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Über die Schlacht von Königgrätz und die Ereignisse auf dem böhmischen Kriegsschauplatz sind bereits zahlreiche Werke erschienen. Dieses Buch widmet sich hauptsächlich den Geschehnissen auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands und den Auswirkungen auf alle damaligen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes. Die Ereignisse werden Tag für Tag geschildert, zahlreiche zeitgenössische Augenzeugen und Kommentatoren kommen zu Wort. 931 Abbildungen lassen die Zeit wieder lebendig werden, 138 Karten sorgen für stetige Orientierung. Weitere Kapitel erläutern den Stand von Technik, Taktik, Medizin und Presse; 136 Fotos zeigen das aktuelle Aussehen der Schauplätze und was heute noch an die damaligen Geschehnisse erinnert.
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Seitenzahl: 1267
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Vorwort
Der deutsche Bund
Vorgeschichte
Die Bündnisse
Chronik der Ereignisse
Was heute noch daran erinnert
Resultate des Krieges
Krieg und Politik
Die Lage der Zivilbevölkerung
Die Lage der Soldaten
Die Kriegsführung
Stand der Medizin
Die Rolle der Presse
Die Welt des Jahres ´66
Was wäre geschehen, wenn…
Biographien der Hauptpersonen
Die beteiligten Armeen
Begrifserklärung
Dokumente in originalem Wortlaut
Literaturverzeichnis
Hätte es 1866 schon die Wahl zum Wort des Jahres gegeben, es wäre wohl das „Zündnadelgewehr“ gewesen, das seinerzeit nicht nur in Deutschland in aller Munde war, gefolgt von „Bruderkrieg“, „Annexion“, „Mainlinie“.
Der Krieg des Sommers 1866 trägt verschiedene Namen: Deutscher Krieg, preußisch-deutscher Krieg, preußischösterreichischer Krieg, deutsch-österreichischer Krieg, deutsch-deutscher Krieg, Einigungskrieg, Siebenwöchiger Krieg oder deutscher Bruderkrieg, damals auch Sezessionskrieg und im Ausland Deutscher Bürgerkrieg genannt. In der DDR wurden die Resultate als „Erste deutsche Teilung“ bezeichnet. Die Kämpfe auf dem südlichen Schauplatz nennt man auch den Dritten Italienischen Unabhängigkeitskrieg.
Es war ein Krieg den eigentlich nur ein einziger Mann führen wollte: Otto von Bismarck, die herausragenste politische Persönlichkeit jener Zeit, der damit die Machtverhältnisse in Deutschland zugunsten Preußens zu verändern beabsichtigte.
Formell betrachtet war es eine militärische Auseinandersetzung des Deutschen Bundes unter der Führung der Präsidialmacht Österreich mit Preußen und dessen Verbündete um die Vorherrschaft in Deutschland.
Der Kampf um die Macht war auch ein Kampf der Reste des alten Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gegen den neuen deutschen Nationalstaat, Großdeutsch gegen Kleindeutsch, Regierung gegen Rebellen, Süd gegen Nord, Gulden gegen Thaler, Katholizismus gegen Protestantismus, Status Quo gegen Reform, Föderalismus gegen Zentralstaat.
So kurz der Krieg auch war, hatte er doch große Bedeutung für die Weltgeschichte, denn er stellte Weichen. Der Deutsche Bund, eine Schöpfung des Wiener Kongresses von 1815, der, obwohl oft angefeindet, immerhin für 50 Jahre den Frieden in Mitteleuropa bewahrte, erlosch. Statt seiner erwuchs die Großmacht Preußen und unter seiner Vorherrschaft der Norddeutsche Bund als Übergangsstadium zum Deutschen Reich. Die Weiche, die den Zug der deutschen Geschichte auf die verhängnisvolle Strecke über den 1. Weltkrieg bis hin zur Katastrophe des 2. Weltkriegs schickte, wurde im Sommer 1866 gestellt.
Österreich war fortan nicht mehr Teil Deutschlands, ebenso Liechtenstein und Luxemburg. Daher werden die Ergebnisse dieses Konfliktes auch als erste deutsche Teilung bezeichnet, der die zweite (1918) und die dritte (1945) unweigerlich folgen mußten.
Bedeutend waren auch die Auswirkungen auf Militärtechnik und Kriegführung, weshalb diese Auseinandersetzung auch als der erste „moderne“ Krieg bezeichnet wird. Das Hinterlader-Gewehr ersetzte nun endgültig die Vorderlader. Die dadurch schnellere Schußfolge der Infanterie machte Kavallerieattacken künftig wirkungslos. Die neuen gezogenen Geschütze ließen die glatten Rohre „alt“ aussehen. Eisenbahn und Telegraph ermöglichten Truppentransporte und Befehle aus der Ferne in nie gekannter Schnelligkeit. Das noch junge „Rote Kreuz“ bewährte sich erstmals.
Räumlich gab es einem Hauptkriegsschauplatz in Böhmen und zwei Nebenkriegsschauplätze in Südwestdeutschland und Norditalien. Allen Beteiligten war klar, daß die Entscheidung, die in Böhmen fällt die Ereignisse auf den Nebenschauplätzen überdecken wird. Mit der Schlacht bei Königgrätz war der gesamte Krieg entschieden.
Preußen übernahm damit von Österreich die politische Vormachtstellung unter den deutschen Ländern und gestaltete Deutschland nach eigenen Vorstellungen um.
Soweit man das von einem Krieg überhaupt sagen kann war es eine relativ humane Auseinandersetzung. Die Kämpfenden empfanden keinen Haß füreinander, es war eher ein Wettkampf zur Ermittlung eines Siegers bei dem sich die Kontrahenten danach die Hand reichten, „Kollateralschäden“ gab es kaum.
Dieses Buch widmet sich in erster Linie den Ereignissen auf dem Kriegsschauplatz des heutigen Deutschlands. Die Geschehnisse auf den anderen werden in verkürzter Form wiedergegeben.
Die Gestaltung im Stil einer Tageszeitung soll es dem Leser ermöglichen die Ereignisse wie ein Zeitgenosse chronologisch zu verfolgen.
Alle wörtlich zitierten Passagen wurden in der Schreibweise der damaligen Zeit belassen um die Authentizität zu wahren. Heute nicht mehr geläufige Begriffe werden in einem Glossar erklärt. Die Fotos der beteiligten Personen zeigen sie immer in dem Alter, das sie 1866 hatten.
Anekdoten und andere Anmerkungen außerhalb des Haupttextes sind durch Kursivschrift und einen schwarzen Begleitstrich gekennzeichnet.
Nicht nur in der Politik und auf dem Schlachtfeld wurden die Auseinandersezungen ausgetragen; auch Dichter beteiligten sich. Hier ein antipreußisches Beispiel und die propreußische Antwort darauf:
Gedicht erschienen in der Augsburger Allgemeinen Zeitung:
Westfälisches Sommerlied
Von Ferdinand Freilingrath (1810-1876, in London lebender revolutionärer Dichter)
Bei Wetterschein und Regenguß
Und in der Sonne Strahlen,
wie thust du freudig Schuß auf Schuß,
Du Saat im Land Westfalen!
Du Hellwegsroggen schlank und schwank,
Korn siebn Fuß und drüber lang,
Wie herrlich stehst und reifst du!
„Ich reif und wachse mit Gewalt,
es trieft das Jahr von Segen;
Vollauf, zu sätt´gen jung und alt,
Reif ich an allen Wegen.
Doch weißt du nicht , o Wandersmann,
Daß heuer nicht mich ernten kann,
Wer frohen Muths mich sä´te?
Hinaus durch meiner Ähren Rauch,
Hinaus in Reihn und Rotten,
Die Faust geballt, die Thrän im Aug,
Zog er von Kamp und Rotten;
Die Trommel rief ihn und das Horn:
Er soll des Deutschen Bruders Korn,
im Bruderkrieg zerstampfen.
Wer holt denn nun zum Erntetanz,
Die schmucken Dirnen heuer?
O weh! Wer schwingt den Erntekranz?
Wer pflanzt ihn auf die Scheuer?
Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
Der mäht dies Jahr mit Kraut und Loth-
Ich weiß wer ihn gedungen.
Es singt ein Vöglein auf der Haar,
Am Elbstrom und am Maine,
Da liegt, der hier ein Pflüger war,
erschlagen auf dem Raine.
Er war der Seinen Stolz und Lust,
Ein Bruder schoß ihn durch die Brust,
Ich rausche leis im Winde.“
Antwort eines unbekannten Autors, der
Deutschen Allgemeinen Zeitung in
Leipzig zugegangen:
Märkisches Erntelied
An Ferdinand Freilingrath
Horch, wie durchs Korn die Sense rauscht,
Geführt vom Arm, dem starken,
Den noch kein Krieg hat abgetauscht
Dem kräft´gen Land der Marken.
Und weißt du was der Roggen spricht,
Wenn er in Schwaden niederbricht?
Ich willes , Freund, dir sagen.
Er spricht: „Mich hat vorm Jahr gesä´t,
Ein tief verdroß´ner Bauer,
Dem in dem Marke früh wie spät
Genagt des Volkes Trauer;
Der ob dem vielzertretnen Recht
War irr geworden am Gechlecht
Des Deutschen Vaterlandes.
Doch heut wenn er die Sense schwingt,
Da leuchten seine Blicke –
Hoch über ihm die Lerche singt
Vom Wandel der Geschicke.
„So“ ruft er, „wie der Roggen fällt,
Ward von dem deutschen Schwert zerspällt,
Der Feind der Deutschen Einheit!
„Und ob er sich mein Bruder nennt,
Ihn schone nicht die Sense.
Wir sind Ein Volk – die Nadel trennt
Die Kunstnaht bunter Grenze.
Wir schlagen uns zum Tode wund,
Daß unser Blut zum festen Bund
Sei Kitt für alle Zeiten!“
„Und wer jetzt auf dem Raine liegt,
Bereit, als Mann zu sterben,
Dem rausch ich leis: „Du hast gesiegt,
Dich segnen Tausend Erben!
Du bleibst der Deinen Stolz und Lust
Fahr freudig hin und sei bewusst,
Dir ward ein ew´ges Leben!“
Der Deutsche Bund
Gegründet wurde der Staaatenbund am 8. Juni 1815 auf dem Wiener Kongress nach der Niederwerfung Napoleons als Nachfolger des 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Er war ein Zusammenschluss von 34 Fürsten und 4 freien Reichsstädten, die ihre volle Souveränität behielten. Ein Oberhaupt wie früher den Kaiser gab es nicht. Zu den Bundesfürsten gehören auch der König von
Großbritannien als König von Hannover (bis 1837), der König von Dänemark als Herzog von Holstein und Lauenburg (bis 1864) und der König der Niederlande als Großherzog von Luxemburg (bis 1866). Die Anzahl der Mitglieder sank durch Vereinigungen infolge von Kauf oder Erbgang bis 1866 auf 35 Staaten. Die Staatsgebiete der Mitgliedsländer gehörten aber nicht unbedingt auch vollständig zum Bereich des Deutschen Bundes; bei Preußen war es Ost-, Westpreußen, Posen und Neuenburg, bei Österreich die polnischen, ungarischen und italienischen Gebietsteile die außerhalb standen. Für diese Territorien galten die Bundesbeschlüsse nicht, und es gab auch keine militärische Beistandspflicht für den Fall eines Angriffes Dritter auf diese Gebiete.
Auf dem Wiener Kongreß wurde viele Grenzen neu gezogen
Die Grundlage dieses Zusammenschlusses war die deutsche Bundesakte vom 8. Juni 1815, ein Teil der Wiener Kongressakte. Die Mitglieder versprachen sich darin Beistand gegen Angriffe von außen und garantierten den Besitzstand jeden Landes. Den Ländern des Bundes war es verboten Krieg untereinander zu führen, sie waren verpflichtet, ihre Streitigkeiten vor die Bundesversammlung zu bringen und sich deren Richterspruch zu unterwerfen.
Jeder Bundesstaat sollte sich eine Verfassung geben, dies geschah aber in den folgenden Jahren nur in wenigen Mittel- und Kleinstaaten, wie Sachsen, Weimar, Baden, Bayern, Württemberg, vor allem nicht in Österreich und Preußen.
Bis zur Märzrevolution von 1848 - und auch danach wieder - war der Bundestag hauptsächlich ein Instrument der deutschen Fürsten zur Aufrechterhaltung der alten monarchischen Ordnung und zur Unterdrückung der aufkommenden nationalen und liberalen Bestrebungen. Anstelle von Pressefreiheit, wie in der Bundesakte verankert, wurden Zensurbestimmungen erlassen. Forderungen aus dem Volk nach einer Weiterentwicklung vom Staatenbund zum Bundesstaat und einer Bundesregierung wurden von den Regierungen der Einzelstaaten stets abgelehnt. Erst unter dem Eindruck der Volkserhebungen im Zuge der Märzrevolution 1848 sahen sich die Fürsten zu Konzessionen gezwungen. Der Bundestag musste seine Befugnisse auf die in der Frankfurter Paulskirche tagende Nationalversammlung, dem ersten demokratisch gewählten Parlament in Deutschland, übertragen. Da aber sowohl Österreich als auch Preußen die neue Verfassung ablehnten und Preußens König Friedrich Wilhelms sich weigerte die ihm von der Nationalversammlung angebotene Deutsche Kaiserkrone anzunehmen, war der Versuch, einen konstitutionellen Nationalstaat zu errichten, und damit die Revolution von 1848, gescheitert. 1849 wurde der Deutsche Bund wieder ins Leben gerufen und bestand fort bis zu seiner endgültigen Auflösung 1866.
Die Germania in der Frankfurter Paulskirche mit dem Wappen des Deutschen Bundes auf der Brust
Die vielen Grenzen innerhalb Deutschlands, die der politische Bund nicht beseitigte behinderten den im Zuge der industriellen Revolution eingetretenen wirtschaftlichen Aufschwung. Initiiert von Preußen schlossen sich daher zwischen 1828 und 1842 fast alle deutschen Staaten zum Zollverein zusammen und verzichteten im grenzüberschreitenden Handel auf alle Zölle. Nicht dabei waren nur Hannover, Mecklenburg, Oldenburg und die Hansestädte, die einer eigenen Zollvereinigung angehörten. In Preußen wollte man Österreich von Anfang an nicht dabeihaben.
Das Gebiet des Deutschen Bundes umfasste 1839 rund 630.100 km2 mit etwa 29,2 Millionen Einwohnern.
Die Mitglieder des Deutschen Bundes:
Kaiserreich Österreich (ohne Galizien, Ungarn, Kroatien, Dalmatien und das Lombardo-Venezische Königreich) (Seit 1818 gehörte auch der westlichste Teil Galiziens (Auschwitz, Saybusch, Zator) zum Deutschen Bund)
Königreich Preußen (ohne Provinz Posen, Ostpreußen und Westpreußen) (Von 1848 - 1851 waren die preußische Provinz Ost- und Westpreußen und der westliche und nördliche Teil der Provinz Posen Bestandteil des Bundes)
Königreich Bayern
Königreich Sachsen
Königreich Hannover (bis 1837 in Personalunion mit Großbritannien)
Königreich Württemberg
Kurfürstentum Hessen-Kassel
Großherzogtum Baden
Großherzogtum Hessen-Darmstadt
Großherzogtum Luxemburg (in Personalunion mit den Niederlanden) (Der westliche Teil Luxemburgs schied 1839 nach der Vereinigung mit Belgien aus dem Bunde aus. Dafür kam das niederländische Herzogtum Limburg zum Bund)
Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin
Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz
Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
Großherzogtum Oldenburg
Herzogtum Holstein und Lauenburg (bis 1864 in Personalunion mit Dänemark) (ab1864 Herzogtum Schleswig-Holstein)
Herzogtum Nassau
Herzogtum Braunschweig
Herzogtum Sachsen-Gotha (kam 1825 durch Erbschaft zu Sachsen-Coburg)
Herzogtum Sachsen-Coburg (ab 1826 Sachsen-Coburg-Gotha)
Herzogtum Sachsen-Meiningen
Herzogtum Sachsen-Hildburghausen (ab 1826 Herzogtum Sachsen-Altenburg)
Herzogtum Anhalt-Dessau (Name ab 1863 Herzogtum Anhalt)
Herzogtum Anhalt-Köthen (1847 durch Erbe an Anhalt-Dessau und Anhalt-Bernburg)
Herzogtum Anhalt-Bernburg (1863 durch Erbe an Anhalt-Dessau)
Fürstentum Hohenzollern-Hechingen
Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen (1849 zu Preußen)
Fürstentum Liechtenstein
Fürstentum Lippe
Fürstentum Reuß ältere Linie
Fürstentum Reuß jüngere Linie
Fürstentum Schaumburg-Lippe
Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt
Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen
Fürstentum Waldeck
Freie Stadt Bremen
Freie Stadt Frankfurt am Main
Freie Stadt Hamburg
Freie Stadt Lübeck
Landgrafschaft Hessen-Homburg (ab 1817) (1866 zu Hessen-Darmstadt)
Herzogtum Limburg (ab 1839; in Personalunion mit den Niederlanden)
Sein Organ war der Bundestag (auch Bundesversammlung genannt) mit Sitz in Frankfurt am Main, ein ständig tagender Kongress von Gesandten der Mitgliedsstaaten, den Vorsitz führte der Vertreter Österreichs. Die Gesandten saßen in festgelegter Reihenfolge um einen runden Tisch.
Schema des engeren Rates des Bundestages
Im engeren Rat (der Regierung des Bundes) genügte zur Beschlußfassung die einfache Mehrheit. Beschlüsse mit besonderer Bedeutung wurden im Plenum gefasst und bedurften einer Zweidrittel-Mehrheit. Änderungen der Grundgesetze und Beschlüsse in Religionsangelegenheiten konnten nur einstimmig beschlossen werden.
Die Bundestagsbeschlüsse waren für die Mitgliedsstaaten bindend, die Ausführung war aber allein in deren Angelegenheit. Auch die Hoheit über Zoll-, Polizei- und Militärwesen verblieb bei den Einzelstaaten.
Im engeren Rat hatten die 11 Groß- und Mittelstaaten (Österreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Dänemark (für Holstein) und Niederlande (für Luxemburg) je eine Virilstimme, während die Kleinstaaten zu 6 Gruppen, den so genannten Kurien, zusammengefasst waren und je eine Kuriatstimme abgeben konnten:
12. Kurie: die Sächsischen Herzogtümer (Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Coburg, Sachsen-Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Hildburghausen)
13. Kurie: Braunschweig und Nassau
14. Kurie: Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz
15. Kurie: Oldenburg und die anhaltischen und schwarzburgischen Häuser (Anhalt-Dessau, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Köthen, Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt)
16. Kurie: die Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen, beide Reuß (ältere und jüngere Linie), Liechtenstein, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und Waldeck
17. Kurie: die vier Freien Städte (Lübeck, Frankfurt am Main, Bremen, Hamburg)
Vertreter der Kurien war jeweils ein Gesandte einer der darin zusammengefassten Staaten, dieser hatte die Aufgabe gemäß der Mehrheitsmeinung seiner Länder abzustimmen. Genau dieser Punkt wurde dann im Jahr 1866 mitentscheidend für den Kriegsausbruch.
Das Vorgehen gegen einen Mitgliedsstaat, der sich den Beschlüssen des Bundestags widersetzte war in der Exekutionsordnung geregelt. Exekutionsmaßnahmen mußten mehrheitlich beschlossen werden, die Ausführung wurde dann an einen oder mehrere Mitgliedsstaaten übertragen. Exekutionen wurden beschlossen gegen Braunschweig 1829, als der Herzog die Verfassung aufhob und 1834 gegen Frankfurt, das sich weigerte seine Truppen einem Befehlshaber des Bundes zu unterstellen. In beiden Fällen gelangte die Exekution aber nicht zur Ausführung, da die Betroffenen vorher einlenkten. In der Abstimmung vom 14. Juni 1866 wurde die Bundesexekution gegen Preußen beschlossen, aber dieses Mal dachte die betroffene Regierung nicht ans Nachgeben.
Ein weiteres Mittel des Vorgehens gegen einen Mitgliedsstaat war die Bundesintervention. Bei revolutionären Umstürzen sollte die verfassungsmäßige Ordnung durch Bundeshilfe wiederhergestellt werden. Sie kam zur Anwendung 1830 in Luxemburg, 1833 in Frankfurt und 1850 in Kurhessen. In jedem Fall rückten die Armeen der beauftragten Bundesländer ein und stellten die alte Ordnung wieder her.
Die Militärkommission bestand aus einem österreichischen, einem preußischen, einem bayrischen und drei kleinstaatlichen Vertretern. Beschlüsse konnten nur einstimmig getroffen werden.
Jeder Mitgliedsstaat hatte im Kriegsfall 1% seiner Bevölkerung an Soldaten zu stellen. Dies ergab 1817 eine Gesamtstärke von 300 000 Mann; sehr wenig im Vergleich zu Rußland und Frankreich, aber man vertraute darauf, dass Österreich und Preußen stärkere Kräfte über das Bundeskontingent hinaus unterhielten. Das Bundesheer war eingeteilt in 10 Armeekorps, davon stellte das 1. bis 3. Österreich, das 4. bis 6. Preußen, das 7. Bayern, das 8. Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt, das 9. Sachsen, Nassau, Kurhessen, Limburg, Luxemburg und die thüringischen Kleinstaaten und das 10. Korps Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Holstein und Lauenburg, Mecklenburg-Schwerin und –Strelitz sowie die Hansestädte. Ab 1830 gehörten die Kleinstaaten keinem Armeekorps mehr an, sondern bildeten eine Reserve-Division, die zur Besatzung der Bundesfestungen vorgesehen war.
Die Mobilisierung des Bundesheeres, ausschließlich für den Verteidigungsfall, erfolgte durch Stimmenmehrheit im engeren Rat, dann war gleichzeitig auch ein Bundesoberfeldherr zu wählen.
Außerdem wurden Bundesfestungen unterhalten, in Luxemburg, Mainz, Landau-Germersheim, Rastatt und Ulm. Ihre geographische Lage im Westen läßt erkennen, dass sie gegen ein französisches Eindringen gerichtet waren.
Was es nicht gab waren einheitliche Uniform, Bewaffnung und Organisation sowie gemeinsame Manöver. Das blieb jedem Mitglied selbst überlassen.
Österreichisch-preußische Auseinandersetzungen gab es bereits zur Zeit Friedrichs des Großen und Maria Theresias. Der Gedanke an die Wiedergewinnung Schlesiens war in Österreich auch im 19. Jahrhundert noch lebendig. Die französische Revolution und der Kampf gegen den gemeinsamen Feind Napoleon machten beide Länder zu Verbündeten. Die auf dem Wiener Kongreß abgeschlossene Heilige Allianz Russland-Preußen-Österreich sorgte jahrzehntelang für Frieden und Stabilität. Preußen akzeptierte Österreichs Vorrangstellung im Deutschen Bund, beide Großmächte arbeiteten bis 1848 gut zusammen. Schon Wilhelm von Humboldt erkannte, daß der Bund nur funktionieren könne, wenn die beiden Großmächte sich über alle ihre Schritte verständigen. Aber Preußen entwickelte sich schneller als das behäbige Österreich und mit der wirtschaftlichen Stärke wuchs auch das Selbstbewußtsein.
Die Umwälzungen im Revolutionsjahr 1848 brachten den Deutschen Bund praktisch zum Erlöschen. Die Debatten der Nationalversammlung 1848 um die neue Verfassung wurden bald dominiert von der Auseinandersetzung zwischen den Verfechtern der Großdeutschen Lösung, die auf der Einbeziehung der Habsburger Monarchie in den Staatenbund bestanden, und den Kleindeutschen, die einen Staatenbund ohne Österreich unter preußischer Führung anstrebten. Die Kleindeutschen obsiegten, da Österreich darauf bestand seine sämtlichen nichtdeutschen Nationalitäten mit in das neue Deutsche Reich einzubringen und die Nationalversammlung wählte den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. zum „Kaiser der Deutschen“. Für die Österreicher bedeutete dies einen schweren Affront. Sie zogen darauf hin alle ihre Abgeordneten aus der Frankfurter Nationalversammlung ab. Nach Friedrich Wilhelms Ablehnung der Kaiserkrone und dem Scheitern der Revolution insgesamt verschärfte sich der sogenannte „Dualismus“ zwischen den beiden deutschen Großmächten. Während Österreich noch mit dem ungarischen Aufstand beschäftigt war, versuchte Preußen, das seine Unruhen bereits niedergeschlagen hatte, die kleindeutsche Lösung in Form einer „Union deutscher Staaten“ - kurz „Erfurter Union“- doch noch zu verwirklichen. Aber wesentlich schneller als in Berlin gedacht hatte Österreich nach der Niederschlagung des Aufstandes seine volle Handlungsfreiheit wiedergewonnen und trachtete sogleich danach die vorrevolutionären Zustände und damit auch Österreichs Führungsrolle wiederherzustellen. Am 15. Mai 1849 proklamierte Preußens König die Grundzüge der geplanten Union: Verfassung, einheitliche Exekutive, freiheitliche Institutionen, gesichert durch eine gesetzgebende Volksvertretung. Österreich sollte nicht Mitglied sein, aber in einem besonderen Bündnisverhältnis stehen. Am 26. Mai schlossen Preußen, Sachsen und Hannover auf dieser Grundlage das Dreikönigsbündnis, dem bis September 21 weitere deutsche Staaten beitraten, 5 andere zeigten sich dazu geneigt. Nur Bayern und Württemberg weigerten sich entschieden, der preußischen Union beizutreten und wurden darin von Österreich unterstützt. Als der Verwaltungsrat der Union am 19. Oktober die Wahlen für das Volkshaus auf den 15. Januar 1850 ausschrieb und dann den künftigen Reichstag zum 20. März nach Erfurt berief, wogegen Österreich sofort protestierte, nahmen Sachsen und Hannover daran schon nicht mehr teil, weil ihre Voraussetzung der Vereinigung aller deutschen Staaten durch Bayerns und Württembergs Weigerung nicht erfüllt sei. Im Februar 1850 sagten sich Sachsen und Hannover ganz vom Dreikönigsbündnis los und schlossen mit Bayern und Württemberg das Vierkönigsbündnis ab, in welchem ein neuer Verfassungsentwurf mit einer Volksvertretung von 300 durch die Kammern der Einzelstaaten zu wählenden Mitgliedern aufgestellt wurde. Österreich erklärte sich bereit, dem Bund beizutreten, wenn ihm der Eintritt mit dem ganzen Umfang seiner Staaten ermöglicht würde. Das Unionsparlament in Erfurt wurde trotzdem am 20. März 1850 wie geplant eröffnet, und der Verfassungsentwurf des Dreikönigsbündnisses mit Mehrheit angenommen.
Unter dem Druck Österreichs und Rußlands gingen mehrere deutsche Fürsten, die vorher Preußen unterstützt hatten, auf die Seite Österreichs über. Daraufhin vertagte die preußische Regierung, die es nicht wagte, gegen Zar Nikolaus I. aufzutreten, am 22. April 1850 das Erfurter Parlament, das danach nie wieder zusammentrat. Zum 10. Mai lud Österreich sämtliche Mitglieder des Deutschen Bundes ein, ihre Gesandten nach Frankfurt zu schicken. Bayern, Württemberg, Sachsen und Hannover, sowie Dänemark, die Niederlande und die beiden Hessen folgen dem Ruf unverzüglich. Im Laufe des Sommers wechselten dann immer mehr deutsche Staaten auf die österreichische Seite und nur noch wenige fehlten, als der Bundestag am 2. September 1850 seine Sitzungen unter dem Vorsitz Österreichs wieder eröffnete. Der erneuerte Bund konnte gleich seine Funktionalität erproben, denn in Hessen-Kassel hatte der Kurfürst versucht die Verfassung außer Kraft zu setzen und war daraufhin aus dem Land gejagt worden. Er floh nach Frankfurt und rief hier die Hilfe des Bundes an. Er erwirkte auch am 21. September einen ihm günstigen Bundesbeschluß. Am 25. Oktober beschloß der Bund die Intervention, und 1. November überschritt ein 10 000 Mann starkes österreichisch-bayrisches Exekutionsheer die kurhessische Grenze um das Land zu besetzen. Preußen, zu dessen Union Kurhessen nominell gehörte, wollte nicht untätig bleiben und ließ seine Truppen ebenfalls einrücken. Der russische Zar stellte sich auf die Seite Österreichs und Preußens König Friedrich Wilhelm wurde schwankend. Derweil kam es in Kurhessen bei Bronnzell südlich Fulda am 8. November zwischen preußischen und Bundestruppen zu einem Schußwechsel, fünf österreichische Jäger wurden verwundet und das Pferd eines preußischen Trompeters, der „Schimmel von Bronnzell“, getötet. Aber da die Mobilmachung erhebliche Mängel im preußischen Heerwesen aufgedeckt hatte, wagte der König Friedrich Wilhelm keinen Krieg und zog die demütige Unterwerfung unter Österreichs Bedingungen vor, dies bedeutete im wesentlichen Anerkennung des Bundestags und Auflösung der Union, sowie Räumung von Kurhessen. Im Vertrag zu Olmütz (Olmützer Punktation) vom 29. November 1850 wurden diese Punkte fixiert. Die gesamtdeutsche Frage sollte durch eine Ministerialkonferenz in Dresden im Detail erörtert werden, es kam dort jedoch zu keiner Lösung. Berlin und Wien schlossen aber ein Bündnis indem sie sich gegenseitig Schutz bei einem Angriff von Außen zusicherten. Im Geheimen rangen sie weiter um die bessere Position in der deutschen Frage.
Zeitgenössische Karikatur zur Affäre von Bronzell
Ende November kehrte Kurfürst Friedrich Wilhelm nach Kassel zurück und regierte mit dem Segen des Bundestages nunmehr ohne die Einschränkungen einer Verfassung. Erst im Sommer 1851 ziehen die letzen „Straf-Bayern“ wieder ab. Preußen und die übrig gebliebenen Unionsstaaten beschickten wieder den Bundestag. Preußens Gesandter wurde Otto von Bismarck, von dem später noch viel die Rede sein wird. Während seiner Zeit am Bundestag gelangte er zu der Überzeugung, daß eine Reform des Bundes nur unter Ausschluß Österreichs möglich sei.
Im Mai 1850 stellte Österreich den Antrag, mit seinem Gesamtstaat in den Zollverein aufgenommen zu werden. Sämtliche Mittelstaaten, mit Ausnahme von Hannover, erklärten sich auf einer Konferenz in Darmstadt bereit, dies Verlangen bei der 1854 erforderlichen Erneuerung der Zollvereinsverträge zu unterstützen. Preußen lehnte ab und nach längern Verhandlungen gab Österreich sein Verlangen auf und schloß mit den Zollvereinsstaaten zumindest einen Handels- und Schifffahrtsvertrag.
Bayerns Ministerpräsident von der Pfordten versuchte die Mittel- und Kleinstaaten zu einer dritten deutschen Macht zu vereinigen, die sogenannte Trias-Politik, um so der Dominanz der beiden deutschen Großmächte entgegenzuwirken. Er blieb damit aber erfolglos wie das Beispiel des Krim-Krieges 1854 – 1856 zeigte. Rußland und die Türkei, unterstützt von Großbritannien und Frankreich, stritten um die Donaufürstentümer Walachei und Moldau. Österreich nahm eine antirussische Haltung ein und wollte den gesamten Deutschen Bund gegen Rußland mobilisieren. Der Zar empfand dies als groben Undank angesichts seiner Hilfe in der Hessen-Krise drei Jahre zuvor. Preußens König Friedrich Wilhelm IV., unter dem Einfluss des Bundestagsgesandten Otto von Bismarck, hielt an der preußischen Neutralität fest. Bismarck gelingt es den österreichischen Mobilisierungsantrag gegen Rußland im Bundestag zu Fall zu bringen. Die Mittelstaaten versuchten Ende Mai 1854 auf den Bamberger Konferenzen auch Großmachtspolitik zu betreiben: sie verlangten in russischem Interesse, daß, wenn von Rußland die Räumung der Donaufürstentümer verlangt werde, die Westmächte auch das türkische Gebiet räumen müßten, und daß dem Deutschen Bund beim Friedensschluß eine Stimme eingeräumt werde. Der Krim-Krieg endete im September 1855 mit der Erstürmung der russischen Schwarzmeerfestung Sewastopol durch die Westmächte. Von einer Beteiligung des Bundes am Pariser Friedenskongreß war keine Rede.
Der Krimkrieg bedeutete das Ende der „Heiligen Allianz“ zwischen Österreich, Russland und Preußen. Die Beziehungen zwischen Preußen und Russland verbesserten sich. Österreich, obwohl nicht direkt beteiligt, war ein großer Verlierer dieses Konflikts. Seine Beziehungen zu Preußen wurden angespannter, zu Rußland zerrütteten sie. Die europäische Mächtekonstellation, die seit dem Wiener Kongreß stabil schien, hatte sich zum Nachteil Österreichs verschoben. Die Kosten der Mobilisierung der österreichischen Truppen, die an die russische Grenze entsandt wurden, führten fast zum Staatsbankrott und zwangen zu kräftigen Einsparungen bei der Armee. Frankreich stieg durch diesen Erfolg wieder zur Großmacht auf und mischte sich fortan mit großem Vertrauen auf die eigene Stärke regelmäßig in internationale Konflikte ein.
1859 provozierte Sardinien-Piemont, unterstützt von Frankreichs Kaiser Napoleon III. einen Krieg mit Österreich um sich deren oberitalienische Provinzen Lombardei und Venetien anzueignen. Der am 23. April 1859 ausgebrochene Krieg offenbart große Schwächen der österreichischen Armee; Korruption und Günstlingswirtschaft hatten unfähige Offiziere nach oben gebracht, der Kaiser war als Feldherr ungeeignet. Das Heer erlitt Niederlage um Niederlage. Die öffentliche Meinung in Deutschland forderte den Kriegseintritt des Bundes zur Unterstützung Österreichs, da man befürchtete dass der Franzosenkaiser ähnlich wie sein berühmter Onkel dem Fall Österreichs weitere Eroberungszüge folgen lassen würde, zumal dieser offen Interesse an allen Gebieten westlich des Rheins bekundet. Aber erst als nach der Schlacht bei Magenta das französisch-piemontesische Heer sich der südlichen Grenze des Deutschen Bundes näherte machte Preußen mobil und beantragte am 25. Juni auch die Mobilisierung der Bundesarmeekorps. Unter diesen Umständen zog Kaiser Napoleon eine Beendigung des Krieges vor, Österreich schloß lieber einen Verlustfrieden als Preußen einen Prestigegewinn zu gönnen, der dessen Stellung im Deutschen Bund aufgewertet hätte. Am 11. Juli 1859 wurde der Friedensvertrag von Villafranca unterzeichnet, Österreich mußte die Lombardei an Sardinien-Piemont abtreten. Bismarck, damals Gesandter in St. Petersburg, erhoffte sich von diesem Krieg eine Schwächung Österreichs, da er in der Donaumonarchie bereits Preußens Hauptgegner sah. Österreich fühlte sich in den beiden letzten Kriegen vom Deutschen Bund im Stich gelassen und schob dies hauptsächlich auf Preußens Einfluß. Durch den unglücklichen Krieg war Österreich angeschlagen, sein Ansehen auch in Deutschland gesunken.
Aufgrund der bei Preußens Mobilmachung zutage getretenen organisatorischen Mängel forderte Prinzregent Wilhelm (König Friedrich Wilhelm IV. war todkrank) eine umfassende Heeresreform, die eine bedeutende Hebung Preußens militärischer Stärke bewirken sollte. In Österreich dagegen blieb alles beim Alten.
Im August 1859 gründete sich in Eisenach der „Deutsche Nationalverein“ mit dem Ziel der Herstellung einer deutschen Zentralgewalt und eines Reichsparlaments unter preußischer Führung und unter Ausschluß Österreichs. Der Schwerpunkt des Vereins lag in Preußen und Norddeutschland. Im Gegenzug entstand in Süddeutschland der unbedeutendere „Reformverein“, der die großdeutsche Lösung propagierte. In den Jahren 1859/61 versuchte Preußen zumindest den Oberbefehl über die norddeutschen Kontingente der Bundesarmee zu erlangen, scheiterte jedoch wiederholt, denn Österreich ließ nicht mit sich reden. Daher verlegte sich Preußen darauf, diese Länder in direkten Absprachen – unter Umgehung des Bundesrechts – an sich zu binden. Dies hieß Lieferung von Zündnadelgewehren, Ausbildung von Offizieren in der Berliner Kriegsschule, gemeinsame Manöver usw. 1861 schloß Preußen mit Sachsen-Coburg-Gotha eine Militärkonvention ab, die die Eingliederung deren Armee ins preußische Heer bedeutete. Es folgten ähnliche Konventionen mit Sachsen-Altenburg, Waldeck und Anhalt-Dessau, außerdem anderweitige Absprachen mit allen anderen norddeutschen Staaten außer Hannover, Kurhessen, Sachsen und Nassau.
Sachsens Ministerpräsident von Beust legte am 15. Oktober 1861 ein umfassendes, auf dem Triasgedanken beruhendes Bundesreformprojekt vor, welches den größeren Mittelstaaten einen Anteil an der Exekutive verschaffen sollte. Österreich verhielt sich diesen Anträgen gegenüber meist neutral; Preußen sprach sich entschieden gegen sie aus und bewirkte ihre Ablehnung. Umgekehrt lehnten die Mittelstaaten alle preußischen Anträge auf Reform der Bundeskriegsverfassung und Gründung einer Flotte ab. In gleichlautenden Noten an die preußische Regierung betonten sie ihre Entschlossenheit alle Reformprojekte abzulehnen, die einen Ausschluß Österreichs oder die Hegemonie eines Bundesstaates beinhalteten. Preußen reagierte empört und sah sich veranlaßt seine Beziehungen zu Italien und Frankreich zu verbessern.
Nachdem Österreich im Februar 1862 vergeblich den Abschluß des französisch-preußischen Handelsabkommens zu verhindern versucht hatte, machte es im Juli den Vorschlag zu einer großdeutschen Zollunion unter seiner Führung, der Preußen zwangsweise beitreten hätte müssen um nicht isoliert dazustehen. Preußen reagierte darauf mit der Drohung aus dem (bestehenden) Zollverein, bei dem Österreich ja nicht Mitglied war, auszutreten. Da zogen es die Mittelstaaten vor die bestehenden Zustände zu behalten.
Preußen dagegen schlug 1862 erneut sein Unionsprogramm mit einem engeren (ohne Österreich) und weiteren Bund vor. Da es Österreich gelang genügend Staaten dagegen zu mobilisieren, gab Preußen die Idee bald wieder auf.
Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Preußens König, seit 2. Januar 1861 Wilhelm I., und dem Abgeordnetenhaus über die Finanzierung der Heeresreform kam im September 1862 Otto von Bismarck an die Spitze der Regierung, ein Ereignis mit großen Auswirkungen auf die Weltpolitik, denn er verfolgte wesentlich konsequenter als seine Amtsvorgänger das Ziel, Deutschland unter preußischer Führung zu vereinigen und scheute auch keinen Krieg um seine Vorstellungen zu verwirklichen. Dem englischen Staatsmann Disraeli erläuterte Bismarck sein Programm: erst Heeresreform, dann Kriegserklärung an Österreich unter einem geeigneten Vorwand, Auflösung des Bundestages und Schaffung eines deutschen Nationalstaates unter preußischer Führung.
Seinen ersten außenpolitischen Erfolg errang der neue Ministerpräsident mit der Alvenslebenschen Konvention, die russischen Truppen gestattete bei der Verfolgung polnischer Aufständischer auch die preußische Grenze zu überschreiten. Diese Vereinbarung brachte Bismarck zwar viel Kritik von der deutschen Öffentlichkeit, sicherte ihm aber das Vertrauen des Zaren und festigte die preußisch-russische Freundschaft. Österreich dagegen kritisierte Rußands gewaltsame Unterdrückung der Polen.
Zum Abschluß des Fürstentages versammelten sich die Regenten für ein Gruppenfoto. In der Mitte mit der hellen Jacke Kaiser Franz Joseph
Im Frühjahr 1863 ergriff Österreich die Initiative zur Reformierung des Deutschen Bundes in seinem Sinne. Alle deutschen Regenten und Vertreter der Freien Städte wurden zum 18. August 1863 zum Fürstentag nach Frankfurt a. M. geladen. Nur fünf sagten ab, darunter war aber König Wilhelm von Preußen, dem Bismarck von der Teilnahme abgeraten hatte. Das österreichische Reformprojekt schlug vor, die Leitung der Bundesangelegenheiten mit erweiterter Befugnis einem Direktorium zu übertragen, welches aus dem Kaiser von Österreich, dem König von Preußen, dem von Bayern und zwei anderen alternierenden Fürsten bestehen sollte; ihm zur Seite sollte die Bundesversammlung der Vertreter der Regierungen stehen und in beiden Verhandlungen Österreich zur formellen Leitung der Geschäfte den Vorsitz führen; alle drei Jahre würde eine aus 300 Mitgliedern der Landtage bestehende Bundesdelegiertenversammlung zur Beratung und Beschlußfassung über die ihr vorzulegenden Gesetzvorlagen zusammentreten und deren Beschlüsse dann einem Fürstenrat zu freier Verständigung unterbreitet werden. Auch ein Bundesgericht war vorgesehen. Die Vorschläge wurden durchberaten und in manchen Punkten verbessert, es hätte sich auch eine Mehrheit dafür unter den Teilnehmern gefunden, letztendlich scheitert das Projekt aber an der Ablehnung Preußens.
König Christian IX.
Im November 1863 brach in Schleswig-Holstein, von dem nur Holstein zum Deutschen Bund gehörte, dessen Herzog aber der König von Dänemark war, nach dem Tod des dänischen Königs ein Konflikt aus. In der neuen dänischen Verfassung wird Schleswig zum Bestandteil des dänischen Königreichs erklärt, Holstein bliebe unabhängig. Dies war ein Verstoß gegen jedes geltende Recht ebenso wie gegen den althergebrachten Unteilbarkeitsgrundsatz der Herzogtümer. Bismarck sagte später er sei bereits zu disem Zeitpunkt zur Überzeugung gelangt die Herzogtümer an Preußen anzuschließen. („Dat möt wi hebben!“) Die Stände und Einwohner der Herzogtümer weigerten sich den neuen dänischen König Christian IX. als Landesherrn anzuerkennen und proklamierten den Prinzen Friedrich von Augustenburg als ihren Herzog. Die öffentliche Meinung in Deutschland unterstützte diesen Schritt, der Bundestag beschloß am 7. Dezember mit einer Stimme Mehrheit die Bundesexekution und Ende Dezember rückten sächsische und hannoversche Truppen in Holstein ein, welches die Dänen ohne Widerstand räumten. Preußen und Österreich wollten sich nicht der umständlichen Vorgehensweise des Bundes unterwerfen und beschlossen gegen die Proteste des Bundestags ein gemeinsames Vorgehen zur Durchsetzung deutschen Rechts. (Bereits 1849 hatte der Deutsche Bund gegen Dänemark Krieg geführt um eine Einverleibung Schleswigs zu verhindern. Auf Druck von Frankreich, Großbritannien und Rußland mußte ein Frieden geschlossen werden, der im Wesentlichen die Vorkriegszustände wiederherstellte). Am 1. Februar 1864 überschritten preußisch-österreichische Truppen die schleswigsche Grenze. Nach der berühmten Erstürmung der Düppeler Schanzen am 18. April und der Besetzung eines großen Teils von Jütland mußte Dänemark seine Niederlage anerkennen. Im Friedensvertrag von Wien mußte Dänemark Schleswig-Holstein abtreten, das künftig von Preußen und Österreich gemeinsam verwaltet wurde.
Wie aus erst 2010 aufgefundenen Briefen hervorgeht hat der dänische König Christian IX. König Wilhelm sogar den Eintritt seines Landes in den Deutschen Bund angeboten, was Bismarck und Wilhelm aber ablehnten.
Schon zu dieser Zeit äußerte Bismarck offen seine Ziele, die noch niemand ernst nahm, wie in dieser von einem französischen Journalisten überlieferten Aussage: „Wir wollen Krieg und bekommen ihn auch; wir haben Geld, Österreich hat keines; man macht sich lustig über unsere Armee, aber man wird sehen, was sie auf dem Schlachtfeld leistet. Wir haben ein Volk, die Habsburger haben Völkerschaften; wir nennen uns Preußen, sie haben einen Haufen barbarischer Namen, die gar nicht in die deutsche Geographie gehören. Wir behalten die Oberhand, was gilt die Wette?“ Bismarck spürte, daß seine Landsleute für eine vergrößerte Machtstellung Preußens empfänglich waren und auch einen Krieg zur Erreichung dieses Ziels gutgeheißen würden.
Schon im Mai 1865 wurde die Finanzierung eines Krieges sichergestellt. Der preußische Staatsrat schätzte die Kosten eines halbjährigen Feldzugs auf ca. 60 Millionen Taler (heutiger Wert 1,45 Mrd. €). Der Großteil des Betrages wurde durch eine Anleihe und den Verkauf von Eisenbahnaktien aufgebracht.
Österreichische Zeitungen aus Gitschin (Nordböhmen) kolportierten folgende Anekdote: Im Jahre 1864 bereiste ein preußischer Photograph die Gegend, hielt sich in jedem Städtchen und Dorf einige Zeit auf, um die Leute gegen äußerst geringes Honorar zu photographieren. Nebenbei nahm er ein Panorama der Gegend auf. In den Tagen der preußischen Besatzung im Sommer 1866 erhielt ein Einheimischer die Einquartierung eines preußischen Oberst des Generalstabs. Erstaunt erkannte er in demselben den Photographen, der ihn selbst porträtiert hatte. Überrascht über die schnelle Karriere, die der Photograph gemacht hatte, fragte er ihn: „Wieso sind Sie denn Oberst geworden?“ – „Fragen Sie mich lieber, wieso ich Photograph geworden bin,“ lautete die Antwort. Ab 1867 bereisten als Maler getarnte preußische Offiziere dann den Osten Frankreichs.
Das gemeinsame Vorgehen der beiden Großmächte bedeutete nur eine kurze Unterbrechung der preußisch-österreichischen Rivalität. Bald schon gab es Differenzen bei der gemeinsamen Verwaltung der Herzogtümer, besonders um die Person des Herzogs von Augustenburg, den Österreich auf den Thron eines weitgehend selbständigen Schleswig-Holsteins heben wollte. Preußen war dagegen und arbeitete auf die Einverleibung Schleswig-Holsteins in sein Staatsgebiet hin. Die sich immer mehr verschärfende Krise erreichte ihren Höhepunkt als König Wilhelm persönlich am 30. Juni 1865 in einem Schreiben an Kaiser Franz Joseph die Ausweisung des Herzogs aus Schleswig-Holstein forderte. Als Franz Joseph dies ablehnte beschloß der preußische Ministerrat am 21. Juli Wien ein Ultimatum zu stellen, die Vorbereitungen für eine rasche Mobilmachung waren getroffen und Bismarck verhandelte mit Italien und Frankreich um sich deren Beistands zu versichern. Am 23. Juli bezeichnete Bismarck gegenüber dem bayerischen Ministerpräsidenten von der Pfordten den Krieg als „sehr wahrscheinlich und nahe bevorstehend.“ Ein Stoß von Schlesien her, sei nicht bloß beschlossen, sondern auch nach den bereits eingezogenen Gutachten der kompetentesten militärischen Autoritäten möglich. Da Italien, das Venetien lieber kaufen als erobern wollte, sehr zurückhaltend reagierte und auch Kaiser Napoleon einen Neutralitätsvertrag ablehnte, mußte Bismarck aber jede weitere Eskalation vermeiden. Bereitwillig ging er daher auf den österreichischen Vorschlag zur Aufteilung der Herzogtümer ein. Die beiden Monarchen, Franz Joseph und Wilhelm I. verständigten sich, unter Außerachtlassung des Bundestags, der die Herzogtümer als neuen Bundesstaat aufnehmen wollte, in der Konvention von Gastein (14. August 1865) darauf, daß Preußen die Verwaltung Schleswigs, Österreich die Holsteins übernimmt, das Herzogtum Lauenburg erwarb Preußen käuflich. Wichtige Entscheidungen durften nur einvernehmlich getroffen werden. Das Verhältnis der beiden Mächte in den Herzogtümern besserte sich dadurch aber keineswegs. Während sich Bismarck nun in die Verwaltung Schleswigs nicht mehr dreinreden ließ, forderte er in Holstein immer wieder Preußens Beteiligung ein und protestierte gegen österreichische Maßnahmen. Zugleich betrieb er Propanganda für einen Anschluß an Preußen. Die offenkundigen Provokationen ließen in Wien Gedanken an die Unausweichlichkeit eines Kriegs wachsen.
Zeitgenössische Karikatur des „Punsch“ über das preußisch-österreichische Verhältnis
Letztmals gemeinsam handelten beide deutschen Großmächte im Oktober 1865, als sie beim Frankfurter Senat gegen den dort veranstalteten Abgeordnetentag protestierten, den beide für ein Instrument der Revolution ansahen. Als sich Frankfurt jede Einmischung verbat, gingen die Ansichten über das weitere Vorgehen aber schon wieder auseinander. Während Preußen sogar zur Besetzung Frankfurts tendierte wollte Österreich die Sache vor den Bund bringen und alles verlief im Sande.
In der Folgezeit verfolgte Bismarck weiter das Ziel sich der Neutralität der europäischen Großmächte im Kriegsfall mit Österreich zu versichern.
Da Preußen im Jahr 1861 den Russen bei der Niederschlagung einer polnischen Rebellion behilflich gewesen war, während Österreich sich im Krimkrieg gegen Rußland gestellt hatte gab es mit dem russischen Zaren Alexander II. keine Probleme.
Bei einer Begegnung in Biarritz am 3. September 1865 versprach er Napoleon III. von Frankreich nach einem erfolgreichen Krieg gegen Österreich Gebiete in Belgien und Luxemburg als Lohn für seine Neutralität.
England war am unproblematischsten da es in Europa keine eigenen Interessen verfolgte und sich auf den Ausbau seines Weltreiches konzentrierte.
Napoleon III (l.) und Bismarck in Biarritz
Gleichzeitig lief die Suche nach eigenen Verbündeten. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt als Ministerpräsident 1862 hatte Bismarck begonnen Italien als Bündnispartner gegen Österreich zu umwerben mit der von Italienern bewohnten österreichischen Provinz Venetien als Köder. Italien war gerade zum Nationalstaat geworden und trachtete danach alle italienischsprachigen Gebiete zu sich zu holen. Für Bismarck stellte Italien dadurch einen natürlichen Verbündeten gegen Österreich dar. Ein Bündnis eines deutschen Staates mit einem ausländischen gegen ein anderes deutsches Land war durch Art. 11 der Verfassung des Deutschen Bundes untersagt, was Bismarck aber in keinster Weise hinderte. Italiens Ministerpräsident Lamarmora zögerte aber anfangs und wollte auch die Absichten Frankreichs nicht außer Acht lassen. Da Österreich das Kaufangebot für Venetien abgelehnt hatte, blieb keine andere Erwerbsmöglichkeit als die militärische. Kaiser Napoleon erhoffte einen langen Krieg zwischen Österreich und Preußen, bei dem er dann als Schiedsrichter auftreten und sich Vorteile sichern könnte und riet zum Bündnis. Am 8. April 1866 wurde ein Vertrag abgeschlossen nach dem sich Italien verpflichtete Österreich den Krieg zu erklären sobald sich dieses mit Preußen im Kriegszustand befinde. Der Vertrag sollte erst enden wenn es Italien gelungen sei Venetien zu gewinnen und Preußen ein gleich großes Stück der Habsburger Lande erhielte. Außerdem erhielt Italien 120 Millionen Francs. Da der Vertrag nur eine Laufzeit von 3 Monaten hatte mußte sich Bismarck beeilen. Außerdem plante der preußischen Ministerpräsident bei ungünstigem Kriegsverlauf die ungarischen Nationalisten Österreichs zum Aufstand anzustacheln.
Der am 9. April völlig überraschend vorgestellte Plan einer Bundesreform mit einem frei gewählten Parlament war ein Propagandainstrument zur Gewinnung der Nationalbewegung und der demokratisch gesinnten Kreise.
Österreich wandte sich bei der Suche nach Bündnisgenossen den deutschen Mittel- und Kleinstaaten zu. Uneingeschränkt verlassen konnte es sich nur auf Sachsen.
Die anderen Mittelstaaten waren sich keineswegs einig in ihrer Haltung: Bayern lavierte zwischen Preußen und Österreich hin und her und strebte nach einer Vormachtstellung unter den Mittelstaaten. Besonders Baden und Württemberg sahen dies mit Mißtrauen. Einig waren sie sich nur insoweit daß sie jede ausländische Einmischung in deutsche Angelegenheiten und jede Einmischung der beiden deutschen Großmächte in ihre inneren Angelegenheiten ablehnten. Der Alleingang Österreichs und Preußens in der schleswigholsteinischen Affäre ohne Einbeziehung des Bundestages und damit auch unter Umgehung der Mittelstaaten hatte bei diesen für Verbitterung gesorgt.
Im Februar und März gab es geheime Konferenzen der Mittelstaaten über ein gemeinsames Vorgehen an denen Bayern nicht beteiligt wurde, da man befürchtete es würde sich auf Preußens Seite stellen.
Im Mai unternahm Anton von Gablenz, preußischer Landtagsabgeordneter und Bruder des österreichischen Statthalters von Holstein einen eigenen Versuch, den Frieden zu erhalten. Sein Plan sah vor, die Interessenssphären zu teilen. Preußen sollte die Kontrolle über Norddeutschland erhalten, Österreich über Süddeutschland. Schleswig-Holstein sollte unter einem Herrscher aus dem Haus Hohenzollern selbständig sein und eine Vereinigung mit Preußen ausgeschlossen. Die beiden Statthalter in Schleswig und Holstein Gablenz und Manteuffel unterstützten den Vorschlag. Der österreichische Gablenz stellte für seinen Bruder den Kontakt zur österreichischen Regierung her. Dort war man grundsätzlich interessiert unter zwei Voraussetzungen: Die geltende Bundesverfassung dürfe nur im Einvernehmen mit allen betroffenen Regierungen geändert werden und es müsse Sicherheitsgarantien gegen Italien geben als Ausgleich für den Rückzug aus Norddeutschland. Bismarck zeigte Interesse an dem Friedensplan, ob echt oder vorgetäuscht ist unsicher. Jedenfalls nahm er einige Änderungen vor, die Österreich die Annahme kaum mehr möglich machten: Das Anschlußverbot Schleswig-Holsteins an Preußen sowie die Sicherheitsgarantien gegen Italien strich er, die Geldentschädigung Österreichs für den Verlust Holsteins wurde halbiert. Wien lehnte den Plan nun ab, da man dort der Meinung war dabei zu schlecht wegzukommen, das Thema hatte sich erledigt und Bismarck konnte seinem König einen Beweis für die Böswilligkeit Österreichs liefern.
Von österreichischer Seite wurde versucht die vielfältigen Verwandtschaftsbeziehungen in Europas Hochadel zu nutzen um König Wilhelm zur Entlassung Bismarcks zu bewegen und so den Frieden zu erhalten. Herzog Ernst von Sachsen-Coburg (ein Vetter Kaiser Franz Josephs), Königin Viktoria von England, der preußischen Kronprinz mit Gemahlin sowie die Königinmutter (eine Tante Franz Josephs) drängten den König sich seines Ministerpräsidenten zu entledigen, ohne Erfolg.
Ende Mai machte Frankreich, unterstützt von England und Rußland, den Vorschlag zu einem Friedenskongreß. Bismarck sagte seine Teilnahme sofort zu, obwohl es seinen Plänen zuwiderlief, denn die Konferenz hätte sich bis zum Ablauf des Bündnisvertrages mit Italien am 8. Juli hingezogen. Da Österreich aber immer neue Bedingungen stellte wurde der geplante Kongreß am 6. Juni abgesagt. Dort wollte man die Konferenz auch nicht, da man sich nur Nachteile erwartete. Österreich versprach sich am Meisten von einer unnachgiebigen Haltung gegenüber Preußen; entweder gibt Preußen nach oder es kommt zum Krieg und für diesen Fall fühlte es sich militärisch überlegen und erwartete zudem das Eingreifen Frankreichs. Die Übertragung der schleswig-holsteinischen Frage an den Bund war eine gezielte Provokation Preußens.
Die Zirkulardepesche vom 10. Juni mit dem Entwurf eines neuen Bundes unter Ausschluß Österreichs und damit unter preußischer Vorherrschaft sowie der revolutionären Idee einer direkt gewählten Nationalversammlung trieb die schwankenden Staaten endgültig auf Österreichs Seite. Das darin enthaltene Lockmittel an Bayern (Oberbefehl über die süddeutschen Truppen) verfehlte seine Wirkung.
Unter diesen Umständen war ein von beiden deutschen Großmächten gewollter Krieg unvermeidbar geworden.
Auf Preußens Seite waren nur die direkt daran angrenzenden Kleinstaaten. Sie wußten nur zu gut was ihnen blühte wenn sie sich gegen den großen Bruder stellten. Eine Tatsache die deren Abstimmungsverhalten im Juni 1866 nicht unwesentlich beeinflußte.
Der preußische Generalstabschef von Moltke sagte später über die Ursache des Krieges: „Der Krieg von 1866 ist nicht aus Notwehr gegen die Bedrohung der eigenen Existenz entsprungen, auch nicht hervorgerufen durch die öffentliche Meinung und die Stimme des Volkes. Es war ein im Kabinett als notwendig erkannter, längst beabsichtigter und ruhig vorbereiteter Kampf. Nicht um Ländererwerb, Gebietserweiterung oder materiellen Gewinn, sondern für ein ideales Gut – für Machterweiterung. Dem besiegten Österreich wurde kein Fußbreit seines Territoriums abgefordert, aber es mußte auf die Hegemonie in Deutschland verzichten.“
Mitte Juni standen auf der Seite Preußens 18 norddeutsche und thüringische Kleinstaaten sowie Italien, Österreich schlossen sich 13 süd- und mitteldeutsche Bundesstaaten an, dabei alle größeren Mittelstaaten: Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden, Hannover, Hessen-Darmstadt und Kurhessen. Nach der militärischen Sollstärke des Deutschen Bundes verfügten die Verbündeten Österreichs über 152 000 Soldaten, die Preußens nur über 30 000. Aber diese Zahlen standen nur auf dem Papier.
Um einen Eindruck zu vermitteln von dem bunten Bild das Deutschland damals bot, sowie zum besseren Verständnis der politischen Lage sollen im Folgenden die einzelnen Länder näher vorgestellt werden. Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, damals aber selbstverständlich: Jedes der genannten Territorien war ein souveräner Staat, der in Europa und Amerika Botschaften unterhalten konnte und eigene Politik machte. Es bestanden teils erhebliche Unterschiede in der demokratischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Im Unterschied zu heute kamen damals die Minister nicht unbedingt aus dem Staat selbst, z. B. der bayerische Ministerpräsident von der Pfordten, gebürtiger Bayer, war früher Innenminister in Sachsen und der sächsische Ministerpräsident von Beust wurde später österreichischer Außenminister und Ministerpräsident.
In die Gegenwart hinüberretten konnten sich von diesen Ländern nur Luxemburg und Liechtenstein, die sich im Konflikt des Jahres 1866 interessanterweise beide heraus hielten.
Kaisertum Österreich
Hauptstadt: Wien (579 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Prag (143 000), Budapest (200 000)
Größe: zum Dt. Bund gehörig:195 000 km2,
Einwohner: 35 Mio. (davon 8,3 Mio. Deutsche)(im Dt. Bund 13,2 Mio.)
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 28,4%
Souverän: Kaiser Franz Joseph (1830 - 1916), regierte von 1848 – 1916.
Ministerpräsident: Richard Graf von Belcredi (1823 - 1902), im Amt von 1865 - 1867.
Verfassung 1848 erlassen, 1851 aufgehoben, 1861 neu eingeführt, 1865 wieder aufgehoben. Jedes Kronland hatte einen eigenen Landtag. In Deutsch-Österreich gab es 155 Abgeordnete.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 55,1 Taler.
Währung Gulden zu 100 Neukreuzer zu 10 Tausendtaler.
Sollstärke der Armee: 489 780 Mann Infanterie, 41 903 Reiter, 50 489 Artilleristen, 144 Geschütze. Dienstzeit 10 Jahre, Konskription mit Stellvertretung.
Militärbudget 59 175 333 Taler (16% der Gesamtausgaben)
Neben Russland der größte Staat Europas, bewohnt von unterschiedlichen Völkern: Deutsche, Tschechen, Slowaken, Ungarn, Italiener, Polen, Ruthenen (Ukrainer), Kroaten, Slowenen, Serben, Rumänen, Juden. Dazu türkische, albanische, mazedonische Minderheiten und weitere kleine Volksgruppen. Die Macht in diesem Großreich lag ausschließlich beim deutschstämmigen Hochadel, dessen vorrangiges Ziel es war die bestehenden Zustände unbedingt zu bewahren. Er befürchtete ein deutscher Nationalstaat würde nur preußische Vorherrschaft bringen und außerdem die nationalen Strömungen in den vielen Völkerschaften ihres Reichs bestärken. So suchte man stets den Ausgleich mit Preußen bei gleichzeitigem Festhalten an der eigenen Vorherrschaft.
Der 36-Jährige Kaiser Franz Joseph regierte bereits seit 18 Jahren, seine weltberühmte Frau Elisabeth (Sissi) war 1866 29 Jahre alt und hatte sich bereits seit Anfang der 1860er Jahre durch ausgiebige Reisen weitgehend dem Wiener Hof entzogen
Es gab noch kaum Industrie, wirtschaftlich von Preußen längst abgehängt, militärisch auch, aber das wußte bis zum Tag von Königgrätz niemand.
Finanziell konnte sich der hochverschuldete Staat einen Krieg eigentlich gar nicht leisten. Die hohen Militärausgaben verschlimmerten das Defizit erheblich. Aber man hielt die eigene Armee für überlegen, sowohl an Kriegserfahrung als auch personell und ging dem Konflikt nicht aus dem Wege. Auch international genoß die österreichische Armee immer noch hohes Ansehen, fast alle Fachleute erwarteten einen Sieg Österreichs. Die Bedeutung des Unterschieds in der Bewaffnung wurde erst erkannt, als es zu spät war.
Kaiser Franz Joseph war militärisch unbedarft, das hatte sich schon 1859 im italienischen Krieg gezeigt. Viele seiner Generäle waren es aber auch, da sie mehr durch Herkunft als durch Können in ihre Positionen gelangten.
Während der 69-jährige Preußenkönig Wilhelm persönlich auf dem Schlachtfeld von Königgrätz anwesend war blieb Franz Joseph in der Wiener Hofburg und bereitete lediglich seine Flucht nach Ungarn vor, als die Preußen näherrückten
Die Wehrdienstleistenden waren alle fern ihrer Heimat stationiert, um sie problemlos gegen eventuelle Aufständische vor Ort verwenden zu können. Im Falle einer Mobilmachung bedingten die langen Anreisen der Soldaten dafür einen zeitlichen Nachteil gegenüber Preußen, wo alle heimatnah eingezogen wurden. So mußte Österreich gezwungenermaßen früher mobil machen und konnte so von Bismarck als Aggressor dargestellt werden.
Statt geplanter 700 000 Mann zogen nur 407 223 ins Feld, davon starben 587 Offiziere und 10 407 Soldaten, verwundet wurden 1505 Offiziere und 27 805 Soldaten, vermißt (vermutlich tot) blieben 483 Offiziere und 43 264 Soldaten. Stets waren die österreichischen Verluste vier Mal so hoch wie die der Preußen. Die Überlebenden waren angesichts der Unterlegenheit demotiviert. Zum Vergleich: An der Cholera starben 1866 235 000 Menschen, dies waren aber hauptsächlich Zivilisten.
Die Resultate des Krieges bedeuteten eine Strukturveränderung des österreichischen Staates: eine Schwächung der deutschen und eine Stärkung aller nichtdeutschen Elemente. Besonders die Ungarn profitierten davon; ihre Position wurde 1867 mit der Errichtung eines eigenen Königreichs aufgewertet. Dadurch fühlten sich wiederum die anderen Völker des Reiches benachteiligt. Das Habsburgerreich kam nicht mehr aus der Krise bis es 1918 endgültig zerbrach.
Österreichische Infanterie
Kaiser Franz Joseph I.
Königreich Bayern
Hauptstadt: München (167 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Nürnberg (72 000), Augsburg (49 000), Würzburg (41 000).
Größe: 77 500km2
Einwohner: 4 810 000
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 31,7%
Souverän: König Ludwig II. (1845 - 1886), regierte von 1864 – 1886.
Ministerpräsident: Carl Ludwig Heinrich Freiherr von der Pfordten (1811-1880), im Amt von 1864 - 1866.
Verfassung seit 1818. Zweikammersystem mit 148 Abgeordneten in der 2. Kammer.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 40,1 Taler.
Währung Gulden zu 60 Kreuzer zu 4 Pfennig.
Sollstärke der Armee laut Bundesgesetz: 52.904 Mann Infanterie, 8352 Reiter, 11 277 Artilleristen, 144 Geschütze.
Militärbudget 9 318 867 Taler (32% der Gesamtausgaben). Dienstzeit 6 Jahre, Losverfahren im 22. Lebensjahr mit Stellvertretung.
König Ludwig II.
Der drittgrößte Staat des Bundes und bedeutendster deutscher Mittelstaat war zu dieser Zeit noch ein dünn besiedeltes Agrarland mit geringer Industrialisierung. Der wichtigste Industriestandort war Nürnberg.
Bayern sah sich als Führungsmacht in Süddeutschland, was aber Württemberg und Baden nicht akzeptieren wollten. So kam die Idee eine dritte deutsche Macht aus den Mittelstaaten zu bilden nie über Ansätze hinaus. Bismarck versuchte einiges um Bayern auf Preußens Seite zu ziehen. Aufgrund vielfältiger enger Beziehungen konnte Bayern aber nur mit Österreich gehen.
Die zögerliche und schlecht organisierte Kriegsführung des bayerischen Generalstabs sorgte für große Empörung in der Bevölkerung. Zumindest hielt diese Zurückhaltung die Verluste in Grenzen; Bayern hatte ca. 1000 Tote zu beklagen; und die Armee blieb jederzeit intakt und einsatzbereit.
Das Militär war seit Jahrzehnten vernachlässigt worden, vieles war schlecht organisiert. Die Sollstärke der Armee konnte bei weitem nicht erreicht werden als es darauf ankam.
Im Heer fehlten die höheren Schichten des Volkes, weil sich diese durch Stellung eines Ersatzmannnes dem Wehrdienst entziehen konnten. So bestand bayerische Armee aus jungen unerfahrenen, aber hochmotivierten Burschen und den älteren, aber unmotivierten sog. Einstehern. Ebenso wie die Österreicher waren auch die Bayern mit ihren Vorderladern den Preußen waffentechnisch unterlegen. Die Heeresreform 1868 glich beides an preußische Verhältnisse an. Der junge unerfahrene König Ludwig sah sich bereits im dritten Jahr seiner Regentschaft gegen seinen Willen gezwungen einen Krieg zu führen und reagierte darauf mit teilweiser Flucht in die Einsamkeit. Es ließ in ihm sogar den Gedanken an Thronverzicht und bei seiner Familie den Gedanken an Thronenthebung aufkommen.
Heute eigenes Bundesland.
Königreich Sachsen
Hauptstadt: Dresden (140 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Leipzig (85 000), Chemnitz (54 000), Plauen
Größe: 15 000 km2, darunter kleine Enklaven von 15 km2
Einwohner: 2 340 000
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 85,4%
Souverän: König Johann I. (1801 - 1877), regierte von 1854 – 1873. Der gebildetste Monarch seiner Zeit.
Ministerpräsident Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust (1809 – 1886), im Amt vom1858 - 15.08.1866, mit der engagierteste und geschickteste Vertreter mittelstaatlicher Politik, entschieden antipreußisch, von Bismarck gehasst.
Verfassung seit 1831, Zweikammersystem mit 80 Abgeordneten in der 2. Kammer.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 28,5 Taler.
Währung Taler zu 30 Neugroschen zu 10 Neupfennig.
Sollstärke der Armee laut Bundesgesetz: 19 753 Mann Infanterie, 3208 Reiter, 2420 Artilleristen, 50 Geschütze.
Militärbudget 2 252 923 Taler (17% der Gesamtausgaben). Dienstzeit 9 Jahre, Konskription der 20-jährigen mit Einstehern, die der Staat besorgte.
Das am weitesten industrialisierte Land im Deutschen Bund, am bedeutendsten war die Textilindustrie im Raum Chemnitz und der Bergbau. Leipzig mit seiner Messe war bereits eine bedeutende Handelsmetropole.
Traditionell stand Sachsen Österreich näher als Preußen. Unter Ministerpräsident von Beust war es Österreichs verlässlichster Partner im Deutschen Bund, gleichzeitig strebte es eine Führungsrolle unter den Mittelstaaten an. König Johann musste am 16. Juni vor den einmarschierenden Preußen mit seiner Armee nach Böhmen flüchten. Die sächsische Armee machte den Krieg auf dem böhmischen Schauplatz mit, wo sie sich trotz aller Niederlagen tapfer schlug.
Von den 24 000 eingesetzten Soldaten sind 806 ums Leben gekommen (einschließlich der an Krankheiten gestorbenen), das sind 3,4 %. Der König kehrte erst am 27. Oktober, die Armee Anfang November in die Heimat zurück. Die finanziellen Verluste betrugen 20 Millionen Taler (davon 10 Mio. Kriegsentschädigung an Preußen), 8 pro Kopf der Bevölkerung.
Von Preußen zur Annexion vorgesehen wurde die Unabhängigkeit Sachsens nur durch das entschiedene Eintreten Kaiser Franz Josephs von Österreich gerettet. Es blieb der unfreiwillige Eintritt in den Norddeutschen Bund, wo sich Sachsen absolut loyal zu Preußen verhielt. Heute eigenes Bundesland.
Sächsische Infanterie
König Johann I.
Königreich Hannover
Hauptstadt: Hannover (80 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Harburg, Hildesheim, Osnabrück
Größe: 38 500 km2
Einwohner: 1 920 000
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 44,6%
Souverän: König Georg V. (1819 - 1878), regierte von 1851 – 1866.
Ministerpräsident: Graf Adolf von Platen-Hallermund (1814 - 1889), im Amt von 1855 - 1866.
Verfassung seit 1819, Zweikammersystem mit 91 Abgeordneten in der 2. Kammer.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 24,9 Taler.
Währung Taler zu 30 Groschen zu 12 Pfennig.
Sollstärke der Armee laut Bundesgesetz: 20 464 Mann Infanterie, 3078 Reiter, 2923 Artilleristen, 52 Geschütze.
Militärbudget 2 710 200 Taler (13% der Gesamtausgaben). Dienstzeit 7 Jahre bei der Infanterie, 10 Jahre bei der Reiterei; Konskription der 20-jährigen.
60% der Bevölkerung war in der Landwirtschaft tätig, 35% in der Industrie und 5% im Handel. Die Handelsflotte umfasste 841 Seeschiffe.
Regiert vom Herrscherhaus der Welfen, uralter Adel, den Vorfahren des heutigen Prinz Ernst-August. Das Land war lange Zeit in Personalunion mit Großbritannien verbunden, gesellschaftlich rückständig, aber das Offizierskorps war mehrheitlich bürgerlich.
Die Bevölkerung fühlte überwiegend antipreußisch, es gab aber auch eine starke nationalliberale Partei unter dem Vorsitzenden Bennigsen, die für einen engen Anschluß an Preußen eintrat.
König Georg V., seit seinem 14. Lebensjahr blind, ein Cousin von Königin Victoria und Preußens Königin Luise., war auch Prinz von Großbritannien und Irland. Seine Gesinnung war nicht preußenfeindlich, er wäre am liebsten neutral geblieben, aber vor die Wahl gestellt verbot ihm sein Stolz sich den preußischen Bedingungen zu beugen. Er wollte lieber in Ehren untergehen, als zum preußischen Satelliten zu werden. Der preußische Einmarsch traf das Land unvorbereitet. Die Führung zeigte sich unentschlossen bis nur noch die Kapitulation übrig blieb. Der König ging nach der Absetzung nach Österreich ins Exil. Die Bevölkerung nahm die Verkündung der Einverleibung mit großer Empörung auf. Im September unterzeichneten über 500 000 Bürger ein Bekenntnis zu König Georg und riefen die europäischen Mächte um Hilfe an. Aber niemand wollte dafür Krieg führen. Die Königin Marie verließ ihr Land erst nachdem ihr gesamter Hofstaat ausgewiesen und durch preußische Bedienstete ersetzt worden war.
Als im Frühjahr 1867 wegen der Luxemburg-Krise ein Krieg zwischen Preußen und Frankreich drohte wurde in Holland die sogenannte Welfenlegion gegründet, um an Frankreichs Seite Hannover zu befreien. Anfänglich nur 200 Mann stark, wuchs sie, erst in der Schweiz, dann in Frankreich stationiert, bis zum Februar 1869 auf 890 Mann an. Der Geldmangel König Georgs führte im Frühjahr 1870 zur Auflösung der Legion. Bismarck nahm den andauernden Widerstand des Exkönigs zum Anlaß dessen Vermögen zu beschlagnahmen. Da Georg nicht auf seinen Thronanspruch verzichtete blieb das Vermögen von 48 Millionen Mark bei Bismarck, der es zu eigenen Zwecken verwendete. Er erkaufte damit Bayernkönig Ludwigs Zustimmung zur Kaiserproklamation 1871 (ab 1873 flossen jährlich 300 000 Mark für dessen Bauprojekte) und wohlwollende Artikel von Journalisten (daher die Bezeichnung Reptilien-Fond).
Bei der Wahl zum Norddeutschen Reichstag im Februar 1867 wählte nur das zu hannoverscher Zeit vernachlässigte Ostfriesland einhellig preußisch, im den weiteren Landesteilen gab es doppelt so viele Mandate für welfische Vertreter als für preußische.
Der Widerstand in der nunmehrigen Provinz Hannover dauerte bis zum 1. Weltkrieg an.
Heute eigenes Bundesland Niedersachsen.
Königreich Württemberg
Hauptstadt: Stuttgart (69 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Ulm (24 000), Heilbronn (16 000), Reutlingen (13 000).
Größe: 20 900 km2
Einwohner: 1 750 000
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 23,3%
Souverän: König Karl I. (1823 - 1891), regierte von 1864 – 1891. Königin Olga war eine Schwester des russischen Zaren. Musisch interessiert, vernachlässigte seine Regierungspflichten.
Ministerpräsident: Karl Friedrich Gottlob Freiherr von Varnbüler (1809 – 1889), im Amt vom 21.09. 1864 - 31.08. 1870.
Verfassung seit 1819, Zweikammersystem mit 94 Abgeordneten in der 2. Kammer.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 24,6 Taler.
Währung Gulden zu 60 Kreuzer zu 6 Heller oder 4 Pfennig.
Sollstärke der Armee laut Bundesgesetz: 20 331 Mann Infanterie, 4152 Reiter, 2774 Artilleristen, 54 Geschütze.
Militärbudget 2 199 942 Taler (22% der Gesamtausgaben). Dienstzeit 6 Jahre, Konskription mit Stellvertretung.
Württemberg war politisch deutlich konservativer als sein westlicher Nachbar Baden. Aber während in anderen deutschen Staaten die Industrialisierung nur geduldet wurde förderte sie der württembergische Staat ausdrücklich. In den Jahren ab 1856 vermehrte sich die Zahl der Fabriken vor allem entlang der Eisenbahnlinien deutlich von 650 auf 1000, was einher ging mit einer bedeutenden Hebung des Volkswohlstandes.
Traditionell waren Volk und Hof klar mehr Österreich als Preußen zugeneigt.
Die württembergische Armee bildete eine eigene Division im 8. Bundesarmeekorps und zeichnete sich nicht durch besondere Angriffslust aus, sondern war stets bestrebt das eigene Staatsgebiet gegen preußischen Einmarsch zu decken. Im eigenen Land bestritt sie auch das unglückliche Gefecht von Tauberbischofsheim, in dem sich die Armeeführung nicht mit Ruhm bekleckerte. Erst wurde die Stadt schnell aufgegeben, dann sollte sie durch Sturmangriffe wieder genommen werden, die aber sämtlich im preußischen Schnellfeuer zusammenbrachen. Für den kurzen Rest des Krieges war die erschütterte Truppe kaum noch zu gebrauchen. Anders als in Hessen-Darmstadt blieb dies für die verantwortlichen Generäle ohne Konsequenten.
Die Armee im Feldzug war 15 532 Mann stark. Gesamtverluste an Gefallenen: 8 Offiziere, 99 Soldaten. Verwundete: 20 Offiziere, 505 Soldaten, davon starben in den Lazaretten ca. 20%. Zwei Offiziere und 68 Mann waren in Gefangenschaft geraten.
Bei König Karl gab es einige Parallelen zu Bayernkönig Ludwig. Beide regierten seit 1864, waren homosexuell (Karl jedoch kinderlos verheiratet) und zogen sich im Laufe der Jahre immer mehr von den Regierungsgeschäften zurück. Eine zwangsweise Absetzung mußte Karl aber nicht erleiden.
Heute bildet Württemberg zusammen mit Baden (und den ehemaligen hohenzollernschen Landen) ein Bundesland.
König Karl I.
Großherzogtum Baden
Hauptstadt: Karlsruhe (30 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Mannheim (31 000), Freiburg (20 000), Heidelberg (18 000), Pforzheim (16 000).
Größe: 15 300 km2
Einwohner: 1 430 000
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 36,9%
Souverän: Großherzog Friedrich I. (1826 - 1907), regierte vom 1856 - 1907, seit 1852 schon Regent. Verheiratet mit einer Tochter des Königs von Preußen.
Ministerpräsident: Ludwig Freiherr von Edelsheim (1823 - 1872), im Amt von 1865 - 23.07. 1866 (Entlassung), danach Karl Mathy (1806 – 1868), im Amt von 27.07.1866 - 1868.
Verfassung seit 1818, Zweikammersystem mit 63 Abgeordneten in der 2. Kammer.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 41,3 Taler.
Währung Gulden zu 60 Kreuzer.
Sollstärke der Armee laut Bundesgesetz: 10 907 Mann Infanterie, 1870 Reiter, 2077 Artilleristen, 24 Geschütze. Militärbudget 1 795 686 Taler (17,6% der Gesamtausgaben). Dienstzeit 6 Jahre aktiv, 2 Jahre Reserve, Konskription mit Stellvertretung.
Ein wohlhabendes Agrarland mit langsam beginnender Industrialisierung vor allem in Mannheim, Deutschlands größter Produzent für Wein und Tabak. Mannheim war auch Deutschlands größter Binnenhafen.
Der kleinste süddeutsche Mittelstaat spielte im Deutschen Bund stets eine Sonderrolle. Mißtrauen gegenüber den größeren Nachbarn und deren territorialen Begehrlichkeiten prägte Badens Politik.
In den Revolutionsjahren 1848/49 war hier die Monarchie gestürzt und die Republik ausgerufen worden. Der Einmarsch preußischer Truppen unter Führung des späteren Königs Wilhelm I. stellte die alten Verhältnisse wieder her.
Großherzog Friedrich I.
Friedrich I. war fortschrittlich, liberal und beliebt. Und er war ein Freund Preußens im Gegensatz zu seiner Regierung.
Die Armee zog mit 10 475 Mann und 3200 Pferden ins Feld. Wegen der äußerst zurückhaltenden, eigentlich nur aus Rückzügen auch unter Befehlsmißachtungen bestehenden Kriegsführung des preußenfreundlichen Oberbefehlshabers Prinz Wilhelm, einem Bruder des Großherzogs, gab es viel Kritik von den Verbündeten.
Zwischen 1866 und 1870 tendierte Baden eher zum Norddeutschen Bund als zu einem einer Verbindung der süddeutschen Staaten. Ein Südbund wurde abgelehnt, da Baden fürchtete hier von Bayern dominiert zu werden. Heute zusammen mit Württemberg eigenes Bundesland.
Residenzschloß Karlsruhe
Großherzogtum Hessen (-Darmstadt)
Hauptstadt: Darmstadt (29 000 Einwohner), weitere bedeutende Städte: Mainz (42 000), Offenbach (20 000), Worms (13 000), Gießen (10 000).
Größe: 7800 km2
Einwohner: 850 000
Bevölkerungszuwachs 1818 – 1863: 38,3%
Souverän: Großherzog Ludwig III. (1806 – 1877), regierte von 1848 - 1877, ein apathischer Monarch.
Ministerpräsident: Reinhard Karl Friedrich Freiherr von Dalwigk zu Lichtenfels (1802 – 1880), im Amt vom 1850 - 1871; ein fanatischer Streiter für die Mittelstaaten und gegen preußischen Vormachtstreben, Intimfeind Bismarcks.
Verfassung seit 1820, Zweikammersystem mit 50 Abgeordneten in der 2. Kammer.
Staatsschulden pro Kopf der Bevölkerung 13.5 Taler.
Währung Gulden zu 60 Kreuzer zu 4 Pfennig.
Sollstärke der Armee laut Bundesgesetz: 8882 Mann Infanterie, 1420 Reiter, 1240 Artilleristen, 38 Geschütze.
Militärbudget 952 674 Taler (18,5% der Gesamtausgaben). Dienstzeit 4 Jahre aktiv, 2 Jahre Reserve, Konskription mit Stellvertretung.
Ein florierendes Land, Zentren von Handel und Industrie waren Mainz und Offenbach.
Großherzog Ludwig III.
Großherzog Ludwig III. war ein entschiedener Gegner Preußens, der Thronfolger und dessen Sohn hingegen, beide mit preußischen Prinzessinnen verheiratet, preußenfreundlich gesinnt, was sie beim Volk unbeliebt machte.
Die Mobilmachung begann schon im Mai, die Armee war als erste der Süddeutschen einsatzbereit. Im Krieg flüchtete der Großherzog vor den anrückenden Preußen nach München, wo er im Nymphenburger Schloss residierte, der Thronfolger blieb im Lande.
In den Krieg zogen 9834 Mann, davon starben 446, 390 wurden verwundet. Die meisten Toten gab es bei den sinnlosen Sturmangriffen in Frohnhofen, danach war die zerrüttete Truppe kaum mehr zu gebrauchen.
Im Friedensvertrag musste das gesamte Post- und Telegraphenwesen an Preußen abgetreten werden sowie die Kontrolle über die Bundesfestung Mainz. 1867 wurde in einer Militärkonvention die gesamte Armee unter preußischen Oberbefehl gestellt.