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Intifada Road. Mit Rad und Bus durchs Heilige Land E-Book

Kai Althoetmar

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Beschreibung

Als Kai Althoetmar während der zweiten Intifada - das Fahrrad im Flugzeugbauch - ins Heilige Land fliegt, muß er daheim versprechen, nicht mit dem Bus durch Israel zu reisen - denn von Palästinensern in die Luft gesprengte Busse beherrschen die Fernsehnachrichten. So reist der gerade Vater gewordene Autor mitten im Winter von Amman in Jordanien aus mit einem alten Klapperrad in das Jordantal gen Israel, verfolgt von zähnefletschenden Hirtenhunden, überwacht von jordanischer Polizei und umgeben von Einheimischen, deren Heroen Saddam Hussein und Osama bin Laden heißen. Doch die Radelei geht nicht gut - und weiter geht's durch Israel per Bus mit Sprengstoffexperten oder Kompanien bewaffneter Soldaten an Bord. Eine unheilige Reise zu den heiligen Stätten, endend am Grab Jesu in Jerusalem, nimmt ihren Lauf, eine mit Situationskomik und Realsatire gespickte Odyssee durch ein paralysiertes Land. Illustriertes eBook mit zahlreichen Fotos und Karten.

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Inhaltsverzeichnis

Intifada Road

Kai Althoetmar

Intifada Road

Mit Rad und Bus durchs Heilige Land

Impressum:

Titel des Buches: „Intifada Road. Mit Rad und Bus durchs Heilige Land“.

Erscheinungsjahr: 2022.

Inhaltlich Verantwortlich:

Edition Kultour

Kai Althoetmar

Am Heiden Weyher 2

53902 Bad Münstereifel

Deutschland

Text: © Kai Althoetmar.

Titelfoto: Altstadt von Akku. Foto: amira_a, CC BY 2.0.

Verlag und Autor folgen der bis 1996 allgemeingültigen und bewährten deutschen Rechtschreibung.

Die Recherchen zu diesem Buch erfolgten ohne Zuwendungen und Vergünstigugngen Dritter.

Israel und die besetzten Gebiete. Karte: Vereinte Nationen/Wikimedia.

Der kleine dürre Mann in der letzten Reihe hält sich anscheinend für einen Rufer auf einem verbarrikadierten Minarett. Niemand soll ihm den Mund verbieten auf seinem Abschiebeflug, niemand sein Rufen stoppen. „Allah u akbar, Allah u akbar, Allah u akbar“. Nochmal und nochmal muß es den Gottlosen gesagt sein: „Ich bezeuge, es gibt keine Gottheit außer Gott; ich bezeuge, Mohammed ist der Gesandte Gottes!“ Seine Stimme tremoliert, ohne jede Melodie.

Ein paar arabischen Passagieren steht die Fremdscham im Gesicht, abgeklärte Europäer verdrehen die Augen. 'Diese Kameltreiber!' So geht es nun schon eine halbe Stunde. Den Airbus, Flug AF 0592 von Paris Charles de Gaulle über Damaskus nach Amman, hat der Lobpreiser bereits zurück in die Parkbucht tremoliert. Der Kapitän will so nicht abheben, die französischen Polizisten huschen durch die hintere Passagiertür ein und aus, hasten den Gang auf und ab und tuscheln in ihre Funkgeräte.

Zwei nehmen den im Sitz gefesselten Rufer in die Zange, zur Linken ein Weißer, zur Rechten ein Schwarzer, knebeln dürfen sie ihn nicht. Nur der Schwarze mit der Statur eines Kleiderschranks hat die ganze Zeit die Ruhe weg. Dann verstummt die Litanei allmählich, dem Allah-Tremolo bleiben langsam die Bässe weg, sanft unterlegt die Flugregie das „Allah u akbar“ mit säkularer Fahrstuhlmusik und spielt ein Werbefilmchen auf die Deckenfernseher ein, eines mit adretten Luftkellnerinnen und phallisch aufsteigenden Luftschiffen, die Vertrauen erheischende Filmchenstimme gewinnt Volumen, die Fernsehstewardessen lächeln den unangemeldeten Einbruch der Wirklichkeit hinweg, und der Syrer auf dem Abschiebesitz kehlt leiser, bis er still kapituliert. Allah hat nicht geantwortet. Die Sicht auf die Alpen ist frei, aufgehübschte Französinnen spendieren Nüßchen aus Tüten und Erfrischungstücher von der Zange.

Es ist Samstag, der 29. November 2003. Unten liegt das Heilige Land, ein unheiliges Land, geschüttelt von zweiter Intifada, Haß, Paranoia und den symmetrischen und asymmetrischen Kriegen dieser Tage. Der Advent kommt, biblisch reisen will hier und heute keiner mehr, da dachte ich: Ich bin dann mal weg in den Orient, und das Rad, das nehme ich mit.

Um 19.20 Uhr senkt sich das trojanische Pferd auf Amman. Im Bauch ist mein Fahrrad, ein mokkabraunes „Herkules“. Wie ich geht es auf die fünfunddreißig zu, „Herkules“ soll mich durch das ganze Unheilige Land tragen, durch Jordanien und Israel. Im Kreis rund um die Westbank fahren, habe ich mir in den Kopf gesetzt, von Amman nach Jerusalem im großen Bogen gegen den Uhrzeigersinn, gegen die aktuelle Reisekonjunktur, gegen den inneren Schweinehund.

Jesus, die Römer, die Juden, die Palästinenser, die Kreuzfahrer, sie alle riefen, „komm zu mir, folge meinen Spuren“, da waren die arabischen Händler, die Teeniesoldaten Israels und die Jeunesse dorée von Tel Aviv noch gar nicht eingerechnet. Ins Geographische übersetzt hieß das: Von Amman zum Toten Meer, in den Norden Jordaniens, hinüber zum See Genezareth, nach Akku an die Gestade des Mittelmeers, nach Tel Aviv, hinauf nach Jerusalem, und dann irgendwie zurück zur Flughaltestelle.

Dort warten schon Isar und Arvid am Gepäcklaufband. Sie machen sich in ihren beigen Blaumännern zielstrebig über „Herkules“ her, gilt es doch Vorderrad, Lenker, Sattel und Pedale neu zu montieren und fixieren und dem seltsamen Passagier ungefragt mit dem Schraubenschlüssel zu assistieren. Meine Vermutung bestätigt sich hinter der Paß- und Zollkontrolle: Kaum gelandet, geht es um „tips, give me a tip“, Trinkgeld. Zehn Jordanische Dinar, zwölf Euro, müssen es sein, Hilfsbereitschaft hat ihren Preis, vor allem, wenn man niemanden um Hilfe gebeten hat.

Ich trete in die Pedalen, steuere in die jordanische Nacht, 30 Kilometer südlich von Amman, allein auf der zweispurigen Zubringerstraße, die den Queen Alya International Airport mit Jordaniens Desert Highway verbindet, jener Nord-Süd-Wüstenader, die den Golf von Akaba mit der Hauptstadt verbindet. Nach zwei Kilometern erscheint ein Hotel, das „Alia“, das einzige Hotel am Platze, aber einen halben jordanischen Monatslohn ist mir die Übernachtung bei Alia nicht wert. Ich spekuliere auf den Flughafenbus, der nach Amman fahren soll, warte eine halbe Stunde gegenüber dem „Alia“, es kommt aber nur ein Taxifahrer. Er steigt aus, schleicht sich an, „hello my friend“, wartet, ob ich Schwäche zeige, tuschelt ein paarmal „Amman, only ten JD“. Ich glaube noch an den Busfahrplan, die Taxi-Hyäne wirft grußlos die Tür zu, der Bus kommt nicht, ich bereue bald. „Herkules“ wirft kein Licht, hat hinten zu wenig Luft, stöhnt unter der Gepäcklast, die ersten Raser hupen. Kein Hotel, keine Häuser, nur Zypressen am Straßenrand. Rechts biege ich auf den Desert Highway ab, dessen gelbe Laternenbeleuchtung an die belgischen Autobahnen erinnert. Der Highway steigt an, die Abgase wabern in meine Lunge, Menschen sehe ich nur hinter Windschutzscheiben. Große Werbetafeln für bayerische Autos säumen die Naht zwischen Asphalt und Brachland. Es ist 21.00 Uhr durch, ein Schild informiert „Amman 27 km, Madaba 14 km“.

Außer einer Privatuniversität und einer Tankstelle passiere ich nur Ödnis, ein paar Hirtendörfer liegen abseits des Highways. Der Weg gabelt sich, ich lasse den Abzweig „Amman East, Saudi Border, Iraq Border“ schon rechts liegen, da entdecke ich durch die stummen Thujen hindurch rote Leuchtbuchstaben, als hätte Jahwe für mich einen Busch in Brand gesetzt, um mir den rechten Weg zu weisen. Ich drehe um, gucke durch die löchrige Zypressenwand, lese aus der Entfernung ein Neon-„H“, ein „O“ und dann das restliche „TEL“. Das Hotel heißt „Samar“, liegt im äußersten Südosten Ammans und hat seine besten Tage hinter sich. Für zwei Nächte schreibe ich mich ein, Heizung gibt es im kalten Zimmer nicht, vom Stuhl fällt immerzu die Armlehne ab, der Swimmingpool ist verwaist. Es scheint, es gibt mehr Personal als Gäste. Einen schwarz behosten Kellner frage ich nach „mineral water“, aber er versteht nicht. „Fork and knife“ versteht der Kellner am Morgen auch nicht, da hilft auch keine Pantomime. Ich wische die Fladenbrotlappen mit der Hand durch die Kichererbsenpaste und frage einen der Schwarzbehosten, ob er den Mount Nebo kenne, da wolle ich hin. Der Berg Nebo ist ihm kein Begriff. Moses, der dort über das verheißene Land schaute und dann starb, auch nicht.

Die Fernverkehrsstraße nach Madaba riecht nach Teer und Abgasen, der Verkehr ist wüst. „Herkules“ trabt einsam südwestwärts durch das Haschemitische Königreich. Die Äcker rechts der Straße sind staubtrocken, viele der mickrigen Steinhäuser halb in sich zusammengefallen, über allem Land liegt eine Patina aus Schutt, Plastiktüten, Plastikflaschen und Zigarettenschachteln.

---ENDE DER LESEPROBE---