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Seit zwei Jahrhunderten geistert ein Phantom durch die Geschichtsbücher, das Phantom der „Slawen“: Ein fremdes Volk mit anderer Sprache und Mythologie soll nach Mitteleuropa gekommen sein und unsere Geschichte mitgeprägt haben. Panslawisten und ihre Helfer haben einen Mythos aufgebaut, der bis heute als offizielle Lehrmeinung betrachtet wird. In diesem Buch wird anhand der historischen Originalquellen gezeigt, daß es nie ein Volk der „Slawen“ gegeben hat und wir das Opfer einer irrigen und von Wunschvorstellungen geprägten Geschichtsauffassung geworden sind. In den mittelalterlichen Texten kommen „Slawen“ nicht vor, sondern lediglich „Sclaveni“, was mit „Sklaven“ und „Heiden“ richtig übersetzt wird. Die slawischen Wenden entpuppen sich als Nachkommen der germanischen Wandalen, Wineder, Goten und anderer ostgermanischer Stämme, deren Sprache durch die Mission der Ostkirche über das Kirchenslawische zur slawischen Kunstsprache wurde. Auch die wichtigsten slawischen Gottheiten entpuppen sich bei genauerer Untersuchung als germanische Götter, deren Namen lediglich von den christlichen Chronisten in abwertender dämonisierender Art bezeichnet wurden. Dieses Buch räumt mit dem „Slawen-Mythos“ auf und erklärt die Slawen als das, was sie wirklich sind: Ostgermanen.
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Seitenzahl: 271
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Vorwort
1. Der Begriff „Slawe“
2. Primärquellen
3. Sprache
4. Namen
5. Der Gott Svantevit
6. Die Gottheit Triglav
7. Die Göttin Siva
8. Die Göttin Liuba
9. Weitere Götter
10. Rethra
11. Arkona
12. Missionierung
13. Bodenfunde
14. Fälschungen
15. Schlußfolgerungen
Anmerkungen
Abbildungsnachweis
Literatur
Wenn man sich, wie ich es tat, über 30 Jahre mit der Mythologie der Germanen intensiv beschäftigt und sie erforscht, dann steht man immer wieder vor der Frage, wie man die mythologischen Vorstellungen der Wenden bewerten und einordnen soll. Kann man wendische Quellen auch zur Erhellung der germanischen Religion heranziehen oder behandeln sie ein völlig anderes, mit den Germanen nicht verwandtes, fremdes Volk mit entsprechend fremder Mythologie?
Bei Betrachtung dieser Quellen fiel mir dann auf, daß hier eigentlich nur Dinge beschrieben wurden, die ich genauso auch von den Nord- oder Westgermanen her kannte, und ich stieß auf zeitgenössische Primärquellen, die die Wenden als Nachfahren der germanischen Wandalen erklärten. Natürlich sind mir auch die Einwände der Wissenschaft zu diesem Phänomen bekannt: Die damaligen Menschen hatten einfach die ähnlichklingenden Namen in laienhafter volksetymologischer Unkenntnis gleichgesetzt. Nur: Ausnahmslos alle Quellen der Zeit machten das, nirgends findet sich eine andere Darstellung. Kann man also alle Zeitchronisten handstreichartig als falsch hinstellen, oder wäre es nicht angebracht, einmal nachzusehen, ob nicht doch eine Wahrheit dahinter steckt?
Dann entdeckte ich zwei Textquellen von englischen Klerikern, die vom Kult Odins und anderer germanischer Gottheiten bei den Wenden berichteten. Das ist eigentlich nicht mehr zu widerlegen, denke ich. Aber nein, auch dazu gibt es eine Deutung: Die englischen Chronisten beschrieben „slawische“ Götter in einer „Interpretatio Germanica“, verwendeten also germanische Götternamen um vorgefundene, nichtgenannte „slawische“ Götter zu beschreiben. Nur: Warum sie nun ausgerechnet die skandinavischen Namen verwendeten, statt der ihnen sicher bekannteren englischen (also Odin statt Voden) oder lateinischen (Merkur), das kann nicht erklärt werden. Warum haben sie nicht auch gleich die „slawischen“ Namen verwendet?
Und wenn man sich ein wenig mit den Sagen aus dem Gebiet, wo die Wenden gelebt haben, befaßt, dann finden wir hier zahllose Sagen von „Frau Holle“ (die germanische Göttin Frick) genauso, wie von Wodan und seiner „Wilden Jagd“. Wie aber hätten sich derartige Sagen erhalten können, wenn das Land von Germanen fast menschenleer gewesen war (man geht – wenn überhaupt - nur von max. 20% germanischer Restbevölkerung aus), und dann durch einsickernde „Slawen“ neu besiedelt wurde? Diese werden wohl kaum Sagen von germanischen Gottheiten erfunden haben. Später kamen dann die christlichen Deutschen dazu, die nun natürlich erst recht keine Sagen von heidnischen Gottheiten erzählt haben dürften – überdies kamen die Neusiedler meist aus Flandern und hätten die Gottheiten dann eher mit flämischen Namensformen bezeichnen müssen.
Zu denken gibt auch, daß der russische Anarchist Michael Alexander Bakunin (1814–1876) schrieb, daß Rußland in Wahrheit nichts anderes ist, als ein unter der Knute lebendes Germanenvolk.
Die „Slawentheorie“ findet sich kurz dargestellt bei Willy Jäger1:
>Während der Zeit der Völkerwanderung (400 bis 700 n. Chr.) verließen unsere Vorfahren ihre Wohnsitze zwischen Elbe und Oder. Die Semnonen zogen an den Rhein und Main. Andere Stämme der Sweben folgten. Heute heißt nach ihnen das Land im Südwesten Deutschlands das Schwabenland.
In die verlassenen Gebiete wanderte ein fremdes Volk ein: die Wenden. Die einzelnen Stämme der Wenden ließen sich in verschiedenen Gegenden der Mark nieder, so die Heveller an der Havel und im Havelland. Auf der Havelinsel in Brandenburg erbauten sie eine feste Burg. Von der hochragenden Kuppe des nahe gelegenen Harlunger Berges (Marienberg) blickte das dreiköpfige Standbild des wendischen Gottes Triglav auf den Ort „Brendanburg“ und in die Landschaft des Havellandes.
Jahrhunderte vergingen. Häufig kam es zwischen den bereits christlich gewordenen Deutschen und den heidnischen Wenden zu Streitigkeiten. Die deutschen Fürsten mußten wiederholt gegen die Wenden kämpfen, um ihr deutsches Land zu schützen.<
Je länger man sich also mit der Geschichte der Wenden befaßt, desto mehr Widersprüchliches findet man, das mir die Vermutung zur Gewißheit werden ließ, daß es ein fremdes Volk der „Slawen“ nie gegeben hat und bis heute nicht gibt, sondern daß es sich in Wahrheit um ostgermanische Stämme handelt, die man uns als fremdes Volk verkaufen will. Das führt dann auch zu der Frage, wer ein Interesse daran hat und warum er das tut. Hier kann man natürlich nur spekulieren: Die Kirche bzw. beide Kirchen (Romkirche und Ostkirche) versuchten schon in der Missionierungszeit mit einem „Teile und Herrsche“ eine pangermanische Einheit zu verhindern; vereinigte Stämme hätten den missionierenden Christen sehr gefährlich werden können. Vor 150 Jahren gab es erste Bestrebungen, mit einem „Panslawismus“ die vermeintlich zusammengehörenden „slawischen“ Stämme zu vereinen. Dazu brauchte man eine neue, „slawische“ Identität und Geschichte und diese wurde nun krampfhaft in den Quellen gesucht und leider auch hineingefälscht.
Auch zahllose Deutsche lehnen heute ihre germanischen Wurzeln ab und wollen damit nichts mehr zu tun haben. Das Schmälern und Kleinreden großer Leistungen der Germanen wird in solchen Kreisen systematisch betrieben, schließlich war es doch die Nationalsozialisten, die sich angeblich auf die Germanen beriefen und ein „großgermanisches Reich“ mit der Stadt Berlin – „Germania“ genannt – als Mittelpunkt gründen wollten. Den Germanen besondere Leistungen auf kulturellem Gebiet zuzuschreiben bedeutet doch zugleich, Germanen irgendwie als etwas Besseres anzusehen und ist bereits ein Schritt in Richtung eines rassistisch-chauvinistischen Nationalismus, der im Zeitalter der Globalisierung unangebracht ist.
So gibt es also eine ganze Reihe von Personen unterschiedlichster Interessen, die sich einig darin sind, daß Germanen schlecht und „Slawen“ gut wären und die alles tun, um möglichst wenig Germanisches, aber viel „Slawisches“ zu finden. Ich nenne sie der Einfachheit halber in diesem Buch „Slawomanen“.
Ich habe in Berlin im Verein für deutsche Vor- und Frühgeschichte auch anerkannte Wissenschaftler kennengelernt und mit ihnen über die Frage der „Slawen“ diskutiert und erntete – zu meinem Erstaunen – Zustimmung. Aber mir wurde von einem Wissenschaftler auch gleich dazu gesagt, daß er diese Meinung niemals öffentlich äußern könnte, wenn er seinen Stellung behalten wolle. Obwohl er also wie ich davon überzeugt war, daß es „Slawen“ gar nicht gibt, hat er diese Ansicht niemals in der Öffentlichkeit vertreten, sondern dort weiterhin von „Slawen“ oder „slawischen Funden“ gesprochen. Seitdem weiß ich, daß die Wissenschaft in unserem Lande durchaus nicht frei und unabhängig ist, daß immer noch gilt „Wes’ Brot ich eß’, des’ Lied ich sing’“, daß also die Erwartungen bestimmter gesellschaftlicher Kreise gefälligst erfüllt werden müssen. Die Politik will keine Revanche bezüglich der deutschen Ostgebiete und hat „Frieden mit Polen“ angeordnet, daher muß der Wissenschaftler im Staatsdienst eben überall „slawische“ Siedlungsspuren finden, die beweisen, daß Polen nur zurückerhalten hatte, was ihm schon immer gehörte, da die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Demarkationslinie vor der christlichen deutschen Ostkolonisation ja eindeutig „slawisch“ gewesen waren.
Seit etwa 200 Jahren wird uns eingeredet, daß unser Land vom 4. bis 7. Jh. menschenleer geworden sei und in die freien Regionen ein fremdes Volk der „Slawen“ einsickerte, das ursprünglich aus dem Gebiet der Pripjet-Sümpfe gekommen sein soll. Da es also in Germanien nun auch Bodenfunde und Siedlungsreste dieses Volkes gibt und sogar „slawische“ Gottheiten bekannt geworden sind, ist für unser eigenes Selbstverständnis die Frage, ob das alles denn so stimmt, von entscheidender Bedeutung.
Ich habe mich dazu schon früher geäußert und die Primärquellen dazu studiert. Ich kam zu dem Ergebnis:
○ Der Begriff „Sclaveni“ findet sich zuerst bei Procop (um 550) und in der lateinisch verfaßten Gotengeschichte des Jordanis (um 551 u. Zt.) nicht früher.
○ Sich selbst haben diese Menschen niemals „Sclaveni“ oder gar „Slawen“ genannt, sondern sie verwendeten Bezeichnungen wie Wenden, Veneder usw.
○ Daß man sie heute als ein von den Germanen zu unterscheidendes Volk ansieht, liegt einzig daran, daß man sie von ihrer Sprache her betrachtet. Diese Sprache ist aber eine künstlich veränderte Sprache der Missionierungszeit. Genauso, wie die Gallier und Franken in Frankreich nicht wegen des Lateinischen zu „Römern“ umgedeutet werden können, dürfen auch die Sclaveni nicht zu einem fremden Volk umdefiniert werden.
○ „Slawen“ gibt es nicht, es sind und bleiben Ostgermanen.
Man wird nun einwenden: Was haben Vorgänge vor 800 bis 1400 Jahren für eine Relevanz für heutige Menschen? Es kann uns doch eigentlich ganz egal sein, wie man damals die Stämme bezeichnet hatte und um wen es sich dabei handelte. Das mag man so sehen, aber die sog. „Slawentheorie“ verschuldete u. a. den 1. Weltkrieg. Österreich hätte Serbien nie den Krieg erklärt, wenn sich die Österreicher bewußt gewesen wären, daß die Serben eigentlich Goten und damit Germanen wie sie selbst sind. Und Rußland hätte nicht einer falschverstandenen „slawischen“ Solidarität folgen müssen, wenn sich die Russen als Ostgermanen gefühlt hätten, statt als „Slawen“; sie hätten dann ebensoviel Gemeinsamkeiten mit den Serben wie den Österreichern oder den Preußen gesehen.
Der 1. Weltkrieg ist also eine Folge der unsinnigen „Slawentheorie“ und wäre ohne diese gar nicht möglich gewesen. Und auch der 2. Weltkrieg, der ja teils wegen der ungerechten Behandlung Deutschlands nach dem 1. Weltkrieg ermöglicht wurde, wäre nicht geschehen, wenn die NS-Regierung gewußt hätte, daß die angeblichen „slawischen Untermenschen“ nichts anderes als Ostgermanen, Goten, Wandalen und Wikinger sind. So verdanken wir also einer falschen Deutung der Quellen die zwei schlimmsten Kriege unserer Zeit, und daher scheint es notwendig, nun endlich diese unheilvolle „Slawentheorie“ als das zu entlarven, was sie in Wahrheit ist: Ein riesengroßer Betrug, eine Geschichtsfälschung.
Wer glaubt, die Weltkriege sind seit 70 Jahren vorbei, mit neuen Weltkriegen ist nicht zu rechnen, also ist das Wissen über die Slawentheorie nicht mehr so wichtig, der irrt sich. Wir erleben ja gegenwärtig, wie die EU mit Rußland Streit um den Einfluß im künstlichen Staatskonstrukt der Ukraine beginnt und versucht, den russischen Präsidenten Putin zu isolieren. Die alte Teilung, die es schon im Mittelalter gab, in eine westliche Welt und „Slawen“ im Osten wirkt bis in unsere Tage fort und verhindert immer noch, daß wir Germanen in „Germany“ uns mit unseren Brüdern und Schwestern, den Germanen in Rußland, friedlich zusammentun können.
Ich selbst habe Vorfahren aus Böhmen/Mähren und fühle mich persönlich beleidigt, wenn man die Menschen dort als „Slawen“, was doch eigentlich „Sklaven“ bedeutet, bezeichnet, und das tapfere russische Volk hat es nicht verdient, als „Slawen“, also „Sklavenvolk“ diffamiert zu werden, es sind Germanen, wie wir auch.
Die Diskussion über die Frage der „Slawen“ ist leider emotional und politisch überlagert und die Fronten beider Seiten sind verhärtet. Mein Buch wird daran sicher rein gar nichts ändern, dieser Illusion hänge ich nicht an. Ich hoffe vielmehr auf die Zukunft, daß also zukünftige Generationen den Widersinn dieser „Slawentheorie“ erkennen und davon wegkommen werden.
Und ich bin mir außerdem bewußt, daß noch längst nicht alles dazu erforscht ist und viele Fragen immer noch einer überzeugenden Antwort harren. Insofern kann ich hier kein perfektes und unangreifbares Bild zeichnen, sondern lediglich Teilbereiche, Mosaiksteinchen zusammenfügen, die einiges klären, aber bei weitem nicht alles. Auch werden sich hier bei mir sicher einige Fehler finden, die spätere Forschungen vielleicht richtigstellen werden. Es wird Widersprüche geben, da sich unterschiedliche Theorien zu den Fragen gebildet haben. Vielleicht werden andere dadurch angeregt, sich um Klärung der weiteren offenen Fragen zu bemühen, dann wäre ein Ziel meines Buches erreicht.
Ich wünsche mir, daß die heute noch als „slawisch“ diffamierten Völker und Stämme sich wieder ihrer germanischen Wurzeln bewußt werden, auf die sie genauso stolz sein können, wie wir Deutsche. Dann sollte einer engeren politischen Zusammenarbeit nichts mehr im Wege stehen.
Das deutsche Wort Sklave bzw. der angebliche Volksname „Slawe“ bedeuten „Leibeigner, Unfreier, entrechteter Mensch“. Der Begriff ist aus mittellateinisch (500–1500) „sclavus“ entlehnt und geht zurück auf mittelgriechisch „sklábos“ und „sklábenos“, was wiederum von griechisch „skyleuo“, „skylaO“ =„ich mache Kriegsbeute“ (wörtlich: „ich nehme dem getöteten Feind die Waffen ab“), „skylaein“ =„Raub, Kriegsbeute machen“ stammt. Einfach ausgedrückt: Das Wort bedeutet „Sklave, Unfreier“. Mit irgendeinem Stammesnamen hat das Wort also nichts zu tun. Das griechische „Skylaein“ wurde zum lateinischen „Scylavus“ und verkürzt zu „Sclavus“2. Slawomanen behaupten nun, das Wort habe ursprünglich nicht „Sclaveni“, sondern „Slaveni“ gelautet, die Griechen hätten aus einem ursprünglichen „sl“ ein „skl“ gemacht. Denn im Griechischen und Lateinischen wird der Anlaut „sl-“ zu „skl-“ oder „scl-“, davon entstanden die Formen „sklabenoi“ und „sclaveni“. Diese Veränderung soll im 6. Jh. geschehen sein. Das gesprochene „skl“ statt „sl“ ist danach eine lateinische und griechische Schöpfung, da der ursprüngliche Anlaut „sl“ nicht zu den beiden Sprachen paßte. Klingt zunächst plausibel, doch darf man dann die Frage stellen: Warum gibt es nirgends in den hunderten von zeitgenössischen Textquellen irgendwo wenigstens einmal die Wiedergabe des ursprünglichen Wortes „Slaveni“? Ja, das Wort – in welcher Schreibweise auch immer – kommt in Texten vor dem 6. Jh. rein gar nicht vor. Sollten hunderte von Chronisten allesamt die Existenz eines derartigen Volkes übersehen haben? Das ist doch gar nicht denkbar!
Wir halten also fest: Überliefert ab dem 6. Jh. ist allein die Wortform „Sclaveni“ bzw. „sklabenoi“. Vor dem 6. Jh. gab es derartige Bezeichnungen nicht und bis etwa zum 12. Jh. gab es die Schreibweisen ohne das „c“ oder „k“ auch noch nicht. Wenn also irgendwo in Büchern „Sclaveni“ in der Zeit vor dem 6. Jh. erwähnt werden, dann ist das eine Interpretation, letztendlich eine Fälschung. Und wenn irgendwo gar „Slawen“ vor dem 12. Jh. erwähnt werden, dann hat der Betreffende wiederum eine Fälschung begangen, wie das heute viele Übersetzer mittelalterlicher Chroniken tun (siehe Abb. 1). Diese Fälschungen kann also jeder leicht entlarven.
Abb. 1: Die Reclam-Ausgabe von Einhards „Vita Karoli Magni“ (Stuttgart 1968). Im Original links steht „Sclavis“, in der dt. Fassung rechts aber falsch „Slawen“.
In der „Vita Methodii“ aus dem 9. Jh. soll allerdings Fürst Ratislav bereits von „my sloveni“ reden. Allerdings: Die älteste Handschrift der „Vita Methodii“ (die heute verloren ist) stammte aus dem 12. Jh., eine lateinische Fassung wurde gar erst 1854 vom Wiener Slawisten F. Miklosisch plötzlich aus dem Hut gezogen. Der Text liegt also nicht vor dem 12. Jh. vor, ist auch nicht mehr nachprüfbar, außerdem gibt es darin Unstimmigkeiten, die die Vermutung nahelegen, daß jemand „nachgebessert“ hat. So berichtet die „Vita Methodii“ die Überführung des Missionars Methodius „vu Suvaby“ bzw. „ad Suevos“ (= Sueben, Swaben). Aber die Deutschen werden von den Balkanvölkern erst seit dem 18. Jh. allgemein als „Schwaben“ (Suevos) bezeichnet.
Auch für den Wegfall des C im Namen gibt es eine Erklärung. Im Niederdeutschen und Englischen ist es ausgefallen; der Nordfriese sagt: „Leever duad üs Slaav“ (lieber tot als Sklave) und meint damit nicht irgendeinen Stamm. Schon Detlev v. Liliencron verwendete diesen Spruch in seiner Ballade „Pidder Lüng“, deren Strophen jeweils mit diesem Spruch des heidnischen und freibleibenwollenden Germanen auf Sylt enden. Der Heide Pidder Lüng wollte nicht getauft und zehentpflichtig und damit „Sklave“ der Kirche werden. Die Engländer nennen Sklaven immer noch „Slaves“.
Die Ostgermanen selbst haben das C irgendwann nicht mehr wie ein K, sondern wie ein Z gesprochen, so daß aus „Sclaveni“, gesprochen „Sklaveni“, ein gesprochenes „Szlaveni“ oder „Slaveni“ wurde. So eine Wandlung der C-Aussprache ist nicht unwahrscheinlich, wie das Beispiel Frankreich zeigt. Es ist nach dem Stamm der Franken und der Frankenkönige benannt, dennoch spricht heute jeder Franzose von „La France“ (C wie Z ausgesprochen) und wir sagen „französisch“ statt „frankisch“.
Von heutigen Bezeichnungen (Slovenen, Jugo-Slaven, Slovaken) auf einen alten Stammesnamen zu schließen, ist gleichfalls falsch. Richtig ist, daß sich auch in diesen Namen das C verloren hatte und sie ursprünglich mit C geschrieben wurden. Z. B. der lateinische Titel des schwedischen Königs „Dux Sclavorum“ („Herzog der Sclavenen“) macht dies deutlich. Die genannten Länder sehen sich also als Überreste des großen Gebietes, daß man „Sklavenlande“ nannte.
Wie kommt nun ein Name, der „Sklave“ (Unfreier, Kriegsgefangener) bedeutet, in die Geschichtsquellen ab dem 6. Jh.? Die Christen hatten solch einen Haß auf die noch heidnischen Ostgermanen, daß sie sie einfach abwertend bezeichneten. Und später, seit das 2. Lateranconcil (1215) Christen offiziell verbot, andere Christen als Sklaven zu nehmen, mußten die Sklavenhändler Roms weit in den heidnischen Osten reisen, um Sklaven zu fangen und den Bedarf an Sklaven zu decken. In ihrer Weltsicht wurde dieser ganze Osten mit seinen vielen Stämmen nun einfach zum „Sklavenland“. Man hat also in Ostgermanien Menschen als Sklaven gefangen und daher die ganze Gegend „Sklavenland“ genannt. Noch heute erinnern Alpenstädte an der römischen Grenze wie „Klagenfurt“ und „Völkermarkt“ an den dort einst stattfindenden Sklavenhandel. Das Fangen von Sklaven wird auch durch Primärquellen bestätigt. So schrieb der Chronist Paulus Diaconus in seiner nach 774 verfaßten Historia Langobardorum3:
>Daher kommt es, daß so große Völkermassen im Norden geboren werden, und nicht mit Unrecht wird jener ganze Landstrich vom Tanais [der russische Fluß Don] bis zum Sonnenuntergang mit dem allgemeinen Namen Germania bezeichnet, wenn auch einzelne Gegenden wieder ihre besonderen Benennungen haben (…) Aus diesem volkreichen Germanien nun werden oftmals zahllose Scharen Gefangener fortgeführt und an die südlichen Völker verkauft.<
Sich selbst haben die Ostgermanen nie „Slawen“ oder „Sklaven“ genannt, sondern sie nannten sich immer Wenden/Wandalen, Veneder, Goten, Waräger usw. und auch in den älteren Textquellen (Tacitus, Plinius) tauchen „Sclaveni“ nie unter den Namen der Stämme auf.
Daß die alten Chronisten nirgends „Slawen“ erwähnten, führte dazu, daß Slawomanen die indogermanischen Sarmaten mit den „Slawen“ identifizierten um so den „Slawen“ zu einer Vergangenheit auch vor dem 6. Jh. zu verhelfen (zuvor hatten sie es bereits mit den Winedern versucht). Die unzutreffende Gleichsetzung der „Slawen“ mit dem scythischen Stamm der Sarmaten finden wir zuerst in Ernst Joachim von Westphalens „Monumentis ineditis“ von 1739, von wo es dann alle späteren Forscher übernommen haben4:
>Die Sclaven aber, welche Pohlen besitzen, werden insgemein Sarmaten genennet, weil von der Weichsel an die Sarmathen angehen.<
Daß es etwas anderes als ein Stammesname sein muß, macht auch ein Ausspruch des Adalbert von Prag (956–997) deutlich, denn er sagte, als er christlich geworden war: „Sclavus eram” („Ich war Sclave“). Damit hat er sicher keine Stammeszugehörigkeit gemeint, die man ja nicht einfach wechseln kann, sondern es ist in dem Sinne „ich war Heide“ zu verstehen. Und diese Verwendung des Begriffs „Sclaveni“ im Sinne von „Heide“ belegt uns auch Thietmar von Merseburg. Er schreibt5:
>Den Unwissenden und besonders den Sclavis, die glauben, daß mit dem zeitlichen Tode alles vorbei sei, verkündige ich die Gewißheit der Auferstehung und die zukünftige Wiedervergeltung nach dem Verdienst als sicher, zugleich mit allen Gläubigen.<
Hier geht es doch offensichtlich nicht um einen bestimmten Glauben eines Stammes, sondern allgemein um heidnischen Glauben oder – wie im Beispiel – Nichtglauben.
Deutlicher ist vielleicht noch ein Bericht, der Einhard zugeschrieben wird, vom Reichstag im Jahre 822. Hier mußte Ludwig der Fromme Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Stämmen schlichten6:
>In dieser Zusammenkunft [hat der Kaiser] Gesandschaften aller östlichen sclaven [sclavorum], nämlich der Abodriten, Sorben (…), Böhmen [Beheimorum], Mährer [Marvanorum] (…) und in Pannonien wohnenden Avaren [Abarum] angehört.<
„Sclaveni“ oder „Slawe“ ist also ein künstlich eingeführter Begriff von Sklavenhändlern, ein regelrechtes Schimpfwort.
Über die Herkunft der Wenden erzählt uns nur die Sage. Danach befand sich in Wandlitz im Norden der Mark Brandenburg ein Heiligtum der wendischen Göttin Vanda. Daselbst lag einst auch ein schon lange verschwundener Steinkreis und bis ins 19. Jh. ein Riesenstein, den ein Riese dorthin geworfen haben sollte und der mittlerweile zersprengt wurde.
Nördlich dieses Ortes liegt der Wandlitzsee, der ein heiliger See der Göttin Vanda war.
Vanda gilt als Hauptgöttin und Stammherrin der Wandalen (Vandalen), die sich nach ihr benannten. Vanda wird als strahlendschöne junge Frau geschildert, mit Augen so blau wie die Wellen der Weichsel und mit Haaren so blond wie die Flachsfelder. Richard Roepell schreibt 18407:
>Von dieser Vanda soll der Fluß Vandalus seinen Namen erhalten haben, weil er in der Mitte des Reiches fließt; daher wurden alle, welcher ihrer Herrschaft unterworfen waren, Vandalen genannt.<
Mit Vandalus ist die Weichsel gemeint. Noch heute versammeln sich junge Frauen am Abend des 23. Juni (Johannisnacht) an der Weichsel, flechten Blumenkränze und lassen diese beim Schein der Fackeln zum Gedenken an Vanda ins Wasser gleiten. Der schönste Blumenkranz erhält einen Preis, danach folgt ein großes Feuerwerk als Abschluß der Feierlichkeiten. Wieso ehrt man in Polen die mythische Ahnherrin der Wandalen, Vanda, wenn man gar nicht zum Stamme der Wandalen gehört? Ist dieser Brauch nicht der Beweis, daß Wandalen und die Wenden in Polen identisch sind?
Abb. 2: Ein Wende mit Krummschwert. Helmold-Ausgabe, 17. Jh.
In der „Großen Polnischen Chronik“ (14. Jh.) heißt es, Vanda stürzte sich in den Fluß, um zum Meeresgotte Poseidon zurückzukehren. Auch hier haben wir wieder einen deutlichen Hinweis auf die Göttin Freyja und ihren Vater Njörd (= Poseidon), der als Gott „Pizamar“ noch bis 1171 auf Rügen verehrt wurde.
Eine weitere Sage liefert wieder eine andere Version; danach heiratete Prinzessin Vanda als Tochter des gotischen Fürsten Krakus einen Schuster namens Dratewka (= Draht), der durch eine List einen riesigen Drachen besiegt, der Krakau bedrohte und Jungfrauen verschlang.
Und wie sieht es mit den Czechen und Böhmen aus? Die ursprünglichen Einwohner Böhmens (Bojohaemum), die ihm auch den heutigen Namen gaben, waren die keltischen Bojer, von deren Einwanderung bereits Tacitus vor fast 2000 Jahren berichtete8:
>So haben sich zwischen dem hercynischen Walde, dem Rhein und Main die Helvetier, weiter ostwärts die Bojer niedergelassen, beides gallische Völker. Noch ist der Name Bohemen vorhanden und erinnert an die alte Geschichte des Landes, obgleich die Bewohner gewechselt haben.<
Nach einer von Titus Livius überlieferten Sage der Druiden9 soll die Einwanderung der Bojer etwa im Jahre 600 v. u. Zt., als Galliens Oberkönig Ambigat wegen der drohenden Überbevölkerung seine Neffen Sigoves und Belloves nach Osten und Süden wies, geschehen sein. Nach Cosmas von Prag hatten der Stamm der Bojer und das Land Böhmen ihren Namen von dem Urvater Boemus10:
>Welchen geeigneteren und besseren Namen als Böhmen könnten wir finden, da du, unser Vater, Boemus heißt. Darauf küßte der Älteste, bewegt und erfreut über die Worte der Seinen, den Boden, der nach seinem Namen benannt werden sollte.<
Vor der Einwanderung der keltischen Bojer soll das Land menschenleer gewesen sein. Die Bojer in Böhmen widerstanden den Cimbern, wichen aber um 60 v. u. Zt. den Sueben; ein Teil der Bojer schloß sich nun den Helvetiern an und wurde von Caesar in Gallien (zwischen Loire und Allier) angesiedelt, der andere Teil saß östlich von Noricum und wurde um 40 v. u. Zt. von den Goten vernichtet. Ab dem Jahre 12 v. u. Zt. drangen von Norden unter König Marbod die germanischen Markomannen (= Grenzland-, Waldbewohner) vor, die zum Stammesverband der Sueben gehörten.
Es gibt nun eine Legende von drei Brüdern, Czech, Lech und Rus als Stammväter von Böhmen, Polen (Lechia) und Rußland. Diese Legende finden wir in jüngeren Chroniken, z. B. Vaclav Hajeks „Chronik Böhmens“, der „Chronica Poloniae Maioris“ oder der „Chronicorum Regni Poloniae“ (siehe Abb. 3). Auch in Dalimils „Böhmischer Reimchronik“ (1310), Kap. 2, wird der aus Kroatien oder eher Chrowatien (im Norden der Karpaten) stammende Kriegsfürst „Czech“, der wegen eines Mordes aus seiner Heimat fliehen mußte, erwähnt. Er habe die Reste der Bojer und Markomannen unterworfen und der ursprünglich von ihm und seinem Gefolge geführte Name „Czechen“ ging dann (allerdings viel später) auf das ganze Volk und Land über, ähnlich wie bei Lech und Rus. Doch nennt Widukind von Corvey das später „Polen“ genannte Land nicht „Lechia“, sondern „Livicaviki“.
Abb. 3: Die Brüder Lech und Czech aus der Chronicorum Regni Poloniae.
Diese Sage hat einen wahren Kern und diesen mit der germanischen Ab-Abstammungssage verbunden. Der Kriegsfürst Czech war sehr wahrscheinlich ein Hunnenfürst, der Name deutet darauf hin, da er an einen hunnischen Stamm erinnert, auch die Herkunft aus dem Südosten (die Karpaten) bezieht sich sicher auf den Einfall der Hunnen aus dieser Richtung. In der Darstellung trägt er ein hunnisches Krummschwert. Czech soll zuerst auf dem Berg Rip (St. Georgsberg, 30km nördlich von Prag) Rast gehalten haben. Von den beiden Brüdern Lech und Rus sollen die Stämme der Polen und Russen stammen.
Drei Brüder als Stammväter der „Slawen“ sind natürlich nur eine jüngere Übernahme des germanischen Abstammungsmythos, der bei Tacitus zu finden ist11:
>In alten Liedern, der einzigen Art ihrer geschichtlichen Überlieferung, feiern die Germanen Tvisco, einen erdentsprossenen Gott. Ihm schreiben sie einen Sohn Mannus als Urvater und Gründer ihres Volkes zu, dem Mannus wiederum drei Söhne; nach deren Namen heißt es, nennen sich die Stämme an der Meeresküste Ingävonen, die in der Mitte Herminonen und die übrigen Istävonen.<
Die Söhne des Mannus müßten demnach Ingvio, Irmino und Iscio geheißen haben, daraus haben die Sagenerfinder wie z. B. Vaclav Hajek dann Czech, Lech und Rus gemacht. In Wahrheit ist z. B. der Name „Russen“ entweder von einer norwegischen Landschaft abgeleitet, oder ein Fluß im Memelland, und durch die skandinavischen Einwanderer auf ganz Rußland übertragen worden, das sie aber auch Groß- oder Kaltschweden nannten.