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Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Als Michael Lennart von einer dreitägigen Geschäftsreise heimkehrte, wurde er von seiner jungen Frau Carina schon ungeduldig, ja, regelrecht aufgeregt empfangen. Er umarmte sie lachend und küßte sie herzhaft. »Du tust ja gerade so, als wäre ich drei Wochen weggewesen, und nicht nur drei Tage«, sagte er. »Aber schön ist es, wenn man vermißt wird.« »Natürlich habe ich dich vermißt«, sagte Carina hastig, »aber es hat sich auch was getan, was für uns alles verändern kann.« Er sah sie an, schob sie einen halben Meter von sich und betrachtete sie forschend und sogar ein bißchen ängstlich von Kopf bis zu den Füßen. »Mit dem Baby ist doch hoffentlich alles in Ordnung«, sagte er. Carina war bereits im vierten Monat, aber man sah es ihr noch nicht an. Sie wirkte auch gesund und munter, aber aufgeregt war sie trotzdem. »Spann mich nicht auf die Folter, Schatz«, sagte Michael. »Setz dich erst mal hin, Michi, und trink einen Schnaps.« »Jetzt wirklich nicht. Lieber ein Bier«, erwiderte er. »Gut, dann bekommst du ein Bier, aber inzwischen kannst du schon mal den Brief lesen, der da auf dem Tisch liegt.« Kopfschüttelnd blickte ihr Michael nach.
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Seitenzahl: 145
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Als Michael Lennart von einer dreitägigen Geschäftsreise heimkehrte, wurde er von seiner jungen Frau Carina schon ungeduldig, ja, regelrecht aufgeregt empfangen.
Er umarmte sie lachend und küßte sie herzhaft. »Du tust ja gerade so, als wäre ich drei Wochen weggewesen, und nicht nur drei Tage«, sagte er. »Aber schön ist es, wenn man vermißt wird.«
»Natürlich habe ich dich vermißt«, sagte Carina hastig, »aber es hat sich auch was getan, was für uns alles verändern kann.«
Er sah sie an, schob sie einen halben Meter von sich und betrachtete sie forschend und sogar ein bißchen ängstlich von Kopf bis zu den Füßen.
»Mit dem Baby ist doch hoffentlich alles in Ordnung«, sagte er.
Carina war bereits im vierten Monat, aber man sah es ihr noch nicht an. Sie wirkte auch gesund und munter, aber aufgeregt war sie trotzdem.
»Spann mich nicht auf die Folter, Schatz«, sagte Michael.
»Setz dich erst mal hin, Michi, und trink einen Schnaps.«
»Jetzt wirklich nicht. Lieber ein Bier«, erwiderte er.
»Gut, dann bekommst du ein Bier, aber inzwischen kannst du schon mal den Brief lesen, der da auf dem Tisch liegt.«
Kopfschüttelnd blickte ihr Michael nach. Carina war sonst keine Geheimniskrämerin, also mußte es sich schon um etwas Außergewöhnliches handeln. Und der Brief sah amtlich aus. Das war er auch. Er kam von dem Nachlaßgericht in München. Aus diesem wahrhaft amtlichen und unpersönlichen Schreiben ging hervor, daß sie sich zur Überprüfung ihrer Personalien in Sachen der verstorbenen Elisa Eikenborn melden sollte. Eikenborn war der Mädchenname seiner Frau, aber von einer Elisa Eikenborn hatte Michael nie etwas gehört.
»Was sagst du dazu, Michi?« fragte Carina, die nun mit dem Bier und ein paar Wurstbroten kam, die sie rasch hergerichtet hatte.
»Vorerst gar nichts, Schatz. Wer ist das, Elisa Eikenborn?«
»Ehrlich gesagt, ich hatte auch keine Ahnung, aber dann hat mich ein Anwalt angerufen, ein Dr. Rupert, und mir seine Hilfe in der Nachlaßsache angeboten. Ich habe ihm natürlich gesagt, daß ich nicht die geringste Ahnung hätte und so auch keine Hilfe brauche, vorerst wenigstens nicht.«
So war Carina. Sie ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen, und sie war überaus vorsichtig, wenn es um Dinge ging, die ihr suspekt waren. So hatte sie auch ihren Mann schon vor mancher Unvorsichtigkeit und mancher nicht genügend überdachten Entscheidung bewahrt. Sie waren seit fünf Jahren verheiratet und hatten alles, dank Carinas Klugheit, genau geplant. Allerdings nicht in bezug auf ein Kind, denn das hatte sich Carina schon länger gewünscht.
Carina war Graphikerin und arbeitete freiberuflich seit ihrer Heirat, bei der sie dreiundzwanzig Jahre gewesen war. Michael war fünf Jahre älter, Diplomingenieur und Computerfachmann. Sie hatten ihr gutes Auskommen, aber zu einem eigenen Haus hatten sie es noch nicht gebracht. Dazu waren sie auch zu vernünftig in Gelddingen, denn sie wollten sich ja nicht eine Belastung aufladen, an der sie viele Jahre knabbern mußten. Sie wollten auch die angenehmen Seiten des Lebens genießen.
»Eine Linie der Eikenborns hatte viel Grundbesitz, das weiß ich«, sagte Carina, als sie sich in einem Sessel niedergelassen hatte, »aber mein Vater wollte von denen nichts wissen. Diese Geizkragen behagten ihm nicht. Aber vielleicht hat er es auch mit ihnen verdorben, weil er nie ein Blatt vor den Mund genommen hat.«
»Es kann aber auch sein, daß diese Elisa Eikenborn nur Schulden hinterlassen hat, und daß nun Dumme gesucht werden, dir dafür geradestehen müssen«, meinte Michael.
»Mein Schatz, du bist zwar ein technisches Genie, aber vom normalen Leben hast du wenig Ahnung.
Man kann eine Erbschaft nämlich ablehnen, selbst wenn man in einem Testament bedacht worden ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß diese Elisa Eikenborn von unserer Existenz überhaupt etwas wußte. »Sie ist fast neunzig Jahre alt geworden, und niemals habe ich etwas von ihr gehört, auch vor unserer Heirat nicht.«
»Woher weißt du, daß sie fast neunzig Jahre wurde?« fragte Michael.
»In dem Schrieb steht es doch, Schätzchen. Geboren am achtundzwanzigsten Dezember 1898, und gestorben am zwanzigsten November 1986. Sie haben aber ziemlich lange gebraucht, um mich zu finden, und das beweist, daß es sich lohnen könnte.«
Er sah sie lange an. »Aber ich frage mich, warum hat dieser Anwalt, der ja anscheinend Bescheid weiß, erst jetzt angerufen?« meinte Michael.
»Das habe ich mich auch gefragt und deswegen habe ich auch abgelehnt, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber immerhin ist es merkwürdig, wenn man nur hundert Kilometer getrennt wohnt und von einer Verwandten erst erfährt, wenn sie schon tot ist.«
»Vielleicht ist es auch nur eine Namensgleichheit.«
»Die Bürokratie ist sehr genau, Michi, ich glaube nicht, daß sie die Eikenborns anschreiben.«
»Aber vielleicht gibt es keine männlichen Nachfahren. Es ist kein sehr gebräuchlicher Name.«
Carina runzelte die Stirn. »Du hast recht. Papa hat mal gesagt, bevor er starb, daß er der letzte männliche Eikenborn sei. Und ich war auch das einzige Kind und eine Tochter, die jetzt Lennart heißt.« Sie gab ihm rasch einen Kuß. »Ich heiße gern so«, fügte sie hinzu.
Sie waren glücklich, sie liebten sich und waren nie unzufrieden mit ihrem Leben. Sie waren darauf bedacht, es weiter zu bringen, ohne dabei jedoch das Augenmaß zu verlieren, und wenn sie über Elisa Eikenborn nachdachten und dieses Schreiben vom Nachlaßgericht, dann nur deshalb, daß eine unerwartete Erbschaft ja was Erfreuliches sein könnte, da völlig unerwartet.
*
Hätten sie Dr. Norden zu diesem Zeitpunkt bereits gekannt, hätte er ihnen allerhand über Elisa Eikenborn erzählen können, denn er war bis zu deren Tode Hausarzt bei der alten Dame gewesen, und nicht genug damit, vorher war es sein Vater gewesen, der Elisa betreut hatte, der für sie bis zum letzten Atemzug ein gottähnliches Wesen war, den sie über den Tod hinaus verehrte.
Sie war auch eine große Mäzenin für die Insel der Hoffnung gewesen, das nach Dr. Friedrich Nordens Ideen geplant und gebaut worden war.
Über eine Verwandtschaft hatte Elisa nie gesprochen, aber mehrmals hatte sie Dr. Daniel Norden gegenüber erwähnt, daß sie ein Testament gemacht hätte. Doch nach ihrem Tode war ein solches nicht gefunden worden.
Aber darüber hatte Dr. Norden nicht viel nachgedacht, denn ein Mensch, der so alt geworden war, hatte sicher viele Gedanken, die nicht mehr in die Tat umgesetzt wurden. Allerdings hatten er und seine Frau Fee sich auch gefragt, an wen nun die Hinterlassenschaft fallen würde.
Für ihre Haushälterin Emmi hatte Elisa gesorgt. Für sie hatte sie längst einen Platz im Seniorenheim gekauft und aus einem besonderen Fonds. wurde ihr auch eine ausreichende Rente gezahlt.
Elisa Eikenborn hatte zwar nie aufwendig gelebt, aber sie war eine sehr reiche Frau gewesen, und wohl auch als solche gestorben. Das Haus, in dem sie gelebt hatte, war eine sehr schöne alte Villa am Schwarzenbergweg, der schon außerhalb der Ortsgrenze von München lag. Ein riesiges, kaum zu überblickendes Terrain mit einem kleinen See und einem Rosengarten, in dem die gleichen Sorten blühten wie auf der Insel der Hoffnung.
Sicher hatte Elisa Eikenborn ihre Träume und Sehnsüchte gehabt, geredet hatte sie nie darüber. Nur von Dr. Friedrich Norden hatte sie mit seinem Sohn gesprochen, und er war wohl auch der einzige Mensch neben Emmi, der noch Einblick hatte in ihr Leben in den letzten Jahren.
Es war gewiß nicht so, daß Dr. Norden häufig an Elisa Eikenborn dachte, denn schließlich war sie nun schon vier Monate tot, aber an diesem Tag wurde er sehr an sie erinnert, denn Frau Helbig kam in die Praxis und erzählte ihm aufgeregt, daß es in der Villa Eikenborn spuke.
Gerda Helbig, auch nicht mehr die Jüngste, wohnte in einem Neubau, der nahe dieser alten Villen errichtet worden war. Dieses Haus hatte acht Wohnungen und zwei Stockwerke, und man konnte von der zweiten Etage recht gut über die Villengrundstücke hinwegschauen.
Mit alten Damen ging Dr. Norden sehr nachsichtig um, besonders dann, wenn sie viel Zeit hatten, sich um andere und um ihre Umgebung zu kümmern, und Gerda Helbig gehörte zu jenen, die dazu auch noch sehr viel Phantasie hatten.
»Erzählen Sie mir, was Sie beobachtet haben«, sagte er lächelnd.
»Sie nehmen es ja gar nicht ernst«, sagte sie gekränkt. »Sie lachen über mich wie der Dr. Rupert. Der hat sogar gesagt, daß ich wohl an Halluzinationen leide, aber ich habe immer noch gute Augen, und was ich sehe, das ist auch da. Und was ich höre, weiß ich auch.«
»Und was haben Sie gesehen und gehört, Frau Helbig?« fragte Dr. Norden.
»Gesehen habe ich die Lichter, die abends im Haus herumtanzen. Die Jalousien sind ja nicht geschlossen. Und gehört habe ich manchmal so ein Geräusch, als ob jemand bohrt. Wie man die Wände anbohrt, wenn man was feststellen will. Ich habe es Dr. Rupert gesagt, weil er doch auf das Haus aufpassen soll. Aber er hat nur gegrinst, dreckig gegrinst, als ob ich spinne.«
»Warum soll er auf das Haus aufpassen?« fragte Dr. Norden, weil Elisa Eikenborn nie darüber gesprochen hatte, daß Dr. Rupert ihr Anwalt wäre.
»Das hat doch Frau Eikenborn bestimmt, soll sie jedenfalls, wie man sagt. Es hat ja kaum einer mit ihr geredet. Die alten Nachbarn sind weggezogen, und Dr. Rupert hat das Haus Nummer acht ja auch erst seit einem halben Jahr gemietet, ganz kurz, bevor Frau Eikenborn gestorben ist. Er ist ja sonst immer höflich, wenn man sich mal sieht, aber er hat mich doch ziemlich dumm angeredet, als ob ich mir alles aus Geltungsbedürfnis zusammenreime. Das habe ich ja wirklich nicht nötig. Man sagt doch immer, daß man zu gleichgültig geworden sei der Nachbarschaft gegenüber, aber wenn man sich dann kümmert, wird man dafür auch dumm angeredet. Das hat mich schon geärgert. Aber ich habe mir gedacht, daß ich es wenigstens Ihnen mal sagen möchte, falls da drüben was passiert, daß es dann nicht heißt, keiner hätte Kenntnis genommen.«
»Und was meinen Sie, was passieren könnte?«
»Ich kann das nicht sagen, aber vielleicht hat die alte Dame was versteckt in einem verborgenen Tresor oder so was, und den wollen sie aufbrechen. Geknallt hat es nämlich auch ein paarmal. Oder es ist was eingemauert worden. So was soll es auch geben. Ich habe das gerade erst im Fernsehen mal gesehen.«
Und sie reimt sich was zusammen, dachte Dr. Norden, und er konnte sich recht gut vorstellen, daß dieser Dr. Rupert, den er nicht persönlich kannte, sich auch seine eigenen Gedanken machte, wenn ihm Gerda Helbig mit solchen Reden gekommen war.
Aber er mochte sie. Sie war immer nett und freundlich und eigentlich ganz normal und für ihre vierundsiebzig Jahre geistig auch noch sehr rege. Aber neugierig war sie auch.
»Wissen Sie eigentlich, was mit dem Haus und dem Grund geschieht, Herr Doktor?« fragte sie. »Sie sind doch bei Frau Eikenborn ein und ausgegangen. Ich bin neulich schon mal von einem Makler angesprochen worden, der sich für den Besitz interessieren würde, aber man will ja auch nicht so eine Sozialsiedlung dort haben.«
»Ich weiß überhaupt nichts«, erwiderte Daniel Norden.
»Und ich habe gedacht, daß sie Ihnen vielleicht alles vermachen würde, wo Sie doch so gut für sie gesorgt haben.«
»Du lieber Gott«, sagte er spöttisch, »dann hätte man mir womöglich noch nachgesagt, daß ich nachgeholfen hätte, um sie ins Jenseits zu befördern.«
»Ihnen würde man so was nicht nachsagen«, erklärte Gerda Helbig. »Aber ich kann nicht mehr ruhig schlafen, wenn ich daran denke, daß in unserer Gegend vielleicht Gangster ihr Unwesen treiben.«
»So schlimm wird es doch nicht sein«, sagte Dr. Norden, »aber wenn es Sie beruhigt, werde ich mal unsere Polizei aufmerksam machen. Ich möchte doch, daß Sie ruhig schlafen können, Frau Helbig.«
»Mit Ihnen kann man reden, Herr Doktor. Mir ist jetzt wirklich wohler. Im Grunde kann es mir ja egal sein, was in der Villa vor sich geht oder was da gestohlen wird. Es ist ja traurig, wenn jemand stirbt, und kein Erbe ist da. Da wird wohl wieder alles an den Staat fallen, und die werden sich ins Fäustchen lachen.«
Daß dies durchaus der Fall sein könnte, schloß auch Dr. Norden nicht aus, aber er fragte sich doch, warum eine so clevere Frau, was Geldsachen anbetraf, wie Elisa Eikenborn, doch kein Testament gemacht hatte. Ein solches hinterlegte man schließlich bei Gericht.
Sie war nie unvorsichtig gewesen, eher manchmal zu mißtrauisch. Sie versteckte ihr Geld auch nicht im Haus. Sie ließ es arbeiten. Sie war nur zehn Jahre mit Korbinian Eikenborn verheiratet gewesen, aber sie hatte einmal ironisch gesagt, daß sie in dieser Zeit gelernt hätte, warum manche Leute als Aasgeier bezeichnet würden, aber sie hätte auch begriffen, wie man auf anständige Weise sein Vermögen vermehren könnte.
Nun, sie mochte immer ehrlich geblieben sein, da sie auch sehr fromm gewesen war, aber großzügig war sie nur ganz bestimmten Menschen gegenüber gewesen, und zu denen hatte auch Dr. Friedrich Norden gehört, aber sonst war sie, wie schon gesagt, eher mißtrauisch. Es blieb nicht aus, daß Daniel Norden an diesem Tag doch wieder sehr viel über Elisa Eikenborn nachdachte und dann auch mit seiner Frau darüber sprach, wie es immer war, wenn ihn etwas sehr beschäftigte.
Fee hörte wie immer nachdenklich und schweigend zu. Und es herrschte dann überhaupt eine Weile Schweigen, bis sie sagte: »Dieser Dr. Rupert scheint ein eigenartiger Mensch zu sein.«
»Wie kommst du darauf?«
»Frau Merkel hat so eine Andeutung gemacht.«
Frau Merkel war die Zugehfrau, die dreimal in der Woche zu den Nordens kam, um die gute Lenni zu entlasten, obgleich die zuerst dagegen gewesen war. Aber dieser große Haushalt wurde auch für sie zuviel. Jedenfalls sahen das Fee und Daniel so, weil ihnen Lenni viel wert war und auch deren Gesundheit erhalten bleiben sollte. Die kleinen Zwillinge konnte man jetzt auch nicht mehr aus den Augen lassen, denn sie stellten alles mögliche an und waren schon so flink, daß Fee und Lenni dauernd in Trab gehalten wurden.
»Was hat Frau Merkel für eine Andeutung gemacht?« fragte Daniel.
»Er hat annonciert nach einer Putzfrau, nur für drei Stunden einmal in der Woche, und Frau Merkel hat gedacht, daß sie das mitnehmen könnte, weil andere doch nur für öfter eine Hilfe suchten, und das schafft sie nicht mehr. Und ihr Enkel soll doch eine gute Ausbildung bekommen, da will sie mithelfen. Jedenfalls hat sie sich bei ihm vorgestellt und auch ehrlich gesagt, daß sie noch einen Zugehplatz hat, weil er danach gefragt hat.«
»Und das hat ihm nicht gepaßt?«
»Du hast es erraten. Aber er muß doch ein bißchen dämlich sein, wenn er denkt, daß eine solche Frau nur drei Stunden in der Woche arbeiten will. Ihr hat er jedenfalls gesagt, daß dann nur hin und her getratscht wird, und daß er so was nicht mag. Aber vorher hat er noch gefragt, ob sie auch bei Frau Eikenborn arbeiten würde.«
»Das ist interessant.«
»Zuerst hat Frau Merkel darüber gar nicht nachgedacht, Daniel, aber als Frau Eikenborn dann gestorben war, hat sie diesen Rupert ein paarmal aus dem Haus kommen sehen, und das hat sie stutzig gemacht. Weißt du, diese Frauen haben ihre Augen überall, und außerdem putzt sie doch auch in dem Haus, wo Frau Helbig wohnt, und da werden sie schon miteinander reden.«
»Aber das hat Frau Helbig nicht erwähnt. Jedenfalls finde ich diese Geschichte auch ein bißchen merkwürdig. Ich werde doch mal mit Inspektor Lindemann sprechen, daß er sich mal unter der Hand erkundigt, was es mit diesem Dr. Rupert auf sich hat. Frau Eikenborn hat ihn jedenfalls nie erwähnt.«
»Aber sie hatte doch einen Anwalt«, sagte Fee.
»Der hieß Meinhard und starb ein paar Wochen vor ihr. Sie hat noch darüber geklagt, weil er zwanzig Jahre jünger war als sie. Und mir kommt auch manches komisch vor, wenn ich nachdenke, denn auch sie sagte manchmal, daß es neuerdings im Hause spuken würde. Aber dann lenkte sie auch gleich ab und meinte, sie würde nun langsam anfangen, Gespenster zu sehen. Ich habe wirklich nicht gedacht, daß sie mich nach ihrem Tod noch so beschäftigen würde.«
»Vielleicht sind es doch ihre Gedanken, die lebendig bleiben, Daniel. Bedenke, daß sie deinen Vater sehr verehrt hat.«
»Ich frage mich, was dieser Rupert in dem Hause zu suchen hat«, sagte Daniel sinnend.
»Nun, es könnte ja sein, daß er es für die Erben beaufsichtigt«, meinte Fee. »Aber wir werden das schon noch erfahren.«
Freilich hatten sie noch keine Ahnung, was sie da noch alles erfahren und erleben würden.
*
Dr. Leo Rupert, ein Mann Mitte vierzig, aalglatt, immer zu einem Lächeln bereit und recht gut aussehend, wer diesen arrogant wirkenden Typ mochte, hatte sich mit einer sehr attraktiven Frau getroffen.
Paola Corra, man mußte sie einfach als rassig bezeichnen, Tochter eines Brasilianers und einer Deutschen, sah Rupert aus ihren glutvollen Augen zwingend an.
»Also, was hast du erfahren?« fragte sie lässig.
»Man gab mir keine Auskunft«, erwiderte er.
»Man gibt einem Anwalt keine Auskunft?« Ein spöttisches Lächeln kräuselte ihre Lippen.
»Ich habe keine Bevollmächtigung.«
»Du hast wenig erreicht«, sagte sie verächtlich.
Ihm stieg das Blut in die Stirn.
»Sie ist zu schnell gestorben«, erwiderte er rauh.
»Zu schnell? Sie war eine uralte Frau«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor, und in ihren Augen brannte jetzt Zorn. »Es wird doch wohl Beweise in diesem Hause geben, daß Alfonso Eikenborn der Bruder ihres Ehemannes war.«
»Ich habe keine gefunden, Paola. Mein Gott, wie oft soll ich es dir noch sagen. Warum hast du denn keine Beweise für seine Existenz? Geh doch selber zum Gericht und erzähle deine Story.«