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Deutschland macht dicht ist ein politisches Bilderbuch. Es erzählt eine einfach Geschichte, in der das meiste versteckt ist, was Menschen heute angst macht, und die zugleich zeigt, daß Angst ein schlechter Ratgeber ist. Hendrik und Rosalie, zwei mutige, beinah schon erwachsene Leute, müssen erleben, daß sich das Land, in dem sie wohnen, auf unerklärliche Weise und angeblich zur Krisenabwehr gegen alles Abweichende und Unberechenbare abgeschirmt hat. Die Zeit vergeht nicht mehr richtig, das Leben lebt nicht mehr. Nur die Fähigkeit, die mächtige Dummheit auszulachen, verspricht noch Rettung. Die Heldin und der Held können, was gebraucht wird; und sie tun es. Der weise Hase Mandelbaum, ein Cowboy namens Jesus und viele andere Gestalten, die jeder kennt, ohne ihnen bisher persönlich je begegnet zu sein, helfen dem Heldenpaar, den Widerstand des Besonderen gegen das Allgemeine, der Kunst gegen die Verwaltung und der Liebe gegen die Anpassung zu riskieren. Die Bilder und Texte, in denen das alles geschieht, sind fröhlich, neu und so leicht, wie der Mut sein muß, wenn er nicht verbissen werden will.
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Seitenzahl: 213
Dietmar Dath
Deutschland macht dicht
Eine Mandelbaumiade
Mit Bildern von Piwi
Suhrkamp
Die Illustrationen im Buch stammen von Christopher Tauber (Piwi).Der Umschlag wurde gestaltet von Hermann Michels undRegina Göllner unter Verwendung einer Zeichnung von Piwi.
ebook Suhrkamp Verlag Berlin 2010
© Suhrkamp Verlag Berlin 2010
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www.suhrkamp.de
eISBN 978-3-518-73360-8
Deutschland macht dicht
To Harlan Ellison, again, in debt for all the stories & To Susan Ellison, without whom ...
Man könnte meinen, eure Erklärung sei für eine kleine Herde menschlicher Kreaturen gegeben worden, die in einem Winkel der Welt eingepfercht ist, nicht aber für eine riesige Familie, der die Natur die ganze Erde zu ihrem Besitz und zu ihrer Wohnstatt gegeben hat.
Robespierre an den Nationalkonvent, 24. April 1793
Den Vorhang reißt auf Es singt das Land Es liegt der Hund begraben
Kristof Schreuf
CAVE CANEM
Alles in diesem Buch ist erfunden, aber nicht
so weltfremd wie das, was sie Nachrichten nennen.
In der hübschen, aber viel zu teuren deutschen Stadt Frankfurt am Main lebte ein junger Mann. Wer ihn anschaute, fand ihn schön: schwarzhaarig, mit Augen voll Seele, nicht zu scharfen, keineswegs aber weichen Gesichtszügen, ein bißchen muskulös, ein bißchen traurig, ein bißchen schlampig. Er trug sich mit heftigen Absichten und war auf genau die richtige Art und Weise frech. Viel redete er nicht. Aber was er sagte, das saß.
Die aus eigener Schuld Dummen und Elenden hatten Angst vor ihm. Von denen gab es viele. Manchmal stieß er in der U- oder S-Bahn gegen ferngesteuerte Bankidioten, die sich auf albernen Metallrollern zwischen den Menschenströmen in langen Trippel- und kurzen Gleitphasen fortbewegten. Dann maß er sie von oben bis unten und sagte, nicht laut, aber deutlich, den Satz: »Du gehörst beseitigt.«
Im Rieseneinkaufszentrum »My Zeil« wollte er einmal eine von aufgetakelten Lebedamen blockierte Furt zwischen zwei Parfümtheken passieren. Sie gaben ihm den Weg nicht frei. Da hob er beide Arme und sprach: »Laß mich durch, ich muß Geschenke für tolle Frauen kaufen, ihr wißt ja, wie das ist, seid ja auch tolle Frauen!«
Die Lebedamen lachten und verliebten sich. Er durfte durch.
Der schöne Junge besuchte das vernünftigste Gymnasium der Stadt. An Dienstagvormittagen fragte ihn dort manchmal seine Mathematiklehrerin, warum er montags nicht zum Unterricht erschienen war. Er guckte jedesmal traurig, wenn er ihr, mit leichten Variationen im Wortlaut, dann erklärte: »Wissen Sie, das ist so: Leider war ich tot. Kommt vom Feiern.« Sie sah es ein; er galt stets als entschuldigt. Diese Art Überzeugungskraft war es, die dem schönen Jungen bei allen, die ihn kannten, Respekt verschaffte.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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