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Frage dich, wie du eine Stunde Zeit gewinnen kannst…
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Mareike Müller hat viel größere Probleme als die Tatsache, dass ihre Uhr um 15.57 Uhr stehenblieb. Als sie ihre Uhr zu einem freundlichen Handwerker bringt, lernt sie, dass sie einen besonderen Preis gewonnen hat, eine Chance, eine einzige Stunde ihres Lebens erneut zu leben. Doch Fate hat strenge Regeln, wie man sich in der Vergangenheit zu verhalten hat, einschließlich der Warnung, dass sie nichts tun darf, das ein Zeitparadox verursacht. Kann Mareike Frieden mit dem Fehler machen, den sie in dieser Welt am meisten bereut?
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Seitenzahl: 64
DER UHRMACHER
(Ein Kurzroman)
von
Anna Erishkigal
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Deutsche Ausgabe
Copyright 2014, 2017 von Anna Erishkigal
Alle Rechte vorbehalten
Frage dich, wie du eine Stunde Zeit gewinnen kannst…
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Mareike Müller hat viel größere Probleme als die Tatsache, dass ihre Uhr um 15.57 Uhr stehenblieb. Als sie ihre Uhr zu einem freundlichen Handwerker bringt, lernt sie, dass sie einen besonderen Preis gewonnen hat, eine Chance, eine einzige Stunde ihres Lebens erneut zu leben. Doch Fate hat strenge Regeln, wie man sich in der Vergangenheit zu verhalten hat, einschließlich der Warnung, dass sie nichts tun darf, das ein Zeitparadox verursacht. Kann Mareike Frieden mit dem Fehler machen, den sie in dieser Welt am meisten bereut?
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"Ein scharfsinniges Märchen. Das Verändern des Moments, den man zutiefst bedauert, ist eine Chance, die man nur einmal erhält!" Leserbesprechung
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"Eine sehr bewegende und dramatische Geschichte. Wenn wir eine Chance hätten, unsere Vergangenheit zu ändern, würden wir es tun?" Leserbesprechung
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"Ein ergreifendes Leseerlebnis über ein Thema aus der nordischen Mythologie. Zeit ist ein Geschenk und manchmal eine letzte Chance …" Dale Amidei, Autorin
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Was, wenn du es nochmal tun könntest?
Ich widme dieses Buch Onkel Hubert, einem gütigen Mann, der sein Leben der Erhaltung kleiner, sinnvoller Dinge widmete. Wir sind sicher, dass es im Himmel glatt laufen wird, weil du die Zahnräder ölst.
Beschreibung
Hingabe
Inhaltsverzeichnis
Mareikes Reise
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Die Nornen von H.L.M.
Die Nornen
Einen Moment Ihrer Zeit bitte…
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Über den Autor
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Urheberrecht
Die Uhr blieb am Mittwoch, den 29. Januar, um 15.57 Uhr stehen. Es war ein gewöhnlicher Tag, voller Sorgen darüber, ob ich es rechtzeitig zur Bibliothek auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses schaffen würde, um mich näher mit einer Seminararbeit zu befassen. Ich hatte kein Gefühl von Verlust oder überwältigender Angst, denn ich wusste schon mein ganzes Leben lang, wie man mit diesen beiden Emotionen umgeht. Ich hatte nur das Gefühl, dass mir plötzlich die Zeit abhandengekommen war. Ich muss wohl noch zwanzig Mal auf die Uhr gestarrt haben, ehe ich merkte, dass die Zeiger der Uhr an der Wand in die Zukunft gewandert waren, während meine Armbanduhr am Handgelenk um 15.57 Uhr stehengeblieben war.
Ich starrte aus den Fenstern, als der Bus an der Textilfabrik vorbeifuhr, die hinter dem Boardinghouse Park wie eine riesige, rote Backstein-Zitadelle aufragte. Ein waidmannsgrüner Pavillon stand verlassen da, in Schnee eingehüllt wie in ein Totenhemd. Eiszapfen glitzerten zart in den Gitterfenstern wie die Tränen eines Engels. Josh hatte mich einmal dorthin zu einem Konzert mitgenommen, eines der kostenlosen, als es noch warm genug war, um draußen zu sitzen. Ich klammerte meine Faust an meine Brust und zwang mich, aus dem gegenüberliegenden Fenster zu sehen. Dabei tat ich so, als würde ich Interesse an der Fachoberschule zeigen, damit der ehrwürdige alte vietnamesische Mann auf der anderen Seite des Ganges nicht dachte, ich würde ihn anstarren.
Der Bus fuhr um die Ecke, vorbei an der Zeile dreistöckiger Pensionen, die in einer Stadt, die heute aus Schaufenstern und Büroräumen besteht, irgendwie fehl am Platz wirkten. Während der industriellen Revolution hatte eine ganze Generation von Frauen die Farmen verlassen, um in den Textilfabriken zu arbeiten, genauso wie junge Menschen heute ihre Kleinstädte verlassen, um die Universität zu besuchen, die beiderseits der Flüsse lag. Damals wie heute gab es in den massiven Ziegelgebäuden entlang der Kanäle Arbeitsplätze. Nur produzierten diese Mühlen nun den Schussfaden nach High-Tech-Art: Technologie-, Wissenschafts- und Ingenieurjobs.
Ich fummelte an der Uhr und sagte mir in Gedanken, dass meine Entscheidung richtig gewesen war. Ich war in diese Stadt gekommen, um ein besseres Leben zu führen; ich wollte der Falle entkommen, in die meine Mutter durch eine frühe Heirat und zu viele Kinder geraten war. Ich war eine mustergültige Studentin mit einer soliden Praktikumserfahrung. Ich war erst zweiundzwanzig. Ich sah mein ganzes Leben vor mir. Warum, warum nur tat es so weh, richtig zu liegen?
Der Bus ließ mich am Woolworth-Gebäude aussteigen. In den vier Jahren, die ich an der University of Massachusetts Lowell studierte, hatte es hier nie ein Warenhaus gegeben. Die Straßen waren voller gereizt wirkenden Fahrer, die unbedingt nach Hause zu ihren Familien kommen wollten. Der Bus fuhr weiter und ließ mich in einem Schneehaufen stehen, in einem Stadtzentrum, das bereits damit begonnen hatte, für den Abend zu schließen. Das blasser werdende Sonnenlicht schien auf eine riesige grüne Uhr, die auf einem mit Grünspan überzogenen Pfosten stand, ihre schwarzen Zeiger zeigten auf 15.45 Uhr. Noch zwölf Minuten? Nein! Die Vergangenheit war in der Vergangenheit. Ich wandte ihr den Rücken zu und eilte weg, drehte an meiner Uhr, während ich meinen Mantel enger um meinen Hals zog.
Steinsalz knirschte unter meinen Stiefeln, als ich die Central Street hinaufschritt. An der Stelle, wo der Gehsteig den Lower Pawtucket Canal überquert, rutschte ich aus und landete um ein Haar flach auf dem Rücken. Eine Gruppe aus Eisschollen schoss in dem Augenblick unter der Brücke hindurch und verlieh dem teilweise geschmolzenen Schnee darauf den Glanz von schwarzem Eis. Ich hielt mich am frisch gestrichenen Geländer fest und war dankbar, dass die Stadt die neue Brücke vor dem Wintereinbruch fertiggestellt hatte, denn das hätte sonst einen Umweg von mehreren Kilometern für mich bedeutet. In einer Stadt, die von Einbahnstraßen, zwei Flüssen und einem Netzwerk aus Kanälen geprägt ist, werden alle Entfernungen nicht als Luftlinie gemessen, sondern wie weit man gehen muss, um zur nächsten Brücke zu gelangen.
Bis zu dem Gebäude, welches MapQuest als mein Ziel markierte, waren es fünf Blöcke, vorbei an Kleinunternehmen, die ums Überleben kämpften. Auf dem Weg wurde ich mehr als einmal begrüßt, aber ich hielt meinen Kopf gesenkt, aus Furcht, ein ängstlich wirkender Blickkontakt könnte als Einladung zu Gewalt verstanden werden. Ein vierstöckiges Backsteingebäude mit einem schwarzen Mansarddach verlief anmutig in einem sanften, feminin geschwungenen Bogen um die Ecke Central und Middlesex Street. Ich nahm den kleinen weißen Kasten aus meiner Handtasche und las die goldenen Buchstaben in einer beinahe weiblichen Schreibschrift: "Martyn Juweliere". Das war der Ort. Hier hatte Josh die Uhr für mich gekauft.
Wie die meisten Ladenzeilen im Lowell National Historical Park war das Gebäude durch eine Restauration in den Glanz des viktorianischen Zeitalters zurückversetzt worden, mit bescheidenen Glasfenstern, die von dicken, schwarz lackierten Holzverkleidungen umrahmt waren. Auf einem dieser Fenster stand ein großes, handgeschriebenes Schild 'Ausverkauf wegen Ruhestand', darunter befand sich ein kleineres Schild, das, wie ich es gehofft hatte, besagte, dass hier Uhren repariert werden.
Ich stieß die Tür auf und zuckte zusammen, als Klingelglocken mein Eintreten verkündeten. Mir schien, der Laden war einst die Lobby zu den oberen Stockwerken. Entlang der Außenwände standen quadratische Glaskästen. Drei waren leer, aber in den verbleibenden zwei waren Armbänder und Schmuckstücke ordentlich auf Abstand arrangiert. Es sollte wohl so aussehen, als ob es hier mehr Inventar gäbe, als wirklich da war.
Ein hochgewachsener, weißhaariger Mann beugte sich über den Verkaufstresen und lauschte aufmerksam einer Frau, die lebhaft mit ihren Händen gestikulierte. Ihrem glatt fallendem schwarzen Haar und schwerem Akzent nach stammte sie aus Südostasien, vielleicht Kambodscha oder Vietnam. Der Uhrmacher trug ein kleines Monokel, das an seine Brille geschnallt war und spähte hindurch auf das, was die Frau so in Aufregung versetzt hatte.