2,99 €
Die neu geplante Bahnlinie der Union Pacific Railway soll über das Land von Grat Bassett verlaufen, der dort eine Pferdezucht betreibt. Der benachbarte Rinderzüchter Silas Brown, der für den Bau der Bahnlinie ist, kommt mit einigen Männern zu Bassett, um ihn zur Zustimmung zu überreden, wird allerdings mit seinen Leuten von Bassetts Land gejagt. Daraufhin schickt Brown seine Männer zwei Tage später, als Bassett ein paar Pferde in den nächsten Ort bringt, auf dessen Hof um sich zu rächen, indem er diesen niederbrennen und Bassetts Leute ermorden lässt. Bassett schwört Rache und gerät damit in eine Angelegenheit mit noch viel weitreichenderen Folgen.
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane.
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-Book bei CassiopeiaPress.
Cover: Steve Mayer
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2018
Western von Pete Hackett
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
Grat Bassett vernahm den rumorenden Hufschlag und verließ das Haus. Die aufgehende Sonne blendete ihn. Es war früh am Morgen, über dem South Platte River hingen Nebelbänke, auf den Gräsern glitzerte der Tau.
Zum Schutz gegen das Sonnenlicht schirmte Grat seine Augen mit der flachen Hand ab. Er ahnte nichts Schlimmes. Er dachte sich auch nichts, als er vier Reiter wahrnahm, die sich der kleinen Ranch näherten. Grat züchtete Pferde, er besaß aber auch eine Herde Rinder. Er beschäftigte zwei Cowboys. Die beiden befanden sich auf der Weide.
Nun erkannte Grat die Reiter. Es waren Silas Brown, der Boss der Grazy Bull Ranch, sein Vormann Bill Wilcox sowie die beiden Cowboys Lee Edwards und Joe McGregg. Sie kamen auf dem Weg, der nach Sterling führte.
Einige Schritte vor Grat zerrten sie ihre Pferde in den Stand. Silas Brown setzte sich im Sattel bequemer zurecht, beugte sich vor und musterte Grat durchdringend, forschend und auf besondere Art prüfend. Es wurde kein Gruß ausgetauscht, und die finsteren Mienen der Männer von der Grazy Bull Ranch riefen in Grat düstere Ahnungen hervor.
Grat verschränkte die Arme vor der Brust und fragte kühl: „Was verschafft mir die Ehre, Mr. Brown. Haben sich wieder einmal einige meiner Rinder über den Fluss verirrt und sind auf Ihre Weide gelaufen?“
Die Mundwinkel des Ranchers zogen sich geringschätzig nach unten. Silas Brown verströmte Überheblichkeit und Erhabenheit. Er schüttelte fast gemächlich den Kopf und grollte: „Nein, Bassett. Es geht nicht um Rinder. Es geht um Land. Um Ihr Land, Bassett. Sicherlich ist Ihnen bekannt, dass sich seit einigen Tagen Ray Chesterfield von der Union Pacific in Sterling aufhält. Er und sein Stab sollen die Bahnlinie planen und vermessen. Sie wird über Ihr Land führen.“
Ein mattes Lächeln umspielte Grats Mund, ein Lächeln ohne jede Freude oder Freundlichkeit, und er versetzte: „Da werde ich wohl auch ein Wort mitzureden haben. Und ich glaube nicht, dass ich auch nur einen Quadratzoll Land an die Union Pacific verkaufe. Die Bahn kann ihre Trasse weiter im Osten an meinem Land vorbeiführen. - Ja, Chesterfield war bereits bei mir. Und ich habe ihm meinen Standpunkt unmissverständlich klargemacht.“
„Ein schlechter Standpunkt, Bassett“, knurrte Silas Brown. „Das Land weiter östlich ist ungeeignet für den Gleisbau. Zu viele Hügel und Felsen. Der finanzielle Aufwand stünde wahrscheinlich in keinem Verhältnis zum Erfolg.“
Grats Lider verengten sich. „Das interessiert mich nicht. Es ändert nichts an meiner Einstellung.“
Browns Schultern strafften sich. „Ich will, dass die Bahn so schnell und so nahe wie möglich an mein Land herangeführt wird. Die Union Pacific wäre sogar bereit, eine Viehverladestation hier einzurichten.“
„Auf meinem Land?“, erboste sich Grat. „Kommt nicht in Frage.“
„Die Bahn zahlt hohe Preise“, erklärte Silas Brown mit Nachdruck. „Sie bekämen für Ihr Land dreimal so viel, wie Sie dafür bezahlt haben. Sie erzielen einen horrenden Gewinn, wenn Sie verkaufen, und mir wäre geholfen. Meine Herden hätten nur noch kurze Strecken zur Verladung zurückzulegen und ...“
„Ich lasse weder zu, dass Sie Ihre Rinder über meine Weidegründe treiben, Brown, noch lasse ich mich auf einen Handel mit der Bahngesellschaft ein. Schlagen Sie es sich aus dem Kopf. Daraus wird nichts.“
„Sie sind ausgesprochen uneinsichtig, Bassett“, gab Brown zu verstehen, und es klang fast bedauernd. „Es gibt aber Mittel und Wege, Sie zur Einsicht zu bringen und zum Verkauf zu veranlassen.“ Er deutete ein vielsagendes Grinsen an. „Sie täten also gut daran ...“ Plötzlich stutzte er, es schien, als drängte sich ihm unvermittelt ein Gedanke auf, und er schob sein kantiges Kinn vor. Lauernd kam es über seine Lippen: „Hat Sie vor mir vielleicht schon John Gallatin aufgesucht? Hat er Ihnen gedroht, Sie zurechtzustutzen, falls Sie auf die Idee kommen, an die Union Pacific zu verkaufen? Wenn die Bahnlinie kommt, ist er nämlich ziemlich fertig mit seinem Frachtwagenbetrieb. War er bei Ihnen?“
Diese letzte Frage kam scharf und drohend, über der Nasenwurzel des Ranchers hatte sich eine steile Falte gebildet. Sein stechender Blick hatte sich an Grat regelrecht verkrallt.
„Nein, Gallatin war nicht bei mir“, antwortete Grat gedehnt. „Aber selbst wenn: Ich lasse mir keinen fremden Willen aufzwingen. Nicht den Ihren, Brown, nicht den Gallatins, und auch nicht den der Eisenbahnmanager.“
„Ist das Ihr letztes Wort, Bassett?“
„Mein allerletztes.“ Grats Miene und seine ganze Haltung drückten Unnachgiebigkeit und Unbeugsamkeit aus. Obwohl er Silas Brown nicht aus den Augen ließ, entgingen ihm nicht die Reaktionen der drei Weidereiter, die der Rancher mitgebracht hatte. Ihre Schultern strafften sich, sie musterten ihn fast gierig und schienen nur auf den Befehl ihres Bosses zu warten.
„Ich ahnte es.“ Silas Brown nickte wie zur Bekräftigung seiner Wort. „Sie sind ein sturer Esel, Bassett. - Bill, Lee, Joe!“
Mehr als die drei Namen brauchte er nicht zu sagen. Die Unmissverständlichkeit in Browns Unterton war nicht zu überhören. Darin lag die unausgesprochene Aufforderung, in Aktion zu treten. Seine Männer wussten Bescheid. Brown hatte sein Vorgehen mit ihnen abgesprochen, für den Fall, dass Bassett sich seinen Vorstellungen widersetzte. Mit niederträchtigem Grinsen glitten sie von den Pferden. Grat bereute in dieser Minute, dass er das Haus unbewaffnet verlassen hatte.
Die drei Kerle näherten sich ihm geschmeidig und gleitend wie Raubtiere. Bill Wilcox, Browns Vormann, rieb sich die rechte Faust in der linken Hand. Er dehnte: „Du lässt uns keine andere Wahl, Bassett. Na schön. Wir werden dir jetzt etwas Verstand in deinen dummen Kopf hineinhämmern. Und wenn wir mit dir fertig sind, wird dich Mr. Brown noch einmal fragen, ob du bereit bist, an die Union Pacific zu verkaufen. Schreib es deiner Unvernunft zu. Vielleicht aber denkst du noch einmal blitzschnell nach - noch hast du es in der Hand.“
Grat biss die Zähne zusammen. Hart traten die Backenknochen unter der Haut hervor. Er straffte seine Muskeln. „Ich habe bereits darüber nachgedacht“, stieß er abgehackt hervor. „Und meine Antwort kennt ihr. Und noch etwas, Wilcox: Ich werde es euch dreien bestimmt nicht leicht machen.“
Er gab sich keinen Illusionen hin. Er war chancenlos gegen die drei Kerle. Aber die Ranch bedeutete seine Existenz. Er hatte sie vor drei Jahren gegründet und den letzten Cent hineingesteckt. Und jetzt, da sie endlich die ersten Gewinne abwarf, sollte er einfach alles aufgeben. Eine wilde Entschlossenheit durchflutete ihn - es war fast so etwas wie der Mut der Verzweiflung. Er stellte sich auf den Kampf ein und war bereit, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.
„Wir werden dich zerbrechen!“, knirschte Bill Wilcox und schnellte auf Grat zu. Dieser nahm schnell die Beine etwas auseinander, um festeren Stand zu haben, und er riss abwehrend die Fäuste hoch. Ehe Wilcox gegen ihn prallte, nahm er noch wahr, dass sich die beiden Weidereiter schneller bewegten - raubtierhaft schnell und behände.
*
Ein Schuss peitschte. Die Kugel ließ zwischen den Vorderhufen des Pferdes von Silas Brown den feinen Sand und das Erdreich spritzen. Das Tier stieg von Panik erfasst auf die Hinterhand, wieherte schrill, und ehe der Rancher zum Denken kam, krachte er mit Wucht in den Ranchhof. Staub wolkte unter ihm auseinander. Das Pferd drehte sich, rollte mit den Augen, und dicht neben dem Rancher prallten die Hufe wieder auf den Boden. Die Detonation verebbte in der Weite des Landes.
Bill Wilcox konnte seinen Angriff nicht mehr stoppen. Lee Edwards und Joe McGregg aber erstarrten. Grat glitt gedankenschnell einen Schritt zur Seite, der Vormann flog an ihm vorbei, stolperte, fing sich, wirbelte herum und richtete seine Aufmerksam nach Osten, wo der Schuss gefallen war.
Auch Grat blickte in diese Richtung. Auf dem Scheitelpunkt des Hügels hoben sich zwei Reiter scharf und schwarz gegen die Kulisse des ungetrübten Himmels ab. Auf den Läufen ihrer Gewehre brach sich das Licht der Morgensonne. Stöhnend und ächzend rappelte sich Silas Brown in die Höhe. Schief stand er da, über sein wind-, sonnen- und regengegerbtes Gesicht liefen eine Reihe von Gemütsbewegungen, die von Ungläubigkeit und Erstaunen bis hin zu wilder, vernichtender Wut reichten.
Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte Grat, als er die beiden Reiter erkannte. Es waren Quincy Ladd und Al Dodson, seine beiden Cowboys. Sie trieben ihre Pferde an und ritten die Hügelflanke hinunter. Die Gewehre an der Hüfte im Anschlag parierten sie bei Grat die Pferde. Quincy, ein bärtiger Oldtimer, knurrte: „Als wir die vier Figuren über Bassett-Weide reiten sahen, ahnten wir nichts Gutes, Grat, und deshalb sind wir ihnen gefolgt. Wie mir scheint, war das keine schlechte Idee.“
„Euch hat der Himmel geschickt“, sagte Grat. „Sie wollten gerade anfangen, mir die Flügel zu stutzen ...“
„Haltet eure Pfoten bloß in respektabler Entfernung von den Kanonen, ihr Coyoten!“, röhrte Al Dodsons Donnerstimme, als er bemerkte, dass die Hände der drei Grazy Bull-Männer nach den Schießeisen tasteten.
Sofort hielten sie still. Bill Wilcox‘ Zahnschmelz knirschte, als er in hilfloser Ohnmacht die Zähne zusammenbiss. In der Tiefe seiner Augen entstand ein hässliches Funkeln. Aber der Anprall der Unversöhnlichkeit, die die Cowboys verströmten, bewahrte ihn vor unüberlegten Handlungen. Denn Quincy und Al brauchten nur abzudrücken, während er seine Waffe erst ziehen und spannen musste.
Widerstand war zwecklos. Zwar bedrohten die Gewehre der beiden Weidereiter keinen direkt. Die Läufe pendelten von einem zum anderen. Und die beiden Cowboys beobachteten sie mit Argusaugen. Der Versuch, das Ruder herumzureißen, wäre für die Männer von der Grazy Bull Ranch sicherlich übel ausgegangen. Das erkannten sie, und darum wagte keiner diesen Versuch. Ihre Haltungen blieben jedoch angespannt, sprungbereit und lauernd.
Grat ließ wieder seine Stimme erklingen: „Brown möchte, dass ich Land an die Union Pacific abtrete, damit diese auf meinem Grund und Boden eine Viehverladestation errichten kann und er seine Rinder nicht mehr große Umwege treiben muss. Und weil ich mich mit diesem Gedanken ganz und gar nicht anfreunden wollte, ließ er seine Sattelwölfe von der Leine.“
Quincy Ladd spuckte voll Verachtung in den Staub. „Das ist typisch für diesen aufgeblasenen Möchtegern-King. Na schön, Grat, wir haben ihm die Tour vermasselt. Was machen wir nun mit den vier wenig ehrenwerten Gentlemen? Schicken wir sie ohne Pferde und in Strümpfen nach Hause, oder lassen wir sie die Hosen auch noch ausziehen?“
Grat winkte ab. „Haltet Wilcox, Edwards und McGregg in Schach, Jungs.“ Er ging auf Silas Brown zu. Schleppend, jedes Wort betonend, sagte er: „Wie wäre es, Brown, wenn Sie zur Abwechslung mal versuchten, Ihre Schmutzarbeit selbst zu erledigen? Solange Ihre Männer Ihnen den Rücken stärken, geben Sie sich großmäulig, unduldsam, arrogant und unnachgiebig. Wie ist es aber mit Ihrem Mut bestellt, wenn keiner da ist, der für Sie die Kastanien aus dem Feuer holt?“
Er blieb einen Schritt vor Silas Brown stehen und wippte auf den Fußballen.
Der Rancher verzog das Gesicht. Sein flackernder Blick strich hilfesuchend über seine Männer hinweg. Doch diese konnten ihm nicht beistehen. Angesichts der auf sie angeschlagenen, schussbereiten Gewehre wäre das selbstmörderisch gewesen.
„Sie werden doch nicht kneifen?“
Unerbittlich hieb Grats klirrende Stimme in sein Denken. Er zog den Kopf zwischen die Schultern, dann presste er hervor: „Ich kämpfe nicht mit Ihnen, Bassett. Weder mit irgendeiner Waffe noch mit den Fäusten.“ Er schluckte, in seinen Mundwinkeln zuckte es, und dann fügte er frech hinzu: „Wer bin ich denn, dass ich mir an einem wie Ihnen die Hände schmutzig mache?“
Grats Brauen schoben sich düster zusammen. Zorn wallte in ihm hoch, und er war nahe daran, sich auf Silas Brown zu stürzen, um ihn niederzuschlagen. Aber er behielt die Rebellion in seinem Innern im Zaum und stieß grimmig hervor: „Sie sind ein Giftpilz, Brown, ein mieser, niederträchtiger und feiger Giftpilz. Yeah, ich jage sie in Socken und ohne Pferd von meiner Ranch. Sie und ihren Anhang. Also vorwärts, zieht die Stiefel aus. Vorher aber legt eure Gurte ab. Eure Pferde, Waffen und Stiefel könnt ihr euch beim Sheriff in Sterling abholen.“
„Das kannst du nicht ...“ Bill Wilcox japste es hinaus, aber Grat schnitt ihm schroff und klirrend das Wort ab, indem er sagte: „O doch, Vormann! Ihr seid mit üblen Absichten hergekommen, und das Gesetz nennt dies Landfriedensbruch. Ich könnte euch mit der Peitsche von meinem Grund und Boden jagen. Und nun schnallt die Gürtel auf und zieht die Stiefel aus. Andernfalls lehren meine Boys euch das Tanzen.“
Er grinste hart und kantig.
Grat hatte sich halb zu Bill Wilcox umgewandt. Auf Silas Brown achtete er nicht. Im zerfurchten Gesicht des Ranchers arbeitete es. Er scheute sich davor, mit Grat zu kämpfen. Aber demütigen lassen wollte er sich nicht - durfte er sich nicht, wollte er sich nicht lächerlich machen. Und es war wie ein Taumel, der ihn erfasste und überwältigte. Mit einem Aufschrei stürzte er sich auf Grat. Seine Fäuste wirbelten, und sie trafen. Grat, der total überrascht wurde von dieser Attacke, strauchelte und stürzte. Er hatte das Empfinden, mit dem Kopf gegen eine Ziegelwand gerannt zu sein, so hart waren Browns Schläge gewesen. Und ehe er richtig zur Besinnung kam, warf sich der Rancher auf ihn.
Sie wälzten sich im Staub. Wie irrsinnig schlug Silas Brown auf Grat ein, und dieser musste immer wieder empfindliche Treffer einstecken. Schließlich aber konnte er seinen Gegner abschütteln. Er sprang auf die Beine. Blut rann aus einer kleinen Platzwunde an seinem Jochbein. Staub puderte sein Gesicht und knirschte zwischen seinen Zähnen. Und eine Welle des Zorns überschwemmte sein Bewusstsein.
Der Rancher war etwas langsamer. Er stemmte mit den Armen seinen Oberkörper vom Boden weg, kam auf die Knie, und in dem Moment, als er sich endgültig erheben wollte, knallte ihm Grat einen weit aus der Hüfte geholten Haken gegen das Kinn, und im nächsten Augenblick landete Grats Linke auf seinem Ohr. Die beiden Schwinger warfen den Rancher wieder um. Er rollte auf den Rücken und stieß mit beiden Beinen gleichzeitig nach Grat. Dieser erwischte den linken Fuß Browns mit beiden Händen und drehte ihn mit einem wilden Ruck herum.
Silas Brown brüllte Schmerz und Not hinaus, warf sich auf die Seite, folgte so mit seinem gesamten Körper der Drehung des Beines, und sogleich ließ der stechende Schmerz nach.
Ein Ruck, und Grat hatte ihm den Stiefel ausgezogen. „Nummer eins!“, fauchte er wild, fast leidenschaftlich, und schleuderte ihn zur Seite.
Brown kroch ein Stück davon. Er versuchte, aus der unmittelbaren Nähe Grats zu kommen. Er hatte plötzlich panische Angst vor dem jungen Pferdezüchter, den zurechtzustutzen er hier aufgekreuzt war, der nun jedoch dabei war, ihm eine bittere Lektion zu erteilen.
Grat holte ihn ein. Er packte das rechte Bein des Ranchers und riss es hoch. Silas Brown fiel auf das Gesicht. Seine Finger verkrallten sich im Boden. Der Schrei, der sich in ihm hochkämpfte, erstickte im Ansatz, und nur ein dumpfer, abgerissener Ton brach über seine Lippen.
Und dann hatte Grat ihm den zweiten Stiefel ausgezogen. Auch ihn schleuderte er weit davon. Er zerrte Brown am Westenkragen in die Höhe, versetzte ihm einen Stoß, und der Rancher taumelte auf seine Cowboys zu, die von Quincy Ladd und Al Dodson in Schach gehalten wurden.
„Abschnallen!“, befahl Grat mit rasselnden Stimmbändern. „Und dann runter mit den Stiefeln.“
„Du wirst es bereuen!“, keuchte Bill Wilcox. „Verlass dich drauf, Bassett. Wir kommen wieder, und dann ...“
Er ließ den Rest offen, aber gerade das war beredter als alle Worte es auszudrücken vermocht hätten.
Wilcox öffnete den Revolvergurt. Er rutschte an seinen Beinen nach unten. Lee Edwards und Joe McGregg folgten seinem Beispiel. Tödlicher Hass glühte in den Augen der Kerle. Die Schmach, die ihnen Bassett und seine Männer zufügten, konnte nur mit Blut abgewaschen werden.
Dann standen sie in Socken auf dem Ranchhof. Ihre Gesichter hatten sich verkrampft, böse Verheißungen gingen von ihnen aus. Der Weg bis zur Grazy Bull Ranch würde für sie zur Tortur werden. Grenzenloser Zorn tobte in ihren Gemütern.
„Marsch!“, rief Quincy Ladd und drückte ab. Vor Wilcox Zehen pflügte das Geschoss in den Staub. Unwillkürlich sprang der Vormann einen halben Schritt zurück. „Wir zahlen es euch heim“, prophezeite er, machte mit hängenden Schultern kehrt und sagte kratzig: „Gehen wir. Wir haben einen Fehler gemacht, aber wir werden ihn ausbügeln. Bald schon. Also gehen wir.“
Er setzte sich in Bewegung.
Silas Brown spuckte Gift und Galle. „Auf allen Vieren werdet ihr vor mir im Staub kriechen. Und ich werde auf euch spucken ...“
Wilcox zog ihn mit sich fort. Der Vormann wusste, wann eine Sache verloren war. Und an diesem Tag mussten sie eine schmähliche Niederlage einstecken.
Edwards und McGregg folgten ihnen und verwünschten Grat Bassett.
*
Josh Kilkeene ritt die Main Street von Sterling entlang. Suchend schaute er sich um. Sterling war eine verhältnismäßig große Stadt. Es herrschte hektische Betriebsamkeit. Hier und dort wurde gebaut. Hämmern und Sägen, das Geschrei der Arbeiter, das Rumpeln von Karren und Fuhrwerken, Wiehern, Hufschlag und eine ganze Reihe anderer, oftmals undefinierbarer Geräusche erfüllten die Stadt. Das alles wurde übertönt vom Lärm der Sägemühle, die am Ufer des South Platte River errichtet worden war und die für das notwendige Schnittholz sorgte.
Die Union Pacific plante, zunächst einen Schienenstrang bis nach Sterling zu verlegen, und mit der Eisenbahnanbindung sollten Aufschwung und Blüte einsetzen. Sterling sollte zu einem Knotenpunkt, einem Umschlagplatz von Waren und Gütern werden, zum Puls eines weiten Umlandes, das mit allem Notwendigen versorgt werden wollte. Und dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis von Sterling aus weitere Nebenlinien das Land in alle Himmelsrichtungen erschlossen.
Josh Kilkeene lenkte sein Pferd auf einen Saloon zu, auf dessen Vorbau sich zwei Männer unterhielten. Er tippte lässig an die Hutkrempe und sagte: „Ich suche John Gallatins Frachtwagenbetrieb. Können Sie mir weiterhelfen?“