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Wie kommt ein Polizist dazu, den Helden zu spielen? Joe Davids, der gerade seine Be-förderung zum Oberkommissar erhalten hat, befindet sich in einer schwierigen Lage. Sein Privatleben wird zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen, er verschweigt Er-kenntnisse aus persönlicher Rücksichtnahme. Pinneberger rät ihm, so schnell wie mög-lich seine Fehler einzugestehen. Aber Davids ist schon auf dem Weg, seinen Fall zu lösen.
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Seitenzahl: 247
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Die Chop-Suey-Gang
Kriminalroman
von
Jürgen Alberts
Impressum:
Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency
Foto: fotolia.de
© 110th / Chichili Agency 2014
EPUB ISBN 978-3-95865-051-0
MOBI ISBN 978-3-95865-052-0
Urheberrechtshinweis:
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Wie kommt ein Polizist dazu, den Helden zu spielen? Joe Davids, der gerade seine Beförderung zum Oberkommissar erhalten hat, befindet sich in einer schwierigen Lage. Sein Privatleben wird zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen, er verschweigt Erkenntnisse aus persönlicher Rücksichtnahme. Pinneberger rät ihm, so schnell wie möglich seine Fehler einzugestehen. Aber Davids ist schon auf dem Weg, seinen Fall zu lösen.
Xiao Chens Hand zitterte. Er hielt den Revolver in seiner Linken, ohne zu zielen.
»Dreh diche um«, sagte er nervös.
Joe Davids hob die Arme, als er den Chinesen erblickte.
Es war nicht der richtige Ort für ein Duell, sie standen in der Herrentoilette des Peking-Restaurants.
»Das ist kein Spielzeug«, Davids grinste.
»Iche weiß«, erwiderte Xiao Chen.
Nur einmal hatte er den Besitzer wütend gesehen, da waren seine Augen wirklich gelb geworden. Jetzt hatte er den Eindruck, dass der kleine Chen eher ängstlich wirkte. Der Revolver war, ein viel zu groß geratenes Spielzeug.
Davids ließ die Arme sinken, schüttelte sein Glied mehrfach, bevor er es in die Hose zurückschob.
»Wo haste den her?«
»Besorgte, war ganz einfach«, Xiao Chen hielt ihm die Waffe hin.
Joe Davids ging zum Spülbecken und wusch sich die Hände.
»Waffenschein?«, fragte er routinemäßig.
»Ne, brauchte man den?«
»Du bist hier nicht in den USA, Xiao Chen«, Davids trocknete sich die Hände ab, dann griff er zur Waffe des Chinesen.
Ein Korth-Revolver, seltenes Stück, Präzisionswaffe, Kaliber 38, Combat special, double action.
»Und wen willste jetzt umlegen?«
»Nur Schutz.«
»Können wir nicht woanders reden, hier stinkt's.« Joe Davids ging zur Tür.
»Biste verrückt, die Gäste.« Der Besitzer hielt ihn auf. Er stemmte sich gegen Davids. »Iche kriege Besuch, heute Nacht, du musst bleiben, iche brauche dicke.«
»Wer, was, Besuch ... soll ich Zeuge sein, wie du dein Schießeisen betätigst?«
»Bitte, bleibe!«
In diesem Moment wurde die Toilettentür geöffnet, ein dicker Mann mit Vollbart, eine Glasnudel dekorativ am Schnäuzer, rief: »Was ist das hier, 'ne schwule Stehparty?«
Xiao Chen ließ den Revolver verschwinden, sagte: »Jeder musse mal ...« Dann drängte er sich an Davids vorbei und verließ die mickrige. Herrentoilette. Langsam ging der Polizist zu seinem Platz zurück. Er hatte seinen chinesischen Freund noch nie so erlebt, so verstört, trotz der Waffe, so aufgelöst und zittrig, seine Stimme, die sonst' eher melodiös war, abrupt, stockend. Seit sie sich vor einigen Monaten kennengelernt hatten, war Davids ein Freund der chinesischen Küche geworden. Manchmal ließ der Besitzer ihm besondere Gerichte hinstellen, mit einem Augenzwinkern, und manchmal wusste Davids nicht, was er aß, aber es schmeckte immer hervorragend. Er vergaß regelmäßig die Gerichte, wenn Xiao Chen ihm erklärte, was man speziell für ihn bereitet hatte. Sein Interesse an Essensfragen war so groß wie seine Zuneigung zu seinem Beruf: die hatte in den letzten Jahren ihren Nullpunkt erreicht.
Joe Davids trank sein Bier, hob die Hand, was der Kellner als Bestellung begriff.
Es war kurz nach elf, eigentlich hätte er nach Hause gehen müssen, aber die Bitte Xiao Chens ließ ihn bleiben. Er fühlte nach seinem Schulterhalfter. Seine Dienstpistole lag jedoch auf der Kommode neben der Tür, wo er sie bei Betreten der Wohnung stets ablegte. Nur das Halfter vergaß er meist auszuziehen. So einen Korth müsste man haben, dachte er.
Es gab einige Kollegen, die sich aus Spaß privat ein solches Schießgerät leisteten, manche, die das Geld besaßen, ließen sogar den Griff gravieren. Die Motive waren Hirsche und Frauen oder, was auch vorkam, beides zusammen. Doch so gut kannte er Xiao Chen, dass er wusste, zum Spaß hatte er den Revolver nicht angeschafft.
Wenigstens würde Pinneberger morgen nicht da sein, und es fiel nicht auf, wenn er etwas später zum Dienst kam. Ihr Verhältnis war zwar nicht angespannt, wie zu manchem anderen Kollegen; aber Pinneberger hatte sich allzu häufig beschwert, dass Oberkommissar Davids den Dienstbeginn mehr als vagen Hinweis verstand, statt tatsächlich pünktlich zu erscheinen. Pinneberger hatte den Mund nicht halten können, und so machte sich diese lässliche Sünde auf den Dienstweg, was zu einem Anpfiff von Kriminaldirektor Lang führte.
»Bleibste du?«, fragte Xiao Chen.
»Sicher, wenn du mich so freundlich bittest«, Joe Davids tippte auf die ausgebeulte Jackentasche.
Xiao Chen lächelte, dann ging er wieder seiner eigentlichen Tätigkeit nach. Er hatte das Lokal von seinem Bruder übernommen, dem die Hansestadt nicht gefiel und der lieber in Süddeutschland ein Lokal eröffnen wollte. Chen zahlte monatliche Raten an ihn, die Übergabe hatte keine Schwierigkeiten bereitet. Er war jeden Tag zur Stelle, vertrat die Meinung, wenn er nicht selbst anwesend sei, dann laufe das Geschäft nicht so gut. »Die klauen wie die Tiger«, hatte er mal zu Davids gesagt und damit seine beiden Kellner gemeint.
Der kleine Chen war erst sechs Jahre im Land, aber er hatte einen untrüglichen Riecher für deutsches Publikum. Er konnte servil sein, wenn ein Gast mit großem Geld und lauten Gesten sich hervortun wollte, konnte bescheiden sein, wenn die Küche gelobt wurde, auch wenn er von dieser europäisierten Art des chinesischen Essens nichts hielt. Das hatte er Davids oft genug zu verstehen gegeben. »Weißte, was das hier ist, ein billiger Fraß, sagte ihr doch«, Xiao Chen hatte dabei gelächelt, nicht mal überheblich, »und was das Tollste iste, was ihr am meisten bestellte, gibte es gar nichte, Chop Suey, was soll das sein? Wir Chinesen kennen nicht mal das Wort.« Und dann hatte er Davids ausführlich erklärt, dass ein Wort wie >Chop< in der chinesischen Sprache gar nicht gebildet werden kann.
Der neue Besitzer konnte aber auch elegant auftreten, eine ganz andere Rolle, wenn eine Hochzeit gefeiert oder eine große Tafel gehalten wurde, die einen solchen Besitzer sehen wollte. Dann war in seinem Element, trat auf und ab, gab leise Anweisungen, um später den Beifall der Gäste zu erhaschen. Nur seine steife rechte Hand versteckte er dann hinter seinem Rücken.
Joe Davids wurde müde.
Wenn er um zehn nicht den Heimweg angetreten hatte, kam er erst weit nach Mitternacht ins Bett.
Zwei Stunden später waren sie allein im Lokal. Die meisten Lichter gelöscht, nur neben der Kasse brannten drei mit rötlichen Schirmchen verhüllte Glühbirnen.
Sie sprachen nicht.
Obwohl sie ganz dicht beieinander saßen.
Joe Davids konnte hören, wie Xiao Chen manchmal die Luft anhielt, sein Atem stockte.
»Ich werde diche als meinen Geschäftspartner vorstellen«, hatte er gesagt. Das war schon eine Zeitlang her.
Joe Davids dachte nicht daran, nachzufragen, weil er wusste, der kleine Chen würde ihm keine genaue Auskunft geben. Er hatte in den letzten Monaten erfahren, dass sein chinesischer Freund ihn offen anlog, selbst dann, wenn jeder von beiden wusste, dass es sich um eine Lüge handelte.
Abwarten, dachte Davids, es wird schon was passieren.
Und wenn nichts passiert, umso besser.
Xiao Chen starrte geradeaus. Keine Regung.
Er musste den Revolver auf den Knien haben, denn Davids konnte sehen, wie die Stoffserviette auf dem Schoß eine Ausbuchtung hatte.
Wahrscheinlich werde ich ihn davon abhalten zu schießen, Davids dämmerte es, warum der Chinese ihn gebeten hatte, dazubleiben. Er will mich nicht als Zeugen haben, sondern als jemand, der ihn daran hindert, eine Dummheit zu begehen.
Joe Davids war gut ausgebildet. Seit er vor zwei Jahren aufgrund einer Ermittlung zum Sondereinsatzkommando ging, mit diesen rauen Burschen trainierte, hatte er seine Anstrengungen verdoppelt, körperlich fit zu sein. Gelegentlich lief er zehn Runden im Bürgerpark, ganz gleich, ob es kalt und regnerisch war, fuhr fünfzig oder mehr Kilometer mit dem Rad, wenn er einen Tag freihatte, und besuchte nacheinander Kurse für Jiu-Jitsu, Karate und Kung Fu-Techniken.
Sollen sie doch kommen, dachte er, wer immer es ist. Kurz nach eins betraten drei Männer das Peking-Restaurant.
Sie sprachen sehr leise mit dem Besitzer, der sich nicht von seinem Platz rührte.
Xiao Chen nahm die Brieftasche heraus, zupfte einige Tausender hervor und hielt sie über den Tisch.
Einer der Männer zählte nach.
Joe Davids auch, es waren sieben Scheine.
Dann drehten sie sich um, ohne noch etwas zu sagen. »Sie haben nichte mal nach dir gefragt«, Xiao Chen lachte auf. Ein spitzes Lachen.
So hell wie ein Glöckchen.
»Ich muss diese Kurse besuchen, das weißt du ganz genau, sonst kann ich mein Leben lang den trotteligen Oberkommissar spielen«, Fritz Pinneberger klappte die Reisetasche zu.
In der Feldstraße war schlechte Stimmung. Und das seit Stunden: Marianne Kohlhase hatte sich auf den gemeinsamen Urlaub gefreut, hatte die Reise detailliert geplant, und dann bekam ihr Freund den Marschbefehl: Seminar für polizeiliche Datenverarbeitung in Siegen.
Pinneberger hatte sich verteidigt, sprach von interessanten, neuen Möglichkeiten der Fahndung, von Prozessen, an denen er nicht vorbeigehen dürfe. Wenn er sich weigere, an solchen Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen, würde das übel vermerkt. »Du weißt ja, dass ich nicht gerade gut angesehen bin«, fügte er hinzu und zeigte mit dem Daumen nach oben. Er hatte sich für das Seminar einen leichten Sommeranzug gekauft, italienischer Schnitt, wollte nicht in seinem sonst so saloppen Aufzug erscheinen; sogar die Haare hatte er sich kürzer schneiden lassen, was Marianne zu der Bemerkung veranlasste: »Kurze Haare, kurzer Verstand.«
Seitdem sie ihr Examen in Sozialpädagogik gemacht hatte, war sie arbeitslos, was aber nicht hieß, dass sie nicht arbeitete. Sie hatte drei Jobs: Einmal servierte sie wieder in der >Roten Spinne<, mehrmals in der Woche, dann half sie freitags und samstags in einem Klamottenladen aus, und dann, ihre Lieblingsbeschäftigung, führte sie für ein Professorenehepaar deren Windhunde spazieren. Da war sie an der frischen Luft, und dieser Zeitvertreib wurde am besten bezahlt. Es war ein Kunststück gewesen, alle diese Verpflichtungen mit geeigneten Stellvertreterinnen zu besetzen, aber für die gemeinsame Reise war ihr das gelungen. Und nun kam ihr Polizeifreund und machte einen Strich durch die Reiseplanung. Sie war sauer.
»Ich reiß mir ein Bein aus, um das alles hinzukriegen, und du kannst plötzlich nicht. Scheiße ist das, verdammt noch mal«, sie war wütend.
Gleich wird sie die Tür schlagen, dachte Pinneberger, der einen Blick in den großen Spiegel warf. Echt fesch sah er aus. Würde seinen Vorgesetzten gut gefallen. Aber diesen Anblick wollte er denen nicht gönnen. Die Tür wurde zugeschlagen.
Fritz Pinneberger, der im letzten Monat seinen 35. Geburtstag feierte, wartete eine Minute, bis er sie wieder öffnete.
»Marianne, ich hab einen Vorschlag. Ich fahr' noch schnell ins Präsidium und sag' Bescheid, dass wir nach dem Seminar loswollen, was hältst du davon?«
Marianne stand am Fenster. So wie Matthies, sein früherer Chef. Die Hände auf dem Rücken.
Vorsichtig drehte er sie um.
Ihre Augen waren feucht.
Das unterschied sie vom Kriminalkommissar a.D. Aber den hatte er auch nie rumgedreht.
»Das wird nicht leicht sein, alles wieder zu verschieben«, sagte sie leise.
»Und mein Vorschlag?«
Er strich über ihr langes Haar, das in blonden Wellen auf die Schultern fiel.
»Geht das denn? Ich meine, die haben dir doch den Urlaub gestrichen, sozusagen ...«
Pinneberger schluckte, jetzt musste er ihr erzählen, warum man ihn zu diesem Seminar abkommandierte. Es war ein Platz freigeworden, und da solche Seminare mit immer der gleichen Teilnehmerstärke durchgeführt werden mussten, hatte man ihn dort angemeldet. Dazugab es das Beamtenverhältnis, dass die Hierarchie mit den Untergebenen ungehindert umspringen konnte. Was war da schon eine geplante Reise nach Italien?
»Und du hast dir das gefallen lassen?«, fragte Marianne ungewöhnlich laut, denn ihr Kopf war dicht, an Pinnebergers frisch frisiertem Schädel. »Ich werde mich nicht an dieses kurze Haar gewöhnen.«
»Was sollte ich denn machen?«
Da war der Streit wieder.
Genauso heftig wie vorher.
Pinneberger wartete darauf, dass wieder eine Tür zu flog.
»Also willst du nach Italien oder nicht?«, schrie er.
»Natürlich.«
»Und was machen dann zwei Wochen aus?«
Marianne sah ihn an: »Ich habe jetzt frei, verstehst du das nicht?«
Pinneberger blökte los: »Und ich in zwei Wochen, klar?!«
»Ich hab mich so darauf gefreut.«
»Und in zwei Wochen freust du dich nicht mehr?«
Seitdem sie zusammen waren, hatten sie eine Technik des Streitens entwickelt, die im Austausch von kurzen Sätzen bestand. Während andere Paare sich meist mit längeren Ausführungen gegenseitig bekämpften, hielten sie kurze Anwürfe für die ihnen angemessene Form. »Nicht mehr so doll.«
»Kannst du das nicht abstellen?«
»Was?«
Jetzt stockte der Oberkommissar, der seit Jahren auf seine Beförderung wartete.
Marianne setzte nach: »Siehst du, du weißt nicht, was du sagen wolltest. Weil du nichts zu sagen hast.«
Immer, wenn sie nicht mehr weiter weiß, dann wirft sie mir meinen Beruf vor, dachte er, sie hat sich nie daran gewöhnen können, dass ich ein Bulle bin.
Er ging zum Telefon, ließ sich mit Kriminaldirektor Lang verbinden. Es dauerte eine Zeitlang, bis er durchgeschaltet wurde.
»Hier Pinneberger, ich wollte nur mitteilen, dass ich meinen Urlaub nach dem Seminar in Siegen nehmen werde. Nur so können wir die Storno-Gebühren unserer Reise umgehen. Das wollte ich kurz mitteilen. Schönen Tag noch.«
Er legte auf.
Marianne kam auf ihn zu.
»Welche Storno-Gebühren?«, fragte sie, »wir haben doch gar nichts fest gebucht!«
Er sah sie streng an.
»Was meinst du, wie hoch die Kosten sind, die du verursachst, wenn ich nicht mit dir in Urlaub fahre. Das kann sich die Polizei nicht leisten.«
Das Telefon klingelte.
»Geh nicht ran«, sagte Pinneberger, »das wird der Chef sein, der begriffen hat, was ich ihm mitgeteilt habe.«
Sie ließen das Telefon klingeln.
Klaus Grünenberg hasste diese feierlichen Momente, aber da er im Mittelpunkt der kleinen Festivität stand, konnte er schlecht ausweichen.
»Ich will es ganz offen sagen, Herr Grünenberg, wir hatten nicht immer das beste Verhältnis zueinander, das wissen Sie selbst, und dennoch schätze ich Sie als Journalist von ganz besonderer Bedeutung, Sie haben mehr als einmal dafür gesorgt, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung voll inhaltlich zum Zuge kommt.«
Aus dem Munde des Verlagsleiters klingen diese Worte wie Falschgeld, wie faule Äpfel, dachte Grünenberg. In seinem Kopf tauchten die Bilder ihrer Auseinandersetzungen auf, einmal hatte er ihm einen Artikel vorgelesen, den man ihm heimlich umgeschrieben hatte. Da hatte der Verlagsleiter nicht reagiert, und von freier Meinungsäußerung war auch nicht die Rede gewesen. Ein anderes Mal war er in die Rätselecke versetzt worden, weil dem Chef ein Kommentar nicht passte. Voll inhaltlich zum Zuge. So, so.
»Aber wir wollen in dieser Stunde nicht an die missvergnügten Zusammentreffen denken, sondern an die Aufgaben, die vor Ihnen liegen, lieber Herr Grünenberg. Journalismus ist ja nicht, wie manche Leute immer meinen, ein Geschäft wie Sockenverkaufen oder Honigschleudern, wir stellen eine ganz empfindliche Ware her und verbreiten sie auf geeignetem Wege. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Bereitschaft zum Zuhören, zum Nachdenklichwerden, gerade auf dem Posten, den Sie nun bekleiden werden.«
Wo hat er nur dieses Sülzen gelernt? Grünenberg sah den bisherigen Chef des Lokalressorts an, der keine Miene verzog. Sein Vorgänger ging in Pension, und deswegen veranstaltete der Verlagsleiter Abschied und Willkommen in einem Aufwasch. Der Lokalchef hatte sein bestes Stöffchen aus dem Schrank geholt, am Revers prangte das kleine silberne Parteiabzeichen und darunter das ebenfalls silberne Sportabzeichen, das er vor seinem beruflichen Aufstieg erworben haben musste. Grünenberg war im Pullover angetreten.
»Immer wieder werden wir von der Presse gefragt, wer uns das Recht zu kritisieren gibt, woher wir die Befugnisse nehmen, auch einmal unbequeme Fragen zu stellen. Denn Sie, Herr Grünenberg, sind ja im Unterschied zu Ihrem Vorgänger jemand, der von diesem Recht Gebrauch machen will, das will ich offen benennen. Manchmal spricht man von der vierten Macht im Staat, die wir darstellen sollen. Aber es gibt eine ganze Menge Politiker, die uns diesen Anspruch streitig machen wollen.«
Insbesondere in der eigenen Partei, dachte Grünenberg, der langsam das Gefühl bekam, er müsse hier seine journalistische Konfirmation nachholen. Die Beförderung war für ihn völlig überraschend gekommen, wie ein Sommerschauer, er hatte sie anfangs sogar für einen Scherz gehalten, als Gerichtsreporter Mammen in seiner Redaktionsstube mit einem kleinen Tänzchen auftrat, einen artigen Knicks machte und sagte: »Du wirst Chef, Klaus.« Zwar wusste er, dass der Ressortleiter Lokales in Ruhestand ging, aber dass er dessen Nachfolge antreten würde ...
»Wir haben mit unserer Zeitung immer den Grundsatz beherzigt, niemandem weh und allen wohl, das soll auch in Zukunft so bleiben. Wenn wir kritisieren, dann stets im Interesse der guten Sache, niemals Personen angreifen, denen daraus Schaden entstehen könnte, aber immer für die Leser eintreten. Das ist eine Gratwanderung, meine Herren, das weiß ich selbst am besten, wir beschreiten mutig diesen gradus ad parnassem.«
Grünenberg war sich sicher, dass der Verlagsleiter längst den Gipfel erklommen hatte und entschieden für die seit Jahrzehnten im Stadtstaat herrschende Partei eintrat, aber wie schön solche Worte doch klangen. Sie standen in dem weitläufigen Büro des Verlagsleiters, das außer ein paar ausgelegten Exemplaren ihrer Tageszeitung und einem kleinen Block auf dem gläsernen Schreibtisch kein weiteres Stück Papier beherbergte. Der Blick über die Stadt mit ihren kupfergrünen Türmen, der Durchblick zum Fluss, die doppelspurige Straße, die sich wie ein Ungetüm durch die Häuser presste.
»Ich denke, wir werden auch in Zukunft eine gute Zusammenarbeit pflegen, und manches Mal auf Ihren bewährten Rat zurückgreifen, müssen, denn in Pension gehen, heißt ja noch längst nicht, keinen Kontakt mehr zum langjährigen Arbeitsplatz zuhaben. Nicht wahr, lieber Bollmann.«
Der Ressortleiter Lokales nickte.
Grünenberg fühlte sich unbehaglich; aber noch weniger mochte er in der Haut seines' früheren Lokalchefs stecken. Bin gespannt, was er zum Abschied überreicht bekommt.
Bollmann hob sein Glas. »Ich hatte keine schlechte Zeit hier, fast vierzig Jahre sind es geworden, die ich diesem Haus zur Verfügung stand, und ich muss sagen, etwas bewegt es mich doch, dass nun die Zeit zum Abschied gekommen ist. Ich hoffe nur, Herr Grünenberg, dass wir bei unseren gelegentlichen Treffen bleiben.«
Bollmann sah ihn an.
Es war Grünenberg äußerst peinlich, dass sein Lokalchef auf ihren wöchentlichen Zug durch die Kneipengemeinde zu sprechen kam. Wenn der Verlagsleiter davon wusste, gab das keinen Pluspunkt in der Akte:
Der Verlagsleiter, der ziemlich genau in der Mitte zwischen beiden stand, schaute genüsslich von einem zum anderen.
»Wir sollten etwas trinken, und dann werde ich das Geschenk überreichen.« Die Gläser stießen aneinander.
Was für ein blödsinniger Augenblick, dachte Grünenberg, womit hab ich es verdient, mit dem Verlagsleiter anzustoßen. Er freute sich auf die Sause mit den Kollegen aus der Redaktion, die für den frühen Abend anberaumt war. Aber jetzt erstmal das feine Getue.
Die drei Herren sahen sich an.
Bedeutungsvoll.
Obwohl alle Bedeutung von diesem Augenblick gewichen war.
Der eine war Chef und blieb es. Der zweite war Unterchef und ging. Der dritte wurde Unterchef.
»Ich habe sehr lange überlegt, was wir Ihnen schenken können. Und dann brachte mich meine Frau auf einen Einfall, den ich sofort in die Tat habe umsetzen lassen:«
Der Verlagsleiter ging zum Wandschrank und holte eine große Metallplatte heraus, die leicht golden glänzte.
»Nicht, dass Sie glauben, wir schwimmen im Gold, lieber Bollmann, aber das sind Sie dem Hause wert. Wissen Sie, was das ist?«
Bollmann las.
Dann schüttelte er den Kopf.
»Es ist die Mater Ihrer ersten Seite, die Sie vollverantwortlich als Lokalchef gestaltet haben. Ich habe mir die Zeitung heraussuchen und die Titelseite noch mal setzen lassen und das Ganze dann in Bleiguss mit einem feinen Goldüberzug herstellen lassen.«
Bollmann nahm das schwere Geschenk in Empfang.
Grünenberg wusste nicht, ob er jetzt gerührt oder belustigt sein sollte. Ein außergewöhnliches Souvenir war es auf jeden Fall.
Bollmann stammelte seinen Dank, fast unbeholfen für jemand, der sein Lebtag mit Worten umgegangen war.
»So etwas werden Sie auch erhalten können, Herr Grünenberg, wenn Sie wie Meister Bollmann auf Ihrem Posten stehen.«
So wurde aus dem Paradiesvogel Grünenberg, der sich mal mit lyrischen Ergüssen und unbequemen Schreiben einen eigenen Namen machte, der neue Lokalchef.
Die Aussicht auf das wertvolle Geschenk stimmte ihn nicht gerade fröhlicher.
Wolfgang Lindow räkelte sich gemütlich in seinem Bürostuhl. Er war stolz auf die Urkunde, die man ihm überreicht hatte; auch wenn sie vom deutschen Philatelistenverband und nicht aus dem Polizeipräsidium kam.
Der Hauptkommissar ließ sie den jungen Kollegen ausführlich studieren. >Ehrenurkunde< stand in geschwungenen Lettern auf dem weißlichen Karton.
>Für besondere Verdienste verleihen wir Kriminalhauptkommissar<, und dann der Name, in königsblauen Buchstaben, gesperrt geschrieben, >den Titel: Sammler ehrenhalber<.
Seit Lindow sich mit Sammeln von Briefmarken mit Polizeimotiven beschäftigte, hatte er neben der Tätigkeit im Wirtschaftsressort ein zweites Berufsfeld gefunden, das ihm diese Urkunde eintrug.
Er war der einzige Sammler in der Bundesrepublik, der mit diesem Spezialgebiet aufwarten konnte. Schon hatten sich alle einschlägigen Zeitschriften mit ihm befasst, oft erschienen Artikel mit seinem Bild und natürlich farbigen Abbildungen der schönsten Stücke seiner Sammlung. Wichtigster Wert war eine Briefmarke aus Südafrika, die zeigte, wie die weiße Polizei gegen schwarze Demonstranten vorging. Mit Handgranaten, deutlich zu erkennen.
»Sammler ehrenhalber«, sagte Lindow gedehnt, »kein schlechter Titel, was meinst du, Joe?«
Davids war froh, dass diese Urkunde ihm Zeit verschaffte, noch mal über seinen Plan nachzudenken.
In seinem Kopf war Tumult. Er hatte Xiao Chen versprechen müssen, mit niemandem und schon gar nicht im Polizeipräsidium darüber zu reden, was er mit angesehen hatte. Schutzgelderpressung, räuberische Erpressung, er kannte die Straftatbestände, aber der Chinese war sein Freund. Seit ein paar Wochen sogar sein bester Freund. Wenn er jetzt Lindow einweihte, dann musste er sehr vorsichtig sein.
»Was meint Lang dazu?«, fragte Davids mit einem Lächeln auf den Lippen:
»Unser Kriminaldirektor ist natürlich mächtig stolz, einen so verdienten Beamten, hat er gesagt, und auf einem so ungewöhnlichen Gebiet. Er hat seinen Pressemenschen angewiesen, noch eine Extra-Meldung über mich herauszugeben.«
Wolfgang Lindow grinste. Jetzt erst bemerkte Davids, dass der ganze Rummel um die Briefmarkensammelei den doppelt so alten Kollegen eher amüsierte. »Briefmarken, das sind die Kunstwerke des kleinen Mannes, hab ich mal formuliert, und da ist auch was dran«, sagte Lindow, jetzt lachte er.
Davids wollte das Büro schon wieder verlassen, nachdem er die Urkunde vorsichtig auf den Schreibtisch zurückgelegt hatte, als Lindow sagte: »Du bist doch nicht wegen diesem lächerlichen Stück Papier hergekommen, Joe. Oder irre ich mich da?«
»Nein, nein«, platzte Davids heraus, »ich wollte mir dir mal ...«
»Lass hören, beruflich oder privat?«
Lindow setzte sich gerade, aufmerksam, fast eine Spur zu ernst.
»Gehört eigentlich Schutzgelderpressung in dein Ressort?«
Ihm war nichts anderes eingefallen, und er konnte den Satz auch nicht ungesagt machen. Davids war verstört. Genau diese Situation hatte er vermeiden wollen. Aber die blöde Urkunde hatte sein Konzept durcheinandergebracht.
»Weiß ich gar nicht. Wieso fragst du?«
Lindow kratzte sich am Kopf.
»Nur so. Ich hab da was läuten hören ...«
Joe Davids stand wie ein Schuljunge vor dem Schreibtisch, in Erwartung der gerechten Bestrafung.
»Schutzgelderpressung. Ich kenne gar keinen Fall. In unserer Stadt?«
»Nein, nein«, wiegelte Davids ab, der krampfhaft überlegte, wie er aus diesem Raum hinauskam.
»Joe, mir fehlt für Rätselspiele die Zeit. Was weißt du, oder was hast du läuten gehört?«
»Ich wollte mich mal erkundigen, weiß zu wenig, um damit etwas anfangen zu können.«
Wolfgang Lindow schüttelte den Kopf.
»Organisiertes Verbrechen, davon reden die vom BKA gelegentlich. Aber eigentlich ist das mehr Italien, Mafia und so. Soll in Hamburg mal einen Fall gegeben haben, mit Restaurants, ach ja, da wollte einer sogar auspacken vor Gericht, aber dann hat er während der Verhandlung gekniffen. Ganz schwieriges Pflaster. Und für uns ist meistens auch nichts drin.«
»Wieso?«, unterbrach ihn Davids, der froh war, dass Lindow seine Nachfragen eingestellt hatte.
»Die halten die Klappe, ganz einfach. Wo kein Kläger ... zahlen lieber, ist doch klar. Keiner weiß was, keiner hat was gesehen, keiner redet. Wo sollten wir da eingreifen?«
»Ich verstehe.« Der Oberkommissar nickte verständnisvoll. Was für ein modernes Büro Lindow hatte im Gegensatz zum altmodischen Mobiliar der Mordkommission. Und dabei war er damals strafversetzt worden.
»Ach ja, Wuppertal, da ist so eine Bande am Werk gewesen, ich glaub, letztes Jahr, oder schon 78 war das, fünfzig Mann soll´n das gewesen sein, jugoslawisch-italienische Zusammenarbeit, überregional organisiert, die flogen mal einen Killer ein, der nach der Tat sofort das Land wieder verließ. Es ging um räuberische Erpressung.
Joe Davids zog an seiner blassblauen Krawatte. Ihm war klar, dass er keine weitere Frage stellen würde, sonst müsste er alles verraten, und er hatte Xiao Chen versprochen, nichts zu sagen.
In diesem April zeigte die Hansestadt mal wieder, was sie aus einem Frühlingstag machen konnte: Schmuddelwetter, diesmal in der nassen Variante, und kühl war es dazu.
Den ganzen Tag lang hatte sich Davids mit dem Mordfall Scholz befassen müssen, dreihundert Spurenhinweise und nicht ein brauchbarer. Anknüpfungspunkt.
Ein Mann war in seinem Auto ermordet worden, der Wagen abgeschlossen, keine Spuren von gewaltsamem Eindringen, der Schlüssel steckte im Zündschloss, der Obduktionsbefund ließ auf Vergiftung schließen. Der Wagen stand in der Innenstadt.
Als hätte ihm diese schwierige Aufgabe nicht gereicht, bekam er nachmittags um drei, kurz vor Dienstende, den dienstlichen Auftrag, bei einer abendlichen Durchsuchung im Viertel anwesend zu sein. Er hatte um 22 Uhr anzutreten.
Joe Davids war sauer. Nicht so sehr, weil er Xiao Chen absagen musste, sondern weil diese Doppelschichten zunahmen.
»Was soll ich denn dabei, wenn ihr Razzia fahrt?«, hatte er nachgefragt.
»Man kann nie wissen«, kam die knappe Antwort.
Davids wusste, dass der Landeskriminalrat hinter diesen, wie er sie nannte, Überraschungseinsätzen stand. Denn seine Kampagne >Dealer sind Mörder< war auf Kritik gestoßen, sogar in den eigenen Reihen. Jetzt hoffte er, durch Großeinsätze ein paar von diesen Herrschaften zu fangen.
Kurz vor 22 Uhr stand er auf dem Ostertorsteinweg zusammen mit fünfundsiebzig Beamten, direkt neben dem Wagen des Einsatzleiters, in dem auch der Landeskriminalrat saß, verdeckt hinter einer kleinen Gardine.
»Rapka, Kuhlebert, sperren Sie die Hinterfront ab. Und wehe, wenn da jemand rauskommt! Und dann ein bisschen plötzlich.«.
Der Einsatzleiter gab seine Befehle so laut, dass die ganze Straße mithören konnte.
Die beiden Streifenwagenpolizisten setzten sich in Trab, langsam, als hätten sie die Anweisung nicht gehört.
Der dicke Rapka griff sicherheitshalber noch mal zur Pistole, sie saß stramm an der Koppel.
Der hochaufgeschossene Kuhlebert sah stur geradeaus.
Sie schlenderten um den Häuserblock, nahmen den Durchgang einer Passage und stellten sich auf.
»Kommt doch sowieso keiner«, sagte Rapka, »ich würde zu gern wissen, wie so ein Laden von innen aussieht.«
»Geh doch rein!«, erwiderte Kuhlebert, der mit seinen zwanzig Jahren zwar diesen Teil der Stadt nicht mochte, aber gelegentlich mal so einen Schuppen betrat.
»Biste verrückt, als Polizist«, Rapka schüttelte den Kopf.
»Ja, mit gezogener Pistole, Hände hoch, alles an die Wand, und dann sich mal ganz ruhig umsehen.«
Kuhleberg wusste, was er an seinem Kollegen hatte den altmodischsten Gesprächspartner, den ihr Revier bieten konnte. Und planmäßig fuhr Rapka aus der Haut, er solle diesen Quatsch lassen, schließlich seien sie im Dienst.
Joe Davids vertrat sich die Füße.
Er stand rum. Blickte in die Straße, während im Lokal ein mächtiges Gezeter losging.
»Was soll ich denn tun?«, fragte er den Einsatzleiter.
»Abwarten«, gab der zurück, »stören Sie jetzt nicht. Ich hänge am Kabel.« Über Kopfhörer hatte der Einsatzleiter Verbindung mit einem Polizisten, der aus dem Lokal einen Lagebericht gab.
Joe Davids steckte seinen Kopf in den Einsatzwagen. Der Landeskriminalrat legte den Finger auf den Mund und grinste ein wenig. Auch er hörte mit.
Es hatte etwas von einem Indianerspiel mit elektronischem Gerät, zwei hochbesoldete Männer auf der Lauer.
Ein Polizist riss die eichene Lokaltür auf.
»Drei Mann durch den Hinterausgang verschwunden.«
Sofort sprach der Einsatzleiter Rapka an. »Bitte kommen.«
»Ja, Rapka.«
»Melden Sie sich das nächste Mal anständig, Kollege. Haben Sie die drei Männer gesehen, die durch den Hinterausgang entwischen wollen?«
»Hier ist alles ruhig«, erwiderte Rapka.
»Das kann doch nicht sein.«
»Kommen Sie her und überzeugen Sie sich selbst.« Der Einsatzleiter schickte Davids los: »Tempo, Mann, das sind die Gesuchten, bestimmt!«
Joe Davids lief los, wenigstens eine Betätigung bei diesem Einsatz. Drei Minuten später fand, er die beiden Streifenbeamten, die an die Hauswand gelehnt rauchten.
»Seid ihr noch ganz dicht? Ihr sollt den Hinterausgang observieren, verdammte Scheiße, und der ist dahinten!« Davids rannte weiter.
Standen die beiden Schupos an der falschen Ecke. Immerhin liefen sie jetzt hinter ihm her.
Die drei Männer konnten sich überall verstecken, war gar keine Schwierigkeit. Jedes dieser Häuser hatte einen Keller, eine offene Tür, und schon waren sie verschwunden.
Da hätte eine Hundertschaft nicht ausgereicht. Joe Davids gab auf.
Er blies die Jagd ab.
»Volltrottel«, zischte er.
»Langsam, langsam, Herr Obermotz«, erwiderte Rapka keuchend, »wenn keine klaren Befehle kommen, dann ...«
»Aber Sie wussten doch, welches Lokal wir einsatzmäßig im Auge hatten?«
»Die sind aber rückwärtig nicht bezeichnet, nicht wahr?« Diesmal entschuldigte sich Kuhlebert.
Joe Davids wusste genau, worauf die beiden hinauswollten.
Er hatte keine Lust, sich mit ihnen anzulegen. Sie kamen ihm irgendwie bekannt vor, aber er konnte sich nicht erinnern, wo er dieses Gespann schon mal getroffen hatte.
»Ich halt die Klappe, o.k.?«
»Recht so«, gab Rapka zurück.
Dann liefen sie zurück zum Einsatzwagen.
Polizeipräsident Mantz saß zur gleichen Zeit in seinem Büro und pfiff leise vor sich hin. Die Passage, die er gerade diktiert hatte, gefiel ihm gut. Irgendwie, dachte er, hätte ich auch eine Karriere als Schreiberling machen können.