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Können Lurche während Dürren vorübergehend schrumpfen? Wie verläuft unter Echsenarten die Evolution auf Inseln? Welche Vorteile verschafft Melanismus den Aspisvipern in den Alpen? Warum gehen Wassermokassinschlangen eine einzigartige Symbiose mit Seevögeln ein? Und wie optimiert die Natur die Überlebenschancen junger Schildkröten? Auf den Feldern Evolution, Genetik und Verhaltensforschung bringt die zoologische Wissenschaft dank modernster Methoden heute viel Überraschendes ans Licht. Das zeigen neuere Forschungsergebnisse aus der Welt der Reptilien und Amphibien. Eine verblüffende Rundreise durch die weltweite zoologische Wissenschaft. - Illustriertes eBook mit zahlreichen Fotos.
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Inhaltsverzeichnis
Schwarze Viper, schneller Tod
Kai Althoetmar
Verblüffendes aus dem Reich der Reptilien und Amphibien
Impressum:
Titel des Buches: „Schwarze Viper, schneller Tod. Verblüffendes aus dem Reich der Reptilien und Amphibien“.
Erscheinungsjahr: 2018.
Inhaltlich Verantwortlich:
Verlag Nature Press
Kai Althoetmar
Am Heiden Weyher 2
53902 Bad Münstereifel
Deutschland
Text: © Kai Althoetmar.
Titelfoto: Aspisviper. Foto: Felix Reimann, CC BY-SA 3.0.
Verlag und Autor folgen der bis 1996 allgemeingültigen und bewährten deutschen Rechtschreibung.
Von Rennechsen und Schrumpflurchen
Können Lurche während Dürren vorübergehend schrumpfen? Wie verläuft unter Echsenarten die Evolution auf Inseln? Welche Vorteile verschafft Melanismus den Aspisvipern in den Alpen? Wie können Wassermokassinschlangen mit Seevögelkolonien eine einzigartige Symbiose eingehen? Und wie optimiert die Natur die Überlebenschancen junger Schildkröten? Auf den Feldern Evolution, Genetik und Verhaltensforschung bringt die zoologische Wissenschaft dank modernster Methoden heute viel Überraschendes ans Licht. Das zeigen neuere Forschungsergebnisse aus den USA, Europa und Australien.
Die in diesem Band vorgestellten Forschungsstudien haben internationale Wissenschaftlerteams im renommierten Journal of Zoology der Zoologischen Gesellschaft London veröffentlicht. Der Autor hat - als einziger deutschsprachiger Wissenschaftsjournalist - über diese Forschungsarbeiten in deutschen, österreichischen und Schweizer Medien berichtet. Das vorliegende Buch ist eine Sammlung dieser Feldforschungsgeschichten, die die komplexen und akademischen englischsprachigen Fachchinesisch-Texte der Biologen in eine auch für Laien verständliche Form und Sprache überträgt. Hintergrundinformationen zu den behandelten Tierarten und Auszüge aus Interviews mit den Forschern ergänzen die Texte, die den Leser auf eine verblüffende Rundreise durch die weltweite zoologische Wissenschaft im Bereich der Reptilien und Amphibien mitnehmen.
Schwarze Farbe, schneller Tod
Melanismus bedeutet für Aspisvipern in den Alpen Fluch und Segen.
Wer in den Alpen beim Wandern auf eine ungewohnt dunkel gefärbte Schlange trifft, sollte nicht gleich eine Schwarze Mamba vor sich wähnen. Die für Menschen eher mäßig gefährliche Aspisviper, die normalerweise ein Zackenmuster auf braunem oder hellgrauen Grund trägt, tritt in den Alpen häufig in rein schwarzer Gestalt auf. Melanismus nennt man im Tierreich dieses Phänomen der Schwarzfärbung.
Wissenschaftler der Universität Lausanne und der in Neuchâtel ansässigen Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (KARCH) untersuchten in den Voralpen, welche Auswirkungen Melanismus auf die auch Juraviper genannte Vipera aspis hat.
Aspisviper. Foto: Felix Reimann, CC BY-SA 3.0.
Die vor allem in Frankreich, Italien und der Schweiz verbreiteten Lauerjäger leben sowohl im Flachland als auch in Höhen bis über 2.000 Metern. In Deutschland kommt die Schlange nur im äußersten Südwesten des Schwarzwalds vor. In der Schweiz ist Schwarzfärbung bei Aspisvipern besonders verbreitet.
„Die Haut melanistischer Individuen reflektiert weniger Licht und erwärmt sich schneller“, schreiben die Wissenschaftler um Sylvain Dubey im Fachblatt Journal of Zoology (Band 290, S. 273). „Die optimale Körpertemperatur wird leichter erreicht als bei helleren Individuen.“ In eher kälteren Bergregionen hat das Folgen: Einerseits haben die schwarzen Exemplare mehr Zeit für die Jagd, können daher schneller wachsen und sich erfolgreicher vermehren, andererseits können sie sich schlechter vor Feinden verbergen, worunter ihre Jagdeffizienz leidet.
Wie sich die Vor- und Nachteile konkret auf Bergpopulationen der Aspisviper auswirken, untersuchten die Forscher im Kanton Waadt und im Berner Oberland. Dazu fingen sie im Waadtland 128 Vipern ein, wovon mehr als zwei Drittel melanistisch waren. Im Berner Oberland waren es von 153 nur 37 Prozent.
In beiden Gegenden waren gezackte Vipern in höheren Lagen überrepräsentiert. Aufgrund ihrer Musterung sind sie auch oberhalb der Baumgrenze gut getarnt und vor Raubvögeln wie Bussard und Kolkrabe halbwegs geschützt. Im eher offenen Habitat im Berner Oberland in Höhen bis 1.960 Metern fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen Höhenlage, Farbe und Körperlänge heraus: Bei den melanistischen Vipern nimmt auch die Körperlänge mit der Höhenlage ab. Die Lebenserwartung sinkt, je höher das Habitat liegt. Viele dunkle Vipern erreichen dort nicht das Erwachsenenalter. Grund ist auch hier, daß die schwarzen Exemplare außerhalb der Wälder von Freßfeinden leicht zu entdecken sind.
Vor allem melanistische Männchen haben es in den Hochlagen schwer. Sie sind es, die sich ab April auf die Suche nach Weibchen machen und ihre Verstecke verlassen müssen. Vipern-Männchen profitieren daher nicht von schwarzer Färbung. „Das hohe Risiko, Beute zu werden, kann ihre Jagdeffizienz schwächen, was wiederum ihre körperliche Verfassung verschlechtert“, schreiben die Forscher. Der untersuchte Lebensraum im Kanton Waadt mit Lagen bis knapp 1.600 Metern Höhe war dagegen überwiegend bewaldet. Der Befund dort: Schwarz gefärbte Weibchen waren in besserer Verfassung als gemusterte. Auch Trächtigkeit ging dort mit verbessertem Körperzustand einher. Der Grund hierfür ist der: Um überhaupt trächtig werden zu können, bedarf es in Bergregionen hoher Fettreserven. Die Vipern in den Alpen gebären nur alle drei bis vier Jahre Junge - anders als im Flachland, wo sie jährlich Nachwuchs haben.
„Die Vorteile von Melanismus sind immer von der Gesamtsituation abhängig“, folgert die Studie.