4. Mathesis 5. Der Weg nach Shamballa 6. Konzentration 7. Das Gedankenleben und seine Beherrschung 8. Waage und Skorpion 9. Meine Erfahrungen mit den Gebeten des dreimal großen Hermes 10. Die Gesetze von Antipathie und Sympathie 11. Ave Maria

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Mein Dank geht an Peter Windsheimer für das Design des Titelbildes. Des Weiteren an Ariane und Michael Sauter.

Für Schäden, die durch falsches Herangehen an die Übungen an Körper, Seele und Geist entstehen könnten, übernehmen Verlag und Autor keine Haftung.

Inhaltsangabe:

Buddhistische Meditationen – Praktische Ratschläge

Wie ich Buddhist wurde

Khan – Musik

Mathesis

Der Weg nach Shamballa

Konzentration

Das Gedankenleben und seine Beherrschung

Waage und Skorpion

Meine Erfahrungen mit den Gebeten des dreimal großen Hermes

Die Gesetze von Antipathie und Sympathie

Ave Maria

1. Buddhistische Meditation – Praktische Ratschläge W. Schumacher

Von allem Geschriebenen liebe ich nur das, was einer mit seinem Blute schreibt. Wer in Blut und Sprüchen schreibt, der will nicht gelesen, sondern auswendig gelernt werden.

Nietzsche.

Einleitung.

Viele Menschen suchen heute einen Lebensinhalt. Die Berufstätigkeit ist nur noch in den wenigsten Fällen geeignet, dem Menschen Befriedigung zu geben. Die meisten Menschen treiben ihren Beruf nur zu Erwerbszwecken, aber nicht, weil sie sich innerlich dazu berufen fühlen. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn sie, unbefriedigt von ihrer Arbeit, ihren Lebensinhalt im Kino, Theater, auf Bällen und Vergnügungsplätzen suchen. Denn der Menschengeist ist seiner Natur nach so beschaffen, dass er nicht leer sein will, und es wird die Aufgabe eines nachdenklichen Menschen sein, dem Geiste, der nach einem Inhalt sucht, einen würdigen Denkstoff anzubieten. Die erwähnten Vergnügungen aber sind geeignet, den Menschen immer flacher und unruhiger zu machen, ihm schließlich jeden Halt im Leben zu nehmen. Die Folgen, die solches Treiben zeitigt, sind auch nicht ausgeblieben. Wenn im Mittelalter die ansteckenden Krankheiten die Menschen zu tausenden dahinrafften, so sind es heute die Nervenkrankheiten, die in unheimlicher Weise zunehmen. Diese Zunahme ist darauf zurückzuführen, dass dem modernen Menschen durch die Entwicklung der Wissenschaft und Technik die alten Güter der Tradition, Religion usw. geraubt worden sind, dass aber an Stelle des Alten nichts Neues getreten ist, so dass der Mensch nun ohne jeden inneren Halt ist. Er bemerkt seine Schwäche und Ohnmacht und sucht sich nun mit allen Mitteln darüber hinwegzutäuschen. Was der alte Stoiker Seneca von den Bewohnern des dekadent gewordenen Roms sagte, dass sie scheinbar ständig auf der Flucht vor sich selber seien, das kann man mit vollem Recht auch vom modernen Menschen sagen.

Es soll nun in dieser Schrift versucht werden, vom Buddhismus aus ein Heilmittel für diesen Zustand zu finden; es soll versucht werden, einen Weg zu zeigen, wie der moderne Mensch die innere Ruhe und Sicherheit wiedergewinnen kann, wie er einen würdigen Inhalt für sein Leben erhalten kann. Dieser Weg ist die Meditation. Um das Steuer seines Lebensschiffes nicht völlig aus der Hand zu verlieren, muss der moderne Mensch sich Zeiten der Sammlung und Ruhe verschaffen, in denen er ein Gegengewicht findet gegen die Hast und Unruhe des Alltags. Durch die Meditation kann er sich zu einer Unerschütterlichkeit hindurchringen, die ihn befähigt, klar und sicher im Leben seinen Weg zu gehen, die ihn zu einer inneren Harmonie kommen lässt. In Zeiten, in denen die Meditation in weiten Kreisen geübt wurde, wie das im alten Indien der Fall war, zeigten sich die segensreichen Folgen, die solche Übungen haben können. Das ganze Leben verlief wohlgeordnet, ruhig und harmonisch. Dagegen hat das Leben bei uns, wo von den meisten keine Meditation geübt wird, einen ausgesprochen disharmonischen Charakter. Es sind müßige Spekulationen, wenn man glaubt, durch irgendeinen Gewaltakt das verlorene Paradies wieder allen Menschen zurückgeben zu können, dadurch, dass man die Maschinen, die als Quelle des ganzen Elends anzusehen sind, vernichtet. Vielmehr kann hier nur jeder Einzelne an sich selber arbeiten und in sich selbst eine innere Harmonie herzustellen suchen, dadurch, dass er auf dem Wege der Meditation sich ein inneres Gleichgewicht erarbeitet. Hierzu sollen in dieser Schrift praktische Anweisungen gegeben werden. So will diese Schrift auch nicht nur gelesen werden, sondern sie ist anspruchsvoll, denn sie verlangt gelebt zu werden. Für den flüchtigen Leser, der hier eine Bereicherung seines Wissens, eine Sensation sucht, wird sie eine Enttäuschung sein. Denn er wird mit Erstaunen erleben müssen, dass ihm hier nicht, wie gewöhnlich, etwas gegeben, geschenkt wird, sondern dass sogar etwas von ihm verlangt wird. Wer nicht den Willen hat, den hier gezeigten Weg selbst zu gehen, wird diese Schrift gar bald aus der Hand legen. Leben wird das hier Gebotene erst für den Praktiker gewinnen, während es für den Theoretiker stumm und tot bleibt.

Die ersten Anweisungen für die Pflege der Meditation findet man schon in Girimananda´s Abhandlung; „Der weltliche Anhänger des Buddha“. Während aber dort das ganze weite Gebiet der buddhistischen Lebensweise behandelt wird, soll diese Schrift sich auf die Besprechungen von Meditationsübungen beschränken. Welche Stellung diese Meditationsübungen im ganzen buddhistischen Entwicklungsgang einnehmen, mag man in der buddhistischen Literatur nachlesen. Hier sollen nur praktische Ratschläge gegeben werden.

I.

Buddhistische Meditation lässt zwei Stufen erkennen; die Vorbereitung und die eigentliche Meditation. Sache der Vorbereitung ist es, das unruhige Denken des Alltags zur Ruhe zu bringen, alle störenden Gedanken, die sich auf das Treiben draußen in der Welt beziehen, auszuschalten und den Geist fähig zu machen, Gefäß für einen bedeutsamen Inhalt zu sein. Das gewöhnliche Denken der Menschen gleicht einem Haufen von Spielzeug und Unrat in wilder Unordnung miteinander vermengt. In dieser Unruhe und Regellosigkeit ist das Denken unfähig, einen hohen Gedanken festzuhalten. Daher hat der Meditationsschüler zunächst allen Inhalt aus seinem Denken herauszuschaffen, hat in sich die vollkommene innere Ruhe, das Schweigen aller Gedanken zu erzeugen. Nur so wird sein Denken zu der reinen, kristallklaren Schale, in die der reine Inhalt einer buddhistischen Meditation einfließen kann, um seine segensvolle Wirkung zu entfalten. Denn in einem unreinen Gefäß wird auch reiner Inhalt beschmutzt. So sollte jeder, der Meditationsübungen machen will, dafür sorgen, dass er dem buddhistischen Geist ein geläutertes, von allem alltäglichen Gedankenstoff leeres Denken entgegenbringt, sonst könnte er bittere Enttäuschungen erleben. Um diese gedankliche Ruhe zu erreichen, bedarf es der Übung. Und noch mehr bedarf es der Übung, diesen Zustand festzuhalten, denn immer wieder wird das Denken auf einen Lieblingsgegenstand abirren. Hier kann dem Meditationsschüler das Wort des Sariputta ein Leitstern sein:

„Da hat, Freund Moggallana, ein Geistesschüler sein Denken in seiner Gewalt und ist nicht in der Gewalt seines Denkens.“

Unter der Kontrolle des Bewusstseins sollen beim Meditierenden sich die Gedanken in sinngemäßer Folge aneinanderreihen und alles Abschweifen, aber auch alles Schwärmen und Schwelgen soll unterbleiben. Alle buddhistische Meditation soll durchleuchtet sein von klarem Vollbewusstsein und soll diesen Charakter sich überall bewahren. So wird Meditation für den Buddhisten nur dann von Segen sein, wenn er ständig dem Ideal zustrebt, das der Buddha aufstellt, wenn er sagt:

„Da steigen, Ananda, dem Vollendeten bewusst Gedanken auf, bewusst bestehen sie, bewusst gehen sie unter.“

Hinter diesen schlichten Worten steht mehr, als man vielleicht auf den ersten Blick denken sollte. Um dies Ideal zu erreichen, bedarf es nämlich eines ungeheuren Aufwandes von Energie, bedarf es einer unermüdlichen Selbstzucht, aber die buddhistischen Texte geben dem Suchenden manche Hilfe und lenken seinen guten Willen in rechte Bahnen. Eine der besten Vorbereitungen zur Meditation ist die Beobachtung der Atmung, und diese Übung wird vom Buddha auch immer wieder empfohlen. Aber auch Verse aus den buddhistischen Spruchsammlungen können diese innere Ruhe, die Vorbedingung aller Meditation, erzeugen, wenn in ihnen dieser Geist des Friedens und der Beruhigung lebt:

„Da begibt sich, ihr Mönche, ein Mönch in den Wald oder an den Fuß eines Baumes oder in ein leeres Haus und setzt sich dort in Meditationshaltung nieder, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit voll gegenwärtig haltend. Achtsam atmet er ein, achtsam atmet er aus. Wenn er lang einatmet, weiß er: Ich atme lang ein; wenn er lang ausatmet, weiß er: Ich atme lang aus; wenn er kurz einatmet, weiß er: Ich atme kurz ein; wenn er kurz ausatmet, weiß er: Ich atme kurz aus.

Den ganzen Körper empfindend, werde ich einatmen, übt er sich, den ganzen Körper empfindend, werde ich ausatmen, übt er sich. Den körperlichen Vorgang beruhigend, werde ich einatmen, den Körpervorgang beruhigend, werde ich ausatmen, übt er sich.“

Oder: „Wie ein tiefer Gebirgssee, der ruhig ist, trübungsfrei, ebenso werden die Weisen ruhig, nachdem sie die Lehre gehört haben.“

Wenn der Schüler des Vollendeten das Freisein von äußeren Eindrücken erreicht hat, dann wird er von edlem Schweigen getragen.

Bei wem die Sinne zur Ruhe gekommen sind wie Rosse, die vom Wagenlenker wohl gebändigt sind, wer den Dünkel aufgegeben hat, ohne Triebe ist, einen solchen beneiden sogar die Götter.

Wie der Wassertropfen auf dem Lotusblatt,

wie das Senfkorn auf der Spitze der Nadel,

wer von den Lüsten nicht beschmutzt wird,

den nenne ich einen Brahmanen.

Mächtig schlagen die Blitze

nieder in die Bergesschlucht,

zurückgezogen im Innern der Bergeshöhle aber denkt der

Schüler des unvergleichlichen Lehrers nach.

Wohlerreicht ist es, nicht verfehlt, nicht übel bin ich da beraten,

von den verschiedenen Dingen habe ich das Beste erlangt.

Man lasse hinter sich Glück und Leid

und auch früheren Jubel und Jammer

erringe Gleichmut, Ruhe, Reinheit

und wandle einsam wie das Nashorn.

II.

Allen Erfolgen, die dem Meditierenden unerwartet wie Geschenke zu Teil werden, sollte man daher mit größter Zurückhaltung gegenüberstehen. Soll etwas wirklich Wertvolles entstehen, so braucht es Zeit. Unkraut schießt nach jedem Regen schnell empor, aber eine edle Pflanze bedarf der geduldigen Pflege.

„Gleichwie, ihr Mönche, das große Weltmeer allmählich sich senkt, allmählich sich vertieft, allmählich abfällt, nicht eben da ein plötzlicher Absturz sich findet, ebenso nun, ihr Mönche, gibt es in dieser Lehrordnung allmähliche Übung, allmähliche Anstrengung, allmählichen Fortschritt; nicht findet sich da ein plötzliches Durchdringen zur Einsicht.“

Buddhistische Meditation wird nur Sinn haben, wenn der Meditationsschüler geduldig wartet, bis der von ihm gesäte Same keimt und Frucht trägt. Aber selbst wenn er nach langer Zeit glaubt, etwas erreicht zu haben, ziemt sich für ihn immer noch größte Nüchternheit und unbedingte Wahrhaftigkeit, so dass er stets bereit ist, sich aus einem noch so angenehmen Rausch herauszureißen, sobald er erkannt hat, dass er einer Selbsttäuschung verfallen ist.

Was den Meditations-Gegenstand selbst betrifft, so hat der Buddhist darauf zu achten, dass er sich einen klaren, überschaubaren Gedanken wählt. Alle mystischen, tiefgründigen Rätselsprüche werden ihn nicht vorwärtsbringen, alles Schwelgen in Gefühlen wird nur sein klares Denken trüben. Dagegen bietet der Palikanon dem Forschenden genügend Stoff zu einer wirklich von buddhistischem Geist durchleuchteten Meditation. Gedankliche Klarheit und ruhige Nüchternheit sind die Führer im weiten Lande der buddhistischen Meditation.

An Hand dieser Führer mag der Buddhaschüler in der Fülle der Meditationsgegenstände, die der Buddha immer wieder gelegentlich gab, suchen, bis er einen passenden Stoff gefunden hat, der seiner persönlichen Anlage gerecht wird. Denn auch hier lässt sich das Leben nicht schematisieren, sondern verlangt individuelle Behandlung. Nach der Veranlagung des Einzelnen wird sich der zu wählende Meditationsgegenstand zu richten haben. Der Buddha war auf Grund seiner Fähigkeit, das Denken der Wesen zu durchschauen, ein Meister im Anweisen der geeigneten Stoffe. Wir, denen solche Leitung fehlt, müssen selbst versuchen, das für uns Heilsame zu finden.

Für den Anfang wird es für viele Menschen wertvoll sein, sich an die einzige unerschütterliche Sicherheit zu halten, die dieses wechselvolle Leben bietet: Die Gewissheit des Todes! Wohl kaum etwas anderes ist imstande, das menschliche Denken so zu reinigen, wie der klare, wache Gedanke an den Tod. Alle Gier, die zusammenraffen, anhäufen will, schwindet im Licht dieses Gedankens, aller Hass, der die Vernichtungssucht gebiert, beruhigt sich, aller Wahn des Besitzerglückes wird behoben in der klaren Einsicht, dass über kurz oder lang all diese Wichtigkeiten unwichtig sein werden, dass in Kürze alles gelassen werden muss, woran man jetzt hängt. Für jeden kann der Gedanke an den Tod, der unvoreingenommene, von aller Spekulation leere, von allen Ewigkeitshoffnungen freie, einfache Gedanke an den Tod die Wirkung einer „Katharsis“, einer inneren Reinigung haben, wenn er nur intensiv und ohne törichte Hoffnungen auf ein ewiges Jenseits gepflegt wird. Wer etwa den Gedanken an den Tod wie Empedokles pflegen wollte in der Hoffnung, „dereinst vom Leibe befreit zu freiem Äther emporzusteigen, und ein unsterblicher Gott zu sein“, der lässt seinen Wünschen freien Lauf und hält sich nicht klar und nüchtern an die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit zeigt bei unvoreingenommener Betrachtung nur, dass wir einmal abreisen müssen, dass wir alles Liebe lassen müssen. Nur an diese unmittelbar gegebene Gewissheit wird sich der Buddhist halten und so nüchtern lauten auch die Anweisungen die im Kanon gegeben werden:

Gar bald wird dieser Körper hier,

Ach! leblos auf der Erde ruhn,

Verworfen, des Bewusstseins bar, nutzlos,

gleichwie ein Stück von Holz.

Vergänglich ist die Welt, unbeständig,

ohne Zuflucht ist die Welt, ohne Beschützer.

Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man dahingehen,

gierig ist die Welt, unersättlich, durstgefesselt.

„Diese fünf Dinge, Ihr Mönche, gepflegt und gemehrt, führen zur Vernichtung der Triebe.

Welche fünf?

Da weilt, ihr Mönche, ein Mönch beim Körper in der Betrachtung der Unsauberkeit, bei der Nahrung im Bewusstsein der Widerlichkeit, bei der ganzen Welt im Bewusstsein der Unerfreulichkeit, bei allen Gebilden in Betrachtung ihrer Vergänglichkeit und das Denken an den Tod ist bei ihm innerlich wohl gefestigt. Diese fünf Dinge nun, ihr Mönche, gepflegt und gemehrt, führen zur Vernichtung der Triebe.“

Durch solche Übungen lernt man den Tod meistern, die Furcht überwinden, das irdische Glück geringschätzen.

Von dem Segen, der aus der Pflege des Gedankens an den Tod erwachsen kann, berichtet der Verfasser des Visuddhimagga, Buddhaghosa:

„Ein Mönch aber, der sich diesem Gedanken an den Tod hingibt, ist stets eifrig in seinem Streben, allem Dasein gegenüber fasst er den Gedanken der Unerfreulichkeit, die Neigung zum Leben gibt er auf, Tadler des Schlechten ist er, nicht ständig auf Häufen bedacht, bei seinen Lebensbedürfnissen frei von dem Flecken der Selbstsucht, und der Gedanke an die Vergänglichkeit kommt bei ihm zum Wachsen, und weiterhin festigt sich der Gedanke des Leidens und der Gedanke der Nichtselbstheit. Während da nun Wesen, die das Denken an den Tod nicht entwickelt haben, dem Wilde gleich, wenn es von bösen Geistern, Schlangen, Räubern oder Jägern überrascht wird, in der Todesstunde in Furcht, Zittern und Verzweiflung verfallen, so fällt er dem nicht anheim und ohne Furcht, unverwirrt beschließt er seine Tage. Wenn er schon in diesem Leben das Todlose nicht erreicht, so ist er beim Zerfall des Körpers auf gute Fährte gerichtet.“

Zweifel ist der stärkste Feind der Verinnerung. Die unsichere Frage: „Ist es wirklich gerade so und nicht anders?“, vernichtet immer wieder die meditative Ruhe und lässt im Denken ein aufgewühltes, wogendes Meer von Zweifel und Ungewissheit zurück. Deshalb wurde oben mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass als Meditationsgegenstand nur ein Gedanke Verwendung finden kann, der voll überschaut wird, an dessen Wahrheit also keine Zweifel mehr aufsteigen können. Darum sollten auch hier zu Anfang einige Meditationen gegeben werden, die für jeden, auch für den kritischsten Zweifler, zugänglich sind, von deren Richtigkeit sich jeder durch die alltäglichste Erfahrung überzeugen kann. Denn der Buddhismus weiß jedem etwas zu geben, gleichgültig auf welcher Stufe der innerlichen Entwickelung der Einzelne steht. So möge auch der in der meditativen Praxis Fortgeschrittene nicht ungeduldig werden, weil wir uns sozusagen ein wenig im Vorhof des Buddhismus aufhalten und nicht gleich mit voller Fahrt in die Kernprobleme hineingehen. Er möge bedenken, dass ein Haus nur feststeht, wenn es sichere vier Fundamente hat, und dass der Tempel der Meditation nur fest und unerschütterlich steht, wenn seine Grundlagen nicht zu erschüttern sind. Der schönste Prachtbau, sinnlich-physischer wie geistiger Art, stürzt bald jämmerlich zusammen, wenn der Baumeister nicht genügend Kraft und Zeit auf die Sicherung der Fundamente verwendet hat. Darum wäre nichts verkehrter, als gedanklich schwierige Sätze im Anfang zu Meditationsgegenständen zu machen. Mit gedanklich schwierigen Meditationen sollte man erst anfangen, wenn man sein Denken an Hand von einfachen Übungen erzogen hat und wenn man eine gewisse innere Sicherheit erlangt hat. Wenn irgendwo, so gilt hier der Satz:

„Blinder Eifer schadet nur!“

Udana IV Nr. l (p. 34) zeigt, wie der Buddha einen solchen Übereifrigen, innerlich noch nicht genügend Reifen warnt, wie der Mönch doch nicht auf das Wort seines Lehrers hört und mit seinen voreiligen Versuchen kläglich scheitert.

Darum sei es noch einmal gesagt: Je einfacher die Meditation im Anfang ist, desto erfolgreicher wird sie sein.

Der Gedanke an den Tod erfüllt diese Forderung in vollendetster Weise, denn an dieser Gewissheit gibt es keinen Zweifel. Einige ähnliche Gedankengänge seien im folgenden erwähnt:

So ist es, Haushaber; so ist es, Haushaber: „Aus Liebem entstehen Kummer, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung, im Lieben haben sie ihren Ursprung.“

Hier gilt, was im Digha Nikaya vom sterbenden Buddha zu Ananda, dem Tiefbetrübten, gesagt wird: „Von allem Lieben, allem Angenehmen müssen wir uns trennen, müssen wir uns scheiden, müssen Veränderung daran erleben.“

Wer aber doch noch bezüglich seines eigenen Lebens Zweifel hegen kann, ob alles Lieben einmal zu Leiden führt, der betrachte nur die Unzahl der unglücklichen Liebesverhältnisse, die Mängel der unglücklichen Ehen, oder er gehe auf den Kirchhof, wo Eltern laut oder im Geheimen um ihre toten Kinder jammern.

Wem auch solche Überlegung noch nicht alle Unsicherheit über das Buddhawort aus dem Majjh. Nik. II p. 106 nehmen kann, der betrachte die Günstlinge des Glücks, wie sie aus Unersättlichkeit nie zur Ruhe kommen werden:

Und kam´ von Gold ein Regen auch,

nicht das gibt dem Verlangen Ruh.

Unbefriedigend, leidvoll Lüste sind.

Wenn so der Weise hat erkannt,

Dann findet selbst in Himmelslust

ein solcher seine Freude nicht.

Des Durstes Schwund ihm Freude ist,

Des Vollerwachten Schüler er.

Ein König, der mit Gewalt die Erde bezwungen hat und bis an die Grenzen des Weltmeeres weithin herrscht, das diesseitige Ufer des Ozeans genügt ihm nicht, auch das andere Ufer des Ozeans begehrt er. Der König und auch viele andere Menschen verfallen mit unbefriedigtem Durst dem Tode; unersättlich sind sie gewesen, wenn sie dahinsterben, denn in der ganzen Welt gibt es bei den Lüsten keine Befriedigung.

III.

Was bisher gegeben wurde, verlangte nur eine einfache, unvoreingenommene Betrachtung der Erfahrungstatsachen, ohne dabei tiefe theoretische Grundlagen vorauszusetzen. Wir gehen nunmehr einen Schritt weiter und kommen zu Meditationen, die eine gewisse gedankliche Vorarbeit verlangen, zu Sätzen, deren Wahrheit zuvor durch Nachdenken als gesichert anerkannt sein muss, ehe sie als Meditationsgegenstände verwendet werden können. Es würde aber über den Rahmen des hier Beabsichtigten hinausgehen, wenn hier diese theoretischen Fundamente erörtert werden sollten. Man mag über die gedankliche Begründung dieser Meditationsübungen in den buddhistischen Schriften nachlesen, hier sollen nur praktische Anweisungen gegeben werden.

Aus der grundlegenden Erkenntnis der Gleichberechtigung alles Lebendigen, aus der Einsicht, dass es hier nicht Herren und Diener gibt sondern nur „anfangslose Wanderer, wandernd in Lust und Leid“ erwächst die Mettabhavana, die Liebe-Meditation, die uns in jedem Wesen den gleichberechtigten Kameraden auf dem Lebensweg erkennen lässt. Diese Übung ist schwer, viel schwerer als die bisher gegebenen, denn das Denken des Menschen hegt in sich Zuneigung und Abneigung und kann sich nur schwer zu der universellen Liebe durchringen. Aber gerade in dieser Schwierigkeit liegt der Wert einer solchen Übung. Es handelt sich dabei eben nicht um Gefühlsschwelgerei, sondern um Arbeit, angestrengte Arbeit, um die einzige Arbeit, die es für den ernsten Buddhisten gibt: Die Reinigung des Denkens, das Hinausfegen aller Vorurteile, aller Antipathien. Hier heißt es: „Stück für Stück baut er früheres Wirken ab.“

Man kann den Hass, den man undenkliche Zeiten geübt hat, nicht mit einem Schlage abtun, man muss ihn Stück für Stück abbauen und das wird Sache der Meditation sein. Mag eine Antipathie noch so tief wurzeln, der immer wieder versuchten Liebe-Meditation wird sie schließlich doch weichen. Aber auch hier ist Behutsamkeit und Vorsicht am Platze. Man darf seine Kräfte nicht etwa überschätzen und etwa einen Menschen, den man bisher aus tiefstem Herzen gehasst hat, nun plötzlich mit Liebe durchdringen wollen. Schon Buddhaghosa warnt im Visuddhimagga vor solchen törichten Unternehmungen. Ebenso hält er es für gefährlich, im Anfang einen Menschen des anderen Geschlechtes mit Liebe zu durchstrahlen. Gar zu leicht kann als Ergebnis davon eine geschlechtliche Gier aufspringen. Indifferente Personen hält er für den Anfang als geeignete Gegenstände der Mettabhavana. Es ist wohl nicht nötig zu erwähnen, dass die Welt-Liebe-Meditation erst ihre Vollendung erreicht hat, wenn sie unterschiedslos alle Wesen überstrahlt, wenn alle Antipathien, alle Sympathien zerschmolzen sind in dem Gedanken: „Mögen alle Wesen glücklich sein!“

Wer des Heiles kundig, muss vollbringen,

was er als den Friedenspfad erkannt hat;

mächtig schreiten grade hin im Herzen mild

unverstörbar, sanft im Innern ohne Stolz.

Ruhig leben, wohlzufrieden leicht,

ungeschäftig um zu scheiden ledig ab

lauter so die Sinne halten hellgemut

keinem lästig still von Haus zu Hause stehn.

Auch geringe Regel übertreten nicht,

wo da Kenner Tadel sprächen andern aus;

glücklich soll ein jeder, sicher sein;

Allen Wesen wünsch´ ich Heil nach ihrer Art.

Was uns irgend an lebendig blickt,

ob nun zart, ob grob geraten, was es sei,

groß gegründet, ob es mächtig um sich greift

oder Mitte hält, auch winzig klein besteht:

Sichtbar was geworden, was unsichtbar bleibt,

in der Ferne was auch wandelt, nahebei,

Leben wo da atmet oder atmen will,

Allen Wesen wünsch´ ich Heil nach ihrer Art!

Keiner soll den andern hintergehen

Soll um nichts ihn je verachten hier:

ohne Feindschaft, ohne Hassgefühl,

Übel wünschen wird man nicht dem Nächsten an.

Wie die Mutter ihres Leibes eigne Frucht

mit dem Leben schützen mag ihr einzig Kind:

Also mag man alles, was geworden ist

unbegrenzbar einbegreifen in der Brust.

Liebe soll durchleuchten so die ganze Welt

unbegrenzbar einbegreifen in der Brust:

Oben, unten, mitten, quer hindurch

unermesslich strahlen ohne Grimm und Groll.

Ob man stehn, ob gehn und ob man sitzen mag,

niederliegen, treibt man nur die Trägheit aus:

Innig mag den Geist man gründen so Heilig,

wahrlich, darf man solches Weilen nennen.

Wenn man Ansicht gänzlich überwindet,

voll Zucht ist, mit Einsicht begabt,

bei den Lüsten die Gier kann besiegen,

geht gewiss nie wieder in den Mutterschoß man ein.

Gesagt wurde dies vom Erhabenen, gesagt vom Verehrungswürdigen, so habe ich gehört: „Beim Vollendeten, ihr Mönche, beim Verehrungswürdigen, Vollerwachten schreiten zwei Gedanken mächtig vor: Der Gedanke der Sicherheit und der Gedanke der Absonderung. Der Vollendete, ihr Mönche, findet Freude am Wohlwollen, findet Befriedigung am Wohlwollen. Bei ihm, dem Vollendeten, der Freude am Wohlwollen findet, der Befriedigung am Wohlwollen findet, schreitet dieser Gedanke mächtig vor: Durch dieses mein Verhalten schädige ich nicht irgendein Wesen, weder ein schwaches, noch ein starkes.“

Der Vollendete, ihr Mönche, findet Freude an der Absonderung, findet Befriedigung an der Absonderung. Bei ihm dem Vollendeten, der Freude an der Absonderung findet, der Befriedigung an der Absonderung findet, schreitet dieser Gedanke mächtig vor: „Was ungut ist, das ist abgetan.“

Daher, ihr Mönche, mögt auch ihr Freude am Wohlwollen finden, Befriedigung am Wohlwollen finden. Wenn ihr so Freude am Wohlwollen, Befriedigung am Wohlwollen findet, wird bei euch dieser Gedanke mächtig vorschreiten: „Durch dieses unser Verhalten schädigen wir nicht irgendein Wesen, weder ein schwaches noch ein starkes.“

An der Absonderung, ihr Mönche, mögt ihr Freude finden, an der Absonderung mögt ihr Befriedigung finden. Wenn ihr so an der Absonderung Freude findet, an der Absonderung Befriedigung findet, wird dieser Gedanke mächtig bei euch vorschreiten: „Was ist das Ungute? Was ist noch nicht abgetan? Was sollen wir noch abtun?“

„Wenn auch, ihr Mönche, Räuber und Mörder euch mittels einer beiderseits mit einem Griff versehenen Säge die Glieder einzeln abtrennten, so würde, wer da in Wut geriete, nicht meiner Lehre folgen. Da habt ihr euch, ihr Mönche so zu üben: „Nicht soll unser Denken verändert werden und nicht werden wir gehässige Worte ausstoßen, voll von Wohlwollen und Mitleid werden wir weilen, liebevollen Denkens, nicht gehässig, und werden diesen Menschen mit liebevollem Denken durchstrahlen und von da ausgehend die ganze Welt mit liebevollem Denken durchstrahlen, mit weitem, hohem, unbegrenztem, hass- und missgunstfreiem. So ihr Mönche, habt ihr euch zu üben.“

An die Übung liebevollen Denkens mag sich eine solche zur Festigung des Gleichmutes anschließen, wie ja auch in dem häufig in den Texten wiederkehrenden Schema der Brahmavihara, der „lichten Weilungen“ als vierte Übung der Gleichmut erscheint. Auf diese Meditationsübung hat der Buddhist besonderen Wert zu legen, weil ein gewisser Gleichmut die unerlässliche Vorbedingung der inneren Ruhe ist. Wer durch Aufregungen und Ärger, durch Kummer und Leid, durch das Fehlschlagen von Unternehmungen, durch Unglück immer sofort bis in die Tiefen seines Innern erschüttert wird, der wird große Schwierigkeiten haben, in den Stunden, die er der Meditation widmen will, die Gedanken an seine Sorgen auszuschalten und jene innere Leere herzustellen, von der oben gesprochen wurde. Was die alten Stoiker „constantia sapientis“ nannten, diese völlige Unerschütterlichkeit des Denkens in allem Trubel der Welt, das muss der Buddhist in sich zu erzeugen suchen. Damit ist nicht gesagt, dass der Buddhismus mit der Stoa zusammenfällt, denn für den Stoiker ist dieser Gemütszustand das Ziel, für den Buddhisten nur der Anfang. Damit ist andrerseits aber auch nicht gesagt, dass diese Übung als eine primitive Anfangsübung unbedeutend sei. Sie hat vielmehr für das buddhistische Gedankengebäude dieselbe Bedeutung, die der Grundstein für das Haus hat. Nur auf dem Boden des Gleichmutes kann Buddhismus festen Fuß fassen, niemals aber in einem schwankenden, unbeständigen Geist, der ein Spielball seiner Umgebung ist.

,,Dem Wasser gleich, Rahula, magst du die geistige Übung entwickeln, denn wenn du, Rahula, dem Wasser gleich die geistige Übung entwickelst, werden dir angenehme und unangenehme Berührungen nicht mehr den Geist gefangen nehmen.

Gleichwie man, Rahula, im Wasser Reines spült und Unreines spült, Unratbeschmutztes abspült und Urinbeflecktes abspült, Speichelbeflecktes abspült, Eiterbeflecktes abspült, Blutbeflecktes abspült und sich das Wasser nicht deswegen entsetzt oder Ekel und Abscheu empfindet, ebenso nun magst auch du, Rahula, dem Wasser gleich die geistige Übung entwickeln, denn wenn du, Rahula, dem Wasser gleich die geistige Übung entwickelst, werden dir angenehme und unangenehme Berührungen nicht mehr den Geist gefangen nehmen.“

Der Idealzustand des Denkens, das „von keiner Seite mehr Gefahr erblickt“, ist geschildert in den drei knappen, inhaltschweren Worten des Suttanipata: Gleichmut, Ruhe, Reinheit.

Gleichmut – die Sicherheit gegenüber allem was von außen kommt. Felsengleich soll das Denken werden. Wie ein Felsen, wenn er vom Sturm umbraust, von Wogen umbrandet wird, unerschüttert bleibt, so soll das Denken in den Stürmen und Wogen des Lebens fest und unerschüttert bleiben.

Reinheit – die Siegesgewissheit gegenüber allen unsern niederen Trieben, gegenüber dem Tier in uns. Kristallklar soll das Denken werden. Wie die Natur aus dem trüben, amorphen und unreinen Mineral den wunderbar klaren, regelmäßig geformten Kristall gebildet hat, so soll auch der Mensch aus seinem unreinen, ungeordneten Denken sich ein reines, wohlgeordnetes Innenleben schaffen, indem er durch den geistigen Reinigungsprozess alle Schlacken und Dunkelheiten auflöst.

Ruhe – die innere Harmonie von Gleichmut und Reinheit, die Gewissheit der unerschütterlichen Sicherheit, die nicht mehr von außen gestört, nicht mehr von innen aufgewühlt werden kann.

IV.

Mit der Mettabhavana befanden wir uns noch im Gebiete der mit Behaftung verbundenen Dinge, denn die Texte geben als Ergebnis dieser Meditationsübung noch eine Wiedergeburt in der Brahmawelt an. Liebe und Gleichmut können auch vom Weltmenschen geübt werden und gehören deshalb nicht zu den Dingen, die dem Buddhismus speziell und allein eigen sind, wenn sie auch eine der wichtigsten Anfangsstationen darstellen.

Wir kommen nun zu den speziell buddhistischen Übungen, die stufenweise fortschreitend den buddhistischen Reinigungsweg bilden. Aber hier erheben sich sehr bald große Schwierigkeiten. Wir alle hier in Europa müssen bekennen, dass wir von diesen geistigen Erlebnissen nur mehr oder weniger unklare Ahnungen haben, dass uns das eigene letzte Erleben noch fehlt. Was schon oben gesagt wurde, dass man schärfste Selbstkritik an seinen eigenen Erlebnissen üben müsse, gilt hier im unbekannten Gebiet in verstärktem Maße. Ich hatte vor einigen Jahren Gelegenheit, mit einem in Ceylon sehr angesehenen Mönch zu sprechen, der berichtete, dass in Ceylon zurzeit kein Mönch höhere Erlebnisse habe, und dass es auch in der vorigen Generation nicht anders gewesen sei. Wenn also sogar Mönche, die unter viel günstigeren äußeren Bedingungen streben, jetzt keine höheren Erlebnisse mehr haben, dann darf man wohl annehmen, dass es hier im unruhigen Europa noch viel weniger leicht möglich sein dürfte, wesentliche Fortschritte auf dem Gebiete der höheren Erlebnisse zu machen. Der erwähnte Mönch, Rev. Buddhadatta, scheint recht zu haben, wenn er sagt, dass jetzt eine „bad season“ für höhere Erlebnisse sei. Diese wenig erfreulichen Berichte sollen aber nicht zur Entmutigung des modernen Buddhisten beitragen und eine resignierende Untätigkeit erzeugen. Es sollte vielmehr durch diese Tatsache nur gekennzeichnet werden, wie ungeheuer schwierig es in der Gegenwart ist, wirklich höhere Erlebnisse zu erlangen, und es sollte hier vor Selbsttäuschung und Illusionen gewarnt werden. Warum aber sollte es nicht vielleicht gerade den verdoppelten Anstrengungen eines Europäers möglich sein, allen ungünstigen Umständen zum Trotz das zu erreichen, was man in Ceylon jetzt nicht mehr zu erreichen vermag? Die Unsicherheit aber, die heute noch in allen diesen Fragen besteht, hat veranlasst, dass über diese höheren Erlebnisse, wie speziell auch über das Endziel des buddhistischen Weges eine ungeheure Literatur entstanden ist, in der die gegensätzlichsten Meinungen vertreten werden. Es kann hier, wo es sich vor allem um praktische Ratschläge handeln soll, nicht der Ort sein, die verschiedenen Anschauungen gegeneinander abzuwägen. Es ist überhaupt die Frage, ob eine Annahme oder Ablehnung der einzelnen Ansicht wesentlich ist, ob diese Arbeit der theoretischen, kritischen Sonderung nicht für den Nichterlebenden unverständlich und für den wirklich Erlebenden unnötig und bedeutungslos ist. „Ansicht – das hat der Vollende abgetan“, heißt es im Kanon und auch Nietzsche hat wohl recht, wenn er sagt: „Niemals noch hängte sich die Wahrheit an den Arm eines Unbedingten.“

Unter Vermeidung von einseitigen Urteilen soll hier nun einfach der Kanon zu Worte kommen, soll der weitere Weg der buddhistischen Verinnerlichung mit den Worten des Buddha selbst geschildert werden. Während also bisher ausschließlich persönliche Erfahrungen gebracht wurden, und der Weg eines einzelnen Gegenwartsmenschen geschildert wurde, werden nun auf einem Gebiete, wo persönliche Erfahrungen fehlen, nur die kanonischen Lehrreden zitiert werden.

Als Vorbedingung zu weiterem Aufstieg wird das Freisein von fünf Hemmungen gefordert: „Der gibt dann die Sucht nach der Welt auf, suchtfreien Geistes weilt er, von Sucht reinigt er sich den Geist. Hass und Missgunst gibt er auf, hassfreien Geistes weilt er, voll Mitleid zu allen Lebewesen, von Hass und Missgunst reinigt er sich den Geist.

Trägheit und Schlaffheit gibt er auf, angespannt weilt er, klaren Denkens, achtsam, besonnen reinigt er sich den Geist von Trägheit und Schlaffheit. Hochmut und Unruhe gibt er auf, bescheiden weilt er, beruhigt in seinem Inneren, von Hochmut und Unruhe reinigt er sich den Geist.

Zweifel gibt er auf, zweifelsfrei weilt er, ohne Schwanken bezüglich des Guten reinigt er sich den Geist vom Zweifel.“

Als erstes Ergebnis tauchen in dem so gereinigten Geist die vier „jhanas“ auf: „Sobald er sieht, dass diese fünf Hemmungen in seinem Innern geschwunden sind, entsteht Frohsinn, bei dem Frohen entsteht Freude, dem Freudigen beruhigt sich der Körper, der beruhigte Körper empfindet Glück, dem Glücklichen neigt sich der Geist zur Vertiefung: Der weilt dann fern von Lüsten und fern von unguten Dingen im Besitz der ersten Vertiefungsstufe mit ihren Gedanken und Erwägungen, der aus der Absonderung geborenen, freudvoll beglückenden. Der durchdringt dann eben diesen Körper mit dem aus der Absonderung geborenen freudvollen Glück vollständig, und nichts von seinem ganzen Körper bleibt von diesem aus der Absonderung geborenen freudvollen Glück undurchdrungen.

Und weiter erreicht ein Mönch nach dem Zuruhekommen der Gedanken und Erwägungen die innere Geistesruhe, die Einigung des Denkens, und verweilt im Besitz der zweiten Vertiefungsstufe, der gedanken- und erwägungsfreien, aus der Vertiefung geborenen, freudvoll beglückenden. Der durchdringt dann eben diesen Körper mit dem aus der Vertiefung geborenen freudvollen Glück vollständig, und nichts von seinem ganzen Körper bleibt von diesem aus der Vertiefung geborenen, freudvollen Glück undurchdrungen.

Und weiter weilt ein Mönch nach dem Freiwerden von der Sucht nach Freude gleichmütig, achtsam, vollbewusst, und empfindet mit seinem Körper das Glück, das da die Edlen bezeichnen als: Gleichmütig, achtsam, glücklich weilend, und erreicht die dritte Vertiefungsstufe. Der durchdringt dann eben diesen Körper mit dem freudefreien Glück vollständig, und nichts von seinem ganzen Körper bleibt von diesem freudefreien Glück undurchdrungen.

Und weiter erreicht da ein Mönch nach dem Schwinden des Glücks, nach dem Schwinden des Leids, nach dem Aufhören der früheren Freuden und Bekümmernisse die vierte Vertiefungsstufe, die leidfreie, glückfreie, in Gleichmut und Verinnerung gereinigte. Der sitzt dann da, indem er seinen Körper mit dem gereinigten Denken, dem geklärten, durchdringt, und nichts von seinem ganzen Körper von diesem gereinigten, geklärten Denken undurchdrungen bleibt.

Der lenkt dann mit dem vertieften Denken, dem gereinigten, geklärten, fehlfreien, fleckfreien, weichen, schmiegsamen, gefestigten, unerschütterlichen, seinen Geist hin auf Erkenntnis und Einsicht. Der erkennt dann: Dies hier ist mein Körper, formhaft, aus vier Grundstoffen bestehend, von Vater und Mutter gezeugt, von Schleim und Reis genährt, der Vergänglichkeit, dem Zerfall und der Zermürbung unterworfen, und dies hier ist mein Bewusstsein, darauf gestützt, daran gebunden. Der lenkt dann mit dem vertieften Denken, dem gereinigten, geklärten, fehlfreien, fleckfreien, weichen, geschmeidigen, gefestigten, unerschütterlichen, den Geist hin auf das himmlische Hörvermögen. Der hört dann mit dem gereinigten Hörvermögen, dem über menschliche Fähigkeiten hinausgehenden, beide Tonarten, die himmlischen sowohl wie die menschlichen, die fernen, und die nahen. Der lenkt dann mit dem gereinigten Denken, mit dem geklärten, fehlfreien, fleckfreien, weichen, geschmeidigen, gefestigten, unerschütterlichen, den Geist hin auf die Erkenntnis fremden Denkens. Der erkennt dann das Denken anderer Wesen, anderer Menschen, durch seine Geisteskraft.

Der lenkt dann mit dem gereinigten Denken, dem geklärten, fehl- und fleckfreien, weichen, geschmeidigen, gefestigten, unerschütterlichen, den Geist hin auf die Erkenntnis und Erinnerung an die früheren Wiedergeburten.

Der lenkt dann mit dem vertieften Denken, dem gereinigten, geklärten, fehl- und fleckfreien, weichen, geschmeidigen, gefestigten, unerschütterlichen, den Geist hin auf das Wissen vom Verschwinden und Wiederauftauchen der Wesen. Der sieht dann mit dem himmlischen Auge, dem gereinigten, über menschliche Fähigkeiten hinausgehenden, die Wesen, wie sie sterben und wiedergeboren werden. Der lenkt dann mit dem vertieften Denken, dem gereinigten, geklärten, fehl- und fleckfreien, weichen, geschmeidigen, gefestigten, unerschütterlichen, den Geist hin auf das Wissen von der Vernichtung der Triebe. Der erkennt dann der Wirklichkeit entsprechend: Das ist das Leiden, das ist des Leidens Entstehung, das ist des Leidens Vernichtung, das ist der zur Vernichtung des Leidens führende Weg; er erkennt der Wirklichkeit entsprechend: Das sind die Triebe, das ist das Entstehen der Triebe, das ist die Vernichtung der Triebe, das ist der zur Vernichtung der Triebe führende Weg. Wenn er so erkennt, so durchschaut, wird sein Denken frei vom Trieb nach Sinneslust, vom Trieb nach Dasein, vom Nichtwissenstrieb: Im Befreiten ist das Wissen vom Befreitsein, vernichtet ist Wiedergeburt, vollbracht der Reinheitswandel, getan, was zu tun war, nichts weiteres auf dieses hier, so erkennt er.“

Eine große Zahl anderer Wege zu höheren Erlebnissen ist im Kanon dargestellt. Um jedoch den Leser nicht durch die Fülle des Gebotenen zu verwirren, möchte ich mich auf eine Auswahl beschränken, und so sei nur noch eine dieser vielen Möglichkeiten herausgegriffen:

Die kleine Lehrrede vom Leeren

,,So habe ich gehört. Einstmals weilte der Erhabene in Savatthi, im Pubbarama, im Landhaus der Mutter Migaras. Da nun begab sich der ehrwürdige Ananda zur Abendzeit, nachdem er sich aus seiner Zurückgezogenheit erhoben hatte, zum Erhabenen; dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrfurchtsvoll und ließ sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend nun redete der ehrwürdige Ananda den Erhabenen folgendermaßen an: Einstmals, o Herr, weilte der Erhabene bei den Sakkiern. Nagarakam hieß die Stadt der Sakkier. Dort nun hab ich, o Herr, vom Erhabenen gehört, aus seinem Munde vernommen: Beim Weilen im Leeren, Ananda weile ich jetzt häufig. Hab ich nun das recht vernommen, recht erfasst, recht begriffen, recht behalten?

Wohl hast du das, Ananda, recht gehört, recht erfasst, recht begriffen, recht behalten. Früher schon und auch jetzt noch weile ich oft beim Weilen im Leeren. Wie da, Ananda dieses Landhaus der Mutter Migaras leer ist von Elefanten, Kühen, Pferden und Ziegen, leer von Gold und Silber, wie es aber hier dieses eine Nicht-leere gibt nämlich die Mönchsgemeinde – ebenso nun, Ananda, pflegt ein Mönch nicht mehr den Gedanken: Dorf, pflegt nicht mehr den Gedanken: Mensch, einzig den Gedanken: Wald pflegt er noch. Bei diesem Gedanken: Wald weitet sich sein Geist beruhigt sich, festigt sich, wird befreit. Er erkennt dann: Alle Sorgen, die aus dem Gedanken: Dorf entstehen könnten, aus dem Gedanken: Mensch entstehen könnten, die sind hier nicht mehr vorhanden, es gibt aber noch diesen Rest von Last, nämlich einzig den Gedanken: Wald. Der weiß dann: Leer ist dieser Gedankengang vom Gedanken: Dorf, leer ist dieser Gedankengang vom Gedanken: Mensch, es gibt da aber dieses Nicht-leere, nämlich einzig den Gedanken: Wald. Was da nun nicht vorhanden ist, als leer davon erkennt er es, was da aber übrig geblieben ist, von dem weiß er: Das ist da. So nun, Ananda, kommt es zur Geburt dieses wirklichen, unverbrüchlichen, reinen Leeren.

Und weiter, Ananda, pflegt ein Mönch nicht mehr den Gedanken: Mensch, pflegt nicht mehr den Gedanken: Wald, einzig den Gedanken: Erde pflegt er noch. Bei diesem Gedanken: Erde weitet sich sein Denken, beruhigt sich, festigt sich, wird befreit.