Die Windkraft-Terroristen - Rainer Kretzschmar - E-Book

Die Windkraft-Terroristen E-Book

Rainer Kretzschmar

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Beschreibung

Terror ist das Damoklesschwert über uns allen. Aber niemand kennt bisher Windkraft-Terroristen. Außer dem Privatermittler und Krimischreiber Heiner Holbein. Eine auffallend gutgewachsene Literaturwissenschaftlerin, genannt die schöne Linguistin, will über den berühmten Autor Holbein promovieren. Der wird in seinem Domizil Opfer kleinerer Anschläge, bis ein islamisches Rechtsgutachten als Fatwa auf seinem PC erscheint und ihn als Schriftsteller zum Tode verurteilt. Da taucht plötzlich Holbeins ewige Geliebte wieder auf, die unvergleichliche Biologin mit den 3 Doktortiteln. Sie arbeitet neuerdings im Auftrag des französischen Geheimdienstes und versucht einen Terroranschlag zu vereiteln, bei dem das tödlich-giftige Senfgas Yperit in neu gebauten Windkrafträdern versprüht werden soll. Die schöne Linguistin, die den großartigen Autor auch als Mann verehrt, gerät unter Verdacht, Hauptdrahtzieherin in dem Senfgaskomplott zu sein. Sie und ihr brutaler Stiefsohn, der Syrienheimkehrer. Ort der Handlung ist die bekannte Stadt Bad Paulgau und das im Teilflächennutzungsplan für Windkraft vor-gesehene Gebiet von Steinbrunn. Um den geplanten Bau der Windkrafträder schon vor einem Anschlag der Terroristen zu verhindern will die geniale Biologin Schwarzstörche ansiedeln… Fast ein literarischer Krimi, der nur so von Satire strotzt.

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ÜBER DEN AUTOR…ist bereits alles gesagt. Aber wenn Du ihn wirklich verstehen willst, geneigter Leser, dann musst Du begreifen, dass er Dir beim Lesen jedes Satzes buchstäblich schmunzelnd über die Schultern schielt.

Rainer Kretzschmar, Diplom-Soziologe und Pferdewirtschaftsmeister aus Bad Saulgau in Oberschwaben, schreibt Romane, Krimis und satirische Mischformen.

ÜBER DIESES BUCH

Terror ist das Damoklesschwert über uns allen. Aber niemand kennt bisher Windkraft-Terroristen. Außer dem Privatermittler und Krimischreiber Heiner Holbein.

Eine auffallend gutgewachsene Literaturwissenschaftlerin, genannt die schöne Linguistin, will über den berühmten Autor Holbein promovieren. Der wird in seinem Domizil Opfer kleinerer Anschläge, bis ein islamisches Rechtsgutachten als Fatwa auf seinem PC erscheint und ihn als Schriftsteller zum Tode verurteilt.

Da taucht plötzlich Holbeins ewige Geliebte wieder auf, die unvergleichliche Biologin mit den 3 Doktortiteln. Sie arbeitet neuerdings im Auftrag des französischen Geheimdienstes und versucht einen Terroranschlag zu vereiteln, bei dem das tödlich-giftige Senfgas Yperit in neu gebauten Windkrafträdern versprüht werden soll. Die schöne Linguistin, die den großartigen Autor auch als Mann verehrt, gerät unter Verdacht, Hauptdrahtzieherin in dem Senfgaskomplott zu sein. Sie und ihr brutaler Stiefsohn, der Syrienheimkehrer.

Ort der Handlung ist die bekannte Stadt Bad Paulgau und das im Teilflächennutzungsplan für Windkraft vorgesehene Gebiet von Steinbrunn. Um den geplanten Bau der Windkrafträder schon vor einem Anschlag der Terroristen zu verhindern will die geniale Biologin Schwarzstör-che ansiedeln…

Fast ein literarischer Krimi, der nur so von Satire strotzt.

Dies ist ein Roman. Alle Figuren und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu lebenden oder toten Personen oder Ereignissen sind rein zufällig.

„Manchmal wissen wir Dinge, auch wenn wir nicht wissen, dass wir sie wissen….

Man kann es Intuition oder Scharfblick nennen. Einen sechsten Sinn gibt es jedenfalls nicht. Es ist ein simpler mentaler Vorgang, bei dem das Gehirn eine Situation aufnimmt und eine Schnellsuche der eigenen Dateien durchführt, um aus der Masse von Erinnerungen und Wissen eine unmittelbare Entsprechung auszuwerfen, einen ersten Eindruck, weil jener erste Gedanke auf einem Hinweis des Unterbewusstseins fußt. Der Trick besteht darin, das eigene Gehirn darauf zu trainieren, die Hinweise aufzugreifen.“

( Michael Robotham, Todeswunsch, Goldmann 2011 Seite 190 ff )

Inhaltsverzeichnis

TEIL I

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL II

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL III

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL IV

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL V

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL VI

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL VII

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL VII

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

TEIL I

1.

Der erste Satz ...

Ihm fehlen Prädikat, Objekt und damit der Inhalt, wie dieser zweite Satz behauptet. Damit stellt sich auch nicht die Frage, was uns der Autor damit sagen will. Es sei denn, der Leser suche einen Inhalt in den drei Punkten, die dem ersten Satz angefügt sind. Vielleicht wittert er in diesen Punkten etwas Geheimnisvolles. Denn viele Autoren messen dem ersten Satz ihres Romans hohe Bedeutung bei.

Nicht so Heiner Holbein, der bekannte Profiler, ehemaliger Privatdetektiv und Krimi-Schreiber. Er findet es unter seiner Würde, mit einem ungewöhnlichen Auftakt gleich eingangs protzen zu müssen. Er ist sich seiner Originalität ohnehin bewusst.

Er sitzt an seinem Notebook und tastet (von Tasten) sich an die ersten Sätze seines neuen Romans heran. Sie gleiten mit der üblichen Anfangsbehäbigkeit aus den noch steifen Schreibfingern in die PC-Tastatur. Erst allmählich steigert sich dann die Fließgeschwindigkeit. Von Taste zu Taste. Bei einem Pferd würde man schreiben: es läuft sich ein.

Holbein lehnt sich zurück.

Autorendenkpause.

Eben nachdenklich. In mittelmäßiger Zufriedenheit. Mit einem leisen Zittern in den Fingern, die sich noch zieren, aus weiteren Buchstaben Wörter zu bilden, um dann neue Sätze entstehen zu lassen.

Und ausgerechnet in diese hoch heikle Phase schrillt das leidige E-Mail-Eingangs-Signal.

Holbein versucht Nervenstärke zu bewahren. Aber gestört bleibt gestört. Lieber gleich der Störung auf den Grund gehen als hadern. Vielleicht lauert nur digitaler Werbemüll als Spam. Er klickt die E-Mail-Seite an:

„Betreff: Promotion über Holbeins Werk.

Von: Hadice Abass M.A. “

Aufmachen? Allen Avira-Anweisungen zum Trotz?!

Sich einen literarischen Trojaner aufladen?

Eine Hadice kennt Holbein nicht. Abass?

Ihm fällt nur ein: Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abass …(So schrieb der alte Kollege Karl May vor allzu langer Zeit.)

Zögern. Zögern. Zögern. „Hadice“ klingt gut. Das mit der Promotion scheint wohl ein übler Scherz. Wirkt aber für einen Virenangriff zu speziell. Oder?

Und M.A. gilt immerhin als akademischer Titel.

Holbein klickt die Mail an.

2.

Sehr geehrter Herr Holbein,

es ist sicher unverzeihlich, Sie auf diese Art zu belästigen. Also folgt zunächst der Versuch einer Rechtfertigung:

Nach Abschluss meines Studiums der Literaturwissenschaften, beabsichtige ich zu promovieren mit dem Thema: „Der Autor Heiner Holbein und die relative Autonomie des literarischen Feldes nach Pierre Bourdieu“.

Nur um meiner Arbeit die nötige Authentizität zu sichern, nehme ich Kontakt zu Ihnen auf. .Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Selbstverständlich respektiere ich jede Art von Ablehnung Ihrerseits und verspreche dann, Sie nicht weiter zu belästigen. Die Doktorarbeit müsste in diesem Falle ohne Sie auskommen. Vielleicht erlauben Sie mir ja, Sie einmal anzurufen.

In großer Hochachtung

Hadice Abass M.A.

Holbein holte Luft. Sehr tief sogar.

Der literarische Beelzebub in Frauengestalt! Möglicherweise im Ganzkörperkondom der Burka? Und das Ganze offenbar noch ernst gemeint?

Endgültig aus dem Konzept gebracht, tippt Holbein in einer Mischung aus Wut und Neugier auf „Antworten“ in seinem E-Mailprogramm.

3.

Hallo Hadice Abass,

Ihr schöner Name zwingt mich, meine Zurückhaltung gegenüber digitalen Belästigungen aufzugeben. Wenn es denn der Wissenschaft dient, rufen Sie mich an. Möglichst umgehend, damit ich weiter arbeiten kann.

H.H.

Holbein hatte seine Festnetz-Nummer angegeben, die wir hier aus Gründen des Datenschutzes ausblenden.

Er musste nicht lange warten.

Nach dem dritten Klingelton nahm er das Gespräch an.

- Holbein!

- Hallo Herr Holbein, hier ist Hadice Abass. Sehr freundlich, dass Sie gleich Zeit für mich haben. Ich versuche, mich kurz zu fassen.

- Das ist gut. Hallo Hadice. Ihre Stimme klingt angenehm. Wie sehen Sie denn aus?

- Warum wollen Sie das wissen?

- Ja glauben Sie etwa, ich möchte, dass eine Schreck-schraube über mich promoviert?

- Verstehe. Aber als findiger Autor wissen Sie, dass man sich selbst nicht realistisch einschätzen kann. Meine Agentur hält mich für ein brauchbares Model. Schulter-lange schwarze Haare, dunkler Teint und rabenschwarze Augen. Wollen Sie meine Body-Maße?

- Unbedingt. 11

- Also gut: 91-61-91. Da man herausgefunden hat, dass Männer es am anziehendsten finden, wenn das Verhältnis von Taille zu Hüfte 0,7 beträgt, erfülle ich diese Voraussetzung bis auf ein paar Zehntel. Können Sie eine Doktorandin im Fach Linguistik mit diesen Gegebenheiten akzeptieren?

- Sie sind Linguistin? (Holbein zerlispelte das Wort mit spitzer Zunge.) Ihrem Namen nach könnten Sie Muslimin sein. Modeln Sie für Burka-Trachten?

- Ich bin in Kairo geboren als Muslimin, praktiziere aber nicht den Islam, trage keine Burka, keinen Schleier und bin auch nicht verstümmelt. Falls Sie das interessiert?

- „Ein unversehrter Unterleib verheißt uns schönen Zeitvertreib“. Verzeihen Sie meine vulgäre Geschmacklosigkeit. So etwas überfällt mich einfach. Aber als Autor interessiert man sich nun mal für alles. Das könnten Sie doch bereits wissen, wenn Sie zumindest eins meiner vielen Bücher gelesen haben. Haben Sie doch, oder?

- Ich habe alle gelesen, die veröffentlicht sind. Würde ich sonst über Sie promovieren? Aber dabei kommen wir schon zu meiner ersten Frage: Kann ich etwas über die unveröffentlichten Romane erfahren, die Sie ja gelegentlich zitieren?

- Aha, daher weht der Wind! Sie sollten sich schon mit diesen Zitaten begnügen, allein aus urheberrechtlichen Gründen. Sie wollen mich hoffentlich nicht ausspionieren für Ihre Dissertation?

- Sie sind wohl nicht für Gleichberechtigung? Mich nach meinen Maßen fragen und dann…

- Natürlich bin ich ein alter Macho. Aber unsere Un-gleichberechtigung besteht darin, dass Sie alles über mich wissen, eben aus meinen Romanen. Und ich weiß über Sie ja erst sehr wenig.

- Und schon sind wir bei der zweiten Frage: Im Vorspann Ihrer Romane liest man stereotyp, über den Autor sei bereits alles gesagt. Das glaube ich zum Beispiel nicht.

- Sie wollen doch bitte keine Enthüllungs-Dissertation verfassen…

- Natürlich nicht. Ich werde nur über das schreiben, was zu lesen ist. Nur lässt sich der Autor nicht von seinem Werk trennen. Und damit streifen wir auch schon Bour-dieus Konzept der relativen Autonomie. Aber ich will Sie auf keinen Fall mit literaturwissenschaftlichem Fachjargon zumüllen. Das hieße, Ihre großzügige Geduld über Gebühr zu strapazieren. Soll ich Ihnen vielleicht ein Foto von mir mailen?

- Nicht schlecht, Frau Spe…, Sie wissen offenbar, was sich im Umgang mit Autoren gehört. Da Sie selbst Autorin sind oder werden wollen, verstehen Sie es, neugierig zu machen. Das ehrt Sie. Es würde meinem Sinn für intellektuelle Redlichkeit (den Spruch von mir kennen Sie ja auch) widersprechen, Ihr Angebot abzulehnen. Also los: mailen Sie!

- Auf bald. Ich danke Ihnen für dieses erste Gespräch.

Die Verbindung war unterbrochen.

Holbein lehnte sich zurück.

Na ja!

Ihm kam spontan der Satz in den Sinn: Bitte, promovier mich nicht! Und er verbot sich die zweite Version, die sich aufdrängte: Provozier mich nicht…

Wobei er längst geschnallt hatte, dass da was auf ihn zukommen könnte. Wenn sie für das erste Gespräch dankte, erwartete sie ein zweites. Holbein musste zugeben, dass es unerquicklichere Kommunikationen gab. Neugierig genug schien sie zu sein. Und aus der Neugierde entwickelte sich oft eine ganz andere Begierde. Holbein überlegte, ob er zukünftig das Wort „Neubegierde“ mal verwenden sollte. Er tippte es in den PC und wunderte sich, dass die Rechtschreibprüfung es nicht rot rügte. Vielleicht ein verlockender Köder für eine Linguistik-Doktorandin…

Holbein spürte, wie ihm minimale Schamröte über die Wangenknochen kroch. Hatte er sich doch erst kürzlich strenge Enthaltsamkeit in puncto Neubegierde auferlegt. Schmunzelnd räumte er ein, dass dieses neue Wort tatsächlich im Satzgefüge keinerlei Aufsehen erregte.

Er wusste aber nicht, ob die selbstauferlegte Kasteiung sich auch auf den E-Mail-Verkehr erstreckte. Er hatte schließlich diesen Neuverkehr nicht begonnen. Es handelte sich ausdrücklich um Nötigung. Und wie der Rechtschreibteufel es wollte, selbst das Wort „Neuverkehr“ blieb ohne Beanstandung.

4.

Holbein traf Vorkehrungen.

Er änderte den E-Mail-Eingangs-Sound in der Systemsteuerung seines Notebooks auf Festival. Das ergab einen erhabenen Fanfaren-Doppelklang.

Warum er das tat?

Jetzt bloß keine dummen rhetorischen Fragen!

Holbein wartete doch auf das Foto.

Trara! Trara!!

Die Mail war da!

Ungeduldig starrte Holbein auf den grünen Punkt vor dem Ankündigungstext der neuen Mail:

„H.H. Totentanz IM: IMAM“

Was sollte denn das?

Und schon öffnete sich eine große, schwarz-weiße Graphik, von oben nach unten. Sie entpuppte sich als altes Segelschiff aus Holz. Vollbesetzt mit nackten, um Hilfe schreienden Gestalten. An dem abgeknickten Mast zerrte ein Totenkopfgerippe, um das Boot kentern zu lassen. Daneben der Text:

FATWA GEGEN DEN SCHRIFTSTELLER HEINER HOLBEIN

(„Der Schiffer. Holzschnitt aus der Reihe ‚Totentanz‘ von Hans Holbein dem Jüngeren“)

WIE DEIN NAMENSVETTER HALTEN AUCH WIR EI-NEN TOTENTANZ FÜR DICH BEREIT. DEINE SATA-NISCHE DARSTELLUNG DER ERMORDUNG VON DREI GLÄUBIGEN SALAFISTEN AUF SEE IN DEINEM LETZTEN ROMAN VERURTEILT DICH ZUM TODE!

Gezeichnet: IM: IMAM

Holbein traute seinen Augen nicht. Die minimale Schamröte changierte in ein dunkles Wut-Rot. Hatte diese Doktoranden-Schlampe den Verstand verloren? Ja was glaubte sie denn, sich erlauben zu können?! Das war mehr als jeder schlechte Scherz. Bloß weil er nach ihren Maßen gefragt und um ein Bild gebeten hatte? Die Rache einer verklemmten Muslimin, die sich beleidigt fühlte?

Das gab es doch nicht! Wollte sie den „Autor satirischer Mischformen“ (wie das im Vorspann immer hieß) auf den Arm nehmen? Geschmacklos!

Holbein sprang auf.

Er wählte ihre Rufnummer, die er vom Display vorsorglich gespeichert hatte.

- Hadice Abass.

- Sind Sie von Allah und allen anderen Geistern verlassen, mir einen solchen Dreck zu mailen? Belästigen Sie mich bloß nie wieder. Götz von Berlichingen!

In seiner Rage hatte Holbein die Aus-Taste nicht gleich gedrückt. Also musste er mitanhören, was fast wie ein Aufschrei klang:

- Aber ich habe Ihnen doch noch gar nichts gemailt!

Holbein holte Luft. Diesmal noch tiefer:

- Was sagen Sie da?

- Ich habe nach einem besonders geeigneten Foto gesucht, weil ich Sie nicht enttäuschen wollte. Das hat solange gedauert. Sind Sie bitte, bitte, nicht sauer auf mich. Ich schicke das Foto sofort…

- Sie haben mir nicht diese makabre Fatwa gemailt?!

- Um Himmelswillen nein! Wie käme ich dazu?

Holbeins rote Wut verwandelte sich langsam wieder in ein freundlicheres Rosé:

- Na, dann entschuldigen Sie. Aber ich dachte…

- Wer schickt Ihnen denn eine Fatwa?! So etwas gibt es doch nicht!

- Anscheinend doch. Ich bin zum Tode verurteilt. Das wird Ihrer Dissertation hoffentlich einen ganz neuen Kick verleihen…

- Sind Sie jetzt von allen guten…

- Nein, bestimmt nicht. Da hat sich wohl irgendein Kollege ‘nen üblen Scherz erlaubt. Vergessen wir es.

- Aber mit einer Fatwa scherzt man doch nicht...

- Ich muss selbst erst einmal in Ruhe darüber nachdenken. Vielleicht finde ich ja den Absender heraus.

- O.K. Und ich maile Ihnen jetzt endlich das versprochene Foto. Oder wollen Sie es nicht mehr?

- Aber natürlich will ich. Dann à bientôt!

- À bientôt!

Ihr Französisch klang akzentfrei. Das gefiel Holbein natürlich. Er hatte sich wieder gesetzt und gefangen.

Sofort arbeiteten seine beigen Zellen auf Hochtouren. Es war verdammt voreilig gewesen, den Erhalt dieser lächerlichen Todesdrohung an eine Wildfremde auszuposaunen! Wie konnte er sich nur so aufführen! Er, der obercoole Profiler, ließ sich von einer Ulk-Mail auf die Palme bringen? Unverzeihlich! Diese Doktorandin würde ihn für einen kleinkarierten Spießer halten. Ein plattes Aus für seinen edlen Autoren-Nimbus! Mein Gott, Holbein!

Das würde er wieder aufs Feinste ausbügeln müssen. Hoffentlich sah sie wenigstens gut aus…

Beschämt änderte Heiner Holbein, der ziemlich Ältere, den E-Mail-Eingangssound von Festival zurück auf Standard. Dann sprach er zu sich selbst, was er sonst nie tat:

„Mein lieber Holbein, du wirst tatsächlich alt! Holbein, der Ältere, das ist noch geschmeichelt.“

5.

Holbein schüttelte den Kopf.

Er saß immer noch vor seinem Notebook und starrte die Adresse der Fatwa-Mail an:

IMAM @trash-mail.com. (Es folgten wirre Buchstaben-und Ziffernfolgen. Offenbar handelte es sich um eine dieser sich selbstauflösenden Wegwerfadressen. Hatte er sich nun endgültig einen Trojaner eingefangen?

Verdammte Sauerei! Aber diese Trojaner-Hacker lasen doch nicht seine Romane. Und einen Hans Holbein, den Jüngeren, kannten sie bestimmt auch nicht. Das machte beides keinen Sinn.

Vorsichtshalber ließ Holbein seinen Virenscanner durchlaufen. Der fand jedoch nichts. Allerdings arbeiteten diese Brüder heute so gerissen, dass sie jeden Anti-Viren-Schild mühelos unterliefen. Die NSA ließ grüßen.

Natürlich hatte er auf das Foto mit den Maßen 91-61-91 gewartet. Aber konnte das so kopflos machen?

(Holbein notierte für seinem eigenen Zitatenschatz: Geile Neugier macht blind!) In Zukunft würde er…

Trari! Trari!!

Der Standard-E-Mail-Eingangssound unterbrach abrupt Holbeins kaum begonnene Zukunftsversprechen.

Diesmal versuchte er ruhig zu bleiben.

Es gelang nicht wirklich. Aber er studierte die Mail-Ankündigung mit äußerster Vor- und Umsicht. Den Büroklammer-Anhang sparte er zunächst penibel aus, als handele es sich um böses Teufelszeug. Argwöhnisch starrte er auf den Betreff: Foto von H.A.

Im Textfeld folgte:

Hallo Herr Holbein,

bitte entschuldigen Sie nochmals mein Zaudern. Es tut mir endlos leid, dass ich damit, wenn auch völlig unfreiwillig, zum lästigen Ärgernis für Sie mutierte. Ich wünschte, ich könnte es wieder gutmachen. Hoffentlich findet mein Foto wenigstens Anklang.

MfG Hadice Abass

Na gut. Schließlich blieb wohl nichts anderes übrig, als den Anhang aufzumachen. Zudem war die Neugier längst wieder erwacht. (Natürlich nicht die aus dem Zitatenschatz.) Und siehe:

Das Foto zeigte beeindruckende Schönheit.

In zweierlei Hinsicht, vom Motiv her und vom Fotografen. Wohl eine Aufnahme aus Hadices Sedcard, mit der sie modelte. Eine Meisteraufnahme. Donnerwetter! Dafür konnte man sich schon mal eine trojanische Stute, also einen weiblichen Trojaner, einfangen.

Einfangen? Attackierten da die beigen Zellen bereits wieder sein Enthaltsamkeitsgelübde in puncto Neubegierde?!

Erneutes Kopfschütteln.

Holbein legte es selbst als Abwehrmechanismus aus.

Jetzt lächelst Du, mein geneigter Leser, natürlich. Leg das Kopfschütteln aus wie Du willst. Für oder gegen das Enthaltsamkeitsgelübde. Der Autor weiß längst, in welche Richtung Deine Auslegung fallen wird.

Sollte Holbein auf die Mail antworten? Seinen Anklang ertönen lassen? Das musste er wohl. Gebot der Höflichkeit.

Doch zunächst zoomte er mal Hadices Gesicht heran. So nahe, dass sich die klassische Filmaufforderung erübrigte: „Schau mir in die Augen, Kleines!“ Dabei hatte er nach ihrer Größe nicht einmal gefragt. Diese sah man auch nicht, denn hier handelte es sich um ein Portrait-Foto. Den Rest durfte er sich ausmalen. Dabei spielten die angegebenen Maße sicher eine Rolle.

Holbein führte bisher keine Muslime in seinem Bekanntenkreis. Erst recht keine Musliminnen. Wie sollte er sich verhalten? Wenn diese Doktorandin den Islam nicht praktizierte, galten wahrscheinlich die allgemein weiblichen Verhaltensmuster. Die stellten sich ohnehin vielseitig und komplex genug dar. Manche von Holbeins Lesern hielten ihn für eine Autorität im Umgang mit weiblichen Wesen. Eine seiner übelsten Kritikerinnen fand allerdings, er beschreibe immer wieder die gleichen Frauentypen. Und sie rügte insbesondere seinen (angeblich) fatalen Hang zu drallen Mulattinnen.

Vielleicht würde ja die Doktorarbeit ans Licht bringen, dass Mulattinnen in seinem Werk eher eine untergeordnete Rolle spielten.

Doch bei allem Liebreiz, den das Foto verströmte, konnte sich Holbein nicht wirklich darauf einlassen. Immer wieder schweiften seine Augen ab und kehrten zurück zu dem schwarzen Hans-Holbein-Holzschnitt mit der absurden Todesdrohung.

Plötzlich tanzten dann, vor Heiner Holbeins Augen, die Insassen des kenternden Segelschiffes einen makabren Totentanz. Den Takt dazu schlug das Totenkopfgerippe, ähnlich dem Einpeitscher auf römischen Galeeren.

Holbein wischte sich die Augen. Eine Todes-Fatwa gegen einen Schriftsteller? Absurd?

Immerhin war erst vor kurzem eine solche Drohung gegen den Schriftsteller und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad ausgesprochen worden. Der lebte seitdem unter Polizeischutz und hielt sich versteckt. Beinahe vergessen schien das Todesurteil von 1988 gegen Salman Rushdie, der wegen seiner Satanischen Verse zehn Jahre im Untergrund leben musste.

Zum ersten Mal überlegte Holbein, ob er sich nicht an seinen alten Freund Jericho, vom LKA in Stuttgart, wenden sollte. Aber der würde sich bestimmt totlachen und ihn als humorloses Opfer seiner eigenen Satire-Krimis verspotten.

Also bloß nichts übereilen! Höchstwahrscheinlich würde sich dieser Fatwa-Ulk schon bald in literarisches Wohlgefallen auflösen.

Und Holbein zitierte für sich (nach Nico Bartes) die alte Volksweisheit:

„Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach lächelt.“

Einfach lächeln…

Schließlich zwinkerte ihm ein bezauberndes neues Lächeln zu. Wenn auch zunächst auf digitale Weise.

Andererseits reizte es eher zum Lachen, dass eine schöne Doktorandin über Holbein promovieren wollte.

Es war noch reichlich früh für einen Marc. (Für den einmaligen französischen Tresterschnaps, der sich als Elixier wie ein brauner Faden durch das Leben und das Schreiben des Autors zog. Die braune Farbe stammte von der langen Lagerung in Eichenfässern. Soviel für neue Leser.)

Aber was sollte es?! Die Dissertation würde seine dunkle Abhängigkeit von diesem schmerzstillenden Wundergetränk bestimmt unter die linguistische Lupe nehmen.

„Marc sein! oder Marc nicht sein!“

Wirklich keine Frage.

6.

Das Foto siegte letztendlich.

Das war zu erwarten gewesen. Die Folgerichtigkeit nahm eben in Holbeins Werk eine zentrale Rolle ein. Er legte größten Wert darauf, dass seine wenigen Leser ihm folgen konnten. Das übliche Hin-und-her-Springen der Handlungsstränge, wie man es von den amerikanischen Schreibschulen kennt, um Pseudospannung aufzubauen, lehnte Holbein ab. Dieses Verwirrspiel als Stilmittel, erschien ihm einfach zu billig.

Und siehe da: Holbein spielte bereits jetzt den Undercover-Doktorand in eigener Sache. Natürlich ohne der Dissertation vorgreifen zu wollen. Unmerklich analysierte er schon sich selbst als Autor. Es schmeichelte, im Fokus wissenschaftlichen Interesses zu stehen. Obwohl er das herunterspielte. Er stand schließlich über einer solchen Dissertation. Oder?

Er würde auf jeden Fall Hadice Abass ein weiteres Gespräch zubilligen müssen. Am besten über Skype, als kleine, unverfängliche Video-Konferenz. Für ein persönliches Gespräch war es natürlich noch viel zu früh.

Auch wenn Du anderer Meinung bist, halte Dich zurück, voreiliger Leser! Die vorhersehbare Folgerichtigkeit kannst Du, aus mieser Ungeduld, nicht einfach eigenmächtig beschleunigen wollen. Du musst sowieso noch ein wenig warten, denn:

Holbein, der Gründliche, wollte sich erst einmal schlau machen, was Literaturwissenschaft anging. Das gehörte zu seiner Gesprächsvorbereitung. Der Begriff „Wissenschaft“, im Zusammenhang mit Literatur, erschien ihm doch mehr als suspekt.

Jetzt kannst Du den folgenden Abschnitt getrost überschlagen. Er gehört kaum in einen Krimi.

Für den ehemaligen Soziologen Holbein galt Wissenschaftlichkeit nur, wenn die Ergebnisse empirisch überprüfbar waren. Alles andere hielt er für Geschwafel. Die sogenannten „Geisteswissenschaften“ gehörten für ihn in diese Kategorie. Er verließ sich lieber auf die „Naturwissenschaft“. (Feldforschung, Verifizierung und Falsifizierung von nachprüfbaren Ergebnissen.) Er fand schnell heraus, dass es zwar eine „Empirische Literaturwissenschaft“ gab. Die beschäftigte sich aber nicht mit dem Text oder dem Kunstwerk, sondern mit dem „Handlungssystem Literatur“ (Beziehungen zwischen Autor, Leser, Kritiker und Verleger. Nach Siegfried J. Schmid)

Immerhin. Wenn Holbein den Titel von Hadices Dissertation richtig verstand, dann arbeitete sie in dieser Richtung. Das ‚Handlungssystem‘ entsprach dem ‚literarischen Feld’ und die ‚relative Autonomie‘ betraf den Grad der Unabhängigkeit des Autors von Verlagen, Kritikern und Lesern. Dahin tendierten dann folgerichtig auch ihre Fragen. Hoffentlich so konkret, dass unnötiges Geschwafel entfallen konnte. Er ließ sich gerne überraschen.

Jetzt kannst Du wieder weiterlesen!

So vorbereitet, mailte er Hadice Abass seinen Vorschlag für ein weiteres Gespräch.

Sie war sofort einverstanden und fand die Idee, über Skype anzurufen, großartig.

Selbstverständlich hatte Holbein schon vorher mit der Grundverschönerung seiner Lichtgestalt begonnen. Sich durchgestylt und in Schale geworfen. Von Kopf bis Mittelteil. Mehr war ja nicht von ihm zu sehen, wenn er sitzen blieb.

Endlich ertönte das langwierige Telefongetriller der Skype-Kommunikation. Dann das Freizeichen. Holbein tippte auf annehmen und schaltete die Webcam dazu. Auf dem Display erschien Hadice ziemlich groß.

Das Portrait-Foto hatte verdammt nicht übertrieben. Im Gegenteil. Die schöne Doktorandin wirkte „live“ noch überzeugender. Da musste sich Holbein wirklich kein Lächeln ausreißen (wie sonst ein Bein).Das Lächeln kam ihm wie von selbst über die Augen und die Lippen.

- Hallo Herr Holbein, wie schön, Sie zu sehen und zu hören.

- Hallo Hadice – so darf ich Sie doch nennen? – mir geht es genauso.

- Natürlich dürfen Sie das. Haben Sie den Schreck mit der Fatwa gut überstanden? Hat sich das Ganze aufgeklärt?

- Ach, erinnern Sie mich bloß nicht daran. Ich habe die Sache einfach ignoriert. Weiter bin ich noch nicht gekommen.

- Aber Sie scheinen ja bester Laune. Das beruhigt und ermutigt mich, Ihnen gleich ein paar Fragen zu stellen…

- Nur zu. Legen Sie los.

- Sehr gut. Aber bremsen Sie mich, wenn ich Ihnen zu sehr auf die Nerven falle.

Zunächst ging es ihr um die Frage, wieso er nicht in einem der ‚großen‘ Verlage publizierte. Holbein, gut vorbereitet, antwortete:

- Die wollten mich nicht. Lehnten meine Manuskripte ab. Das kennt man ja, selbst von großen Kollegen. Aber mir ging es auf den Sack. Ich wollte mir meine relative Autonomie erhalten und veröffentlichte bei BoD.

- Nicht schlecht, Meister Holbein, „relative Autonomie“, da hauen Sie ja bereits in meine Kerbe. Sie sind offenbar bestens vorbereitet.

- Haben Sie etwas anderes erwartet?

- Natürlich nicht. Würde ich sonst über Sie promovieren?

So ging das hin und her.

Das gefiel Holbein. Inzwischen analysierte er längst ihren Sprach-Duktus: „…in meine Kerbe hauen…“ Dazu konnte einem Holbein schon was einfallen. Aber auch er durfte seiner eigenen Folgerichtigkeit nicht vorauseilen. Wo er doch den Leser gerade noch ermahnt hatte.

Hadices Auftreten wirkte sehr forsch.

Immer wieder verstärkte sie einen ihrer Sätze durch Hochziehen der Augenbrauen. Und ihre ganze Mimik überzeugte durch Lebendigkeit.

Ihre Fragen stellte sie präzise und zielgerichtet:

- Aber durch die Unabhängigkeit von einem üblichen Verleger verdienen Sie doch auch viel weniger mit Ihren Romanen. Oder nicht?

- Ich schreibe nicht, um Geld zu verdienen.

- Das klingt gut. Verführt mich natürlich zu der Warum-Dann-Frage. Darf ich?

- Ich schreibe aus reinem Geltungsbedürfnis. Und zugleich als Therapie gegen dieses primitive Bedürfnis. Kann ich mich verständlich machen?

- Sie können. Und verblüffen durch Ihre Offenheit…

- Fragen Sie ruhig, ob das mit der Therapie nicht nur eine Ausrede ist.

- Ist es das denn?

- Natürlich auch. Getarnt durch satirische Selbstverfremdung. Das ist ja meine Masche. Ich prahle ständig damit, mir die Welt schöner schreiben zu können als andere.

- Ihre ‚satirische Selbstverfremdung‘ gefällt mir. Darf ich das zitieren?

- Natürlich nicht zitieren. Das wäre Rufschädigung. Aber Sie könnten ja selbst auf diesen Begriff gekommen sein. Ich schenke ihn Ihnen. Großzügig, oder?

- Wirklich sehr großzügig. Danke zugleich für die Mitarbeit an meiner Dissertation.

- Sehr gern, wie man heute so dämlich sagt.

- Ich kann es Ihnen nicht verübeln, dass sie sich lustig über mich machen. Wer sich selbst auf den Arm nimmt, der darf selbstverständlich auch…

Jetzt war es mit Holbeins Zurückhaltung vorbei. Er musste zeigen, wer hier Herr des Verfahrens sein würde. Und er unterbrach sie, bevor sie den Satz zu Ende bringen konnte:

- …Sie auf den Arm nehmen? Wollten Sie mir das erlauben?

- Na, endlich! Ich warte schon lange auf einen für Holbein typischen Macho-Angriff. Mir wird zudem immer mehr bewusst, dass Sie mich bereits in einen Ihrer Romane hereinziehen. Unterschwellig aber unverkennbar.

- Unverzeihlich? Ein Roman im Roman?

- Sicher nicht. Würde ich sonst über Sie promovieren?

Sie wiederholte sich…

Zeit für ein retardierendes Stilmittel.

Holbein hatte sich ja ernsthaft vorgenommen, bei einer Neubegierde Zurückhaltung zu üben.

Der Augenblick schien gekommen.

Doch ehe er nach einem Vorwand suchte, die Kommunikation zu unterbrechen, bellten die Hunde.

Holbeins Hunde.

Als hätten sie es geahnt. Wie auf Kommando bellten sie los. Das Kommando hatte niemand erteilt. Holbein schon gar nicht. Aber es kam ihm gelegen.

Es gelang ihm, ohne den gerade erst begonnenen sentimentalen Faden zu kappen, Hadice auf einen späteren Zeitpunkt zu vertrösten.

Sie musste ja das Bellen gehört haben.

Den Faden selbst wickelte er vorsorglich und fürsorglich auf seine große Vorratsspindel.

Von der aus würde er zum gegebenen Zeitpunkt den Handlungsfaden (sic!) in aller Ruhe wieder aufnehmen und weiterspinnen.

Das bedeutete im Klartext für seine attraktive Gesprächspartnerin:

À bientôt…

7.

Holbein sah das Messer sofort.

Es war bis zum Heft eingedrungen.

Holbein kniete sich auf den Boden.

Der Täter musste mehrmals zugestochen haben.

Holbein sah es ganz deutlich.

Da kam jede Hilfe zu spät.

Der Reifen war bis auf die Felge platt.

Das Tor zur Garage stand offen.

Die Hunde bellten nicht mehr.

Der Täter schien ortskundig zu sein. Er musste gewusst haben, dass ihm die Hunde, abgeschirmt durch den stabilen Gartenzaun, nicht gefährlich werden konnten. Die Garage befand sich im Scheunenteil des Anwesens. Das zweiflügelige Holztor war nie verschlossen und konnte so von jedem leicht geöffnet werden. Immerhin war der ganze Hofraum zur Straße nochmal durch einen zwei Meter hohen Zaun gesichert. Aber das Eingangstor in diesem Zaun wurde erst abgeschlossen, wenn niemand zu Hause war.

Der dreiste Eindringling konnte nur von der Straßenseite her gekommen sein. Am helllichten Tag. Er musste zuvor also alle diese Gegebenheiten gründlich ausspioniert haben.

Wer konnte das gewesen sein?

Holbein untersuchte den Griff des Messers und entdeckte auf der Rückseite einen kleinen Aufkleber. Er las zu seinem Entsetzen die Großbuchstaben: IM:IMAM.

Das ging nun über jeden Scherz hinaus!

Hier handelte es sich eindeutig um den Straftatbestand der vorsätzlichen Sachbeschädigung.

Sollte damit der angekündigten Todes-Fatwa Nachdruck verliehen werden?

Jetzt musste Holbein wohl oder übel die Polizei einschalten. Er rührte nichts mehr an und ließ das Garagentor offen, wie es war.

Natürlich wusste Holbein sehr genau, dass die lokale Polizei in solchen Fällen wenig unternahm. Ob aber eine Fatwa die Dringlichkeit erhöhte?

Vielleicht.

Holbein dachte an die damit verbundenen Unannehmlichkeiten. Man würde seinen Wagen und seinen PC beschlagnahmen. Sein geheiligtes Schriftrefugium mit samt den Manuskripten auf den Kopf stellen. Und so weiter…

Da konnte nur noch Jericho, sein alter Freund und Mentor vom nahen LKA, aus der Patsche helfen.

Holbein rief ihn an.

8.

Jericho war dienstlich unterwegs.

Dank seines Spezial-Handys, war er aber für Holbein zu erreichen.

- Na, altes Haus, was hast du diesmal ausgefressen?

- Du alter Hellseher, ich sitze tatsächlich wieder in der Patsche. Aber diesmal ohne das geringste Verschulden meinerseits.

- Das behauptest du doch immer.

- Du kannst mir glauben, diesmal bin ich absolut unschuldig.

- Dann schieß los. Ich lausche deiner Unschuldsvermutung.

Holbein schilderte in kurzen, wohlgesetzten Worten seine peinlich-heikle Situation. Er hatte sich vorher jedes Wort zurechtgelegt.

Jericho ließ ihn berichten und unterbrach ihn kein einziges Mal. Das legte Holbein bereits zu seinen Gunsten aus.

Dann sagte Jericho: