Der Weg zum Kraftfahrzeug Sachverständigen - Nico Michaelis - E-Book

Der Weg zum Kraftfahrzeug Sachverständigen E-Book

Nico Michaelis

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Das Lehrbuch ermöglicht dem Leser die ersten Schritte in ein von ihm angestrebtes Berufsfeld zu ermöglichen. In diesem Band werden die Grundlagen der Tätigkeit eines Kraftfahrzeug Sachverständigen beschrieben und die Lerninhalte durch fachbezogene Fragen erörtert und beantwortet. Der Leser unterzieht sich mit dieser Lektüre eines Selbststudiums und kann durch gezielte Aufgabenstellung sein Wissen vertiefen. Detaillierte Beschreibungen zum Erstellen eines Gutachtens sind ebenso enthalten, wie die allgemeinen Anforderungen, die an ein Gutachten gestellt werden. Durch klare Gliederung im Aufbau kann der zukünftige Sachverständige die Thematik in seinem Berufsfeld aufnehmen und durch die Vorlage einbinden. Die gesetzlichen Grundlagen sind Bestandteil dieses Werkes. Ebenso wird der Leser über die wirtschaftliche Abwicklung informiert. Immer wieder wird der Inhalt durch verschiedene Lerneinheiten vertieft und zur Selbstkontrolle abgefragt.

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Der Weg zum Kraftfahrzeug Sachverständigen

Imprint

Der Weg zum Kraftfahrzeug Sachverständigen

Der Kfz-Sachverständige, Band 1

Nico Michaelis

[email protected]

Copyright: © 2013-2018 Nico Michaelis

ISBN: 978-3-955773-04-5

Achtung

Dieses Werk, einschließlich aller darin enthaltenen Teile, unterliegt dem Urheberrechtsschutz. Alle Rechte vorbehalten.

1. DIE TÄTIGKEIT DES KFZ-SACHVERSTÄNDIGEN

1.1 CHANCEN UND RISIKEN

Schätzungsweise 5.000 selbständige Kfz-Sachverständige aller Fachrichtungen sind derzeit in der Bundesrepublik tätig. Der überwiegende Teil dieser Sachverständigen ist nicht öffentlich bestellt und vereidigt, etwa 1.500 sind in den Berufsverbänden organisiert.

Obwohl die Konkurrenz (besonders von Vereinigungen wie TÜV und DEKRA, aber auch von angestellten Prüfern der Versicherungsgesellschaften) nicht unerheblich ist, geben Fachleute dem erfahrenen Kfz-Experten durchaus Chancen. In besonderem Umfang gilt das für den Aufgabenbereich "Unfallrekonstruktion". Nur 5% der Kfz-Sachverständigen sind ausschließlich auf diesem Gebiet tätig, das auch erhöhte Anforderungen an die Fachkenntnisse stellt.

Die Fahrzeug- bzw. Schadensbewertung dagegen reizt zahlreiche Führungskräfte aus dem Kfz-Gewerbe, die in ihrem angestammten Tätigkeitsfeld in Handwerk und Industrie keinen angemessenen Arbeitsplatz finden. Die meisten Existenzgründer versuchen, eine wirtschaftlich tragfähige Existenz allein auf diesem Feld der Sachverständigentätigkeit aufzubauen. Zum einen lässt der Gebrauchtwagenmarkt einiges für den Sachverständigen erwarten, wie zum Beispiel verstärkte Kontrollaufgaben im Rahmen der verschärften Umweltschutzgesetzgebung. Auch die Bewertung von Leasingfahrzeugen nach Ablauf der Verträge, deren Zahl ebenfalls ständig steigt, fällt in dieses Aufgabengebiet. Hier sind nicht nur Pkws, sondern auch kostspieligere Lkws und Sonderfahrzeuge auf dem Markt.

Zum anderen sehen Praktiker in der Öffnung des § 29 und des § 19 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) für freiberufliche Sachverständige neue Chancen. Der § 29 legte bisher die regelmäßige Untersuchung von Kraftfahrzeugen in die Hände des TÜV oder von ihm beauftragter Werkstätten. Schon die Einführung der unter TÜV-Hoheit ausgeführten freiwilligen Kfz-Überwachung hatte gezeigt, dass die Kunden durchaus bereit waren, den TÜV mit anderen Institutionen zu vertauschen. Aus der Öffnung des Par. 29 StVZO ergibt sich nun, dass die freien Sachverständigen ebenfalls die Kfz-Kontrolle und die Vergabe der Plakette vornehmen dürfen. Vor allem in ländlichen Regionen, wo die Kontrollstellen für den TÜV unrentabel sind, können freie Gutachter diese Aufgabe schneller und effizienter durchführen.

1.2 INFOS ZUM EUROPÄISCHEN BINNENMARKT

Für Fragen im Zusammenhang mit dem Europäischen Binnenmarkts ist das "Europa-Telefon" im Bundesministerium der Finanzen eingerichtet worden, bei dem Sie auch Adressen von EU-Beratungsstellen in Ihrer Region erfahren können.

Auch über die Banken erhält man Informationen über den Europäischen Binnenmarkt. GEBI, die EU-Beratungsstelle des Genossenschaftlichen Finanzverbundes, wurde für die Bedürfnisse der kleineren und mittleren Unternehmen gegründet. Die GEBI gibt diverse Broschüren und Monatsbriefe heraus und unterstützt Unternehmer bei der Beschaffung von Informationen über Märkte und Branchen in Europa, Investitionsmöglichkeiten und Fördermittel in den europäischen Ländern, Adressmaterial, Kontaktaufnahme mit Lieferanten und Abnehmern.

1.3 RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN

Die Bezeichnung Kfz-Sachverständiger oder Gutachter ist nicht gesetzlich geschützt. Jeder kann ohne besondere behördliche Erlaubnis oder Prüfung diese Bezeichnung führen. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige dagegen, der Fachwissen, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleisten soll, muss sich einer Prüfung bei der zuständigen Industrieund Handelskammer oder Handwerkskammer stellen.

Die Voraussetzungen für eine Vereidigung sind:

Vollendung des 30. Lebensjahrs,

Qualifikation als Kfz-Meister oder Diplom-Ingenieur bzw. eine vergleichbare Ausbildung,

ausreichende Praxiserfahrung im Fachbereich und als Sachverständiger

Prüfung der Fachkenntnisse durch einen Ausschuss der Kammer (sofern die Sachverständigenordnung dies vorsieht),

Vorlage bereits erstellter Gutachten.

Die Bestellung erfolgt auf Widerruf und wird von der zuständigen Körperschaft periodisch verlängert, wenn dem nichts entgegensteht. Ein Widerruf der Vereidigung kann zum Beispiel wegen eines Verstoßes gegen das Werbeverbot ausgesprochen werden oder auch, wenn gegen den Sachverständigen ein Strafverfahren angestrengt wird.

Die gewerberechtliche Einordnung des Kfz-Sachverständigen ist derzeit umstritten. Diplom-Ingenieure in dieser Funktion werden in der Regel als Freiberufler im Sinne des "beratenden Ingenieurs" eingestuft. Selbständige, die ihre Qualifikation im Handwerk erworben haben, werden von Finanzämtern aber aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18.6.1980 zunehmend als Gewerbetreibende behandelt und damit auch bei der Gewerbesteuer zur Kasse gebeten.

Ob man im Einzelfall ein Gewerbe anmelden muss oder nicht, sollte man beim zuständigen Finanzamt klären. Die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit muss dem Gewerbeamt mitgeteilt werden. Zuständig ist die Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Das Finanzamt muss über die Aufnahme der Geschäftstätigkeit informiert werden. Es erteilt dem Betrieb daraufhin eine Steuernummer. Freiberufler müssen also lediglich das Finanzamt benachrichtigen.

Werden Angestellte beschäftigt, so muss innerhalb von acht Tagen nach Betriebseröffnung die Berufsgenossenschaft verständigt werden, die alle Beschäftigten gegen Unfall und Berufskrankheiten versichert.

1.4 BERUFSBILD UND QUALIFIKATION

Die Bewertung eines Unfallschadens, die Rekonstruktion des Unfallgeschehens und damit die Ermittlung der Unfallursache sowie die Bewertung des technischen Zustands eines Fahrzeugs im weitesten Sinne gehören zu den Aufgaben von Kfz-Sachverständigen. Zur Erfüllung ihrer Pflichten benötigen sie umfassende technische Fachkenntnisse, verkehrs- und versicherungsrechtliches Wissen und die Fähigkeit, ihre Ermittlungen und Berechnungen in klarer, dem Laien verständlicher Sprache weiterzugeben. Insbesondere für die Klärung von Sachverhalten in gerichtlichen Auseinandersetzungen werden Sachverständige herangezogen.

Im Allgemeinen bringen Kfz-Sachverständige eine Ausbildung zum Kfz-Meister oder das Ingenieurstudium der entsprechenden Fachrichtung mit und haben schon Erfahrungen in der Praxis gesammelt, bevor sie sich selbständig machen. Die Praxis zeigt, dass Kfz-Meister oder Techniker hauptsächlich in der Bewertung von Unfallschäden oder in der Wertermittlung von Gebrauchtfahrzeugen tätig werden, während der Bereich Unfallrekonstruktion mathematische und physikalische Fachkenntnisse aus dem Hochschulstudium erfordert.

1.5 AUFNAHMEBEDINGUNGEN DER BERUFSVERBÄNDE

Ordentliches Mitglied in den Verbänden kann nur werden, wer sein fachliches Können nachgewiesen hat oder eine Prüfung vor einem verbandsinternen Fachausschuss abgelegt hat.

Bei der Sachkunde wird im Hinblick auf die späteren Tätigkeitsfelder zwischen "Kfz-Schäden", "Kfz-Bewertung" und "Unfallrekonstruktion" unterschieden.

Es werden Kfz-spezifische Kenntnisse im technischen Bereich, Fahrdynamik, Fahrzeug- und Karosseriebau, Richtmöglichkeiten, Lackierung, aber auch juristische und versicherungstechnische Grundkenntnisse verlangt.

Im Bereich Unfallrekonstruktion kommen naturwissenschaftliche Fragen hinzu.

Der Bewerber muss elementare Zusammenhänge in Festigkeitslehre, Statik und Dynamik kennen, Verfahren im Kfz-Bau, Funktion der Fahr- und Antriebsaggregate, Reifenkonstruktion und vieles mehr.

Daneben muss der Bewerber seine persönliche Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit nachweisen und sich der Satzung und Ehrenordnung unterwerfen. Die Verbände fordern laufende Weiterbildung und unterstützen ihre Mitglieder mit dem Angebot eigener Seminare. Sie fördern auch die Bemühungen um eine öffentliche Bestellung durch die zuständigen Kammern und bieten Fachseminare an, die auf die Prüfung vorbereiten.

1.6 LEISTUNGSPROFIL UND AUFGABEN

Sachverständige werden benötigt zur Begutachtung von Schäden an Kraftfahrzeugen, Ermittlung von Schadensursachen und für die Rekonstruktion von Verkehrsunfällen. Hinzu kommt eine beratende Tätigkeit des Sachverständigen.

Die Unfallbegutachtung umfasst die Ermittlung der Instandsetzungskosten, die Festlegung einer eventuell eingetretenen Wertminderung bzw. Feststellung von Totalschäden mit Errechnung von Zeitwerten und Wiederbeschaffungskosten. Die Rekonstruktion des Unfallhergangs erlegt dem Sachverständigen eine besondere Verantwortung auf, weil vom Gutachten häufig der Ausgang gerichtlicher Strafverfahren und erhebliche wirtschaftliche Belastungen des Schuldigen abhängen.

In wesentlich geringerem Umfang wird der Sachverständige auch zur Beurteilung technischer Mängel herangezogen. Gutachten werden z.B. dann nötig, wenn bei Neuwagen während der Garantiezeit auftretende Mängelfragen mit der Lieferfirma oder dem Hersteller zu klären sind, um berechtige Ansprüche des Autokäufers durchsetzen zu können. Auch nach Werkstattreparaturen mit anschließend auftretenden Mängeln, die auf unsachgemäße Reparatur schließen lassen, können Sachverständige zur Entscheidungsfindung gerufen werden.

Kfz-Sachverständige können nicht über alle Fahrzeuge in gleichem Maße Detailkenntnisse besitzen. Daher findet man auch hier Spezialisierungen auf bestimmte Fahrzeugklassen oder -typen oder auf Teilbereiche der Fahrzeugtechnik. In der Praxis sind Sachverständige unter anderem mit den folgenden Spezialkenntnissen tätig:

Baumaschinen,

Krananlagen,

Container,

Kunststoffeinbauten,

Ölanalyse,

Oldtimer,

Reifen,

Schaustellereinrichtungen,

Schienenfahrzeuge,

Sonderfahrzeuge,

Sportboote,

Wohnmobile,

Caravans.

Einzelne Gutachter beschäftigen sich auch mit Randgebieten der KfzTechnik wie Arbeitssicherheit, Ausfallschäden, Lichttechnik, Betriebseinrichtungen oder Waschanlagen.

1.7 ERSTELLUNG VON GUTACHTEN

Bei der Erstellung von Gutachten oder der Sachverständigen-Aussage vor Gericht werden vom Sachverständigen neben der besonderen Kenntnis der fachlichen Zusammenhänge auch Klarheit und Präzision im Sprachgebrauch gefordert. Ganz einfach ist es für den Sachverständigen nicht, sich Laien verständlich zu machen; ein Problem, das er mit vielen Technikern teilt.

Der Kunde erwartet vor der Erstellung eines Gutachtens, dass ihm Erfolgschancen und Kostenrisiko klar aufgezeigt werden. Aufwendige Materialprüfungen für die Feststellung eines Fertigungsmangels oder Materialfehlers sind sinnlos, wenn rechtliche Ersatzansprüche an den Hersteller des betreffenden Teils keine Aussicht auf Erfolg haben. Dabei muss der Sachverständige darauf achten, keine unzulässige Rechtsberatung vorzunehmen.

Ein Gutachten in der Kfz-Bewertung enthält:

genaue Angaben über die Art des Auftrages, den Auftraggeber etc.,

genaue Angaben über die Besichtigung, Zustand des besichtigten Fahrzeugs (repariert oder nicht),

technische Daten des Fahrzeuges und alle Angaben, die den Zustand des Fahrzeuges vor dem Unfall betreffen,

Stellungnahme zum Fahrzeugwert vor dem Schadensfall zu einem anzugebenden bestimmten Stichtag,

Feststellung der Unfallschäden, voraussichtliche unfallbedingte Instandsetzungskosten, voraussichtliche Reparaturdauer bzw. Dauer der Wiederbeschaffung in Arbeitstagen,

Stellungnahme zur Wertminderung mit Begründung, Fragen, die bei der Regulierung ggf. zu beachten sind.

Für die Wert- bzw. Schadensermittlung werden die bekannten Marktberichte von DAT (Deutsche Automobil Treuhand GmbH) und Audatex und die Schwacke-Liste benutzt.

Ein Gutachten für die Rekonstruktion von Unfällen enthält:

genaue Angaben über den Auftrag und den Auftraggeber,

eine Aufstellung der für die Bearbeitung des Gutachtens verwendeten Unterlagen wie Polizeiskizze, Unfallfotos, Spurenverläufe etc.,

Daten des Unfalls, Daten des Fahrzeugs, der beteiligten Personen und die Untersuchung des Fahrzeugs, der Unfallphase, der Situation,

Fotos und Skizzen mit charakteristischen Positionen der beteiligten Fahrzeuge bzw. Personen und deren Geschwindigkeiten,

die Angabe und Erläuterung der für Berechnungen getroffenen Annahmen, z.B. Grenzwerte der Reibungswerte zwischen Reifen und Gegenständen und Fahrbahn, Grenzwerte der Beschleunigung und Verzögerung,

Wertung anderer objektiv gesicherter Feststellungen wie Fahrtenschreiber-Auswertung, Spurlängen, die Diskussion des vorliegenden Materials und etwaiger Diskrepanzen in der Aussage.

Erstellen eines unabhängigen und eigenverantwortlichen KfzSchadensgutachten, nach der Besichtigung bei der Reparaturwerkstatt, unter Beachtung der Verwertung für die Kfz-Werkstatt, Versicherung und natürlich des Kunden oder Anspruchstellers.

Dabei müssen in der Regel für alle Interessenten folgende Information aus dem Gutachten herauslesbar sein. Schlussendlich richten sich die Angaben und Untersuchungsergebnisse des Gutachtens jedoch nach der Aufgabenstellung oder dem Beweisbeschluss.

Art des Schadens (Haftpflichtschaden etc.)

Datum der Schadensentstehung (Unfallentstehung)

Schadenshöhe

Restwert

Wertminderungsansprüche des Geschädigten

Dauer der Reparatur

Dauer der Wiederbeschaffung

Kalkulation der benötigten Teile

Zu erwartender Arbeitsaufwand

Unfallrekonstruktion (je nach Sachlage)

Zustand des Fahrzeugs

Protokoll der Ortsbesichtigung (Besichtigungsort, Datum etc.)

Vorschäden

Plausibilität der Schäden

Benennung des Anspruchstellers und Versicherungsnehmers

Regulierende Versicherung oder Behörde

Versicherungsnehmer und Policennummer

Unterschrift und Stempel des Sachverständigen

Lackierkosten (sofern Lackschäden)

Die Rechnung selbst ist kein fester Bestandteil des Gutachtens. In vielen Fällen, vor allem bei einer Abtretung der Ansprüche des Auftraggebers an den Gutachter, wird die Rechnung über das Gutachten jedoch diesem beigefügt, damit die Versicherung die Gutachterkosten direkt an den Gutachter überweisen kann.

1.7 / 1 DIE BEGUTACHTUNG VON STRAßENVERKEHRSUNFÄLLEN

Staatsanwaltschaften und auch Straf- und Zivilgerichte sind oft die Auftraggeber für die Begutachtung von Straßenverkehrsgutachten. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Feststellung der Geschwindigkeiten der Unfallbeteiligten. Denn nicht oft werden von den Unfallbeteiligten vollkommen unbefriedigende und falsche Angaben gemacht. Nicht immer ist der vordergründig schuldhafte Verkehrsteilnehmer am Unfall allein schuld.

BEISPIEL

An einer gleichberechtigten Kreuzung findet eine Kollision zweier Fahrzeuge statt. Der Verkehrsteilnehmer, der dem von rechts kommenden PKW die Vorfahrt genommen hat, ist vorerst an der Unfallentstehung schuld. Der Gutachter kann nun aber anhand von physikalischen Gesetzmäßigkeiten nachweisen, dass der von rechts kommende Verkehrsteilnehmer sich der Kreuzung mit einer unzulässig hohen Geschwindigkeit genähert hat. Somit trifft diesen Verkehrsteilnehmer eine Mitschuld.

1.7 / 2 GESCHWINDIGKEITSRÜCKRECHNUNG

Die Geschwindigkeitsrückrechnung der am Unfall beteiligten Fahrzeuge dient als Ausgangsgröße dazu, ob und auf welche Art und Weise der Unfall von den Fahrzeuglenkern hätte vermieden werden können. Die Geschwindigkeitsrückrechnung bezieht sich meist auf den Energieeinsatz, der zu einem bestimmten Ergebnis geführt hat. So kann man anhand der Bremsspuren eine mittlere gefahrene Geschwindigkeit ermitteln, die sich aus dem Erscheinungsbild der Bremsspur ergibt. Gleichermaßen können Verformungen an der Karosse des Fahrzeuges oder andere Deformationen und Positionsveränderungen einen Rückschluss auf die Aufprallgeschwindigkeit geben. Bei der Rückrechnung wird also die Geschwindigkeit der Unfallbeteiligten von ihrer Endlage berechnet. Bremsungen, Schleudervorgänge, Stöße und ballistische Sprünge können so energetisch bewertet werden und führen auch oft zu einem guten Ergebnis ohne größeren Rechenaufwand.

Energieaufwand für die Positionsveränderung

von PKW 2 steht in einem mathematisch

errechenbaren Verhältnis zur Aufprallgeschwindigkeit

von PKW 1

Abbildung 1: Geschwindigkeitsrückrechnung

Die Geschwindigkeitsrückrechnung ist eines unter mehreren Verfahren, um gefahrene Geschwindigkeit zu ermitteln.

1.8 TÄTIGKEITEN BEI GERICHT

Im Zivilprozess (§ 404 Abs. II ZPO) und im Strafverfahren (§ 73Abs. 2 StPO) muss, in Rechtsschutzsachen (§ 2 Abs. 1e ARB) kann der vom Gericht angerufene Sachverständige "öffentlich bestellt und vereidigt" sein. Daneben ist den betroffenen Parteien selbstverständlich freigestellt, ein Privatgutachten von einem Sachverständigen seines Vertrauens erstellen zu lassen. Ein Gutachter, der für eine Prozesspartei bereits als Privatgutachter tätig war, wird in der gleichen Sache als gerichtlicher Gutachter gewöhnlich ausgeschlossen. Die vom Gericht bestellten Gutachten werden nach Justizvergütungsund -entschädigungsgesetz (JVEG) abgerechnet. Die Stundensätze richten sich nach Honorargruppen und liegen zwischen 50 und 85 Euro je Stunde. Die Honorargruppen sind einzelnen Fachbereichen zugeordnet (Anlage 1 zu § 9 JVEG). Kraft Gesetz sind öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige verpflichtet, gerichtliche Aufträge auszuführen. Trotz der relativ niedrigen Honorarsätze wird aber auch ein freier Sachverständiger die Ehre, vor Gericht tätig zu werden, normalerweise nicht ablehnen.

Für Sachverständige auf dem Gebiet Unfallrekonstruktion können die gerichtlichen Gebührensätze allerdings zum wirtschaftlichen Problem werden, da sie recht häufig für Gerichte tätig werden und weniger Umsatz aus Privatgutachten erwarten. Zudem wiegt die Verantwortung für das Schicksal der am Prozess Beteiligten wesentlich schwerer als bei der reinen Schadensermittlung, in der es "nur" um Geld geht. Einen Blechschaden zu bewerten, ist meist einfacher, als bei einer Unfallrekonstruktion exakte wissenschaftliche Untersuchungen und Folgerungen zu ziehen. Bei schweren Personenschäden oder Todesfällen, bei einer drohenden Gefängnisstrafe für den Schuldigen, muss der Sachverständige eine Verantwortung übernehmen, die mancher verständlicherweise nicht gern tragen will.

1.9 AUSSTATTUNG UND EINRICHTUNG

Es ist möglich und auch gängige Praxis, als Sachverständiger mit einem Arbeitszimmer in der Privatwohnung und der entsprechenden Büroeinrichtung zu starten. Eine eigene Prüfstation ist zunächst nicht unbedingt nötig, allerdings bei entsprechender Auftragslage längerfristig zu empfehlen. Bei Einrichtung einer Prüfstation wären allein für Geräte wie Abgasmessinstrumente, Bremsenprüfgeräte, Lackschichtenmesser, Mikroskop u.a. ca. € 15.000 an Investitionen zu veranschlagen.

Hinzu kommen die Halle, Standfläche, Gruben und andere Einrichtungen. Anfangs genügt es, wenn der Sachverständige die Fahrzeuge in einer fremden Werkstatt prüfen kann. Er darf allerdings nur an solchen Prüfstellen Fahrzeuge untersuchen, die der sogenannten Geräte-Richtlinie entsprechen.

Einrichtungen für die Kfz-Sachverständigentätigkeit

Der Kfz-Sachverständige muss über die aufgelisteten Mindesteinrichtungen zur Berufsausübung verfügen:

EDV-gestützte Kalkulationssysteme

geeignete Fotoausrüstung mit Tasche

Reifenprofiltiefenmesser

Reifendruckmesser geeicht

Bandmaß 20 m

Maßstab

Kreide

Werkzeugkoffer mit Inhalt

Lupe

Taschenlampe

Prüflampe

Elektrische Messgeräte (Voltmeter – Amperemeter)

Lackschichtdickenmesser

Präzisions-Teleskopmessstab

Im Bedarfsfall muss dem Sachverständigen die Möglichkeit gegeben sein, eine geeignete Untersuchungsstelle zu benutzen.

1.10 AKQUISITION

Für Sachverständige bestehen gewisse Werbebeschränkungen, die jedoch in den letzten Jahren wesentlich gelockert wurden. Hinweisende Werbung ist grundsätzlich erlaubt. Im Zweifelsfällen sollte man sich vorher bei den Verbänden oder der örtlichen IHK erkundigen, ob eine bestimmte Form der Werbung in der Branche statthaft ist. Die Eröffnung eines Büros kann der Sachverständige in jedem Fall anzeigen. Ebenso ist der Hinweis auf seine Tätigkeit und sein Angebot statthaft solange es nicht reisserisch ist.

Neben einer Zeitungsannonce kann man sich mit seinem Fachgebiet in einem persönlichen Schreiben bei Anwälten oder Werkstätten und Versicherungsagenturen bekannt machen. Normalerweise erhält man Aufträge aufgrund von Weiterempfehlungen unter Rechtsanwälten oder Werkstätten. Unter Umständen hat man auch in seiner Praxiszeit als Angestellter in einem Sachverständigenbüro bereits einschlägige Kontakte geknüpft, die einem erste Aufträge als Selbständiger bringen.

Wichtig ist auch der Eintrag im Branchenfernsprechbuch. Die beste, weil in der Regel immer noch eindrucksvollste Werbung ist natürlich die Bestellung und Vereidigung durch die Industrieund Handelskammer und die Aufnahme in deren Sachverständigenliste. Auch die Mitgliedschaft im Berufsverband unterstützt die Akquisitionsbemühungen erheblich, weil sie eine solide fachliche Qualifikation voraussetzt.

1.11 VERSICHERUNGEN

Als Selbständiger kommt man nicht umhin, den privaten Versicherungsschutz zu überdenken. Zudem sollte die Firma zumindest gegen existenzbedrohende Risiken absichert sein. Hinzu kommen Risiken, die aus der Geschäftstätigkeit erwachsen und bei anderen, z.B. Kunden, Schaden verursachen können.

Die Schadensmöglichkeiten sind je nach Betrieb sehr unterschiedlich und lassen sich nur durch eine Risikoanalyse erfassen. Danach werden die erforderlichen Versicherungen abgeschlossen. Erhebliche Risiken sollten auf alle Fälle versichert werden, für Bagatellschäden kann man selbst aufkommen. Wichtig sind Betriebsunterbrechungsversicherungen, die zusätzlich zu den entsprechenden Sachversicherungen, wie Feuer, Sturm oder Maschinenschaden abgeschlossen werden. Unabdingbar sind Haftpflichtversicherungen für Schäden, die die Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit verursachen.

KONTROLLFRAGEN

DER KFZ SACHVERSTÄNDIGE

1. Nennen Sie die Voraussetzungen für eine Vereidigung als Kfz-Sachverständiger!

2. Welche Aufgaben gehören in das Tätigkeitsfeld eines Kfz-Sachverständigen? Nennen Sie auch die persönlichen Voraussetzungen, die von einem KfzSachverständigen erwartet werden!

3. Beschreiben Sie, welchen Aufgaben ein Unfallgutachten gerecht werden soll!

4. Welche Angaben soll ein Gutachten in der Kfz-Bewertung enthalten?

2. BEARBEITUNG VON KRAFTFAHRZEUGSCHÄDEN UND DEREN ABWICKLUNG

In dieser Lerneinheit erfahren Sie, welche Vorbereitungen erforderlich sind um einen KFZ-Schaden richtig abwickeln zu können. Im entsprechenden Fall muss jedoch immer abgewogen werden, ob die Information auch im betreffenden Fall erforderlich ist.

Im folgenden finden Sie eine Aufstellung aller Informationen, die vor der Erstellung eines Gutachtens besprochen, beziehungsweise geklärt werden sollten.

2.1 FESTSTELLUNG DER SCHADENART

Nach einem Fahrzeugschaden sind im ersten Gespräch zwischen dem Fahrzeughalter und der dem Sachverständigen einige Punkte zu klären. Zunächst ist festzustellen, um welche Schadenart es sich handelt.

Wer hat den Schaden verursacht?

Handelt es sich um einen fremdverschuldeten Schaden (Haftpflicht)?

Handelt es sich um einen selbstverschuldeten Schaden (Vollkasko)?

Handelt es sich um einen Schaden durch Brand, Explosion, Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung, Wild oder Diebstahl (gedeckt durch Teilkasko)?

Handelt es sich um einen Schaden mit unklarer Rechtslage?

Die finanzielle Abrechnung richtet sich nach der Schadenart. Dies ist für die Werkstatt, den Sachverständigen und den Kunden gleichermaßen wichtig.

2.1 / 1 HAFTPFLICHTSCHADEN

Wer schuldhaft einem anderen einen Sachoder Personenschaden zufügt, ist diesem zum Schadenersatz verpflichtet. Da eine Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist, tritt die Haftpflichtversicherung ein, wenn der Versicherte einen Schaden verursacht hat. Die Haftpflichtversicherung haftet neben dem Schädiger. Entsprechende gesetzliche Regelungen finden sich im BGB, der StVG, der StVO, VVG, AKB, PflVG.

Damit die Versicherung für den Schaden einsteht, gibt es bestimmte Vorgaben zu beachten. So muss zum Beispiel der Umfang des Versicherungsschutzes den Schaden decken. Zudem muss der Schaden der Versicherung innerhalb einer bestimmten Frist gemeldet werden. Die Voraussetzungen ergeben sich aus den Versicherungsbedingungen, die dem Vertrag zugrunde liegen.

Da die Versicherungen in der Regel vergleichbare Konditionen haben, empfiehlt es sich für den Sachverständigen die allgemeinen Versicherungsbedingungen von Vollkasko und Teilkasko zu studieren.

Abbildung 2: Abwicklung Haftpflichtschaden

2.1 / 2 ANSPRÜCHE DES GESCHÄDIGTEN GEGENÜBER DEM SCHÄDIGER

2.1 / 2.1 INSTANDSETZUNGSKOSTEN

Bei einem Haftpflichtschaden werden dem Antragsteller, beziehungsweise dem Geschädigten die notwendigen Instandsetzungskosten ersetzt. Dabei kann der Geschädigte mit Hilfe eines Kfz-Sachverständigen den Umfang und die Reparaturkosten des geschädigten Fahrzeugs feststellen lassen. Eine Ausnahme bildet lediglich das Vorliegen eines Bagatellschadens. Der Aufwand für die Erstellung eiens Gutachtens muss zum Umfang des Schadens verhältnismäßig sein. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein Schaden unter einem Betrag von ca 700,00 Euro die Erstellung eines Gutachtens nicht rechtfertigt. Der Sachverständige und der Geschädigte sollten sich dessen bewußt sein, da die Versicherung in einem solchen Fall die Übernahme der Kosten für ein Sachverständigengutachten nicht übernehmen wird.

Differenzen zur Höhe der Instandsetzungskosten sind zweckmäßigerweise durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen. Grundsätzlich kann der Antragsteller entscheiden, ob nach dem Ergebnis des Gutachtens, also fiktiv abgerechnet werden soll oder eine Reparatur erfolgen soll.

Der Geschädigte hat grundsätzlich die Möglichkeit sich die Schadensumme gemäß der Schätzung des Sachverständigen auszahlen zu lassen. Nachweise über die Reparatur oder eine Ersatzbeschaffung müssen nicht erbracht werden. Allerdings wird dann nach aktueller Gesetzgebung die Mehrwertsteuer nicht fiktiv ausbezahlt. Das heißt, im Reparaturfall ohne Rechnungslegung werden die Reparaturkosten als Nettokosten angesetzt. Beim Totalschaden oder einer Ersatzbeschaffung hingegen wird die Differenz aus dem Wiederbeschaffungswert (netto) und dem Restwert angesetzt.

Zusammenhängend ist hier auf die im Handel von Gebrauchtwagen übliche Differenzbesteuerung nach §25a UstG hinzuweisen, nach derer im Bruttopreis lediglich ein MwSt-Anteil in der Höhe der vom Händler zu versteuernden Handelsspanne zwischen Einkauf und Verkauf enthalten ist. Bei einem Verkauf des Unfallfahrzeuges sind die Grundsätze der Abrechnung auf der Basis

KONTROLLFRAGEN

DER KFZ SACHVERSTÄNDIGE

6. Was ist der Unterschied zwischen einem Haftpflicht- einem Vollkasko- und einem Teilkaskoschaden?

7. In welchen Fällen kann die Versicherung die Übernahme der Gutachterkosten verweigern?

8. Kann der Geschädigte die Auszahlung der Reparaturkosten verlangen, ohne dass er das Fahrzeug reparieren lässt?

3. WAHL DES SACHVERSTÄNDIGEN UND AUFTRAGSERTEILUNG

3.1 ERTEILUNG DES AUFTRAGS