Der Tag des Löwen. Afrikanische Reisen - Kai Althoetmar - E-Book
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Der Tag des Löwen. Afrikanische Reisen E-Book

Kai Althoetmar

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Beschreibung

Kai Althoetmar, ehemals Reporter der Namibian Broadcasting Corporation, hat sich auf seinen Afrikareisen Prüfungen und Erfahrungen ausgesetzt, die nicht dem Mainstream folgen. In "Der Tag des Löwen" schreibt er über die quälend lange Durchquerung eines menschenleeren, von menschenfressenden Löwen besiedelten Wildreservats auf dem Weg zum Malawi-See, die sich zum Horrortrip auswächst. Aus Namibia erzählt von einer viertägigen Wanderung durch den spektakulären Fischfluß-Canyon im Süden Namibias in Zeiten der Dürre. Im Diamantensperrgebiet der Namib-Wüste trifft er einen betagten Zeitzeugen, der von Aufstieg und Niedergang der deutsch-kolonialen Diamantengräbersiedlung Kolmanskuppe bei Lüderitz berichtet. In Tansania verbringt der Autor Wochen unter Massai und wird Zeuge einer Wilderei im Land der Löwen und Hyänen. In Gambia geht er den Spuren der Sklaverei und der Geschichte des Sklavenjungen Kunta Kinte nach. Seine Reisen durch Südafrika führen ihn in die Townships von Kapstadt, auf die ehemalige Gefängnisinsel Robben Island, zu den Weinarbeitern von Paarl und in alte Missionssiedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine und der Rheinischen Mission, wo die Zeit vor 200 Jahren stehen geblieben ist. Reisestories aus dem Herzen Afrikas, die beginnen, wo die Nachrichten enden. - Illustriertes eBook mit zahlreichen Fotos.

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Inhaltsverzeichnis

Der Tag des Löwen

Kai Althoetmar

Der Tag des Löwen

Afrikanische Reisen

Impressum:

Titel des Buches: „Der Tag des Löwen. Afrikanische Reisen.“

Erscheinungsjahr: 2019.

Inhaltlich Verantwortlich:

Edition Kultour

Kai Althoetmar

Am Heiden Weyher 2

53902 Bad Münstereifel

Deutschland

Alle Texte: © Kai Althoetmar.

Titelfoto: © orca_bc, CC-BY ND 2.0.

Verlag und Autor folgen der bis 1996 allgemeingültigen und bewährten deutschen Rechtschreibung.

Inhaltsverzeichnis:

I. Diamantenfieber Deutsch-Südwest. Auf Spurensuche in der Wüste Namib: Kolmanskuppe, Geisterstadt und einstige deutsche Diamantengräbersiedlung.

II. Sonne, Durst und Sterne. 90 Kilometer durch eine urzeitliche Welt: In vier Tagen zu Fuß durch Namibias Fischfluß-Canyon.

III. Auf der Suche nach Kunta Kinte. In Juffure im westafrikanischen Gambia ist die Zeit der Sklaverei noch präsent.

IV. Malawi Secondary Road. Im Geisterwald von Nkhotakota.

V. Blut, Schweiß und Hyänen. Unter Löwentötern. Leben in einem Massai-Dorf.

VI. Südafrikas Insel der Verdammten. Auf der ehemaligen Gefängnis-insel Robben Island arbeiten Ex-Häftlinge heute als Touristenführer.

VII. Was machen die denn hier? Das etwas andere Kapstadt: Eine Rundreise durch die Ghettos der Schwarzen.

VIII. Onkel Sampies Hütte. Auf Südafrikas Weingütern liegen Luxus und Elend dicht beisammen.

IX. Auf der Suche nach Elim. In zwei kleinen Orten in den Zederbergen und am Kap Agulhas lebt die Zeit der Herrnhuter Mission weiter.

Diamantenfieber Deutsch-Südwest

Kolmanskuppe, Geisterstadt der Namib

Ein heftiger Wind fegt vom Atlantik durch die Wüste Namib in Richtung Diamantensperrgebiet. Feiner Sand dringt durch Fenster und Türritzen der wildwestartigen Kolonistenhäuser von Kolmanskuppe. Meterhoch türmt sich der Sand in den Stuben und Dielen, gleißendes Sonnenlicht strömt durch die Fenster, deren verwitterte Läden schief aus den Angeln hängen. Niemand lebt hier mehr. Außer vielleicht ein paar Geckos und Skorpionen.

Ein Trupp Touristen stapft einer jungen deutschsprachigen Fremdenführerin hinterher. Ortstermin in einer restaurierten Vorzeigestube. „Und hier sehen Sie, wie so ein deutscher Diamantengräber damals gelebt hat.“ Feldbett, Kommode, Nachtgeschirr, Eßgeschirr, Kaiser Wilhelm in Öl - Puppenstubenromantik in Südwestafrika. „Bitte folgen Sie mir nun in die Turnhalle!“ auch die wurde konserviert: Reck, Pferd und Barren stehen da, als hätten sich eben noch Soldaten der kaiserlichen Schutztruppe mit Klimmzügen für den nächsten Herero-Aufstand gerüstet. Auf Kaisers Kegelbahn darf jeder mal in die Vollen werfen.

Kolmanskuppe, die einstige deutsche Diamantengräbersiedlung in Südwestafrika, dem heutigen Namibia, ist eine Geister- und Museumsstadt. Während der Endphase des deutschen Kaiserreichs war der Ort voller Leben, ein Vorposten deutscher Lebensart in Afrika. Kaiser Wilhelms Traum von einem deutschen Kimberley.

Zur Jahrhundertwende lag Europa im Kolonialfieber. Deutschland hatte es auf Südwestafrika abgesehen. Im Dienste seiner Majestät und eigener merkantiler Interessen stand der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz. 1883 legte der mit seiner Brigg in der Bucht von Angra Pequena an, dem heutigen Lüderitz. Sein Vertrauter Heinrich Vogelsang schwatzte dem Nama-Häuptling Joseph Fredericks das Land im Umkreis von fünf Meilen um die Bucht ab. Preis: 10.000 Reichsmark und 260 Gewehre. Weitere Landkäufe folgten. Die Deutsch-Südwest-Chronik begann mit einem großen Nepp: Adolf Lüderitz veranschlagte jede Meile mit 7,4 Kilometern statt mit dem englischen Maß von 1,6 Kilometern. Ein Jahr später, 1884, die Berliner Konferenz: Ganz Südwestafrika wurde deutsches Schutzgebiet. Deutsche Siedler wanderten ein, in der Hoffnung auf Farmland, auf ein besseres Leben.

Kolonialkarte von 1905 (Creative Commons).

Die Siedler forderten Schutz. Der junge Kaiser Wilhelm II. entsandte die Schutztruppe. Die ersten 21 Kolonialsoldaten gingen 1889 an Land. Bis 1915, dem Ende der deutschen Kolonialära in Südwestafrika, sollte noch viel Blut im Wüstensand versickern. Aufstände von Namas und Hereros schlug die Schutztruppe unerbittlich nieder. Die Kolonialherren erschlossen das Land per Eisenbahnbau. 1908 wurde die Bahnstrecke von Lüderitzbucht nach Keetmanshoop fertiggestellt. Der thüringische Eisenbahnbeamte August Stauch

kontrollierte den 25 Kilometer langen Gleisabschnitt zwischen Lüderitzbucht und der Station Grasplatz, der häufig vom Flugsand der Namib verweht wurde. Schwarze mußten die Gleise freischaufeln. Stauch schärfte seinen Männern ein, auf ungewöhnlich aussehende Steine zu achten. Stauchs Hobby war die Mineralogie. Am 14. April 1908 kam der Arbeiter Zacharias Lewala mit einem Fund zu Stauch.

Kolonistenstube. Foto: Tee La Rosa, CC BY-ND 2.0.

Lewala stammte aus der Kapkolonie, hatte in der Diamantengrube von Kimberley in Südafrika malocht. Stauch versuchte mit dem Stein am Glas seiner Taschenuhr zu kratzen. Es gelang, der Stein war härter als Glas: ein Diamant! Bahnmeister Stauch hielt den Fund erst geheim, kaufte mit eingeweihten Freunden die Schürfrechte für das Gelände und steckte Claims ab. Angeheuerte Schwarze und Mischlinge wurden durch den Sand gescheucht, bewacht von Aufsehern mit Peitschen und Pistolen, auf der Suche nach weiteren Klunkern.

Turn- und Theaterhalle. Foto: Joachim Huber, CC BY-SA 2.0.

Bis Ende 1908 waren 39.000 Karat Rohdiamanten ausgebuddelt. Stauch wurde zum Diamantenkönig von Deutsch-Südwest. Hunderte, dann Tausende Glücksritter machten sich auf die Socken. Der Ruf vom Glück der kleinen Schürfer drang schon bald ins Reichskolonialamt. Die Reichsregierung setzte dem Treiben ein jähes Ende. Bereits am 22. September 1908 erklärte sie einen 100 Kilometer breiten Küstenstreifen vom 26. Breitengrad bis zur südafrikanischen Grenze zum Diamantensperrgebiet. Das Gebiet wurde der flugs gegründeten Deutschen Diamanten Gesellschaft unterstellt. Die stellte eigene Leute an: deutsche Handwerker und Ingenieure, schwarze Kontraktarbeiter. Die Glücksritter der Namib hatten ausgespielt. Fortan verdiente das Kaiserreich. Die Diamantengesellschaft ließ die Minenstadt Kolmanskuppe aus der Wüste stampfen, 15 Kilometer von Lüderitzbucht entfernt, benannt nach dem Nama Johnny Coleman, der hier in der Einöde 1905 mit seinem Ochsenwagen steckengeblieben war. 1910 war der Ort bereits eine boomende Wüstenoase, das Pro-Kopf-Einkommen der Kleinstadt das höchste Afrikas. Bis 1914 wurden 1.000 Kilo Diamanten gewonnen. Der deutsche Kronprinz Wilhelm von Preußen hätte in Kolmanskuppe in Karat baden können, hätten nicht die Schüsse von Sarajewo seiner geplanten Reise nach Deutsch-Südwest 1914 einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Land unter, Sand unter. Foto: Eric Bauer, CC BY-SA 2.0.

Die eigens für ihn gebaute und per Schiff nach Südwestafrika verfrachtete Lokomotive nahm ohne den prominenten Passagier die Fahrt auf. Der Volksmund taufte das Dieseltriebfahrzeug „Kronprinz“.

Die deutschen Kolonisten von Kolmanskuppe lebten komfortabel. Häuser wurden im Wüstensand hochgezogen, für die Chefs Jugendstilvillen mit Giebeldächern und verglasten Veranden. Es gab eine Schule mit Turnhalle, Ballsaal, Fußballplatz, Krankenhaus, Postamt, Bäckerei, Metzgerei, Gemischtwarenladen, Restaurants, Limonaden- und Sodawasserfabrik, eine Anlage, mit der Blockeis zum Kühlen von Lebensmitteln hergestellt wurde.

Wasser war kostbar. Anfangs kam es per Schiff aus Kapstadt, per Bahn auch aus der nahegelegenen Pumpstation Garub, später gab es eine Meerwasserentsalzungsanlage. Strom, Wasser und Unterkunft waren für die Kolonisten umsonst. Das E-Werk galt als das leistungs-fähigste der südlichen Hemisphäre. In der Schule paukten 44 Kinder zu den besten Zeiten der Stadt das Einmaleins und lasen Schiller. Der Pfarrer kam jeden Sonntag mit dem Motorrad aus Lüderitzbucht zum Gottesdienst, der im Klassenzimmer gefeiert wurde. Die weniger frommen Kolonisten nutzten den Tag des Herrn für Trinkausflüge nach Lüderitzbucht. So manches Monatssalär verflüssigte sich dort in der Bar von „Kapps Hotel“. Gezahlt wurde gerne in Karat. Jede Bar, jeder Laden hatte seine Diamantenwaage. Und so mancher Traum vom Kauf einer Farm zerrann so im Champagnerglas.

Bis zu 400 deutsche Siedler lebten in Kolmanskuppe - trotz des permanenten Wüstenwindes, der mit bis zu 100 Sachen durch die Namib fegt. Metallschilde schützten die kleinen Vorgärten vor Verwehungen. Hart war das Leben der fast 1.000 schwarzen Kontraktarbeiter, die die Schürfarbeit in der Diamantenschürferei verrichteten und außerhalb von Kolmanskuppe in Sammelunterkünften untergebracht waren. Für den Transport von Mensch, Material und Erdmassen war die Eisenbahn unerläßlich. Walter Rusch, lange Jahre Leiter des Eisenbahnmuseums in Namibias Hauptstadt Windhuk, beschreibt die Diamantenförderung: „Man hat Riesenkipploren hinter die Lokomotiven gehängt, die dann in die Wäschereien fuhren. Dort wurden die Sandmassen abgekippt und die Diamanten herausgesiebt.“

Die Deutsche Diamanten Gesellschaft und später die südafrikanische Minengesellschaft Consolidated Diamond Mines (CDM) verdienten in Kolmanskuppe prächtig. Und ihr Nachfolger, die namibische Namdeb, eine 50prozentige Tochter des de Beers-Konzerns, tut es noch heute - wenn auch nicht in Kolmanskuppe, sondern in anderen Abschnitten des Diamantensperrgebiets. Weiter südlich gab es bald neue Funde. An der Küste entstanden die Diamantencamps von Elisabethbucht, Pomona, Charlottental und Bogenfeld. Das Schürfmonopol setzte die 1920 gegründete CDM überall rigoros durch. Das Gebiet vom Oranje im Süden an der Grenze zu Südafrika bis hinauf nach Lüderitz blieb Diamantensperrgebiet - bis heute. Durchgang verboten, Zutritt nur mit Sondererlaubnis. Die Diaman-tenpolizei war nie zimperlich. Schon in den 1920er Jahren hatten die Schürfer nach getaner Arbeit Röntgenapparate zu passieren. Verschluckte Diamanten kamen so wieder zum Vorschein.

Lüderitzbucht um 1900. Postkarte.

Was in Deutsch-Südwest fehlte, brachten die Ozeanriesen der Woermann-Linie von Deutschland nach Lüderitzbucht - vom Bauholz bis zum Grammophon. Der Deutsch-Südwester Willi Bartens, Jahrgang 1919, der in Kolmans-kuppe aufgewachsen war und 2012 verstorben ist, erinnerte sich: „Lüderitzbucht hatte in den 1920er Jahren seine Blütezeit. Alles, was in Kolmanskuppe verbaut wurde - jede Eisenbahnschiene, jede Schraube - kam aus Deutschland. Sogar das Bier kam in Kisten aus Deutschland, jede Flasche in einer Strohhülse.“ Willi Bartens, dessen Vater 1904 nach Deutsch-Südwest emigriert war, ging in Kolmans-kuppe zur Privatschule der CDM und machte danach eine Schlosserlehre. Der Feierabend war vom Vereinsleben bestimmt: „Montagabend Musikprobe der Kapelle des Turnvereins Kolmanskuppe. Dienstagabend Turnen in der Halle. Mittwochs Männerchor. Donnerstags Pfadfinder. Freitags wieder Turnen. Sonnabends war dann nichts.“ Die „Südwester-Deutschen“ waren keine Feinde des Kaiserreichs. Eher waren sie die noch treueren Patrioten, erst recht, nachdem die Schutztruppe 1915 gegen die britisch-südafrikanischen Verbände die Waffen strecken mußte. Sonntags marschierte der junge Bartens mit seinen Brüdern Hans und Waldemar für das Reichssportabzeichen 25 Kilometer durch die Namib, während der Vater, der werktags in Kolmanskuppe Hochspannungsleitungen reparierte, Oryx-Antilopen schoß.

Badestrand bei Lüderitzbucht um 1910. Foto: Walther Dobbertin, Bundesarchiv.

Deutsche Frontkämpfer gründeten nach Kriegsende in Kolmanskuppe ihren „Stahlhelm“, da war die Hälfte der „Südwester“ von den Südafrikanern längst „heim ins Reich“ zwangsrepatriiert worden - während von Süden immer mehr Buren zuwanderten. Adolf Hitler erschien den verbliebenen Deutschen als einer, der sie aus der „burischen Knechtschaft“ erlösen würde. Bartens: „Wir waren mittendrin, obwohl wir weit weg waren.“

19jährig suchte er den deutschen Konsul auf. Er wollte sich als Freiwilliger für Wehrmacht oder Reichsarbeitsdienst melden - und wurde abgelehnt. „Es hat nicht sollen sein“, erinnerte er sich im Gespräch und war froh darüber, „denn viele Südwester sind drüben gefallen“. Statt Stalingrad und „totalen Krieg“ erlebte Bartens den Niedergang von Kolmanskuppe. Immer neue, immer spektakulärere Diamantenfunde weiter südlich stellten die Minenstadt ins wirtschaftliche Abseits. In Oranjemund, wo der Oranje in den Atlantik mündet, waren die Diamantenvorkommen ergiebiger - bis heute. Schon 1930 wurde die Mine von Kolmanskuppe dichtgemacht, weil die Diamantenvorkommen um Lüderitz nahezu erschöpft waren. Der Ort blieb aber zunächst erhalten, denn die Magazine und Werkstätten von Kolmanskuppe wurden von den anderen Minen weitergenutzt. 1939 kam das endgültige Aus für die meisten Deutschen in Kolmanskuppe. CDM baute in der Stadt der Diamantenpioniere weiter Stellen ab.

Die Familie Bartens zog nach Windhuk. Kolmanskuppe wurde allmählich zur Geisterstadt. 1956 zog der letzte Bewohner ab. Zwei Jahre zuvor war August Stauch, nach Deutschland zurückgekehrt, in seinem Heimatdorf Ettenhausen in Thüringen gestorben. Stauch war 1924 aus dem Diamantengeschäft ausgestiegen, blieb mit Familie noch viele Jahre in „Südwest“, erwarb Farmen, ehe er den Großteil seines Vermögens in der Weltwirtschaftskrise verlor. Die Wanderdünen der Namib nahmen unterdessen Kolmanskuppe in Besitz. Souvenirjäger plünderten, was nicht niet- und nagelfest war. 1980 begann die CDM einzelne Häuser wieder auszugraben und instand zu setzen und Originalmöbel wieder aus Privatbesitz zurückzukaufen. Heute ist der Ort ein Museum mit 30.000 Besuchern jährlich. Touristen suchen im Sand der Namib eine untergegangene Ära: die Kolonialzeit Deutsch-Südwest-Afrikas, die 1915 zu Ende ging.

Sonne, Durst und Sterne

90 Kilometer durch eine urzeitliche Welt: In vier Tagen zu Fuß durch Namibias Fischfluß-Canyon

Der Abstieg in eine Welt aus einer anderen Zeit beginnt. In 550 Meter Tiefe liegt rötlich-braun ein gewaltiges Erosionstal. Träge windet sich ein Rinnsal zwischen den Klüften dieser Mondlandschaft. 160 Kilometer lang ist der Fish River Canyon, der Fischfluß-Canyon, das größte Landschaftswunder im kargen Süden Namibias. Nur der amerikanische Grand Canyon ist länger. 90 Kilometer unter der unbarmherzigen südwestafrikanischen Sonne liegen vor uns. Eine Teststrecke für Zivilisationsmüde. Zehn Wanderer wollen die Unwirtlichkeit bezwingen.

Der Abstieg führt 500 Höhenmeter hinab. Foto: Thomas Schoch, Wikimedia.

Im zwölf Kilometer entfernten Touristencamp Hobas haben wir die permits, die Wandererlaubnis, im Tausch gegen die vorgeschriebenen ärztlichen Atteste abgeholt. Pro Tag wird nur eine Gruppe von drei bis 30 Wanderern in den Canyon gelassen. Jede ist auf sich selbst gestellt. Wegen der Hitze und der Überschwemmungsgefahr sind Canyondurchquerungen nur im namibischen Winter, von Mai bis September, möglich.

Uns droht mitten im Mai Wassermangel. „Das Wasser im Fischfluß-Canyon hat den niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren erreicht“, schreibt die Verwaltung des Naturreservats in ihrem Wasserbericht.

---ENDE DER LESEPROBE---