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Als Frau Herta B. zum dritten Mal durchgerechnet hatte, dass sie auch im Monat August nicht mit der Ratenzahlung für einen Fuchspelz anfangen konnte, schlachtete sie ihren Hund Michael, gerbte sein Fell und schneiderte sich daraus eine Stola.
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Seitenzahl: 239
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Der Tiermörder
von
Jürgen Alberts
Impressum:
Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency
Foto: fotolia.de
© 110th / Chichili Agency 2014
EPUB ISBN 978-3-95865-065-7
MOBI ISBN 978-3-95865-066-4
Urheberrechtshinweis:
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Der Tiermörder: Als Frau Herta B. zum dritten Mal durchgerechnet hatte, dass sie auch im Monat August nicht mit der Ratenzahlung für einen Fuchspelz anfangen konnte, schlachtete sie ihren Hund Michael, gerbte sein Fell und schneiderte sich daraus eine Stola.
»Jetzt esst doch noch ein Stück, Kinder«, sagte Else Holzmann streng, »ich kann den Kuchen nicht einfrieren. Unsere Tiefkühltruhe ist kaputt. «
Ein schöner Nachmittag im Februar, die ersten Sonnenstrahlen, als hätte sich der Frühling im Kalender geirrt. Sonntagsruhe im Neubauviertel. Auf der kleinen Terrasse hinterm Haus saß Familie Holzmann am rosagedeckten Kaffeetisch. Stolz hatte Else ihr neues Haus gezeigt. Sie waren endlich aus Tenever ausgezogen, aus dieser miesen Hochhaussiedlung, in der die Polizei keine Ordnung halten konnte. Das kleine Eigentum war zwar erheblich überteuert, aber wenn man seine Ruhe haben wollte, dann musste man sich das etwas kosten lassen.
Else Holzmann schenkte Kaffee nach. Die Kanne im rosageblümten Warmhaltehöschen, unter dem Ausguss der fleckige Tropfenfänger. »Ihr habt noch gar nichts von euch erzählt«, versuchte sie, das stockende Gespräch wieder in Gang zu setzen.
Otto, ihr Mann, schmaler Kopf und große Ohren, reckte sich vor: »Ich finde, wir haben es hier wunderschön getroffen. «
»Du bist jetzt mal still«, schnitt Else ihm das Wort ab. Es war das erste Mal, dass Otto etwas zum Gespräch beitragen wollte. Seit drei Stunden waren Tochter Elsbeth und ihr Mann Günter zu Besuch, und Else hatte pausenlos geredet. Über den Umzug, und wie langsam die Möbelpacker arbeiteten: »Ich hab' jedem nur eine Flasche Bier ausgegeben, aber erst als die Arbeit getan war. « Über das fürchterliche Viertel, aus dem sie ausgezogen waren: »Nur Asylanten und Kriminelle. Ich hätte am liebsten selbst ein paar abgeschossen. « Über das schöne Neubauviertel: »Alles sauber hier. Habt ihr die Absperr-Vorrichtung für die Mülltonnen gesehen? Einfach traumhaft.«
Die kleine Auseinandersetzung mit den Nachbarn zur Rechten verschwieg Else Holzmann. Gleich beim Einzug im letzten Herbst hatte sie Herrn Hassel zu verstehen gegeben, dass der Walnussstrauch am hinteren Ende des Gartens gestutzt werden müsse. »Der ragt in unseren Garten hinein, ich möchte nicht im Herbst die Blätter aufsammeln müssen. « Aber Herr Hassel hatte sich taub gestellt. Nichts war geschehen. Else Holzmann setzte ihm ein Ultimatum, erst mündlich, dann schriftlich. Als das auch nichts half, griff sie zur Gartenschere und kürzte in einer nächtlichen Aktion den Walnussstrauch, warf die abgeschnittenen Zweige auf das Nachbargrundstück. Der Brief des Rechtsanwaltes ließ nicht lange auf sich warten.
»Riechst du es? Schon wieder dieser ekelhafte Geruch.« Else Holzmann, die zur Feier des Tages ein modernes blaues Kostüm mit einer cremefarbenen Spitzenbluse trug, schubste Otto.
Der schüttelte den Kopf.
Auch Elsbeth rümpfte die Nase, wie ihre Mutter es angeordnet hatte. »Kommt von dort drüben«, sagte sie und zeigte in die Richtung. »Riechst du es nicht, Günter? «
Günter war nicht gerade das, was man einen Schnellmerker nannte. Er saß im Vermessungsamt der Stadt Dortmund, füllte täglich Formulare aus und heftete sie sauber in Aktenvorgängen ab. Seine stetige, aber langsame Karriere hatte ihn im Laufe von siebzehn Jahren zwei Zimmer aufrücken lassen, im gleichen Gebäude. Der Schwiegersohn war nicht besonders beliebt bei Holzmanns, weil Else keinen Hehl aus der Tatsache machte, dass sie sich für ihre einzige Tochter eine bessere Partie gewünscht hätte.
»Ich rufe die Polizei«, sagte Else, stand auf und strich ihren Rock glatt. »Diese Stinkerei muss aufhören! «
»Else, bitte«, rief Otto schwach. Sie ließ sich nicht abhalten. Das Verhältnis zwischen Familie Holzmann und der Polizei konnte man durchaus als gestört betrachten. Die Kollegen vom Revier Tenever hielten sie für Psychopathen, die Polizisten in der Innenstadt für Zuträger der schlimmen Sorte. Hauptkommissar Lindow hatte sie einmal das Denunziantenpärchen getauft, nicht ohne heftigen Widerspruch seiner Mitarbeiter.
»Jetzt riech' ich es auch«, sagte Otto und schaufelte sich eine Portion rosa Cremetorte auf den Teller. Er hatte nur darauf gewartet, dass seine Else den Tisch verließ. Mit schnellen Gabelschlägen teilte er das Himbeerstück und schlang es hastig in sich hinein.
Elsbeth schnüffelte noch. Wie ein Dackel, der seine Pinkelecken sucht.
Seitdem sie aus der Hansestadt weggezogen war, um dem Vermessungsbeamten Günter Wohlsorge das Jawort zu geben, hatte sich ihr Gewicht verdoppelt. Der schwere Busen spannte unter der blütenweißen Bluse, ein breiter Gürtel markierte die Taille. Gelegentlich kleckerte sie auf ihren Vorbau. In Gegenwart von Mutter Else durfte das nicht geschehen, deswegen hob sie den Kuchenteller bis in Brusthöhe.
»Sie kommen sofort«, rief Else durch die offene Terrassentür.
Sofort waren die Polizisten eigentlich nie gekommen. Sobald die Kollegen vom Revier Tenever herausgefunden hatten, wer sich da wieder beschweren wollte, warteten sie den nächsten, auch schon mal den dritten Beschwerdeanruf ab. Else und Otto Holzmann beschwerten sich über die Klingelstreiche der Kinder, Abfalltüten neben dem Mülleimer, Hundekot auf dem Gehweg, sexuelle Belästigung am Nachmittag. Die Liste war so lang geworden, dass es im Revier hieß: »So viele Freunde und Helfer gibt es gar nicht, um allen Beschwerden der Holzmanns nachzugehen. Die brauchen eine eigene Hundertschaft. « Einer hatte eine Karikatur aus der Zeitung ausgeschnitten und an die Pinnwand mit den Schichtplänen geheftet. Zwei alte Herrschaften schauen mit dem Fernglas aus der Wohnung. Sie sagt zu ihm: »Sieh‘ mal, die Meyersche von gegenüber raucht schon wieder im Bett. « Darauf er: »Und dabei hatte sie gar keinen Geschlechtsverkehr.«
Otto Holzmann hatte längst seinen Teller wieder an seinen Platz gestellt, schaute in die Luft, die nicht besonders würzig war.
»Otto, du sagst ja gar nichts. « Else inspizierte seinen Teller. »Hast du noch ein Stück gegessen? Du solltest auf deine Linie achten! «
Elsbeth schaltete sich ein. »Lass doch Vater essen, mit seinen 60 Jahren wird er doch allein entscheiden dürfen. «
»Nichts! Der wird mir zu fett. Ich will ihn später nicht im Rollstuhl schieben müssen. «
Zwanzig Minuten später traf die Streifenbesatzung ein.
Marianne Kohlhase setzte die Dienstmütze auf. Sie war zum ersten Mal in diesem Neubauviertel. Rote Klinkerbauten, wie an einer Perlenkette aufgereiht, in Sicht- und Hörweite des Autobahnzubringers. Hier würde sie nicht wohnen wollen.
Ihr Kollege Helmut Kremer blieb am Steuer der Funkstreife sitzen. Er trommelte auf dem Lenkrad den Takt des Beatles-Titels: When I'm sixty-four. Auf der Hansa-Welle war Oldie Time. Ein ruhiger Sonntagnachmittag. Als hielten sich die Ganoven an die feiertägliche Ruhe. »Wenn's keine Banditen gäbe«, sagte Kremer in seinem breiten Ruhrgebietsslang, »könnte man als Polizist tatsächlich ein nettes Leben haben. «
Marianne Kohlhase klingelte. Sofort wurde die Tür aufgemacht. Else Holzmann zog sie, nachdem sie die Begrüßung gemurmelt hatte, an der Uniformjacke durch das deutsche Wohnzimmer. »Kommen Sie, kommen Sie! Es ist hier draußen. «
Dann stand die Polizistin auf der Terrasse, wünschte der Kaffeerunde einen guten Tag.
»Riechen Sie nichts? «
Else Holzmann schnupperte aufgeregt in die Luft.
»Was soll ich riechen? « fragte Marianne Kohlhase.
»Es stinkt«, rief Frau Holzmann laut.
»Ruhe!“ kam es vom Nachbargrundstück herüber.
»Kann man nicht mal am Sonntag seine Ruhe haben? «
»Das ist Herr Hassel von nebenan. Gar nicht ignorieren. « Otto Holzmann stand auf und zeigte in die Richtung, aus der sie den Gestank vernommen hatten.
»Ich rieche nichts«, sagte Marianne Kohlhase freundlich.
Sie musste ernst bleiben, sonst würde es gleich einen Aufstand geben. Wie gut, dass Kremer nicht mitgekommen war. Wenigstens hatten sie gleich im Wagen etwas zu lachen. Kremer konnte Witze erzählen, da lachte halb Bottrop.
»Vorhin war es stärker«, sagte Elsbeth, die sich ebenfalls erhoben hatte. Immerhin war eine Uniform anwesend. Nur der Vermessungsbeamte lehnte sich in dem weißrosa-gestreiften Polsterstuhl zurück. Als wollte er prüfen, wie sich die junge Beamtin verhielt. Schließlich war er länger auf dem Dienstweg als sie.
»Nach was hat es denn gerochen? «fragte Marianne, bemüht, etwas in Erfahrung zu bringen.
»Gerochen, sagen Sie? Es hat gestunken«, rief Else Holzmann, »und das ist schon das dritte Mal. «
»Und wie stinkt es? «
Die Kaffeerunde sah sich an. Else zuckte mit den Schultern, Otto verdrehte die Augen, Elsbeth schnippte mit den Fingern, wie in der Schule, wenn einem die richtige Antwort nicht einfallen wollte. Nun kam der Einsatz von Günter Wohlsorge, der sich für den Intellektuellen in dieser Runde hielt.
»Ich würde sagen, es hat nach verbranntem Fleisch gerochen. Wissen Sie, wenn Haare versengt werden, mit einem Schuss ins Bittere, oder sagen wir lieber, es roch wie Müllkippe ganz unten. «
»Aha«, sagte die Polizistin, die ihr schwarzes Notizbuch zückte. Sie notierte zwei Worte. Dann schloss sie es wieder.
»Also, jetzt ist der Geruch vorbei. Wenn es wieder mal passiert, dann melden Sie sich. «
»Das ist sehr zuvorkommend«, sagte Otto, »wir haben mit Ihren Kollegen in Tenever auch nur die besten Erfahrungen gemacht. Wir sind nämlich Freunde und Helfer der Polizei, meine Else und ich. « Er stellte sich neben seine Frau, legte seinen Arm um ihre Hüfte. Sie haute ihm auf die HanMarianne Kohlhase dämmerte es. Hatte nicht Lindow mal von diesen beiden gesprochen?
»Schön«, sagte sie, »schön, wenn man solche Freunde hat. « Sie rückte ihre Dienstmütze gerade und wünschte zum zweiten Mal einen guten Tag.
Als sie außer Sichtweite der Familie Holzmann war, zeigte sie ihrem Kollegen Kremer den deutschen Gruß, den mit dem Zeigefinger an der Schläfe.
In ihrem Notizbuch stand: »Dumme Kuh. «
Montagmorgen und alle Knochen müde. Die Woche fing mit Tränen an. Als Fritz Pinneberger seine Wohnung in der Feldstraße verließ, musste er ein zehnjähriges Mädchen trösten, dem ein Drogi das Fahrrad gestohlen hatte. Er ließ sich eine Beschreibung des Täters geben. Nachher würde er eine Meldung schreiben.
Wenn bloß diese zickige Alte sein Büro bald verließ. Sie war hereingestürmt und hatte ihn beschimpft: »Wissen Sie, was die Polizei für mich ist? Ein stinkender Sumpf, ein Schmutzkübel. Sie sind wirklich das Letzte. «
Dann hatte sie mit ihrem Schirm auf Pinnebergers Schreibtisch geschlagen, als wollte sie die Akten verhauen.
Karl Schlink hatte nur kurz den Kopf zur Tür hereingesteckt und war von dem Geruch, den die Alte verbreitete, zurückgeworfen worden. »Ich melde mich wieder«, rief er.
Oberkommissar Pinneberger war machtlos. Er sah, wie die Frau beim Reden die Unterlippe vorstülpte, sie anfeuchtete, um weitere Invektiven loszuwerden. Jetzt waren die Ärzte dran. »Wissen Sie, was Ärzte für mich sind? Das sind bezahlte Mörder, gedungene Metzger. Mir wollten sie den ganzen Unterleib rausoperieren, und ein Zahnarzt meinte, am besten würde er alle 40 Zähne ziehen, um dann ein gesundes Gebiss einzusetzen. Das sind Quacksalber! Wissen nichts, aber kassieren. «
Pinneberger sah aus dem Fenster. Die Wallanlagen im schönsten Grau. Die Hansestadt hatte wieder auf Regen geschaltet. Wenn Marianne keinen Dienst gehabt hätte, wären sie am Sonntag zum Wümmedeich geradelt, ganz gemütlich, hätten Bratkartoffeln mit Sauerfleisch gegessen und eine kleine Dosis Alkohol zu sich genommen. Aber Marianne war dienstlich belegt, was dazu führte, dass Pinneberger eine Fahrradgewalttour mit abschließendem gierigem Besäufnis unternahm.
Er hatte es aufgegeben herauszufinden, warum diese übelriechende Alte in seinem Büro saß. Vielleicht ging sie, wie sie gekommen war. Überraschend.
»Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten? « Pinneberger versuchte es mit Freundlichkeit.
»Tee ist gefärbtes Wasser, Junge! Daran kann man sich vergiften. Kein Schnaps da?«
»Wir sind im Dienst«, erwiderte Pinneberger streng. Schon der Gedanke an Schnaps ließ seine Blutbahn aufbrausen.
»Sie sind im Dienst, Junge! Ich hab' Pause.«
Die Alte trug einen Trenchcoat mit seltsamer Verzierung. Auf Flecken und ausgefranste Löcher hatte sie Plastikblumen gesteckt, wie man sie beim Freimarkt schießen konnte.
»Tee oder was? « fragte der Oberkommissar.
»Schnaps«, beharrte die Alte.
Pinneberger griff nach der Akte XY ungelöst, holte die Kornflasche hervor und goss großzügig ein.
»Hat mich meine Nase nicht getäuscht, Junge! Ich kenn' doch die deutsche Beamtenseele. Wenn die nichts zu saufen hat, kann sie schon gleich gar nichts bewegen. Ohne Schnaps wärt ihr doch ein Haufen von toten Schmeißfliegen. «
Das Telefon klingelte.
Lindow war dran.
»Fritz, ich muss dich erinnern, dass wir den Skatabend verschoben haben, nicht dass ihr es vergesst. Heute Abend wird gespielt, pünktlich um acht. «
Pinneberger hatte es tatsächlich vergessen. Er würde zwei Liter Mineralwasser trinken. Die Verschiebung des Skatabends war der Tatsache zu verdanken, dass das Fußballeuropapokalspiel auf Donnerstag verschoben worden war. Das gehörte zu Lindows Mathematik. Nur Fußballtermine waren in der Lage, den Skattermin vom Heiligen Donnerstag zu verdrängen. Pinneberger legte auf.
»Ich muss gleich rauf zum Chef. « Er zeigte bedeutungsvoll auf das Telefon.
»Noch einen zur Beruhigung, mein Junge. Dann rede ich. « Die Alte, deren Vogelnest auf dem Kopf mit einem Hut wenig Ähnlichkeit hatte, streckte ihm ihr Glas entgegen.
Pinneberger schenkte nach. Dann schraubte er die Kornflasche zu, schob sie zwischen die Aktendeckel, strich sorgsam mit der Hand über die Rücken der Aktenordner. Gerade an so einem Montag brauchte es eine gewisse Ordnung.
Was er dann zu hören bekam, ließ keine weitere Abschweifung zu. Er musste sich konzentrieren, um alles mitzubekommen, weil die Alte ein derartiges Tempo vorlegte, wie ein Maschinengewehr.
»Sie werden ihn nich kennen, Junge, können ihn nich kennen, hat ja die ganze Zeit gesessen, hinter Gittern, was für Gitter, Junge, kann Ihnen sagen, schlimme Gitter, kann man sich den Kopf dran blutig schlagen, Helmut hat sich oft den Kopf dran blutig geschlagen, sieht aus wie ein Gebirge, wenn das Blut sich so verklumpt, hatte die ganze Bande von Wärtern nichts für übrig, haben Helmut nich mal das Blut weggewischt, mein Helmut.«
Dann holte sie Luft und ging zum Du über.
»Musst dir vorstellen, Junge, der Helmut hat seit 33 Jahren da gesessen, 33 Jahre, weißte, wie lang das is? Ne, kannste nich wissen, weil du ja nicht da gesessen hast. Der Helmut wollte immer raus, wollte raus aus diesem Bau, ham ihn nich gelassen, war ihnen zu müpfig, zu frech, nur weil er einem Wärter mal in die Hand gebissen hat, die Narbe hat der heute noch. Und warum hat mein Helmut gebissen? Weil diese Sau von Wärter ihm die Zwangsjacke für die Elektroschocks anlegen wollte. Armer Helmut, was sie dem angetan haben. Musst mal hingehen dahin, musste mal machen, sieh dir das mal an, was die mit einem anstellen. Elektroschocks, Spritzen, dicke Hämmer, Chemoscheiß, festbinden, verprügeln. Nach außen immer alles blitzeblank, aber drin wird aufgeräumt, da wird nich lang gefackelt. Mein Helmut ist tot, aber Selbstmord war das nie und niemals. «
»Moment«, unterbrach Pinneberger den ungestümen Redefluss, »wollen Sie sagen, dass Ihr Helmut ermordet wurde? «
»Soweit gehe ich, jawoll, soweit muss ich gehen. Hat sich doch nie jemand um ihn gekümmert, außer mir, ich hab' ihn immer besucht, nich oft, aber wenigstens zu den Feiertagen und bestimmt einmal im Monat. Manchmal hab' ich gefragt, war denn deine Mutter mal da, Vater ist schon lange tot, oder dein Bruder. Dann war Helmut immer still, hat in die Ecke geguckt, nie, die haben den vor 33 Jahren entmündigt, haben dafür gesorgt, dass er in die Geschlossene kommt und fertig, war der Fall für die gelöst, kein Helmut mehr, kein Sohn mehr da, ein Fresser weniger. Ich hab' meiner Schwester das ein paarmal an den Kopf geschmissen, dass sie ihren Sohn umkommen lässt, aber die Helga ganz abgebrüht. Wenn die Ärzte ihn entlassen tun, dann nehm' ich ihn wieder auf, aber keine Sekunde früher. Und die Ärzte haben ihn festgehalten, eingesperrt, Eisengitter, Köpfe blutig schlagen. «
»Wann ist denn Helmut gestorben? « fragte Pinneberger.
»Letzte Woche ...«, die Alte krallte ihre Hände ineinander, »letzte Woche ham sie ihn umgebracht. Ich kriegte die Nachricht erst, als er schon abtransportiert war, durfte ihn nicht mehr sehn, meinen Helmut, ham ihn weggeschafft wie einen Hundekadaver, weiß bis heute nich, wo er hinsoll. «
Pinneberger ließ sich den Namen der Klinik nennen und den des behandelnden Arztes. Obwohl er nicht danach gefragt hatte, zählte die Alte ihm die ganze Hierarchie der Nervenklinik auf. Sie kannte jeden Wärter, jede Schwester, den Chefarzt, seine beiden Therapeuten, alle, die mit ihrem Helmut zu tun hatten.
»Das ist so, als wenn man zur Familie gehört, die Gesunden da betrachten einen immer so, als sei man die schlechte Verwandtschaft, aber gesund, sie reden mit mir, als müsste ich sie verstehen, und nich meinen Helmut, weil wir ja alle gesund im Kopf sind, sie schließen einen mit ein. Ham Sie doch Verständnis, denken Sie mal mit, wir tragen die Verantwortung, wenn Helmut draußen was anstellt, wie der Mistkerl das schon sagte, anstellt, als wenn mein Helmut aus der Anstalt gerannt wäre, und hätte gleich jemand vergewaltigt, so sehen die das. Und wenn ich was gesagt hab', um Helmut in Schutz zu nehmen, ham sie mir das Wort im Mund rumgedreht, ich hätte keine Ahnung, das soll ich lieber den Spezialisten überlassen, sie sind darauf geschult. Wissen Sie, auf was die geschult sind? «
Diesmal ließ die Alte die Frage unbeantwortet, aber nur deswegen, weil der Regen so heftig gegen die Scheibe schlug. Als spüre sie die Gewalt des Unwetters, wand sie sich auf dem Stuhl, hin und her, die Unterlippe kam nicht zur Ruhe. Jetzt bäumte sich der Körper auf.
»Einen Schnaps?«
»Nein, jetzt nicht.« Mit Mühe schaffte es die Alte, sich auf dem Stuhl festzuhalten. »Es war kein Selbstmord, und wenn das tausend Engel behaupten. Die haben ihn umgebracht. «
Fritz Pinneberger war lange genug bei der Mordkommission, um sich nicht von diesem Auftritt beeinflussen zu lassen. Nur eines war ihm noch nie passiert: Die Alte, die auf der anderen Seite des Schreibtisches saß, erhob die Vorwürfe so emotional, so heftig, dass er am liebsten aufgestanden wäre, um sofort in die Klinik zu fahren. Ohne Dienstweg, ohne Aktenstudium.
»Ich werde mich darum kümmern«, sagte er, als die Frau wieder aufnahmefähig war. »Wo kann ich Sie erreichen? «
»Ich wohne nirgends. Ich melde mich wieder, is besser, sonst kommen Sie zu mir nach Hause, Junge, und dann Trabbel, will ja keiner. Ich komm' wieder vorbei. «
Der Oberkommissar brachte sie zur Tür. Der Geruch, der von ihr ausging, war penetrant, als sei sie mitten durch eine Jauchegrube in sein Büro spaziert.
Pinneberger öffnete die Fenster, genoss den kräftigen Regen. Nacheinander stellte er seine Blumentöpfe auf die Fensterbank, damit sie etwas abbekamen.
In der Besprechung um elf wollte er nichts von diesem Besuch erwähnen. Vielleicht war alles nur eine Seifenblase.
Der Skatabend verlief in geregelten Bahnen. Zwischen Bock und Ramsch durfte nicht über die tägliche Kleinarbeit gesprochen werden, zwischen Kontra und Re wurde verbissen gekämpft.
Marianne hatte von Lindow die Kasse übernommen, dem es einerseits peinlich war, dass er einen Überschuss von zwölf Mark siebzig nicht ausreichend begründen konnte, und dies zur Gelegenheit nahm, seinen Spruch über das Nachrücken der jüngeren Kräfte loszuwerden. Andererseits konnte er so besser anmahnen, wenn der Skatabend aus dem Ruder zu laufen schien. Für eine Bemerkung aus der Mordkommission waren zwei Mark Strafgeld fällig.
Pinneberger führte in der laufenden Statistik. Schlink war seit Wochen das Schlusslicht.
Während des Winters hatte der Wirt die Kneipe geschlossen gehalten, um sie zu renovieren. Bei der Wiedereröffnung kannten nicht nur die Skatpolizisten sie nicht wieder, auch andere Stammgäste mussten sich erst mal einen genehmigen. Aus dem Raum mit den geschrubbten Holztischen war ein Glitzerparadies geworden. An den Wänden silbergerahmte Fotos, das Gestühl in dezentem Türkis mit gemusterten Polsterbezügen, selbst die Toilette hatte einen neuen Anstrich erhalten. Die Pinkelrinne war aus rostfreiem Stahl.
Mehrmals hatte die Viererbande überlegt, ob sie nicht die Lokalität wechseln sollten. Aber sie waren es gewöhnt, jeden Donnerstag hier anzutreten, kannten den Heimweg, gleich, in welchem alkoholischen Stadium sie sich befanden. Nur Lindow musste stets ein Taxi bemühen, während Schlink angetrunken das Fahrrad bestieg.
Heute war vor dem Ende der zweiten Stunde Spielzeit nur mäßig konsumiert worden.
Während Marianne den Endstand ausrechnete, bat Schlink, austreten zu dürfen und dann um ein Wort in eigener Sache.
Als er den dunkelblauen Schleiflacktisch verlassen hatte, sagte Pinneberger: »Hast du eine Ahnung, worum es geht? Der Karl ist den ganzen Tag schon so angedetscht. «
Hauptkommissar Lindow, der stets nach dem Spielen die Hemdsärmel wieder herunterließ, schüttelte den Kopf: »Wir werden es gleich erfahren. «
Im Laufe des Abends hatte er wieder alle seine Skatausdrücke heruntergebetet, hatte nicht gespart mit Hinweisen über verpasste Chancen, schlechtes Spiel und falsches Ablegen. Mehr und mehr wurde er zum Skatoberlehrer. Pinneberger führte das darauf zurück, dass Lindow im Dienst kaum etwas zu sagen hatte. Die Rückversetzung zur Mordkommission hatte nicht dazu geführt, dass man ihm nicht weiterhin argwöhnisch gegenüberstand.
Als Schlink wieder Platz genommen hatte, gab Marianne den Endstand bekannt und kassierte die Beiträge für die Skatkasse. Pinneberger durfte acht Mark siebzig mit nach Hause nehmen. Kein strahlender Sieger.
»Ich hoffe, dass ihr mich ein paar Minuten ausreden lasst, bevor wir zum gemütlichen Teil übergehen«, begann Schlink zögernd. In seinem Gesicht ein paar Fragezeichen, die Nase gerümpft.
»Wenn es sein muss«, stöhnte Lindow.
»Jetzt lass es nach«, zischte Marianne Kohlhase. Nur mit Mühe hatte sie die Schicht verlegen können, um an diesem verschobenen Skattreff teilnehmen zu können. Der neue Revierleiter war zwar nicht so ein hintertriebener Obermotz wie der alte, aber sie musste eine kranke Tante vorschieben, damit sie frei bekam.
»Ich möchte euch mitteilen, dass ich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten mitarbeite. Einmal müsst ihr es erfahren, und weil wir nun schon ein paar Jahre befreundet sind ...«
Karl Schlink unterbrach sich, weil er mit dieser Reaktion nicht gerechnet hatte. Lindow hustete vor sich hin. Pinneberger schaute an die Decke. Marianne sah sich um, ob ihnen jemand zuhörte. Was Schlink soeben offenbart hatte, würde einige Folgen haben.
»Ich habe mich zu diesem Schritt entschlossen, weil ich glaube, dass es Leute geben muss, die das Schweigen brechen. Es hat keinen Sinn, immer nur im Hinterzimmer zu motzen, hier zu lamentieren, dort zu resignieren. Ich will etwas tun, damit sich unser Laden verändert. Ich weiß nicht, wie ihr dazu steht, aber jetzt ist es mal gesagt. «
Schlink konnte nicht so recht erfahren, wie die anderen drei dazu standen, weil sie nichts sagten. Als habe er vom bevorstehenden Weltuntergang gesprochen. Immerhin war keinem der Skatpolizisten entgangen, wie gelegentlich mit kritischen Polizisten verfahren wurde: Strafversetzung, Umsetzung, Dienstaufsichtsbeschwerden, Zurückstufung und was die Mittel der Polizeiführung mehr waren.
»Eine Gesellschaft des Schweigens, als hätten wir Zustände wie in Italien. Mafia, versteht ihr? Alles schweigt, sieht zu, was für ungeheuerliche Vorgänge passieren. Hauptsache, Klappe halten und mitmachen. Jeder sitzt an irgendeiner Stelle, ganz gleich, ob das unser Beruf ist oder ein anderer, nicht zu reden von den Leuten in Parteien und Gewerkschaften oder den oberen Etagen der Rüstungsindustrie. Mitmachen, Klappe halten, Richter, Ärzte, was weiß ich, sie akzeptieren Missstände ...«
»Ist das eine verdammte Lehrstunde hier, oder was? « entrüstete sich Lindow. »Ich muss mir das nicht anhören. Warum brauchst du eine Rechtfertigung, dass du bei dieser Gruppe mitmachst? Das ist doch ganz und gar deine Sache. «
Marianne trank ihr Bier aus, bevor sie darauf hinwies, dass es natürlich sein könne, dass Karl irgendwann mal ihre Unterstützung brauchen werde. »Das ist ja nicht auszuschließen, oder? «
»Willst du denn damit an die große Glocke, Karl? « fragte Pinneberger besorgt. Er stellte sich auf harte Zeiten ein. Wenn im ersten Kommissariat herum war, dass Schlink mit diesen Nestbeschmutzern paktierte, dann hatte auch er nichts mehr zu lachen. Da waren sich die meisten einig: Nicht die miserablen Zustände bei der Polizei waren das Übel, sondern diejenigen, die darauf hinwiesen. So hatte ein Polizeipräsident sich über die kleine Gruppe geäußert, die in der Bundesrepublik nicht einmal 200 Mitglieder zählte: »Ein Haufen durchgeknallter Systemkritiker, die wären am besten Dorfpriester geworden. «
Karl Schlink zögerte lange, bis er antwortete. »Wir wollen demnächst eine öffentliche Veranstaltung machen, dann wissen alle Bescheid. «
»Der Angeklagte geht zum Richtplatz und hängt sich selber auf, gute Aussichten. « Lindow zog seine Jacke an. Obwohl dieser Februar überraschend warm war, benutzte der Hauptkommissar eine gefütterte Holzfällerjacke, in der er aussah, als hätte er gerade einen Bären erwürgt.
»Karl, ich würde mir das an deiner Stelle gut überlegen. Die machen dich fertig. « Leise ergänzte Lindow: »So wie die mich damals fertiggemacht haben. «
Marianne stand auf. »Ich finde, wir sollten das nicht hier in diesem Schickimicki-Puff besprechen. Fritz, wir können doch alle zu uns rübergehen? «
Pinneberger war nicht gerade angetan von dieser Idee, besonders, weil er wusste, wie schnell die Bierbestände reduziert werden würden. Aber er sah ein, dass die Kneipe nicht der ideale Ort für ein solch vertrauliches Gespräch war.
Sie zahlten.
»Und wenn du bis zum nächsten Mal nicht alles wieder so hergerichtet hast, wie es früher war, Bernd ...« Lindow schlug dem Wirt auf die Schulter, dass der zusammenfuhr. »Nichts für ungut!«
Als sie die Wohnung in der Feldstraße erreicht hatten, sagte Pinneberger: »Eins möchte ich festhalten: Ich will auf keinen Fall die Frage hören, ob wir auch bei deiner Kritikergruppe mitmachen. Sag es lieber gleich, willst du uns anwerben? «
Karl Schlink verneinte.
Seit dem Mord an Joe Davids, der niemals aufgeklärt worden war, hatte Schlink mit Pinneberger das Büro geteilt. Nun war mit einem Schlag die Situation verändert.
Drei Stunden stritten sie, vergaßen dabei zu trinken, wie es sonst nach dem Skatabend üblich war.
Marianne bestand darauf, dass Schlink aussprechen durfte. Sie selbst sei manchmal in der Gefahr, die Klamotten hinzuschmeißen, einfach den Dienst zu quittieren. »Was wir für billiges Geld machen, ist nichts anderes, als die Löcher im sozialen Netz flicken. Alle Gestrandeten her zu uns. «
Lindow wollte das nicht gelten lassen. »Wir haben Verbrechen aufzuklären, das tun wir. Wir haben Verbrecher zu fangen, das tun wir auch. Und wenn es manchmal von oben Einschränkungen gibt, Einmischungen, und ich weiß, wovon ich rede, dann ist das nicht zu ändern. Die haben die Hierarchie, wir haben zu parieren. «
Pinneberger verhielt sich still, sagte nicht viel. Er dachte darüber nach, was auf ihn zukommen würde, wenn Schlink sich an den Pranger stellte. Er malte sich in Gedanken aus, wer ihn anscheißen, wer ihm die Schuld in die Schuhe schieben würde.
Karl Schlink wurde unsicher. »Ich will mich wenigstens vor euch nicht verstecken, wenigstens ihr solltet es wissen, darum hab' ich gesagt, dass ich mitmache bei der Arbeitsgemeinschaft. Ihr seid mir eben nicht egal. Wenn ich an Dehmel denke oder Sönksen, mein Gott, was die von mir halten, ist mir wurscht. Aber irgendwann ist der Punkt gekommen, wo man das Schweigen brechen muss. «
»Gut gebellt, Löwe«, gab Lindow von sich, »wenn ich so jung wäre wie du, vielleicht ...« Er lächelte, fasste nach Karl Schlinks Hand, als wollte er sich mit ihm verbrüdern.
Dann erzählte der jüngste der vier Polizisten, warum er gerade jetzt der Meinung sei, dass man an die Öffentlichkeit gehen müsse. »Seitdem die Haushalte Einsparungen machen, leisten wir ohne Mehrbezahlung das Doppelte und dreifache. Die Stellen sind eingefroren, obwohl man weiß, dass die Kriminalität steigt. Es ist aber nicht nur ein ökonomischer Zwang, der uns drückt, die Auswirkungen sind in jedem Bereich zu spüren: im Kontakt zu den Kollegen, im aggressiven Verhalten gegenüber Tätern. Vor Jahren sah es so aus, als ob die Polizei in der Lage wäre, sich in eine offenere Institution mit weniger Hierarchie zu verwandeln. Jetzt sind wir wieder auf dem Rückmarsch, alles wieder an die Ausgangsplätze, und es kommt noch schlimmer. «
Als sie gegen drei Uhr morgens auseinandergingen, wussten sie, dass der Schritt ihres Kollegen Schlink sie die weiteren Skatabende beschäftigen würde.
Else Holzmann hatte sich einen genauen Plan zurechtgelegt. Sie wollte von Haus zu Haus gehen, sich als neue Nachbarin vorstellen, obwohl sie schon einige Zeit in diesem Eigenheim-Viertel wohnte, um dann vorsichtig auf den eigentlichen Punkt ihres Besuches zu sprechen zu kommen. Otto schickte sie aufs Revier. Die Sätze, die er dort von sich geben sollte, hatte sie mit ihm geprobt. »Du sagst erst einmal Dankeschön, und dann willst du mit der netten Polizistin sprechen, die sich so rührend um unser Problem gekümmert hat. Wenn sie kommt, bedankst du dich artig für ihren Einsatz und fragst gleich hinterher, was sie in der Angelegenheit zu tun gedenkt. Hast du das verstanden, Otto? « Ihr Mann nickte stumm.
Die Aluminium-Tür wurde nur einen Spalt geöffnet. »Wie kaufen nichts. «
»Ich möchte nichts verkaufen. Ich bin hier in der Straße eingezogen und wollte...«
»Kann jeder sagen. Verschwinden Sie! «
Die Tür fiel ins Schloss.
Else Holzmann las den Namen an der Türklingel. In geschwungener Schrift stand auf einem mit Rosen umrankten Stück Salzgebäck: »Stender«.
Sie ging weiter.