Des Teufels Kapitäne - Rainer Kretzschmar - E-Book

Des Teufels Kapitäne E-Book

Rainer Kretzschmar

4,8

Beschreibung

Profiler und Krimischreiber Holbein unterwegs zur Hochzeitsfeier nach Papua-Neuguinea. Dem Helden seines letzten Romans, dem chinesischen Gen-Spezialisten Professor Shi Lang, wird dort seine späte große Liebe Ex-Agentin Mariam brutal entführt. Von da an überschlagen sich die Ereignisse. Mit ungewöhnlichsten Überraschungen hält der Autor den Leser pausenlos auf Trab. Hinter der Brautentführung steckt ein skrupelloser Dr. Mabuse-Mediziner, der mit illegaler Produktion genmanipulierter Designer-Babys und kriminell-riskanter Schönheitschirurgie Riesengewinne einfährt. Und das ausgerechnet auf dem luxuriös ausgebauten Kreuzfahrtschiff Lambarene, geschickt getarnt unter der internationalen Flagge des Roten Kreuzes. Als werbewirksames Aushängeschild: Der erpresste Professor und die chinesische Pianistin Lian. Sie will sich nach einer Fehlgeburt einen neuen Mozart im Bordlabor per Genschere kreieren lassen von zwei genialen Spendervätern. Bisher weltweit verboten. Aber kurz vor Drucklegung erstmals in Großbritannien als Baby mit drei Elternteilen erlaubt. London AFP Sept. 2016. Alle drängt es, den großen Ozeanliner an erster Stelle zu führen als des Teufels Kapitän.

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ÜBER DEN AUTOR …wurde bereits alles in seinen Büchern gesagt.

Rainer Kretzschmar, Diplom-Soziologe und Pferdewirtschaftsmeister aus Bad Saulgau in Oberschwaben, schreibt Romane, Krimis und satirische Mischformen.

„O diese Dichter! Hengste sind unter ihnen, die auf keusche Weise wiehern.“

F. Nietzsche

„Es blieb nichts übrig, als zu sehen, was er sehen wollte. Jeder x-beliebige Idiot kann ein Auge zudrücken, aber wer weiß, was der Strauß im Sande sieht?“

Samuel Beckett – Murphy

Was wir wissen:

„Wellen sehen mit Sand in den Augen!“

M. D.

Dies ist ein Roman. Alle Figuren und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu lebenden oder toten Personen oder Ereignissen sind rein zufällig.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Teil I

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil II

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil III

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil IV

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil V

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil VI

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil VII

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil VIII

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Teil IX

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Epilog

PROLOG

Holbein, fasst sich an seinen schweren Kopf.

Blei. Die bleierne Schutzfolie in seinem absurden Mützchen, wie eine Kippa auf seinem Schädel, chinesische Seide. Abschirmung gegen den räuberischen Zugriff unverfrorener Hacker und krimineller Geheimdienste.

Datenschutz in aller Munde.

Wer aber schützt das elitäre Gedankengut eines Krimischreibers?

Verschlüsselung natürlich auch hier das Zauberwort. Doch Codierungen taugen nichts gegen echte Profis.

Zu seinem Glück präsentieren sich Holbeins Romane schon vom Autor aus extrem verklausuliert. Da stehen manchem Leser die Haare ohnehin zu Berge. Erst recht, wenn es gar keine Leichen und damit auch keine Mörder gibt. Wie in seinem letzten Werk. „Tanz um den Goldenen IQ“1 Schlichtweg genial: wenn kein Mörder vorkommt, kann man ihn auch nicht ausplaudern.

Deshalb spricht Holbein auch nicht von dem kleinen Chip in seinem Hirn. Abschiedsgeschenk einer chinesischen Ex-Agentin. Ihm genügen seine berühmten „beigen Zellen“.

Mit deren Hilfe beamt er sich einfach in die Synapsen seiner alten Romanfiguren zurück. Aktiviert ihr Denken Lässt sie wieder auferstehen. Aufleben zu neuen Taten. Sich fortsetzen.

Kein Gedankenraub, wohl gemerkt.

Viel perfider:

Frauenraub!

Eine bildschöne Frau …

1 R. Kretzschmar „Der Tanz um den Goldenen IQ“ ISBN…

TEIL I

1.

In Papua-Neuguinea ist die Hölle los.

Ex-Agentin Martha von Harris, jetzt liebevoll Mariam genannt, weg. Einfach verschwunden.

Wilde Hochzeitsriten. Riten wie eben bei den Wilden. Plötzlich fehlt die Braut.

Der berühmte chinesische Spitzenwissenschaftler Professor Shi Lang hat sich vor den Klauen der Geheimdienste aus der Welt seiner militärischen Hightech-Erfindungen zurückgezogen. In diese tropische Naturidylle größter ökologischer Vielfalt. Weitgehend naturbelassen und nicht vollständig kartographiert. Wo im Hochland verborgen noch Stämme der indonesischen Ureinwohner hausen. Ein Gefahrenpotential von dem Professor, den wir aus Holbeins letztem Roman kennen (op. cit.), offenbar in seinem Naturoptimismus unterschätzt.

Anlässlich der Hochzeit mit seiner späten, großen Liebe, zeigen junge Männer folkloristische Vorführungen. Kunstvolle Kriegstänze in martialischer Stammesbemalung. Wie sie in früheren Zeiten ihr Dorf verteidigten. Gegen benachbarte Stämme und Frauenräuber (damals gang und gäbe).

Nicht nur für Touristen. Der Dorfplatz wimmelt von geladenen und ungeladenen Gästen aus der weiten Nachbarschaft.

Der Mumu (Erdofen) mit Bananenblättern ausgelegt für die Zubereitung der Schweine zum Fest. Verwilderte Hausschweine, Lieblingswild der Papua. Gezüchtet als Statussymbole auf der Insel.

Dem Professor schmeckt offenbar der Wein aus den Früchten des Pandanus spiralis. Lullt ihn ein. Ob die Krieger davon trinken, weiß er nicht. Auch nicht, ob sie nach dem Genuss von den Nüssen einer psychoaktiven Pflanze an der Karuka-Wahnverrücktheit erkranken.

Der Bräutigam, sonst Blitzmerker mit goldenem IQ, will es zunächst nicht begreifen. Bis ihn sein Nachbar darauf hinweist:

Frauenraub!

Und gerade noch sieht er eine Horde buntbemalter Krieger hinter dem nahen Rücken des Bergmassivs verschwinden. Auf ihren hochgereckten Händen windet sich eine Frau in knallrotem Brautgewand. Das grölende Geheul um sie herum verhallt als Echo aus den Bergen…

2.

Wo bleibt denn bloß Holbein?

Zur Hochzeit vom Professor nach Papua-Neuguinea in dessen neues Liebesnest eingeladen. Er steckt mit seiner großartigen Biologin Janadine im Flugzeug fest. Bombendrohung beim Stopp in Singapur.

Erst am hellen Mittag Landung in Port Moresby. Von da im Mietwagen zu dem versteckten Küstendörfchen. Nur durch genaue Koordinateneingabe zu finden.

Die Schreckensnachricht des Professors von der Brautentführung und sein alarmierender Hilferuf auf der Mailbox. Aber Holbein sind die Flügel gebunden.

Er kennt bei all seiner Soziologiekompetenz nur bruchstückhaft Sitten und Gebräuche der Papuas. Aber schnell wird er im Internet fündig.

Und er erbleicht.

3.

Ankunft auf einem Dorfmarkt der Uneitelkeiten.

Hier bringen die schönsten Augen nichts. Betörendes Lächeln oder wohlgerundete Linien gelten für die Schönheit einer Papua-Frau als völlig unbedeutend.

Alles Attribute, über die Mariam nach dem Goldenen Schnitt im Überfluss verfügt. Wieso kann sie dann von einer Horde wildgewordener Eingeborener entführt werden?

Diese Frage bedrückt den Professor aber nicht.

Er will einfach nur höchst besorgt die Braut zurück.

- Ihr müsst mir helfen! Ohne Mariam bin ich verraten und verkauft! Schlimmer als in China mein Gesicht zu verlieren...

Eine rituelle Scheinentführung im Rahmen der vorgeführten Kampfspiele und Stammestänze scheidet aus. Das weiß Holbein. Die Dorfbewohner haben es ihm aufgeregt versichert. Die ganze Hochzeitsgesellschaft in Aufruhr. Sie kennen diesen Trupp maskierter Krieger nicht. Die gehören zu keinem der benachbarten oder befreundeten Stämme. Aber sogenannte Skelett-Krieger und Schlamm-Männer bevölkern den undurchdringlichen und weitgehend unerforschten Dschungel des unendlichen Hochlandes. Eine Million Ureinwohner leben auf einem Gebiet von 290000 Quadratkilometern. Unvorstellbar.

Nur Krieger aus dieser Region können die Frau entführt haben.

Sie zählen zu den letzten Kopfjägern und Kannibalen.

4.

Holbein drängt.

Eine Dschungelexpedition muss ausgerüstet werden.

Janadine und der Professor sehen das genauso. Sie können nicht einfach in dieser Wildnis den Räubern hinterherlaufen.

Mariams Handy orten?

- Hat sie es überhaupt dabei, Professor?

- Bestimmt. Sie verlangte von den Designern dafür ein Extratäschchen in ihrem Brautkleid. Aber ihr Spezialgerät lässt sich nicht ohne Weiteres orten.

Holbein zum Glück noch im Besitz seines Hightech-Zwillings aus der Asservatenkammer des damaligen und elendigen CIA-Chefs DaVinci:

- Hab ich gleich…Hier…bewegt sich in nord-westlicher Richtung …folgt offensichtlich einem Flusslauf, Nebenflüsschen des großen Sepik… entfernt sich mit der Geschwindigkeit von etwa 4 km/h…Abstand zu uns jetzt bereits 5 Kilometer. Diese Naturburschen sind verdammt flott unterwegs.

Janadine, die Biologin mit Tropenwalderfahrung, schaltet sich ein:

- Auf dem Landweg holen wir sie niemals ein. Mit einem Boot auf dem Dschungelfluss schon gar nicht. Denken wir an Werner Herzog mit dem irren Kinski in dem Kultfilm Fitzcarraldo. Wir brauchen einen Hubschrauber.

Der Professor quetscht schon seinen hilfsbereiten Nachbar Soeharto aus. Geschäftsmann im Ruhestand. Englisch sprechend. Mit Pilotenfreund am Flughafen Moresby. Von den nahen Murray Barracks soll ein Militärhubschrauber starten.

Proviant beschaffen und Medikamente. Vor allem Serum gegen die häufig vorkommenden Giftschlangen. Besonders die Neuguinea Todesotter (Acanthophis laevis). Allerdings hält Janadine den Neuguinea Taipan (Oxyuranus scutellatus) für noch viel gefährlicher.

Soeharto, der wie viele Indonesier nur einen Namen führt, warnt auch vor den gefährlichen Kegelschnecken. Sie schießen winzige Giftpfeile ab. In der Haut des Menschen bewirken sie Lähmungserscheinungen bis hin zu Herzversagen. Verlockende Aussichten! Janadine zeigt sich begeistert. Holbein hasst alle diese Ekeltiere.

Aber der gute Nachbar stellt seine ganze Serumreserve zur Verfügung. Und bietet sich außerdem als Führer durch den Dschungel an. Er kennt sich dort aus. Hat lange mit Holz aus dem tropischen Regenwald gehandelt.

Den verliebten Professor kann nichts schrecken. Als Kampfflieger musste er einmal über dem Dschungel den Schleudersitz benutzen. Jetzt hält er sich für dschungelresistent und will nur zu seiner Mariam…

5.

Konservendosen in ältere Zeitungen gewickelt.

Holbein packt sie entgeistert aus, um den erspähten Text weiterlesen zu können:

FORSCHERIN IM URWALD VERGEWALTIGT

Eine US-Forscherin, ihr Ehemann und ein einheimischer Führer waren in der abgelegenen Dschungelregion der Insel Karkar unterwegs, um seltene Vogelarten zu studieren. „Wir liefen auf einem Urwaldpfad, als wir aus dem Hinterhalt von neun Männern angegriffen wurden, die mit Messern und Gewehren bewaffnet waren“ erzählte die Frau laut der englischen Zeitung ‚Daily Mail’ in Port Moresby, der Hauptstadt Papua-Neuguineas.

Die Angreifer zwangen zunächst den Ehemann sowie den Führer, sich auszuziehen. Danach wurden beide an Bäume gefesselt. Dann rissen die neun Männer der Forscherin die Kleider vom Leib, fesselten sie, schnitten ihr mit Buschmessern ihre Haare ab und vergewaltigten sie…(FOCUS ONLINE)

- Janadine, sieh dir das an! Vorschau auf unsere Dschungelexpedition.

- Holbein, haben dich alle guten Geister verlassen? Wir packen mühsam alles ein und du?

- So viel Zeit muss sein. Lies hier die Horrorstory über deine Kollegin im Dschungel.

Sie überfliegt den Text auf dem verschmutzten Packpapier.

- Kann mir nicht passieren. Du weißt hoffentlich, dass ich zu schön für den Geschmack von diesen Papua-Buschmännern bin.

- Zu schön für Sex vielleicht. Aber als Leckerbissen ein saftiges Stückchen aus deinen Lenden?

- Du…!

- Geschmacklos? Sag doch das nicht. Habe schon manches Mal bei dir bereut, dem Kannibalen von Rothenburg nicht ähnlicher zu sein.

- Hilf mir lieber, das ganze Zeug in dem Heli zu verstauen. Und halt dein blödes Lästermaul. Lass lieber die Zeitung verschwinden ehe sie dem Prof in die Finger fällt.

Der im Gespräch mit Soeharto und dem Piloten.

Der programmiert Holbeins Ortungsdaten in sein GPS. Will endlich losfliegen.

Im Dschungel würde es sehr schnell dunkel werden.

6.

Der Militärhubschrauber fliegt sehr tief.

Knapp über dem Dampf des tropischen Dschungels nach kurzem Regenschauer.

35 Grad im Schatten. Allen kleben die Hemden am Leib. Angst und Sorge machen sich breit. Der Pilot informiert über die Headsets.

- Die geortete Funkzelle auf meinem GPS-Display folgt einem mäandrischen Flusslauf. Sie könnten in Einbaum-Kanus unterwegs sein. Würde uns die Suche erheblich erleichtern. In zehn Minuten haben wir sie direkt unter uns. Janadine zeigt Nerven:

- Und wo landen in dem mörderischen Urwalddickicht? Der dschungelkundige Soeharto gelassen:

- Wir finden bestimmt eine der vielen Brandrodungsflächen oder eine verlassene Siedlung am Fluss. Ein paar Kilometer voraus, weiter flussabwärts. Dort gehen wir runter. Verschanzen uns und lauern ihnen auf.

- Klingt ja kinderleicht. Ihre Boote können wir wie Biber mit Baumstämmen aufhalten. Aber wenn sie bewaffnet sind?

Die clevere Biologin denkt mit. Der Prof beruhigt.

- In jedem Militärhubschrauber befindet sich ein umfangreiches Waffendepot. Damit sind wir gegen Pfeil und Bogen allemal gerüstet. Selbst gegen ihre uralten Karabiner.

Der entweibte (nicht entleibte!) Chinese hat das im Vorfeld abgeklärt. Als ehemaliger Kampfflieger zog er nie unbewaffnet in die Schlacht.

- Holy shit!

Der Pilot wischt auf seinem GPS herum.

- Das Signal ist verschwunden!

Der Professor zuckt zusammen. Hat das schon mitbekommen auf dem vorderen Sitz neben dem Piloten. Kampfflieger-like.

Profiler Holbein will beschwichtigen.

- Keine Panik! Das kann viele Gründe haben…zum Beispiel Satelitenloch…atmosphärische …

- Quatsch! Das weiß ich selbst, alter Schlaumeier. Aber wenn die Buschräuber Mariam das Brautkleid ausgezogen haben? Mit samt dem Handy… und sie…in einer Höhle … wir müssen sofort runter! Sie können jetzt nicht mehr weit sein. Mr. Pilot, landen Sie die alte Kiste um jeden Preis. Sonst zeige ich Ihnen mal, wie wir das in China machen!

- Wie denn, hier mitten im Busch?! Wenn wir den Heli bruchlanden, gehen wir alle drauf. Da können uns die Kannibalen gleich als Hackfleisch aus den Trümmern kratzen…prima.

- Anfänger! Lassen Sie mich mal an den Joystick. Und an den Pitch für den Heckrotor.

Protestierend gibt der Pilot vor dieser Autorität seinen Platz preis.

Der Prof ganz alter Kämpfer:

- Wir gehen runter bis an die Baumkronen…sachter Sinkflug…sehen Sie das Flüsschen jetzt? Der Rotordurchmesser beträgt etwa 8 Meter, also 4 Meter auf jeder Seite. Flussbreite 3 Meter. Wir schweben auf der Stelle… Der Professor zieht dem Hubschrauber die Nase hoch. Der Heckrotor liegt jetzt deutlich tiefer. Direkt über den Baumkronen.

- Und nun mit Gefühl…zentimeterweise nach unten… skalpieren das Buschwerk mit dem Heckrotorblättern… nur keine Bange, die halten das schon aus. Mein Fluglehrer hat damals in Indochina so Schneisen für den Nachschub freigeschnitten. Achtung!

Es schüttelt den Heli wie Espenlaub. Gehäckseltes Blattgrün klatscht gegen die Scheiben. Es knirscht aus allen Dschungelfugen. Janadines presst sich an Holbeins Brust. Krallt sich stöhnend an ihm fest.

Soeharto schluckt nervös. Klammert sich an die Sitzlehne, Beine angezogen, Kopf zwischen den Schultern.

Das Heck des Helis schwebt zurück in die Waagerechte. Die Kufen berühren die Wasseroberfläche. Versacken dann noch 20 Zentimeter im Schlamm des Flüsschens. Angeschwemmt vom Hochwasser der Regenzeit. Heimat der Schlamm-Männer.

Motoren aus. Die Rotorblätter drehen langsamer und bleiben flappend endlich stehen.

Bei einem Charterflug hätten die Passagiere jetzt applaudiert. Erst mal tief und zitternd Luft geholt.

Janadine haucht nur ein bewunderndes „Chapeau!“

Professor Shi Lang lächelt kurz. Dann hechtet er nach draußen wie ein echter Dschungelkämpfer.

Punktlandung mit nassen Füßen. Das Wasser tropisch warm.

7.

Alle Mann von Bord.

Eine Frau, vier Männer.

Jeder bepackt mit Proviant und Ausrüstung. Nur Janadine lehnt Waffen ab. Im Gänsemarsch.

Natürlich weiß jeder Leser aus eigener Erfahrung, wie sich eine Dschungelexpedition voran bewegt.

Da hört alle Romantik auf.

Der Pilot hält eine Schlangenzange als MP-Ersatz in seinen Händen. Daumen und zwei Finger am Pistolengriff. Schlangenphobie? Soeharto hat auf Schutzkleidung und Gummistiefeln bestanden. Gegen Moskitos, giftige Spinnen, Kriechgetier und Schlangen in dem sumpfigen Gelände. Angst schleicht ständig mit. Nur der Professor unbeirrt. Als sei der Dschungel sein Zuhause. Holbeins Super-Handy in der Hand. Besser als das GPS im Heli.

Ganz schwach plötzlich wieder das Ortungssignal.

- Halt! Hebt die Hand wie ein Apachen-Häuptling.

Links halten! Weg vom Fluss. Leicht bergan. Jetzt wird es noch unwegsamer.

Soeharto schneidet mit seiner Machete den Weg frei.

Laut kreischend fliegen immer wieder exotische Vögel auf. Die Biologin fängt an, den Dschungel zu genießen.

Überholt Holbein. Steht dann wie angewurzelt:

- Da! Siehst du das?! Ein Paradiesvogel…!

Holbein stellt sich das Paradies ganz anders vor. Sein Forschergeist kreist um das Auffinden der verlorenen Braut. In einer Höhle, wie der Prof andeutete. Ja, von solchen Höhlen hatte er gelesen. Aber im felsigen Bergland. Holbein pirscht nach vorne. Tippt dem Professor vorsichtig auf die Schulter:

- Was ist mit dem GPS-Signal? In Höhlen kann es doch gar nicht funktionieren. Was glauben Sie?

- Höhlen gibt es nur in den gebirgigen Abschnitten. Hier nicht. Hab ich in meiner Panik einfach so dahingesagt.

Soeharto mischt sich ein:

- Nicht weit von hier vermute ich ein bunkerähnliches Gebäude. Aus der Besatzungszeit der Japaner. Total verfallen und vom Urwald überwuchert. Aber mit Fensteröffnungen. Durch die könnte ein GPS-Signal nach außen dringen…

- Das sagen Sie erst jetzt, verdammt noch mal! Wo liegt diese alte Hütte?

- Kann ich ohne Karte nicht sagen. Vielleicht mit dem GPS…

Sie bleiben stehen und studieren das Display.

Holbein stapft langsam weiter. Sieht Janadine seitlich im Lianengestrüpp verschwinden. Scheinbar undurchdringlich. 2 Meter hoch. Will sie zurückrufen.

Ein greller Schrei…!

- Nein!

Er, ohne Zögern hinterher. Durch das stachelige Grün. Alte Armeepistole in der Hand.

Da steht Janadine. Die Hände vor den Mund gepresst…

Vor einer verlassenen Feuerstelle.

Rundum aufgestapelt Knochen und Gebeine. In Kopfhöhe auf Holzpfählen gereiht … Menschenschädel!!

Ein makaberes Kannibalen-Golgatha. Überall weißbemalte Totenmasken. Buntgefiederte Pfeile in den Ästen.

Über getrockneten Hautfetzen. Und kleinen Holzfiguren mit blutverkrusteten Menschenhaaren.

Holbein erlöst Janadine schützend in seinen Armen.

Der Professor flucht leise vor sich hin.

Sie verharren erschüttert.

Nur der Dschungel steht still und schweiget.

8.

Der Professor will es nicht glauben.

Zum Entsetzen der anderen reißt er einen der Schädel von den Pfählen. Sonnenweißgebleicht. Beschnüffelt ihn wie ein Hund. Leckt auch noch daran.

Ekelhaft.

Doch der hochbegabte Wissenschaftler weiß genau, was er tut. Er presst mit beiden Händen den Schädel zusammen. Lässt ihn auf den Boden fallen und trampelt darauf rum wie ein mieser Leichenfledderer. Hebt eine der Scherben auf. Betrachtet sie aus der Nähe. Zieht eine Lupe aus seinem Dschungelanzug und bricht in schallendes Gelächter aus.

Peinlich berührt der Rest der Expedition.

- Na bitte. Hab ich‘s mir doch gedacht. Alles Fake!

Halloweenzeug made in China. Billiger Spritzguss. Da hat sich jemand einen Werbegag ausgedacht.

Jetzt versucht auch die Naturwissenschaftlerin ein Lächeln.

- Gag hier mitten im tropischen Regenwald?!

- Vielleicht ein Filmteam für Dokus. Holbein reicht‘s:

- Und Ihre süße Mariam spielt darin eine Hauptrolle?

Das glauben Sie doch selber nicht. Wir riskieren hier Kopf und Kragen.

- Oder riskieren, uns unsterblich zu blamieren. Tolle Überraschung. Sehen Sie doch selbst, alles nur Plastikmüll. Wir ziehen weiter und finden diese Menschenfresser-Kobolde hoffentlich bald. Licht am Ende des Dschungeltunnels. Fehlt nur noch ein Kessel über dem Feuer für ein leckeres Kannibalen-Süppchen.

Waffen weggesteckt und weiter.

Trampelpfad. Wird allmählich breiter.

Sie kommen an ein Häuschen. Aus Lehm und Tropenholz. Wirkt nicht bewohnt. Aber der Geruch von gebratenem Fleisch liegt in der schwülen Tropenluft. Menschenfleisch?!

Der Professor will losstürmen.

Soeharto hält ihn zurück.

- Wir müssen vorsichtig bleiben. Diese Wilden sind unberechenbar. Immer noch Jäger, und sie stellen raffinierte Fallen. Hier mein Fernglas. Sehen Sie selbst. Da sitzen keine Filmleute. Nach der Skelettbemalung gehören sie zum Stamm der ‚Fore‘. Bestimmt kein Fake!

Shi Lang, der gedankenschnelle Chinese, muss ihm recht geben und knirscht nur mit den Zähnen.

9.

Da sitzen sie, die Kannibalen.

Auf der Rückseite des Häuschens. In voller Kriegsbemalung. Abgenagte Knochen in den Händen.

Riecht so gebratenes Menschenfleisch?!

Der ortskundige Expeditionsleiter Soeharto schleicht sich von der Seite an. Der Prof dicht auf seinen Fersen. Geräuschlos vorsichtig, dschungelerfahren.

Holbein spielt am Sicherungshebel seiner Knarre.

Der Pilot ersetzt seine Schlangenzange durch eine Kalaschnikow.

- …Da!...Die Feuerstelle… Rauch … Ein großer Kessel aus Holz und Blättern…

Soehartos Flüstern verstummt. Der Chinese reißt ihm das Fernglas aus den Händen.

Über den Rand des Kochgefäßes quillt blondes Frauenhaar. Mariam hat seit langem ihre Haare wieder wachsen lassen.

Ein lauter Schrei…!

Aber aus einer Männerkehle, hart wie ein Kampfruf. - Action!

Die kriegsbemalten Kannibalen springen auf und tanzen unter wildem Geheul um den Kochtopfkessel rum. Aus dem Pflanzendickicht taucht ein Dolly auf.

Schnell erklärt, ein Kamerawagen, der selbst auf unebenem Untergrund ruckfrei fährt. (Wikipedia)

Die Hydraulik hebt die Kamera und lässt sie von oben in den Bottich filmen. Darin aalt sich eine blonde Schönheit wie in einem Whirlpool. Das Wasser dampft und sprudelt. (Der Dampf chemisch von der Requisite hergestellt.) Die blonden Locken vom Kesselrand sind verschwunden. Das knallrote Brautkleid hängt fetzig über einem Ast.

- Cut! Cut!! Das müssen wir noch einmal drehen.

- Ganz bestimmt nicht! Nur über Ihre Leiche!

Professor Shi Lang bedroht den überraschten Regisseur mit Pfeil und Bogen, die er vom Boden aufgehoben hat.

Ein bisschen sehr theatralisch meint Janadine.

Mariam erhebt sich triefnass aus dem Bottich.

Botticellis Venus. Sie jubelt dem Professor zu:

- Mein süßer Geliebter Langi, bitte nicht böse sein! Wollte doch schon immer mal zum Film. Und dir eine einmalige Hochzeitserinnerung bescheren!

Entsteigt krebsrot dem dampfenden Topf und stürzt sich triefnass in die Arme ihres Bräutigams. Die heiße Kannibalen-Konsommee tropft sang- und klanglos ab von seinem imprägnierten Dschungelanzug.

10.

Die Regie schreit hektisch nach Badetüchern.

Um die nasse Nackte schamhaft zu verhüllen. Diese aufgemotzten falschen Wilden, billige einheimische Dorfkomparsen. Täuschend echt von der Maskenbildnerin eingefärbt. Könnten bei dem schwülen Dschungelwetter übergriffig werden! In der rosig-appetitlich weißen Schönheit Freiwild wittern. Sie blähen schon lüstern ihre Nüstern. Besonders gefährlich als Träger der stammestypischen Koteka (Naturrohr-Intimlendenschurz, vorne am Bauch hochgebunden) als Hingucker natürlich um keinen Preis verzichtbar.

Der Regisseur baut sich herausfordernd vor dem gealtert wirkenden, völlig ausgepowerten Bräutigam auf. Doch der blafft ihn an:

- Sie Ausgeburt von Irrsinn und Cineasten-Blasphemie!

Was zum Teufel wird hier denn gespielt?! Seid ihr noch zu retten?! Will ihm an den Kragen.

- Bei aller Bescheidenheit, wir dienen nur der Wissenschaft… für britischen Pharmakonzern…ein Schutz-Prion, das gegen die Geißel unserer Zeit, Alzheimer und Demenz eingesetzt werden soll. Diese Entdeckung basiert auf dem ursprünglichen Kannibalismus hier in Papua-Neuguinea. Die Hirne der Toten wurden aus Eiweißmangel vor allem von Frauen verzehrt. Wir drehen einen Werbespot und weisen zugleich auf die bedrohte Kultur der letzten Ureinwohner unseres Planeten hin.

- Aber meine Braut als Hochzeitsscherz zu entführen für diesen grotesken Kannibalen-Porno?

- Gut, gut. Unsere Kostümbildnerin repariert das Brautkleid, und wir übernehmen sämtliche Kosten für die doch amüsant unterbrochene Hochzeitsfeier. Natürlich eine angemessene Gage für Ihre Frau…

- Die lächerlichen paar Neuguinea-Kina für die gebackenen Schweine zahle ich doch lieber selbst aus meiner Portokasse. Ich verlange mindestens 100000 Dollar Schmerzensgeld und Ersatz für unseren Aufwand.

- Och, liebster Lang, sie drehen doch einen Film über unsere Hochzeit als einmalige Erinnerung…

- Um ihn dann auf Facebook einzustellen? Damit jeder weiß, wohin wir uns zurückgezogen haben? Das hätte gerade noch gefehlt!

Janadine kennt selbstverständlich die neusten Ergebnisse der Prionen-Forschung englischer Kollegen.

- Professor, es geht offenbar um das V 127, eine Variante des Prionproteins. Gefunden in einem resistenten Gen beim Volksstamm der Fore hier aus dem Hochland Neuguineas. Tatsächlich entstanden durch den Verzehr menschlichen Gehirns, infiziert mit der tödlichen Kuru-Krankheit. Lange bekannt vor der Creutzfeldt-Jakob-Seuche (BSE).

- Ja, aber für ein solches „verheißungsvolles Medikament“, gerade mal an Mäusen getestet, dreht man doch keinen Werbespot im Dschungel mit gefakten Kannibalen. Und röstet dazu meine Braut.

Der Regisseur im blütenweißen Hemd, sonst aber eher schmierig, versucht die kompetente Biologin auf seine Seite zu ziehen.

- Sie kennen sicher den Neurologen Professor John Collinge vom University College London. Ein guter Freund von mir. Der leitet das V127-Projekt und glaubt die noch bestehenden Probleme mit den veränderten Aminosäuren in den Griff zu bekommen, um Prionenkrankheiten zu behandeln.

Holbein hört das und spürt seinen Hals anschwellen. Die beigen Zellen funken ihm ‚Alarm‘.

Spricht so ein Regisseur für Dschungeldokus? Und ausgerechnet über einen Neurologie-Professor? Zufall? Wohl kaum. Der Regisseur also auch ein Fake?

Holbein geht das ganze Kannibalen-Theater längst auf den Keks. Aber jetzt wittert er Gefahr. Eine erneute Falle, ein konspiratives Geheimdienst-Komplott? Die Pseudo-Filmtypen wollen über Mariam und diesen Mummenschanz in Wirklichkeit nur mal wieder an den Professor ran. Geheimdienstler im Dschungelcamp?

Nix wie weg hier, signalisiert sein Profiler-Instinkt.

Sie müssen schleunigst raus aus diesem tropischen Schlamassel.

Der Regisseur rotiert.

Will den abrupten Aufbruch der Retter abwenden. Der Professor aber teilt sofort Holbeins Verdacht. Kann seine Braut doch nicht länger in den Händen dieser zwielichtigen Wilden und ihres westlichen Anführers lassen. Zwängt Mariam kurzerhand in einige fremde Kleidungsstücke und verstaut das notdürftig reparierte Brautkleid.

Der Regisseur steckt heimlich Mariam seine Visitenkarte zu mit den üblichen Abschiedsküsschen.

Da springt der Prof dazwischen. Wie von der Kuru-Krankheit infiziert greift er sich den Schleimer.

- Sie verdammter Hardcore-Dokumentarfälscher, rühren Sie bloß meine Frau nie wieder an!

Wie auf Kommando spannen die regietreuen Papua-Komparsen ihre Bogen. Ziel: der wütende Professor!

Kein Fake, die Pfeile mit den eingearbeiteten Widerhaken aus Pflanzendornen sind echt. Trotzdem weicht er keinen Fußbreit zurück. Mariam baut sich als Schutzschild vor ihm auf.

- Wenn Du meinem Mann auch nur ein Haar krümmst, siehst du mich nie wieder!

Verständnisloses Entsetzen im Gesicht des Professors. Holbein zieht es den Magen zusammen. Tastet wieder nach seiner Pistole. Die Biologin fasst sich an den Kopf. Soeharto und der Pilot starren verunsichert auf die Bogenschützen.

‚Du‘… den Widerling auch noch wiedersehen?!

Diesen verschlagenen Agenten! Hat dieser Pseudo-Dschungelkönig die entführte Braut etwa unter Drogen gesetzt? Ihr ein Zaubertränklein eingeflößt, damit sie freiwillig nackt in den dampfenden Kochtopf stieg?

Oder der chemisch erzeugte künstliche Wasserdampf, kann der ihren Verstand so eingenebelt haben? Das Versprechen einer weiteren Filmkarriere derart kirre machen?

Holbeins sprichwörtliche Schlagfertigkeit als Profiler unter diesen Umständen fast überfordert. Der gedemütigte Prof gefoltert durch Mariams rücksichtslose und unverständliche Äußerung.

Die urtümlichen Bogenmänner der Papuas folterten ihre erbeuteten Opfer auch auf grausamste Weise. Aber nicht um sich am öffentlichen Spektakel zu ergötzen. Nein! Um die Fleischqualität zu verbessern! (Bernd Keiner, East New Britain Cultural Centre)

Und man prügelt ja auch in China Hunde vor dem Schlachten. Das Adrenalin soll ihr Fleisch zarter machen.

TEIL II

1.

Die Dschungelexpedition kennt ihren Weg.

Zügig zurück zum Hubschrauber, um eine abgekochte Frau reicher.

Landet in dem kleinen Fischerdorf Porebada, 21km von Port Moresby. Direkt neben der Pfahlbauvilla des Professors im neuen Kolonialstil. 300qm Wohnfläche, überladene Pracht. Aber der Meerblick von der überdachten Terrasse versöhnt.

Kein Wort zu Mariams verbaler Provokation.

Von der Hochzeitsgesellschaft nichts mehr zu sehen.

Nachbar Soeharto verabschiedet sich. Weist jeden Dank zurück. Der Pilot nimmt freudig den Umschlag des Professors entgegen und zieht mit dem Heli röhrend ab.

Die Hochzeitsfeierlaune verraucht.

Der Professor holt Wein. Mariam stellt die Gläser auf den niedrigen Tisch. Als wenn nichts geschehen wäre. Aber dann bricht es aus ihr heraus.

- Stiert mich bloß nicht so mitleidig an! Eure vorwurfsvollen Blicke können mich nicht töten. Habt ihr vergessen, dass ich mein Leben lang Agentin war? Da werde ich doch wohl einen gefährlich falschen Filmemacher nicht verprellen. Gerade erst listig angeködert. Nur weil mein eifersüchtiger Bräutigam den wilden Mann markiert?!

Dieser Typ kommt nämlich aus dem kriminellen Pharmasumpf und will ausgerechnet meinem geliebten Langi Chinesen an den Kragen…

Dem so Genannten gerinnt der Wein im Ausschank.

- Was sagst du da …? Mich vernichten? ...Und ich Idiot mische mich da ein, zweifle auch noch an deiner Loyalität?!

Zieht sie hingerissen in seine Arme. Außer sich vor Glück.

Holbein und seine mitfühlende Biologin beeindruckt. Janadine drängt:

- Dem Dschungel sei Dank! Pack endlich aus. Was führt der Schmierlappen im Schilde, hat er genau vor?

- Erst mal was für meine trockene Kehle.

Shi Lang füllt die Gläser bis zum Rand. Unfein aber gut gemeint.

Holbein toastet in Bewunderung und Anerkennung:

- Auf die Wiedervereinigung unseres einzigartigen Brautpaares! Und wie es scheint, unserer unschlagbaren Mannschaft.

Mariam kippt ihren Wein auf ex runter.

- Fing alles so lustig an. Brautentführung mit echten Kannibalen. Wie die gute alte Tradition in Süddeutschland. Nur farbenfroher und erregender. Gepackt von starken wilden Kerlen, nackt bis auf ihre überdimensionierten Penisfutterale aus glänzendem Naturrohr. Prickelnde biostatische Entladungen aufragender Mannesköcher an meinem Brautkleid. (Triboelektrischer Effekt!)

Die beiden Männer schlucken. Janadine trinkt jetzt auch hastiger.

- Ernüchterung erst nach der Dschungelpassage am Kannibalen-Set. Da scharwenzelten plötzlich lauter Film-Fuzzis um mich herum. Ihr Einpeitscher, ein blonder Dandy im Tropenoutfit und protzigem Namenschild ‚REGIE‘. Schwafelte in akzentfreiem Englisch von seinem wissenschaftlichen Dokumentarfilm und meiner tragenden Rolle darin. Versprach das Blaue vom grünen Dschungelhimmel. Nachfolgende Filme, große Karriere und so. Bollywood-Spinner. Kam endlich zur Sache: Ich sollte als nackte Fleischeinlage für das Menschenfresser-Süppchen im Riesenkochtopf über dem offenen Feuer dienen. So ein Fiesling. Zeigte ihm den Vogel. Kannibalen-Pornos seien nicht mein Genre.

Mariam trinkt wieder schnell aus.

- Endlich brachte man eisgekühlte Getränke. Tropen-Cocktails, passend zum Regenwald-Ambiente. Balsam für meine ausgedörrte Kehle. Und blitzschnell bei mir Gesinnungswandel. Ananas-Drogenkomp(l)ott! Begriff ich aber viel zu spät. Schon reizte mich das Nacktposieren in dem Kannibalen-Kochtopf. Und ich weidete mich daran, den Schwätzer so selbst auf den Siedepunkt zu bringen.

Dem Professor zittert die Hand. Kleckert beim Füllen der Gläser. Vergeudet seinen exzellenten Haus-Roten „Pinot Bali“, Hatten-Wines.

- Schnell ließ er die Schlange aus dem Korb (wie die Katze aus dem Sack). Der alte Flötentrick:

„Dein Bräutigam spielt in Kürze keine Rolle mehr. Den beglücken wir mit einem grandiosen Forschungsprogramm aus seinem ursprünglichen Fachgebiet. Ade Spießer-Lust auf trautes Eheglück .Wir sind in der Lage, ihn zu seinem Glück zu zwingen, wenn du weißt, was ich meine…“

Grinste unverschämt beim ‚Du‘. Sein Gesicht mutierte zu einer bedrohlichen Diabolo-Fratze.